Und Die Spaltung Der Uspd Im Herbst 1920

Total Page:16

File Type:pdf, Size:1020Kb

Und Die Spaltung Der Uspd Im Herbst 1920 VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE 23. Jahrgang 1975 Nr. 2 ROBERT F. WHEELER DIE „21 BEDINGUNGEN" UND DIE SPALTUNG DER USPD IM HERBST 1920 Zur Meinungsbildung der Basis Da Historiker, bewußt oder unbewußt, dazu neigen, die Vergangenheit aus der Sicht der Gegenwart oder der jüngsten Vergangenheit zu betrachten, besteht die Gefahr, daß die Geschichte eine Art Wissenschaft von den Siegern wird. Oft scheint es geradezu, als würde die Geschichte vor allem geschrieben, um historische Ent­ wicklungen zu rechtfertigen — post hoc, ergo propter hoc — statt sie zu verstehen. Der historische „Verlierer" wird größtenteils ignoriert bzw. aus der Sicht der „Sieger" analysiert1. Ein Beispiel dafür ist die Geschichte der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD)2. Man könnte den Eindruck gewinnen, die Spaltung dieser Partei 1920 sei letzten Endes übereinstimmend beurteilt worden; jedenfalls betrachten Kommunisten wie Sozialdemokraten den Zerfall der USPD als eine Selbstverständlichkeit3. Aus angeblich unüberbrück- 1 Auf dem internationalen Symposium in Bochum im Juni 1973 (vgl. Industrielles System und politische Entwicklung in der Weimarer Republik, hrsg. von Hans Mommsen, Dietmar Petzina, Bernd Weisbrod, Düsseldorf 1974, S. 618 ff.) stellte Gerald D. Feldman den Wert solcher „Verlierer-Forschung" besonders in bezug auf die deutsche Novemberrevolution in- frage und plädierte dafür, den Akzent auf die Frage „How the victors won" zu legen. 2 Der Verfasser ist Hans Mommsen für die Überarbeitung des Manuskripts, sowie Prof. Reinhard Rürup und Dr. Hermann Rupieper für Hinweise und Hilfestellungen dankbar. Dank schuldet er ferner der Alexander von Humboldt-Stiftung für die Unterstützung seiner Forschung. 3 Arthur Rosenberg, Geschichte der Weimarer Republik, Neuausg. Frankfurt/M. 1969; bes. S. 24 f. und 117 ff., wo er von der „notwendigen" bzw. „längst fälligen Spaltung der USPD" spricht; einen ähnlichen Standpunkt vertritt Erich Matthias in: Die Regierung der Volks­ beauftragten 1918/19, Bd. I S. LXXVII, Düsseldorf 1969. Ein Übertritt Hugo Haases und Wilhelm Dittmanns (d. h. des sogenannten „rechten Flügels" der USPD) zur SPD hätte im November/Dezember 1918 den „Klärungsprozeß in der Arbeiterbewegung" gefördert. Für DDR-Wissenschaftler, wie Arnold Reisberg (Lenins Beziehungen zur deutschen Arbeiter­ bewegung, Berlin 1970, S. 395), ist die USPD „vom Anfang an keine einheitliche Partei ge­ wesen, in ihr gab es einen auf die Dauer unüberwindlichen Gegensatz zwischen den rechten Führern und dem linken Flügel". Eberhard Schultz (Rolle und Anteil des linken Flügels der USPD im ehemaligen Regierungsbezirk Halle-Merseburg bei der Herausbildung und 118 Robert F. Wheeler baren Gegensätzen innerhalb der USPD wird geschlossen, die Partei sei von An­ fang an lebensunfähig gewesen. Als Beweise dafür werden die stürmischen Aus­ einandersetzungen auf den USPD-Parteitagen, die Ende 1920 vollzogene Ver­ einigung des „linken" Flügels mit der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) sowie die Verschmelzung des „rechten" Flügels mit der Mehrheitssozial­ demokratie 1922 angeführt. Unbeachtet bleibt dabei, daß „stürmische Ausein­ andersetzungen" auch ein Zeichen besonderer Lebenskraft sein können, zumal wenn man in Betracht zieht, daß die USPD im allgemeinen in der Lage war, von den heftigen innerparteilichen Diskussionen doch zu verbindlichen Ergebnissen zu gelangen4, und daß die Spaltung der USPD von 1920 sowie deren endgültiger Zerfall zwei Jahre später auf äußere Faktoren zurückzuführen sind. Ebenso wird häufig die Tatsache übersehen, daß die USPD 1920 immerhin fast 900 000 Mit­ glieder zählte und bei den Reichstagswahlen etwa fünf Millionen