Zähringer/Welfen) Von HANSMARTIN SCHWARZMAIER
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HISTORISCHER ATLAS 5, 3 VON BADEN-WÜRTTEMBERG Erläuterungen Beiwort zur Karte 5,3 Hochadelsbesitz im 12. Jahrhundert (Zähringer/Welfen) von HANSMARTIN SCHWARZMAIER A Zähringer I. Historischer Überblick Vorfahren der Zähringer mit denen der Staufer in Ver- bindung gebracht. Es ging um die Ehescheidung Kaiser Eine in zahlreichen Drucken verbreitete Ahnengale- Friedrichs I. von seiner ersten Gemahlin Adela v. Voh- rie des letzten badischen Großherzogs zeigt diesen, burg, die man, wie üblich, mit zu naher Verwandt- umgeben von den Bildern seiner Vorfahren. Eröffnet schaft begründete und dies durch eine Stammtafel er- wird diese Reihe mit dem Idealbild Herzog Bertholds I. härtete. In dieser findet sich auch Berthold »mit dem v. Zähringen, und derselbe steht auch an der Spitze Bart« und sein Vater Bezelin von Villingen – offenbar einer Reihe von Statuen der Zähringer in der barocken jener Berthold-Bezelin, dem Kaiser Otto III. 999 das Klosterkirche zu St. Peter im Schwarzwald. Tatsächlich Marktrecht in Villingen zusprach. Dessen Mutter Ber- ist seit dem Barock viel über die Zähringer geforscht tha sei, so meinte man im 12. Jahrhundert, zugleich worden, wobei das dynastische Interesse an den eine Vorfahrin der späteren Staufer gewesen. Bezelin- Vorfahren der Markgrafen und Großherzoge von Ba- Berthold ist als Graf mehrfach erwähnt. Ob er mit dem den, der Fürsten v. Fürstenberg und anderer regierender Grafen Birchtilo im Breisgau unmittelbar zusammen- Familien des 19. Jahrhunderts durchaus überwog. Be- hängt, dem Gründer des Frauenklosters Sulzburg denkt man, daß das württembergische Herzogshaus, (993), ist nicht erwiesen. Im 11. Jahrhundert jedenfalls das Titel, Wappen und Stammburg der Herzoge von (seit 1004) heißen die Grafen im Breisgau Berthold. Teck nach deren Aussterben (1439) übernahm, ebenso Seit 1016 ist auch in der Ortenau und seit der Mitte des an zähringisches Erbe anknüpfte wie die Habsburger in Jahrhunderts im Thurgau jeweils ein Graf Berthold be- der Schweiz, so wird deutlich, welche Bedeutung legt. Der Zähringerbiograph EDUARD HEYCK nimmt dieser Familie beizumessen ist, die 1218 im Mannes- an, daß Bezelin-Berthold als Graf in Breisgau und Or- stamm ausstarb und um deren reiches Erbe alsbald ein tenau bis zum Jahr 1024 gelebt hat; sein gleichnamiger heißer Kampf entbrannte. Dabei lassen die Anfänge der Sohn, der erste Herzog, hätte ihn dann um 54 Jahre Zähringer in Schwaben keineswegs schon den großen überlebt. Rahmen erkennen, den diese fürstliche Dynastie im 12. So unklar schon diese Konstruktion ist, verliert das und beginnenden 13. Jahrhundert ausfüllte und der Bild der Familie noch mehr an Schärfe, je weiter man THEODOR MAYER ZU seiner berühmt gewordenen For- in die Zeit der Einnamigkeit zurückschreitet. Leitname mulierung vom »Staat der Herzoge von Zähringen« ge- bleibt der Name Berthold, der schon um das Ende zum führt hat. Wenig mehr als zweihundert Jahre haben 8. Jahrhundert von den Grafen der Baar geführt wird, genügt, um aus einer unter ihresgleichen keineswegs die noch später unter dem bezeichnenden Namen herausragenden Grafenfamilie Schwabens die neben