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Die Entwicklung des Filmlizenzhandels unter Berücksichtigung des Konzentrationsprozesses auf dem deutschen Fernsehmarkt

Diplomarbeit zur Erlangung des Grades einer Diplom-Medienwirtin (FH)

Vorgelegt an der: Fachhochschule Wiesbaden Fachbereich Medienwirtschaft im Wintersemester 2001/ 02

Von: Manuela Meier Roonstraße 4 65195 Wiesbaden Matrikelnummer: 931783 Fachsemester: 8

Betreuer: Herr Prof. Dr. Wolfgang Jäger Korreferent: Herr Michael Krohne

Wiesbaden, 13. Februar 2002

INHALTSVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis ...... IV Tabellenverzeichnis ...... V 1 Einleitung ...... 1 1.1 Einführung ...... 1 1.2 Problemstellung...... 2 2 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks ...... 3 2.1 Rundfunkdefinition...... 3 2.2 Rechtliche und medienpolitische Rahmenbedingungen des deutschen Rundfunksystems...... 4 2.2.1 Grundgesetz...... 5 2.2.2 Rundfunkurteile des Bundesverfassungsgerichtes...... 6 2.2.3 Rundfunkstaatsvertrag ...... 8 2.2.4 Landesrundfunkgesetze ...... 10 2.2.5 Landesmediengesetze und Landesmedienanstalten ...... 10 2.2.6 Europäische Regelungen ...... 12 2.3 Entwicklung der deutschen Fernsehveranstalter ...... 14 2.3.1 Anfänge der deutschen Rundfunkanstalten ...... 14 2.3.2 Entwicklung der ARD ...... 15 2.3.3 ZDF und die Einführung der Dritten Programme...... 18 2.3.4 Beginn des dualen Rundfunks...... 23 2.3.5 Fernsehlandschaft der Neunzigerjahre ...... 28 2.3.6 Status quo ...... 33 3 Programmbeschaffungsformen der Fernsehveranstalter...... 36 3.1 Eigenproduktion...... 37 3.2 Auftragsproduktion ...... 38 3.3 Koproduktion ...... 40 3.4 Lizenzerwerb ...... 42 4 Lizenzmarkt ...... 44 4.1 Definition Lizenz ...... 44 4.2 Lizenzarten...... 45 4.2.1 Einzellizenz ...... 46 4.2.2 Package-Deal...... 46 4.2.3 Volume-Deal...... 47

4.2.4 Output-Deal...... 48 4.3 Kategorien von Lizenzprogrammen...... 51 4.3.1 Kinofilme...... 53 4.3.2 TV-Movies ...... 54 4.3.3 Serien...... 55 4.3.4 Comedy-Shows ...... 57 4.4 Marktstrukturen...... 58 4.4.1 Marktakteure ...... 59 4.4.1.1 Fernsehveranstalter ...... 61 4.4.1.2 Produzenten...... 64 4.4.1.3 Rechtehändler...... 68 4.4.1.4 Kabelnetzbetreiber ...... 71 4.4.2 Geschäftsmodell der Lizenzhändler ...... 75 4.4.3 Aktuelle Situation auf dem Lizenzmarkt ...... 79 4.4.3.1 Einflussfaktoren auf den TV-Lizenzmarkt...... 84 4.4.3.2 Branchenanalyse nach Porter...... 87 4.5 Konzentration im Mediensektor ...... 93 4.5.1 Horizontale Konzentration ...... 93 4.5.2 Vertikale Konzentration ...... 94 4.5.3 Der Konzentrationsprozess ...... 94 5 Verwertungsmärkte für TV-Lizenzen...... 100 5.1 Erstverwertung ...... 100 5.2 Zweitverwertung ...... 100 5.3 Drittverwertung ...... 103 6 Lizenzmodelle ...... 105 6.1 Unterschiedliche Zielsetzungen der Lizenzgeber und Lizenznehmer ...... 105 6.2 Bestandteile eines Lizenzvertrages ...... 107 6.3 Wirtschaftlich dynamische Modelle...... 111 7 Perspektiven des Lizenzmarktes...... 117 7.1 Tendenzen im TV-Lizenzhandel ...... 117 7.1.1 Ökonomisches Potenzial...... 117 7.1.2 Entwicklungsmöglichkeiten für neue Lizenzmodelle...... 121 7.2 Strukturveränderungen auf Sender-, Rechtehändler- und Produzentenseite...... 125

7.3 Rechtliche und medienpolitische Forderungen...... 128 8 Fazit...... 131 ANHANG...... 134 LITERATURVERZEICHNIS...... 137

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Akteure des Lizenzmarktes 60 Abbildung 2: Kabelnetzbetreiber in Deutschland 73 Abbildung 3: Einflussfaktoren auf den TV-Lizenzmarkt 86 Abbildung 4: Wettbewerbsanalyse nach Porter 89 Abbildung 5: Marktanteile der Senderfamilien 1. Halbjahr 2000 96 Abbildung 6: Lizenzmodell der BRAINPOOL TV AG 113

IV

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Spielfilmausstrahlungen im Fernsehen 1990 bis 1999 30 Tabelle 2: Monatliche Zuschaueranteile Januar bis Juli 2001 35 Tabelle 3: Produktionsformen 36 Tabelle 4: Zusammensetzung des täglichen Fernsehkonsums nach Programmsparten und Sendern 52 Tabelle 5: TV-Sender 63 Tabelle 6: Filmstatistik 2000 80 Tabelle 7: Zielsetzungen der Lizenzgeber und Lizenznehmer 106

V Einleitung

1 Einleitung

1.1 Einführung

In den neunziger Jahren hat sich der Handel mit TV-Lizenzrechten zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt. Die Einführung des dualen Rundfunk- systems mit einer wachsenden Zahl privater Fernsehveranstalter steigerte den Bedarf an attraktiven Filmrechten in außergewöhnlichem Maße. Unterstützt wurde diese Entwicklung durch die deutsche Wiedervereinigung im Jahr 1990, welche Deutschland zu dem zweitwichtigsten Medienmarkt weltweit machte. Der Besitz attraktiver Filmrechte stellte sich als einer der zentralen Erfolgsfaktoren im Wettbewerb der Sender um die entscheidenden Marktanteile heraus. Mit zunehmendem Bedarf der deutschen Fernsehveranstalter stiegen die Preise für die begehrte Lizenzware, insbesondere die der amerikanischen Major-Studios, exponentiell an. Riskante Output-Deals seitens der Fernsehsender und Rechtehändler, sowie sinkende Margen im Rechtehandel waren die Folge des verschärften Wettbewerbs.

Aktuell ist der Markt durch einen starken Trend zu horizontal und vertikal integrierten Medienunternehmen gekennzeichnet. Der Lizenzmarkt im besonderen weist eine hohe Wettbewerbsintensität verbunden mit ersten Konsolidierungs- tendenzen auf. Resultierend aus den oligopolistischen Strukturen des nationalen Fernsehsektors und den teuren Einkaufstouren in Hollywood sehen sich derzeit die am Neuen Markt notierten unabhängigen Filmrechtehändler großen Absatzschwierigkeiten gegenüber. Mit Bildung der beiden privaten Senderfamilien und ihren gebündelten Einkaufsaktivitäten, sowie den vielfältigen Rechte- verwertungsmöglichkeiten innerhalb der Senderfamilie, fand im Bereich des nationalen Filmrechtehandels ein Wandel von einem Verkäufer- zum Käufermarkt statt. Jedoch ist der internationale Lizenzmarkt weiterhin durch eine hohe Lieferantenmacht seitens der US-amerikanischen Produktionsunternehmen gekennzeichnet.

1 Einleitung

In der vorliegenden Arbeit erfolgt eine Konzentration auf den Handel mit fiktionalen Programmrechten, da sie als ein wesentlicher Bestandteil für eine erfolgreiche Programmveranstaltung erachtet werden. Zudem stellen Fiction-Rechte den größten Anteil am weltweiten Handel mit Fernsehrechten dar.

1.2 Problemstellung

Die vorliegende Diplomarbeit soll einen Überblick über die Entwicklung und die Perspektiven des TV-Lizenzrechtehandels in Deutschland geben. Hier wird insbesondere die herausragende Stellung einzelner deutscher Rechtehändler untersucht und bewertet. Eine Analyse der Marktstrukturen auf der Basis öffentlich zugänglichen Materials (Geschäfts- und Quartalsberichte, Bilanzen), sowie zahlreich geführter Interviews mit Experten und Entscheidern der Medienindustrie soll Aufschluss über die künftige Entwicklung und das wirtschaftliche Potenzial des TV-Rechtemarktes geben.

Zwischen den deutschen TV-Produktionsunternehmen, die im wesentlichen mittelständisch geprägt sind, und den nationalen Fernsehveranstaltern, welche größtenteils eine Zugehörigkeit zu integrierten Medienkonzernen aufweisen, existiert kein „wirklicher“ Lizenzhandel. Der Markt ist durch klassische Auftragsproduktionen gekennzeichnet, die den Produzenten zu einer „verlängerten Werkbank“ der Fernsehsender degradieren. Dies führt zu der Frage, welche Chancen und Risiken sich künftig in einem durch vertikale und horizontale Konzentration geprägten Medienmarkt für Produzenten, Intermediäre und Fernsehveranstalter ergeben werden. Tendenzen hinsichtlich möglicher rechtlicher sowie medienpolitischer Veränderungen sollen ebenso behandelt werden, wie die Entwicklung neuer Lizenzmodelle auf dem deutschen TV- Lizenzrechtemarkt.

2 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

2 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

Um das deutsche Rundfunksystem in seiner Komplexität nachvollziehen zu können, ist es zwingend erforderlich, vorab auf die wesentlichen, den Rundfunk betreffenden rechtlichen Grundlagen sowie auf den Rundfunkbegriff als solchen einzugehen. Die Entwicklung des Fernsehveranstaltermarktes bis hin zu seiner heutigen Ausprägung wurde maßgeblich durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Form von Rundfunkurteilen beeinflusst.

2.1 Rundfunkdefinition

Üblicherweise wird die Bezeichnung Rundfunk als Oberbegriff für Hörfunk und Fernsehen verwendet, wobei der Hörfunk den historischen Beginn des Rundfunks einleitete.

In dieser Diplomarbeit wird der Fokus auf den Fernsehbereich gelegt, womit auf eine detaillierte Darstellung des Hörfunksektors verzichtet wird.

Dem Rundfunkbegriff kommt in Bezug auf neue Technologien eine besondere Bedeutung zu. Beispielsweise wird das Pay-TV dem Rundfunkbegriff zugeordnet und fällt damit unter die Zuständigkeit des Rundfunkstaatsvertrages. Insbesondere der Abgrenzung zu den Mediendiensten wird eine hohe Bedeutung beigemessen, da hieraus völlig unterschiedliche Rechtsfolgen resultieren können.

In der einschlägigen Literatur findet eine Unterscheidung zwischen dem verfassungsrechtlichen und dem einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff (in den Landesrundfunk- und Mediengesetzen) statt.1

Die Verfassung betont die dynamische Interpretation des Rundfunkbegriffs und legt aufgrund dessen keine genaue Definition fest:2

1 Vgl. Platho, R. (2000), S. 93 2 Vgl. Hoffmann-Riem, W. (1996), S. 39 3 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

„Der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verwendete Begriff Rundfunk lässt sich nicht in einer ein für allemal gültigen Definition erfassen. Inhalt und Tragweite verfassungsrechtlicher Begriffe und Bestimmungen hängen (auch) von ihrem Normbereich ab; ihre Bedeutung kann sich bei Veränderungen in diesem Bereich wandeln. Dies gilt auch für den Rundfunkbegriff.“3

Im Rundfunkstaatsvertrag § 2 Abs. 1 findet sich folgende Definition: „Rundfunk ist die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, in Ton und in Bild unter Benutzung elektro- magnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters. Der Begriff schließt Darbietungen ein, die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind. Dieser Staatsvertrag gilt nicht für Mediendienste im Sinne von § 2 Abs. 1 des Mediendienste- Staatsvertrages.“

Die im Rundfunkstaatsvertrag enthaltene Definition wird allgemein als „angemessene Ausfüllung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs“ angesehen und wurde in viele Landesmediengesetze übernommen; teilweise lassen sich aber auch Abweichungen von der o.g. Begriffsbestimmung feststellen.4

2.2 Rechtliche und medienpolitische Rahmenbedingungen des deutschen

Rundfunksystems

Im Nachkriegsdeutschland haben die Westalliierten in besonderem Maße den Aufbau und die Entwicklung des deutschen Rundfunksystems geprägt. Ausgehend von den Erfahrungen des Dritten Reiches sollte ein Einfluss des Staates sowie einzelner gesellschaftlicher Gruppen unbedingt verhindert werden. In den Jahren 1948 und 1949 wurden unter dem Einfluss der Alliierten die ersten neugegründeten Rundfunkanstalten in den drei westlichen Besatzungszonen errichtet. Gemeinsam mit deutschen Politikern einigte man sich auf Anstalten des

3 Vgl. BVerfGE 74, 297, 350 4 Vgl. Hoffmann-Riem, W. (1996), S. 40 f. 4 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

öffentlichen Rechts, die sich durch Binnenpluralismus und das Recht auf Selbstverwaltung auszeichneten.5 Der Grundstein für eine staatsferne, dezentrale und föderalistische Struktur der Rundfunkordnung wurde gelegt.

Die folgenden Abschnitte beschäftigen sich mit den wesentlichen Rechtsquellen des deutschen Rundfunksystems.

2.2.1 Grundgesetz Das am 23.05.1949 in Kraft getretene Grundgesetz stellt das verfassungsrechtliche Fundament der Bundesrepublik Deutschland dar. Aus- gangspunkt für nahezu alle den Rundfunk betreffenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ist der Art. 5 Abs. 1,2 GG.6

(1) „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ (2) „Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“

Die grundgesetzlich festgelegte Meinungs- und Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) ist in ganz entscheidendem Maße erforderlich für eine funktionierende Demokratie. Dem Rundfunk und anderen Massenmedien (Presse) kommt hierbei die Aufgabe zu, den Bürgern eine freie und umfassende öffentliche Meinungsbildung zu ermöglichen.7

Weitreichende Auswirkungen auf die deutsche Rundfunklandschaft hat insbesondere die im Grundgesetz Art. 5 Abs. 1 Satz 2 festgesetzte „Rundfunk- freiheit“. Auf diese verfassungsrechtlich geforderte Rundfunkfreiheit geht beispiels-

5 Vgl. Schiwy, P. / Schütz, W.J. (Hrsg.) (1994), S. 173 f. 6 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 32 7 ebd. S. 32 5 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

weise das duale Rundfunksystem, also das Bestehen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks neben dem privaten Rundfunk, zurück.8

Die Schrankengesetze des Art. 5 Abs. 2, speziell die „allgemeinen Gesetze“, werden in der einschlägigen Literatur sehr kontrovers diskutiert. Nach Hoffmann- Riem ermöglichen sie „einen Eingriff in die Kommunikations- und Medienfreiheit zum Schutze einer kollidierenden, verfassungsrechtlich geschützten oder schützbaren Rechtsposition, insbesondere sonstiger Grundrechte.“9

2.2.2 Rundfunkurteile des Bundesverfassungsgerichtes Eine Konkretisierung des Rundfunksystems sowie eine detaillierte Auslegung des Art. 5 GG erfolgt durch das Bundesverfassungsgericht in Form von Rundfunk- urteilen. Für die Entwicklung der deutschen Fernsehlandschaft waren besonders folgende Rundfunkurteile von grundlegender Bedeutung:

1. Rundfunkurteil („Fernsehurteil“) vom 28.02.1961 - BVerfGE 12, 205 Diese vom Bundesverfassungsgericht getroffene Entscheidung trug ganz wesentlich zur Klärung fundamental entscheidender Grundsatzfragen bei. Das 1. Rundfunkurteil regelt die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern in bezug auf den Rundfunk. Dem Bund wird lediglich die Zuständigkeit für die Sendetechnik (ohne Studiotechnik) zugesprochen,10 die Länder dagegen erhalten die Gesetzgebungskompetenz für sämtliche die Organisation der Veranstaltung von Rundfunk sowie die innere Organisation der Rundfunkveranstalter betreffenden Belange.11 Ausgangspunkt dieses ersten, oft auch als „Magna Charta“ des Rundfunks bezeichneten Urteils war die durch Konrad Adenauer angestrebte Errichtung eines bundeseigenen Fernsehens. Die Gründung der „Deutschland Fernsehen GmbH“ wurde als verfassungswidrig und nichtig erklärt.12 Hier betont das Bundes-

8 Vgl. Platho, R. (2000), S. 12 9 Vgl. Hoffmann-Riem, W. (1996), S. 36 10 Vgl. Leitsatz 3a (BVerfGE 12, 205) vom 28.02.1961. Eine Ausnahme bildet hier der Deutschlandfunk; ursprünglich wurde er errichtet, um für die DDR Sendungen zu veranstalten. 11 Vgl. Leitsatz 7a + b (BVerfGE 12, 205) vom 28.02.1961 12 Vgl. Herrmann, G. (1994), S. 77 f. 6 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

verfassungsgericht noch einmal ausdrücklich die verfassungsrechtlich geforderte Staatsferne des Rundfunksystems. Ein Zugriff der Exekutive auf den Rundfunk sollte unter allen Umständen unterbunden werden. Im Leitsatz 10 verweist das Bundesverfassungsgericht auf die durch Art. 5 GG geforderten Gesetze zur inneren Organisation der Rundfunkanstalten. Die Organe sollen pluralistisch besetzt werden, so dass ein Einfluss einer einzelnen gesell- schaftlichen Gruppierung ausgeschlossen werden kann. Die für die öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten festgesetzte Binnenpluralität soll die verfassungs- rechtlich gewährte Meinungsvielfalt sichern.13

Einen weiteren Meilenstein innerhalb der deutschen Rundfunkordnung stellt das 3. Rundfunkurteil („FRAG - Urteil“) BVerfGE 57, 295 vom 16.06.1981 dar. In diesem Urteil wird die Notwendigkeit umfassender rechtlicher Regelungen für die Betreibung eines privatrechtlich organisierten Rundfunks dargestellt. Das Bundesverfassungsgericht entwirft hier Strukturen für einen binnen- wie außen- pluralistisch organisierten privaten Rundfunk. Außenpluralität ist dann gegeben, wenn das Gesamtangebot der inländischen Programme die verfassungsrechtlich festgesetzte Meinungsvielfalt widerspiegelt.14

4. Rundfunkurteil (Niedersachsen-Urteil) BVerfGE 73, 118 vom 04.11.1986 Das Bundesverfassungsgericht erwähnt in o.g. Urteil erstmals das „duale Rundfunksystem“ sowie die Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- veranstalter zur Leistung der „Grundversorgung“ sowie des „klassischen Auftrags des Rundfunks“. Dieser klassische Rundfunkauftrag soll durch Meinungs- und politische Willensbildung, Unterhaltung und Kultur gewährleistet werden. Um die verfassungsrechtlich geforderte Grundversorgung zu leisten, wird den öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten auch weiterhin eine Finanzierung durch Rundfunkgebühren zugestanden.15

13 Vgl. Leitsatz 10, (BVerfGE 12, 205) vom 28.02.1961 14 Vgl. Herrmann, G. (1994), S. 90 15 Vgl. Platho, R. (2000), S. 16 f.

7 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

Der private Rundfunk muss durch vom Gesetzgeber getroffene Vorkehrungen ein „möglichst hohes Maß an gleichgewichtiger Vielfalt“ erreichen. Damit sind die Anforderungen, welche der Gesetzgeber (Länder) an die Programmvielfalt der privaten Veranstalter stellt, deutlich geringer einzuschätzen, als die Anforderungen an öffentlich-rechtliche Anstalten. Dies wird mit der Notwendigkeit des privaten Rundfunks begründet, sich aus Werbeeinnahmen zu finanzieren und damit einem hohen Einschaltquotendruck zu unterliegen.16 Durch Errichtung der Landes- medienanstalten wurde ein externes Kontrollorgan für die privaten Rundfunk- veranstalter geschaffen.

Im 6. Rundfunkurteil BVerfGE 83, 238 vom 05.02.1991 wird dem öffentlich- rechtlichen Rundfunk nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG eine Bestands- und Ent- wicklungsgarantie zugesichert, die sich auch „auf neue Dienste mittels neuer Techniken“ erstreckt.17

Das Bundesverfassungsgericht hat bis zum jetzigen Zeitpunkt bereits zehn Rundfunkurteile erlassen. In seinem 10. und vorläufig letzten Urteil vom 17.02.1998 (BVerfGE 97, 228) befasste es sich mit der nachrichtenmäßigen Kurzberichterstattung. Diese wurde vom Bundesverfassungsgericht als ver- fassungsmäßig zulässig erachtet.18

2.2.3 Rundfunkstaatsvertrag Die Rundfunkordnung findet ihre Ausgestaltung im bundesweit gültigen Rundfunkstaatsvertrag. Er enthält sowohl Regelungen für den öffentlich- rechtlichen wie auch für den privaten Rundfunk und bildet somit ein wichtiges Fundament für die duale Rundfunkordnung in der Bundesrepublik Deutschland. Nach langwierigen Verhandlungen der einzelnen Bundesländer trat am 01.12.1987 der „Staatsvertrag über die Neuordnung des Rundfunkwesens“ in Kraft. Am 01.01.1992 wurde er durch den „Staatsvertrag über den vereinten Rundfunk in Deutschland“ abgelöst. In den neunziger Jahren erfuhr der

16 Vgl. Leitsatz 1b + 2 (BVerfGE 73, 118) vom 04.11.1986 17 Vgl. Leitsatz 1 (BVerfGE 83, 238) vom 05.02.1991 18 Vgl. Platho, R. (2000), S. 23 f. 8 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

Rundfunkstaatsvertrag einige Modifikationen, so dass derzeit der „Fünfte Rund- funkänderungsstaatsvertrag“ vorliegt.19 Er beinhaltet unter anderem allgemeine Vorschriften bezüglich des Jugend- schutzes, der Werbung und der allgemeinen Programmgrundsätze. In der Präambel des Staatsvertrages wird auf die Verpflichtung zur Sicherung der Meinungsvielfalt seitens der öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk- veranstalter hingewiesen. Die Vorschriften für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gewährleisten nach § 11 Abs. 1 RStV dessen Bestand und Entwicklung. In § 12 und § 13 des Rundfunkstaatsvertrages befinden sich explizite Angaben über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sein Finanzbedarf wird durch die unabhängige Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ermittelt. Eine Finanzierung durch Rundfunk- gebühren wurde sichergestellt. Hinsichtlich des privaten Rundfunks wurden insbesondere Grundsätze für das Zulassungsverfahren erstellt, sowie die Meinungsvielfalt sichernde Maßnahmen wie regionale Fenster und Sendezeiten für unabhängige Dritte festgesetzt. In diesem Zusammenhang wird § 26 des Rundfunkstaatsvertrages vielfach kontrovers diskutiert. Er enthält Angaben über die rechtlich zulässige Konzentration im Bereich der Fernsehveranstalter. Hier wird das Zuschauer- marktanteilsmodell als entscheidendes Kriterium zur Errechnung der Kon- zentrationsgrenzen herangezogen. Medienunternehmen ist es erlaubt, eine unbegrenzte Anzahl an Fernsehsendern zu betreiben, solange sie in der Summe einen Zuschauermarktanteil von 30 % unterschreiten.20 In § 35 und § 36 wird auf die Kontrollaufgaben der Landesmedienanstalten hinsichtlich der Sicherung der Meinungsvielfalt hingewiesen. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben dienen den Landes- medienanstalten die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medien- bereich (KEK) sowie die Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten. Eine Novellierung des derzeit gültigen Staatsvertrages wurde bereits in Aussicht gestellt. Nach jüngsten Vereinbarungen der Ministerpräsidenten sollte der sechste Rundfunkänderungsstaatsvertrag bereits bis Ende 2001 erstellt werden.21

19 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 38 20 Vgl. Platho, R. (2000), S. 88 21 Vgl. O.V., Selbstverpflichtung für Öffentlich-Rechtliche in BLICKPUNKT: Film 45/01, S. 46, vom 05.11.01 9 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

2.2.4 Landesrundfunkgesetze Die Landesrundfunkgesetze bilden gemeinsam mit den Mehr-Länder- Staatsverträgen22 den rechtlichen Rahmen für die Errichtung der öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten. Auf jene Gesetze und Staatsverträge geht der Aufbau der elf Landesrundfunkanstalten sowie die Errichtung des ZDF zurück. Bundesweite Rahmenbedingungen enthält der Rundfunkstaatsvertrag, der durch die einzelnen Landesrundfunkgesetze ergänzt und weiter ausgestaltet wird.23 Alle öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bestehen in der Rechtsform einer „gemeinnützigen Anstalt öffentlichen Rechts“ mit dem Recht auf Selbstverwaltung. Eine Selbstregulierung der öffentlich-rechtlichen Anstalten erfolgt durch interne Kontrollorgane. Sie setzen sich aus dem Rundfunkrat (ZDF: Fernsehrat), dem Verwaltungsrat und dem Intendanten zusammen. Im Rundfunkrat müssen sämtliche gesellschaftlich relevanten Gruppierungen vertreten sein, um die verfassungsrechtlich geforderte Rundfunkfreiheit zu wahren. Er ist für die Kontrolle der Rundfunkanstalt, die Überwachung der Programme und die Wahl des Intendanten zuständig. Dem Verwaltungsrat obliegt die Kontrolle der Bereiche Verwaltung, Technik und Finanzen, wohingegen der Intendant der gesetzliche Vertreter und Leiter der Anstalt ist.24

2.2.5 Landesmediengesetze und Landesmedienanstalten Seit Entstehen des dualen Rundfunks übernehmen die Landesmediengesetze der einzelnen Bundesländer die weitere Ausgestaltung des länderübergreifenden Rundfunkstaatsvertrages. Gemeinsam mit dem Staatsvertrag bilden sie die rechtlichen Rahmenbedingungen für den privaten Rundfunk. Kernpunkte der Landesmediengesetze sind die Auswahl und Zulassung privater Veranstalter sowie das Erstellen von Programmgrundsätzen unter Berück- sichtigung der Meinungsvielfalt, dem Jugendschutz und der Werbung. Des Weiteren sehen sie externe Kontrollinstanzen in Form von staatsunabhängigen Anstalten des öffentlichen Rechts, den sogenannten Landesmedienanstalten,

22 Hier handelt es sich um den NDR, SWR und MDR. Siehe Platho, R. (2000), S. 28 23 O.V., ABC der ARD, Rundfunkgesetze, http://db.ard.de/abc/CONTENT.ergebnis?p_id=819&p_typ=eg, abgerufen am 04.12.2001 24 Vgl. von Hartlieb, H. (1991), S. 526 10 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

vor.25 Innerhalb des Bundesgebietes gibt es 15 Landesmedienanstalten26, deren Gremien pluralistisch besetzt sind. Ihre Zusammensetzung variiert jedoch von Bundesland zu Bundesland.27 Mit der Durchführung der gesetzlichen Regelungen betraut, befassen sich Landesmedienanstalten insbesondere mit der Marktzutrittskontrolle, der Zulassung privater Rundfunkbetreiber. Ihre Finanzierung ist durch eine zwei- prozentige Abgabe aus dem Gebührenaufkommen sichergestellt.28 Um größtenteils einheitliche bundesländerübergreifende Regelungen zu treffen und die Zusammenarbeit unter den Medienanstalten zu fördern, wurde die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) geschaffen. Ihr wichtigstes Organ ist die Direktorenkonferenz (DLM), welche für die Koordination der einzelnen Anstalten in bezug auf Zulassung und Kontrolle der privaten Rundfunksender zuständig ist.29 Als weiteres staatsfernes und standortunabhängiges Organ der Landes- medienanstalten wurde die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) auf der Grundlage des 3. Rundfunkänderungs- staatsvertrages eingerichtet. Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 des Rundfunk- staatsvertrages ist die KEK30 „für die abschließende Beurteilung von Frage- stellungen der Sicherung von Meinungsvielfalt im Zusammenhang mit der bundesweiten Veranstaltung von Fernsehprogrammen befugt.“ Weiterhin verfasst die Kommission mindestens alle drei Jahre einen Bericht über die Konzentrationsentwicklungen im Bereich der privaten Fernsehveranstalter, der die horizontale und vertikale Konzentration sowie internationale Verflechtungen berücksichtigt.31

25 Vgl. Schiwy, P. / Schütz, W. J. (Hrsg.) (1994), S. 219 f. 26 In jedem Bundesland befindet sich eine Landesmedienanstalt, einzige Ausnahme bilden Berlin und Brandenburg mit einer gemeinsamen Medienanstalt. 27 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 48 f. 28 Vgl. Heinrich, J. (1999), S. 100 f. 29 O.V. ALM, Aufgaben der ALM, www.alm.de/aufgaben/aufg.htm, abgerufen am 09.12.01 30 Will die für die Zulassung zuständige Landesmedienanstalt von dem Beschluss der KEK abweichen, ist eine Anrufung der DLM notwendig, diese kann mit einer Dreiviertelmehrheit einen abweichenden Beschluss treffen (§ 37 Abs. 2 RStV). 31 Vgl. KEK, Aufgaben der KEK, http://.kek-online.de/cgi-bin/resi/k-auf/druck.html, abgerufen am 09.12.01 11 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

2.2.6 Europäische Regelungen Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Veranstaltung von Rundfunk in Europa wurden im Wesentlichen durch zwei Institutionen geprägt. Zum einen durch den 1949, mit Sitz in Straßburg, gegründeten Europarat, der derzeit 43 Mitgliedstaaten32 zählt und zum anderen durch die Europäische Kommission mit Sitz in Brüssel.

Am 05.05.1989 unterzeichneten die Mitgliedsstaaten des Europarats das „Europäische Übereinkommen über grenzüberschreitendes Fernsehen“, welches auch als Fernsehkonvention bezeichnet wird. Einige der dort erstellten Grundsätze wurden 1991 im Rundfunkstaatsvertrag in innerdeutsches Recht umgesetzt. Kernforderungen der Konvention sind die „Empfangsfreiheit und Freiheit der Weiterverbreitung ausländischer Programme“, sowie Regelungen zur Werbung und dem Jugendschutz. Im Jahr 1998 wurde die Fernsehkonvention novelliert und im wesentlichen der EG-Fernsehrichtlinie von 1997 angeglichen. Die aktuelle Konvention liegt in der Fassung vom 01.10.2000 vor.33 Der Europarat selbst bezeichnet sich als ein Forum zur Diskussion europäischer Probleme. Räumlich gesehen umfasst er das Gebiet vom Atlantik bis zum Ural und erreicht damit ca. 800 Millionen Menschen.34

Im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft verfasste der Rat der Europäischen Gemeinschaften (heute: Rat der EU) am 03.10.1989 die EG-Fernsehrichtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ (89/552/EWG). Sie wurde zuletzt novelliert am 30.06.1997 durch die Richtlinie 97/36/EG. Im Unterschied zu der vom Europarat erlassenen Fernsehkonvention handelt es sich bei der Richtlinie um bindendes europäisches Recht, welches eine Umsetzung in nationale Gesetze der einzelnen Mitgliedsstaaten erfordert.35 Die EU verfolgt das Ziel, die Rundfunkregeln innerhalb des Binnenmarktes zu harmonisieren, die Stellung der kleinen und

32 Der Europarat im Überblick, http://www.europarat.de/europarat/euro..._im_ueberblick /eurat_i_ueberblick.html, abgerufen am 10.12.01, 33 Vgl. Platho, R. (2000), S. 53 34 Der Europarat im Überblick, http://www.europarat.de/europarat/euro..._im_ueberblick/eurat_i_ueberblick.html, abgerufen am 10.12.01, 35 Vgl. Platho, R. (2000), S. 54 12 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

mittelständischen Produzenten sowie die notwendigen neuen Technologien zu fördern. In diesem Sinn erstellt die Fernsehrichtlinie verbindliche Regeln für grenzüberschreitendes Fernsehen, Werbung und die Förderung europäischer Film- und Fernsehproduktionen, welche sich in der sogenannten Programmquote ausdrückt.36 Nach Art. 4 der EG-Fernsehrichtlinie sollen Fernsehveranstalter den Hauptteil ihrer Sendezeit, die nicht aus Nachrichten, Sportberichten, Spielshows oder Werbe- und Videotextleistungen besteht, europäischen Werken überlassen. Laut Art. 5 der Richtlinie müssen mindestens 10 Prozent dieser Hauptsendezeit oder alternativ 10 v.H. der Haushaltsmittel für die Programmgestaltung an senderunabhängige Produzenten vergeben werden. Die Fernsehveranstalter müssen „im Rahmen des praktisch Durchführbaren und mit angemessenen Mitteln dafür Sorge tragen“, dass diese beiden Artikel angewendet werden.37 In der jetzigen Fassung der Fernsehrichtlinie wird den Mitgliedsstaaten das Recht eingeräumt, bestimmte Events zu definieren, die für das jeweilige Mitgliedsland von großer gesellschaftlicher Bedeutung sind. Diesen Ereignissen, in der Regel handelt es sich um große Sport-Events, ist eine ausschließliche Übertragung im Pay-TV untersagt. Innerhalb des vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrages wurde eine entsprechende Liste bereits erstellt.38

Große Beachtung haben auch die Geschäftigkeiten des EU-Wettbewerbs- kommissariats, welches die Aufgaben des Bundeskartellamtes auf europäischer Ebene wahrnimmt, erfahren. Das Wettbewerbskommissariat untersagte beispielsweise 1998 die Fusion von Bertelsmann und Kirch im Pay-TV-Bereich.39 Dagegen wurde ein Zusammenschluss von CLT und Ufa nach den europa- rechtlichen Konzentrationsvorschriften genehmigt.

36 Vgl. Heinrich, J. (1999), S. 109 ff. 37 Siehe dazu Richtlinie 97/36/EG, Art. 4 und Art. 5 38 Vgl. ABC der ARD: Fernsehrichtlinie, http://db.ard.de/abc/CONTENT.ergebnis?p_id=324&p_typ=eg, abgerufen am 10.12.01, 39 Vgl. Karstens/E. / Schütte, J. (1999), S. 50

13 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

2.3 Entwicklung der deutschen Fernsehveranstalter

Im Folgenden wird die Entstehung und weitere Entwicklung des deutschen Rundfunksystems beschrieben. Von seinen frühen Anfängen im Nachkriegs- deutschland über die Monopolstellung der Öffentlich-Rechtlichen, der Einführung der dualen Rundfunkordnung bis hin zu seinen neuesten Ausprägungen.

2.3.1 Anfänge der deutschen Rundfunkanstalten In den Nachkriegsjahren begannen die Alliierten in den westlichen Besatzungszonen mit dem Wiederaufbau des deutschen Rundfunks. Nach den Erfahrungen des Dritten Reiches, in dem der Rundfunk als Propagandainstrument missbraucht wurde, war es erklärtes Ziel der Westalliierten, ein föderales, pluralistisches und von staatlichen Einflüssen weitgehend geschütztes Rundfunk- system in Deutschland einzuführen. Favorisiert wurde ein öffentlich-rechtliches, durch Gebühren gesichertes Modell, welches zur Bildung der Landesrund- funkanstalten in den jeweiligen Besatzungszonen führte.40 Die Rundfunkanstalten wurden mit dem Recht auf Selbstverwaltung ausgestattet und mit entsprechenden Kontrollgremien (Rundfunkrat, Verwaltungsrat, Intendant) versehen. Mit dem Rundfunkrat wurde ein pluralistisch besetztes Kontrollorgan geschaffen, in dem alle gesellschaftlich relevanten Gruppen vertreten waren. Ein privatwirtschaftlich organisierter Rundfunk stand für die Alliierten zu diesem Zeitpunkt nicht zur Debatte, da die allgemeine wirtschaftliche Lage und das Ziel der „Reeducation“ des deutschen Volkes dem entgegenstand.41 Im Grundgesetz konnte sich die Organisationsform „Anstalt des öffentlichen Rechts“ nicht durchsetzen, da in Politikerkreisen ganz unterschiedliche Auf- fassungen über die Ausgestaltung der nationalen Rundfunkordnung herrschten.42 Verfassungsrechtlich wurde eine bestimmte Organisationsform für Rundfunk- anstalten somit nicht vorgeschrieben. Nach dem Vorbild der BBC entstand am 01.01.1948 in der britischen Besatzungszone der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR)43 als erste Rundfunk-

40 Vgl. Dörr, D. (2000), Unabhängig und gemeinnützig, in: ARD-Jahrbuch 2000, S. 20 f. 41 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 17 42 Vgl. Diller, A. (1997), in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, S. 335 ff. 43 Parallel dazu entwickelte sich in der französischen Besatzungszone der Südwestdeutsche Rundfunk (SWF) und in der amerikanischen Zone der Süddeutsche Rundfunk (SDR). 14 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

anstalt nach dem Zweiten Weltkrieg. Insgesamt entstanden in den Jahren 1948 und 1949 in den westlichen Besatzungszonen sechs voneinander unabhängige Landesrundfunkanstalten unter amerikanischer, britischer und französischer Hoheit. In den darauf folgenden Jahren wurden die neu errichteten Rundfunkanstalten sukzessive in deutsche Hände übergeben.44 Das Fundament für die westdeutsche Rundfunklandschaft war somit bereits bei Gründung der Bundesrepublik Deutschland am 24.05.1949 gelegt. Allerdings schränkte ein am 21.09.1949 erlassenes Presse- und Rundfunkgesetz der Alliierten („Gesetz Nr. 5“) die Souveränität Deutschlands bezüglich des Rundfunks ein. Mit diesem Gesetz sicherten sich die westlichen Alliierten bis zum Inkrafttreten des „Deutschlandvertrages“ am 05.05.1955 ein Mitspracherecht.45

Parallel zu den Entwicklungen in Westdeutschland wurde in der sowjetischen Besatzungszone ein zentrales Staatsfernsehen errichtet. Wenige Tage nach Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 07.10.1949 übernahm die neue DDR-Regierung von der sowjetischen Militäradministration die Verwaltung des ostdeutschen Rundfunks.46

2.3.2 Entwicklung der ARD Am 10.06.1950 schlossen sich die ersten sechs47 Landesrundfunkanstalten zur „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Bundes- republik Deutschland“ (ARD) mit der Absicht zusammen, gemeinsam die Interessen der einzelnen Sendeanstalten zu vertreten. Hierzu zählten die Sende- technik und programmliche Fragestellungen, aber auch die einheitliche Vertretung nach außen sollte gewährleistet werden. Die Rechtsgrundlage bildete eine von den Intendanten, Gremien und leitenden Mitarbeitern entworfene Satzung.48

44 Vgl. Diller, A., in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, (1997), S. 335 ff. 45 Vgl. Fischer, H. / Jubin, O. (Hrsg.) (1996), S. 23 46 Vgl. Mühl-Benninghaus, W. in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, (1997), S. 371 ff. 47 Dies waren zu jener Zeit folgende Rundfunkanstalten: NWDR, BR, HR, SDR, RB und SWF. 48 Vgl. Platho, R. (2000), S. 30 15 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

Bereits am 12.07.1950 startete der NWDR erste Fernsehversuchssendungen. Zum Jahresende hatte sich schon ein regelmäßiges (dreimal pro Woche), vom Hamburger Fernsehsender ausgestrahltes, Fernsehversuchsprogramm entwickelt. Nach zweijähriger Versuchsphase kam es dann tatsächlich am 25.12.1952 zum offiziellen Beginn des deutschen Fernsehens. Der Nordwestdeutsche Rundfunk begann mit täglichen Ausstrahlungen zwischen 20.00 und 22.00 Uhr, sowie einem einstündigen Nachmittagsprogramm.49 Live-Übertragungen aus dem Fernseh- studio in Form von kurzen Fernsehspielen, Musiksendungen, im Studio inszenierte Theaterstücke, Interviews, sowie wissenschaftliche und allgemeinbildende Vorträge und Kinderstunden am Nachmittag dominierten die Anfänge des Fernsehprogramms. Die erste Ausgabe der Tagesschau am 26. Dezember 1952, bestehend aus Material der Kinowochenschauen, setzte einen weiteren Meilen- stein in der Entwicklung des deutschen Fernsehens.50 Zu Beginn des Jahres 1953 wurde eine monatliche Fernsehgebühr in Höhe von fünf Mark eingeführt. Damit sollte die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter, aber auch ihre Unabhängigkeit von einzelnen Interessen- gruppen sichergestellt werden. Im März desselben Jahres schlossen die Mitglieder der ARD den sogenannten Fernsehvertrag. Dieser sicherte den einzelnen Sendern, je nach Größe und finanziellen Möglichkeiten, einen prozentualen Anteil am Gesamtprogramm zu. Erst am 01. November 1954 war das Gemeinschaftsprogramm der ARD dann als „Deutsches Fernsehen“ bundesweit empfangbar. In den darauf folgenden Jahren wurden weitere Landesrundfunkanstalten51, auf der Grundlage öffentlich-recht- licher Prinzipien, gegründet. Bei der Zusammensetzung der Rundfunkräte, als Kontrollorgan der jeweiligen Anstalten, ließen sich Veränderungen zugunsten einer parteipolitischen Einflussnahme feststellen.52

Die Jahre nach dem ersten Sendebeginn können eher als Pionierzeit des deutschen Fernsehens bezeichnet werden. Ein entscheidendes Kriterium für die

49 Vgl. Diller, A. (1997), in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, S. 339 f. 50 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 17 f. 51 Seit 1953 entstanden die Rundfunkanstalten Sender Freies Berlin (SFB), Westdeutscher Rundfunk (WDR), Norddeutscher Rundfunk (NDR) und der Saarländische Rundfunk (SR). 52 Vgl. Diller, A. (1997), in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, S. 339 f.