Stimmen erhielt, so daß der Eindruck entstehen konnte, es sei nur eine Frage der Zeit, bis die Unabhängigen die Führung der deutschen Arbeiterbewegung übernehmen wür­ den5. Zudem besaß die USPD Ende 1919 bestimmenden Einfluß in der größ­ ten Industriegewerkschaft Deutschlands, dem Deutschen Metallarbeiterverband (DMV). Warum dennoch gerade die dynamischste Arbeiterpartei dieser Periode, die USPD, zerfallen mußte, anstelle der sektiererischen KPD8 oder der „verkalk­ ten" SPD7, ist eine bis heute weitgehend vernachlässigte Frage. Verglichen mit dem Zeitpunkt ihrer Gründung im April 1917 oder ihrer Teil­ nahme an der Regierung der Volksbeauftragten im Winter 1918/19, bot die USPD im Frühsommer 1920 ein relativ geschlossenes Bild8. Die inneren Mei­ nungsverschiedenheiten über das Räteproblem, den Parlamentarismus, die Dik- Entwicklung der KPD zur revolutionären Massenpartei [1917-1920], Phil. Diss. Halle 1969, S. 6) behauptet, daß die USPD „schon bei ihrer Gründung den Keim ihres Untergangs ent­ hielt". 4 Von den drei Namen, die die „unüberbrückbaren Gegensätze" innerhalb der USPD bei ihrer Gründung personifizierten, Eduard Bernstein, Karl Kautsky und Rosa Luxemburg hatten sich Bernstein und Luxemburg' freiwillig von der USPD getrennt. Kautsky blieb nach 1919 ohne nennenswerten Einfluß und war de facto ausgeschieden. 5 Trotz der Unterdrückung der USPD durch die Militärbehörden in und nach dem Kriege und der Schwierigkeit, ihre Organisation binnen kurzer Zeit aufzubauen, war die USPD, wie die Reichstagswahlergebnisse vom 6. Juni 1920 zeigen, schon im Sommer 1920 in meh­ reren Großstädten und Industriebezirken Deutschlands die führende Arbeiterpartei; vgl. Statistik des Deutschen Reiches Bd. 291, I/II. 6 Ossip K. Flechtheim, Die KPD in der Weimarer Republik, Neuausg. Frankfurt/M. 1969, beschreibt die KPD von 1920 als „nicht viel mehr als eine revolutionäre Sekte" (S. 154), bezeichnet die USPD hingegen als „Massenpartei" und mächtige Organisation (S. 154 und 156). 7 Siehe Richard N. Hunt, German Social Democracy 1918-1933, Chicago 1970, S. 244 ff. 8 Im Gegensatz zu KPD und SPD war der USPD dieser Klärungsprozeß ohne Mitglieder-, bzw. Wählerverluste gelungen, ja sie wuchs weiter an. Vgl. die Untersuchung des Verfas­ sers : The Independent Social Democratic Party and the Internationais, An Examination of Socialist Internationalism in Germany 1915-1923, phil. Diss., Pittsburgh 1970, die dem­ nächst in überarbeiteter Form im Propyläen-Verlag, Berlin, erscheinen wird. Die „21 Bedingungen" und die Spaltung der USPD im Herbst 1920 119 tatur des Proletariats, die Frage der Anwendung putschistischer Taktiken konn­ ten durch freie Diskussion größtenteils überwunden werden. Das einzige Problem, das immer wieder Schwierigkeiten schuf, war die seit Jahren heftig erörterte Frage einer neuen militanten Internationale. Doch auch in dieser Beziehung schien eine einvernehmliche Lösung möglich: Anfang Juli 1920 fuhr eine Dele­ gation nach Rußland, um mit dem Exekutiv-Komitee der Kommunistischen In­ ternationale (EKKI) zu verhandeln. Dadurch würde, so meinte man, eine wesent­ liche organisatorische Voraussetzung für die seit langem in der Partei geforderte „Internationale der Tat" geschaffen werden. Stattdessen kehrte Ende August eine gespaltene USPD-Delegation mit dem Programm einer Bolschewisierung der Internationale nach Deutschland zurück, den 21 Bedingungen" zur Aufnahme in die Dritte Internationale. Die Bedingungen bewirkten, wie Lenin und die EKKI- Führung es vorausgesehen hatten, die Spaltung der USPD. Doch trug dieser „Dif­ ferenzierungsprozeß" keineswegs zu jener Klärung und Stärkung der revolutionä­ ren Linken bei, die Lenin beabsichtigt hatte; er führte vielmehr zu einer anhalten­ den Verwirrung und permanenten Schwächung des linken Flügels der Arbeiter­ bewegung. Der Glaube, die „revolutionäre