Bertholdsbaar erscheint. Diese Landschaft wird in den Welfen mächtigste Familie im Süden des Reiches nachzähringischer Zeit das Kerngebiet mit Residenz, werden zu lassen, Gegenspieler der Staufer, die ihrer- Stammburg und Grablege der Fürsten v. Fürstenberg. seits bemüht waren, aus dem Aussterben ihrer Rivalen Und schließlich führte der Name Berthold zu einer Gewinn zu ziehen. Wie war es zu dieser Situation ge- führenden alemannischen Familie, die man als »Ala- kommen? holfinger« zu bezeichnen gewohnt ist, den Gründern Durch einen Brief der Barbarossazeit werden die des Klosters Marchtal im Jahr 776 und Besitzern des 1 HANSMARTIN SCHWARZMAIER / HOCHADELSBESITZ IM 12. JAHRHUNDERT (ZÄHRINGER / WELFEN) 5,3 2 HANSMARTIN SCHWARZMAIER / HOCHADELSBESITZ IM 12. JAHRHUNDERT (ZÄHRINGER/ WELFEN) 5,3 Gebietes um den Bussen in frühkarolingischer Zeit. Ob Schwarzwald blieb eines der Kerngebiete zähringischer diese am Namen Berthold abgeleitete genealogische Aktivität; seine Silber- und Erzlager haben den Her- Konstruktion, eines der oft zitierten Beispiele für zogen beträchtliche Einnahmen verschafft. Aus Adelskontinuität vom 8. zum 11. Jahrhundert, für die Reichslehen und Allod, Kirchenlehen und Vogteirech- späteren Zähringer wirklich verbindlich bleibt, sei ten in eigener und in der Hand zähringischer Minis- dahingestellt. Sicher ist, daß diese Familie nicht aus terialen und Lehenleute erwuchs hier jenes geschlos- dem Nichts gekommen ist, sicher aber auch, daß ihre sene Macht- und Einflußgebiet, das sicher noch nicht eigentliche Machtstellung im 11. Jahrhundert auf eine als der erste Flächenstaat des deutschen Mittelalters neue territoriale Basis gestellt wurde. Der Aufstieg der anzusehen ist, das aber doch unter der durchgreifenden Zähringer ist seit Berthold I. kontinuierlich wei- Herrschaft der Zähringer weiterführende staatliche Or- tergegangen. ganisationsformen erkennen läßt. Bezeichnenderweise hat die Forschung nicht etwa Unter Herzog Berthold IV., dem Sohn Konrads, tritt Bezelin v. Villingen, sondern den dux Bertholdus bar- eine neue Erweiterung der Dimensionen ein: die Dy- batus als den Ersten seines Hauses bezeichnet. 1061 namik politischer Wirksamkeit verlagert sich mehr und wurde ihm das Herzogtum Kärnten übertragen und er mehr nach dem Raum zwischen Aare und Schweizer hat, obwohl er sich dort nicht durchsetzen konnte, den Jura. Den burgundischen Rektorat, den Konrad und Herzogtitel beibehalten und ihn auf seinen Herrschafts- nach ihm sein Sohn als einen Auftrag zur Wahrung der bereich in Schwaben übertragen. Das Herzogtum königlichen Rechte in Hoch- und Niederburgund Schwaben, das Berthold erstrebte, hat er nicht erlangt, übertragen erhielten und der Herzog Berthold IV. 1152 aber sein Titelherzogtum, das er auf seinen Besitz in neu verliehen wurde, konnte dieser nicht halten, nach- Schwaben übertrug, hatte eine nicht geringe politische dem die Heirat Barbarossas mit der burgundischen Er- Effizienz. Bertholds Leben war vom beständigen bin Beatrix dort eine dynamische staufische Politik ein- Kampf auf der Seite Rudolfs v. Rheinfelden gegen leitete. Die Entschädigung, die Berthold für diesen König Heinrich IV. bestimmt; im Jahr 1078 ist er auf Verlust erhielt, bestand in den