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LÄNDERBERICHT Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. EUROPABÜRO BRÜSSEL OLAF WIENTZEK Provinzwahlen bringen niederländi- sche Regierung in die Bredouille – März 2015 www.kas.de Christdemokraten zweitstärkste Kraft www.eukas.eu DIE PROVINZWAHLEN IN DEN NIEDERLANDEN VOM 18.MÄRZ 2015 Bei den Wahlen für die Provinzparla- noch nicht völlig aus. Für eine zuver- mente in den Niederlanden am 18. März lässige Prognose ist es jedoch zu früh. wurden die Christdemokraten (CDA) zweitstärkste Kraft. Damit konnte die Hintergrund Partei ihren bei den Gemeinderatswah- len und Europawahlen 2014 angedeu- Die Wahlen vom 18. März bestimmten die teten Aufwärtstrends bestätigen. Größ- Zusammensetzung der 12 Provinzparlamen- te Partei wurde trotz klarer Einbußen te der Niederlande (Provinciale Staten) so- die regierende rechtsliberale VVD von wie der Wasserschaften (Waterschappen). Mark Rutte. Der sozialdemokratische Die niederländischen Provinzen sind vor al- Koalitionspartner (PvdA) ist der große lem für Fragen des Naturschutzes, der Verlierer der Wahl. Raumordnung und der Infrastruktur zustän- dig. Die Wasserschaften kümmern sich um Neben dem CDA sind auch die Linksli- die Wasserwirtschaft und die Instandhaltung beralen (D66), die Sozialisten (SP) und von Deichen. die beiden protestantischen Kleinpar- teien SGP und CU Wahlgewinner. Die Gleichzeitig haben die Provinzwahlen Aus- Wahlbeteiligung lag bei rund 47% und wirkungen auf die nationale Ebene: Die damit deutlich unter derjenigen von Vertreter der Provinzparlamente wählen am 2011 (54%). 26. Mai die Eerste Kamer. Mithin lässt das Ergebnis der Provinzwahlen Rückschlüsse Das Wahlergebnis hat weitreichende auf die spätere Zusammensetzung der Eers- Auswirkungen auf die Arbeit der Regie- te Kamer zu.1 Sie kann zwar weder Geset- rung: Die nun 570 gewählten Mitglie- zesvorlagen einbringen noch Gesetze abän- der der 12 Provinzparlamente werden dern, allerdings kann sie diese ablehnen. am 26. Mai den niederländischen Senat Die Regierung unter Mark Rutte hatte be- (Eerste Kamer) wählen. Dort hatte die reits seit Amtsantritt keine Mehrheit im Se- Regierungskoalition aus VVD und PvdA nat, konnte sich aber bei strittigen Vorha- bislang dank der Duldung der D66, SGP ben auf die Unterstützung der linksliberalen und CU eine knappe Mehrheit. Selbst D66, sowie der christlichen Kleinparteien CU diese Konstellation wird voraussichtlich und SGP verlassen. Die Umfragen im Vor- jedoch nur 36 von 75 Sitzen erhalten. feld der Wahl prognostizierten jedoch den Regierungschef Mark Rutte ist somit Verlust der Senatsmehrheit auch für diese auf die Unterstützung einer weiteren Konstellation. Partei im Senat angewiesen. Rutte und auch die Sozialdemokraten wollen dennoch bis zu den planmäßig für 2017 angesetzten Parlamentswah- len „durchregieren“. Beobachter 1 Die Stimmen der einzelnen Provinzen schließen vorzeitige Neuwahlen den- werden unterschiedlich gewichtet, um die unterschiedliche Bevölkerungszahl zu berücksichtigen 2 Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. Im Wahlkampf standen nationale Themen Provinzen (Noord-Holland, Zuid-Holland, und die Regierungspolitik im Vordergrund. Noord-Brabant, Drenthe, Gelderland, Flevo- EUROPABÜRO