16 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

schleppende Fortentwicklung des neuen Mediums war die anfänglich nur zögerliche Zunahme der Zahl der Fernsehgeräte, bedingt durch die wirtschaftliche Lage in Deutschland. Für große Teile der Bevölkerung war ein Fernsehgerät nahezu unerschwinglich. Viel zur erwachenden Popularität des Fernsehens hat die Fußballwelt- meisterschaft in der Schweiz im Jahr 1954 und insbesondere das Endspiel in Bern beigetragen. Erstmalig im Nachkriegsdeutschland wurde in Westdeutschland ein großes Sportereignis im Fernsehen übertragen. Mitte der fünfziger Jahre veränderte sich das Fernsehprogramm in ganz entscheidendem Maße. Programmgestalter entdeckten die Vorzüge von Außenaufnahmen mit Filmkameras, welche ihnen somit die gleichen ge- stalterischen Mittel zur Verfügung stellten, wie es bei Kinoproduktionen der Fall war. Dies hatte natürlich große Auswirkungen auf die Vielfalt der Programme. Videoaufzeichnungen ermöglichten später auch ein Produzieren auf Vorrat, was wiederum eine verbesserte Planung und Kontrolle seitens der Fernsehveranstalter zur Folge hatte. Außerdem wurden mit der Videoaufzeichnung die technischen Voraussetzungen für Wiederholungen in großem Stil geschaffen.53 Diese prägen bis zum heutigen Tage die Programmgestaltung in ganz entscheidender Art und Weise. Im Jahr 1957 begann die Universum Film AG (UFA) als erste Filmfirma Spielfilme für das deutsche Fernsehen zu produzieren. Vertraglich wurden „Auftrags- produktionen“ über zwölf UFA-Fernsehfilme festgelegt. Zu jener Zeit durfte ein TV- Spielfilm nicht mehr kosten als die Direktsendung eines Fernsehspiels, welches mit Kosten von 25.000 bis 40.000 Euro veranschlagt wurde. Im Vergleich dazu beliefen sich die Herstellungskosten für Kinofilme bereits zu jener Zeit auf 400.000 bis 500.000 Euro.54 Um die Entwicklung des deutschen Fernsehens positiv beeinflussen zu können, waren weitere Programmreformen notwendig geworden. Die Zahl der neuen Fernsehteilnehmer stieg zu diesem Zeitpunkt nicht in gewünschtem Maße an. Den Programmmachern gelang es nicht, das Programmangebot den Bedürfnissen der Rezipienten anzupassen. In größerem Umfang wurden Sportsendungen, Fußball-

53 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (2000), S. 18 f. 54 Vgl. O.V., „Exerzierplatz Fernsehen“, in: Der Spiegel, Jg. 11, Nr. 21, S. 59-60, vom 22.05.1957 17 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

übertragungen und Unterhaltungssendungen für das laufende Programm benötigt. Zu diesem Zweck reiste der damalige Hamburger Fernsehintendant in die Vereinigten Staaten und importierte erstmalig ein Paket von insgesamt 39 amerikanischen Fernsehfilmen, von denen alleine dreizehn Filme aus der Disney- Produktion stammten.55

Von Beginn des Fernsehens an äußerte sich die deutsche Filmwirtschaft sehr kritisch über die Monopolstellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sie sahen die Fernsehsendungen zwischen 20.00 und 22.00 Uhr als direkte Konkurrenz zum Kinofilm, da es sich hier um das gleiche Publikum handelte. So forderte die Filmindustrie schon zu Beginn der fünfziger Jahre „vernünftige Spielregeln“ zwischen den Fernsehveranstaltern öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernsehprogrammen privater Stellen. Wobei hier nicht ausdrücklich eine Privatisierung des Fernsehens, wie sie zu jener Zeit bereits in den USA eingeführt war, gefordert wurde. Auf Vorschlag der Filmwirtschaft sollte die sendefreie Zeit der Kanäle einem privaten Sendebetrieb der Filmwirtschaft zur Verfügung gestellt werden. Dies wurde allerdings von Seiten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkbetreiber abgelehnt.56

Das erste regelmäßige Versuchsprogramm in Ostdeutschland begann im Fernsehzentrum in Berlin-Adlershof am 21. Dezember 1952. Insgesamt wurde ein sehr wortlastiges Programm ausgestrahlt, welches in erster Linie Vorträge, Fernsehspiele und Dokumentarfilme umfasste. Ab dem 11. Oktober 1957 wurde eine tägliche Nachrichtensendung, die „Aktuelle Kamera“, ausgestrahlt.57

2.3.3 ZDF und die Einführung der Dritten Programme Mit der Erschließung neuer TV-Frequenzbereiche (UHF) in den Jahren 1956 und 1957 entwickelte sich eine immer stärkere Nachfrage nach einem zweiten bundesdeutschen Fernsehen. Bereits ab 1956 begann die ARD durch den gezielten Einkauf von Spielfilmen und Serien einen Programmvorrat aufzubauen,

55 Vgl. O.V., „Importe aus Übersee“, in: Der Spiegel, Jg. 11, Nr. 33, S. 51-53, 14.08.1957 56 Vgl. O.V., „Der Kampf beginnt“, in: Der Spiegel, Jg. 7, Nr. 1, S. 32, vom 02.01.1953 57 Vgl. Mühl-Benninghaus, W. (1997), „Rundfunkgeschichte: Sowjetische Besatzungszone, DDR, Die Wende“, in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, S. 381 f. 18 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

der sich insbesondere aus französischen und italienischen Filmen zusammensetzte. Bildeten Spielfilme vorher eher die Ausnahme im bundes- deutschen Fernsehen, oft wurden sie als „Konserven“ bezeichnet, so wurden sie jetzt tendenziell häufiger im regulären Programm eingesetzt.58

Immer deutlicher trat das Interesse an einem werbefinanzierten Fernsehen hervor. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bestanden aber weiterhin auf ihrer Monopolstellung mit dem Verweis, dass nur sie alleine in der Lage seien, die gesetzlich verankerte kulturelle Vielfalt leisten zu können. Daraufhin startete am 03.11.1956 der Bayerische Rundfunk mit einem ersten halbstündigen Werbe- programm, welches täglich vor den Abendsendungen ausgestrahlt wurde.59 Ende des Jahres 1957 waren bereits über eine Million Fernsehgeräte angemeldet. Die Entwicklung des Fernsehens hin zu einem Massenmedium hatte unweigerlich stattgefunden und damit auch das Interesse der Markenindustrie auf sich gezogen.60

Unter diesen Voraussetzungen erfolgte im Jahr 1958 die Gründung der „Freies Fernsehen GmbH“ (FFG) durch Industrielle und Zeitungsverleger. Erklärtes Ziel war die Produktion und Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, finanziert durch die werbetreibende Industrie. Zusätzlich wurde Mitte des Jahres 1960, gegen den Widerstand der Länder, durch den damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer und den Bundesjustizminister Fritz Schäffer, die Deutschland Fernsehen GmbH61 ins Leben gerufen.62 Sie sollte als eigentlicher Veranstalter des zweiten Kanals und als Auftraggeber der FFG fungieren. Mit der Gründung der Deutschland Fernsehen GmbH verfolgte der damalige Bundeskanzler die Absicht, einen bundesstaatlich beeinflussten Fernsehsender zu errichten. Dieser sollte ein Gegengewicht zu den politisch tendenziell eher linksorientierten ARD-Anstalten darstellen.63

58 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 20 59 Vgl. O.V., „Tendenz zur Unterhaltung”, in: Der Spiegel, Jg. 11, Nr. 49, S. 56-58, vom 04.12.1957 60 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 19 61 Das sogenannte “Adenauer-Fernsehen”. 62 Vgl. Diller, A. in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten (1997), S. 342 f. 63 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 19 19 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

Das Bundesverfassungsgericht vereitelte mit seinem ersten Rundfunkurteil64 das von Adenauer gegründete Bundesfernsehen. Die Gründung wurde für ver- fassungswidrig und damit für nichtig erklärt. In diesem Zusammenhang sprach das Bundesverfassungsgericht explizit den Bundesländern die Zuständigkeit für die innere Organisation der Rundfunkanstalten und die inhaltlich-programmliche Ausgestaltung der Sendungen zu (siehe dazu auch Kapitel 2.2.2).65

Einige Monate später unterzeichneten die Ministerpräsidenten der Länder den „Staatsvertrag über die Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)“. Die Kontrollgremien der neu gegründeten Rund- funkanstalt entsprachen im Wesentlichen denen der ARD-Anstalten. Der Fernsehrat bildete das Gegenstück zum Rundfunkrat und setzte sich ebenfalls aus Vertretern gesellschaftlich relevanter Gruppen zusammen.66 Die Zusammen- setzung der Kontrollgremien stellte von jeher ein besonderes Problem dar. Dem Gesetzgeber (Länder) obliegt die Bestimmung der entsendungs- und wahl- berechtigten Institutionen. Er hat dabei einen recht weiten Gestaltungsspielraum, der sich lediglich an der grundgesetzlichen Forderung der Rundfunkfreiheit zu orientieren hat. Relativ klar dürfte sein, dass derjenige, welcher über die Bildung des Rundfunkrates bestimmen kann, auch ganz entscheidenden Einfluss auf die jeweilige Rundfunkanstalt und deren Programmgestaltung erlangen kann.67 Die Bundesländer erteilten den ARD-Anstalten den Auftrag übergangsweise, bis zum Start des ZDF, ein zweites gemeinsames Programm auszustrahlen. Verbunden wurde dies mit der Zusage zum Betreiben der späteren Dritten Programme. Am 01. April 1963 nahm das ZDF seinen regulären Sendebetrieb mit einem durchschnittlich vierstündigen Programm auf.68 Das neue „Zweite“ sollte ein Kontrastprogramm zu den ARD-Sendeanstalten ausstrahlen und somit für programmlichen Wettbewerb sorgen. Bereits mit dem Start des ZDF relativierte Intendant Karl Holzamer die Forderung nach einem Kontrastprogramm, er sprach jetzt lediglich von einer „Verschiedenartigkeit der Programme“.69 Aus der

64 Siehe BVerfGE 12, 205 vom 28.02.1961 65 Vgl. Herrmann, G. (1994), S. 78 66 Vgl. Platho, R. (2000), S. 35 67 Vgl. Herrmann, G. (1994), S. 290 68 Vgl. Diller, A. (1997), in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, S. 345 69 Vgl. O.V., „Alles kommt wieder“, in: Der Spiegel, Jg. 17., Nr. 14, S. 79, vom 03.04.1963 20 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

anfänglichen Monopolstellung der ARD im Fernsehveranstaltermarkt entwickelte sich jetzt gemeinsam mit dem ZDF ein „Duopol“.

Von Beginn an dominierten beim ZDF die Auftragsproduktionen als ausgelagerte Dienstleistungen und der Programmeinkauf auf dem Filmrechtemarkt. Große Teile des Unterhaltungsprogramms wurden durch mittelständische Produktionsunter- nehmen erstellt.70 Dies stand in völligem Gegensatz zur Programmstrategie der ARD, welche in erster Linie durch Eigenproduktionen geprägt war. Mit dem ersten „wirklichen“ Wettbewerb innerhalb des Fernsehmarktes, wurden auch die für die werbetreibende Industrie so wichtigen Einschaltquoten eingeführt.71

In dem Zeitraum von 1964 bis 1969 etablierten sich die sogenannten „Dritten Programme“. Den Anfang machte am 22. Juni 1964 der Bayerische Rundfunk mit der Ausstrahlung eines „Studienprogramms“. Ihm folgten in den kommenden Jahren der Hessische Rundfunk, die norddeutschen Rundfunkanstalten, der Westdeutsche Rundfunk sowie der Verbund SÜDWEST 3. Um Kostenersparnisse zu erzielen, fand unter den Dritten Programmen ein reger Programmaustausch statt, was wiederum Auswirkungen auf die Eigenständigkeit der Programme hatte. Bedingt durch die ungewohnte Konkurrenz in Form des Zweiten Deutschen Fernsehens, wurden Minderheiten- und Bildungsprogramme verstärkt in die „Dritten“ ausgelagert. Die Schwerpunkte lagen hier bei künstlerisch anspruch- svollen und experimentellen Filmen.72 Somit bildeten die Dritten Programme ein Experimentierfeld für die Landesrundfunkanstalten. In den sechziger und siebziger Jahren stieg die Zahl der im Fernsehen ausgestrahlten Kinofilme rapide an. Wurden im Jahr 1966 von ARD und ZDF 270 Spielfilme präsentiert, so waren es 1976 bereits 1008.73 Dieser Trend sollte sich in den nächsten zwei Jahrzehnten kontinuierlich fortsetzen.

70 Vgl. Neumann-Bechstein, W., in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, S. 126 71 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J., S. 22 72 Vgl. Diller, A. in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, S. 352 f. 73 Vgl. SPIO (1993) zit. n. von Schorlemer, A. (1993) in: Media Perspektiven, Nr. 11-12, S. 537

21 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

Das interdependente Verhältnis der deutschen Rundfunkanstalten und der Filmhersteller führte im Jahr 1974 zu einem Rahmenabkommen zwischen der Film- Förderungsanstalt (FFA) und den Sendern ARD und ZDF. Als Nutznießer der Spielfilmproduktion förderte das öffentlich-rechtliche Fernsehen mit einer „freiwilligen“ Abgabe an die FFA die deutsche Filmwirtschaft. Das diese Abgabe nicht ganz so freiwillig geschah, geht auf die Motivation zurück, einer „gefürchteten gesetzlichen Filmabgabe“ zuvorzukommen.74 Mit der Zahlung sicherten sich die Fernsehsender Ausstrahlungs- und Mitspracherechte bei den geförderten Filmen. Außerdem traten sie verstärkt als Koproduktionspartner bei Kinofilmproduktionen auf.75 Durch diese Zweckgemeinschaft arrangierten sich die Filmproduzenten gewissermaßen mit den Rundfunkveranstaltern und wichen von ihrer anfänglichen Boykotthaltung gegenüber dem Fernsehen ab.

In den beiden bundesweit empfangbaren Programmen dominierten weiterhin zu jener Zeit Quizsendungen, Krimis („Stahlnetz“) und Familienserien wie „Die Hesselbachs“. In die sechziger Jahre gehen auch die Anfänge des Fernsehspiels zurück, ein Format welches wie kein anderes für experimentelle Formen und Nachwuchsförderung stand. Die siebziger Jahre waren geprägt von großen Show- konzepten wie Kulenkampffs „Einer wird gewinnen“ bis hin zu Quizformaten die einem guten Zweck dienten, beispielhaft sei hier „Der große Preis“ mit Wim Thoelke erwähnt.76 Mitte der siebziger Jahre hatte das Fernsehen eine Marktdurchdringung von 72 Prozent77 in Deutschland erreicht. 1975 belief sich die Zahl der angemeldeten Fernsehgeräte auf 18,9278 Millionen. Parallel dazu war ein stetiger Anstieg der täglichen Sendezeit zu verzeichnen. Im Jahr 1975 strahlte die ARD täglich durchschnittlich 7:12 und das ZDF 8:57 Stunden aus.79 Mit einer kontinuierlichen Zunahme der täglichen Sendezeit erhöhte sich das Sendevolumen beträchtlich und verursachte dadurch deutliche Kostensteigerungen im Bereich der Programm- erstellung und Programmbeschaffung. Daraufhin gab es in den Jahren 1969 und

74 Vgl. von Hartlieb, H. (1991), S. 181 75 Vgl. Storm, S. (2000), S. 27 76 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 22 ff. 77 Vgl. Media Perspektiven: Basisdaten (1997), S. 70 78 Vgl. Media Perspektiven: Basisdaten (1997), S. 4 79 ebd., S.14 22 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

1974 zwei Gebührenerhöhungen, diese waren allerdings mit Sparauflagen für das ZDF und die ARD verbunden. Direkte Auswirkungen auf das Programm waren die Folge. Der Anteil an Spielfilmen, amerikanischen Serien und natürlich auch Programmwiederholungen nahm in hohem Grade zu.80

Die frühe Phase des DDR-Fernsehens wurde durch Bildungsprogramme, Propaganda und Fernsehspiele bestimmt. In den siebziger Jahren wurden dann vermehrt auch Unterhaltungssendungen wie beispielsweise „Ein Kessel Buntes“ ausgestrahlt. Von seiner Einführung an war der Rundfunk in der ehemaligen DDR zentralistisch organisiert. Als Folge des Prager Frühlings im Jahr 1968 wurde das „Staatliche Komitee für Fernsehen“ gegründet. Damit unterlag das Fernsehen der direkten Kontrolle und dem Zugriff der SED. Diese direkten Eingriffsmöglichkeiten auf Produktionsabläufe und Sendeinhalte wurden in den folgenden Jahren noch ausgebaut.81

2.3.4 Beginn des dualen Rundfunks Die siebziger Jahre waren durch teilweise sehr kontroverse medienpolitische Diskussionen geprägt. Große Uneinigkeit bestand zwischen den konservativen Parteien und der damaligen SPD-Bundesregierung in Bezug auf die Einführung eines privatwirtschaftlich organisierten Rundfunks. Vor dem Hintergrund einer sich kontinuierlich weiter entwickelnden Breitband- und Satellitentechnologie wurden die Diskussionen über die Frequenzknappheit ad absurdum geführt. Der Ruf nach kommerziellen, sich mittels Werbung finanzierender Sender wurde insbesondere bei den konservativen Parteien und den Zeitungsverlegern immer lauter. Sie empfanden den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als zu linkslastig und waren an einem politischen Gegengewicht stark interessiert.82 Dagegen war die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) gegenüber einem privat- wirtschaftlich organisierten Rundfunk deutlich kritischer eingestellt. Sie befürchtete einen Verlust der im Grundgesetz festgelegten Meinungsvielfalt.83

80 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 24 81 Vgl. Mühl-Benninghaus, W.(1997), in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, S. 382 ff. 82 Vgl. Kleinsteuber, H. (1990) zit. n. Straßer, G. (2000), S. 16 83 Vgl. Tonnemacher, J. (1996) zit. n. Straßer, G. (2000), S. 16 23 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

Mit dem 3. Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichtes im Juni 198184, welches erste rechtliche Grundlagen für die Veranstaltung von privatem Rundfunk enthielt, verbunden mit dem Wahlsieg der CDU / FDP-Koalition im Jahr 1982, wurden die endgültigen Weichen für einen kommerziellen Rundfunk in Deutsch- land gestellt.85

Am 01. Januar 1984 fand dann der sogenannte „medienpolitische Urknall“ in Form des ersten Kabelpilotprojektes in Ludwigshafen statt. Neben den standardmäßig empfangbaren öffentlich-rechtlichen Programmen wurden erstmalig die privaten Sender RTL plus und SAT.1 sowie drei französische Programme eingespeist. In den nächsten Monaten sollten weitere Pilotprojekte in den Städten München, Dortmund und Berlin ins Leben gerufen werden.86 Anfänglich wurde mit den o.g. Projekten eine nur verschwindend geringe Zahl an Haushalten erreicht. Die ersten Programme der privaten Rundfunkbetreiber hatten einen eher provisorisch anmutenden Charakter und konnten sich bei den Rezipienten in der Anfangsphase noch nicht durchsetzen.87 Die neue Bundes- regierung, insbesondere der Postminister Christian Schwarz-Schilling, versuchte den geplanten flächendeckenden Ausbau des Kabelnetzes, und seit 1989 das Satellitennetz, zügig voranzutreiben, um Kapazitäten für weitere Kanäle zu schaffen.88 Der sich als schleppend erweisende Ausbau des Kabelnetzes, sowie die anfängliche Unerfahrenheit der Privatsender, ließen den kommerziellen Rund- in den ersten Jahren nicht zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz der öffentlich-rechtlichen Sender heranwachsen. Dies änderte sich schlagartig im Jahr 1988 mit der Zuteilung erster terrestrischer Frequenzen in den einwohnerstarken Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Bayern. Zu jener Zeit war die Über- tragung auf terrestrischem Wege eine zwingend erforderliche Voraussetzung für den erfolgreichen Betrieb eines Fernsehsenders, da ein Großteil der deutschen Bevölkerung weder verkabelt noch mit Parabolantennen ausgestattet war.89

84 Vgl. BVerfGE 57, 295 vom 16.06.1981 85 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 25 86 Vgl. Platho, R. (2000), S. 39 87 Vgl. Karsten, E. / Schütte, J. (1999), S. 25 f. 88 Vgl. Trimborn, J. (1999), S. 9 89 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 25 f. 24 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

Da die einzelnen Bundesländer verfassungsrechtlich für die Rundfunkgesetz- gebung zuständig waren (und es heute auch noch sind), kam es anfänglich zu keiner bundesweit einheitlichen Regelung. Nachdem das Bundesverfassungs- gericht mit seinem vierten Rundfunkurteil 198690 den Grundstein für die duale Rundfunkordnung legte, unterzeichneten nach langen Verhandlungen die Minister- präsidenten der Länder im Jahr 1987 den „Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens“. Der Rundfunkstaatsvertrag, welcher den bundesweit einheit- lichen Umgang mit den werbefinanzierten Sendern ermöglichte, erfuhr seine weitere Ausgestaltung durch Landesmediengesetze. Zudem wurden die neu errichteten Landesmedienanstalten mit der Umsetzung der gesetzlichen Grund- lagen betraut.91

Mit Blick auf die Einführung des kommerziellen Fernsehens bauten die öffentlich- rechtlichen Sender ihre Präsenz weiter aus. Im Jahr 1984 gingen die Kulturkanäle (ZDF) und Eins Plus (ARD), welches später in 3sat aufging, sowie der ZDF- Musikkanal an den Start. Hier wurden bereits erste Nischen durch den öffentlich- rechtlichen Rundfunk besetzt, ehe sich die privatwirtschaftlich organisierten Sender etablieren konnten. Im Hinblick auf die drohende private Konkurrenz stockten die Öffentlich-Rechtlichen ihr Unterhaltungsangebot auf.92 Insbesondere die ARD, deren Gemeinschaftsprogramm am 01. Oktober 1984 in „Erstes Deutsches Fernsehen“ umbenannt wurde, kaufte in Hollywood verstärkt Spielfilme ein. Für 80 Millionen Dollar erwarb sie die Senderechte an 1350 Spielfilmen der amerikanischen Firma Metro-Goldwyn-Mayer (MGM). In dem Paket befanden sich unter anderem dreizehn James Bond-Filme. Insgesamt handelte es sich bei diesem Großeinkauf um einen strategisch nicht ganz uninteressanten Schachzug, da hiermit der letzte nennenswerte Filmvorrat der amerikanischen Major Companies aufgekauft wurde und somit den privaten Fernsehanbietern zum Aufbau eines so dringend erforderlichen Rechtestocks nicht zur Verfügung stand.93

90 Vgl. BVerfGE 73,118 vom 04.11.1986 91 Vgl. Fischer, H. / Jubin, O. (Hrsg.) (1996), S. 44 92 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 25 93 Vgl. O.V. „Lachende Hühner“, in: Der Spiegel, Jg. 38, Nr. 8, S. 103 -106, vom 20.02.1984 25 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

Ende der achtziger Jahre wurden die beiden privatwirtschaftlich organisierten Sender (seit Januar 1993 DSF) und Eurosport gegründet. Am 01. Januar 1989 reihte sich mit ProSieben ein weiterer werbefinanzierter Sender in die Riege des kommerziellen Rundfunks ein und begann mit der Ausstrahlung eines über- wiegend mit Spielfilmen versehenen Vollprogramms.

Mit Einführung des kommerziellen Rundfunks und einem fortwährenden Anstieg der täglichen Sendezeit94, welche bereits Mitte der achtziger Jahre zu 24-Stunden- Programmen führte, nahm der Programmbedarf der Sender explosionsartig zu. Besonders der Unterhaltungsbereich veränderte sich in den kommenden Jahren grundlegend. Da die traditionellen Fernsehgenres bereits hinreichend durch die öffentlich- rechtlichen Sender abgedeckt wurden, war es gerade in Anfangszeiten für die privaten Sender, welche zu Beginn noch nicht über wesentliche Werbeeinnahmen verfügten, schwierig sich zu positionieren. So sahen die kommerziellen Fernseh- veranstalter die Nischenbesetzung als ein geeignetes Mittel an, um die Aufmerksamkeit der Zuschauer zu erzielen.95 Das konsequent verfolgte Ziel des umfassenden Entertainments wurde insbesondere durch die Bereiche Erotik, Action und einfach strukturierte Ratespiele umgesetzt. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang die RTL-Strip-Show „Tutti Frutti“ aber auch das von SAT.1 ausgestrahlte „Glücksrad“.96 Insgesamt machte sich in den achtziger Jahren eine Dominanz der amerikanischen Serien bemerkbar. So setzte die ARD auf die amerikanische Erfolgsserie „Dallas“ und begann zusätzlich 1985 mit der wöchentlichen Aus- strahlung der deutschen Serie „Lindenstraße“, im Gegenzug setzte das ZDF mit dem „Denver Clan“ und der „Schwarzwaldklinik“ weitere Standards im Serien- bereich.97

94 Die durchschnittliche tägliche Programmleistung des Ersten und Zweiten Deutschen Fernsehens betrug im Jahr 1985 10:04 Stunden (ARD) und 11:26 Stunden (ZDF). Siehe Media Perspektiven Basisdaten (1997), S. 14 95 Vgl. Trimborn, J. (1999), S. 18 96 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 26 97 Vgl. Neumann-Bechstein, W. (1997), „ Die Programme - die Sendungen“ in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, S. 163 26 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

Gegen Ende der achtziger Jahre steigerte sich der Fernsehkonsum in Westdeutschland nur noch geringfügig. Betrug die Gesamtsehdauer im Jahr 1987 durchschnittlich 139 Minuten, so erhöhte sie sich im Jahr 1989 nur unwesentlich auf 147 Minuten.98 Die Zuschauer reagierten also auf die neu entstandene Sendervielfalt mit einem nahezu unveränderten Zeitbudget für den Fernseh- konsum. Dies hatte große Auswirkungen auf den Marktanteil des einzelnen Kanals, der neben der absoluten Sehbeteiligung zum obersten Bewertungs- kriterium wurde.99 Die in Nürnberg ansässige Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung (GfK) begann 1985 im Auftrag von ARD und ZDF mit der kontinuierlichen Zuschauerforschung. Seit 1. Juli 1988 lassen auch RTL und SAT.1 die Nutzung ihrer Programme durch die GfK ermitteln.100 In den folgenden Jahren erweiterte sich die Zuschauerforschung auch auf die Privatsender der zweiten Generation. Mit Einführung des privaten Rundfunks hatte die Monopolstellung der öffentlich- rechtlichen Sender nicht länger Bestand. Erstmalig in der deutschen Fernseh- geschichte kam es zu einer ernstzunehmenden Konkurrenzsituation auf dem deutschen Fernsehmarkt. Speziell der öffentlich-rechtliche Rundfunk geriet immer mehr unter Erfolgsdruck und insbesondere bezüglich seiner Gebührenfinanzierung in Erklärungsnot. Im Laufe des folgenden Jahrzehnts entwickelten sich in der deutschen Fernseh- landschaft oligopolistische Strukturen.

Von Beginn an gehörten der Bertelsmann-Konzern und der Filmhändler Leo Kirch, mit seiner 1981 gegründeten „Programmgesellschaft für Kabel- und Satelliten- rundfunk“, zu den einflussreichsten Betreibern der privaten Fernsehsender. Bertelsmann war zu jener Zeit mit 40 Prozent an RTL plus und Leo Kirch, mit seiner Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk, zu 60 Prozent an SAT.1 beteiligt. Die restlichen 40 Prozent des Senders SAT.1 wurden durch diverse Medienverlage repräsentiert, hier seien besonders Springer, Burda und der Bauer Verlag erwähnt. 101

98 Vgl. Media Perspektiven Basisdaten (1997), S. 68, Quelle: Media Analyse 99 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 27 100 Vgl. Matejka, R. (1997), „Chronik“ in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, S. 437 ff. 101 Vgl. Diller, A. (1997), in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, S. 358 27 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

Mit Einführung des privatwirtschaftlich organisierten Rundfunks in West- deutschland kam es auch im DDR-Fernsehen zu umfassenden Programm- reformen. Am signifikantesten war die Abkehr vom anfänglich ideologischen Sendungsbewusstsein hin zu Unterhaltungssendungen. In den Jahren zwischen 1984 und 1989 erwarb das DDR-Fernsehen verstärkt Kinofilmlizenzen. Im Gegen- zug ging der Anteil an Eigenproduktionen drastisch zurück. Mit der konsequenten Hinwendung zu unterhaltsamen Fremdproduktionen wollte man den Zuschauer bei den DDR-Sendern halten und von den sozialen und politischen Problemen des Landes ablenken.102

2.3.5 Fernsehlandschaft der Neunzigerjahre Die neunziger Jahre begannen mit einem herausragenden Ereignis im Jahr 1990 - der deutschen Wiedervereinigung. Mit der Wiedervereinigung wurde die deutsche Rundfunklandschaft ein weiteres Mal in entscheidender Weise verändert. Nach langen Verhandlungen unter- zeichneten die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer am 31. August 1991 den „Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland“. In den „neuen Bundesländern“ entstanden der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg (ORB) und der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR), der für die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zuständig ist. Die beiden o.g. Rundfunkanstalten traten der ARD bei, wohingegen das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern sich für den Beitritt zum Norddeutschen Rundfunk entschied.103 Einhergehend mit der Wiedervereinigung und der allmählichen Etablierung der Privatsender, entwickelte sich der deutsche Fernseh- und Lizenzmarkt zum zweit- größten Fernsehmarkt der Welt.

Anfang der neunziger Jahre gingen die Privatsender der „zweiten Generation“ an den Markt. Hierzu zählten der Kabelkanal (heute KABEL1), der Nachrichtensender n-tv, die Vollprogramme VOX und RTL 2, sowie die 1994 erstmalig ausgestrahlten Musiksender VIVA und VIVA Zwei. In den darauf folgenden Jahren hatten die

102 Vgl. Mühl-Benninghaus, W. (1997), „Rundfunkgeschichte“ in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, S. 387 103 Vgl. Matejka, R. (1997), “Chronik”, in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, S. 440

28 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

Sender VH-1 (Free-TV-Betrieb eingestellt am 01.05.2001), MTV, Super RTL, das Kinderspartenprogramm (wurde 1998 wieder eingestellt) und das Spartenprogramm für Frauen, tm3 (heute: Neun Live) ihren Sendestart.104 Mit dem deutsch-französischen Kulturkanal wurde im Mai 1992 ein neuer öffentlich-rechtlicher Sender ins Leben gerufen. Es folgten im Jahr 1997 die Spartenprogramme Kinderkanal und der Ereignis- und Dokumentationskanal Phoenix. Beide Kanäle werden von ARD und ZDF gemeinsam betrieben.

Das Programm der neunziger Jahre wurde ganz wesentlich durch einen immensen Anstieg an gesendeten Spielfilmen geprägt. Die nachfolgende Tabelle soll den Trend verdeutlichen.

Im Jahr 1999 stellten die unten erwähnten Sender insgesamt 20.271 Sendetermine für Spielfilme zur Verfügung. Den Sendeterminen standen 10.473105 ausgestrahlte Langfilme gegenüber, die Differenz der beiden Summen repräsen- tiert die Anzahl der Wiederholungen in diesem Segment. Wobei insbesondere Premiere mit einem überproportional hohen Anteil an den Wiederholungen vertreten sein dürfte.

Weiterhin fanden neue Programmformate wie Talkshows, Daily Soaps und Comedy den Einzug in das deutsche Fernsehen. Im Bereich der Daily Soaps war RTL mit der im Mai 1992 gestarteten deutschen Serie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ Vorreiter für alle folgenden Soaps. Die Serie wurde kurze Zeit später von der ARD mit ihren Daily Soaps „Marienhof“ und „Verbotene Liebe“ erfolgreich kopiert. Große Comedy-Erfolge konnten die Sender RTL, SAT.1 und ProSieben ver- zeichnen. Den Comedy-Boom leitete RTL mit dem Format „RTL Samstag Nacht“ ein. Es folgten die „SAT.1 Wochenshow“ und Stefan Raabs „TV total“ auf ProSieben.106

104 Vgl. Platho, R. (2000), S. 43 105 Vgl. SPIO, Filmstatistisches Jahrbuch (2000), S. 66 f. 106 Vgl. Trimborn, J. (1999), S. 49 ff. 29 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

Tabelle 1: Spielfilmausstrahlungen im Fernsehen 1990 bis 1999

1990 1992 1994 1996 1997 1998 1999

Ausgestrahlte Filme Öffentlich-rechtl. Fernsehen 2137 2681 3181 3370 5488 5167 5290

ARD 410 472 578 578 777 737 728

ZDF 404 528 618 652 698 605 589

Dritte Programme 875 1284 1481 1652 3248 3025 3099

Satellitenprogramme 448 397 504 515 765 800 874 Privates Fernsehen 2829 4376 4857 4849 4963 5564 5183

RTL 953 753 479 299 243 223 219

SAT.1 600 593 680 538 543 540 422

ProSieben 989 1319 985 1059 1043 1071 908

Tele 5/ DSF 287 427 - - - - -

Kabel 1 - 818 888 794 936 919 1058

Premiere - 466 419 420 458 988 681

RTL II - - 974 866 636 575 634

Super RTL - - - 152 215 262 260

tm3 - - - 282 304 375 424

VOX - - 432 439 585 611 577

Fernsehen gesamt 4966 7057 8038 8219 10451 10731 10473 Quelle: SPIO, Filmstatistisches Jahrbuch (2000), S. 66 f.

Das Format des Fernsehspiels wurde von den kommerziellen Sendern nicht übernommen, statt dessen etablierten sich hier die sogenannten TV-Movies. Hervorzuheben sind hier „Der große TV-Roman“ des Senders RTL und „Der große TV-Film“ von Sat.1. Insgesamt ist eine Internationalisierung der Programminhalte in den neunziger Jahren festzustellen. Dies lässt sich einerseits auf die Verbreitung europäischer Programme im Kabelnetz und das vergrößerte Angebot an internationalen Satellitenprogrammen zurückführen, andererseits hat aber auch die Orientierung der privaten Sender an dem amerikanischen Fernsehmarkt zu der erwähnten

30 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

Internationalisierung beigetragen.107 Dies führte unter anderem auch dazu, dass das Stripping-Prinzip108 die Programmstruktur dominierte.

Die deutliche Erhöhung der technischen Reichweiten109 und der damit einher- gehende Anstieg des Werbeumsatzes110 führte zur Etablierung der privat- wirtschaftlich organisierten Fernsehveranstalter.

