22. Jg. / Nr. 2 ALFRED KLAHR GESELLSCHAFT Juni 2015 MITTEILUNGEN Preis: 1,25 Euro

Ernst Kirchweger (1898–1965) Eine biographische Skizze Manfred Mugrauer n den Jahren 1962 bis 1965 bewegte extremisten, mit einem gezielten Faust - Kreuzergeschwaders die rote Fahne ge - die Tatsache die österreichische schlag niedergestreckt. Erst wenige hisst, Matrosenräte entsetzten die Offi - I Öffentlichkeit, dass an der Wiener Wochen davor war Kirchweger im All - ziere ihrer Befehlsgewalt und übergaben Hochschule für Welthandel (der heuti - gemeinen Krankenhaus wegen Nieren - dem Kriegshafenkommando ein Memo - gen Wirtschaftsuniversität) ein Mann steinverdachts operiert worden. 3 Einen randum mit ihren Forderungen nach lehrte, der immer wieder durch antisemi - ärztlichen Kontrolltermin am 31. März Frieden und Demokratie. Doch die revo - tische und großdeutsche Äußerungen hatte er wegen der Demonstration gegen lutionären Matrosen blieben isoliert. auffiel: Taras Borodajkewycz. Dieser den nazistischen, antisemitischen und Nach nur drei Tagen wurde die Revolte war in der Ersten Republik in Kreisen großdeutschen Ungeist an den Hoch - niedergeschlagen, 40 der gefangenen des politischen Katholizismus soziali - schulen um einen Tag verschoben. 4 Zwei Matrosen kamen vor ein Standgericht, siert worden, jedoch bereits im Jänner Tage später, am 2. April 1965 um 11.40 vier der Anführer wurden hingerichtet. 1934 der illegalen NSDAP beigetreten Uhr, starb Kirchweger im AKH an den Aus der italienischen Kriegsgefangen - und ab 1935 ein Vertrauensmann des Folgen des Schlages. 5 schaft kehrte Kirchweger Ende 1918 Sicherheitsdienstes (SD), des NS-Nach - nach Wien zurück und wurde sogleich richtendienstes. 1940 wurde er Dozent Sozialdemokratischer wieder in der Döblinger Bezirksorgani - an der Universität Wien, 1943 (bis zum Funktionär sation der SDAP aktiv. Als im März März 1945) Professor für Allgemeine Über die „Affäre Borodajkewycz“ lie - 1919 in Budapest die Räterepublik aus - Neuere Geschichte an der (deutschen) gen zwar mehrere Dokumentation und gerufen wurde, war Kirchweger einer Universität Prag. Im Rahmen der Ent - Studien vor, 6 in keiner dieser Veröffent - jener, die unter Führung Leo Rothziegels nazifizierung nur als „minderbelastet“ lichungen wird jedoch näher auf den Le - nach Ungarn gingen, um die dort neu eingestuft, erfolgte 1955 seine Ernen - bensweg des ersten Todesopfers neo - aufgebaute Rote Armee in ihrem Kampf nung zum Professor für Wirtschafts- und faschistischer Gewalt in der Zweiten Re - gegen die innere und äußere Konterrevo - Sozialgeschichte an der Hochschule für publik eingegangen. Ernst Kirchweger lution zu verstärken. Kirchweger war an Welthandel. wurde am 12. Jänner 1898 in Wien gebo - Gefechten gegen die Tschechen bei Am 23. März 1965 kam es zum Eklat, ren. 7 Sein Vater Franz war Handschuh - Košice beteiligt, sowie an der Theiß ge - als Borodajkewycz im Rahmen einer machergehilfe und später Sekretär der gen die rumänischen Besatzer und Ein - Pressekonferenz im Auditorium Maxi - Gewerkschaftsorganisation dieser heiten der ungarischen „Nationalarmee“ mum der Hochschule, in deren Rahmen Berufsgruppe. Zuletzt arbeitete er als unter Miklós Horthy. er von seinen studentischen Anhängern Beamter der Allgemeinen Arbeiter- Nach der Niederwerfung der Räterepu - stürmisch gefeiert wurde und die teilwei - Krankenkasse. Als Bezirksfunktionär der blik Ende August 1919 kehrte Kirch- se im Fernsehen übertragen wurde, er - Sozialdemokratischen Partei in Wien- weger nach Wien zurück und arbeitete neut antisemitische Aussprüche tätigte. 