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HN958_Vorwort.fm Seite IV Mittwoch, 14. September 2011 7:37 07 IV Vorwort Dieses Rondo ist im Rahmen der vorlie- Im Theater an der Wien ließ Mozart genden Ausgabe sämtlicher Klavier- den Variationen dem Abendzettel zufol- werke in Bd. II, HN 959, enthalten). ge eine „Fantasie“ vorausgehen, also ei- Drei Jahre später erschienen mit dem ne improvisierte oder zumindest impro- Franz Xaver Wolfgang Mozart (1791– Rondeau op. 4 (ebenfalls in Bd. II ent- visiert wirkende Einleitung. Diese „Fan- 1844), der zu Lebzeiten als „W.A. Mo- halten) und dem Klavierquartett op. 1 tasie“ wurde nicht in die Erstausgabe zart Sohn“ in Erscheinung trat, wurde dann erste Kompositionen im Druck. Bis übernommen. Ein Vergleich der Varia- vielleicht schon ab 1795 von Franz Xa- 1843 veröffentlichte Mozart insgesamt tionen mit der höchstwahrscheinlich ver Duschek in Prag, spätestens jedoch 30 mit Opuszahlen versehene Werke ebenfalls bei Mozarts Wiener Debüt auf- ab 1798 von Johann Andreas Streicher bzw. Werksammlungen. Hierbei ist zu geführten Kadenz zum ersten Satz des in Wien zum Pianisten ausgebildet. Zu- berücksichtigen, dass er während seines Klavierkonzerts KV 467 (enthalten in sätzlich erhielt er Kompositionsunter- zweiten Lemberger Aufenthalts zwi- Bd. II, HN 959) macht deutlich, dass richt bei Sigismund Neukomm und Jo- schen 1822 und 1838 zunehmend weni- die gegen Ende der Variationen erklin- hann Georg Vogler. Im Anschluss an ger komponiert zu haben scheint; die lü- genden mehrstimmigen Trillerketten sein öffentliches Debüt als Pianist und ckenhafte Quellenlage lässt allerdings mit zusätzlichen Ober- und Unterstim- Komponist am 8. April 1805 vervoll- keine endgültigen Aussagen zu. men damals offenbar bereits fester kommnete sich Mozarts jüngster Sohn Die vorliegende zweibändige Ausgabe Bestandteil von Mozarts pianistischem bei Johann Nepomuk Hummel im Kla- enthält Mozarts sämtliche erhaltene Repertoire waren. vierspiel und betrieb musiktheoretische Klaviersolowerke zu zwei und drei Hän- Die Variationen op. 2 sind nur in Studien bei Johann Georg Albrechtsber- den inklusive der unter seinem Namen Gestalt der am 28. August 1805 in der ger und Antonio Salieri. Seine Geburts- überlieferten Kadenzen zu Klavierkon- Wiener Zeitung angezeigten Erstausgabe stadt Wien verließ er 1808 in Richtung zerten seines Vaters. Aus Gründen der überliefert. Diese erschien im Verlag Galizien, das seit der ersten Teilung Po- Übersichtlichkeit wurden die Werke der Chemischen Druckerei in Wien, die lens zum Habsburgerreich gehörte (heu- nach Gattungen und innerhalb der Gat- Aloys Senefelder, der Erfinder der Li- te liegt die Region in den Staatsgebieten tungen chronologisch geordnet (zu Mo- thographie, im Juli 1803 gegründet hat- Polens und der Ukraine). Nach zwei An- zarts Schaffen vgl. Nottelmann, Mozart te; als Mozarts Geschäftspartner kommt stellungen als Klavierlehrer polnischer Sohn, siehe dort auch zu Einzelheiten allerdings eher Sigmund Anton Steiner Aristokraten in der galizischen Provinz über die im Folgenden genannten infrage, der die Chemische Druckerei zog er 1813 in die Landeshauptstadt Werke). spätestens im Oktober 1805 übernahm Lemberg (heute