Anfang der neunziger Jahre, am 28. Februar 1991, wurde mit Premiere Pay-TV-Programm in Deutschland ausgestrahlt. Gemeinsam wurde es von den deutschen Unternehmen Bertelsmann und KirchGruppe, sowie dem französischen Anbieter Canal+ betrieben. Das Programm setzte sich überwiegend aus Erstausstrahlungen insbesondere amerikanischer Spielfilme, Sportereignissen und Live-Übertragungen, speziell der Fußball-Bundesliga, zusammen.111 Mit Einführung des Pay-TV-Angebotes wurde, neben den bereits bestehenden Formen der Gebührenfinanzierung der Öffentlich-Rechtlichen und der Werbe- finanzierung der Privaten, eine weitere Art der Programmfinanzierung eingeführt - die Zahlung von Abonnementbeiträgen.112 Eine Penetration am Markt erfolgte bis heute nur zögernd, was unter anderem auf die einzigartige Struktur des deutschen Fernsehmarktes zurückzuführen ist. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es im Verhältnis zu seinen europäischen Nach- barländern den größten Markt an freiempfangbaren TV-Sendern. Daher ist die Bereitschaft seitens der Konsumenten, für ein weiteres Programm, in der ohnehin

107 ebd., S. 196 108 Stripping bezeichnet eine mittlerweile gebräuchliche Programmierungsstrategie. Für jeden Werktag wird ein gleichbleibendes Zeitraster erstellt, das auf „gleichen Plätzen gleiches Programm“ bietet und dem Zuschauer dadurch Orientierung bietet. Vgl. Körbelin, J. (1999) “Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile“ in: Programmplanung – Konzepte und Strategien der Programmierung im Deutschen Fernsehen 109 Konnten RTL und SAT.1 im Jahr 1990 eine technische Reichweite von 66 Prozent (RTL) und 62 Prozent (SAT.1) verzeichnen, so erhöhte sie sich in den folgenden Jahren sukzessive und lag im Jahr 2000 bei nahezu 100 Prozent. Vgl. Strasser, G. (2000) S. 14 und Media Perspektiven Basisdaten 2000, S. 8 110 Beispielhaft seien hier die Nettowerbeumsätze von RTL und SAT.1 erwähnt. 1990 betrugen die Werbeumsätze von RTL 353,3 Mio. Euro und von SAT.1 279,4 Mio. Euro. Im Jahr 1999 betrugen sie bei dem Sender RTL bereits 1,244 Mrd. Euro und bei SAT.1 0,944 Mrd. Euro. Siehe Media Perspektiven Basisdaten 2000, S. 19, Quelle Heffler, M.: Der Werbemarkt 1999, in: Media Perspektiven 6/2000 111 ebd., S. 44 112 Vgl. Paukens, H. / Schümchen, A. (2000), S. 11 31 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

durch Programmvielfalt geprägten Fernsehlandschaft, zusätzlich zu zahlen, nicht sonderlich hoch.113

Mit dem Sendestart von DF 1 (Digitales Fernsehen GmbH & Co. KG), einem Programmangebot der KirchGruppe, begann im Juli 1996 die Ära des digitalen Fernsehens, speziell die des digitalen Pay-TVs. Das Angebot wurde nach Pro- gramminhalten gebündelt und in einer Vielzahl von Kanälen ausgestrahlt. Der potenzielle Abonnent konnte zwischen verschiedenen Paketen unterschiedlicher Preiskategorien wählen.114 Im November 1997 ging mit Premiere digital ein zweites digitales Programm an den Start. 1998 folgten weitere digitale TV-Programme seitens der öffentlich- rechtlichen und privaten Fernsehveranstalter. Das EU-Verbot bezüglich der ge- meinsamen Programmplattform „Premiere digital“ der beiden Unternehmen Bertelsmann und KirchGruppe stellte einen gravierenden Einschnitt in das digitale Bezahl-Fernsehen dar. Die EU-Kommission untersagte die „Vereinbarung zur technologischen Basis der digitalen Kabelplattform (BetaResearch / Deutsche Telekom)“ als auch die geplante Allianz zwischen der KirchGruppe und CLT/Ufa bezüglich Premiere digital,115 mit dem Verweis, dass diese Konstellation „auf Dauer zu einer Monopolstellung von Premiere als Programm- und Vermarktungs- plattform für digitales Fernsehen führen würde“.116 Im Jahr 1999 fusionierten die beiden Pay-TV-Sender Premiere und DF1 zu Premiere World, nachdem der Bertelsmann-Konzern seine Anteile am Pay-TV- Sender Premiere an die KirchGruppe verkauft hatte. Seit der Fusion sind die Abonnentenzahlen nicht in geplantem Maße gestiegen, so dass die KirchGruppe derzeit hinsichtlich des Bezahlfernsehens großen finanziellen Belastungen aus- gesetzt ist. Kirchs hoch defizitäres Pay-TV gab gerade in jüngster Zeit Anlass zu Spekulationen hinsichtlich der Liquidität der KirchGruppe. Die Abonnentenzahl des Senders Premiere World beläuft sich derzeit auf ca. 2,3 Millionen. Im Herbst nächsten Jahres sollte das Bezahl-Fernsehen möglichst 3,5 Millionen Abonnenten vorweisen, ansonsten könnte die KirchGruppe gezwungen sein, den Anteil, den

113 Vgl. Trimborn, J. (1999), S. 211 114 Vgl. Platho, R. (2000), S. 45 115 ebd., S. 99 116 Vgl. Paukens, H. / Schümchen, A. (2000), S. 18 32 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

der Medienmogul Rupert Murdoch am Sender Premiere hält (22 prozentige Beteiligung über die BSkyB), zurückzukaufen. Der Preis soll sich auf rund zwei Milliarden Euro belaufen und würde damit die Liquidität des Konzerns schwer belasten.117 Allgemein ist zu bemerken, dass die Monopolsituation beim digitalen Pay-TV die Struktur der deutschen Fernsehlandschaft nicht grundlegend beeinflusst hat. Einschneidende Veränderungen werden vermutlich erst stattfinden, wenn das nationale Angebot an Free-TV-Programmen reduziert wird.118

Teleshopping-Programme, wie H.O.T. (Home Order Television) und QVC (Quality Value Convenience), sowie die Ende der neunziger Jahre gestarteten Ballungs- raumsender sind weitere Ausprägungen der deutschen Fernsehlandschaft. Mittlerweile sind bereits ein knappes Dutzend Ballungsraumprogramme auf Sendung. Beispielhaft seien hier die Sender TV.München, B.TV Baden sowie Hamburg 1 erwähnt.119

Ein vielbeachtetes Phänomen der neunziger Jahre war die Bildung sogenannter Senderfamilien seitens der KirchGruppe und des Bertelsmann-Konzerns. Hier standen sich auf der einen Seite die Programmangebote der KirchGruppe (SAT.1, ProSieben, DSF, Premiere und der im Januar 2000 gegründete Sender N24) und andererseits die Angebote des Bertelsmann-Konzerns (RTL, RTL2, Super RTL, VOX) gegenüber. Zurückzuführen ist die Bildung der Senderfamilien auf den hohen Wettbewerbsdruck um Marktanteile, der insbesondere auf den mittels Wer- bung finanzierten privaten Programmveranstaltern lastet. Durch die Gründung der Senderfamilien sollten Refinanzierungs- und Verwertungsmöglichkeiten optimiert werden.

2.3.6 Status quo Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich im deutschen Programmangebot die einheimischen fiktionalen Fernsehproduktionen etabliert haben. Hier kommt

117 Vgl. Schmidt, K., (2001), „Dressierter Löwe, handzahm“, http://www.manager- magazin.de/ebusiness/artikel/0,2828, abgerufen am 17.12.01 118 Vgl. Hachmeister, L. (2001), S. 5 119 Vgl. Heinrich, J. (1999), S. 484 ff. 33 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

insbesondere dem deutschen Fernsehfilm eine hohe Bedeutung zu. Betrachtet man die deutsche fiktionale Fernsehproduktion nach Genres, so wird deutlich, dass im Jahr 2000 die beiden Genres Krimi (Anteil: 23,4 Prozent) und Daily Soap (Anteil: 22,3 Prozent) mit großem Abstand an der Spitze standen. So war dann im Jahr 2000 ein in der ARD ausgestrahlter Tatort nach absoluten Zuschauerzahlen die erfolgreichste deutsche Produktion im Fiktionbereich.120 Weiterhin war ein verstärktes floppen der Reality-Formate wie „Big Diet“ und „Blind Dinner“ zu erkennen. Dagegen erwies sich Günther Jauchs „Wer wird Millionär?“ als das Erfolgsformat schlechthin. SAT.1 setzte verstärkt auf sogenannte Event- Movies und konnte damit einige Quotenerfolge erzielen. Recht erfolgreich waren in diesem Bereich „Der Tunnel“ und zuletzt der „Tanz mit dem Teufel“, wohin- gegen die Sedlmayer-Lebensgeschichte „Wambo“ enttäuschte. Spannung geriet in die deutsche Medienlandschaft mit dem Verkauf eines großen Teiles des Telekomkabelnetzes an John Malones Liberty Media. Da eine Ent- scheidung des Bundeskartellamtes noch aussteht, die Prüfungsfrist wurde bis Ende Februar verlängert, herrscht nach wie vor höchste Anspannung im Fernseh- sektor.

Wie die unten angeführte Tabelle verdeutlicht, haben sich in der deutschen Fern- sehlandschaft drei große Blöcke gebildet. Dies sind zum einen bei den Privaten die KirchGruppe und der Bertelsmann-Konzern, und zum anderen die öffentlich- rechtlichen Sender ARD und ZDF. Neben den vier großen Playern im Fernseh- geschäft konnten sich lediglich einige Spartensender etablieren, deren Zuschauer- anteile aber in Relation zu den o.g. Playern eher gering anmuten.

Es ist daher festzustellen, dass die anfängliche Monopolstellung der öffentlich- rechtlichen Sender durch die Einführung des dualen Rundfunksystems zwar zerschlagen wurde, dass sich dafür aber aufgrund eines verschärften Wett- bewerbs um Marktanteile expandierende Senderfamilien, deren jüngste Ausprägung die ProSiebenSat.1 Media AG darstellt, gebildet haben.

120 Vgl. Hallenberger, G. (2000), Eurofiction 2000, in: Media Perspektiven 10/2001, S.502 f. 34 Aufbau und Entwicklung des deutschen Rundfunks

Tabelle 2: Monatliche Zuschaueranteile Januar bis Juli 2001

Monat 1 2 3 4 5 6 7

Öff.-rechtl. Rundf. Gesamt 42,3 44,3 41,6 39,2 40,0 42,8 44,5 ARD 12,9 14,3 13,3 12,7 13,2 14,1 14,7 ZDF 13,2 13,3 13,1 11,3 11,7 12,2 14,2 ARD (8 dritte Programme) 13,4 13,8 12,4 12,8 12,3 13,5 12,8 KirchGruppe gesamt 26,9 26,4 26,5 27,2 27,1 26,3 24,3 SAT.1 10,7 10,2 10,4 10,7 10,5 10,0 9,6 ProSieben 8,2 8,4 8,5 8,8 8,7 8,5 7,4 Kabel 1 5,7 5,6 5,4 5,4 5,3 5,2 4,7 RTL-Group gesamt 24,4 22,9 25,0 25,9 26,7 23,8 24,0 RTL 14,3 13,4 15,3 15,9 16,9 13,6 14,3 RTL II 4,4 3,9 3,9 4,0 4,0 4,0 3,7 Super RTL 2,8 2,8 2,8 2,8 2,8 2,9 2,8 VOX 2,9 2,8 3,0 3,2 3,0 3,3 3,2 Sonstige gesamt 6,4 6,4 6,9 6,9 6,2 7,1 7,2 ,1 0,9 0,9 0,8 0,8 1,1 1,1 n-tv 0,6 0,5 0,6 0,6 0,5 0,6 0,6

Anteile [%] der täglichen durchschnittlichen Sehdauer (GfK-Marktanteile), Zuschauer ab 3 Jahre, täglich 3.00 bis 3.00 Uhr. Quelle: KEK 2001

Von einer Medienvielfalt im eigentlichen Sinne kann also nicht gesprochen werden. Vielmehr hat sich eine Oligopolsituation der Fernsehsender in einem durch horizontale und vertikale Konzentrationstendenzen geprägten Medienmarkt herauskristallisiert.

35 Programmbeschaffungsformen der Fernsehveranstalter

3 Programmbeschaffungsformen der Fernsehveranstalter

Für öffentlich-rechtliche wie private Rundfunkveranstalter gibt es vielfältige Möglichkeiten der Programmbeschaffung. In den folgenden Abschnitten werden die grundsätzlichen Beschaffungsarten der Fernsehsender, die Eigenproduktion, die Auftrags- und Koproduktion sowie der Lizenzkauf näher erläutert.

Tabelle 3: Produktionsformen

RTL SAT.1 ARD ZDF ProSieben VOX RTL2 KABEL 1

1998 1999 1998 1999 1998 1999 1998 1999 1998 1999 1998 1999 1998 1999 1998 1999

Redaktionelle 61,2 61,0 63,8 63,0 84,9 84,9 84,0 84,2 61,2 57,6 39,7 46,1 58,9 61,9 53,3 54,1 Erstsendungen Eigen-, Auftrags-, 39,1 42,0 38,7 40,6 68,4 66,9 68,8 68,4 11,6 19,6 10,5 11,4 7,5 11,1 3,2 4,8 Koproduktionen

Kaufproduktionen 22,1 19,0 25,1 22,4 16,5 18,0 15,2 15,8 49,6 38,0 29,2 34,7 51,4 50,8 50,1 49,3

Wiederholungen 18,4 19,2 16,4 17,5 10,3 10,8 10,6 10,4 17,8 21,5 31,2 28,3 21,3 17,1 27,9 26,6

Eigen-, Auftrags-, 15,0 14,9 7,3 8,2 9,5 9,4 8,5 8,6 8,8 12,5 9,4 6,0 3,8 3,5 1,8 3,9 Koproduktionen

Kaufproduktionen 3,4 4,3 9,1 9,3 0,8 1,4 2,1 1,8 9,0 9,0 21,8 22,3 17,5 13,6 26,1 22,7

Programmver- bindungen und 5,0 4,9 4,4 4,6 3,2 2,8 3,7 3,7 5,4 5,3 10,0 6,1 4,2 5,4 4,0 4,0 -überbrückungen Werbung / 15,4 14,9 15,4 14,9 1,6 1,5 1,7 1,7 15,6 15,6 19,1 19,5 15,6 15,6 14,8 15,3 Sponsorhinweise

Gesamt 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100

Sendungsanalyse, Zeitumfang in Prozent121, Quelle: ALM TV-Programmbericht 2000

Die oben dargestellte Tabelle gibt einen Überblick über die Gewichtung der einzelnen Programmbeschaffungsformen am Gesamtvolumen der Fernseh- veranstalter. Hinsichtlich des Anteils der Kaufproduktionen werden große Differenzen zwischen den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunksendern deutlich. Während

121 Auf einen durchschnittlichen Sendetag (=24 Stunden) bezogene Prozentwerte aus jeweils zwei Stichprobenwochen für 1998 und 1999

36 Programmbeschaffungsformen der Fernsehveranstalter

die beiden öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF ihren Programm- schwerpunkt eindeutig auf Eigen-, Auftrags- und Koproduktionen legen, weisen die marktanteilsstarken privaten Sender RTL, SAT.1 und ProSieben einen relativ hohen Anteil an Kaufproduktionen am Gesamtprogramm auf. Insbesondere die privaten Sender der zweiten Generation VOX, RTL2 und Kabel 1 bestreiten ihr Programm zu jeweils über 50 Prozent mit Fremdproduktionen.

3.1 Eigenproduktion

Als Eigenproduktionen werden im Fernsehsektor jene Programme bezeichnet, die von den Rundfunkveranstaltern mit sendereigenen Produktionsmitteln (Technik und Personalressourcen) hergestellt und finanziert werden.122 Eigenproduzierte Sendungen finden sich vielfach in den Programmsparten Nach- richten, Sport sowie dem Kinderprogramm und den Magazinsendungen. Die Eigenproduktion ist eine vergleichsweise kostenintensive, mit hohen Fixkosten einhergehende Programmbeschaffungsform. Den verhältnismäßig hohen Kosten stehen allerdings Einflussmöglichkeiten hinsichtlich der inhaltlichen und visuellen Gestaltung der Sendung durch den verantwortlichen Redakteur gegenüber. Weiterhin wird der Sender durch Eigenproduktionen in die Lage versetzt, sich einen eigenen Rechtestock aufzubauen. Insbesondere die Nebenrechte stellen eine weitere Option der Auswertung dar, welche häufig zu Merchandising- aktivitäten der Programmveranstalter führt.123 Ob ein Programm in Eigenproduktion erstellt werden soll, ist zumeist eine strategische Entscheidung seitens des Fernsehsenders. Oftmals dominieren Ziele hinsichtlich der Gestaltung des Senderimages und der grundlegenden Sender- positionierung gegenüber den rein ökonomischen Berechnungen zur Programm- erstellung.124 Besonders der in Eigenproduktion erstellte News-Bereich der Fernsehveranstalter prägt häufig auf ganz entscheidende Weise das Senderprofil der Rundfunkbetreiber.

122 Vgl. Heinrich, J. (1999), S. 153 123 Vgl. Winter, M. (1999), S. 90 124 Vgl. Gläser, M. (1986), S. 284 ff., Mehrjährige Planung bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, in: Wille, E. (Hrsg.), zit. n. Winter, M. (1999), S. 91 37 Programmbeschaffungsformen der Fernsehveranstalter

Handelt es sich bei den eigenproduzierten Programmen um Filmwerke, so besitzt die Fernsehanstalt nach § 94 UrhG das Leistungsschutzrecht sowie das Recht des Sendeunternehmens nach § 87 UrhG. Letzteres hat auch dann seine Gültig- keit, wenn die Produktionen keine urheberrechtsfähigen Filmwerke darstellen.125

3.2 Auftragsproduktion

Die Auftragsproduktion stellt eine im deutschen TV-Markt vorherrschende Form der Programmbeschaffung dar. Gewöhnlich bestimmt der Auftraggeber das Thema der Produktion und übernimmt die vollen Herstellungskosten. Eine Be- teiligung der Sender an den Stoffentwicklungskosten findet in der Praxis häufig nicht statt.126 Prinzipiell wird von einer Auftragsproduktion gesprochen, wenn die Herstellung und Bearbeitung eines in Auftrag gegebenen Programms durch externe Pro- duzenten erfolgt. Die ausstrahlende Anstalt erwirbt dann durch Einzelvertrag den erstellten Programm-Input.127

Grundsätzlich findet eine Unterscheidung in eine sogenannte „echte“ und eine „unechte“ Auftragsproduktion statt. In der Regel charakterisiert die echte Auftragsproduktion das Verhältnis der Fernsehanstalten zu den Auftrag nehmenden Produzenten. Fernsehsender und Produzent stimmen üblicherweise die wesentlichen für die Erstellung des Werkes erforderlichen Tätigkeiten ab. Erhebliche Einschränkungen erfahren die Auftrag- nehmer indessen bei den Tätigkeiten auf den ausschlaggebenden „organisa- torischen, wirtschaftlichen, finanziellen, technischen und künstlerischen Ge- bieten.“128 Der Auftragsproduzent agiert im urheberrechtlichen Sinne als Film- hersteller und erwirbt die für das Filmwerk erforderlichen Nutzungs- und Leistungsschutzrechte als selbständiger Unternehmer. Das wirtschaftliche Risiko und die Finanzierung dagegen werden größtenteils durch den Auftraggeber, hier

125 Vgl. von Hartlieb, H. (1991), S. 546 126 Zit. n. Burgemeister, B., Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Fernsehproduzenten, Podiumsdiskussion zum Thema „Unabhängige TV-Produktion - ein Wunschtraum?“, Medientage München, 19.10.2001 127 Vgl. Heinrich, J. (1999), S. 154 128 Vgl. von Hartlieb, H. (1991), S. 252 f. 38 Programmbeschaffungsformen der Fernsehveranstalter

die jeweilige Sendeanstalt, getragen. Mit Ablieferung des fertigen Werkes werden die Nutzungsrechte für die entsprechenden Nutzungsarten auf den Fernsehsender übertragen.129 Die Auswertung des erstellten Werkes obliegt in der Regel dem Sendeunternehmen. Die rechtliche Basis bildet bei der echten Auftragsproduktion in Abhängigkeit von der jeweiligen Vertragsstruktur der Werkvertrag gemäß § 631 ff BGB oder nach § 651 ff BGB der Werklieferungsvertrag.130

Dagegen stellt die unechte Auftragsproduktion ein Auftragsverhältnis im Sinne eines Dienstvertrages nach § 611 ff BGB dar. Hier wird der Auftragnehmer nicht zur Erstellung eines Werkes sondern lediglich zu einer Dienstleistung verpflichtet. Die unechte Auftragsproduktion ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Dritter, hier die Sendeanstalt, dem Produzenten (Auftragnehmer) beispielshalber die Her- stellung eines Filmwerkes überträgt. Die Durchführung des Filmwerkes erfolgt in voller Abhängigkeit vom Auftraggeber, welcher die kompletten Kosten der Finanzierung sowie das gesamte Risiko der Filmherstellung trägt. Kennzeichnend für die unechte Auftragsproduktion ist auch der wesentliche Einfluss seitens des Senders hinsichtlich organisatorischer, wirtschaftlicher und künstlerischer Belange des Filmwerkes. Nutzungs- und Leistungsschutzrechte werden durch den Produzenten im Auftrag und für Rechnung des Auftraggebers erworben, so dass sie unmittelbar bei dem Sender liegen. Der Filmproduzent selbst erhält keinerlei Rechte an dem erstellten Werk. Somit wird der Auftragnehmer nicht zum Filmhersteller im urheber- rechtlichen Sinn, sondern hat im Falle einer unechten Auftragsproduktion lediglich den Status eines Herstellungsleiters.131

In der Praxis existieren noch weit vielfältigere Möglichkeiten der Auftrags- produktion. So gibt es neben der vollfinanzierten auch die teilfinanzierte Auftragsproduktion. Hier beteiligt sich der Produzent mit einem bestimmten prozentualen Anteil an der Finanzierung der Produktion und erhält im Gegenzug

129 Vgl. Brehm, W. (2001), S. 164 130 Vgl. von Hartlieb, H. (1991), S. 253 131 Vgl. von Hartlieb, H. (1991), S. 253 f. 39 Programmbeschaffungsformen der Fernsehveranstalter

einen Teil der Verwertungsrechte. Der Umfang der Rechteübertragung richtet sich dabei nach der Höhe der jeweiligen Kostenbeteiligung. Eine weitere Ausprägung stellt die Auftragsproduktion unter Beteiligung von Filmfördereinrichtungen dar. Bei jenen geförderten Produktionen werden den Sendern die Fernsehnutzungsrechte nur für einen eingeschränkten Nutzungs- zeitraum eingeräumt. Häufig besteht die Option einer anschließenden Ver- längerung des Nutzungszeitraums.132

Eine detailliertere Beschreibung der gegenwärtigen Verhältnisse auf dem deutschen Fernsehsender- und Produzentenmarkt erfolgt in Kapitel vier dieser Diplomarbeit.

3.3 Koproduktion

In der gängigen Literatur existiert keine explizite Definition für den Begriff der Koproduktion. Üblicherweise liegt eine Koproduktion, auch Gemeinschafts- produktion genannt vor, wenn zumindest zwei oder mehrere Partner (juristische oder natürliche Personen) eine Produktion gemeinsam erstellen.133 Partner sind in aller Regel Fernsehveranstalter, Produktionsunternehmen und Distributoren im In- und Ausland. Somit wird je nach Nationalität der Partner zwischen nationalen und internationalen Koproduktionen unterschieden. Insbesondere im Spielfilmsektor wird in Deutschland die Mehrzahl der Filmwerke in Koproduktion erstellt. Wobei Gemeinschaftsproduktionen zwischen Fernseh- sendern und Produktionsfirmen den Markt dominieren. Ihr Anteil am Gesamt- volumen der Spielfilmpremieren belief sich im Jahr 1999 auf 59 Prozent.134

Zweck der Koproduktion ist zumeist die Verteilung des Produktions- und Finanzierungsrisikos auf mehrere Partner. Diesem Faktor kommt infolge der stetig steigenden Produktionskosten eine immer größere Bedeutung zu.

132 Siehe Schreiben von C. Emrich, ZDF, Hauptabteilung Honorare und Lizenzen, TB Zentrale Aufgaben / Rechtedokumentationen, vom 30.11.2001 133 Vgl. Storm, S. (2000), S. 59 134 Siehe SPIO, Filmstatistisches Jahrbuch, (2000), S. 2 40 Programmbeschaffungsformen der Fernsehveranstalter

Die Vorteile der Koproduktion liegen in erster Linie bei der Bündelung kreativer Potenziale und finanzieller Mittel, die in der Regel zu aufwendigeren und hoch- wertigeren Produktionen führen. Mit dem verringerten Risiko geht allerdings auch eine Dezimierung der Gewinnspanne einher. In Abhängigkeit ihrer jeweiligen Beteiligung werden entsprechend Gewinne und Rechte am Produkt unter den Partnern aufgeteilt.135

Gewöhnlich entscheiden die Koproduktionspartner gemeinsam über die wesentlichen die jeweilige Produktion betreffenden Sachverhalte. Wird im Gemeinschaftsproduktionsvertrag einer der Produzenten als federführender Produzent („executive producer“) festgesetzt, so obliegt ihm im Außenverhältnis die Ausübung aller für die Filmherstellung wesentlichen Tätigkeiten. Jedoch muss er sich im Innenverhältnis mit den Koproduktionspartnern abstimmen. Üblicherweise stehen die Nutzungs- und Leistungsschutzrechte an dem Film den Vertragspartnern gemeinsam zu.136 Rechtlich gesehen handelt es sich bei der Koproduktion um eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nach § 705 ff BGB, da die Koproduktionspartner zu einem gemeinsamen Zweck, der Herstellung des Filmwerkes, tätig werden.137 Sämtliche Vertragspartner sind nur dann als Filmhersteller im urheberrechtlichen Sinn zu erachten, wenn sie „bei den für die Filmherstellung wesentlichen Tätigkeiten auf den Gebieten Organisation, Durchführung, Finanzierung, sowie bei rechtlichen Maßnahmen der Filmproduktion mitwirken oder zumindest mitbestimmen“.138

Hingegen definiert sich die Kofinanzierung über eine rein finanzielle Beteiligung seitens der Sendeanstalt. Hier handelt es sich um eine sogenannte Equity- Beteiligung, die den Finanzier in der Regel nicht an den Auswertungsrechten nach § 94 UrhG teilhaben lässt. Eine Rückzahlung des bereitgestellten Kapitals erfolgt normalerweise durch Auswertungserlöse bzw. Gewinnbeteiligungen.139

135 Vgl. Storm, S. (2000), S. 60 f. 136 Vgl. von Hartlieb, H. (1991), S. 251 137 Vgl. von Hartlieb, H. (1991), S. 251 138 Siehe Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 23.02.2001, IV A 6 – S 2241 – 8/01, Ertragssteuerliche Behandlung von Film- und Fernsehfonds, Koproduktion 13b 139 Vgl. Storm, S. (2000), S. 61 41 Programmbeschaffungsformen der Fernsehveranstalter

3.4 Lizenzerwerb

Beim Lizenzkauf deckt der Sender seinen Programmbedarf durch den Erwerb von Ausstrahlungsrechten an normalerweise bereits produzierten Programmen bzw. Filmwerken. Vorwiegend findet ein Ankauf der Formate Spielfilm (insbesondere amerikanische Filme) und TV-Movies sowie Serien statt. Durch Zahlung von Lizenzgebühren erwirbt der Fernsehveranstalter die Nutzungsrechte für die jeweilig benötigten Nutzungsarten am erstellten Werk, wobei der exakte Umfang der übertragenen Rechte im Lizenzvertrag geregelt wird. Die Lizenz an einem Filmwerk wird für einen begrenzten Zeitraum erworben, folglich fallen nach Ablauf der Lizenzzeit die Rechte wieder an den Produzenten zurück.140

Detailliertere Vertragsbestandteile wie beispielsweise Lizenzzeiten und Anzahl der Ausstrahlungen werden in Kapitel 6.2 ausführlich erläutert.

Ferner können auch Senderechte an noch nicht produzierten Werken erworben werden. Dies erfolgt durch sogenannte Pre-Sales (Vorverkäufe), bei denen der Käufer vorab Nutzungsrechte an den Filmen eines Produzenten bzw. Studios erwirbt. In der Regel handelt es sich um Outputdeals, möglich sind aber auch Einzelkäufe seitens der Sender. Die erworbenen Nutzungsrechte werden zeitlich, sachlich und räumlich definiert und geben damit den Rahmen für die Auswertung durch den Fernsehsender vor.141

Vertiefende Ausführungen hinsichtlich der unterschiedlichen auf dem Markt vor- handenen Lizenzarten und -programme erfolgen in den Abschnitten 4.2 sowie 4.3.

Im Vergleich zu den bereits erwähnten Programmbeschaffungsarten existieren im Lizenzbereich weit weniger große finanzielle und programmliche Risiken für den Fernsehsender. Abgesehen von den Output-Deals sind die Programme in der Regel bereits fertiggestellt und können somit qualitativ besser beurteilt werden, als dies bei Eigen- und Auftragsproduktionen der Fall ist. Infolgedessen stehen den

140 Vgl. Winter, M. (1999), S. 94 141 Vgl. Storm, S. (2000), S. 41

42 Programmbeschaffungsformen der Fernsehveranstalter

fehlenden Möglichkeiten hinsichtlich einer inhaltlichen Mitbestimmung „mehr Indikatoren für die Erfolgschancen eines Produktes“ gegenüber. Wurden die erworbenen Lizenzprogramme bereits ausgestrahlt, so liegen den Sendeanstalten gewöhnlich die zuvor erzielten Einschaltquoten vor. Dies erleichtert den Fernseh- veranstaltern in der Regel die Beurteilung der Lizenzware bezüglich ihres erziel- baren Erfolges.142

In dieser Arbeit liegt der Fokus auf dem Lizenzhandel, welcher in den folgenden Kapiteln eingehend behandelt wird.

142 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 93 43 Lizenzmarkt

4 Lizenzmarkt

Der deutsche Markt für Lizenzprodukte hat vor allem mit Einführung des dualen Rundfunksystems und der Ausweitung der täglichen Sendedauer einen hohen Stellenwert erreicht. Einhergehend mit der stark gestiegenen Nachfrage explo- dierten die Preise für die allseits begehrte Lizenzware. Hingegen hat sich in der deutschen Produzenten- und Senderlandschaft, ins- besondere für den Bereich der TV-Movies und Serien, die klassische Auftrags- produktion durchgesetzt. Erste Ansätze143 für Lizenzmodelle sind am Markt zwar erkennbar, diese haben jedoch derzeit noch eine verhältnismäßig geringe Bedeutung.

In der vorliegenden Diplomarbeit liegt der Schwerpunkt auf dem TV-Lizenz- rechtehandel. Eine Untersuchung aller weiteren dem Lizenzhandel zuzu- ordnenden Bereiche, wie beispielsweise der Filmverleih sowie darüber hinaus das Video- und DVD-Geschäft, würden über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen, so dass eine Konzentration auf den o.g. TV-Lizenzrechtehandel notwendig er- scheint.

In den folgenden Abschnitten wird der Begriff Lizenz als solcher näher definiert und es wird weiterhin ein Überblick über die verschiedenen Lizenzarten gegeben.

4.1 Definition Lizenz

Die Einräumung eines Nutzungsrechtes an einem urheberrechtlich geschützten Werk wird in der Praxis als Lizenz definiert.144 Nach § 31 Abs. 1 UrhG kann der Urheber eines Werkes einem anderen das Recht einräumen, es auf einzelne oder mehrere Arten zu nutzen. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, das Nutzungs- recht als einfaches oder ausschließliches Recht einzuräumen. Bei Einräumung

143 Erwähnenswert ist hier besonders die Brainpool TV AG, die ihre Formate an TV-Sender lizenziert und sich damit deutlich von den Wettbewerbern differenziert. Weitere Ansätze liefert auch das Modell der Producers´ AG. Zusätzliche erfolgen in Kapitel 6.3 der vorliegenden Arbeit. 144 Vgl. Schulze, G. (1998), S. 146 f. 44 Lizenzmarkt

des einfachen Rechtes kann das Werk von mehreren Verwertern gleichzeitig genutzt werden, wohingegen beim ausschließlichen Nutzungsrecht der Lizenz- nehmer das Recht zur exklusiven Werksnutzung hat.145 Weiterhin können die Nutzungsrechte seitens des Lizenzgebers räumlich, zeitlich und sachlich eingeschränkt werden.146 Beispielsweise kann eine TV-Lizenz für einen Spielfilm in dem Recht zur dreimaligen Ausstrahlung innerhalb von fünf Jahren bestehen.

Allgemein werden die Verkäufer von Programmrechten als Lizenzgeber bezeichnet. Im wesentlichen sind dies Produktionsunternehmen, wie die ameri- kanischen Major Studios und Independents (unabhängige Produzenten), aber auch europäische und nationale Produktionsunternehmen, sowie die sogenannten Zwischenhändler. Lizenznehmer sind dahingegen die Käufer von Filmrechten. Sie werden in aller Regel durch Fernsehsender und Zwischenhändler, die besagten Filmrechtehändler und Verleiher, repräsentiert. Des Weiteren betreiben Pro- grammveranstalter auch untereinander den Handel mit Filmlizenzen. Lizenzgegenstand ist generell das jeweilige zur Lizenzierung zur Verfügung stehende Filmwerk.

Ferner wird auch die Genehmigung zur Veranstaltung von Fernsehen und Hörfunk als Lizenz bezeichnet. Für diese Diplomarbeit ist aber in erster Linie der oben beschriebene Lizenzbegriff relevant.

4.2 Lizenzarten

In den folgenden Abschnitten werden die vielfältigen in der Praxis existierenden Typen von Lizenzgeschäften in Abhängigkeit ihres Volumens behandelt. Eine Unterscheidung der Lizenzgeschäfte findet hier hinsichtlich der zu übertragenden Volumina an Filmrechten statt. Einerseits ist dafür die Anzahl der erworbenen, bzw. verkauften Filmtitel entscheidend, andererseits auch das dafür aufgewendete finanzielle Volumen.

145 Siehe § 31 Abs. 2 + 3 UrhG 146 Siehe § 32 UrhG, Beschränkung von Nutzungsrechten 45 Lizenzmarkt

4.2.1 Einzellizenz Der Erwerb einer Sendelizenz für einen einzelnen Film stellt die einfachste Variante eines Lizenzgeschäftes dar. Hier ist der Lizenzgegenstand klar definiert und alle Konditionen des Lizenzvertrages beziehen sich auf jene spezielle Produktion.147

Allgemein unterliegt die Filmherstellung, speziell die der Spielfilme, hohen wirtschaftlichen Risiken, da sie einerseits sehr kapitalintensiv ist und da andererseits trotz hoher Budgets und Starbesetzungen die Erfolgschancen eines Filmes kaum zu prognostizieren sind. Dem Produzenten ist somit daran gelegen, einen Teil des Produktionsrisikos an die verschiedenen Verwerter, beispielsweise die Fernsehveranstalter und Rechtehändler, weiterzugeben. Eine Risikomini- mierung erfolgt durch das Schnüren von Rechtepaketen mit kommerziell erfolg- reichen und weniger erfolgreichen Filmen. Daraus resultiert, dass in den selten- sten Fällen einzelne Filmrechte auf den Lizenzmärkten gehandelt werden, da durch Veräußerung einzelner Filmtitel keine Risikoverteilung erfolgen kann.148

Hingegen ermöglicht die Akquisition von Einzeltiteln den Fernsehveranstaltern die Auswahl zielgruppenspezifischer und auf den jeweiligen Sendeplatz ausge- richteter Lizenzware. Eine hohe Kapitalbindung seitens der Sender, wie sie bei- spielsweise bei den Output-Deals zu beobachten ist, wird bei den Einzelverträgen verhindert. Jedoch stellt der Erwerb einzelner Filmrechte einen höheren Beschaffungsaufwand für die Sender dar, der mit einer geringeren programm- lichen Planungssicherheit einhergeht.

4.2.2 Package-Deal Bei einem Paket-Deal bündeln Produzenten oder Intermediäre eine Vielzahl von Lizenzgegenständen zu einem kompletten Rechtepaket. Gewöhnlich handelt es sich dabei um eine Mischung aus Spielfilmen, TV-Movies, Serien und Doku-

147 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 260 148 Vgl. Neumann, I. (1998), S. 164 46 Lizenzmarkt

mentationen. Wobei der Rechteumfang der einzelnen Titel innerhalb des Pro- grammpaketes teilweise beträchtlich variieren kann.149 Die bereits erwähnten Risiken bei der Filmherstellung können durch Paket- verkäufe gemindert werden, da es sich in aller Regel um eine Mischung aus wirtschaftlich erfolgreichen A-Filmen (erfolgreiche Kinofilme) und den kommerziell weniger erfolgreichen B- und C-Filmen handelt. Somit werden wirtschaftlich erfolglose Filme sowie amerikanische TV-Movies, welche sich noch nicht über den amerikanischen Markt refinanziert haben, mit hochattraktiven Filmen gemischt und mitvermarktet.150

Mit dem Erwerb eines Rechtepaketes kommen hohe finanzielle Belastungen auf den jeweiligen Käufer zu. Damit ist die Zahl der potenziellen Abnehmer auf dem deutschen Markt als relativ gering einzuschätzen. Als Nachfrager seien hier insbesondere so finanzkräftige Zwischenhändler wie die KirchGruppe und die Tele München Gruppe aber auch die Einkaufsgesellschaften der Fernsehsender (Degeto, Telepool, ZDF Enterprises), sowie die RTL Group erwähnt.151

Vielfach enthalten die von den Fernsehveranstaltern erworbenen Rechtepakete Materialien, die den Programmanforderungen der jeweiligen Sender nicht gerecht werden und somit auch nicht zur Ausstrahlung gelangen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Einzelne Filmtitel werden häufig als ungeeignet eingestuft, wenn sie mit der grundsätzlichen Senderausrichtung nicht konform gehen oder die Lizenzware zuviel Gewaltpotenzial birgt. Das nicht sendefähige Material wird dann von den Programmveranstaltern entweder weiterverkauft oder entsprechend abge- schrieben.152

4.2.3 Volume-Deal Bei einem Volume-Deal handelt es sich um einen Paketvertrag, welcher über ein definiertes finanzielles Gesamtvolumen abgeschlossen wird und demgemäß eine

149 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 260 150 Vgl. von Schorlemer, A. (1993), S. 540 151 Vgl. Neumann, I. (1998), S. 168 152 Vgl. von Schorlemer, A. (1993), S. 545 47 Lizenzmarkt

Variante des Package-Deals darstellt. Oftmals sind bei Vertragsabschluß noch nicht alle Lizenzgegenstände des Paketes ausgewählt oder auch nur bekannt. Die Gründe für die Realisierung eines Volume-Deals können vielfältig sein. Auf der einen Seite kann dem Lizenzgeber daran gelegen sein, grundsätzlich Geschäfte mit einem bestimmten finanziellen Mindestvolumen abzuschließen, auf der anderen Seite kann auch der Lizenznehmer ein Interesse an einem Volume-Deal haben, beispielsweise dann, wenn die ihm angebotenen Produktionen eine nicht ausreichende Zahl an geeigneten Programmen darstellen und der Abnehmer sich aber dennoch einen Zugriff auf die künftigen Filmtitel des Lieferanten sichern möchte. Gewöhnlich sind beide Partner bei einem Volume-Geschäft gewissen Risiken und Unsicherheiten ausgesetzt, weshalb es in aller Regel zu aufwendigen und schwierigen Vertragsverhandlungen kommt. Für beide Parteien ist es von großer Bedeutung, die jeweiligen Verpflichtungen hinsichtlich Angebot und Abnahme genau zu definieren, um damit langwierige Nachverhandlungen zu vermeiden.153

4.2.4 Output-Deal In den letzten Jahren haben sich auf den globalen Lizenzmärkten verstärkt die sogenannten Output-Deals durchgesetzt. Bei Output-Deals handelt es sich um Geschäftsverträge zwischen Lizenznehmern und Produzenten, in denen sich die Lizenznehmer verpflichten, sämtliche Produktionen eines Produzenten über einen definierten Zeitraum zu vereinbarten Preisen abzunehmen.154 In Einzelfällen be- steht die Möglichkeit, eine Abnahme auf bestimmte Produktkategorien, beispiels- weise die der Spielfilme oder TV-Movies, zu beschränken.155 Lizenzgeber der Outputverträge sind Produzenten, wohingegen die Lizenznehmer entweder durch Zwischenhändler oder finanzkräftige Fernsehveranstalter reprä- sentiert werden. Die Preisbildung bei Output-Deals erfolgt einerseits durch Orientierung an den aktuellen Marktpreisen und andererseits an den in der Laufzeit des Vertrages zu erwartenden Preissteigerungen. Weiterhin sind die in der Vergangenheit produ-

153 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 261 154 Vgl. Splendid Medien AG, Verkaufsprospekt, (1999), S. 13 155 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 261

48 Lizenzmarkt

zierten Filmwerke des jeweiligen Produzenten von großem Interesse. Sie werden von den Lizenznehmern hinsichtlich ihrer Programmqualität beurteilt und sind somit ein weiteres Kriterium bei der Preisfindung.156

Grundsätzlich beinhaltet der Output-Vertrag für beide Parteien gewisse Vorteile aber durchaus auch hohe Risiken. Die Vorteile liegen zum einen in der beiderseitigen Planungssicherheit. Dem Produzenten werden durch Vorabverkäufe über einen fixierten Zeitraum hinweg Einnahmen garantiert, wohingegen sich der Sender bzw. der Rechtehändler mit dem Output-Vertrag den Erstzugriff auf aktuelles Programmmaterial sichert.157 In Zeiten eines verschärften Wettbewerbs am deutschen TV-Markt scheint der Besitz von aktuellen und hochwertigen Filmtiteln ein nicht gänzlich uninteressanter Aspekt im Kampf um die begehrten Marktanteile zu sein. Sieht man von den zeitlichen Verzögerungen einiger Hollywood-Filme ab, so bieten Output-Deals den Fernsehsendern eine gewisse programmliche Planungs- sicherheit, da die Anzahl der Filme über die gesamte Vertragsdauer festgesetzt ist.158

Den unzweifelhaften Vorteilen eines Output-Vertrages stehen allerdings auch hochgradige Risiken gegenüber. Für die Lizenznehmer besteht ein großes Risiko in der Zahlung immens hoher Summen, welche im Markt insbesondere von amerikanischen Major Companies für Output-Deals gefordert werden. Neben der hohen Kapitalbindung bestehen weiterhin erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der Qualität der zukünftigen Lizenzware, da bei Erwerb der Verwertungsrechte die Produktionen in aller Regel noch nicht begonnen haben.159 Eine Lieferung qualitativ minderwertiger Filme könnte somit zu Programmrisiken auf Seiten der Rundfunkveranstalter führen, wenn das gelieferte Material nicht im Programm eingesetzt werden kann. Allgemein lässt sich aus der Tatsache, dass ein Produzent in früheren Jahren Top-Filme produziert hat, leider nicht zweifelsfrei auf weitere Erfolge schließen,

156 Vgl. von Schorlemer, A. (1993), S. 540 157 Vgl. Neumann, I. (1998), S. 164 158 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 261 159 Vgl. Neumann, I. (1998), S. 164 49 Lizenzmarkt

was die Entscheidung für eine solche Investition nicht unbedingt erleichtert. Hinzu kommt, dass sich beide Vertragspartner über einen relativ langen Zeitraum binden. In der Branche sind derzeit drei bis fünf Jahre160 üblich. Dies könnte seitens der Lizenznehmer zu einer besonderen Abhängigkeit von einzelnen Produzenten führen.