BRÜSSEL Mit Blick auf die zu erwartenden Verluste land, Utrecht), der CDA in vier Provinzen hatte Mark Rutte bereits im Vorfeld wieder- (Limburg, Friesland, Overijssel, Zeeland) OLAF WIENTZEK holt um die Mitarbeit des CDA geworben. stärkste Kraft. Der CDA ist damit einer der Der Fraktionsvorsitzende und Parteiführer Gewinner der Wahlen. Bemerkenswert sind März 2015 der niederländischen Christdemokraten, aber die deutlichen regionalen Unterschie- www.kas.de Sybrand van Haersma Buma, weigerte sich de: In Limburg, Flevoland und den ländli- www.eukas.eu jedoch, der Regierung einen Blankoscheck chen Provinzen Friesland und Overijssel leg- auszustellen: Der CDA werde wie bisher te der CDA deutlich zu. In zwei Provinzen, sinnvolle Vorschläge unterstützen, schlechte Gelderland und Groningen, fuhr er im Ver- aber ablehnen. Entsprechend verschärfte gleich zu 2011 leichte Verluste ein. sich im Vorfeld der Wahlen der Diskurs ge- rade zwischen VVD und CDA. Gleichzeitig Wahlsieger ist auch die linksliberale D66 wurden die Regierungsparteien, insbesonde- (12,4%), die wie erwartet deutlich zulegte. re die VVD, kurz vor den Wahlen von meh- Anders als in den nationalen Umfragen liegt reren Skandalen eingeholt2, die unter ande- sie aber deutlich hinter CDA und VVD. Auch rem im Rücktritt von Minister Ivo Opstelten die linkspopulistischen Sozialisten (11,6%) und Staatssekretär Fred Teeven führten. verzeichneten Gewinne. Sie überrundeten, Die Regierungsparteien gingen mithin unter wie schon bei den Europawahlen, die Sozi- schwierigen Vorzeichen in die Wahl. aldemokraten und wurden in Groningen so- gar stärkste Kraft. Provinzbezogene Wahlthemen - wie Infra- struktur, Umwelt und Landwirtschaft spiel- Die ChristenUnie und die SGP legten in ih- ten zwar keine unbedeutende, aber doch ren Hochburgen teils deutlich zu, bleiben eher eine nachrangige Rolle. aber national gesehen Splitterparteien. Für den CDA waren diese Wahlen aus meh- Wahlverlierer sind in erster Linie die Sozial- reren Gründen wichtig: 1. Die nach wie vor demokraten, die von 17,5% auf 10% fielen. mitgliederstärkste niederländische Partei Sie müssen damit die dritte schwere Wahl- schöpft ihre Kraft aus ihrer lokalen Verwur- niederlage in Folge einstecken und sind in zelung. Eine starke regionale Verankerung keiner einzigen Provinz mehr stärkste Kraft. ist daher essentiell. 2. Ein Zugewinn im Besonders schmerzhaft: Erneut landen sie Vergleich zu den letzten Provinzwahlen hinter den linkspopulistischen Sozialisten. In 2011 würde den Aufwärtstrend in der Partei der traditionell sozialdemokratisch gepräg- bestätigen und der Partei auch auf nationa- ten Provinz Groningen verloren die Sozial- ler Ebene neuen Auftrieb geben. demokraten in einigen Gemeinden sogar bis zu 70% ihrer Wähler. Wahlergebnis Einbußen musste auch die rechtspopulisti- Bis tief in die Nacht lieferten sich die rechts- sche PVV (11,7%) von Geert Wilders hin- liberale VVD und die Christdemokraten des nehmen. Grund war dabei weniger die Ar- CDA ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Spit- beit ihrer Provinzvertreter in der vergange- zenposition, das letztlich die VVD knapp für nen Legislaturperiode; viele ihrer Wähler sich entscheiden konnte: Nach den