Massenpartei"9, die aus der Vereini­ gung eines großen Teils der USPD mit der Rest-KPD entstehen sollte, würde ein gleichwertiger Ersatz für die alte USPD sein, erwies sich im Laufe der Weimarer Republik als Illusion. Die Reaktion der Unabhängigen Sozialdemokraten auf die „21 Bedingungen", die die unmittelbare Ursache ihrer Spaltung wurden, steht im Vordergrund der folgenden Analyse. Fast alle bisherigen Arbeiten, die diese Themen behandeln10, 9 Vgl. Arnold Reisberg, a. a. O., S. 417. „Mit der Vereinigung der USPD und der KPD hatte das deutsche Proletariat zum erstenmal wieder [Hervorhebung vom Verf.] eine revolutio­ näre Massenpartei." 10 Außer den schon erwähnten Arbeiten von Reisberg und Schultz vgl. James W. Hulse, The Forming of the Communist International, Stanford 1964; Branko Lazitch and Milorad M. Drachkovitch, Lenin and the Comintern, Stanford 1972; Peter Lösche, Der Bolschewis­ mus im Urteil der Deutschen Sozialdemokratie 1903-1920, Berlin 1967; David Morgan, The German Independent Social Democratic Party 1918-1922, Phil. Diss., Oxford 1969; Dan L. Morrill, The Comintern and the German Independent Social Democratic Party, in: Historian 1970, H. 2, S. 191-209; Horst Naumann, Die Bedeutung des II. Weltkongresses der Kommunistischen Internationalen für die Vereinigung des revolutionären Flügels der USPD mit der KPD, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, 1960, H. 3, S. 466-487; A. J. Ryder, The Independent Social Democratic Party and the German Revo­ lution, 1917-1920, Phil. Diss. London 19'58; Albert Shirk-Lindemann, The Problem of the Communist International for French and German Socialism 1919-1920, Phil. Diss. Harvard 1968. Vgl. dagegen Naumann, Der Kampf des revolutionären Flügels der USPD für den An­ schluß an die Kommunistische Internationale und die Vereinigung mit der KPD, Phil. Diss. Berlin-(Ost) 1961; und die regionalen Untersuchungen von Heinz Meirritz, Die Herausbil­ dung einer revolutionären Massenpartei im ehemaligen Land Mecklenburg-Schwerin unter besonderer Berücksichtigung der Vereinigung
Recommended publications
  • Volume 1 May-June 1917 No. 1
    TtfCIMSTQMQOli: Devoted to International Socialism Published by The Socialist Publication Society, 115 Worth St., N. Y. City Issued Every Two Months—25^ a Copy; $1.50 a Year Editor.: LOUIS B. BOUDIN, LOUIS C. FRAINA, LUDWIG LORE Vol. I MAY-JUNE, 1917 No. 1 THE TASK BEFORE US The world-war found the Socialists in a deplorable state of mental unpreparedness, and they were, therefore, quite un- equal to the task of coping with the tremendous issues which it brought forward for immediate and radical solution. The ques- tions to which an instant and categorical answer was demanded were not, indeed, new or unfamiliar to Socialists. On the con- trary, they were intimately related to the fundamentals of So- cialist philosophy and action, to questions, moreover, upon which- the Socialist movement seemed to be in almost unanimous agree- ment—the questions of the international character of the Social- ist movement and its opposition to war. But the war, like all great crises, served to reveal the latent weaknesses and defects of the Socialist movement as it then was. Its inexorable demands for instant and radical action revealed the fact that during the peace era that preceded it, the Socialist movement slurred over difficulties instead of solving them; that in order to save the for- mal unity of the movement agreement on fundamentals was assumed rather than obtained. Mere formal unanimity thus achieved was not only useless in the face of a serious crisis, but served to aggravate it greatly by creating confusion in many minds that would otherwise have been clear, palsying hands that would otherwise have been vigorous, and producing an at- mosphere of betrayal where only disagreement existed.