Lwiw). Hier blieb er – Viele der zwischen 1802 und 1841, (vgl. Alexander Weinmann, Vollständi- abgesehen von einer 1818 angetretenen möglicherweise auch noch 1842 ent- ges Verlagsverzeichnis Senefelder, mehrjährigen Konzertreise mit anschlie- standenen Kompositionen erscheinen Steiner, Haslinger, 3 Bde., München/ ßendem Aufenthalt in Wien und einer hier erstmals im Druck. Zusammen mit Salzburg 1979–83 [= Beiträge zur Reihe kürzerer Reisen – bis 1838, wid- den bereits zu Lebzeiten des Autors pu- Geschichte des Alt-Wiener Musikver- mete sich umfangreicher Unterrichtstä- blizierten Werken vermitteln sie ein um- lags, Reihe 2, Folge 19], hier Bd. 1, tigkeit und leitete zwischen 1826 und fassendes Bild des Komponisten und Pi- 1979, S. 7 f., 22). 1829 den Cäcilien-Verein, einen von anisten Franz Xaver Wolfgang Mozart. ihm ins Leben gerufenen Laienchor. Variationen op. 3 Seine letzten Lebensjahre verbrachte Variationen op. 2 Den 1805 entstandenen Variationen Mozart in Wien, wo er wieder verstärkt Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt op. 3 liegt der erste der beiden Märsche als Pianist in Erscheinung trat. als Komponist und Pianist am 8. April (die sogenannte Marche golcondoise) Mozart erlernte – anders als sein Va- 1805 im Theater an der Wien spielte aus dem ersten Akt von Henri Montan ter – nie ein zweites Instrument. Dies Mozart unter anderem die Variationen Bertons 1803 uraufgeführter Oper Ali- dürfte maßgeblich dazu beigetragen ha- op. 2 über das Menuett aus dem ersten ne, Reine de Golconde zugrunde. Mozart ben, dass er sich zeitlebens weitgehend Finale des Don Giovanni. Im Vorfeld des machte ihn 1812 ein weiteres Mal zur auf die Komposition von Klaviersolo- Konzerts hatte Constanze Mozart ihrer Grundlage eines Variationenzyklus, und Vokalwerken beschränkte. Aus dem Hoffnung Ausdruck verliehen, das Pu- diesmal für Flageolett (eine Blockflöten- Jahr 1802 ist neben einem Lied ein blikum möge in den Kompositionen ih- art) und Klavier. In beiden Fällen griff erstes Klavierwerk erhalten: ein an ei- res jüngsten Sohns „Spuren des väter- er leicht in die Struktur der Vorlage nen väterlichen Entwurf anknüpfendes lichen Talents entdecken“ (Wiener Zei- ein. Wie schon in den Variationen op. 2 Rondo in F-dur FXWM VII:1 (FXWM = tung vom 16. März 1805, zitiert nach: orientierte Mozart sich auch in den Vari- Franz Xaver Wolfgang Mozart Werkver- Walter Hummel, W. A. Mozarts Söhne, ationen op. 3 kaum an väterlichen Vor- zeichnis, in: Karsten Nottelmann, W. A. Kassel etc. 1956, S. 24). In kaum einem bildern; er steht damit in einer Linie Mozart Sohn. Der Musiker und das Erbe Werk wäre dies leichter gewesen als in mit seinem späteren Lehrer Johann des Vaters, 2 Bde., Kassel etc. 2009. Variationen über jenes beliebte Thema. Nepomuk Hummel und Josepha Besse- HN958_Vorwort.fm Seite V Mittwoch, 14. September 2011 7:37 07 V nig, geb. Aurnhammer, zwei prominen- nis der Werke von Carl Philipp Emanuel dings nur in einer um 1865 erschie- ten Schülern seines Vaters. Bach 1714–1788, hrsg. von Alfred nenen Sammlung als „slawische Volks- Die Variationen op. 3 wurden ver- Wotquenne, Leipzig etc. 1905) bezogen weise“ nachweisbar. mutlich noch im Jahr ihrer Entstehung haben; die Zyklen