vorläufi- blieben schlicht zu Hause. Dennoch beacht- gen Ergebnissen entfielen auf die VVD 15,8 lich: In Rotterdam wurde sie stärkste Kraft, und den CDA 14,7% der Stimmen. In den ebenso in Lelystad, Kerkrade, Almere und Provinzparlamenten werden beide Parteien Maastricht, was aber meist an der Schwä- jeweils wohl auf 89 von 570 Sitzen kom- che von PvdA und VVD und nicht an eigenen men. Insgesamt wurde die VVD in sieben Zugewinnen lag. Die VVD bleibt zwar an Stimmen gemessen stärkste Kraft in den Provinzen, fährt aber 2 U.a. ging es dabei um Zahlungen an einen klare Verluste ein. Insgesamt sind diese berüchtigten Drogenbaron in Limburg 3 Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. zwar geringer als befürchtet, jedoch weitaus Die Zersplitterung der Parteienlandschaft mehr als das „Haar in der Suppe“, wie Rutte setzt sich weiter fort: die stärkste Partei er- EUROPABÜRO BRÜSSEL es am Wahlabend verharmlosend formulier- reichte landesweit nicht einmal 16%. Die te. Stammwählerschaft aller Volksparteien OLAF WIENTZEK schrumpft weiter. Splitterparteien können Die Wahlbeteiligung lag mit 47% deutlich ihre Position wiederum festigen. Diese Ent- März 2015 unter dem Wert von 2011 (54%), allerdings wicklung unterstützt die von Buma gefor- www.kas.de im historischen Mittel der letzten beiden derte Einführung einer (niedrigen) Sperr- www.eukas.eu Jahrzehnte. klausel für das niederländische Parlament. Bislang existiert eine derartige Klausel Für die Wahlen zur Eerste Kamer am 26. nicht. Mai zeichnet sich die folgende Sitzverteilung ab: VVD 13, CDA 12, D66 10, PVV und SP Lage der Christdemokraten jeweils 9, Sozialdemokraten 8, CU/SGP 5, GroenLinks 4, 50Plus und Tierpartei je 2, Das Ergebnis ist für den CDA eine wichtige sowie ein Unabhängiger. Damit haben Re- Bestätigung des Aufwärtstrends, der sich gierungsparteien und Duldungspartner nur bereits bei den Gemeinderats- und den Eu- 36 von 75 Sitzen. Die Regierung von Mark ropawahlen abgezeichnete. Rutte ist mithin ab Juni auf zusätzliche Der Partei gelang es, symbolisch wichtige Partner angewiesen. Provinzen zurückzuerobern. Doch selbst in ihren „Hochburgen“ Limburg, Overijssel und Analyse Friesland erreichte sie maximal 23%. Auch auf regionaler Ebene ist also die Zeit ihrer Das Wahlergebnis spiegelt die Unzufrieden- Dominanz vorbei, selbst wenn sie in einigen heit der Bevölkerung mit der „Großen Koali- Gemeinden und Kleinstädten weiterhin über tion“ aus VVD und PvdA wieder. In erster 40 oder 50% erzielen kann. Linie bezahlen aber die Sozialdemokraten Die Großstädte bleiben für den CDA hinge- die Rechnung. Parteivorsitzender Diederik gen ein schwieriges Terrain, in Amsterdam, Samsom, 2012 noch Heilsbringer der Sozi- Rotterdam, Den Haag und Utrecht erreicht aldemokraten, gerät unter Druck, wird aber er keine 10%. Dennoch gelang es ihm, in vorerst nicht zurücktreten. diesen Städten leichte Gewinne zu erzielen. Bemerkenswert: fast alle gemäßigten Oppo- sitionskräfte – unabhängig ob sie die Regie- Das insgesamt verbesserte Ergebnis des rung unterstützen oder nicht – haben zuge- CDA ist wohl auf mehrere Faktoren zurück- legt. zuführen: Trotz des Votums gegen die Regierungspar- 1. Das klare Oppositionsprofil mit klassi- teien halten sich in Umfragen Befürworter