Grundsätzlich kommen auf der Käuferseite nur recht kapitalstarke Unternehmen in Betracht, da Output-Deals häufig über dreistellige Millionenbeträge abgeschlossen werden.161 Eine Senderfamilie mit ihren zahlreichen Verwertungsmöglichkeiten bietet hier Potenzial zur Risikominimierung, da für die qualitativ unterschiedlichen Filme verschiedene Kanäle zur Ausstrahlung zur Verfügung stehen. Die absolute Topware wird gewöhnlich in den marktanteilsstarken Sendern ausgestrahlt, wohingegen sogenannte B- und C-Movies ihren Einsatz in den Abspiel- oder Nachspielsendern finden. Begünstigt sind hier insbesondere die Senderfamilien der KirchGruppe und die des Bertelsmann-Konzerns sowie die Rundfunkanstalten der ARD.

Insgesamt ist im Markt eine hohe Abhängigkeit der nationalen Lizenznehmer von den Lizenzprodukten der großen amerikanischen Studios zu verzeichnen. Hier handelt es sich in erster Linie um die bereits vielfach erwähnten Major Companies, die in den USA eine marktbeherrschende Stellung innehaben, sowie die wich- tigsten auf dem amerikanischen Markt agierenden unabhängigen Produzenten, die sogenannten „Independents“. Insbesondere im Spielfilmbereich dominiert die Lizenzware der US-Majors den nationalen TV-Markt. In Zeiten des öffentlich-recht- lichen Monopols wurden hauptsächlich hochwertige Filme und Serien importiert. Mit der Liberalisierung des deutschen Rundfunkmarktes und dem damit ver- bundenen Anstieg des Programmbedarfs wurden zunehmend auch Filmtitel minderer Qualität geliefert. Speziell den werbefinanzierten Fernsehveranstaltern war es in der Anfangsphase nicht möglich, erstklassige amerikanische Lizenzware

160 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 261 161 ebd., S. 92 f. 50 Lizenzmarkt

zu erwerben, da sie nicht über die erforderlichen Investitionsmöglichkeiten verfügten.162

Derzeit ist jedoch ein leichter Rückgang an amerikanischer Lizenzware im deutschen Fernsehen zugunsten eines Anstiegs an inländischen TV-Movies zu erkennen. Amerikanische Spielfilme finden, abgesehen von absoluten Premium- Filmen, kaum noch ihren Einsatz in der Primetime163. Dies ist zum einen auf den explosionsartigen Preisanstieg für ausländische Kaufproduktionen und zum anderen auf veränderte Zuschauerpräferenzen zurückzuführen.

4.3 Kategorien von Lizenzprogrammen

In den folgenden Abschnitten erfolgt eine Kategorisierung der Lizenzprogramm- formen nach Formattypen.

Formate bezeichnen in der vorliegenden Arbeit spezifische Produktionstypen, die wiederholt Bestandteil eines Programmes sind und sich hinsichtlich Sendelänge, Anzahl der Sendungen sowie ökonomischer Kriterien differenzieren lassen.164

Im Rahmen des Programmrechtehandels sind eine Vielzahl unterschiedlicher Formate Gegenstand der Lizenzvergaben. Dies können zum einen fiktionale Formate wie Spielfilme, TV-Movies und Serien und zum anderen non-fiktionale Programme wie Sportsendungen, Dokumentationen, Comedy-Shows etc. sein. In dieser Arbeit liegt der Fokus eindeutig auf den bereits erwähnten fiktionalen Formaten. Ergänzend wird lediglich die non-fiktionale Comedy-Show betrachtet, die im Rahmen des derzeitigen Comedy-Booms eine zunehmende Bedeutung auf dem nationalen Lizenzmarkt erlangt hat.

Insgesamt stellt der Fiktionbereich eine sehr bedeutsame Programmkomponente dar. Dies ist einerseits an dem hohen Anteil der ausgestrahlten Fiktionformate am

162 Vgl. Kauschke, A. / Klugius, U. (2000), S. 96 163 Unter dem Begriff Primetime wird die Zeit zwischen 20.00 und 22.00 Uhr verstanden. 164 Angelehnt an Pätzold, U. / Röper, H. (1999), S. 1, Hallenberger, G. (2001), S. 497, Heinrich, J. (1999), S. 152 51 Lizenzmarkt

Gesamtsendevolumen165 der Fernsehveranstalter erkennbar, sowie andererseits auf das TV-Nutzungsverhalten der Rezipienten zurückzuführen. Die nachfolgende Tabelle über den täglichen Fernsehkonsum verdeutlicht die Aussage hinsichtlich des Nutzungsverhaltens der Konsumenten.

Tabelle 4: Zusammensetzung des täglichen Fernsehkonsums nach Programmsparten und Sendern

1999 2000

ARD ZDF Dritte SAT.1 RTL Pro 7 ARD ZDF Dritte SAT.1 RTL Pro 7

Information 38,6 37,1 57,315,7 22,7 22,4 36,2 35,9 58,1 15,9 21,7 20,7

Unterhaltung 15,9 13,6 17,221,3 19,3 2,8 15,3 11,9 15,5 22,5 20,8 4,0

Fiktion 31,7 35,8 22,239,9 37,8 60,4 31,1 33,4 22,5 36,5 32,8 60,6

Sport 11,4 9,8 2,6 7,2 5,0 0,1 13,9 14,1 2,4 6,5 6,8 0

Werbung 2,2 3,3 - 15,9 15,5 14,3 2,0 3,2 - 15,5 14,9 11,4

Sonstiges 0,6 0,5 0,6 0,1 0 0,1 1,6 1,7 1,6 3,2 2,9 3,3

Sehdauer gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0

Sehdauer gesamt 26 24 23 20 27 16 27 25 24 19 27 16 in Min.

Deutschland gesamt, Zuschauer ab 3 Jahre, in %

Quelle: AGF / GfK, PC#TV, in: Media Perspektiven 4/2001, S. 162 f.

Aus der Tabelle wird ersichtlich, dass die Rezipienten der Privatsender den Konsum fiktionaler Sendungen gegenüber den der non-fiktionalen deutlich bevorzugen. Bei den Öffentlich-Rechtlichen spielen für den Konsumenten die fiktionalen Programme nach den Informationssendungen die zweitgrößte Rolle. Insgesamt ist ein leichter Rückgang im Konsum der Fiktionsendungen erkennbar. Dies lässt sich vermutlich auf das in den Jahren 1999 und 2000 verstärkte

165 Siehe ALM-Studie, Die Sendungsanalyse ergab für einen durchschnittlichen Sendetag (= 24 Stunden) aus zwei Stichprobenwochen für 1999 folgende Prozentwerte hinsichtlich der Ausstrahlung fiktionaler Sendungen: RTL (26,8), SAT.1 (37,0), ARD (30,3), ZDF (29,3) und ProSieben (42,59). http://www.alm.de/medienforschung/medien_tab5.htm, abgerufen am 12.01.02 52 Lizenzmarkt

Angebot an Quizsendungen und Real-Life-Soaps, wie „Big Brother“ im nationalen Fernsehen zurückführen.

Auf eine Betrachtung der non-fiktionalen Formate, insbesondere die der Sport- sendungen, soll in dieser Arbeit verzichtet werden, da sie nach Meinung des Verfassers eine gesonderte umfangreiche Analyse erfordern und somit über den Rahmen dieser Diplomarbeit hinausgehen würden. Eine Ausnahme im non- fiktionalen Bereich bildet lediglich die bereits oben erwähnte Comedy-Show.

4.3.1 Kinofilme Abendfüllende Spielfilme werden originär für eine Auswertung im Kino produziert. Erst nach weiteren, dem Kinoverleih nachgelagerten Verwertungsstufen, dies sind im wesentlichen Video und DVD sowie die Auswertung im Pay-TV, erfolgt eine Ausstrahlung im Free-TV. Die Fernsehverwertung trägt direkt zur Refinanzierung eines Kinofilmes bei,166 jedoch ist dieser Finanzierungsbeitrag ganz wesentlich von dem Erfolg der vorgelagerten Verwertungsstufen abhängig.

Spielfilme weisen in der Regel eine Länge von 90 bis 100 Minuten auf, wobei Überlängen durchaus verbreitetet sind.167 Hinsichtlich ihrer Herstellung unter- scheiden sie sich zumeist deutlich von den TV-Movies. Sie werden in aller Regel mit einem höheren Produktionsbudget und einem entsprechendem Staraufgebot erstellt und weisen im Vergleich zu den TV-Movies eine andere Ästhetik und Dramaturgie auf.168

Für Fernsehveranstalter sind insbesondere die Spielfilme der Major-Studios, aber auch die der großen unabhängigen amerikanischen Produzenten von großer Bedeutung. Die hohe Zuschauerattraktivität der „Hollywood-Blockbuster“ sorgt gewöhnlich bei den ausstrahlenden Sendern für hohe Einschaltquoten und einen damit verbundenen Prestigegewinn.169 Insgesamt kann die Ausstrahlung dieser Premium-Ware für das gesamte Fiktionbild eines Senders prägend sein.

166 Vgl. Neumann-Bechstein, W. (1997), in: Was Sie über Rundfunk wissen sollten, S. 173 167 Als aktuelle Beispiele seien hier besonders „Harry Potter“ und „Herr der Ringe“ erwähnt. 168 Vgl. Heinrich, J. (1999), S. 153 169 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 246 53 Lizenzmarkt

Diese allseits begehrten Top-Filme haben sich aufgrund des relativ geringen Outputs der amerikanischen Companies, in Folge inflationärer Preise bei der Herstellung, zur absoluten Mangelware entwickelt. Sie werden deshalb auf den internationalen Lizenzmärkten zu entsprechend hohen Preisen gehandelt.

Das Spielfilmangebot besteht zum einen aus den jährlichen Neuproduktionen und zum anderen aus dem bereits vorhandenen Bestand an sendefähigem Material. Im Jahr 2000 wurden in Deutschland 75 Spielfilme produziert.170 Für dasselbe Jahr belief sich der gesamte Spielfilm-Output der EU auf 604 Filme, wohingegen in USA 461 Filme hergestellt wurden.171 Insgesamt verzeichnet der internationale Filmindex einen weltweiten Bestand von 232.000 Filmen. In dieser Summe sind neben den Kinofilmen auch Kurzfilme, Fernsehfilme und Stummfilme enthalten. Von Schorlemer geht davon aus, das hiervon lediglich 30.000 Filme für das deutsche Fernsehen verwertbar sind, wovon ungefähr ein Drittel den US-Majors zuzurechnen ist.172 Ein großer Teil der deutschen Verwertungsrechte amerikanischer und euro- päischer Filme befindet sich im Besitz der dem Kirch Konzern angehörigen Taurus Gruppe.173

4.3.2 TV-Movies Bei Fernsehfilmen, von den Privatsendern auch TV-Movies genannt, handelt es sich um Programme, die speziell für eine Verwertung im Fernsehen produziert werden. In sehr seltenen Fällen174 ist auch eine Kinoauswertung möglich, wobei ein Kinopotenzial in der Regel erst während der eigentlichen Produktion erkannt wird.175 TV-Movies weisen eine gewisse Ähnlichkeit mit Kinofilmen auf, werden aber dramaturgisch und ästhetisch auf die Bedürfnisse der Sendeanstalten konzipiert. Gewöhnlich haben Fernsehfilme eine Sendelänge von 90 Minuten und

170 Vgl. SPIO, Filmstatistisches Jahrbuch (2001), S. 15 171 ebd., S. 78 172 Vgl. von Schorlemer, (1993), S. 538 173 Vgl. Heinrich, J. (1999), S. 176 174 Ausnahmen stellen hier die Filme „Männer“ und „Stadtgespräch“ dar. Beide Filme wurden zwar originär für das Fernsehen produziert, aber auch mit großem Erfolg im Kino ausgewertet. 175 Vgl. Pätzold, U. / Röper, H. (1999), S. 2, http://www.nrw.de/medien/tv-studie/1_1htm, abgerufen am 26.12.01 54 Lizenzmarkt

sind mit deutlich geringeren Budgets ausgestattet als die zuvor beschriebenen Spielfilme. 176

Neben den Spielfilmen stellen die amerikanischen TV-Movies eine weitere wichtige Programmquelle für die nationalen Fernsehveranstalter dar. Aufgrund der geringeren Produktionskosten sind sie als Lizenzware erheblich günstiger zu erwerben, als die aufwendig produzierten Hollywood-Filme. Insgesamt weisen ihre Sujets eine höhere Aktualität auf, da sie bereits wenige Monate nach Ausstrahlung im US-Fernsehen von deutschen Programmver- anstaltern gesendet werden können.177 Eine Verwertungskette nach dem „Windowing-Prinzip“178, die Kannibalisierungseffekte hinsichtlich der einzelnen Auswertungsstufen verhindern soll, existiert bei den TV-Movies folglich nicht.

Seitens der Konsumenten ist in den vergangenen Jahren, insbesondere im TV- Movie-Bereich, ein Trend zu nationalen Stoffen erkennbar. Im Jahr 2000 wurden beispielsweise 217179 einheimische Fernsehfilme ausgestrahlt. Im Durchschnitt kostet ein auf dem deutschen Markt produziertes TV-Movie ca. 1,28 Millionen Euro. Der inländische Markt für Fernsehfilme weist eine Dominanz an Auftragsproduktionen und sogenannten Fördermodellen auf. Die Finanzierung der geförderten Filme wird durch die beteiligten Fernsehveranstalter, die jeweiligen Filmförderinstitutionen sowie durch eine Eigenbeteiligung seitens der Produzenten getragen.180 Lizenzverkäufe inländischer TV-Movies stellen eine absolute Ausnahme im Markt dar.

4.3.3 Serien Serien bestehen aus einzelnen in sich abgeschlossenen Sendungen (Folgen), deren Inhalte dramaturgisch über bestimmte wiederkehrende Hauptfiguren und

176 Vgl. Heinrich, J. (1999), S. 153 177 Vgl. von Schorlemer, A. (1993), S. 539 178 Allgemein wird durch das Windowing eine Verlängerung der Verwertungskette erreicht. Durch eine Vermarktung auf unterschiedlichen Distributionswegen wird die Erzielung mehrfacher Gewinne ermöglicht. Dies setzt aber eine gewisse Marktmacht voraus, welche in aller Regel zu Konzentrationen im Mediensektor führt. Vgl. Wirtz, B. (2000), S. 226 ff. 179 Vgl. Hallenberger, G. (2001), S. 498 180 Interview mit Herrn Bernd Burgemeister, Geschäftsführer TV-60 Filmproduktion GmbH und Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Fernsehproduzenten am 10.01.02 55 Lizenzmarkt

Handlungselemente verbunden sind.181 Gewöhnlich steht schon vor der eigent- lichen Produktion die Anzahl der geplanten Folgen fest. Wobei die Sendelänge einer einzelnen Folge zwischen 25 und 60 Minuten liegt. Hinsichtlich ihrer Herstellung können die Sendungen in Produktionseinheiten, auch als Staffeln bezeichnet, von jeweils mehreren Sendungen eingeteilt werden. 182

Sogenannte Dailys und Weeklys stellen die zwei häufigsten Varianten von Serienproduktionen dar. Für beide Ausprägungen stehen feste wiederkehrende Sendeplätze zur Verfügung. Daily-Soaps, speziell die nationalen Produktionen, werden in der Regel von Montag bis Donnerstag im Vorabendprogramm ausgestrahlt, wohingegen Weekly-Soaps einen festen wöchentlichen Rhythmus aufweisen. Zumeist ist die Qualität der Dailys niedriger als die der Weeklys, da ihnen erheblich geringere Produktionszeiten zur Verfügung stehen.183 Prinzipiell ist eine Serie „unendlich“ produzierbar, jedoch kommt sie dann zu ihrem Ende, wenn sie nicht mehr dem Publikumsgeschmack entspricht und infolge- dessen rückläufige Einschaltquoten aufweist.184

Weitere Formen des seriellen Erzählens sind zum einen die „Miniserie“, eine abgeschlossene filmische Erzählung, welche in der Regel aus mindestens zwei bis maximal 13 Episoden besteht. Den Möglichkeiten, Miniserien als herausragende Fernsehereignisse zu vermarkten, stehen hohe Herstellungs- kosten und Verwertungsrisiken gegenüber. Diese Risiken lassen sich oftmals durch internationale Koproduktionen minimieren.185 Zum anderen werden die Varianten Reihe und Anthologie dem Serienprinzip zugeordnet. Beide Formate können potenziell endlose Produktionen mit einer beliebigen Zahl an Einzelfolgen sein. Die Sendelänge einer einzelnen Folge beträgt gewöhnlich 90 Minuten. Eine Reihe definiert sich durch abgeschlossene Einzelsendungen, die aber eine gewisse Kontinuität hinsichtlich Thema, Personal oder Handlungsort aufweisen, wohingegen die einzelnen Sendungen der

181 Vgl. Heinrich, J. (1999), S. 153 182 Vgl. Pätzold, U. / Röper, H. (1999), Fernsehproduktion in Deutschland, http://www.nrw.de/medien/tv_studie/1_1.htm, abgerufen am 26.12.01 183 ebd. 184 Vgl. Hickethier, K. (1996), S. 185 185 Vgl. Hallenberger, G. (2001), S. 499 56 Lizenzmarkt

Anthologie nur sehr lose miteinander verbunden sind. Beispielhaft für eine Anthologie sei hier der „Tatort“ und „Polizeiruf 110“ erwähnt.186

Lange Zeit hatten amerikanische Serienproduktionen eine hohe Bedeutung für den deutschen TV-Markt, da bis Ende der achtziger Jahre 80 Prozent aller Serien in den USA produziert wurden. Mit den wirtschaftlichen Problemen der US- Networks in den frühen neunziger Jahren, den verstärkten weltweiten nationalen Eigenproduktionen, sowie den veränderten Präferenzen der inländischen Konsumenten, reduzierte sich der Anteil amerikanischer Serien.187 Für den Lizenzankauf amerikanischer Primetime-Serien der A-Klasse werden Kosten in Höhe von 50.000 bis 60.000 Dollar pro Stunde genannt.188

Bezogen auf die Gesamtsendezeit nehmen Serien einen sehr hohen Stellenwert, sowohl bei den öffentlich-rechtlichen Programmanbietern als auch bei den Privatsendern, ein. Im Jahr 2000 wurde beispielsweise für die ARD ein Serien- volumen von 8,6 % an der Gesamtsendezeit errechnet, bei den privaten Programmveranstaltern lag der Anteil sogar bei 24,6 Prozent (RTL), 22,0 Prozent (SAT.1) und 24,0 Prozent (ProSieben).189

Insgesamt können erfolgreiche Serien die von den TV-Sendern angestrebte Zuschauerbindung auf ganz entscheidende Weise fördern.

4.3.4 Comedy-Shows Comedy-Formate werden durch einzelne aber auch durch eine Abfolge von Sendungen repräsentiert. In aller Regel liegen die Sendelängen der Comedy- Formate bei 30 Minuten und nur in Ausnahmefällen darüber. Gewöhnlich werden sie an stets gleich bleibenden Orten produziert, im wesentlichen handelt es sich hier um Studioproduktionen.190

186 ebd., S. 498 187 Vgl. von Schorlemer, A. (1993), S. 539 f. 188 Siehe Heinrich, J. (1999), S. 153 189 Siehe Krüger, U. / Zopf-Schramm, T. (2001), S. 335 190 Vgl. Pätzold, U. / Röper, H. (1999), Fernseh-Produktion in Deutschland, http://www.nrw.de/medien/tv_studie/1_1.htm, abgerufen am 26.12.01 57 Lizenzmarkt

Insbesondere die Comedy-Formate der privaten Sender setzen auf eine spezifische Art von Humor. RTL startete mit dem Erfolgsformat „RTL Samstag Nacht“ die Comedy-Offensive. Generell richtet sich der Humor der Comedy-Shows an ein jüngeres, besonders für die werbetreibende Industrie interessantes Publikum. Erfolgreiche Nachahmer des RTL-Formates haben sich in den letzten Jahren etabliert. Dies sind zum einen die „SAT.1 Wochenshow“ und zum anderen das auf ProSieben ausgestrahlte „TV total“191 sowie die „bullyparade“.

Der Comedy-Boom in Deutschland hält weiterhin in Gestalt einer großen Zahl non- fiktionaler Comedy-Shows an. Beispielsweise wird Stefan Raabs „TV total“ seit Mitte Februar 2001 bereits viermal pro Woche auf dem Sender ProSieben ausgestrahlt. Der Marktanteil der werberelevanten Zielgruppe beträgt im Durchschnitt 22,1 Prozent.192 Einen ähnlichen Erfolg verzeichnet die „bullyparade“ mit einem Marktanteil von bis zu 24,9 Prozent bei den 14- bis 49-jährigen Zuschauern.193

4.4 Marktstrukturen

Generell zeichnet sich der Lizenzrechtemarkt durch ein hohes Maß an Intransparenz aus. Die Geschäftsmodelle der am Markt agierenden Lizenzhändler, sowie die bei Akquirierung und Distribution vorherrschenden Konditionen sind in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Lediglich die Börsennotierung einiger unab- hängiger Rechtehändler und die damit verbundenen Publizitätsverpflichtungen, haben etwas Klarheit in die Materie des Filmrechtehandels gebracht.

Weiterhin existieren keine verlässlichen Zahlen über das Marktvolumen audiovisueller Medien in Deutschland und des TV-Rechtehandels im Besonderen.

191 Vgl. Trimborn, J. (1999), S. 49 ff. 192 Siehe AGF/GfK Fernsehforschung (PC#TV)/ SevenOne Media 193 Siehe ProSiebenSat.1 Media AG, Geschäftsbericht 2000, S. 60 58 Lizenzmarkt

So schätzt die DG BANK in ihrer Studie „Medien-Content-Provider“ vom Februar 2001 das Marktvolumen über alle Verwertungsstufen auf 11,2 Milliarden Euro.194

In den folgenden Abschnitten werden die Strukturen des Fernsehrechtemarktes untersucht und seine Hauptakteure näher beleuchtet. Weiterhin wird das Geschäftsmodell der Rechtehändler analysiert und der Konzentrationsprozess im TV-Sektor, sowie dessen Auswirkungen auf die Lizenzhändler und Produzenten erläutert.

4.4.1 Marktakteure Auf dem TV-Lizenzmarkt operieren im wesentlichen drei verschiedene Gruppen von Marktteilnehmern. Dies sind zum einen die Produzenten und Fernseh- veranstalter und zum anderen die Rechtehändler, die sogenannten Zwischen- händler.

Das nachstehende Schaubild verdeutlicht die zwischen den einzelnen Markt- akteuren stattfindenden Prozesse. Grundsätzlich wird zwischen dem direkten Handel, welcher vor allem bei Neuproduktionen vorzufinden ist, und dem Zwischenhandel unterschieden.195

Der direkte Handel vollzieht sich zwischen den Produzenten als Lizenzgeber und den TV-Sendern als den Lizenznehmern. Wobei der Markt für Lizenzen an US- amerikanischen Spielfilmen durch Output- und Package-Deals sowie in selteneren Fällen durch Einzellizenzvergaben geprägt ist. Dagegen herrschen im nationalen Markt vorwiegend Auftrags- und Koproduktionen vor. Lizenzvergaben stellen speziell im Bereich der TV-Produktion eine absolute Ausnahme dar. Lediglich nationale Kinofilme werden an die Fernsehsender lizenziert.

194 Vgl. DG BANK, (2001), Studie: Medien-Content-Provider, S. 6 195 Vgl. Heinrich, J. (1999), S. 182 f. 59 Lizenzmarkt

Abbildung 1: Akteure des Lizenzmarktes

Produzent Nachfrage Lizenzware

Output-Deals Paketverkäufe Einzellizenzen intern. Markt intern. Markt Nachfrage Output-Deals Rechtehändler Lizenzware Paketverkäufe Einzellizenzen

nation. Markt nation. Markt

Auftrags- Auftrags- produktionen produktionen Nachfrage Koproduktionen Koproduktionen Bündelung der Lizenzware Fördermodelle Fördermodelle Lizenzware zu Paketen

Einzellizenz- vergabe

TV-Sender

interner Programmaustausch innerhalb der Senderfamilie und Verkauf an andere Sendeanstalten

Im Zwischenhandel hingegen erwerben Rechtehändler von Produzenten die Nutzungsrechte an einem Filmwerk für einen festgelegten Zeitraum, ein definiertes Territorium, sowie für sämtliche Nutzungsarten („All-Right-Deals“) oder nur für einzelne Auswertungsstufen in Form von sogenannten „Split-Right-Deals“. Seitens der Lizenzhändler erfolgt eine Bündelung der erworbenen Lizenzware zu Rechtepaketen, welche dann an die Programmveranstalter weiterveräußert werden. Einzellizenzvergaben sind durchaus möglich, bilden aber eher die Ausnahme.

60 Lizenzmarkt

Im Bereich des öffentlich-rechtlichen TV-Sektors ist ein reger Programmaustausch zwischen der ARD und ihren Dritten Programmen erkennbar. Die beiden Sender- familien der KirchGruppe und des Bertelsmann-Konzerns, welche jeweils Teile eines horizontal und vertikal integrierten Medienkonzerns sind, bieten ebenfalls vielfältige Möglichkeiten, die eingekauften Lizenzen in den unterschiedlichen Kanälen zu verwerten, so dass davon auszugehen ist, das ein Großteil der getätigten Lizenzverkäufe innerhalb der jeweiligen Konzernfamilien stattfindet. Ferner existiert auch eine Rechteveräußerung seitens der Fernsehveranstalter an außenstehende konzernunabhängige Sender, was allerdings ein Sublizen- zierungsrecht voraussetzt. Für den Rechte veräußernden Sender bieten sich hier- durch neue Potenziale hinsichtlich der Umsatzgenerierung.

Eine zweifelsfreie Zuordnung der nachfolgenden Unternehmen zu den genannten Marktteilnehmergruppen ist häufig nicht möglich, da die Firmen selbst einerseits in mehreren Geschäftsfeldern tätig sind und andererseits durch Konzentrations- bewegungen am Markt vollintegrierte Medienkonzerne entstanden, die auf nahe- zu allen Stufen der Wertschöpfungskette vertreten sind.

4.4.1.1 Fernsehveranstalter Der deutsche Fernsehmarkt ist nach dem US-amerikanischen der zweitwichtigste TV-Markt weltweit. Insgesamt zeichnet er sich durch einen intensiven Wettbewerb und eine vergleichsweise hohe Anzahl an Free-TV-Sendern aus. Innerhalb des Free-TVs wird zwischen den werbefinanzierten und den durch Rundfunkgebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Sendern unterschieden. Im Bereich des Pay-TVs besitzt die KirchGruppe mit Premiere World derzeit ein Nachfragemonopol für Pay-TV-Rechte auf dem Markt.

Insgesamt wird der Fernsehmarkt determiniert durch die Zahl der TV-Haushalte, die erzielten Werbeeinnahmen und Fernsehgebühren, sowie die tägliche Fernsehnutzungsdauer seitens der Zuschauer. Für das Jahr 2000 wird die Zahl der Fernsehhaushalte auf 33.560.000196 beziffert. Der gesamte TV-Bruttowerbeumsatz belief sich im selben Jahr auf 7,978 Mrd.

196 Siehe Television 2001, S. 146 61 Lizenzmarkt

Euro.197 Im Vergleich dazu verzeichneten die ARD-Landesrundfunkanstalten Fernsehgebühren in Höhe von rund 2,3 Mrd. Euro198, wohingegen sich die Einnahmen aus Fernsehgebühren beim ZDF auf rund 1,28 Mrd. Euro199 beliefen. Hinsichtlich der Fernsehnutzung wurde für das Jahr 2000 ein durchschnittliches tägliches Zeitbudget von 189 Minuten200 ermittelt. Bezüglich der Beschaffung fiktionaler Programme treffen Rundfunkveranstalter regelmäßig eine „Make-or-Buy-Entscheidung“. Dies bedeutet, dass sie entweder Programme in Eigen-, Auftrags- oder Koproduktion erstellen oder das ein Teil des Sendebedarfs durch den Ankauf von Lizenzen gedeckt wird.201

Mögliche Vertragspartner der Fernsehveranstalter beim Lizenzerwerb können einerseits Filmproduzenten, Rechtehändler und konkurrierende Fernsehsender sein, andererseits erwerben auch Filmverleiher in aller Regel die TV-Verwertungs- rechte und stehen somit den Sendeanstalten als weitere Lizenzgeber zur Ver- fügung.

Die in der nachstehenden Tabelle aufgelisteten Sender stellen lediglich eine Auswahl der bedeutendsten Abnehmer für TV-Lizenzen am deutschen Markt dar. Nur die kapitalstarken Fernsehveranstalter sind in der Lage, die teilweise erheblichen Kosten für Lizenzprogramme, insbesondere für amerikanische Block- buster, aufzubringen. Generell ist der inländische Fernsehmarkt durch eine hohe vertikale und horizontale Konzentration gekennzeichnet. Als Resultat der Konzentrations- bewegungen entstanden die Senderfamilien der KirchGruppe (SAT.1, ProSieben, Kabel 1, N24, DSF) und des Bertelsmann-Konzerns (RTL, RTL2, Super RTL, VOX). Mit Bildung der Senderfamilien lassen sich speziell im Bereich des Lizenzerwerbs entscheidende Einkaufs- und Verkaufsvorteile erzielen, die sich in zunehmenden „In-Sich-Geschäften“ der Senderfamilien äußern.

197 ebd., S. 47 198 Siehe ARD Jahrbuch 2001, S. 200 199 GEZ Geschäftsbericht 2000, S. 34 200 Siehe Media Perspektiven Basisdaten 2000, S. 70 201 Vgl. KEK, (2000), S. 147 f. 62 Lizenzmarkt

Tabelle 5: TV-Sender

Premiere TV-Sender ARD ZDF RTL SAT.1 ProSieben World UFA Film und ProSiebenSAT.1 Media öffentlich- öffentlich- Fernseh GmbH, AG (Kirch Media GmbH Kirch Pay Gesellschafter rechtliche rechtliche Köln (89%); & Co. KgaA TV GmbH & Anstalt Anstalt Streubesitz (88,52%)und Springer Co. KGaA *

(11%) Verlag (11,48%) Zuschauer- Marktanteil 9,6 8,2 17,3 12,0 13,3 - (14-49) in % Abonnenten------2,2 Mio. zahl (2000) Nettowerbe- umsätze 192,8 Mio. 178,8 Mio. 1,346 Mrd. 982,2 Mio. 882,5 Mio. - (2000) in Euro Fernseh- gebühren rd. 2,3 Mrd. rd. 1,28 Mrd. - - - - (2000) in Euro Abonnenten------660 Mio.** gebühren

Quellen: Media Perspektiven 6/2001, S. 293; Television 2001, S. 46, KEK 10/2001, ARD Jahrbuch 2001, S. 200, GEZ Geschäftsbericht 2000, S. 34 * Beteiligungen an der Kirch PayTV GmbH & Co. KGaA: Kirch Holding GmbG & Co. KG (69,75%), BSkyB (37,6%), Kingdom Holdings (3,12%), Lehman Brothers (2,4%), Capital Research (2,69%) ** Durchschnittlicher Abonnentenpreis pro Monat 25 Euro (Pakete zwischen 15 und 35 Euro sind erhältlich). Bei 2,2 Mio. Abonnenten Ende 2000202 lassen sich die jährlichen Einnahmen zu ca. 660 Mio. Euro abschätzen.

Spielfilmpakete enthalten neben den absoluten Top-Filmen in der Regel auch zweit- und drittklassige Ware. Deren Einsatz erfolgt oftmals in den marktansteils- schwachen Kanälen der jeweiligen Senderfamilie. Hier können selbst mit zweit- klassiger Ware noch gewisse Erfolge erzielt werden bzw. ein nur geringer

202 Siehe Premiere World, Pressemappe Unternehmen, http://www.premiereworld.de/PremiereRes/ContentImages/download/Unternehmen.zip, abgerufen am 11.02.2002 63 Lizenzmarkt

Schaden angerichtet werden.203 Weitere Ausführungen hierzu erfolgen unter dem Punkt 4.5.3.

4.4.1.2 Produzenten Aufgrund der Vielzahl von Film- und TV-Produzenten erfolgt in dieser Arbeit eine Konzentration auf die für den Lizenzhandel derzeit wichtigsten Player im nationalen und US-amerikanischen Markt. Für den weltweiten Handel mit Film- und Programmrechten sind insbesondere die Produktionen der US-Majors und die der unabhängigen amerikanischen Pro- duzenten (Independents) von größter Bedeutung.

Der amerikanische Produktionssektor wird im wesentlichen von einigen großen Hollywood-Studios beherrscht. Diese den Markt dominierenden Unternehmen werden im Folgenden als Major Companies betitelt. Sie zeichnen sich durch eigene Studios und Produktionen von Mainstream-Filmen aus, welche im weltweiten Vergleich hohe Budgets aufweisen, sowie durch den Besitz großer Filmbibliotheken. Weiterhin verfügen sie über eigene global operierende Vertriebs- organisationen und umfassendes Marketing-Know-how. Für die marktanteils- starken deutschen Programmanbieter sowie die großen nationalen Lizenzhändler sind sie wichtige Partner für den Erwerb von Lizenzprodukten im Kinofilm- bereich.204 In Folge der verstärkten Nachfrage an qualitativ hochwertigen Filmen seitens der TV-Sender verfügen sie über eine ausgeprägte Lieferantenmacht.

Die nachfolgenden Unternehmen werden allgemein als Major Companies bezeichnet:

Universal Pictures, Twentieth Century Fox, Columbia Tri-Star / Sony, / , Disney , Time Warner, MGM / United Artists

203 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 129 204 Vgl. Kauschke, A. / Klugius, U. (2000), S. 96 64 Lizenzmarkt

Der Kinofilm-Output der US-Majors ist aufgrund gestiegener Produktionskosten, die durchschnittlichen Kosten belaufen sich auf rund 60 Millionen USD205, in den letzten Jahren leicht rückläufig. Jährlich produzieren sie ca. 120 Spielfilme, von denen sich jedoch nicht alle für eine Ausstrahlung im deutschen Fernsehen qualifizieren.206 Der relativ geringe Output erfolgreicher Kinofilme stößt auf eine starke Nachfrage seitens der nationalen Sender, was sich wiederum in der hohen Zahl der Sendetermine für abendfüllende Spielfilme widerspiegelt.207 Daher handelt es sich bei den Hollywood-Filmen um eine regelrechte Mangelware, die häufig in Form von Output-Deals zu extrem hohen Preisen von den deutschen TV- Anbietern und Filmrechtehändlern erworben werden.

Der weltweite Spielfilm-Output belief sich im Jahr 2000 auf 3540208 Filme. Jedoch ist nur ein geringer Teil dieser Produktionen im deutschen Fernsehen verwertbar, da dieser Gesamt-Output auch sämtliche Billigproduktionen sowie Gewalt- und Pornostreifen umfasst. Weiterhin sind hierin auch eine hohe Anzahl indischer Produktionen enthalten, welche für den internationalen Lizenzmarkt ebenfalls nicht von Interesse sind.209

Als Independents werden nach einer Definition von Arthur Anderson Economic Consulting alle Unternehmen bezeichnet, „die in der Produktion und/oder der weltweiten Distribution von Kinofilmen oder Fernsehprogrammen in allen Medien engagiert sind und nicht zu den bekannten Major-Studios zählen“.210 Sie verfügen in aller Regel nicht über eigene Studiokapazitäten und Vertriebskanäle, sondern lizenzieren ihre Rechte an internationale und nationale Rechtehändler. Einhergehend mit dem rückläufigen Output der Majors haben die Independents in den letzten Jahren eine hohe Bedeutung erlangt.211 Aufgrund mangelnder

205 Siehe Fleischauer, J. (1998), S. 96 f. 206 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 247 207 Siehe SPIO, Filmstatistisches Jahrbuch(2000), S. 66. Die Zahl der Sendertermine für abendfüllende Spielfilme wird für das Jahr 1999 auf 20.271 beziffert. 208 Siehe Screen Daily, Local industries boost world film production, vom 07.01.2002, http://www.screendaily.com/shtml_files/story6910.shtml, abgerufen am 08.01.2002 209 Vgl. Fleischauer, J. (1998), S 96 f. 210 Arthur Anderson Economic Consulting, zit. n. DG BANK-Studie, Medien-Content-Provider, Februar 2001, S. 64 211 Vgl. DG BANK, (2001), S. 64

65 Lizenzmarkt

Kapitalausstattung sind Independents darauf angewiesen, die Rechte an den von ihnen produzierten Filmen im voraus durch sogenannte „Pre-Sales“ zu verkaufen. Da sie über keine eigenen Vertriebswege verfügen, benötigen sie „Vertriebsspezialisten“, die für sie die Auswertung in den entsprechenden Territorien vornehmen.212 Insbesondere deutsches Kapital stellte in den vergangenen Jahren eine bedeutende Finanzierungsquelle für die Independents dar.213 Hier seien speziell die am Neuen Markt notierten unabhängigen Rechtehändler erwähnt, die mit frischem Börsenkapital ein zeitweise recht großes Engagement im US-amerikanischen Independent-Markt zeigten.