Wq 118/7 und 9 Die Erstausgabe der Variationen von der Chemischen Druckerei veröf- wurden vermutlich im Juli 1803 von op. 18 erschien bei Ferdinand Artaria in fentlicht. Sie sind in der Erstausgabe dem Wiener Verleger Johann Traeg erst- Mailand, wo Mozart sich im Rahmen Josephine Freifrau von Braun gewidmet, mals publiziert. Die Folies d’Espagne, seiner Ende 1818 angetretenen Kon- der auch Joseph Haydn, Ludwig van die dem Zyklus Wq 118/9 zugrunde zertreise im August und September Beethoven sowie der mit der Familie liegt, dürfte auf das Publikum des frü- 1820 aufhielt; die heute verschollene Mozart befreundete Anton Eberl um hen 19. Jahrhunderts dabei ähnlich exo- Stichvorlage ließ Mozart Artaria aller- 1800 Werke zueigneten. Ein Autograph tisch gewirkt haben wie das melancho- dings erst drei Wochen nach seiner hat sich nicht erhalten. lische „Kak u naschewa schirokowa Abreise aus Mailand zukommen. Wid- dwora“ (auf Deutsch etwa „Wie auf mungsträgerin der Erstausgabe war Variationen op. 6 unserem großen Hof“; Übertragung des Wilhelmine Gräfin Bubna, die zu Mo- Vermitteln die Variationen op. 2 und 3 Liedes oft unter dem Titel „Was ist’s, zarts Gönnern während seines Mailän- den Eindruck, als habe Mozart hier vor das ich lese“), das Mozart zur Grundla- der Aufenthalts zählte (vgl. Franz Xaver allem sein pianistisches Können unter ge der Variationen op. 8 machte. Es ist Wolfgang Mozart [Wolfgang Amadeus Beweis stellen wollen, so kommen in bereits in Grigori Nikolajewitsch Tep- Mozart Sohn]. Reisetagebuch 1819– Opus 6 erstmals dezidiert kontrapunk- lows 1759 erschienener Sammlung ver- 1821, hrsg. von Rudolph Angermüller, tische Techniken zum Einsatz (Variation schiedener Gesänge enthalten, der ver- Bad Honnef 1994, S. 248 f., 251, 260). IV), was auf seine späteren Variationen- mutlich ältesten zusammen mit Melo- zyklen vorausweist. In den 1806 ent- dien überlieferten Sammlung russischer Variationen op. 13 standenen Variationen op. 6 reagiert Volkslieder. Mozart bezeichnete die auf den 20. De- Mozart zudem auf die zeitgenössische Mozart widmete die am 14. Mai 1808 zember 1809 datierten Variationen Mode, echte oder vermeintliche Volks- in der Wiener Zeitung angekündigten op. 13 in seinem eigenhändigen Werk- lieder in eigenen Kompositionen zu Variationen op. 8 dem in Wien ansäs- verzeichnis als „Var. über ein favorit verarbeiten: Das Lied „Katilisja vosy s sigen russischen Generalmajor Alexei Thema“. Ob er sich mit dieser Formu- gory“ (auf Deutsch etwa „Die Wagen Petrowitsch Jermolow, der in späteren lierung auf die allgemeine Beliebtheit rollten den Berg hinab“) ist erstmals Jahren Louis Spohr als Lehrer seines des Themas – es handelt sich vermutlich 1790 in Nikolai Lwows und Johann Sohnes beschäftigte. Außer dem Incipit um eine eigene Komposition – oder auf Gottfried Pratschs Sammlung russischer in Mozarts eigenhändigem Werkver- den Umstand bezog, dass er die Melodie Volkslieder nachweisbar. Mozart dürfte zeichnis und der Erstausgabe haben sich bereits im letzten Satz seines auf 1804 das zwischen Dur und Moll schwanken- keine weiteren Quellen erhalten. datierten Klavierquartetts op. 1 zur de Thema mit Blick auf den Widmungs- Grundlage von Variationen gemacht träger, einen