1 Döbling kandidierte er mehrere Male für zunächst als Angestellter der Arbeiter - In Reaktion darauf demonstrierten am den Niederösterreichischen Landtag konsumgenossenschaft. Von 1922 bis 29. März hunderte Studierende und Anti - (Wien wurde erst 1921 von Niederöster - 1925 war er Mitarbeiter im Österreichi - faschistInnen gegen nazistische Umtrie - reich getrennt). Ernst Kirchweger erlern - schen Verband für Siedlungs- und Klein - be an den österreichischen Universitä - te nach der Volks- und Bürgerschule von gartenwesen , der ein Jahr zuvor etabliert ten. 2 Zwei Tage später, am 31. März Juli 1912 bis Juli 1915 das Drogisten- worden war und der Sozialdemokratie 1965, fand eine Kundgebung der Öster - gewerbe. 8 Bereits in jungen Jahren Mit - nahestand. Dessen Generalsekretär war reichischen Widerstandsbewegung und glied der Kinderfreunde , der sozialdemo - zwischen 1921 und 1925 der Wissen - eines Antifaschistischen Studentenkomi - kratischen Kinderorganisation, trat er schaftstheoretiker Otto Neurath, 10 mit tees gegen den Naziprofessor statt, an 1916 der SDAP bei. dem Kirchweger in der Folgezeit zusam - der sich etwa 5.000 DemonstrantInnen In diesem Jahr, am 12. Mai 1916, wur - menarbeitete. Die genossenschaftliche beteiligten. Am Karlsplatz kam es zum de Kirchweger Soldat der Kriegsmarine und kommunale Siedlerbewegung er - Zusammenstoß mit Anhängern von und als Freiwilliger dem k.u.k. Matro - reichte in diesen Jahren einen Höhe - Borodajkewycz. Nachdem die Rufe senkorps zugeteilt. Zum „Waffengast“ punkt, bis der Anteil von Siedlerhäusern „Hoch Boro“ und „Heil Auschwitz!“ er - befördert, 9 also als Unteroffizier, der am städtischen Wohnungsprogramm klungen waren, wurde der 67-jährige Dienst mit der Waffe zu leisten hatte, er - letztlich zugunsten der Gemeindebau - Antifaschist Ernst Kirchweger vom Che - lebte er die Erhebung der Matrosen in wohnungen des „Roten Wien“ zurück - miestudenten Gunther Kümel, einem der Bucht von Cattaro im Februar 1918. ging. In dieser Zeit, von Jänner bis März bereits einschlägig vorbestraften Rechts - Damals wurde auf den Schiffen des 1923, absolvierte Kirchweger zur beruf - 2 Beiträge lichen Weiterbildung auch einen Kurs gierte. In dieser Eigenschaft redigierte er Zweiten Republik hält: nämlich jene für Buchhaltung. 11 Im September 1925 auch die illegale Gewerkschaftszeitung über eine angebliche Konzentrations - wurde Kirchweger in der Zeitschrift des der Gemeindebediensteten mit dem Titel lagerhaft von Kirchweger. Verbandes mit dem Titel Siedler und Der freie Gemeindearbeiter , sowie das In der zeitgenössischen Berichterstat - Kleingärtner als Leiter der Kleingarten-, Zentralorgan der freigewerkschaftlichen tung über seine Ermordung und auch in Kleintier- und Siedlungsausstellung in Handels-, Transport- und Verkehrsarbei - den folgenden 15 Jahren hatte eine an - der Obstbaumschule der Kleingarten - ter Zeitrad .14 Bemerkenswert ist, dass gebliche KZ-Haft zunächst keine Rolle stelle der Stadt Wien in der Wagramer Kirchweger über Aufforderung engli - gespielt. Kirchweger wurde hier stets Straße in Kagran genannt. 12 scher Genossen Kurzberichte über die korrekt als „Antifaschist“ und „Kommu - Von Oktober 1925 bis zum Februar politische und wirtschaftliche Lage für nist“ bzw. als „antifaschistischer“ und 1937 arbeitete Kirchweger als Angestell - die britischen liberalen bzw. linksstehen - „kommunistischer Widerstandskämpfer“ ter der Gemeinde Wien, konkret als den Zeitungen Daily Herold , The Worker umschrieben. Einzig in einer eher rand - Schaffner der Städtischen Straßenbah - und New Statesman and Nation verfasste. ständigen Veröffentlichung wurde zu ei - nen. Bis zum Februar 1934, also bis zum Ende November 1936 nahm Kirch - nem frühen Zeitpunkt, im April 1965, Verbot der sozialdemokratischen Orga - weger gemeinsam mit den führenden von Kirchweger tatsachenwidrig als nisationen und Vereine, war Kirchweger kommunistischen Funktionären Oscar „ehemaliger KZ-Häftling des Hitleris - ohne Unterbrechung