Amerikanische und europäische Independents sind die wichtigsten Lizenzgeber der deutschen unabhängigen Lizenzhändler, da die Produktionen der US-Majors längerfristig in der Regel über Output-Deals gebunden sind, und somit für jene Rechtehändler am Markt nicht mehr zur Verfügung stehen.

Die deutsche Film- und TV-Produzentenlandschaft ist in keiner Weise mit der US- amerikanischen zu vergleichen. Resultierend aus der restriktiven Filmpolitik der Westalliierten entwickelte sich eine stark fragmentierte deutsche Produktionslandschaft, welche durch klein- bis mittelständische Unternehmen geprägt ist. Verfügten in den fünfziger Jahren die Produktionsfirmen in Deutschland teilweise über eigene Studios, so wurden mit Beginn des öffentlich-rechtlichen Rundfunks große Atelierbetriebe wie die der Bavaria und des Studio Hamburgs an die TV-Sender verkauft. Sie fungierten fortan als „hauseigene Zulieferer“ und das Modell der „klassischen Auftrags- produktion“ etablierte sich als ausgelagerte Dienstleistung für die öffentlich- rechtlichen Sender.214

Nationale Produzenten sind häufig sowohl im Kinofilmbereich als auch in der TV- Produktion engagiert. Verlässliche Angaben hinsichtlich der exakten Anzahl der in

212 Siehe Splendid Medien AG, (1999), Verkaufsprospekt, S. 83 213 Vgl. Silberberger, U. (2001), S. 118 214 Vgl. Storm, S. (2000), S. 56 f. 66 Lizenzmarkt

Deutschland ansässigen Produktionsunternehmen existieren nicht, jedoch wird von ca. 150 „relevanten“ Unternehmen im einheimischen Markt gesprochen.215

Im Jahr 2000 verzeichnete der nationale Kinofilmsektor 75 erstaufgeführte Spiel- filme, von denen 28 in Gemeinschaftsproduktion mit den deutschen Fernseh- sendern produziert wurden. Dies entspricht einem Anteil von 37,3 Prozent am Gesamt-Output.216 Jährlich fließen rund 300 Millionen EURO in die Neuproduktion von Kinofilmen, wobei die TV-Anstalten einen wesentlichen Anteil an der Finanzierung der Spielfilme haben.217 Die Programmanbieter beteiligen sich oftmals mit bis zu 50 Prozent an den jeweiligen Produktionskosten und erhalten dafür die Fernsehauswertungsrechte für eine definierte Zeit.218 Gewöhnlich liegen die Ausstrahlungsrechte für sieben Jahre beim mitfinanzierenden Sender, vor allem dann, wenn in die Produktionsfinanzierung staatliche Fördergelder mit eingeflossen sind.

Hinsichtlich des Filmrechtehandels ist festzustellen, das ein Teil der nationalen Kinofilme seitens der Produzenten in Form von Lizenzen an Zwischenhändler bzw. direkt an Fernsehsender veräußert wird. Wohingegen bei dem anderen Teil die Sender die Fernsehauswertungsrechte bereits durch ihren Koproduktionsanteil am Film erwerben.

Die HMR-Studie beziffert den durchschnittlichen Gesamtumsatz im nationalen TV- Produktionssektor in den Geschäftsjahren 1999/2000 auf durchschnittlich 2,34 Milliarden Euro.219 Jedoch handelt es sich bei den Angaben der Umsatzzahlen häufig um Schätzungen, da die Branche an einer Offenlegung ihrer Zahlen kein wirkliches Interesse zeigt.

Wie bereits erwähnt ist insbesondere im Bereich der Fernsehproduzenten eine hochgradige Fragmentierung der Produktionslandschaft feststellbar, wobei die

215 Interview mit Herrn Dr. Carl-Friedrich Wachs, CEO, Producers´AG, am 21.01.2002 216 Siehe SPIO, Filmstatistisches Jahrbuch (2001), S. 20 217 Vgl. Bundesverband Deutscher Fernsehproduzenten, Jahrbuch 2001, S. 14 218 Vgl. Heinrich, J. (1999), S. 178 219 Siehe HMR International, (2001), S. 99

67 Lizenzmarkt

einzelnen Unternehmen ein hohes Maß an Unterkapitalisierung aufweisen. TV- Produzenten agieren in erster Linie als Auftragnehmer der Sender mit dem Resultat eines kompletten Rechte-Buy-outs. Weitere Vertragsvarianten sind das Fördermodell sowie die internationale Koproduktion.

Die nachfolgende Auflistung stellt lediglich eine Auswahl der größten deutschen TV-Produktionsunternehmen dar:220

UFA Gruppe, KirchMedia AG, Bavaria Film GmbH, Studio Hamburg GmbH, Endemol Entertainment Holding GmbH, AS Media GmbH, Otto Meissner KG, Spiegel TV GmbH, action concept, Producers´ AG

Bemerkenswert ist, dass von den oben aufgelisteten Unternehmen nur zwei als formal „unabhängige Produzenten“ gelten können (Otto Meissner KG, Producers´ AG), während die restlichen Produktionsunternehmen in die beiden großen Medienkonzerne Bertelsmann und KirchGruppe integriert sind, bzw. Tochterfirmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten darstellen.221

Insgesamt bietet der deutsche Medienmarkt geringe Chancen für die Refinanzierung einheimischer Filme. Eine Auslandsverwertung steckt immer noch im Anfangsstadium, da es an paneuropäischen Vertriebsstrukturen fehlt und der europäische Binnenmarkt allgemein vielfältige kulturelle Unterschiede aufweist und somit die Akzeptanz für deutsche Filme mit ihren traditionell eher nationalen Sujets gering ist.222 Dagegen ist die Situation in den USA eine ganz andere. Allein die Größe des amerikanischen Binnenmarktes erlaubt in vielen Fällen eine Refinanzierung der Filme bereits im amerikanischen Territorium.

4.4.1.3 Rechtehändler Eine dominierende Stellung auf dem deutschen Lizenzrechtemarkt hat die zur KirchGruppe gehörende KirchMedia inne. Der Handel mit Fiction-Rechten gehört

220 In Anlehnung an HMR International (2001), S. 102. Die Erstellung einer Rangliste erfolgte an anhand von geschätzten Umsätzen, die ausschließlich im Bereich der TV-Produktion erzielt wurden. 221 Vgl. HMR (2001), S. 8 222 Vgl. Röscheisen, T. (1997), S. 27 68 Lizenzmarkt

zum Kerngeschäft des Unternehmens, welches Marktführer im Vertrieb von Film- und Fernsehprogrammen im deutschsprachigen Raum ist und zu dessen Besitz eine der weltweit größten Rechtebibliotheken gehört. Das Unternehmen verfügt über langjährige Geschäftsbeziehungen zu den international bedeutendsten Produktionsunternehmen und Rechtehandelsgesellschaften. Wobei der Konzern Output-Deals mit nahezu allen US-Majors vorweisen kann. Unter der Dachgesellschaft der KirchMedia befinden sich die für den Filmrechtehandel im Hause Kirch wichtigen Unternehmen Taurus Lizenz GmbH, welche mit der Lizenz- verwaltung der Programmrechte der KirchMedia betraut ist und die Beta Film GmbH, die den internationalen Lizenzhandel des Unternehmens betreibt.223

Neben der zweifellos starken Marktstellung der KirchGruppe existieren dennoch einige relevante Konkurrenten auf dem inländischen Filmrechtemarkt. Der vermutlich zweitgrößte deutsche Filmhändler Herbert G. Kloiber ist mit dem Unternehmen Tele-München-Gruppe (TMG) nach der KirchMedia der wichtigste Player im nationalen Lizenzmarkt.224 Die Distribution des Unternehmens deckt die gesamte Verwertungskette ab.

Weiterhin ist ein gutes Dutzend unabhängiger Lizenzhändler in Form von Aktiengesellschaften am Neuen Markt, dem „Wachstumssegment“ der Deutschen Börse, gelistet. Hierzu zählen Unternehmen wie Senator Entertainment, Constantin Film, Internationalmedia, Helkon Media, Intertainment und Splendid Medien, um nur einige zu nennen. Diese Unternehmen verfügen aber im Gegensatz zu den Branchenführern über ein vergleichsweise geringeres Pro- grammvolumen.225

In jüngster Zeit sorgte das angeschlagene Unternehmen Kinowelt Medien AG für Schlagzeilen. Ehemals eins der größten börsennotierten Filmhandelsunternehmen im deutschen Markt, stellte Kinowelt im Dezember vergangenen Jahres einen Insolvenzantrag. Über den Fortbestand des Unternehmens, dessen prekäre Lage

223 Siehe Kirch Media Geschäftsbericht 2000, S. 16 ff. 224 Siehe Heinrich, J. (1999), S. 182 f. 225 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 242 f. 69 Lizenzmarkt

mit dem legendären „Warner-Paket“226 zusammenhängt, gibt es derzeit noch keine neuen Erkenntnisse.227

Mit den Einkaufsgesellschaften der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten operieren weitere bedeutende Akteure auf dem deutschen Rechtemarkt. Hierzu zählen die DEGETO Film GmbH, die zentrale Einrichtung der ARD für den Einkauf von Spielfilmen und Serien, die ZDF-Enterprises, eine Tochtergesellschaft des ZDF deren Zuständigkeit im Programmeinkauf, Vertrieb und Koproduktionen liegt, sowie die TELEPOOL, deren Gesellschafter der Bayerische, der Mitteldeutsche und der Südwestrundfunk sowie die Swiss Television sind.

Ein weiterer bedeutender Player auf dem Markt ist die von Luxemburg aus agierende CLT-UFA INTERNATIONAL. Hier handelt es sich um ein der RTL Group zugehöriges Unternehmen, welches im Bereich des Fiction-Rechtehandel tätig ist.

Das Gros der deutschen Independent-Filmverleiher ist gewöhnlich auch im Besitz der TV-Auswertungsrechte, folglich stellen diese Firmen eine zusätzliche Konkurrenz für die „klassischen“ Filmhändler dar. Ergänzend ist festzustellen, dass viele große Filmhändler auch an einem Filmverleih beteiligt sind.228 Darüber hinaus stehen die nationalen Lizenzhändler im Wettbewerb mit den Vertriebstöchtern der amerikanischen Major Companies.

Auf eine Angabe der Umsatzzahlen sowie des Filmvermögens wurde bei den vorstehend genannten Unternehmen bewusst verzichtet, da seitens der börsennotierten Aktiengesellschaften zwar eine Publizitätspflicht hinsichtlich ihrer Finanzzahlen besteht, jedoch werden diese anhand unterschiedlicher Rechnungs-

226 Kinowelt hatte im Jahr 1999 ein Free-TV-Rechtepaket des US-Majors Warner Brothers für über 560 Millionen Mark erworben. Die Mehrzahl der Filmrechte konnte im nationalen TV- Markt nicht veräußert werden. Weder die KirchGruppe noch der Bertelsmann-Konzern nahmen dem Lizenzhändler Ware ab, lediglich die Öffentlich-Rechtlichen kauften einige ausgewählte Filme. Angelehnt an Ott, K.: Aus der Kinowelt AG wird ein Kleinunternehmen, Süddeutsche Zeitung, vom 12.10.2001 227 Siehe Kinowelt Medien AG, Pressemitteilungen, http://www.kinowelt-medien- ag.de/investornews.html, vom 20.12.2001 228 Angelehnt an von Schorlemer, A. (1993), S. 543 70 Lizenzmarkt

legungen erstellt. Das Regelwerk der Deutschen Börse schreibt eine Bilanzierung entweder nach IAS (International Accounting Standards) oder nach US-GAAP (US-Generally Accepted Accounting Principles) vor. Die Wahl der jeweiligen Rechnungslegungsmethode hat ganz wesentliche Auswirkungen auf die ver- öffentlichten Zahlen, da beispielsweise unterschiedliche Abschreibungsfristen bzw. Umsatzrealisierungszeitpunkte bestehen. Die nicht an der Börse gelisteten Firmen sind nicht zu einer Offenlegung ihrer Bilanzen verpflichtet, sodass in aller Regel auch keine Zahlen über diese Unternehmen in der Öffentlichkeit vorliegen. Eine zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit wird auf entschiedene Weise erschwert und somit erscheint eine definitive Bewertung der genannten Gesellschaften anhand ihrer Umsatzzahlen und ihres Filmvermögens als nicht sinnvoll. Vielmehr sind die in dieser Branche entscheidenden Beziehungen des Managements zu relevanten Partnern auf Lieferanten- bzw. Abnehmerseite, sowie die internationale und strategische Ausrichtung des jeweiligen Unternehmens von großem Interesse.

Insgesamt ist festzustellen, dass es sich bei einer Vielzahl der Wettbewerber um diversifizierte Unternehmen handelt, die auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette tätig sind. Die KirchMedia, als Unternehmen der Kirch- Gruppe, ist Teil eines vertikal integrierten Medienkonzerns, unter dessen Dach sich auch die Senderfamilie ProSiebenSat1Media AG befindet.

Die detaillierten Beteiligungsverhältnisse der KirchGruppe, des Bertelsmann Konzerns und der Tele-München-Gruppe befinden sich im Anhang.

4.4.1.4 Kabelnetzbetreiber Im Jahr 2000 existierten in Deutschland 17.887.000 Kabelhaushalte.229 Dies entspricht einer Marktpenetration von 53 Prozent und zeigt die hohe Bedeutung die insbesondere diesem Distributionsweg zukommt auf. Umso weniger verwunderlich ist die starke Beachtung, die den bereits agierenden und künftigen Kabelnetzbetreibern im nationalen Markt entgegengebracht wird.

229 Siehe Television (2001), European Key Facts, S. 17 71 Lizenzmarkt

Sollten sich die Kabelnetzeigentümer künftig nicht nur als „klassische“ Netzbetreiber sondern auch als Programmanbieter erweisen, so könnten sie sich zu weiteren wichtigen Akteuren auf dem nationalen Lizenzrechtemarkt entwickeln. Damit bestünde die Chance das derzeitige Monopol beim Pay-TV und das Duopol bei der Kabelbelegung aufzubrechen.230 Produzenten wie Rechtehändler könnten ihren Content direkt an die Kabelnetzbetreiber veräußern, ihnen stünden somit weitere Abnehmer zur Verfügung, woraus positive Auswirkungen auf die Programmvielfalt resultieren könnten. Wie aus der nachstehenden Grafik hervorgeht, wurden die Kabelnetze der Telekom in den Bundesländern Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen bereits an das angloamerikanische Unternehmen Callahan Associates verkauft. Die Mehrheit des hessischen Kabelnetzes ging im Jahr 2000 in den Besitz der britischen Investorengruppe Klesch & Company über.

Für die restlichen Bundesländer existiert bereits eine Eckpunktevereinbarung zwischen der deutschen Telekom und der Liberty Media, einem Unternehmen des amerikanischen Medienmoguls John Malone, jedoch steht eine endgültige Entscheidung des Bundeskartellamtes bezüglich des Netzverkaufs noch aus.231

In Nordrhein-Westfalen findet eine Modernisierung der dortigen Kabelnetze durch Callahans deutsche Tochter Ish statt. Im Juli 2000 hatte die Gesellschaft 55 Prozent der in NRW ansässigen Kabel Deutschland GmbH mit ihren 4,2 Millionen angeschlossenen Haushalten übernommen. In Baden-Württemberg erfolgt eine Umrüstung des Kabels zu einem modernen Hochleistungsnetz durch die Kabel BK (Kabel Baden-Württemberg GmbH & Co. KG), ein weiteres Tochterunternehmen der Callahan Gruppe, das einen Zugang zu 2,2 Millionen Haushalten aufweisen kann.232

230 Kloiber, H. (TMG), zit. n. Clark, T.:in FTD, „Kleinere Programmanbieter sehen Liberty als Chance“, vom 04.12.2001 231 Vgl. Meier, L. (2001), FTD vom 05.09.2001 232 Siehe Ish, www.ish.de, abgerufen am 26.01.2002 72 Lizenzmarkt

Abbildung 2: Kabelnetzbetreiber in Deutschland

Der Unternehmer Richard Callahan verfügt über rund 5 Millionen angeschlossene und insgesamt 9 Millionen anschließbare Kabelhaushalte vornehmlich in Spanien, Portugal, Belgien, Frankreich und Deutschland und ist somit einer der größten Kabelnetzbetreiber Europas.233

Die Kabelnetzbetreiber Iesy (eKabel – Kabel Hessen GmbH & Co. KG) sind verantwortlich für den Ausbau des hessischen Netzes zu einem rückkanalfähigen Multimedia-Breitbandkabel. Derzeit erreichen sie rund 1,3 Millionen Haushalte. Im Jahr 2000 erwarb das internationale Investoren-Konsortium um den Unternehmer

233 Siehe ZDF Schriftenreihe 60 (2001), S. 15 73 Lizenzmarkt

Gary Klesch 65 Prozent des hessischen Kabelnetzes und verfügt seitdem über 1,8 Millionen anschließbare Haushalte. Die Gesellschaft beschreibt sich als Fullservice-Anbieter für interaktive Kommunikation über Breitbandkabel.234

Vorausgesetzt, das Bundeskartellamt trifft hinsichtlich des Kabelnetzkaufes der Liberty Media eine positive Entscheidung, so würde John Malone Herrscher über ca. 10 Millionen deutsche Kabelhaushalte werden und hätte damit zweifelsohne eine marktbeherrschende Stellung auf dem nationalen Kabelmarkt. Mit einem Mitte letzten Jahres unterzeichneten Vertrag erwarb das Unternehmen von der Deutschen Telekom sechs regionale Fernsehkabelgesellschaften in insgesamt 13 Bundesländern. Liberty Media hat jedoch nur zu 3,5 Millionen deutschen Kabelhaushalten einen direkten Zugang. Die sogenannte „letzte Meile“ liegt zu großen Teilen in den Händen mittelständischer Netzebene-4-Betreiber wie der Mainzer Primacom.235 Einen Vertrag über einen großen Anteil der Deutsche Bank Tochter Telecolumbus, ein weiteres auf der Netzebene 4236 tätiges Unternehmen, hat Malone bereits abgeschlossen, allerdings vorbehaltlich der Zustimmung durch das Bundeskartellamt.237 Liberty Media hat bereits erhebliches Interesse an weiteren lokalen Kabelnetzen gezeigt, so dass von einer Fortsetzung des Konsolidierungstrends auszugehen ist.

Bei dem Unternehmen Liberty Media handelt es sich um ein börsennotiertes Unternehmen, welches über vielfältige Beteiligungen verfügt (News Corporation, AOL Time Warner, Teleshopper QVC etc.) und in den verschiedensten Geschäfts- feldern aktiv ist. Dazu gehören beispielsweise der Betrieb von Kabel- und Satellitennetzen, Internetzugängen, Telefonie einschließlich Internet-Telefonie, TV-Programminhalte und Pay-TV. Insgesamt verfolgt Liberty Media eine Expansionsstrategie in horizontaler wie vertikaler Richtung.

234 Siehe iesy, www.iesy.de/7_2_investoren.php, abgerufen am 27.01.2002 235 Vgl. O.V. (2001), Malone will sich vor Ort informieren, in BLICKPUNKT: Film, S. 42, vom 10.09.2001 236 Unter der Netzebene 4 werden die lokalen Verteilnetze privater Kabelnetzbetreiber verstanden, sowie das Hausverteilnetz bis zur Anschlussdose. 237 Vgl. Gribnitz, R. (2001), Liberty kauft weitere Anteile am TV-Kabel, in: FTD vom 14.11.2001 74 Lizenzmarkt

4.4.2 Geschäftsmodell der Lizenzhändler Da in der vorliegenden Arbeit der Fokus auf dem TV-Rechtehandel liegt, wird hier das Geschäftsmodell der Rechtehändler in erster Linie hinsichtlich der Fernseh- auswertung betrachtet.

Im Wesentlichen besteht das Geschäft der Lizenzhändler darin, Rechte zu akquirieren, sie zu bündeln und mit attraktiven Gewinnen zu verkaufen bzw. auszuwerten.

Die eigentliche Filmauswahl erfolgt zum einen auf den einschlägigen Filmmessen sowie über permanenten Kontakt mit Lieferanten und Abnehmern und zum anderen durch ein kontinuierliches Sichten von Drehbüchern und Programmen.

Zu den wichtigsten Märkten zählen die folgenden Filmfestivals und Fernsehmessen: Berlinale, Filmfestival Cannes, Biennale in Venedig, Sundance, Toronto International Film Festival, NATPE (wichtigster Markt für Syndication-Programme), American Film Market (AFM), MIP-TV in Cannes (bedeutendster internationaler Markt für TV-Rechte), MIPCOM Cannes, MIFED Mailand, MIP-Asia in Hongkong, Rose d´Or in Montreux (Festival der Fernsehunterhaltung) und L.A. Screenings.238

Die Zahl der weltweit im Lizenzhandel agierenden Unternehmen, sowie die für den Lizenzmarkt relevanten Abnehmer und Lieferanten ist relativ überschaubar. Eine Ausnahme stellt jedoch der amerikanische Fernsehsektor, mit einer Vielzahl an lokalen Sendern, den sogenannten Affiliates, dar. Durch die Dominanz der amerikanischen Filmindustrie auf dem Weltmarkt wird in erster Linie amerikanische Lizenzware erworben.

Für die Rechtehändler existieren diverse Möglichkeiten in den Besitz von Lizenzrechten zu gelangen:

238 Siehe Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 245 75 Lizenzmarkt

1. Einkauf von Fremdtiteln Der Einkauf von Fremdproduktionen kann entweder vor dem eigentlichen Drehbeginn in Form von Vorabverkäufen (Pre-Sales) beispielsweise auf Basis eines Drehbuchs und Regisseurs sowie einer Besetzungsliste erfolgen, oder durch die bereits ausführlich beschriebenen Output-Deals, die den Lizenznehmer über einen mehrjährigen Zeitraum zur Abnahme sämtlicher Produktionen des jeweiligen Produktionsunternehmens verpflichten. Eine weitere Option stellt der Erwerb von „Pick-ups“ aus dem „Back Catalogue“ dar. Hier handelt es sich um bereits produzierte Filme aus den Filmarchiven der Lizenzgeber, die üblicherweise in Form von Rechtepaketen eingekauft werden. Grundsätzlich werden zeitlich limitierte Lizenzen für ein definiertes geografisches Territorium erworben.

2. Koproduktionen: Nationale und internationale Koproduktionen sind ein weiteres Mittel zur Beschaffung attraktiver Rechte. Gewöhnlich bedeutet dies nicht nur eine Beteiligung an den Produzentenerlösen, sondern auch an denen des Welt- vertriebs.

3. Eigenproduktionen: Die Eigenproduktionen stellen die kostenintensivste und mit hohen Risiken versehene Variante des Rechteerwerbs dar.

Im Gegensatz zu den abgeleiteten Rechten (Lizenzen) werden durch Eigen- und Koproduktionen originäre Rechte geschaffen, welche dem Unternehmen zeitlich unbegrenzt („in perpetuity“) und für sämtliche Nutzungsarten zur Verfügung stehen.239 Sie sind somit recht lukrativ, da langfristig über alle Wert- schöpfungsstufen hinweg eine Auswertung des Produktes erfolgen kann. Durch Eigenproduktionen wird das Unternehmen in die Lage versetzt, einen Bestand an Filmrechten aufzubauen, über den es als alleiniger Rechteinhaber verfügen kann.

239 Angelehnt an Wirtz, B. (2000), S. 48

76 Lizenzmarkt

In der Praxis betreibt die Mehrzahl der Filmhändler eine Mischung aus Fremdtitelakquisition sowie Eigen- und Koproduktionen. Im Prinzip handelt es sich hier um klassisches Portfoliomanagement, bei dem eine Risikostreuung durch „Multi Channel-Sourcing“ vorgenommen wird.

Eine Bewertung erfolgt zumeist durch einen Vergleich der angebotenen Lizenzware mit früheren Einkäufen von Filmpaketen ähnlicher Formate und Quantitäten. So werden in der Regel bereits erzielte oder gezahlte Preise für ähnliche Filme bzw. Filmpakete mit dem jeweils vorliegenden Angebot verglichen. Eine Bewertung erfolgt hinsichtlich der Qualität und Zuschauerattraktivität der Filmlizenzen, sowie der Preise.240

Erwerben nationale Distributoren Filmrechte der Independent- Produktionsunternehmen, so erfolgt dies in aller Regel über sogenannte „International Sales Agents“, die die Produktionen der Independents gegen eine Verkaufskommission an entsprechende nationale Verwerter vermitteln.241 Es besteht die Möglichkeit, Lizenzen für alle Auswertungsstufen (All-Right-Deals) oder in Form von Teilrechten (Split-Right-Deals) zu erwerben. Ist eine Synchronisation der erworbenen Filme notwendig, so erfolgt dies zumeist auf Kosten der nationalen Distributoren. Nationale Lizenzhändler koordinieren die einzelnen Verwertungsstufen und vertreiben ihre eingekauften Lizenzen entweder direkt an die Fernsehsender oder sublizenzieren sie an nachgeordnete Vertriebs- unternehmen. Grundsätzlich bedeutet das Vorhalten eigener Vertriebskanäle eine hohe Fixkostenbelastung, so dass Lizenzhändler oftmals Split-Right-Deals an Sublizenznehmer vergeben.

Insgesamt entscheiden insbesondere die Kontakte der Lizenzhändler zu den Rechte-Lieferanten, sowie die Attraktivität ihrer Vertriebskanäle und natürlich die Finanzkraft darüber, welche Filmrechte sie erwerben können.

240 Vgl. von Schorlemer, A. (1993), S. 546 f. 241 Vgl. Goldman Sachs-Studie (2001), S. 52 77 Lizenzmarkt

Filmhändler können in der Regel besser als Produzenten mit geringem Output aus der Vielzahl ihrer Rechte Pakete bündeln, deren Zusammenstellung immer individuell vertraglich geregelt ist und sich an den Bedürfnissen der beiden Vertragsparteien orientiert. Diese Filmpakete enthalten üblicherweise eine Mischung aus hochwertigen Filmen und kommerziell weniger erfolgreichen Filmen, sowie ein bestimmtes Verhältnis von Primetime-Filmen zu Spättermin- filmen.242

Aus zahlreichen Interviews mit Experten wurde deutlich, dass Film- und Programmrechte derzeit gewöhnlich für einen Lizenzzeitraum von 15 bis 20 Jahren erworben werden243 und somit den Lizenzhändlern mehrere Verwertungs- zyklen ermöglichen. Im Gegensatz zur Videodistribution, welche häufig in Form einer Minimumgarantie plus Partizipation erfolgt, existieren bei der Fernseh- auswertung fest definierte Preise zwischen den Rechtehändlern und den Fernsehveranstaltern.

Für eine Veräußerung der Filmlizenzen an die Fernsehsender ist besonders der persönliche und kontinuierliche Kontakt zu den verantwortlichen Redakteuren der jeweiligen Sender von hoher Bedeutung. Insgesamt wird deutlich, das es sich bei dem Lizenzrechtehandel um ein absolutes „People Business“ handelt.

Als zentrale Erfolgsfaktoren im Geschäft des TV-Rechtehandels kristallisieren sich folgende Punkte heraus:

• Einschätzung des Publikumgeschmacks • Kenntnisse über die Bedürfnisse der Sender • Einkauf der Lizenzen zu angemessenen Preisen • Auswahl der geeigneten Filmtitel und Zusammenstellung der Pakete • Multi-Channel-Sourcing

242 Angelehnt an von Schorlemer, A. (1993), S. 540 243 Interviews mit KirchMedia, Splendid Medien, Odeon Film etc.

78 Lizenzmarkt

• Gute persönliche Kontakte zur Produzentenseite (insbesondere den US- Majors und den wichtigsten Independents) und zu den Fernsehveranstaltern

Die Branche der Lizenzhändler verzeichnet eine hohe Diversifikation hinsichtlich ihrer Aktivitäten in den unterschiedlichen Geschäftsfeldern. Das Kerngeschäft des Lizenzhandels wird oftmals kombiniert mit Geschäftstätigkeiten in den Bereichen Produktion, Programmveranstaltung und Exhibition. Weiterhin sind die Unternehmen in den verschiedenen Verwertungsstufen der Filmwertschöpfungs- kette aktiv. Durch ein geschicktes Portfoliomanagement hinsichtlich des Lizenz- erwerbs wird ein Abhängigkeitsverhältnis zu einzelnen Lizenzgebern minimiert und folglich eine Risikostreuung betrieben.

Insgesamt handelt es sich bei dem Lizenzhandel um ein hochgradig volatiles Geschäft, welches ständig veränderten Marktbedingungen unterliegt. Durch Verzögerungen bei der Filmproduktion kann es somit auch zu Umsatz- und Ertragsverschiebungen kommen.

4.4.3 Aktuelle Situation auf dem Lizenzmarkt Insbesondere in den letzten Jahren hat sich der Handel mit Filmrechten zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt. Die Financial Times Deutschland (FTD) spricht von Branchenschätzungen über 200 Mrd. Euro für den weltweiten Handel mit Film- und TV-Rechten im Jahr 2000.244

Wie bereits erwähnt gibt es keine wirklich verlässlichen Zahlen über den Lizenzrechtemarkt. Lediglich das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle in Eschborn erstellt jährliche Filmstatistiken über den Filmimport und -export. Berücksichtigt werden dabei Filme mit einer Mindestspieldauer von 45 Minuten, wobei die Statistik keine Filmtitel erfasst, die in Gemeinschaftsproduktion hergestellt wurden.

244 Vgl. Clark, T., Ein Hauch von Hollywood, in: FTD vom 05.04.2001

79 Lizenzmarkt

Tabelle 6: Filmstatistik 2000

Jahr Lizenzentgelte Lizenzerlöse für Lizenzerlöse für Lizenzerlöse für die Handelsdefizit für die die Filmausfuhr die Ausfuhr von Ausfuhr von Filmen [Euro] Filmeinfuhr insgesamt Filmen dt. nicht-dt. Ursprungs [Euro] [Euro] Ursprungs [Euro] [Euro]

1999 678.943.293 152.125.888 37.891.532 114.234.356 526.817.404

2000 796.415.983 135.488.847 75.421.141 60.067.706 660.927.135

Differenz +117.472.689 -16.637.041 +37.529.608 -54.166.649 +134.109.730 (2000-1999)

Quelle: Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, Filmstatistik 2000, S. 3

Aus der o.a. Tabelle geht im Jahr 2000 ein deutliches Handelsdefizit über Euro 660.927.136 beim Handel mit Filmlizenzen hervor. Jedoch verzeichneten die durch Ausfuhr erzielten Lizenzerlöse für Filme deutschen Ursprungs einen signifikanten Anstieg. Bemerkenswert ist weiterhin der hohe Anteil der TV-Auswertungsrechte am Gesamtvolumen der geleisteten Lizenzentgelte. Er betrug im Jahr 2000 Euro 523.388.977 für den alleinigen Erwerb der TV-Rechte, wohingegen die kombiniert mit Kino- und AV-Rechten erworbenen TV-Auswertungsrechte in dieser Summe unberücksichtigt blieben.245 Mit einem Anteil in Höhe von Euro 467.063.062 im Jahr 2000 ging der größte Teil der Lizenzentgelte an US-amerikanische Lizenzgeber. Dies verdeutlicht auf eindrucksvolle Weise die Dominanz der amerikanischen Filmindustrie.246 Branchenangaben zufolge machen die Major- Produkte rund 80 Prozent des Lizenzmarktes aus.

Ein Vergleich der Jahre 1998 und 1999 zeigt eine leicht rückläufige Zahl an Kaufprogrammen bei redaktionellen Erstsendungen in Relation zu Eigen-,

245 Siehe Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (2001), S. 5 246 ebd., S. 7 80 Lizenzmarkt

Auftrags- und Koproduktionen.247 Dies lässt sich vermutlich auf die Kostenexplosionen für amerikanische Lizenzware, sowie auf veränderte Zuschauerpräferenzen zurückführen. Aufgrund der Kürze des betrachteten Zeit- raumes lassen sich hieraus keine wirklich verlässlichen Prognosen für die nahe Zukunft ableiten. Allgemein ist aber ein Trend zu nationaler Fiction-Ware ins- besondere während der Primetime erkennbar. Einheimische Fiction-Programme werden zu großen Teilen in Form von Auftragsproduktionen erstellt. Eine Ausnahme bilden lediglich deutsche Kinofilme, die zum einen in Koproduktion mit den ausstrahlenden Sendern erstellt oder zum anderen von den Fernsehanstalten als Lizenzware erworben werden. Insgesamt kann eine leicht abnehmende Bedeutung der Lizenzprogramme für die Erstverwertungskanäle festgestellt werden. Allerdings dürften Kaufprogramme weiterhin eine starke Bedeutung im Pay-TV-Bereich haben.248

Derzeit stellt sich der TV-Lizenzmarkt in Deutschland nicht als ein ausgesprochenes Wachstumssegment dar. Nach Angaben der KirchMedia „stagniert der Markt vielmehr auf hohem Niveau.“249

Der inländische Lizenzmarkt zeichnet sich durch einen intensiven Wettbewerb um Filmrechte für das deutschsprachige Territorium aus. Seitdem ein gutes Dutzend deutscher Filmunternehmen in den Jahren 1999 und 2000 den Gang an die Deutsche Börse wagten und dort mit beträchtlichem Kapital versehen wurden, existiert eine verschärfte Konkurrenzsituation auf dem nationalen Filmrechtemarkt. Ausgestattet mit frischem Kapital gingen die Medienunternehmen in Hollywood auf Einkaufstour und sicherten sich die deutschen Rechte an der begehrten Ware. Infolgedessen stiegen die Preise für Filmrechte erheblich an. In den Jahrzehnten zuvor war das Filmrechtegeschäft in Deutschland durch ein geringes Maß an Wettbewerb gekennzeichnet, in dem lediglich einige wenige etablierte Händler den Markt unter sich aufteilten.

247 Siehe Tabelle auf S. 36, Quelle ALM-Programmbericht 2000 248 Angelehnt an KEK (2000), S. 149 ff. 249 Interview mit Herrn Philipp Riccabona, Abteilungsleiter Bereich Spielfilm, KirchMedia, am 14.01.2002 81 Lizenzmarkt

Zurzeit herrscht allerdings ein reger Verdrängungswettbewerb, der bereits ein erstes prominentes Opfer (Insolvenz von Kinowelt Medien) gekostet hat. In einer sich durch zunehmende Konsolidierungstendenzen auszeichnenden Branche sind weitere Ausfälle durchaus denkbar. Mit Entstehen der großen Senderfamilien und ihren gebündelten Einkaufs- aktivitäten hat sich der Markt des TV-Lizenzrechtehandels vom Verkäufer- zum Käufermarkt gewandelt. Private wie öffentlich-rechtliche Programmveranstalter verfügen größtenteils über eigene langjährige Output-Deals mit den großen US- Studios und kaufen nur gelegentlich Lizenzpakete bei unabhängigen Rechtehändlern ein. Der Markt ist somit durch große Absatzschwierigkeiten seitens der unabhängigen Lizenzhändler geprägt.250 Nach Aussage eines Filmrechtehändlers, der nicht genannt werden möchte, sitzen derzeit viele Neue Markt-Lizenzhändler auf ihrer teuer erstandenen Ware, weil sie keine Rechte- pakete an die Privatsender veräußern können. Nutznießer der gegenwärtigen Situation sind die Öffentlich-Rechtlichen. Sie kaufen günstige Lizenzware bei den teils in Liquiditätsschwierigkeiten geratenen Rechtehändlern.

Als erstes Anzeichen einer sich eventuell andeutenden Kehrtwende wurde der Paketverkauf der Splendid Medien gewertet. Das Unternehmen hatte im August vergangenen Jahres ein größeres Rechtepaket an die KirchGruppe veräußert. Dem Deal wurde eine hohe Branchenrelevanz zugesprochen, da es im Jahr 2001 den ersten Rechteverkauf eines unabhängigen Lizenzhändlers an die KirchGruppe darstellte.251

Allgemein orientieren sich die Lizenzpreise für amerikanische Spielfilme am Produktionsbudget des hergestellten Filmes. So beziffert das Unternehmen KirchMedia die Kosten für amerikanische Spielfilme bei einem All-Right-Deal auf derzeit 7 - 9 Prozent des jeweiligen Budgets für das deutschsprachige Territorium. Wohingegen die Kosten für Serien und TV-Movies deutlich unter denen der

250 Vgl. Goldman Sachs, Global Equity Research, 2001, Results turn up the heat, S. 12 251 Vgl. Clark, T. (2001), „Splendid verkauft großes Filmpaket an KirchGruppe, in: FTD vom 31.08.2001 82 Lizenzmarkt

Kinofilme liegen, da sie programmlich bei den Konsumenten zur Zeit weniger gefragt sind als nationale Fernsehfilme.252 Für amerikanische Fiction-Serien oder TV-Movies, deren Ausstrahlungen im Hauptprogramm erfolgen, werden durchschnittliche Sendeminutenpreise in Höhe von Euro 1.000 bis 1.500 genannt.253 Dagegen beziffert Splendid Medien, ein weiterer am Neuen Markt gelisteter unabhängiger Lizenzhändler, die Kosten für eine Auswertung amerikanischer Kinofilme im deutschsprachigen Raum auf rund 10 bis 15 Prozent des Produktionsbudgets.254 Zwischenzeitlich wurden in den Boomjahren 1999 und 2000 allerdings deutlich höhere Summen für amerikanische Erfolgsware gezahlt. Für den Erwerb der deutschen Rechte mussten bis zu 25 Prozent der jeweiligen Herstellungskosten bezahlt werden.255

Ganz anders sieht die Situation jedoch auf dem nationalen Markt aus. Die von den Sendern bzw. Rechtehändlern gezahlten Lizenzsummen für einheimische Top- Filme bewegen sich im niedrigen einstelligen Millionenbereich, bei rund einer halben bis einer Millionen Euro pro lizenziertem Kinofilm.256 Hingegen wird für die Erstausstrahlung amerikanischer Topware nicht selten bis zu drei Millionen Euro bezahlt, wobei absolute Highlights wie Titanic oder Jurassic Parc diese Summen vermutlich bei weitem überschreiten.257

Jedoch muß darauf hingewiesen werden, dass die Aushandlung der Lizenzpreise und die damit verbundenen Konditionen grundsätzlich eine sehr individuelle vertragliche Angelegenheit darstellen. So ist davon auszugehen, dass der einzelne Film und seine Attraktivität für den deutschen Markt, sowie das aufgebotene „Starvalue“ einen hohen Einfluss auf die Ausgestaltung des jeweiligen Lizenzvertrages hat. Infolgedessen können die genannten Werte lediglich der groben Orientierung dienen.