    [Show full text]
  • In This Issue © John Smock
    The Women’s Review of Books Vol. XX, No. 7 April 2003 74035 $4.00 I In This Issue Smock © John I In her first novel, Korean American Caroline Hwang tells the story of Ginger Lee, the comically rebellious daughter of Korean par- ents: Christine Thomas reviews In Full Bloom,p.14. I Indian activist Arundhati Roy speaks out around the world against the evils of globalization: now, in “Come September,” an essay written to mark the first anniversary of September 11, she reflects on the multiple, interconnected anniversaries that fall on that date, p. 6. I Is it true that writers of children’s books are really children who never grew up? In her review of Girls and Boys Forever, Elizabeth Bobrick takes issue with Alison Lurie’s claim, p. 8. I In The Country Under My Skin, Nicaraguan poet Gioconda Belli looks Caroline Hwang, author of In Full Bloom. back on her life as a feminist in the heart of the Sandinista revolution: Roxanne Dunbar-Ortiz reads her poignant recollections of the triumph and defeat of a dream, p. 12. Out of the rubble I What is it like to be a foster par- by Amy Zalman ent? Kathy Harrison’s Another Place at the Table offers an unusual glimpse of Competing perspectives on the the satisfactions and tribulations that lives of Afghan women come with the job: Edith Milton I reviews her account of caring for “an hen the United States made its of Afghan women from Taliban rule endless succession of abused and neg- opening gambit in the war against occurred as a by-product of the U.S.-led lected children,” p.
    [Show full text]
  • Braunschweigisches Land in Der Weimarer Republik 1918 – 1933
    Braunschweigisches Land in der Weimarer Republik 1918 – 1933 August Merges Sepp Oerter Dr. Heinrich Jasper Otto Antrick Gerhard Marquordt Werner Küchenthal Braunschweigisches Land in der Weimarer Republik 1918 – 1933 Impressum Projektleitung: Wir danken: Harald Schraepler Volksbank Börßum-Hornburg eG AG der Heimatpfleger der Volksbank eG Braunschweig Wolfsburg Braunschweigischen Landschaft Volksbank Hankensbüttel-Wahrenholz eG Volksbank Helmstedt eG Redaktion und Layout der Ausstellungstafeln: Volksbank Peine eG Rudolf Zehfuß Volksbank Vechelde-Wendeburg eG Volksbank Wittingen-Klötze eG Layout, Konzeption und Gesamtherstellung: Volksbank Wolfenbüttel-Salzgitter eG Beyrich DigitalService, Braunschweig Gefördert durch: Braunschweigisches Land in der Weimarer Republik 1918 – 1933 Herausgegeben von der Braunschweigischen Landschaft e. V. Inhaltsverzeichnis Vorwort Harald Schraepler .................................................................................................. 4 Grußwort Hermann Isensee ............................................................................................... 5 Vorsitzende des Staatsministeriums im Freistaat Braunschweig 1919 – 1933 ....................... 6 Dr. Heinrich Jasper .............................................................................................................. 8 General Maerckers Landjäger in Helmstedt ....................................................................... 10 Wahlen und Wählerverhalten im Amtsbezirk Vorsfelde.....................................................