Vogteirechten über die seiner Burg Limburg b. Weilheim/Teck, offenbar in Bistümer Genf, Lausanne und Sitten. Die beiden letz- hohem Alter, gestorben. ten Zähringer haben diese Stellung in zähem Ringen Sein Sohn Berthold II. war wie er ein eifriger An- gegen die in ihren Rechten bedrängten Bischöfe und hänger der päpstlichen Partei, ebenso wie seine Brüder gegen die angrenzenden Grafen v. Savoyen verteidigt. Bischof Gebhard von Konstanz und Markgraf Her- Weitere Stadtgründungen in Freiburg i. Uechtland, in mann v. Baden. 1092 wurde er zum Gegenherzog in Bern, Thun und Oltigen kennzeichnen diesen Kampf Schwaben gegen den Staufer Friedrich erhoben. Durch um die Vormachtstellung im Voralpengebiet und cha- die Übernahme des rheinfeldischen Erbes erwuchs ihm rakterisieren die unorthodoxe und neuartige Besitz- weiterer Besitz in der nördlichen Schweiz. Sein Ver- und Territorialpolitik der Zähringer. Die Reichsvog- zicht auf das Herzogtum Schwaben und seine Aussöh- teien über Zürich und Schaffhausen und schließlich nung mit Heinrich IV. öffnete ihm und seinen Nach- auch über das Kloster Allerheiligen, um das lange ge- kommen die Möglichkeit weiteren Machterwerbs im rungen wurde, rundeten dieses nahezu geschlossene Dienste der Reichsgewalt. Berthold hat 1093 die von zähringische Einflußgebiet ab, in dem sich ihnen der seinem Vater gegründete Propstei Weilheim/Teck auf Bischof von Basel als der mächtigste Gegenspieler ent- die Höhen des Schwarzwaldes verlegt und hat seiner gegenstellte. Familie in der dem hl. Petrus geweihten Abtei ein Das Aussterben der Grafen v. Lenzburg (1173) und neues Zentrum, zugleich die Grablege seines Hauses, v. Pfullendorf (1180), deren Erbe an die Staufer fiel, geschaffen. Namengebend für die Familie wurde die führte zu einem völligen Wandel im politischen Bild kleine Burg oberhalb des Dorfes Zähringen nördlich des deutschen Südwestens. Hatten die Pfullendorfer von Freiburg. neben ihren Gütern im nördlichen Bodenseegebiet ins- Seine Söhne Berthold III. und Konrad haben die besondere die Grafschaft Chiavenna und die Churer zähringische Territorialpolitik in Schwaben auf einen Hochstiftsvogtei als Reichslehen innegehabt, so ver- glanzvollen Höhepunkt geführt. Die Gründung der fügten die Lenzburger neben ihrem Hausbesitz zwi- Städte Freiburg i. Br., Offenburg und Villingen, die schen Aare und Zürichsee über die Grafschaftsrechte Vogtei über die Klöster Schuttern, Gengenbach und im Gebiet des Lukmanierpasses; aus dem Erbe beider Stein a. Rh. und vor allem über St. Georgen gaben ih- Familien erwuchs den Staufern weiterer Einfluß im nen die geographischen Schlüsselstellungen im Raume Schweizer Paßgebiet. »Die Abschichtung zwischen der des südlichen Schwarzwaldes in die Hand, dessen Stra- staufischen und der zähringischen Einfluß- und Herr- ßen und Pässe völlig von ihnen beherrscht worden sind. schaftszone hatte sich nunmehr klar herausgebildet« Gerade das Privileg für die 1120 gegründete Stadt Frei- (H. BÜTTNER). Auch für die Zähringer bedeutete dies burg zeigt eine kluge und weitsichtige Konzeption Machtzuwachs und Konsolidierung, aber zugleich eine ihres Gründers, die durch das schnelle Aufblühen von starke Konkurrenz, zumal die Staufer mit derselben Stadt und Markt