252 Interview mit Herrn Philipp Riccabona, KirchMedia, am 14.01.2002 253 Angaben von Herrn Balthasar v. Weymarn, Vorstandsassistent Odeon Film, Interview am 17.01.2002 254 Interview mit Frau Opgenoorth, Investor Relations, Splendid Medien, am 17.01.2002 255 Vgl. Goldman Sachs, Neuer Markt media - the party is over, vom 21.02.2001, S. 9 256 Interview mit Herrn Philipp Riccabona, KirchMedia, am 14.01.2002 257 Interview mit Herrn Balthasar v. Weymarn, Odeon Film, am 17.01.2002 83 Lizenzmarkt

Insgesamt scheinen sich die Kosten für amerikanische Lizenzware wieder auf „gemäßigtem“ Niveau zu bewegen. Die inflationären Preise, die in der Hochphase für deutschsprachige Rechte gezahlt wurden, sind momentan auf dem Markt nicht mehr erzielbar. Dieser Trend deutete sich bereits im letzen Jahr auf den einschlägigen Filmmessen an.258

Bedingt durch die Preissteigerungen beim Einkauf der Hollywood-Ware war das Geschäft in den vergangenen Jahren durch sinkende Gewinnmargen gekennzeichnet. Die Aussagen über die derzeit am Lizenzmarkt zu erzielenden Renditen variierieren beträchtlich. So strebt der Rechtehändler Splendid Medien im internationalen Handel eine Mindestrendite von 10 Prozent an, dagegen lägen im nationalen Bereich die Renditen in der Regel darunter.259 Weitere Aussagen von Experten gehen von „völlig individuell“260 über vier Prozent Gewinnmarge für amerikanische Serien und TV-Movies261 bis hin zu dem vierfachen des gezahlten Einkaufspreises (vor Eintreten der Preisexplosionen). Allgemein werden die beim Absatz an die Öffentlich-Rechtlichen erzielten Gewinnmargen als niedriger eingestuft als die bei den Privatsendern zu erzielenden Renditen. Auch dies könnte ein weiteres Indiz dafür sein, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von der derzeitigen schwierigen Situation auf dem inländischen Lizenzmarkt profitieren.

Insgesamt verzeichnen die Rechtehändler in der letzten Zeit wieder gestiegene Margen für ihre veräußerte Ware, so dass scheinbar auch in diesem Bereich ein Schritt zurück zur Normalität stattgefunden hat.

4.4.3.1 Einflussfaktoren auf den TV-Lizenzmarkt Gegenwärtig befindet sich die Medienbranche in einem kontinuierlichen Wandel, welcher vor allem durch Deregulierung, zunehmende globale Unternehmens- aktivitäten und verstärkte Fusions- und Allianzbestrebungen geprägt ist.262

258 Vgl. Jetschin, B. (2001), in FTD, vom 21.05.2001 259 Interview mit Frau Opgenoorth, Splendid Medien, am 17.01.2002 260 Interview mit Herrn Philipp Riccabona, KirchMedia, am 14.01.2002 261 Telefoninterview mit Herrn v. Weymarn, Vorstandsassistent Odeon Film, am 17.01.2002 262 Vgl. Wirtz, B. (2000), S. 37 f. 84 Lizenzmarkt

Im Folgenden werden die wichtigsten aus der Makro-Umwelt auf den TV- Rechtemarkt wirkenden Einflüsse aufgezeigt. Als wesentliche Einflussfaktoren werden das technologische, gesellschaftliche und ökonomische sowie das politisch-regulative Umfeld erachtet. Diese Faktoren stellen die Rahmen- bedingungen für die im Bereich des Fernsehrechtehandels agierenden Markt- teilnehmer dar.263

Technologisches Umfeld: Insbesondere das technologische Umfeld hat in den letzten Jahren für weitreichende Veränderungen im Mediensektor gesorgt. So hat die Digitalisierung neben der Konvergenz der Medien auch höhere Übertragungkapazitäten und - geschwindigkeiten hervorgebracht. Als Folge entstanden neue bzw. veränderte Vertriebswege, die sich insgesamt in einer deutlichen Zunahme von Kanälen sowie weiteren fernsehähnlichen Dienstleistungsangeboten wie Near-video-on- demand und Video-on-demand264, Pay-per-view-Angeboten und Internet-TV äußerten.

Mit dem Ausbau des Breitbandkabelnetzes durch die neuen Kabelnetzbetreiber und dem damit verbundenen Entstehen neuer Spartenkanäle (z.B. Spielfilm- kanäle), könnten sich in der nahen Zukunft weitere Absatzmöglichkeiten für den TV-Rechtehandel ergeben.

Gesellschaftliches Umfeld: Derzeit ist in der Gesellschaft ein Wertewandel, welcher sich in dem Trend zur zunehmenden Individualisierung und Personalisierung manifestiert, festzustellen. Dieser Trend könnte das Interesse an Auswertungsformen wie Near-video-on- demand, Video-on-demand und Pay-per-view sowie an Spartenprogrammen allgemein begünstigen.

263 Angelehnt an Wirtz, B. (2000), S. 52 ff. 264 Bei Near-video-on-demand laufen Spielfilme zeitversetzt auf mehreren Kanälen, dagegen bestellt der Zuschauer bei Video-on-demand interaktiv den jeweiligen Film zu einer von ihm gewünschten Zeit. Vgl. Heinrich, J. (1999). S. 71 85 Lizenzmarkt

Abbildung 3: Einflussfaktoren auf den TV-Lizenzmarkt

technologisches Umfeld - Digitalisierung - neue Kabelnetzbetreiber gesellschaftliches Umfeld - Änderung der Zuschauerpräferenzen - Wertewandel - alternative Freizeitangebote

TV-Lizenzmarkt ökonomisches Umfeld - Werbemarkt - Wechselkursschwankungen

regulatives / politisches Umfeld - Deregulierung - Subventionen (Filmfördermittel) - Konzentrationskontrolle des Mediensektors

Insgesamt ist eine Änderung der Zuschauerpräferenzen erkennbar, die sich in einer verstärkten Nachfrage nach nationalen Produktionen (Spielfilme, TV-Movies, Serien) äußert. Hieraus könnten sich negative Auswirkungen auf den TV- Lizenzhandel ergeben, der ganz wesentlich von amerikanischen Produktionen lebt. Generell konkurriert der TV-Konsum mit einer Vielzahl alternativer Freizeit- gestaltungsmöglichkeiten.

Ökonomisches Umfeld: In aller Regel haben gesamtwirtschaftliche Entwicklungen deutliche Aus- wirkungen auf den Mediensektor. Aufgrund der derzeitigen Rezession, stehen der werbetreibenden Industrie geringere Mittel zur Schaltung von TV-Spots zur Ver- fügung, was wiederum sinkende Werbeeinnahmen seitens der Fernseh- veranstalter zur Folge hat. Resultierend aus den stagnierenden bzw. rückläufigen Werbeeinnahmen verfügen die Sender über niedrigere Beschaffungsbudgets. Dies könnte sich negativ auf den Lizenzhandel auswirken, da die Rundfunk-

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anstalten den Anteil an Wiederholungen am Gesamtprogramm vermutlich spürbar erhöhen und kostengünstige Formate ausstrahlen werden. Von dem Werbe- rückgang sind die öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter zwar weniger stark betroffen, jedoch scheint auch bei den Fernsehgebühren die Grenze nahezu erreicht. Zusätzlich können Veränderungen in den Wechselkursen weitreichende, positive wie negative, Konsequenzen auf die Rechtehändler haben. Ein Großteil des Lizenzerwerbs wird gewöhnlich in US-Dollar getätigt, wobei der Rechteverkauf im nationalen Markt in Euro erfolgt, sodass sich aus den Kursschwankungen durch- aus Chancen aber auch hohe Risiken ergeben können. Ein hoher Dollarkurs wirkt sich oftmals negativ auf die Einkaufspolitik der Rechtehändler aus.

Regulatives und medienpolitisches Umfeld: Veränderungen im regulativen und medienpolitischen Umfeld haben bereits in der Vergangenheit zu einer völlig neuen Wettbewerbslandschaft im TV-Sektor geführt. So hat beispielsweise die Mitte der achtziger Jahre stattgefundene Deregulierung das duale Rundfunksystem mit einer Vielzahl neuer Wettbewerber erst ermöglicht, und somit neue Abnehmer für den TV-Rechtehandel geschaffen. Subventionen in Form von Filmförderung sind ein ganz wesentlicher Bestandteil der deutschen Produktionslandschaft. Eine Reduzierung der Filmfördermittel hätte massiv negative Auswirkungen auf die Anzahl der produzierten Filme. Eine forcierte Konzentrationskontrolle im Bereich der Fernsehveranstalter, ausgestattet mit entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten, könnte die derzeitige Machtposition der Sender reduzieren und zukünftig verbesserte Absatzmöglich- keiten für Filmrechtehändler schaffen. Änderungen der Mediengesetze können die Nachfrage nach Filmrechten erheblich beeinflussen. Beispielsweise stehen bei einer Reduzierung der täglichen Werbe- zeiten dem Lizenznehmer geringere finanzielle Ressourcen für den Erwerb von Filmtiteln zur Verfügung.

4.4.3.2 Branchenanalyse nach Porter Porter geht von der These aus, „dass die Strukturmerkmale einer Branche die Intensität und die Dynamik des Wettbewerbs bestimmen.“ Von der jeweiligen

87 Lizenzmarkt

Intensität und Dynamik ist wiederum die Rentabilität und damit die Marktattraktivität abhängig. Nach Porter prägen fünf zentrale Wettbewerbskräfte die Struktur eines Marktes auf entscheidende Weise. Dies sind zum einen die Verhandlungsstärke der Lieferanten und Abnehmer und die Bedrohung durch neue Anbieter und Ersatzprodukte und zum anderen die Rivalität der Wettbewerber innerhalb einer Branche.265

Nachfolgend werden die spezifischen Wettbewerbsverhältnisse der nationalen TV-Lizenzrechtehändler anhand der fünf Strukturdeterminanten nach Porter untersucht.

Wettbewerber in der Branche: Die Branche der TV-Rechtehändler ist durch ein hohes Maß an Heterogenität geprägt. Auf dem Lizenzmarkt agieren wenige große und mehrere mittelständische Anbieter, die sich einerseits hinsichtlich ihrer finanziellen Ressourcen teilweise erheblich unterscheiden und andererseits Unterschiede in ihren Geschäftsmodellen aufweisen. Einige Rechtehändler sind lediglich national tätig, wohingegen andere auch im internationalen Markt aktiv sind. Einzelne Gesellschaften sind stark diversifiziert und haben ihre Geschäftstätigkeit in weitere Märkte ausgedehnt. Hinsichtlich der Gesellschafterverhältnisse existieren die verschiedensten Varianten beginnend von den klassischen Eigentümerunternehmen wie der KirchGruppe, die sich von einem Filmhändler zu einem integrierten Medien- konzern entwickelt hat, kommerziell agierenden Unternehmen wie die dem Bertelsmann-Konzern zuzurechnende RTL Group, Tochtergesellschaften der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bis hin zu den unabhängigen börsen- notierten Aktiengesellschaften.266

265 Porter (1999), Wettbewerbsstrategie, S. 24 ff., zit. n. Bea, F. / Haas, J. (2001), S. 95 ff. 266 Angelehnt an Heinrich, J. (1999), S. 307 f. 88 Lizenzmarkt

Abbildung 4: Wettbewerbsanalyse nach Porter

Potenzielle neue Konkurrenten niedrig

- hohe Eintrittsbarrieren, bedingt durch hohe Kosten für Lizenzeinkäufe Abnehmer hoch - Filmrechtehandel ist - relativ starke „People-Business“ Abnehmermacht durch Konzentrations- - schlechtes Börsenumfeld prozess im TV-Sektor

Wettbewerber in der Branche Bedrohung durch Bedrohung neue Konkurrenten Verhandlungsmacht Abnehmer der Rivalität unter den bestehenden hoch Unternehmen

- wenige große und mehrere mittlere Anbieter, teilweise börsennotiert

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k r - heterogen ä

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t g - Fortsetzung des

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Bedrohung durch durch Bedrohung Ersatzprodukte

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Angebotsmacht Ersatzprodukte der Zulieferer mittel - Substitution durch Eigen-, US Majors: Ko- und Auftragsproduktion hoch der Sender

- relativ geringer Output - Veränderung im Rezipienten- an attraktiver Lizenzware nutzungsverhalten (z.B. Trend zu non- nationale mittel fiktionalen Formaten) Produzenten: - hohe Anzahl konkurrierender Freizeitangebote (z.B. Trendsportarten)

- Konkurrenz durch alternative Medien (z.B. Internet)

Speziell in den Jahren 1999 und 2000 herrschte ein forcierter Wettbewerbsdruck im TV-Lizenzmarkt, welcher zu explodierenden Filmrechtepreisen führte und negative Auswirkungen auf die Gewinnmargen der Rechtehändler hatte.

89 Lizenzmarkt

Derzeit ist der Markt durch eine hohe Rivalität der einzelnen Wettbewerber zueinander gekennzeichnet. Insgesamt ist ein massiver Verdrängungswettbewerb um Marktanteile erkennbar, der bei geringem bzw. stagnierendem Branchen- wachstum zur Fortsetzung des bereits eingeleiteten Konsolidierungstrends führt.

Potenzielle Konkurrenten: Der Erwerb von Filmrechten ist in aller Regel mit einem hohen Kapitalbedarf verbunden. In den vergangenen Jahren drängten deshalb diverse Filmunter- nehmen an die Deutsche Börse um dort ihren gestiegenen Finanzbedarf zu decken. Für eventuelle neue Marktakteure im Rechtehandel müssen die Chancen der Kapitalbeschaffung über die Börse aufgrund des aktuellen schwierigen Börsenumfeldes, von dem insbesondere die gelisteten Medienaktien betroffen sind, als gering eingeschätzt werden.

Weiterhin beruht der Erfolg im Filmrechtehandel zu großen Teilen auf den guten persönlichen Beziehungen zu allen relevanten Abnehmern und Zulieferern. Hier wird einmal mehr deutlich, das es sich bei dem Handel mit Filmrechten um ein absolutes „People Business“ handelt, bei dem die guten Kontakte in hohem Maße über den Erfolg eines Unternehmens entscheiden. Neuen Konkurrenten dürfte die Etablierung im TV-Lizenzrechtemarkt mangels fehlendem Know-how und wichtiger Kontakte, speziell im US-amerikanischen Filmsektor, schwer fallen.

Daraus folgt, dass hohe Eintrittsbarrieren für potenzielle Konkurrenten im Fernseh- rechtehandel bestehen und somit die Bedrohung durch neue Konkurrenten als eher gering eingeschätzt wird.

Abnehmer: Die Verhandlungsmacht der Abnehmer wird gewöhnlich dann als hoch eingestuft, wenn der Abnehmermarkt eine hohe Konzentration aufweist. Eine starke Abnehmermacht reduziert die Rentabilität eines Marktes und die damit verbundene Marktattraktivität.267

267 Vgl. Bea, F. / Haas, J. (2001), S. 98 90 Lizenzmarkt

Die vorherrschenden oligopolistischen Strukturen, die ihren vorläufigen Höhepunkt in der Bildung der beiden privaten Senderfamilien gefunden haben, weisen auf einen starken Konzentrationsprozess im nationalen Fernsehsekor hin. Folglich ist die Verhandlungsstärke der Fernsehveranstalter als relativ hoch einzuschätzen, so dass davon auszugehen ist, das sie in hohem Maße die Vertragskonditionen diktieren. Dennoch sind die TV-Sender auf größtenteils amerikanische Lizenzware, insbesondere im Premium-Bereich angewiesen, da diese Produkte die pro- grammliche Attraktivität eines Senders entscheidend prägen. Jedoch haben die großen Fernsehanstalten mit den US-Majors direkt mehrjährige Output-Deals abgeschlossen, weshalb sie nur gelegentlich Pakete bei den unabhängigen Rechtehändlern kaufen. Aufgrund des konzentrierten deutschen TV-Sektors besteht eine relativ große Abhängigkeit seitens der unabhängigen Rechtehändler von einzelnen Groß- kunden.

Zulieferer: Das Verhältnis der Rechtehändler zu den amerikanischen Produktions- unternehmen (Majors und Independents) ist durch eine hohe Verhandlungsstärke seitens der US-Studios geprägt. Bedingt durch explosionsartig gestiegene Produktions- und Schauspielerkosten liegt der jährliche Output der ameri- kanischen Filmindustrie seit Jahren bei rund 500 produzierten Spielfilmen268. Dieser verhältnismäßig kleinen Anzahl an Filmen stehen eine Vielzahl von Rechtehändlern und Free-TV-Sendern und mit Premiere World ein Pay-TV- Sender gegenüber, wobei zu beachten ist, dass sich nicht alle Filme für eine Auswertung im deutschen Fernsehen eignen. Allgemein ist bei den Rechtehändlern eine Abhängigkeit von einigen wenigen Lizenzgebern festzustellen. Lediglich die großen etablierten und finanzstarken Filmrechtehändler sind in der Lage, und verfügen auch über die entsprechenden Kontakte, mit den Major-Studios einen Output-Deal abzuschließen und sich so über mehrere Jahre hinweg den Zugang zu der begehrten Lizenzware zu sichern.

268 Siehe SPIO, Statistisches Jahrbuch (2001), S. 200

91 Lizenzmarkt

Jedoch besteht bei Output-Deals neben der hohen finanziellen Belastung auch eine starke Abhängigkeit von der Qualität der künftig produzierten Filme, deren Erfolg nicht prognostiziert werden kann. Die deutsche Film- und TV-Produktionslandschaft ist dagegen stark zersplittert und klein- bis mittelständisch geprägt. Im nationalen Film- und TV-Sektor existieren nahezu keine Output-Deals zwischen Produktionsfirmen und Rechte- händlern bzw. Fernsehsendern. Es ist keine ausgesprochene Lieferantenmacht seitens der einheimischen Produktionsindustrie erkennbar.

Ersatzprodukte: Gegenwärtig ist im TV-Sektor eine Tendenz zu mehr Eigen-, Auftrags- und Koproduktionen zu erkennen. Damit tragen die Sender den veränderten Zuschauerpräferenzen Rechnung, welche derzeit nationale Produktionen bevorzugen. Des Weiteren besteht momentan ein Trend zu nonfiktionalen Sendungen, der sich in einem absoluten Quizboom äußert. Weiterhin konkurriert der TV-Konsum mit alternativen Mediengattungen wie beispielsweise der DVD und der Internetnutzung. Zudem existieren für den einzelnen Konsumenten eine hohe Anzahl konkurrierender Freizeitangebote (z.B. Trendsportarten). Grundsätzlich ist das Zeitbudget des Endkonsumenten natürlich nicht beliebig ausbaufähig. Die TV-Nutzung befindet sich bereits auf einem sehr hohen Niveau, so dass hier kaum Chancen auf attraktive Steigerungen bestehen. Erste Sättigungstendenzen werden sichtbar, welche sich entsprechend negativ auf den TV-Lizenzrechtehandel auswirken können. Da der TV-Konsum269, gemessen am gesamten Medienzeitbudget der Konsumenten, einen relativ hohen Anteil aufweist, wird der Bedrohung durch Ersatzprodukte momentan eine eher mäßig starke Bedeutung zugesprochen.

Es ist festzustellen, dass der TV-Lizenzmarkt in hohem Maße wettbewerbsintensiv ist und das sich der bereits eingesetzte Konsolidierungstrend in naher Zukunft vermutlich weiter fortsetzen wird.

269 Im Jahr 2000 betrug das Zeitbudget für den TV-Konsum durchschnittlich 181 Minuten täglich. Siehe Media Perspektiven Basisdaten (2000), S. 68 92 Lizenzmarkt

4.5 Konzentration im Mediensektor

Nach Wöhe liegt eine Konzentration von Unternehmen vor, „wenn die Partner einer Unternehmensverbindung entweder ihre wirtschaftliche Selbständigkeit verlieren (Bsp. Unterordnungskonzern, einheitliche Leitung durch die Konzern- obergesellschaft) oder außerdem noch ihre rechtliche Selbständigkeit aufgeben (Bsp. Fusion durch Aufnahme oder Neubildung).“270 Unternehmenskonzentrationen im Medienbereich können sowohl Auswirkungen auf den ökonomischen Wettbewerb innerhalb des relevanten Marktes haben als auch auf die publizistische Vielfalt.271

Die folgenden Abschnitte beschäftigen sich mit den unterschiedlichen Ver- flechtungsebenen. Dies sind zum einen die horizontale und zum anderen die vertikale Konzentration. Auf eine Erläuterung der diagonalen (konglomeraten) Konzentration wird in dieser Arbeit verzichtet.

4.5.1 Horizontale Konzentration Bei der horizontalen Konzentration handelt es sich um Zusammenschlüsse von Unternehmen welche auf der gleichen Produktions- bzw. Handelsstufe agieren. Der Zweck einer solchen Konzentration besteht in der Ausschaltung der vormals bestehenden Konkurrenz der zusammengeschlossenen Unternehmen und vor allem in der Schaffung einer marktbeherrschenden Stellung innerhalb der Branche, welche sich oftmals in einer Marktmacht gegenüber Lieferanten und Abnehmern äußert.272 Weiterhin können durch horizontale Unternehmenszusammenschlüsse Skalen- effekte (Economies of Scale) und eine Fixkostendegression erzielt werden.273 Ein typisches Beispiel für eine horizontale Konzentration im Mediensektor stellt die Bildung von Senderfamilien im Fernsehbereich dar. Grundsätzlich ist die Nachfragemacht der Rundfunkveranstalter umso größer, je stärker der TV-Markt konzentriert ist.

270 Vgl. Wöhe, G. (1996), S. 388 271 Angelehnt an Heinrich, J. (1999), S. 231 272 Vgl. Wöhe, G. (1996), S. 389 273 Vlg. Heinrich, J. (1999), S. 241 93 Lizenzmarkt

4.5.2 Vertikale Konzentration Konzentration auf vertikaler Ebene, auch Integration genannt, entsteht durch Zusammenschluss von aufeinanderfolgenden Produktions- und Handelsstufen. Ein vertikaler Zusammenschluss kann generell vorwärts oder rückwärts gerichtet sein. Die Integration einer vorgelagerten Wertschöpfungsstufe wird als Rückwärts- integration bezeichnet, die Eingliederung einer nachgelagerten Wertschöpfungs- stufe dagegen als Vorwärtsintegration.274 Insgesamt wird von einem integrierten Medienkonzern gesprochen, wenn er auf sämtlichen oder einigen Stufen der Wertschöpfungskette vertreten ist. Häufig bewirkt die vertikale Integration niedrigere Kosten und eine bessere Kontrolle über die einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette.275 Austausch- beziehungen über den Markt können durch das Netzwerk einer unternehmens- internen Organisation ersetzt werden.276

Der hohe Wettbewerbsdruck und die schwierige Situation auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten haben im Mediensektor die Bildung vertikal integrierter Medienkonzerne forciert. Beispielsweise erwerben Programmveranstalter im Rahmen der Rückwärtsintegration Programm-Input-Unternehmen, um hier die Kosten besser kontrollieren zu können und die Beschaffungssituation zu entschärfen.

4.5.3 Der Konzentrationsprozess Die aktuelle Situation im inländischen Medienmarkt ist durch einen hohen Konzentrationsgrad in horizontaler wie vertikaler Richtung geprägt. Resultierend aus den forcierten horizontalen Konzentrationsbewegungen im TV-Sektor, entstanden die Senderfamilien der KirchGruppe (SAT.1, ProSieben, Kabel 1, DSF und N24) und des Bertelsmann-Konzerns (RTL, RTL 2, Super RTL, VOX). Anhand der beiden Senderfamilien ist deutlich erkennbar, wie die horizontale Integration die jeweilige Marktmacht stärkt. Durch Bündelung der Einkaufsaktivitäten wird ein

274 Vgl. Wöhe, G. (1996), S. 390 275 Vgl. Kotler, P. / Bliemel, F. (1995), S. 365 276 Vgl. Heinrich, J. (1999), S. 244 94 Lizenzmarkt

verstärkter Druck auf Zulieferer, Produzenten wie Rechtehändler ausgeübt, der bereits einen Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt zur Folge hatte.

Die Verhandlungsmacht der Senderfamilien gegenüber den Lizenzgebern versetzt sie in eine günstigere Einkaufsposition. Im Rahmen von Film-Paketeinkäufen fällt es den Senderfamilien leichter, auch Filme minderer Qualität bzw. kommerziell weniger erfolgreiche Lizenzware zu erwerben, da die Senderfamilie vielfältige Möglichkeiten der Auswertung bietet. Programme werden innerhalb der Sender- familie oftmals zeitlich gestaffelt eingesetzt. So erfolgt die Erstausstrahlung eines amerikanischen Blockbusters in aller Regel im marktanteilsstärksten Kanal, wohin- gegen die Zweit- und Drittausstrahlung, mit ihren entsprechend reduzierten Quotenerwartungen, gewöhnlich in den Nachspielsendern wie beispielsweise Kabel 1 und RTL 2 erfolgt. Kleinere, in eine Senderfamilie integrierte Kanäle, profitieren aber durchaus auch von den Einkaufsaktivitäten der Familie, da für sie als einzelner Sender insbesondere die amerikanische Premium-Ware nicht erschwinglich wäre.277 Im Vergleich mit den beiden privaten Senderfamilien bietet die ARD ähnliche Möglichkeiten hinsichtlich der Verwertung ihrer erworbenen Programme. Lediglich das ZDF bildet in der Gruppe der marktanteilsstarken Sender eine Ausnahme. Abgesehen von Arte und 3sat, die als Gemeinschaftsprogramme mit der ARD betrieben werden, stehen dem Zweiten Deutschen Fernsehen keine Kanäle für die weitere Auswertung der gekauften Lizenzware zur Verfügung.

In der aktuellen Marktlage dürfte es für einzelne unabhängige Senderbetreiber immer schwieriger werden an Hollywood-Ware heranzukommen, ohne dabei extrem hohe Preise zahlen zu müssen. Ebenso hat sich die Lage für die kleineren Lizenzhändler rapide verschlechtert, da sie aufgrund der restriktiven Einkaufspolitik der beiden privaten Senderfamilien kaum noch Filmpakete an nationale Fernsehveranstalter absetzen können.

277 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 129

95 Lizenzmarkt

Die beiden Grafiken veranschaulichen sehr deutlich die existierende Blockbildung auf dem inländischen Fernsehmarkt. Betrachtet man die Zuschauermarktanteile unter Berücksichtigung der werberelevanten Zielgruppe (14 – 49 jährige), so wird die vorherrschende Marktmacht der beiden privaten Senderfamilien und der öffentlich-rechtlichen Anstalten offensichtlich. Lediglich 10,5 Prozent der Zuschauermarktanteile verbleiben für die sogenannten „unabhängigen“ Fernseh- veranstalter. Somit ist trotz der Vielzahl deutscher Free-TV-Sender von einer erheblichen Einschränkung des Wettbewerbs auf dem nationalen Fernsehmarkt auszugehen.

Abbildung 5: Marktanteile der Senderfamilien 1. Halbjahr 2000

Zuschauer 14-49, 1. Halbjahr 2000 Zuschauer > 3, 1. Halbjahr 2000

RTL Sender ÖR Sender RTL ÖR Sender 29,9% 40,5% Sender 25,9% 24,4%

Restliche Kirch Restliche Kirch 10,5% Sender 8,7% Sender 33,7% 26,4%

Quelle: GfK, Angaben der Sender, aus HMR International (2001), S. 275 Anmerkung: Kirch Sender mit tm3 gemäß aktuellen Entwicklungen (Stand Dezember 2000)

Einen weiteren Hinweis auf die dominierende Stellung der beiden privaten Senderfamilien liefert der Werbeumsatz der KirchGruppe und der RTL Group (Bertelsmann). Im Jahr 2000 entfielen 47,5 Prozent des gesamten TV-Brutto- werbeumsatzes auf die Senderfamilie der KirchGruppe. Die RTL Group erhielt immerhin noch 39,3 Prozent des Werbekuchens.278

Generell weisen beide Konzerne eine hohe vertikale Integration auf. Sie sind auf nahezu allen Stufen der Wertschöpfungskette vertreten. Im Rahmen der Rückwärtsintegration haben beide Gruppen Beteiligungen an Produktions-

278 In den genannten Bruttowerbeumsätzen der KirchGruppe bleiben die Umsätze des Senders N24 unberücksichtigt. Vgl. Television 2001, S. 159 96 Lizenzmarkt

unternehmen erworben und sich damit einen leichteren Zugang zu den benötigten Programmen und dem Kreativitätspotenzial der Produzenten geschaffen.279

Als Verlierer der aktuellen Situation müssen die konzernunabhängigen Produktionsunternehmen gewertet werden, da die Sender einen Großteil der Aufträge an konzernintegrierte Gesellschaften vergeben. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Informationen von Herrn Zeiler im Rahmen der Medientage in München. Er verkündete, dass RTL im Jahr 2000 rund 69 Prozent der Aufträge für fiktionale Programme an konzernunabhängige Produktions- unternehmen vergeben hat und lediglich 31 Prozent an konzernabhängige. Jedoch werden die Daily Soaps, für Produzenten eins der lukrativsten Formate, da es über einen längeren Zeitraum hinweg feste Einnahmen garantiert, zu 100 Prozent von konzernabhängigen Unternehmen produziert.280 Ein Produktionsunternehmen gilt nach Angaben des FORMATT-Instituts als abhängig, wenn ein Sender mit mindestens 25 Prozent beteiligt ist.281 Von den zehn umsatzstärksten Produktionsunternehmen der Jahre 1999 und 2000 gelten lediglich zwei, die Otto Meissner KG und die Producers´AG als formal unabhängig.282 Jedoch ist zu beachten, dass konzernabhängige Produktionsunter- nehmen nicht ausschließlich für die eigenen Sender produzieren.

Derzeit erwirtschaftet die einheimische TV-Produktionsindustrie zwar einerseits hohe Umsätze, andererseits unterliegt sie aber einem enormen Kostendruck seitens der Sender, verursacht durch rückläufige Werbeumsätze und Nichtaner- kennung des Kreativpotenzials der Produzenten.

Generell erhöht sich die Abhängigkeit der Produktionsunternehmen, je stärker die Fernsehveranstalter durch Rückwärtsintegration mit der Produktionsebene ver- bunden sind.

279 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 128 280 Zeiler, G. (2001), Medientage München, Podiumsdiskussion zum Thema „Unabhängige TV- Produktion - ein Wunschtraum?“, am 19.10.2001 281 Vgl. Röper, H. (2000), S. 11 282 Vgl. HMR (2001), S. 8 97 Lizenzmarkt

Im Bereich des Fiction-Rechtehandels verfügen die beiden wichtigsten Programmveranstaltergruppen (KirchGruppe und RTL Group) über vertikale Beteiligungen an bedeutenden Zulieferern und Rechtehändlern. In diesem Zusammenhang wird aber die Stellung der KirchMedia, integriertes Rechte- handelshaus der KirchGruppe, als weit dominierender angesehen als die der RTL Group zugehörigen CLT-UFA International.283 Im Falle der KirchGruppe kann auf dem Gebiet des Fiction-Rechtehandels von einer marktbeherrschenden Stellung gesprochen werden, welche im Verbund mit einer Senderfamilie eine gewisse Brisanz aufweist. Die KirchGruppe ist zugleich größter Filmhändler und größter deutscher Programmveranstalter, was wiederum wettbewerbspolitische Probleme aufweist.284 Es ist naheliegend, dass die Sender der KirchGruppe ihre Fiction-Rechte in erster Linie über die KirchMedia, das konzernintegrierte Rechtehandelsunternehmen beziehen. Somit ist von einer relativ hohen Abhängigkeit der einzelnen Sender von der Fiction-Ware des Konzerns auszugehen. Die Programmgestaltung der Sender wird vermutlich ganz wesentlich durch den Rechtebestand der KirchMedia geprägt.

Die Dominanz der KirchGruppe im Rechtehandel resultiert aus dem frühzeitigen Aufbau eines Filmstocks mit langen Laufzeiten, teilweise „in perpetuity“ und dem damit verbundenen Vorsprung des Know-hows und ihrer langjährigen Beziehungen zu den wichtigen US-Majors. Weiterhin verfügt das Unternehmen über Output-Deals mit nahezu allen amerikanischen Major Companies.285 Jedoch ist die quasi-monopolistische Stellung früherer Jahre gewichen. Mit dem Eintritt neuer Rechtehändler wurde der Wettbewerb zwar intensiver, dennoch ist immer noch von einer hohen Dominanz der KirchGruppe im Rechtehandel auszugehen, was sich in dem Fall der Kinowelt Medien widerspiegelt.

Weiterhin hat das Unternehmen eine Monopolstellung im Bereich des Pay-TVs und besitzt damit weitere umfangreiche Möglichkeiten der Rechteauswertung. Für

283 Vgl. KEK (2000), S. 155 f. 284 Vgl. Heinrich, J. (1999) 285 Vgl. von Schorlemer (1993), S. 544 98 Lizenzmarkt

eine erfolgreiche Veranstaltung von Pay-TV wird der Zugang zu Fiction-Rechten als eine notwendige Voraussetzung angesehen.

Im Rahmen ihres Berichtes über die „fortschreitende Medienkonzentration im Zeichen der Konvergenz“ hat die KEK jedoch festgestellt, „dass keine Abhängig- keit der anderen Veranstalter von Lieferungen der KirchGruppe bei der Rechte- beschaffung“ bestehen.“286

Grundsätzlich ist zu bemerken, dass die vielfältigen Verflechtungen der nationalen Medienindustrie nicht per se eine Gefahr darstellen, geht jedoch mit der vertikalen und horizontalen Konzentration eine starke Marktstellung des integrierten oder des integrierenden Unternehmens einher, so ist von einer massiven Bedrohung des Wettbewerbs und der Meinungsvielfalt auszugehen.287

Eine umfassende Darstellung der Beteiligungs- und Gesellschafterverhältnisse der großen Medienkonzerne soll an dieser Stelle nicht erfolgen, da sie stetigen Veränderungen unterliegen und somit binnen kürzester Zeit nicht mehr aktuell sind. Bei weiterführendem Interesse können sie im Jahresbericht der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) nachgesehen werden.

286 Vgl. KEK (2000), S. 161 287 Vgl. KEK (2000), S. 142 f. 99 Verwertungsmärkte für TV-Lizenzen

5 Verwertungsmärkte für TV-Lizenzen

Die folgenden Abschnitte beschäftigen sich mit den verschiedenen Verwertungs- märkten für TV-Auswertungsrechte. Eine Unterscheidung erfolgt hinsichtlich der zeitlichen Verwertungszyklen und der verschiedenen Abnehmer.

5.1 Erstverwertung

Bei einer Auswertung auf der Fernsehstufe wird zwischen Pay-TV und Free-TV differenziert. Gewöhnlich beginnt die Auswertung im Pay-TV-Sektor ca. 18 Monate nach Kinostart und dauert sechs bis zwölf Monate an. Innerhalb der audiovisuellen Verwertungskette schließt sie sich an die Kino- und Video- bzw. DVD-Auswertung an. Nach der Pay-TV-Verwertungsstufe, welche gewöhnlich 6 Monate dauert, kann eine Ausstrahlung im Free-TV erfolgen.

Der erste Verwertungszyklus eines Filmwerkes dauert in der Regel fünf bis sieben Jahre über alle Verwertungsstufen hinweg. Branchenangaben zufolge werden die Pay-TV-Rechte üblicherweise für ein Jahr lizenziert,288 wohingegen die erste Auswertungsperiode im Free-TV bei maximal sieben Jahren liegt.289 Die Auswertung im Fernsehen ist gewöhnlich auf ein definiertes geografisches Territorium beschränkt und häufig mit einer limitierten Zahl an möglichen Ausstrahlungen versehen.

5.2 Zweitverwertung

Allgemein versteht man unter dem Begriff „Zweitverwertung“ den erneuten Verkauf der Fernsehauswertungsrechte nach Ablauf des Erstverwertungszyklus. Die Fernsehrechte können entweder gegen nochmaliges Entgelt an den erstaus- strahlenden Sender lizenziert oder aber an ein anderes Sendeunternehmen veräußert werden.290 Vorausgesetzt es handelt sich um ein international vermarktbares Produkt besteht weiterhin die Möglichkeit auf Auslandsverwertung.

288 Vgl. Splendid Medien, Verkaufsprospekt 1999, S. 77 289 Vgl. Brehm, W. (2001), S. 203 290 Vgl. Kreile, J. (2000), Referat beim Berliner Forum zur Filmwirtschaft am 14.02.2000 100 Verwertungsmärkte für TV-Lizenzen

Der zweite Verwertungszyklus, welcher sich in einem Zeitrahmen von drei bis fünf Jahren bewegt, zielt in der Regel auf eine TV-Auswertung ab. Gewöhnlich kommen für eine Zweitverwertung nur diejenigen Filme in Betracht, die eine hohe Attraktivität hinsichtlich des Sujets und der bereits erzielten Quoten aufweisen. Bei den nationalen Produktionen sind dies in erster Linie erfolgreiche Kinofilme und Krimis, dagegen eignen sich Daily Soaps aufgrund ihrer Aktualität in aller Regel nicht für eine zweite Fernsehauswertung. Je nach Attraktivität des Produktes, sind auch nach Ablauf der Zweitverwertung noch weitere Auswertungszyklen möglich.

Aus der Mehrfachverwertung von Fernsehrechten resultieren die teilweise großen Gewinnspannen der Lizenzhändler, da der Film bereits über den ersten Verwertungszyklus komplett oder zu großen Teilen abgeschrieben ist.291

Während sich bei den deutschen Filmproduzenten das Lizenzmodell neben dem der Koproduktionen mit Fernsehsendern durchgesetzt hat, existiert im Bereich der Fernsehproduzenten das Modell „Sender als Lizenznehmer“ nur in absoluten Ausnahmefällen. Vorherrschend ist das klassische Modell der Auftragsproduktion, welches den kompletten Rechte-Buyout der Produzenten zur Folge hat.

Folgende Faktoren haben die Entwicklung eines funktionierenden Zweit- verwertungsmarkt im Inland verhindert:292

• Die zu starke Senderbindung der Produzenten durch das dominierende Modell der Auftragsproduktion, welches aus der Monopolstellung der Öffentlich- Rechtlichen resultiert. Auch mit Einführung des ZDF konnte kein Zweit- verwertungsmarkt entstehen, denn was in der ARD gezeigt wurde, konnte auf keinen Fall ein weiteres Mal im ZDF ausgestrahlt werden. Mit dem Eintritt der Privatsender in den Fernsehmarkt hätte sich theoretisch ein Zweitverwertungs- markt entwickeln können, dem standen jedoch die vertikalen Konzentrations- bewegungen der vergangenen Jahre entgegen. Im Rahmen der Rückwärts-

291 Angelehnt an Splendid Medien AG, Verkaufsprospekt, S. 76 292 Die Erkenntnisse resultieren aus geführten Interviews mit Branchenexperten (Bernd Burgemeister, Dr. Carl-Friedrich Wachs, Horst Röper, Dr. Castendyk, Gerhard Neckermann, Balthasar v. Weymarn) 101 Verwertungsmärkte für TV-Lizenzen

integration wurden Produktionsunternehmen in die beiden Senderfamilien integriert. Eine ähnliche Situation besteht bei der ARD mit ihren Produktions- töchtern Bavaria Film GmbH und Studio Hamburg GmbH. Ein weiteres Problem sind die horizontalen Konzentrationen des Fernsehmarktes mit der Bildung von Senderfamilien. Innerhalb der Senderfamilien bestehen viel- fältige Verwertungsmöglichkeiten, sodass ein Großteil der Rechte nicht auf den freien Markt gelangt, sondern intern weitergegeben wird.

• Die nationalen Produzenten, insbesondere im Bereich der Fernsehproduktion, zeichnen sich durch eine ungenügende Kapitalausstattung aus. Es ist ihnen somit nicht möglich sich, an den Produktionskosten zu beteiligen und damit einen Teil der Rechte zur eigenen Auswertung und notwendigen Refinanzierung zurückzu- behalten. Der Rechtebesitz ist jedoch die Grundvoraussetzung, um auf einem Zweitverwertungsmarkt aktiv werden zu können. Allgemein wird die Abhängigkeit der Produzenten von den Fernsehanstalten als ein Hauptgrund für die Schwierig- keiten bei der Kapitalbildung gesehen.