    [Show full text]
  • Rundbrief 2/2020 November 2020
    Rundbrief 2/2020 November 2020 Liebe Mitglieder des Arbeitskreises, liebe Freundinnen und Freunde, "Wir haben vollbracht, was wir gern hätte ich Sie zusammen mit den Vorstandskolleg_innen und den dem Helden schuldig waren“. Mitarbeiter_innen des Arbeitskrei‑ ses persönlich bei unserer jährli‑ Das Schill‑Denkmal chen Mitgliederversammlung in der Gedenkstätte Schillstrasse begrüßt. „Empfange denn, du deutsche Erde, Dieses ist leider aufgrund der Ein‑ Teil 1: 1837‑1909 über welche ich einst in einer Stunde schränkungen der Corona‑Pande‑ der heiligsten Begeisterung den Se‑ (auf den er ein hohes Kopfgeld aus‑ mie nicht möglich. Wir werden gen der Religion ausgesprochen, gesetzt hatte) tot sei. diese Mitgliederversammlung so‑ empfange jetzt des braven Schill bald es geht einberufen. ruhmwürdiges Heldenhaupt. Der Na‑ Schills „Erhebung“ ist schon viel‑ me dieses tapferen Kriegers wird fach geschildert worden: Seit seiner Geschichtsarbeit, insbesondere als ewig im Tempel der Geschichte Verteidigung Colbergs gegen die na‑ Verein, der eine Gedenkstätte be‑ strahlen, ewig im liebenden Herzen poleonische Armee 1807 war Schill treut, muss in der heutigen Zeit ne‑ des dankbaren Volkes leben.“ ein populärer Major; als solcher ben der fachlichen und päda ‑ konnte oder wollte er sich 1809 gogischen Arbeit zunehmend poli ‑ nicht damit abinden, dass der tisch sein: es ist wichtig, eine klare preußische König untätig dabei zu‑ und entschiedene Haltung gegen Pastor Fink sparte nicht mit Pathos, sah, wie Napoleon seine Herrschaft rechte Tendenzen und für eine de‑ als er 1837 die Predigt zur Beiset‑ in Europa und vor allem auf dem mokratische und plurale Gesell‑ zung des Kopfes von Ferdinand von Gebiet ehemaliger deutscher Klein‑ schaft zu zeigen und Zeichen zu Schill im Braunschweiger Schill‑ staaten ausbreitete.
    [Show full text]
  • Revolution in Braunschweig 1918/19
    Schlagwort-Nr. 18002. Online seit 04.06.2012, aktualisiert am 10.03.2014. Revolution in Braunschweig 1918/19 Bereits während des Ersten Weltkrieges kam es im Herzogtum Braunschweig zu Protesten und Streiks. Anders als im Reich ging hier der bei weitem größte Teil der Mitglieder der Mehrheitssozialdemokratie (MSPD) zur Unabhängigen Sozialdemokratie (USPD) über. Daneben war der Spartakusbund sehr aktiv. Anfang November 1918 erreichte die Revolution Braunschweig. Ein Arbeiter- und Soldatenrat konstituierte sich am 8. November und übernahm die Macht, nachdem eine Delegation unter dem linken USPD- Politiker August Merges Herzog Ernst August zur Abdankung bewegt hatte. Am 10. November proklamierte der Arbeiter- und Soldatenrat die "Sozialistische Republik Braunschweig", deren Präsident Merges wurde. Der gemäßigte USPD-Politiker Sepp Oerter wurde Vorsitzender des ausführenden Rats der Volkskommissare. Die Spartakistin Minna Faßhauer wurde Volkskommissarin für Volksbildung, beseitigte die geistliche Schulaufsicht und setzte die staatliche Schulbehörde an ihre Stelle. Über die Durchsetzung der Sozialisierung, eines ihrer wichtigsten Ziele, konnten die Revolutionäre keine Einigkeit erreichen. Auch die zukünftige Rolle der Räte war zwischen Radikalen und Gemäßigten umstritten. Die MSPD war weder im Arbeiter- und Soldatenrat noch im Rat der Volkskommissare vertreten. Das braunschweigsche Bürgertum wehrte sich aktiv gegen die Revolutionsregierung und forderte im Dezember 1918 die Einberufung einer Verfassunggebenden Landesversammlung. Tatsächlich fanden am 22. Dezember 1918 Parlamentswahlen statt. Hier musste die USPD eine Niederlage einstecken. Sie erhielt nur 24,3 Prozent der Stimmen. Die MSPD gewann mit 27,7 Prozent die Wahl. Aus dem bürgerlichen Lager erlangte die Demokratische Volkspartei, aus der später die Deutsche Demokratische Partei (DDP) in Braunschweig hervorging, 21,8 Prozent, der Landeswahlverband, in dem sich das übrige Bürgertum sammelte, kam auf 26,2 Prozent.
    [Show full text]
  • DR. BERND ROTHER Wissenschaftlicher Mitarbeiter Und Stellvertretender Geschäftsführer
    DR. BERND ROTHER Wissenschaftlicher Mitarbeiter und stellvertretender Geschäftsführer Jahrgang 1954 1973 Abitur am Johanneum Lüneburg, anschließend Wehrdienst 1974 – 1981 Studium der Geschichte und Politikwissenschaft an der TU Braunschweig, Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung 1976/77 AstA-Vorsitzender 1981 Erstes Staatsexamen für das Höhere Lehramt 1984 Promotion mit einer Arbeit über die Sozialistische Partei Portugals 1985 Zweites Staatsexamen für das Höhere Lehramt Wissenschaftlicher Mitarbeiter 1986 – 1988, 1990 – 1991: Arbeitskreis Andere Geschichte Braunschweig 1988 – 1990: Institut für Sozialgeschichte, Bonn 1991 – 1993: Historisches Seminar der Universität Hannover 1993 – 1999: Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien, Potsdam Seit 1. März 1999: Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung, Berlin Bisherige Forschungsschwerpunkte Deutsche und europäische Arbeiterbewegung, Regionalgeschichte Braunschweigs, Geschichte der Juden in Spanien und der sephardischen Juden, Zeitgeschichte Deutschlands Fremdsprachen Englisch, Französisch, Italienisch (Lesen), Judenspanisch (Lesen), Latein, Portugiesisch, Spanisch PUBLIKATIONEN 1980 Wilhelm Bracke. Ein Braunschweiger Arbeiterführer. Braunschweig 1980. Zweite Auflage 1984. 3. Auflage 2005. 1983 Partido Socialista - a trajectória de um partido; in: Expresso (Lisboa), 14. Mai 1983 (mit Maria José Stock).1 Il decimo anniversario del PS portoghese: 1973-1983; in: Città e Regione (Florenz), Jg. 9, Juni 1983, S. 159-176. (Mit Maria José Stock). 1984 Wirtschaftspolitik von Sozialisten in der Krise: Der Fall Portugal; in: Politische Vierteljahresschrift, Jg. 25, 1984, H. 2, S. 156-168. Englische Fassung: Socialist Economic Policy in the Crisis: The Case of Portugal, in: International Journal of Political Economy, Vol. 17, 1987, No. 4, S. 88 – 105. 1 Der "Expresso" ist eine der "Zeit" vergleichbare Wochenzeitung; der Artikel erschien als Sonderbeilage des "Expresso" zum 10. Gründungstag der Sozialistischen Partei Portugals.
    [Show full text]
  • La Revolución En Alemania
    Pierre Broué Revolución en Alemania / 1 De la guerra a la revolución. Victoria y derrota del ‘izquierdismo’ Índice Abreviaturas y siglas .................................................................................................................. 1 Presentación ............................................................................................................................... 3 1. El campo de batalla ................................................................................................................ 6 Un país capitalista avanzado .................................................................................................. 6 Una revolución burguesa inacabada....................................................................................... 7 Una sociedad presocialista. .................................................................................................... 8 Guerra o revolución.............................................................................................................. 10 Nacionalismo y socialismo................................................................................................... 11 2. La socialdemocracia antes de 1914...................................................................................... 12 Un modelo de socialdemocracia revolucionaria .................................................................. 12 Un universo nuevo. .............................................................................................................. 13 Reformas
    [Show full text]
  • The German Revolution, 1917-1923 (Historical Materialism Book Series
    THE GERMAN REVOLUTION, 1917-1923 HISTORICAL MATERIALISM BOOK SERIES Editorial board PAUL BLACKLEDGE, Leeds - SEBASTIAN BUDGEN, Paris JIM KINCAID, Leeds - STATHIS KOUVELAKIS, Paris MARCEL VAN DER LINDEN, Amsterdam CHINA MIÉVILLE, London - PAUL REYNOLDS, Lancashire THE GERMAN REVOLUTION 1917-1923 By Pierre Broue´ Translated by John Archer and Edited by Ian Birchall and Brian Pearce With an Introduction by Eric D. Weitz BRILL LEIDEN • BOSTON 2005 This book is printed on acid-free paper. Original title: La révolution en Allemagne, 1917-1923 © Pierre Broué, Les Editions de Minuit, 1971 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data Broué, Pierre. [Révolution en Allemagne, 1917-1923. English] The German Revolution / by Pierre Broué ; [translated by John Archer and edited by Ian Birchall and Brian Pearce]. p. cm. — (Historical materialism book series, ISSN 1570-1522 ; 5) Includes bibliographical references and index. ISBN 90-04-13940-0 (alk. paper) 1. Germany—Politics and government—1918-1933. 2. World War, 1914-1918—Germany. 3. Kommunistische Partei Deutschlands—History. 4. Germany—History—Revolution, 1918. I. Title. II. Series. DD240.B81613 2004 943.085—dc22 2004040884 ISSN 1570–1522 ISBN 90 04 13940 0 © Copyright 2005 by Koninklijke Brill NV, Leiden, The Netherlands All rights reserved. No part of this publication may be reproduced, translated, stored in a retrieval system, or transmitted in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, recording or otherwise, without prior written permission from the publisher. Authorization to photocopy items for internal or personal use is granted by Koninklijke Brill provided that the appropriate fees are paid directly to The Copyright Clearance Center, 222 Rosewood Drive, Suite 910 Danvers, MA 01923, USA.