Im Bereich der Kinofilme scheinen deutlich weniger Probleme hinsichtlich der Zweitverwertung zu bestehen. So geben beispielsweise die beiden Rechte- handelsunternehmen KirchMedia und Splendid Medien an, keine Schwierigkeiten bei der Zweitlizenzvergabe im nationalen Markt zu haben.293

Im Zusammenhang mit dem Zweitverwertungsmarkt wird gerne auf die US- amerikanischen Verhältnisse verwiesen. Im Gegensatz zum deutschen Markt weist der Fernsehsektor in den USA neben den vier großen Networks ABC, CBS, NBC und FOX eine Vielzahl lokaler Sender auf, die sogenannten Affiliates. Die Sendegebiete der lokalen Stationen überschneiden sich in der Regel nicht, somit kann ein Programm an verschiedene lokale Stationen verkauft werden. Dieses „Syndication-System“ hat in den USA erst einen Zweitverwertungsmarkt mit einer Fülle potenzieller Abnehmer entstehen lassen.294

293 Interview mit Herrn Philipp Riccabona, KirchMedia, am 14.01.2002 und Frau Opgenoorth, Splendid Medien, am 17.01.2002 294 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 135 ff. 102 Verwertungsmärkte für TV-Lizenzen

Unterstützend wirkten die im Jahr 1970 von der United States Federal Communications Commission (FCC) erlassenen Fin-Syn-Rules (Financial Interest and Syndication Rules). Sie untersagten den Networks das Recht über die Erstsendung hinaus weitere Auswertungsrechte zu erwerben und erlaubten ihnen lediglich den Ankauf der „First-Run Network Exhibition Rights“. Das erklärte Ziel der Fin-Syn-Rules war die Stärkung der unabhängigen Produzenten um eine Vielfalt zu gewährleisten. Jedoch hatten die Fin-Syn-Rules den Struktureffekt, das die ohnehin schon hoch kapitalisierten Studios eine marktbeherrschende Stellung einnahmen, was sich letztlich in der Übernahme einiger Fernsehsender durch die Major Companies ausdrückte. Die Rules wurden im Jahre 1994 wieder abge- schafft, da die großen Produktionsgesellschaften auf ihren Schutz nicht mehr angewiesen waren.295

5.3 Drittverwertung

Der digitale Fernsehmarkt mit seinen neuen Kabelnetzbetreibern könnte sich, unter der Voraussetzung, dass die Netzbetreiber nicht ausschließlich mit der reinen Distribution beschäftigt sind, sondern als Programmveranstalter eigenen Content anbieten, zu einem potenziellen Drittverwertungsmarkt entwickeln. Es wird sich voraussichtlich eine stärkere Segmentierung durchsetzen, die sich in einer Vielzahl von Pay-TV-Spartenkanälen äußern wird. Durch zusätzliche Player in Form von Kabelnetzbetreibern könnten die bestehenden Strukturen aufgebrochen und damit die Marktmacht der Sender- familien reduziert werden. Eine größere Anzahl an Abnehmern würde die Situation der nationalen Rechtehändler und Produzenten verbessern.

Dem großen Potenzial des Kabel-TV-Marktes stehen jedoch noch einige Unsicherheiten gegenüber. Erstens müssen die Telekom-Kabelnetze noch entsprechend modernisiert werden, damit sie mehr als 32 Programme übertragen können. Zweitens nützt die alleinige Modernisierung des Breitbandverteilnetzes wenig, wenn nicht auch entsprechend die örtlichen Verteilnetze inklusive dem Hausverteilnetz ausgebaut werden. Hier wird es von hoher Bedeutung sein, dem

295 Vgl. Fey, C., Referat im Rahmen der 1. film20-Konferenz, am 21.06.2001 103 Verwertungsmärkte für TV-Lizenzen

Endkonsumenten attraktive Umrüstungsmodelle zu günstigen Preisen zu offerieren. Davon könnte in entscheidender Weise abhängen, welche Distri- butionstechnik sich letztlich durchsetzen wird. Generell konkurriert das Kabelnetz mit diversen Übertragungstechnologien wie die der Satellitentechnik, DSL und Powerline.296

Die künftigen Spartenkanäle könnten auch ein Testfeld für neue Formate und Low-Budget-Produktionen bzw. experimentelle Werke darstellen. Für große Fernsehsender ist so ein Testversuch zu riskant, da ein geringer Verlust an Marktanteilen bereits zu Millionenverlusten bei den Werbeeinnahmen führt.

296 Interview mit Herrn Balthasar v. Weymarn, Odeon Film, am 17.01.2002 104 Lizenzmodelle

6 Lizenzmodelle

In diesem Kapitel werden die unterschiedlichen Zielsetzungen der Lizenznehmer und Lizenzgeber dargestellt und ein Überblick über die wichtigsten Lizenz- vertragsbestandteile gegeben. Eine Orientierung erfolgt an den AFMA-Muster- verträgen. Unter Punkt 6.3 werden wirtschaftlich dynamische Modelle vorgestellt, welche Produzenten und anderen Akteuren eine optimale Ausnutzung der Verwertungskette sichern.

Betrachtet man die internationalen Vertragsbeziehungen, so können die US- Majors im Rahmen ihres starken Verkäufermarktes, bedingt durch das begrenzte Angebot an attraktiver Filmware verbunden mit einer Vielzahl an Nachfragern, die jeweiligen Vertragsbedingungen diktieren. In Deutschland ist die Situation jedoch eine ganz andere. Aufgrund der Bildung von Senderfamilien existiert ein Käufermarkt, in dem die Nachfrager, insbesondere die großen Senderfamilien, eine hohe Verhandlungsmacht gegenüber den Lieferanten aufweisen.

6.1 Unterschiedliche Zielsetzungen der Lizenzgeber und Lizenznehmer

Die folgende Tabelle steht im Zeichen der Gewinnmaximierung versus Kosten- reduktion. Sie stellt die recht konträren Zielsetzungen der Lizenzgeber und Lizenznehmer beim Rechteverkauf bzw. -ankauf gegenüber. Auf beiden Seiten ist ein hohes Maß an Verhandlungsgeschick erforderlich, um einen Vertrag zum Abschluss zu bringen. Wie aus der nachstehenden Tabelle hervorgeht, wird der Verkäufer von Lizenzrechten im Regelfall versuchen einen möglichst hohen Gewinn zu realisieren, jedoch mit der Einschränkung langjährige Kundenbeziehungen nicht durch kurzfristige maximale Gewinne zu gefährden. Dagegen verfolgt der Lizenzerwerber das Ziel, Filme so günstig wie möglich mit einem guten Mischungsverhältnis innerhalb des Paketes zu erwerben, um einen guten Marktanteil zu erreichen

105 Lizenzmodelle

Tabelle 7: Zielsetzungen der Lizenzgeber und Lizenznehmer

Lizenzgeber (Rechtehändler) Lizenznehmer (TV-Sender)

Es werden nur diejenigen Rechte verkauft, die Vorzugsweise wird senderspezifisch und ziel- ausdrücklich vom Kunden verlangt werden. gruppengerechte Lizenzware eingekauft. Es soll ein breites Spektrum von Genres abge- deckt werden, um den unterschiedlichen Zuschauerbedürfnissen gerecht zu werden.

Bei Paketverkäufen sollte die Mischung Erklärtes Ziel ist der Einkauf von Paketen mit möglichst viele B- und C-Filme anstelle von günstigem Mischungsverhältnis (Primetime- erfolgreichen A-Filmen enthalten. und Spätterminfilme). Bevorzugt FSK 6- und FSK 12-Filme um Einschränkungen bezüglich der Sendezeit zu vermeiden. Der Erwerb erfolgreicher Blockbuster dient als programmlicher Anziehungspunkt.

Es werden bevorzugt Rechte für kurze Bevorzugter Rechteerwerb für lange Lizenzzeiten mit wenigen Ausstrahlungen Lizenzzeiten und eine möglichst unbegrenzte vergeben. Ein früher Rechterückfall bedeutet Zahl an Ausstrahlungen zu günstigen Preisen. größere Programmattraktivität bei Wiederholungen.

Der Aufbau langjähriger Kundenbeziehungen Abhängigkeiten von einem einzelnen sichert kontinuierlichen Absatz. Lizenzgeber sollten vermieden werden.

Es sollten möglichst hohe Preise bei geringen Senderfamilien haben zahlreiche Ver- Selbstkosten erzielt werden. wertungsmöglichkeiten innerhalb der Familie, dies dient der Kostenminimierung.

=> Gewinnmaximierung => Kostenreduktion

106 Lizenzmodelle

6.2 Bestandteile eines Lizenzvertrages

Definition Lizenzvertrag: Die Grundlage zwischen einem Filmhersteller und einem Verwerter bildet der Filmlizenzvertrag. Seiner Rechtsnatur nach ist er ein urheberrechtlicher Nutzungsvertrag eigener Art, „der Elemente des Gesellschaftsvertrages, des Werkvertrages, des Werklieferungsvertrages, des Pachtvertrages und des Kaufvertrages enthalten kann.“ Vertragszweck ist die optimale Auswertung des Filmes. Aufgrund dessen werden dem Lizenznehmer üblicherweise die ausschließlichen Rechte nach § 31 Abs. 1 und 3 UrhG durch Übertragung der entsprechenden Nutzungsrechte an den vorgesehenen Nutzungsarten eingeräumt.297

Generell werden vier inhaltlich unterschiedliche Vertragstypen für den Filmlizenz- vertrag unterschieden: Der reine Lizenzvertrag, die echte Auftragsproduktion, die unechte Auftragsproduktion und der reine Agenturvertrag.298

Die vorliegende Arbeit legt ihren Fokus auf den „reinen“ Lizenzvertrag, dessen Vertragsbestandteile im folgenden aufgezeigt werden. Eine Orientierung erfolgte an einem AFMA-Standardvertrag (International Multiple Rights Distribution Agreement).

Lizenzverträge können entweder über alle Verwertungsebenen „all rights“ oder über einzelne Rechte (zum Beispiel „Free-TV-only“) abgeschlossen werden. Bei Split-Right-Deals erfolgt die Auswertung eines Filmwerkes somit über unterschiedliche Verwerter.

Grundsätzlich enthält ein Lizenzvertrag zwei ganz wesentliche Aspekte. Zum einen beinhaltet er Vereinbarungen über die Auswertung des Werkes, zum Beispiel hinsichtlich Lizenzzeit, Lizenzgebiet, Anzahl der Ausstrahlungen etc. und

297 Vgl. von Hartlieb, H. (1991), S. 356 298 ebd., S. 350 107 Lizenzmodelle

zum anderen sind in ihm die finanziellen Belange geregelt. Zudem sind einzelne Details in einer Vielzahl weiterer Bestimmungen aufgeführt.299

1. Allgemeine Vertragsinhalte: • Vertragsparteien (Lizenznehmer und Lizenzgeber) • Vertragsgegenstand (Filmtitel und Filmnummer) • Lizenzgebiet • Lizenzdauer (exclusive / non-exclusive)

Eine nicht-exklusive Lizenzperiode bedeutet, dass ein Programm umgehend an den Lizenzgeber zurückfällt, sobald die letzte vertraglich zulässige Ausstrahlung erfolgt ist, unabhängig davon, ob die ursprünglich vereinbarte Laufzeit der Lizenz zu Ende ist oder nicht. Bei exklusiver Lizenzzeit verbleibt das Programm nach der letzten Ausstrahlung beim Lizenzerwerber und ist somit für die Restlaufzeit am Markt nicht verfügbar („Holdback“). Ein Exklusiv-Recht ist gewöhnlich kosten- intensiver, bietet aber speziell für Pay-TV-Anbieter den Vorteil, dass derselbe Film nicht einige Wochen nach Ausstrahlung im Free-TV gezeigt werden kann. Denn welcher Abonnent würde freiwillig für etwas Gebühren zahlen, was er wenige Zeit später kostenfrei empfangen könnte.300

2. Art und Umfang der Lizenzrechte: • Nutzungsart (Kino, Pay-per-view, Ancillary Rights, Video/DVD, Pay-TV, Free-TV) • Verwertungsfenster der Rechtearten (Windows) • Anzahl der Ausstrahlungen (Runs) • Reruns (innerhalb einer bestimmten Frist, z.B. 24 - 72 Stunden) • Beginn der Lizenzzeit • Technik der Auswertung (terrestrisch, Kabel, Satellit)

299 Vgl. Karsten, E. / Schütte, J. (1999), S. 239 300 ebd., S. 264 f. 108 Lizenzmodelle

In der Regel wird mit jeder Ausstrahlung eine kostenfreie Wiederholung (Rerun) innerhalb von 24 bis 72 Stunden erworben. Üblicherweise erfolgt die Wiederholung im Nacht- bzw. Nachmittags- oder Morgenprogramm, sie richtet sich jedoch nach den individuellen vertraglichen Vereinbarungen.301

Nach Angaben von Herrn Riccabona erwerben die Sender grundsätzlich befristete Ausstrahlungsrechte. Die Zahl der Runs ist von den Sendern und ihren Bedürfnissen abhängig. Senderfamilien und der Verbund der ARD erwerben eher mehrere Runs, wohingegen das ZDF als einzelner Sender häufig nur einmalige Ausstrahlungsrechte erwirbt, da keine weiteren Tochtersender zur Mehrfach- verwertung existieren.302 Eine häufige Regelung sieht Branchenangaben zufolge eine Lizenzzeit von fünf Jahren und drei Ausstrahlungen vor. Andere Varianten sind sieben Jahre Laufzeit und vier Ausstrahlungen. Grundsätzlich gilt – alles ist individuell verhandelbar.

3. Zahlungsmodalitäten: • Lizenzgebühr (Minimumgarantie, Festpreis) • Zahlungsart (z.B. Ratenzahlungen) • Cross-Collateralization

Das Zentrale am Filmgeschäft ist das extreme Risiko. Ein Erfolg ist kaum prognostizierbar, sodass Produzenten grundsätzlich ein starkes Interesse daran haben, das hohe Risiko zu minimieren. Eine Risikominimierung erfolgt durch Vorabverkäufe (Pre-Sales) und Paket-Deals. Im Durchschnitt sind Hollywood- Filme zu 60 bis 70 Prozent vorfinanziert, wobei ein hoher Anteil durch die Free- TV-Auswertung erzielt wird. Das Risiko wird in der Regel über die Menge verteilt, was die Gründung von Senderfamilien forciert hat. Durch die gebündelte Einkaufsmacht können Filme günstiger akquiriert und innerhalb der Senderfamilie mehrfach ausgewertet werden.303

301 Vgl. Karstens, E. / Schütte, J. (1999), S. 265 302 Interview mit Herrn Philipp Riccabona, KirchMedia, am 14.01.2002 303 Interview mit Herrn Dr. Castendyk, Geschäftsführer Erich-Pommer Institut, am 18.12.2001

109 Lizenzmodelle

Eine generelle Unterscheidung wird zwischen Lizenzverträgen mit festen Preisen (Flat Deals) oder in Form einer Minimumgarantie mit prozentualer Beteiligung getroffen. Im Bereich der Fernsehauswertung sind Festpreise eher die Regel, wohingegen sich im Kinoverleih die Minimumgarantien durchgesetzt haben.

4. Lieferung des Materials • Art des Materials (16mm, 35mm, 70mm etc.) • Materialabnahme • Kosten (Material-, Transport, Synchronkosten etc.)

5. Zusatzregelungen: • Sublizenzierungsrecht • Werbespots (Unterbrecherwerbung möglich / nicht möglich / oder mit Einschränkungen möglich) • Recht auf Klammerteile • Herstellung einer Synchron-Fassung • Nebenrechte (Merchandising-, Druck-, Tonträgerrechte)

Klammerteile sind kurze Ausschnitte aus einer Produktion, die zur Herstellung von Programmhinweisen und Trailern verwendet werden.

Hinsichtlich der Nutzungsarten gilt: Nutzungsrechte können nur an zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannte Nutzungsarten eingeräumt werden.304

Der Lizenzvertrag stellt insgesamt ein sehr individuelles Vertragswerk dar. Zur Vermeidung von Missverständnissen sollten deshalb alle vergebenen Nutzungsrechte nach Art und Umfang exakt definiert werden.

304 Siehe § 31 Abs. 4 UrhG 110 Lizenzmodelle

6.3 Wirtschaftlich dynamische Modelle

In den folgenden Abschnitten werden wirtschaftlich dynamische Modelle im Bereich der inländischen TV-Produktion aufgezeigt. Im Fernsehproduktionssektor existiert bis auf wenige Ausnahmen kein Lizenzrechtehandel zwischen den nationalen Produzenten und den TV-Sendern bzw. den Zwischenhändlern. Dies liegt einerseits an der unzureichenden Kapitalausstattung seitens der Produzenten, die es ihnen nicht erlaubt auf „Vorrat“ zu produzieren und damit eigene Rechtestöcke aufzubauen, die sie dann entweder über eigene Vertriebsorganisationen oder über Intermediäre auswerten lassen. Andererseits besteht im Inland für TV-Produktionen auch kein wirklich funktionierender Zweitverwertungsmarkt.

Dominiert wird der Markt durch das „klassische Auftragsproduktionsmodell“, ein Cost-Plus-Verfahren, bei dem der Programmveranstalter 100 Prozent der Herstellungskosten übernimmt und dem Produzenten sechs Prozent Handlungs- unkosten (HU) sowie einen Gewinnaufschlag von 7,5 Prozent zahlt.305 In der Regel verbleiben die Rechte dauerhaft bei der auftraggebenden Sendeanstalt, es sei denn die Programme wurden anteilig mit Fördermitteln erstellt, dann fallen die Rechte nach sieben Jahren an den Produzenten zurück. Jedoch sind nach sieben Jahren die Rechte faktisch wertlos. Eine Zweitverwertung ist dann nur noch bei absoluter Premium-Ware oder Krimis (z.B. Tatort) möglich.

Als absolute Ausnahmen am Markt können die beiden Unternehmen Constantin Film AG und Brainpool TV AG gewertet werden. Beiden Gesellschaften ist es gelungen, ein Lizenzmodell, welches für nationale Kinofilme durchaus üblich ist, im Fernsehbereich durchzusetzen. „Constantin Film hat mit der KirchMedia einen Output-Vertrag für alle von der Constantin Film in Europa produzierten Filme und ein so genannter „First and Last Negotiation“-Vertrag für alle weiteren von der Constantin Film produzierten oder erworbenen TV-Rechte.“306 Jedoch ist zu

305 Vgl. Heinrich, J. (1999), S. 180 306 Siehe Constantin Film, Geschäftsbericht 2000, S. 23

111 Lizenzmodelle

bemerken, dass die KirchGruppe eine beträchtliche Beteiligung an der Constantin Film hält.

Die Brainpool TV AG, ein im Jahr 1995 gegründetes auf Fernsehshows (insbesondere Comedy-Shows) und -serien des Light-Entertainments spezialisier- tes Unternehmen, verfolgt ein für die deutsche TV-Produktionslandschaft unge- wöhnliches Modell - das Modell der Lizenzproduktion. Das Unternehmen ent- wickelt und produziert eigene Formate (TV total, Die Wochenshow etc.) und lizenziert sie an die großen Sender wie ProSieben, SAT.1 und RTL. Je nach Vertragsgestaltung vergibt die Brainpool TV AG ein- oder mehrmalige Aus- strahlungslizenzen. Nach Ablauf der Lizenzzeit, gewöhnlich nach ein bis zwei Jahren, fallen die Rechte wieder an das Unternehmen zurück und stehen damit für einen zweiten Verwertungszyklus zur Verfügung. Dadurch das lediglich die Fern- sehauswertungsrechte vergeben werden, stehen dem Unternehmen alle weiteren Rechte (Nebenrechte, Pay-TV, Internet, Merchandising, Events) zur Vermarktung und damit zur konsequenten Ausschöpfung der Wertschöpfungskette zur Verfügung.307

Nach Aussage von Herrn Grabosch (Vorstandsmitglied Brainpool TV AG) ist es von wesentlicher Bedeutung, für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation zu schaffen. Deshalb hat die Gesellschaft mit verschiedenen Künstlern gemeinsame Joint Ventures gegründet, an denen jede Partei zu 50 Prozent beteiligt ist. Die Rechte an den produzierten Formaten verbleiben in der gemeinsamen Gesellschaft, damit wird der Künstler unternehmerisch an Brainpool gebunden und partizipiert an der weiteren Vermarktung des Formates. Die Vorteile für den Sender liegen dagegen in der kostengünstigeren Beschaffung. Im Vergleich zum vorherrschenden Auftragsmodell zahlt er zum einen nicht die vollen Produktions- kosten und zum anderen partizipiert der ausstrahlende Sender an der Ver- marktung der Nebenrechte und das ohne eigenes Vertriebsrisiko. Chancen und Risiken werden auf alle Beteiligten verteilt und sorgen dafür, dass sich Kreativität letztlich für Produktionsunternehmen, Künstler und Sender rechnet.

307 Siehe Brainpool TV AG, www.brainpool.de, abgerufen am 10.02.2001 112 Lizenzmodelle

Als Folge des Lizenzmodells ist das Unternehmen in der komfortablen Lage, sich einen eigenen Rechtestock aufzubauen, welcher für weitere Auswertungen zur Verfügung steht. Jedoch sind die derzeit durch Auslandsverwertung zu erzielen- den Umsätze wirtschaftlich kaum interessant.308 Die folgenden Faktoren werden als Grundvoraussetzung für die Durchsetzung eines Lizenzmodells erachtet: 1. Ein attraktives Produkt und gute Künstler die an der Rechteauswertung partizipieren. 2. Eine ausreichende Kapitalausstattung um eine vorübergehende Unterdeckung zu überstehen und um die für die Auswertung der Nebenrechte notwendigen Investitionen zu tätigen.

Abbildung 6: Lizenzmodell der BRAINPOOL TV AG

Quelle: http://www.brainpool.de/de/unternehmen/strategie/lizenzmodell/, abgerufen am 10.02.2002

308 Interview mit Herrn Jörg Grabosch, Vorstandsmitglied Brainpool TV AG und Vorstand VIVA Media AG, am 29.01.2002

113 Lizenzmodelle

Bei dem Lizenzmodell zahlt der ausstrahlende Fernsehsender nicht 100 Prozent der Herstellungskosten, wie es bei den Auftragsproduktionen der Fall ist, sondern das Produktionsunternehmen nimmt bei der Erstausstrahlung einen Abschlag von 12,5 Prozent in Kauf, behält dafür aber die Rechte an dem TV-Format. Bereits ab der ersten zusätzlichen Wiederholung werden Gewinne erzielt, die durch Quotenprämien, Pay-TV-Auswertung oder Merchandising noch unterstützt werden.

Ende des Jahres 2001 wurde die BRAINPOOL TV AG in die VIVA Media AG integriert. In einem konzentrierten Fernsehmarkt konnte selbst mit einem Jahresumsatz von rund 50 Mio. Euro keine ausreichend starke Marktstellung erreicht werden, sodass eine Vorwärtsintegration sinnvoll erschien, um den Bestand des Unternehmens langfristig zu sichern. Weiterhin stellen die Kanäle der VIVA Media AG ein gutes Testfeld für neue Formate dar.

Nach Ansicht des Verfassers handelt es sich durch die vielfältigen Partizipationsmöglichkeiten aller Beteiligten an der Rechteauswertung um ein für alle Parteien recht interessantes Modell. Jedoch ist es auf andere Formate nur begrenzt übertragbar, da das Geschäft zu großen Teilen mit der konsequenten Auswertung der Nebenrechte gemacht wird. Insbesondere die Tonträger- auswertung eignet sich hervorragend für ein Format wie TV total. Allerdings sind weitere Fernsehauswertungen in der Regel auf Wiederholungen bei den erstausstrahlenden Sendern beschränkt. Somit werden die Merchandising- aktivitäten eines Dokumentarfilmproduzenten sicherlich auf wenig Interesse am Markt stoßen, für einige fiktionale Programme (erfolgreiche Kinofilme, Event-TV- Movies) könnte dieses Modell durchaus erfolgversprechend sein. Jedoch wird die Hauptschwierigkeit für kleine unabhängige Produktionsunternehmen darin bestehen, die nötige Kapitalausstattung aufzubringen.

Eine weitere Ausnahmeerscheinung auf dem deutschen Markt stellt das Modell der Producers´ AG dar.

114 Lizenzmodelle

Die im Juni 1999 gegründete Producers´ AG ist ein Unternehmensverbund konzernunabhängiger TV- und Kinoproduktionsfirmen. Unter dem Dach einer Holding werden die Unternehmen auf eine solidere Eigenkapitalbasis gestellt mit dem Ziel, durch Übernahme von Eigenfinanzierungsanteilen einen Rechterückhalt zu erwirken. Angestrebt wird eine Mehrheitsbeteiligung der Producers´ AG an den Partnerunternehmen, die ihrerseits an der Holding beteiligt sind. Peppermint, eine unabhängige international agierende Filmhandels- und Vermarktungsgesellschaft, ist mit der Verwertung des Rechtestocks betraut. Neben einem gemeinsamen Vertrieb und Verleih stellt die Holding ihren Mitgliedern auch weitere Serviceleistungen wie neuartige Finanzierungsinstrumente, Marketingaktivitäten, Kostenmanagement bis hin zum Controlling zur Verfügung.309

Nach Angaben von Herrn Dr. Carl-Friedrich Wachs (CEO Producers´ AG) haben sich bereits acht Firmen mit gutem „Trackrecord“ dem Unternehmensverbund angeschlossen. Die Holding hält derzeit eine Minderheitsbeteiligung an den Unternehmen in Höhe von 26 Prozent. Das erklärte Ziel ist die Produktion international vermarktbarer TV- und Kinofilme im Qualitätssegment, wobei der Schwerpunkt auf den hochwertigen Fernsehproduktionen liegt. Durch den Zusammenschluss einzelner Produktionsunternehmen sollen Synergieeffekte erzielt und ein nennenswerter Marktanteil erreicht werden um eine starke Marktposition gegenüber den konzentrierten Wettbewerbern und Abnehmern aufzubauen. Insgesamt soll durch den Unternehmensverbund der Independent- Sektor gestärkt werden, da insbesondere die kleinen unabhängigen Produzenten für Innovation und Kreativität stehen.310

Jedoch weist das Modell derzeit gewisse Schwierigkeiten auf. Die ursprünglich geplanten Mehrheitsbeteiligungen sollten durch einen Börsengang finanziert werden, der in dem aktuellen Börsenumfeld nicht sinnvoll erscheint. Mit der Deutschen Industriebank IKB und der InvestitionsBank des Landes Brandenburg sind zwei große Investoren an der Producers´ AG mit jeweils 44 Prozent beteiligt,

309 Producers´ AG, http://equaserver.de/prod_server/prod_pag/ppag/html/index.asp, abgerufen am 26.10.2001 310 Interview mit Herrn Dr. Carl-Friedrich Wachs, CEO, Producers´ AG, am 21.01.2002

115 Lizenzmodelle

die restlichen Anteile liegen in der Hand privater Investoren. Nach Aussage von Herrn Dr. Wachs sind Umstrukturierungsmaßnahmen erforderlich um den Verbund aufrechtzuerhalten.

Man darf gespannt auf die weitere Entwicklung dieses Ausnahme-Modells sein. Im Zuge eines horizontal und vertikal konzentrierten Medienmarktes scheint das Überschreiten einer kritischen Größe um den Bestand eines Unternehmens langfristig zu sichern einmal mehr von entscheidender Bedeutung zu sein. Die verfolgte Idee der besseren Kapitalausstattung der Partnerunternehmen bietet eine Option sich aus der Misere der Auftragsproduktionen und dem damit verbunden Rechte-Buy-out zu lösen. Jedoch ist zu bemerken, dass es sich bei diesem Verbund auf horizontaler Ebene um Unternehmen handelt, die auch alle potenzielle Konkurrenten sind und das sich daraus auch Probleme bei der Zusammenarbeit entwickeln können.

116 Perspektiven des Lizenzmarktes

7 Perspektiven des Lizenzmarktes

Die nachstehenden Abschnitte geben einen Überblick über die neuesten Entwicklungen am Markt. Es werden Tendenzen im Handel mit Fernsehrechten sowie Konzentrationsbewegungen auf Sender-, Rechtehändler- und Produzenten- seite dargestellt. Des Weiteren wird ein Ausblick hinsichtlich möglicher rechtlicher und medienpolitischer Veränderungen gegeben.

7.1 Tendenzen im TV-Lizenzhandel

Betrachtet man die vergangenen fünf Jahre, so ist nach Angaben der KirchMedia ein stetiges Wachstum im Bereich des Fernsehrechtehandels mit fiktionaler Ware zu erkennen.311 Lediglich im Jahr 2000, bedingt durch verstärkte Konkurrenz seitens der am Neuen Markt gelisteten unabhängigen Rechtehändler und deren verschärfter Einkaufspolitik, konnte kein Wachstum verzeichnet werden.

Im Folgenden werden Prognosen für die mittelfristige Entwicklung des TV- Rechtehandels gestellt, sowie eine Einschätzung des ökonomischen Potenzials im Handel mit Fernsehrechten gegeben. Weiterhin werden Trends in der Vertragsgestaltung bzw. Perspektiven für neue Modelle am Markt aufgezeigt.

7.1.1 Ökonomisches Potenzial Innerhalb der audiovisuellen Verwertungskette stellt das Fernsehrecht das ökonomisch wichtigste Recht dar. Insbesondere der deutsche Free-TV-Markt bildet die wichtigste nationale Wertschöpfungsstufe innerhalb der Filmauswertung.312 Branchenangaben zufolge entfallen über 50 Prozent der Lizenzerlöse innerhalb der Verwertungskette auf die TV-Auswertung.313 Dies liegt zum einen an der hohen Marktpenetration des Fernsehens insgesamt und zum anderen daran, dass sich der Fernsehkonsum zu einer der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen der Bevölkerung in Deutschland entwickelt hat. Nachdem

311 Interview mit Herrn Philipp Riccabona, KirchMedia, am 14.01.2002 312 Vgl. DG BANK (2001), S. 44 313 Vgl. Splendid Verkaufsprospekt, S. 79 117 Perspektiven des Lizenzmarktes

die durchschnittliche tägliche Sehdauer bereits die drei-Stunden-Grenze überschritten hat, sind in diesem Bereich jedoch kaum noch attraktive Steigerungsraten zu erwarten. Generell konkurriert die TV-Nutzung mit einer Vielzahl unterschiedlicher Mediengattungen (Video, DVD, Internet etc.) und weiteren Freizeitaktivitäten, jedoch wird der Fernsehkonsum auch mittelfristig vermutlich auf hohem Niveau stagnieren.

Durch die Möglichkeiten der Digitalisierung, verbunden mit dem allerdings kostspieligen Ausbau des Kabelnetzes, wird die Anzahl der Kanäle in naher Zukunft weiter steigen und insbesondere eine hohe Zahl an Spartensendern hervorbringen. Einige Hoffnungen der kleinen unabhängigen Produktionsunter- nehmen und Rechtehändlern ruhen hier auf den Kabelnetzbetreibern. Sollten sich jene entschließen, auch im Bereich der Programmveranstaltung aktiv zu sein, so bestünde die Möglichkeit, dass sich die verhärteten Strukturen des inländischen Fernsehsektors aufweichen, und die Kabelnetzbetreiber als zusätzliche Nach- frager für Lizenzware am Markt auftreten. Mit neuen am Fernsehmarkt agierenden Wettbewerbern und den damit verbundenen Absatzmöglichkeiten würde die Verhandlungsmacht der jetzigen Senderfamilien geschwächt und die Position der unabhängigen Rechtehändler gestärkt werden. Auch für nationale klein- bis mittelständische TV-Produzenten könnten sich Veränderungen ergeben, da mit den Kabelnetzbetreibern als Programmveranstalter die Chance besteht, dass sich ein Zweit- bzw. Drittverwertungsmarkt in Deutschland entwickelt. Damit wäre es erstmalig möglich, ein Lizenzmodell auch im Bereich der TV-Produktion durchzu- setzen. Weitere Erläuterungen hierzu erfolgen unter Punkt 7.1.2.

Ein funktionierender Zweit- und Drittverwertungsmarkt in Deutschland würde die nationalen Rechtehändler auch deshalb stärken, da ein Großteil der unab- hängigen Produzenten momentan weder über eine geeignete Vertriebsstruktur verfügt noch zukünftig finanziell in der Lage wäre, einen eigenen Vertrieb aufzubauen. In aller Regel müsste eine Sublizenzierung an Rechtehändler bzw. Vertriebsunternehmen erfolgen.

118 Perspektiven des Lizenzmarktes

Ob sich das Gesamtvolumen des Lizenzhandels durch den Eintritt neuer Marktteilnehmer positiv verändert, bleibt fraglich. Vielmehr wird eine Umverteilung der Gesamtnachfrage auf mehrere Abnehmer erfolgen, allerdings mit reduzierter Verhandlungsmacht seitens der Käufer.

Weitere Auswirkungen auf das ökonomische Potenzial der Fernsehauswertung werden die Reaktionen der Sender auf derzeit rückläufige Werbeeinnahmen haben. Prognosen sagen bis Mitte des Jahres 2002 keine wesentlichen Ver- besserungen der Situation voraus, sodass hier weiterhin von reduziertem bzw. stagnierendem Werbevolumen auszugehen ist. Dies trifft speziell die rein werbefinanzierten Sender besonders hart, aber auch bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten scheint die Grenze bei den Fernsehgebühren nahezu erreicht. Erste Auswirkungen des geschrumpften Werbevolumens sind bereits in Form von verstärkten Wiederholungen sichtbar. Weitere Folgen könnten das Ersetzen teurer Fiction-Programme durch kostengünstigere Formate sein, sowie ein forcierter Kostendruck seitens der Programmveranstalter auf die Auftragsproduzenten.

In den vergangenen Jahren hat sich ein Trend zu nationalen TV-Movies herauskristallisiert, welche vornehmlich zur Primetime ausgestrahlt werden. In der Zeit zwischen 19.30 und 22.00 Uhr ist ein deutlicher Rückgang an Kauf- programmen festzustellen. Eine Ausnahme bilden lediglich amerikanische Block- buster und erfolgreiche deutsche Kinofilme. Speziell die marktanteilsstarken nationalen Sender werden nicht auf den Einsatz von Qualitätsfilmen verzichten können, da diese Premiumware auf besondere Weise das gesamte fiktionale Programm eines Senders prägt. Bei den Fernsehrechteverkäufen werden aller- dings die größten Summen in der Primetime verdient.

Insgesamt werden fiktionale Programme, insbesondere im Qualitätsbereich (erfolgreiche Kinofilme, Event-Movies) immer ihren Bestand im Programm der deutschen Fernsehveranstalter haben. Jedoch wird es sicherlich Verschiebungen hinsichtlich der präferierten Genres geben. Das Fernsehgeschäft, welches in erster Linie von den Emotionen der Zuschauer abhängt, ist ein zyklisch funktionierendes Geschäft. Auch die derzeit hoch im Kurs stehenden Quiz-

119 Perspektiven des Lizenzmarktes

sendungen werden ihren Zenit überschreiten und künftig durch ein anderes Format ersetzt werden.

Im inländischen Pay-TV-Segment hat der Filmhändler Leo Kirch mit seinem Bezahlfernsehen Premiere World derzeit eine Monopolstellung am Markt. Die KirchGruppe verfügt über die größten Pay-TV-Rechtebibliotheken weltweit. Außerdem hat das Unternehmen mit nahezu allen US-Major Companies Output- Deals für sein defizitäres Pay-TV abgeschlossen. Die insgesamt mehr als angespannte finanzielle Situation im Hause Kirch könnte der Auslöser für mehr Wettbewerb in naher Zukunft in diesem Bereich sein. Ersten Gerüchte zufolge plant Kloiber einen Einstieg in den Pay-TV-Bereich. Generell wird für die Pay-TV-Auswertung derzeit ein hohes Maß an fiktionaler Ware, insbesondere erstklassige Kinofilme, benötigt, um den potenziellen Kunden einen Anreiz für ein Abonnement des Bezahlfernsehens zu bieten. Ein recht schweres Unterfangen, in einem Markt der über eine Vielzahl an Free-TV-Sendern verfügt.

Zusätzliches Potenzial für deutsche Rechtehändler könnte auch in der multiterritorialen Lizenzierung erworbener internationaler (speziell amerikanischer) Lizenzware liegen, jedoch stehen den Chancen aus den neuen Auswertungs- gebieten auch hohe finanzielle Risiken gegenüber. Aus zahlreichen Interviews mit Experten und Entscheidungsträgern der heimischen Medienindustrie, hat sich herauskristallisiert, dass die Auslandsver- marktungsmöglichkeiten für deutsche Produktionen derzeit noch als relativ gering angesehen werden. Dies gilt insbesondere für den deutschen TV-Movie, der hinsichtlich seiner Sujets, selbst bei den europäischen Nachbarn nicht auf wirkliches Interesse stößt.314 Sollte es jedoch gelingen, international vermarktbare Programme zu produzieren, so könnte in diesem Bereich ein beträchtliches Wachstumspotenzial für nationale Rechtehändler und Produzenten liegen.

314 Bei international verkaufbaren Sujets deutscher TV-Produktionen, kann man derzeit über einen Weltvertrieb eine Minimumgarantie in Höhe von 25.000 – 50.000 Euro erwirken. Setzt man diese Summe den Kosten eines solchen Fernsehfilmes (Euro 1,5 Mio.) gegenüber, so wird klar, welch geringe Bedeutung der Auslandsverkauf eines deutschen TV-Movies derzeit für die Finanzierung der TV-Produktion hat. Telefoninterview mit Herrn Burgemeister am 10.01.2002 120 Perspektiven des Lizenzmarktes

Momentan weist der weltweite Markt weiterhin eine anhaltende Dominanz der amerikanischen Major-Ware auf. Speziell die US-Studios verfügen über ein international funktionierendes Vertriebsnetz und globale Vermarktungsstrategien.

Neue Auswertungsmöglichkeiten wie Pay-per-view, Video-on-demand oder Internet-TV werden zukünftig in erster Linie eine Umverteilung des Gesamt- volumens, welches an die Grenzen des Zeit- und Finanzbudgets der Konsu- menten stößt, zur Folge haben, bieten aber kein (ausgesprochenes) zusätzliches Wachstumspotenzial.

Nach Aussagen einiger Experten ist mit einer Fortsetzung des Konsolidierungs- trends im Bereich der Rechtehändler und sinkenden Einkaufspreisen für Filmrechte das Geschäft des Fernsehrechtehandels wieder durch tendenziell zunehmende Gewinnmargen beim Verkauf gekennzeichnet.

Insgesamt wird es zukünftig für den Erfolg eines Rechtehändlers von ganz entscheidender Bedeutung sein, ein geschicktes Multi-Channel-Sourcing hinsichtlich des Rechteerwerbs zu betreiben, um die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten zu minimieren und somit eine Risikostreuung zu bewirken. Eine Diver- sifizierung der Geschäftstätigkeit in die Bereiche Lizenzhandel, Eigen- und Ko- produktion könnte sich somit künftig als zentraler Erfolgsfaktor der Rechtehändler erweisen.

7.1.2 Entwicklungsmöglichkeiten für neue Lizenzmodelle Bei den internationalen Vertragsbeziehungen sind derzeit einige Veränderungen festzustellen. Riskante mehrjährige Output-Deals werden derzeit nicht mehr abgeschlossen, stattdessen wird wieder selektiver und bedarfsspezifischer eingekauft. Nicht mehr die Quantität der akquirierten Filme zählt, sondern die Qualität. Im Bereich der Pay-TV-Rechte führt die KirchGruppe derzeit mit nahezu allen amerikanischen Major Companies Nachverhandlungen bezüglich der überteuerten Output-Deals.315 Generell ist ein Trend zu Koproduktionen festzu-

315 Vgl. Clark, T., Kirch fordert Millionenrabatte von Hollywoodstudios, in: FTD, vom 11.10.2001

121 Perspektiven des Lizenzmarktes

stellen. Der Rechtehändler sichert sich in aller Regel die Verwertungsrechte für das eigene Territorium bzw. je nach vertraglicher Gestaltung die Weltvertriebs- rechte.

Nach zahlreich geführten Interviews mit Experten kann mit ziemlicher Sicherheit festgestellt werden, dass im inländischen Filmproduktionssektor keine Output- Deals (abgesehen von dem bereits erwähnten Output-Vertrag zwischen der Constantin Film und der KirchMedia) zwischen nationalen Filmproduzenten und Fernsehsendern bzw. Rechtehändlern existieren. Nach Aussage von Herrn Riccabona (KirchMedia) sei der Produktions-Output der Unternehmen zu gering und es würde insgesamt zu wenig hochwertiges produziert werden.316

Im nationalen Fernsehproduktionssektor ist derzeit noch keine Abkehr vom klassischen Auftragsmodell zu erkennen. Seitens der Sender besteht keine wirkliche Bereitschaft zum Konsens, während die Produzenten aus einer Ohnmachtstellung heraus argumentieren und ohne Zweifel der schwächere Verhandlungspartner sind. Jedoch könnte im Zuge der reduzierten Werbe- einnahmen das Lizenzmodell durchaus auch für die Programmveranstalter an Attraktivität gewinnen. Eine geringere Produktionskostenbeteiligung würde auch die Beschaffungsbudgets der Sender entlasten. Viele dauerhaft erworbenen Rechte finden keine optimale Auswertung. Mit dem Lizenzeinkauf nationaler TV- Produktionen kann eine unnötig hohe Kapitalbindung des Senders und ein sinnloses Anhäufen der Rechte verhindert werden.

Hinsichtlich einer Beteiligung an den Produktionskosten seitens der Produzenten bestehen schon erste Ansätze am Markt. Das Modell der Producers´ AG wurde bereits in Kapitel 6.3 erläutert. Generell bestehen Unstimmigkeiten über die Höhe der zu leistenden Beteiligung. Herr Burgemeister (TV-60 Filmproduktion) sieht für die Produzenten die ökonomische Grenze in einer maximalen Beteiligung in Höhe von 10 bis 15 Prozent an den Herstellungskosten.317 Den ausstrahlenden Sendern scheint diese Beteiligung nicht ausreichend zu sein um ihre Kosten zu decken. So

316 Interview mit Herrn Philipp Riccabona, KirchMedia, am 14.01.2002 317 Interview mit Herrn Bernd Burgemeister, TV-60 Filmproduktion, am 10.01.2002 122 Perspektiven des Lizenzmarktes

dass auch hier hinsichtlich einer Annäherung beider Parteien sicherlich noch einige Diskussionen stattfinden müssen. Weitere derzeit am Markt bestehende Forderungen zielen auf eine erfolgs- abhängige Bezahlung, die auch in einigen Fällen bereits umgesetzt ist (siehe Brainpool), sowie auf sogenannte Wiederholungshonorare. Aber speziell die quotenabhängige Bezahlung bedeutet für den Produzenten auch ein hohes Risiko, da er auf die Programmierung der Sender in aller Regel keinen Einfluss nehmen kann.

Sollten sich die Kabelnetzbetreiber als weitere Abnehmer für nationalen Content auf dem Markt etablieren wäre hier eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle denkbar. Konkrete Aussagen seitens der Kabelbetreiber existieren derzeit jedoch noch nicht.

Eine mögliche Variante wäre, das die Kabelnetzbetreiber den Produzenten Sendezeit zur Verfügung stellen, die Werbezeiten müssen dann von den Produzenten in Eigenregie verkauft werden. Die Rechte bleiben dann allerdings bei den Produzenten und stehen im Bereich der Fernsehauswertung für eine Zweit- und Drittlizenz zur Verfügung. Die durch den Werbezeitenverkauf erzielten Einnahmen bilden somit eine Orientierung für das Produktionsbudget. Aller Voraussicht nach werden die Einnahmen keine qualitativ hochwertigen Produktionen zulassen. Generell wird von einer Reduzierung der Produktions- qualität der deutschen TV-Movies auszugehen sein. 318

Nach Aussage von Herrn v. Weymarn (Odeon Film) bestünde, falls die Kabel- betreiber als Fernsehveranstalter agieren würden, die Möglichkeit, den Content direkt an sie zu veräußern und es könnte über die Netzbetreiber erstmalig ein Kontakt zu den Endkunden hergestellt werden, der attraktive Merchandising- aktivitäten ermöglichen würde.319

318 Interview mit Herrn Bernd Burgemeister, TV-60 Filmproduktion, am 10.01.2002 319 Interview mit Herrn Balthasar v. Weymarn, Odeon Film AG, am 17.01.2002 123 Perspektiven des Lizenzmarktes

Anderen Branchenangaben zufolge zeigen die Kabelnetzbetreiber kein ernsthaftes Interesse daran, einzelne Rechte zu kaufen, vielmehr sollten die Produzenten eigenständig einen Kanal betreiben. Die Kosten dafür könnten aber von den mit einer ohnehin geringen Kapitalausstattung gesegneten Produzenten nicht aufgebracht werden.320 Vermutlich wird es zu einer Vielzahl von Spartenkanälen kommen. So könnte zum Beispiel ein Spartenkanal für alte TV-Movies angeboten werden, jedoch scheinen die zu erzielenden Summen für eine Auswertung in den Spartenprogrammen relativ gering zu sein. Eine grobe Orientierung bietet folgende Rechnung: 1,8 Euro pro Monat x 12 Monate x eine Million Abonnenten. Dies würde dann Jahreseinnahmen seitens der Kabelbetreiber in Höhe von 21,6 Mio. Euro bedeuten. Berücksichtigt man ein 20 bis 24 Stunden Programm, mit einem entsprechenden Wiederholungsanteil, welches sich lediglich über Abbonnentengebühren finanziert, so könnten die Lizenzpreise für Filme in der Größenordnung Euro 30.000 bis 40.000 liegen.321

Die Aussichten, dass sich in naher Zukunft ein „Lizenzmodell“ im Bereich der deutschen TV-Produktionen durchsetzen wird, ist zu bezweifeln. Zu groß sind derzeit die Diskrepanzen zwischen den Sendern und den auftragnehmenden Produzenten. Weiterhin verhindert eine ungenügende Kapitalausstattung der Produktionsgesellschaften, eine Beteiligung an den Produktionskosten, die jedoch seitens der Sender als Grundvoraussetzung für ein Rechtesplitting gesehen wird. Zudem sind nicht alle Produkte derart attraktiv, das sich auch noch in einem zweiten oder dritten Verwertungszyklus interessante Einnahmen erzielen ließen. Außerdem würde die weitere Auswertung im Fernsehbereich einen funk- tionierenden Zweitverwertungsmarkt bedingen.

320 Interview mit Herrn Dr. Carl-Friedrich Wachs, Producers´AG, am 21.01.2002 321 Interview mit Herrn Dr. Castendyk, Geschäftsführer des Erich Pommer Instituts, am 18.12.2001 124 Perspektiven des Lizenzmarktes

7.2 Strukturveränderungen auf Sender-, Rechtehändler- und

Produzentenseite

Die horizontale Konzentrationswelle im Fernsehsektor bewegt sich ihrem Ende zu. Mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und den zwei privaten Sender- familien ist der Markt unter den Großen der Branche nahezu aufgeteilt. Bei den restlichen Programmbetreibern handelt es sich um Spartenkanäle mit vergleichs- weise geringen Marktanteilen, die kein Gegengewicht zu den drei genannten Blöcken bilden können. Neuesten Angaben zufolge plant die Bertelsmann AG jedoch eine Übernahme der restlichen elf Prozent an der RTL-Group, die sich derzeit in Streubesitz befinden.322

Bei den nationalen Rechtehändlern ist eine Fortsetzung des Konsolidierungs- trends erkennbar. Eine erste spektakuläre Insolvenz konnte der Markt schon verzeichnen. Der größte unabhängige Filmrechtehändler Kinowelt Medien AG hat bereits einen Insolvenzantrag gestellt. Derzeit scheint der Fortbestand des Unternehmens nicht gesichert zu sein. Es ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht auszuschließen, das es weitere Marktbereinigungen beim Handel mit Filmrechten geben wird. Ein hoch aktuelles Beispiel ist die massiv in Finanznot geratene KirchGruppe. Die in den Konzern integrierte KirchMedia ist das mit Abstand größte nationale Rechtehandelsunternehmen. Sollte es tatsächlich zu einer Aufteilung des Konzerns kommen, so könnte dies durchaus zu größeren Struktur- veränderungen führen.

Die deutsche Produktionslandschaft ist in eine Fülle klein- und mittelständischer Unternehmen zersplittert. Die Verhandlungsmacht der Produktionsunternehmen gegenüber den starken Senderfamilien ist relativ gering. Seitens der Fernseh- sender existiert naturgemäß auch kein Interesse daran, an dieser Abhängigkeit etwas zu ändern, da sie sich in der komfortablen Situation befinden, die Bedingungen diktieren zu können. Im Produktionssektor herrscht ein intensiver Wettbewerb, resultierend aus der verstärkten Auftragsvergabe an senderab-

322 Vgl. Blickpunkt:Film, 08.01.2002, http://www.mediabiz.de/ne, abgerufen am 09.01.2002 125 Perspektiven des Lizenzmarktes

hängige Produktionsfirmen. Aufgrund dessen wird es vermutlich in nächster Zukunft zu erheblichen Marktbereinigungen kommen, von Herrn Kogel (Kirch- Media) auch als „natürliche Qualitätsauslese“ bezeichnet.323 Insgesamt verzeichnet der Produktionssektor starke horizontale und vertikale Konzentrationsbewegungen, wobei das Ende des Konzentrationsprozesses noch nicht erreicht ist. Insbesondere die Tendenz zur vertikalen Konzentration wird sich in naher Zukunft noch fortsetzen. Zum einen integriert die Produktionsebene vorwärts. Jüngstes Beispiel ist das Unternehmen Brainpool TV AG.

Um die derzeitige Strukturkrise trotz Umsatzzuwächsen zu überstehen, sind auf Produktionsseite horizontale Zusammenschlüsse erforderlich, um eine kritische Größe zu überschreiten, die das Überleben langfristig ermöglicht. Ein aktuelles Beispiel am Markt, das Modell der Producers´AG, wurde bereits im Kapitel 6.3 erläutert. So vermutet Dr. Friedrich-Carl Wachs, CEO der Producers´ AG, dass viele Produktionsunternehmen mit einem Jahresumsatz von 2,5 - 25 Millionen Euro, sich entweder an größere Unternehmen verkaufen, den Betrieb einstellen oder sich einem Verbund wie der Producers´ AG anschließen müssen.324 Weiterhin sichert eine Serie, beispielsweise eine Daily Soap, mittelfristig das Überleben eines Unternehmens, da über einen definierten Zeitraum die Overhead- Kosten durch einen kontinuierlichen Geldfluss gedeckt sind. Die kritische Größe nach oben beziffert Herr Grabosch, Vorstandsmitglied der Brainpool TV AG und der VIVA Media AG, auf Euro 50 Mio. Jahresumsatz. Eine größere Marktmacht würde keine der großen Sendergruppen einem unab- hängigen Produktionsunternehmen zugestehen, um nicht in Abhängigkeit eines einzelnen Produktionsunternehmens zu geraten.325

Die Tendenz zur vertikalen Integration wird sich weiter fortsetzen. Ersten Gerüchten zufolge existieren seitens der Bertelsmann AG Bestrebungen das niederländische erfolgreiche Produktionsunternehmen Endemol in die RTL Group

323 Kogel, F., Podiumsdiskussion zum Thema „Unabhängige TV-Produktion - ein Wunschtraum?“, Medientage München, 19.10.2001 324 Interview mit Herrn Dr. Friedrich-Carl Wachs, CEO Producers´AG, am 21.01.2002 325 Persönliches Interview mit Herrn Jörg Grabosch, Vorstandsmitglied Brainpool TV AG und VIVA Media AG (CCO), am 29.01.2002 126 Perspektiven des Lizenzmarktes

zu integrieren. 326 Dies würde einen weiteren großen Inhouse-Umsatz für die RTL- Gruppe bedeuten und die Chancen der Unabhängigen weiter verschlechtern.

Nach Aussage von Herrn Bernd Burgemeister hat Deutschland derzeit das höchste Niveau im Fernsehen weltweit und zwar deshalb, „weil wir noch gerade ein ausreichendes Mischungsverhältnis besitzen zwischen abhängigen und unabhängigen Produzenten“.327 Gerade die unabhängigen kleinen Produzenten stellen einen „Kreativitätspool“ dar und können die geforderte Vielfalt gewähr- leisten. Jedoch wird sich dieses Mischungsverhältnis in der nächsten Zeit zu- gunsten der konzernabhängigen Produzenten verändern.

Die deutsche Kabellandschaft zeichnet sich derzeit durch zerklüftete Eigentums- verhältnisse aus. Auf der Netzebene 4, der sogenannten „letzten Meile“ zum Kunden existieren eine Vielzahl regionaler und lokaler Anbieter, hingegen agieren auf der Netzebene 3 mit Callahan Associates und der Investorengruppe Klesch & Company derzeit zwei große Kabelnetzbetreiber. Das Unternehmen Liberty Media hat bereits einen Kaufvertrag über die restlichen Kabelnetze der Telekom der Netzebene 3 mit einem Zugang zu über 10 Millionen Haushalten abgeschlossen, jedoch vorbehaltlich einer Zustimmung des Bundes- kartellamts. Das Kartellamt hat Ende Januar eine Abmahnung an das Unter- nehmen geschickt, wonach es nach dem derzeitigen Stand der Prüfung eine Genehmigung des Kabelnetzkaufes untersagt. Liberty Media wurde aufgefordert, die marktbeherrschende Stellung auf dem Markt der Kabelzugänge dadurch auszugleichen, dass es der Telekom Konkurrenz auf den Gebieten der schnellen Internetzugänge und der Telefonie macht.328 Nach aktuellem Kenntnisstand lehnt das Unternehmen Konzessionen jedoch ab, somit sind die Aussichten eines positiven Entscheids seitens des Bundeskartellamts eher gering einzuschätzen.

326 Vgl. O.V., Bertelsmann plant mit Endemol die gemeinsame Show, in: Handelsblatt, vom 06.01.2002 327 Interview mit Herrn Bernd Burgemeister, Geschäftsführer TV60-Film und Vorsitzender des Bundesverbandes deutscher Fernsehproduzenten, am 10.01.2002 328 Vgl. O.V. FTD, Bundesamt bestätigt Abmahnung für Liberty, vom 31.01.2002, http://www.ftd.de /tm/meFTDQQ2074XC.html 127 Perspektiven des Lizenzmarktes

Die Entscheidung fällt bis zum 28. Februar, sollte sie negativ ausfallen, stehen schon jetzt weitere Interessenten für den Kauf des Telekomkabelnetzes bereit.329

7.3 Rechtliche und medienpolitische Forderungen

Die aktuelle Strukturkrise der deutschen Produktionslandschaft hat bereits die Aufmerksamkeit der Politik auf sich gezogen. Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin, Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien, hat sich der Sache angenommen und verfolgt mit seinen Reformvorschlägen eine Stärkung der Produzenten durch einen rascheren Rechterückfall.

Bei Beteiligung von Filmfördermiteln an der Finanzierung eines Filmes ist ein Rechterückfall nach sieben Jahren festgeschrieben, handelt es sich jedoch um eine Auftragsproduktion, so liegen die Rechte dauerhaft bei den Fernsehanstalten. Nur in seltenen Fällen werden dem Produzenten die in der Regel wenig lukrativen Auslandsrechte zugestanden. Aktuelle Forderungen des Staatsministers liegen bei einem Rechterückfall nach fünf Jahren und sogar darunter. Die Verkürzung der Rückfallfrist soll das Entstehen eines Zweitverwertungsmarktes erwirken, für dessen Aufbau jedoch der Rechtebesitz seitens der Produzenten die Grundvoraussetzung ist.330 In diesem Zusammenhang macht sich besonders die Interessengemeinschaft film20 mit ihrer Generalsekretärin Frau Georgia Tornow stark. Sie fordert einen Rückfall der Rechte nach bereits drei Jahren sowie eine Beschränkung der Ausstrahlungsrechte in der Erstlizenz auf zwei Ausstrahlungen. Branchenangaben zufolge sei diese Forderung für die Fernsehveranstalter nicht akzeptabel, da eine Refinanzierung nicht über eine zweimalige Ausstrahlung erfolgen könne.331

Insgesamt strebt der Staatsminister eine kulturelle Aufwertung des Filmes an. Die kulturelle Identität und Vielfalt soll zukünftig durch eine erfolgsorientierte

329 Vgl. Clark, T. (2002), Liberty Media verweigert Zugeständnisse, in: FTD, vom 08.02.2002 330 Interview mit Julian Nida-Rümelin, pro media, aus http://www.film20.de/news/index.html?c=News&ID=880, abgerufen am 09.01.2002 331 Vgl. Häußler, S. (2001), Kooperation statt Konfrontation, in: MEDIEN BULLETIN, 10/2001, S. 63

128 Perspektiven des Lizenzmarktes

Filmförderung, deren Novellierung für das Jahr 2003 geplant ist, erreicht werden. Weiterhin sollen diejenigen Branchen verstärkt zur Finanzierung des nationalen Filmes beitragen, die den Film verstärkt nutzen. Hier fordert er insbesondere von den Fernsehveranstaltern eine höhere Unterstützung, was naturgemäß auf wenig Gegenliebe seitens der Sender stößt.332

Rechtliche Forderungen zur Stärkung der unabhängigen Produzenten zielen auf eine Umsetzung des Artikels 5 der EG-Fernsehrichtlinie ab. Hierzu bedarf es vorab einer exakten Definiton des Begriffes „unabhängiger Produzent“. Aber genau jener bereitet den Zuständigen große Probleme. Eine Definition über die rein gesellschaftsrechtlichen Verpflechtungen mit Sendeunternehmen erscheint aufgrund der aktuellen Situation, in der vertikal und horizontal integrierte Medienkonzerne den Markt beherrschen, nicht mehr akzeptabel.

Der Art. 4 der EG-Fernsehrichtlinie fordert eine „Europäisierung“ des Hauptanteils der Sendezeit „im Rahmen des praktisch Durchführbaren und mit angemessenen Mitteln“ wohingegen der Art. 5 der EG-Fernsehrichtlinie das Ziel der Förderung europäischer Werke verfolgt. Fernsehveranstalter sollen demnach, nach Wahl des Mitgliedstaates, mindestens zehn Prozent ihrer Sendezeit (die nicht aus Nachrichten, Sportberichten, Spielshows oder Werbeleistungen besteht) oder mindestens zehn Prozent ihrer Haushaltsmittel für die Programmgestaltung der Sendung europäischer Werke vorbehalten, die von „unabhängigen“ Produzenten hergestellt wurden.333

Um den Aufbau eines Zweitverwertungsmarktes im Inland, der ausschließlich den Produzenten zugänglich ist, zu fördern, existieren Ansätze den § 6 des Rundfunkstaatsvertrages zu erweitern. Der Sender soll sich demnach verpflichten, einen bestimmten Anteil der Sendezeit für Programme der unabhängigen Produzenten in der zweiten Auswertungsphase zur Verfügung zu stellen, welche

332 Angelehnt an O.V. (2001), Bündnis für den Film in München: TV-Sender offen für Gespräche, BLICKPUNKT:FILM, vom 14.12.2001 333 Vgl. Focus-Lexikon, EG-Fernsehrichtlinie, http://medialine.focus.de/...PMIDBDAA/pm1dbdaa.htm, abgerufen am 09.12.2001 129 Perspektiven des Lizenzmarktes

zu marktüblichen Preisen angekauft werden sollen.334 Weiterhin besteht die Möglichkeit, in den § 6 des Rundfunkstaatsvertrages einen zusätzlichen Absatz hinsichtlich des Rechterückfalls einzufügen. So könnte beispielsweise ein Rechte- rückfall nach sieben Jahren im Falle einer vollfinanzierten Auftragsproduktion vorgesehen werden. Bei Koproduktionen sollten Finanzierungsanteile und Lizenzanteile getrennt ausgewiesen werden, wobei die Lizenzdauer einen Zeit- raum von 5 Jahren nicht überschreiten sollte. Die Berechtigung der Ausgestaltung des § 6 des Rundfunkstaatsvertrages kann aus dem Art. 5 der EG-Fernsehricht- linie hergeleitet werden.335

Gelingt es, die Situation der unabhängigen Produzenten durch einen Konsens zwischen Sendern und Produzenten oder durch entsprechende Änderungen seitens des Gesetzgebers zu stärken, besteht die Aussicht auf Errichtung eines Zweitverwertungsmarktes, welcher dann das Modell „Sender als Lizenznehmer“ anstelle von „Sender als Auftraggeber“ zur Folge haben könnte. Jedoch scheinen die Forderungen nach einem Rechterückfall nach drei Jahren ohne Risiko- beteiligung seitens der Produzenten, derzeit nicht durchsetzbar zu sein.

334 Vgl. Kreile, J. (2000), Der Zweitverwertungsmarkt – Ein Weg zur Stärkung der Unabhängigkeit der Produzenten, Referat beim Berliner Forum zur Filmwirtschaft am 14.02.2000 335 Vgl. Bundesverband Deutscher Fernsehproduzenten, 2001, Stellungnahme zum Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen über bestimmte rechtliche Aspekte in Bezug auf Kinofilmwerke und andere audiovisuelle Werke 130 Fazit

8 Fazit

Der Mediensektor zeichnet sich derzeit durch ein geringes Marktwachstum aus. So findet das Marktwachstum seine natürliche Grenze in dem Konsumpotenzial der Endkonsumenten, deren Zeitbudget und finanzielle Ressourcen nicht unbegrenzt verfügbar sind. Demzufolge entsteht durch neue Auswertungsmöglich- keiten nicht notwendigerweise ein Wachstum, vielmehr ist eine Verlagerung des Umsatzes in die verschiedenen Auswertungsstufen zu beobachten. Insbesondere im Bereich des TV-Konsums zeigen sich Sättigungserscheinungen. Die TV- Nutzung der Rezipienten in Deutschland befindet sich mit über 180 Minuten täglichen Fernsehkonsums bereits auf einem sehr hohen Niveau, sodass hier kaum noch von attraktiven Steigerungsmöglichkeiten auszugehen ist.

Im nationalen Fernsehmarkt sind die horizontalen Konzentrationsbewegungen nahezu abgeschlossen. Der Markt ist im wesentlichen in drei übersichtliche Senderblöcke aufgeteilt, lediglich einige wenige Spartensender sind noch als formal unabhängig zu bezeichnen. Hingegen scheint bei den großen Medienkonzernen der Trend zu vertikalen Integrationen weiterhin anzuhalten. Daraus resultieren voraussichtlich deutliche Marktbereinigungen auf Seiten der kleineren konzernunabhängigen Produktionsunternehmen. Mögliche Alternativen liegen in horizontalen Zusammenschlüssen auf der Ebene der Produktions- unternehmen. Das Überschreiten einer kritischen Größe verbunden mit einer entsprechenden Verhandlungsmacht gegenüber den Fernsehsendern, könnte den Bestand der unabhängigen Unternehmen sichern. Ob sich in diesem Zusammen- hang der Rechtebesitz als „Schlüsselressource“ für die nationale TV-Produktions- industrie erweisen wird, bleibt fraglich, da erst ein Konsens mit den Fernseh- sendern erzielt werden müsste und sich zur Auswertung der Rechte ein funk- tionierender Zweit- bzw. Drittverwertungsmarkt entwickeln müsste. Die Fernseh- veranstalter zeigen derzeit jedoch Interesse von dem für sie komfortablen und im nationalen TV-Produktionsmarkt dominierenden Modell der Auftragsproduktion abzuweichen.

131 Fazit

Als Folge der aktuellen Marktsituation herrscht zwischen den nationalen Filmrechtehändlern ein reger Verdrängungswettbewerb. Eine Fortsetzung des bereits bestehenden Konsolidierungstrends im Bereich der Lizenzhändler ist anzunehmen. Somit stehen vermutlich weitere Insolvenzen bevor und einige der am Markt agierenden Händler werden sich aus dem Geschäft des Rechtehandels zurückziehen müssen. Jedoch wird sich für einige wenige etablierte Rechte- händler der Markt positiv entwickeln. Es ist davon auszugehen, dass sie sich die Marktkonsolidierung zu nutze machen und entsprechend ihre Marktanteile ausbauen werden. Mittelfristig werden daher nur wenige maßgebliche Unter- nehmen mit dem Verkauf von Fernsehrechten beschäftigt sein.

Das ökonomische Potenzial des Fernsehrechtehandels hängt ganz wesentlich von zwei Faktoren ab. Erstens müßten die oligopolistischen Strukturen des TV-Sektors aufgebrochen und neue Teilnehmer am Markt zugelassen werden. Einige Hoffnungen ruhen diesbezüglich auf den Kabelnetzbetreibern. Dies setzt jedoch voraus, dass sie auch als Programmveranstalter fungieren und damit eine weitere Absatzmöglichkeit für TV-Rechte darstellen. Jedoch müsste eine Beteiligung seitens der Kabelnetzbetreiber an großen Rechtehandelshäusern unterbunden werden um einen „freien“ Wettbewerb im Markt entstehen zu lassen, der dann auch die verfassungsrechtlich verankerte Medien- und Meinungsvielfalt gewähr- leisten könnte und zu einer funktionierenden Film- und TV-Produktionsindustrie in Deutschland beitragen würde. Zweitens wird das Potenzial des Filmrechtehandels auch von den Reaktionen der Sender auf die derzeit rückläufigen Werbeeinnahmen abhängen. Ein reduziertes Werbevolumen wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Zunahme der Wiederholungen und einen Kostendruck auf die Auftragsproduzenten zur Folge haben. Tendenziell könnten die Sparmaßnahmen der Sender auch einen Rück- gang der kostenintensiven Eigenproduktionen bedeuten zugunsten eines Ankaufs „billiger“ amerikanischer Lizenzware bedeuten. Jedoch spricht gegen den Einsatz der amerikanischen Serien und TV-Movies in der Primetime, die veränderten Zuschauerpräferenzen, welche momentan nationale Stoffe bevorzugen. Auf eine Akquisition erfolgreicher Kinofilme kann allerdings keiner der großen Programm- veranstalter verzichten, sodass diesem Premiumsegment, das naturgemäß die

132 Fazit

höchsten Lizenzpreise erzielt, die größten Chancen im Bereich des Handels mit Fernsehrechten eingeräumt werden. Bei steigenden Werbeeinnahmen könnte sich die Budgetsituation der Sender für den Lizenzerwerb jedoch wieder positiv verändern.

Insgesamt wird deutlich, dass der Lizenzrechtemarkt nicht ausschließlich durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Im Geschäft des Rechtehandels entscheiden in besonderer Weise die guten persönlichen Kontakte zur Lieferanten- und Abnehmerseite über den Erfolg eines Unternehmens. Weiterhin kann festgestellt werden, dass der Lizenzrechtemarkt in nicht unerheblichem Maße von der Intransparenz lebt. Eine zu große Transparenz könnte vermutlich ein Umgehen des Zwischenhandels zur Folge haben, da insbesondere die großen Senderfamilien ein geringes Interesse daran haben, dass sich im Bereich des Rechtehandels weitere starke Marktteilnehmer etablieren und attraktive Gewinn- margen erzielen, welche die Beschaffungskosten der Sender in die Höhe treiben könnten.

Bei einem weiterhin starken Käufermarkt werden nur diejenigen Lizenzhändler überleben, die eine kritische Größe überschritten haben und über hervorragende Kontakte zu Lieferanten und Abnehmern verfügen, sowie ein geschicktes Portfoliomanagement hinsichtlich des Lizenzerwerbs betreiben.

Nach Berücksichtigung aller genannten Faktoren werden dem Lizenzhandel mit Fernsehrechten mittelfristig moderate Chancen eingeräumt, jedoch werden in bewegten Märkten dem einzelnen Rechtehandelsunternehmen bei guter strategischer Ausrichtung und erfahrenem Management sehr wohl gute Chancen zugesprochen.

133 ANHANG

ANHANG

134 ANHANG

135 ANHANG

136 LITERATURVERZEICHNIS

LITERATURVERZEICHNIS

1. Bücher

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• Paukens, H. / Schümchen, A. (Hrsg.), (1999), Programmplanung: Konzepte und Strategien der Programmierung im deutschen Fernsehen, Dokumentation einer Veranstaltung der Adolf Grimme Akademie im Rahmen des BLM Rundfunkkongresses vom 15. Oktober 1997, Edition Grimme, Bd. 1, München 1999. • Platho, R. (2000), Fernsehen und Hörfunk transparent: Recht, Wirtschaft, Programm, Technik, 2. Aufl., München 2000. • Röscheisen, T. (1997), Film- und Fernsehproduktion für internationale Märkte: Perspektiven für die Entwicklung einer international erfolgreichen Programmindustrie, München 1997. • Schiwy, P. / Schütz, J. (Hrsg.) (1994), Medienrecht: Lexikon für Wissenschaft und Praxis, 3. Aufl., Neuwied u.a. 1994. • Schulze, G. (1998), Meine Rechte als Urheber, 3. Aufl., München, 1998. • Silberberger, U. (2001), Medienfonds, Berlin 2001. • Storm, S. (2000), Strukturen der Filmfinanzierung, Schriftenreihe zur Film-, Fernseh- und Multimediaproduktion, Potsdam 2000. • Straßer, G. (2000), Legitimierungsstrategien des Fernsehens: Programm- verantwortliche im Spannungsverhältnis von Programmauftrag und Ökonomie, Wiesbaden 2000. • Trimborn, J. (1999), Fernsehen der Neunziger: Die deutsche Fernsehlandschaft seit der Einführung des Privatfernsehens, Köln 1999. • Von Hartlieb, H. (1991), Handbuch des Film-, Fernseh- und Videorechts, 3. Aufl., München 1991. • Winter, M. (1999), Programmbeschaffungsmarketing privater Fernseh- veranstalter, Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag: Reihe Wirtschaftswissenschaften, Bd. 15, Zugl: Köln, Univ., Diss., Marburg 1999. • Wirtz, B. (2000), Medien- und Internetmanagement, Wiesbaden 2000. • Wöhe, G. (1996), Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 19. Aufl., München 1996.

138 LITERATURVERZEICHNIS

2. Aufsätze und Artikel

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• O.V. (2001), Selbstverpflichtung für Öffentlich-Rechtliche, in: BLICKPUNKT Film, Nr. 45/01, vom 05.11.01. • O.V. (1957), Importe aus Übersee, in: Der Spiegel, Jg. 11, Nr. 33, S. 51 - 53, vom 14.08.1957. • O.V. (1953), Der Kampf beginnt, in: Der Spiegel, Jg. 7, Nr. 1, S. 32, vom 01.01.1953. • O.V. (1957), Exerzierplatz Fernsehen, in: Der Spiegel, Jg. 11, Nr. 21, S. 59- 60, vom 22.05.1957. • O.V. (1957), Tendenz zur Unterhaltung, in: Der Spiegel, Jg. 11, Nr. 49, S. 56 - 58, vom 04.12.1957. • O.V. (1963), Alles kommt wieder, in: Der Spiegel, Jg. 17, Nr. 14, S. 79-80, vom 03.04.1963. • O.V. (1984), Lachende Hühner, in: Der Spiegel, Jg. 38, Nr. 8, S. 103-106, vom 20.02.1984. • O.V. (2002), Bertelsmann plant mit Endemol die gemeinsame Show, in: Handelsblatt vom 06.01.2002. • Von Schorlemer, A. (1993), Filmbeschaffung für das Fernsehen unter veränderten Marktbedingungen: Strukturen und Tendenzen im Lizenzgeschäft, in: Media Perspektiven, 11-12/93, S. 537 – 548.

3. Interviews

• Bernd Burgemeister, Geschäftsführer TV-60 Filmproduktion GmbH und Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Fernsehproduzenten, am 10.01.2002. • Dr. Oliver Castendyk, Geschäftsführer Erich Pommer Institut, am 18.12.2001. • Jörg Grabosch, Vorstandsmitglied Brainpool TV AG und Vorstandsmitglied VIVA Media AG (CCO), am 29.01.2002. • Gerhard Neckermann, freier Medienwissenschaftler, Grafenrath, am 14.12.2001. • Karin Opgenoorth, Investor Relations, Splendid Medien AG, am 17.01.2002. • Philipp Riccabona, Abteilungsleiter Bereich Spielfilm, KirchMedia, am 14.01.2002. 140 LITERATURVERZEICHNIS

• Sandra Winterberg, Juristin, Brainpool TV AG am 29.01.2002. • Dr. Friedrich-Carl Wachs, CEO, Producers´ AG, am 21.01.2002. • Balthasar v. Weymarn, Vorstandsassistent Odeon Film AG, am 17.01.2002. • Gero Worstbrock, Head of Legal & Business Affairs, Constantin Film, am 23.01.2002.

4. Gesetze

• Bürgerliches Gesetzbuch (1998), 42. Aufl., München 1998. • Fünfter Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 09.01.2001. • Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juni 1997 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG. • Urheber- und Verlagsrecht (1998), 7. Aufl., München 1998.

5. Internetquellen

• ALM, Aufgaben der ALM, http://www.alm.de/aufgaben/aufgab.htm, abgerufen am 09.12.2001. • ALM-Studie, http://www.alm.de/medienforschung/medien_tab5.htm, abgerufen am 12.01.2002. • ARD, (2001), ABC der ARD: Rundfunkgesetze, http.//db.ard.de/abc/content.ergebnis?p_id=819&p_typ0=eg, abgerufen am 04.12.2001. • ARD, (2001), ABC der ARD: Fernsehrichtlinie, http:db.ard.de/abc/content.ergebnis?p_id=324&p_typ=eg, abgerufen am 04.12.2001. • Blickpunkt: Film, Termin für RTL-Übernahme durch Bertelsmann, vom 08.01.2002, http://www.mediabiz.de/ne, abgerufen am 09.01.2002. • Europarat (2001), Der Europarat im Überblick, http://www.eurooparat.de/europarat/euro..._im_ueberblick/eurat_i_ueberblick.h tml, abgerufen am 10.12.2001.

141 LITERATURVERZEICHNIS

• film20, Interview mit Julian Nida-Rümelin in promedia, http://www.film20.de/news/index.html?c=News&ID=880, abgerufen am 09.01.2002. • FTD, Bundeskartellamt bestätigt Abmahnung für Liberty, vom 31.01.2002, http://www.ftd.de/tm/me/FTDQQ2074XC.html. • Iesy, www.iesy.de/7_2_investoren.php, abgerufen am 27.01.2002. • Ish, www.ish.de, abgerufen am 26.01.2002. • KEK (2000), Kommissions-Aufgaben, http://kek.online.de/cgi-bin/resi/k- auf/druck.html, abgerufen am 09.12.2001. • Kinowelt Medien AG, Pressemitteilungen, http:/www.kinowelt-medien- ag.de/Investornews.html, 20.12.2001. • Pätzold, U. / Röper, H. (1999), http://www.nrw.de/medien/tv-studie/1_1htm, abgerufen am 26.12.01. • Premiere World, Pressemappe Unternehmen, http://www.premiereworld.de/PremiereRes/ContentImages/download/Unterneh men.zip, abgerufen am 11.02.2002. • Producers´ AG, http://equaserver.de/prod_server/prod_pag/ppag/html/index.asap, abgerufen am 21.01.2002. • Schmidt, K. (2001), Dressierter Löwe, handzahm, 14.12.2001, http://www.manager-magazin.de/ebusiness/artikel/0,2828, 172663,00. html. • Screen Daily, Local industrie boost world film production, http:/www.screendaily.com/shtml_files/story6910.shtml, vom 07.02.2002.

6. Weitere Quellen

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Aspekte in Bezug auf Kinofilmwerke und andere audiovisuelle Werke, Mai 2001. • Constantin Film AG, Geschäftsbericht 2000. • DG BANK Research, (2001), Studie: Medien-Content-Provider, vom Februar 2001. • Emrich, C., ZDF, Hauptabteilung Honorare und Lizenzen, TB Zentrale Aufgaben / Rechtedokumentation, Schreiben vom 30.11.2001. • Fey, C. (2001), Länderstudien: UA - Financial Interest and Syndication Rules, Referat, film20-Konferenz, Berlin, am 21.06.2001. • Filmstatistisches Taschenbuch 2000, Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V., Wiesbaden 2000. • Focus-Lexikon, EG-Fernsehrichtlinie, http://medialine.focus.de/...PMIDBAA/pm1dbdaa.htm, abgerufen am 09.12.2001. • GEZ Geschäftsbericht 2000. • Goldman Sachs (2001), Global Equity Research, Neuer Markt media - the party is over, vom 21.02.2001. • Goldman Sachs (2001), Global Equity Research, Results turn up the heat, vom 24.04.2001. • Hachmeister, L. (2001), HMR International: Fernsehmarkt Deutschland: Strukturen der TV-Produktion, zusammenfassende Thesen zur gleichnamigen HMR-Studie für das Panel „Unabhängige TV-Produktion“ auf den Medientagen München, 19.10.2001. • HMR International (2001), Studie Fernsehmarkt Deutschland, Strukturen der TV-Produktion, Köln 2001. • Jahrbuch 2001 des Bundesverbandes Deutscher Fernsehproduzenten, Berlin 2001. • KEK (2000), Fortschreitende Medienkonzentration im Zeichen der Konvergenz, Konzentrationsbericht der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK), Berlin 2000. • KirchMedia, Geschäftsbericht 2000.

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Versicherung bei Abgabe zur Diplomarbeit

Ich versichere hiermit, die Diplomarbeit nur unter Verwendung der in der Arbeit angegebenen Quellen und Hilfsmittel selbständig angefertigt zu haben.

Der Einsicht in die Diplomarbeit und der Ausleihe eines Exemplars der Diplomarbeit stimme ich zu/stimme ich nicht zu *.

______Ort/Datum (Unterschrift/Studentin/Student)

Die Zustimmung kann nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses (z.B. laufende Forschungsprojekte/Patentschutz) verweigert werden. Begründung der Verweigerung:

______

Nur von der Betreuerin/ vom Betreuer auszufüllen:

Gegen die Einsicht in die Diplomarbeit und gegen die Ausleihe eines Exemplars der Diplomarbeit wird/kein* Einspruch erhoben.

______Unterschrift Betreuerin/Betreuer

Begründung bei Einspruch:

______

* Nichtzutreffendes bitte streichen.