    [Show full text]
  • Jahrbuch 2015 Sonderdruck Seiten 13–40
    1 Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft Jahrbuch 2015 Sonderdruck Seiten 13–40 J . C RAMER Verlag · Braunschweig 2016 http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00063181 Ein Braunschweiger kehrtPL zurück:ENARSITZUNG Der Philosophieprofessor E Willy N Moog (1888–1935) 13 NEUJAHRSSITZUNG AM 10.01.2015 Ein Braunschweiger kehrt zurück: Der Philosophieprofessor Willy Moog (1888–1935) NICOLE C. KARAFYLLIS TU Braunschweig, Seminar für Philosophie, Bienroder Weg 80, D-38106 Braunschweig E-Mail: [email protected], www.tu-bs.de/philosophie 1. Einführung Der Januar ist ein Monat des Anfangs, in dem man nach vorne drängt, gegebe- nenfalls auch noch die guten Vorsätze versucht, in die Praxis umzusetzen. Die Geschichte des Wortes „Januar“ führt zu dem römischen Gott Ianus, dem Gott des Anfangs und des Endes und Hüter der Tore. Er wird klassischerweise mit zwei Gesichtern dargestellt: eines, um nach vorne zu sehen, aber ein zweites, um zurückzublicken. Das Neue ist eben nur neu in Kenntnis des Alten. Deshalb sei für den Neujahrsvortrag1 ein Thema gewählt, das ein Tor zur jüngeren Vergan- genheit bildet: die Geschichte von Willy Moog, dem Philosophieprofessor. Hier an der TU bzw. damals TH Braunschweig hat Moog das philosophische Institut vor 90 Jahren begründet. Und hier in Braunschweig hat er sich elf Jahre später, am 24. Oktober 1935, in die Oker gestürzt und seinem Leben ein Ende bereitet. Nur 47 Jahre alt ist er geworden. Er war einer der besten seines Faches und in der akademischen Welt seiner Zeit hoch angesehen. Allein 14 Monographien hat er veröffentlicht. Hinzu kommen zahlreiche Aufsätze, Rezensionen und Heraus- geberschaften. Über weite Teile hatte er wohl ein glückliches Leben; auf jeden Fall aber ein sehr produktives.
    [Show full text]
  • Rezension Über: Dierk Hoffmann, Otto Grotewohl (1894-1964). Eine Politische Biographi
    Citation style LaPorte, Norman: Rezension über: Dierk Hoffmann, Otto Grotewohl (1894-1964). Eine politische Biographie, München: Oldenbourg, 2009, in: German Historical Institute London Bulletin, Vol. XXXIII (2011), 1, S. 132-137, DOI: 10.15463/rec.1189742156 First published: German Historical Institute London Bulletin, Vol. XXXIII (2011), 1 copyright This article may be downloaded and/or used within the private copying exemption. Any further use without permission of the rights owner shall be subject to legal licences (§§ 44a-63a UrhG / German Copyright Act). DIERK HOFFMANN, Otto Grotewohl (1894–1964): Eine politische Bio - gra phie, Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, 74 (R. Olden - bourg Verlag: Munich, 2009), viii + 721 pp. ISBN 978 3 486 59032 6. €69.80 On a fact-finding tour of the Eastern Bloc in 1954, the British Labour MP Desmond Donnelly had a two-hour long meeting with Otto Grotewohl in his capacity as head of the GDR government. The East German Minister President made a broadly positive impression on Donnelly, who noted: ‘In manner he [Grotewohl] was a mild person. His immaculate dove-grey suit, dove-grey shoes and rimless specta- cles made him look like a prosperous American.’ The substance of the discussion, in Donnelly’s view, was also punctuated by some encouraging aspects, in particular, Grotewohl’s readiness to express ‘outright a sense of remorse’ for the war—a sentiment conspicuous by its absence during the MP’s recent visit to Bonn.1 In his articles for the British press and the books he subsequently published, Donnelly appeared unaware of Grotewohl’s political past as a Social Democrat; he was merely described as the ‘communist head of state’.
    [Show full text]
  • And Emma the ANARCHIST ODYSSEY OF
    Sasha and Emma THE ANARCHIST ODYSSEY OF ALEXANDER BERKMAN AND EMMA GOLDMAN PAUL AVRICH KAREN AVRICH SASHA AND EMMA SASHA and EMMA The Anarchist Odyssey of Alexander Berkman and Emma Goldman Paul Avrich and Karen Avrich Th e Belknap Press of Harvard University Press Cambridge, Massachusetts • London, En gland 2012 Copyright © 2012 by Karen Avrich. All rights reserved Printed in the United States of America Library of Congress Cataloging- in- Publication Data Avrich, Paul. Sasha and Emma : the anarchist odyssey of Alexander Berkman and Emma Goldman / Paul Avrich and Karen Avrich. p . c m . Includes bibliographical references and index. ISBN 978- 0- 674- 06598- 7 (hbk. : alk. paper) 1. Berkman, Alexander, 1870– 1936. 2. Goldman, Emma, 1869– 1940. 3. Anarchists— United States— Biography. 4 . A n a r c h i s m — U n i t e d S t a t e s — H i s t o r y . I . A v r i c h , K a r e n . II. Title. HX843.5.A97 2012 335'.83092273—dc23 [B] 2012008659 For those who told their stories to my father For Mark Halperin, who listened to mine Contents preface ix Prologue 1 i impelling forces 1 Mother Rus sia 7 2 Pioneers of Liberty 20 3 Th e Trio 30 4 Autonomists 43 5 Homestead 51 6 Attentat 61 7 Judgment 80 8 Buried Alive 98 9 Blackwell’s and Brady 111 10 Th e Tunnel 124 11 Red Emma 135 12 Th e Assassination of McKinley 152 13 E. G. Smith 167 ii palaces of the rich 14 Resurrection 181 15 Th e Wine of Sunshine and Liberty 195 16 Th e Inside Story of Some Explosions 214 17 Trouble in Paradise 237 18 Th e Blast 252 19 Th e Great War 267 20 Big Fish 275 iii
    [Show full text]
  • German Historical Institute London Bulletin, Vol 33, No
    German Historical Institute London BULLETIN ISSN 0269-8552 Nicholas Morton: In Subsidium: The Declining Contribution of Germany and Eastern Europe to the Crusades to the Holy Land, 1221–91 German Historical Institute London Bulletin, Vol 33, No. 1 (May 2011), pp 38-66 Copyright © 2011 German Historical Institute London. All rights reserved. German Historical Institute London Bulletin Volume XXXIII, No. 1 May 2011 CONTENTS Articles Towards The Limits to Growth? The Book and its Reception in West Germany and Britain 1972–73 (Elke Seefried) 3 In Subsidium: The Declining Contribution of Germany and East- ern Europe to the Crusades to the Holy Land, 1221–91 (Nicholas Morton) 38 Review Article Normality, Utopia, Memory, and Beyond: Reassembling East German Society (Thomas Lindenberger) 67 Response to Thomas Lindenberger (Mary Fulbrook) 92 Book Reviews Jennifer R. Davis and Michael McCormick (eds.), The Long Morning of Medieval Europe: New Directions in Early Medi- eval Studies (Dominik Waßenhoven) 99 Das Lehnswesen im Hochmittelalter: Forschungskonstrukte— Quellen befunde—Deutungsrelevanz, ed. Jürgen Dendorfer and Roman Deut in ger (Thomas N. Bisson) 104 Jochen Burgtorf, The Central Convent of Hospitallers and Tem- plars: History, Organization, and Personnel (1099/1120–1310) (Karl Borchardt) 113 (cont.) Contents Oliver Auge, Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittel- alter: Der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhun- derts bis in die frühe Re formationszeit (Jonathan R. Lyon) 119 Dominik Haffer, Europa in den Augen Bismarcks:
    [Show full text]