Vertrauensmann Deubler und dem später von den Nazis mus“ gesprochen: in der damaligen und redaktioneller Mitarbeiter des Frei - hingerichteten Franz Mager in Prag am GPA-Zeitung Der jugendliche Angestell - en Gewerkschaftsverbands der Handels- Einigungskongress der österreichischen te . Der dort enthaltene Recherchefehler und Transportarbeiter . Neben seiner ge - Gewerkschaftsbewegung teil, in dessen von Hugo Pepper fand zwar zeitgenös - werkschaftlichen Arbeit war er auch auf Verlauf der sozialdemokratische „Siebe - sisch und auch in den folgenden Jahren der parteipolitischen und genossen - nerausschuss“ und die kommunistisch keine Nachahmer, allerdings wurde sein schaftlichen Ebene als Funktionär aktiv: dominierte „Wiederaufbaukommission“ Beitrag in eine von Heinz Fischer – da - in der SDAP als Sprengelleiter und in eine gemeinsame Leitung der illegalen mals Sekretär der Parlamentsfraktion der der Arbeiterkonsumgenossenschaft als Freien Gewerkschaften bildeten. In sei - SPÖ – im Jahr 1966 herausgegebene Obmann eines Sprengelausschusses in nem Lebenslauf führte Kirchweger auch Dokumentation über die Affäre Boro - Wien-Favoriten, wo Kirchweger ge - Kontakte zur Parteiführung der KPÖ im dajkewycz aufgenommen, 16 die als über meinsam mit seiner Frau Anna (gebore - Prager Exil und Aussprachen mit ihrem Jahrzehnte maßgeblichste Quelle für die ne Stellner) und seinem 1926 geborenen Vorsitzenden Johann Koplenig an. In der damaligen Vorgänge angesehen werden Sohn Erich in der Laxenburger Straße 49 Mittelslowakei wiederum nahm er an kann. Es ist also davon auszugehen, dass – einer Wohnhausanlage der Stadt Wien, zwei mehrtägigen gewerkschaftspoliti - bei den ca. 15 Jahre später erfolgten dem so genannten „Zürcher Hof“ – schen Schulungskursen der KPÖ teil. Recherchen über dieses Thema diese wohnte. Darüber hinaus gehörte er dem Im März 1937 wurde Kirchweger Ver - Nebenbemerkung von Pepper dafür aus - Republikanischen Schutzbund , der sozial - waltungschef beim Compass-Verlag in schlaggebend war, Kirchweger fortan als demokratischen Wehrformation, an, so - der Wipplingerstraße in der Wiener Überlebenden eines Konzentrations - wie den Freidenkern, dem Arbeiter Turn - Innenstadt. Der Compass war ein Jahr - lagers anzusehen. verein (ATV) und dem Arbeiter-Steno - buch, das von 1868 an ohne Unterbre - Im Jahr 1980 findet sich diese Formu - graphenbund ,13 womit er umfassend in chung bis ins Jahr 2003 als gedrucktes lierung schließlich sowohl in den Mittei - das politische und kulturelle Milieu der Werk erschien und Informationen aller lungen des Dokumentationsarchivs des österreichischen Sozialdemokratie ein - österreichischen Unternehmen enthielt. 15 österreichischen Widerstandes 17 als auch gebettet war. „Politisch stand ich in der Seit den 1930er Jahren befand sich der in einigen prominenten Buchveröffent- S.P. am linken Flügel unter der Führung Verlag im Besitz der Familie Hanel, wo - lichungen, etwa in der Republik- der Gen. Ernst Fischer und [Karl] Mark, bei Rudolf Hanel Ende 1938 die Allein - geschichte des Klagenfurter Universitäts - deren Auffassung ich auch in den ver - geschäftsführung an seinen Sohn Rudolf professors Norbert Schausberger. 18 1984 schiedenen politischen Vertrauensmänn - Otto Hanel abgab. Dieser wiederum war ist erstmals auch in der Volksstimme , erkonferenzen vertrat“, schrieb Kirch - seit dem Mai 1932 mit Wilhelmine dem kommunistischen Zentralorgan, weger im Mai 1945 in einem an die KPÖ Kirchweger, der Schwester Ernst vom ehemaligen KZ-Häftling Ernst gerichteten Lebenslauf. Kirchwegers, verheiratet. Dieses enge Kirchweger die Rede, 19 und 1987 fand Verwandtschaftsverhältnis war wohl diese Etikettierung Eingang in die KPÖ- Illegale antifaschistische Arbeit ausschlaggebend dafür, dass Kirchweger offizielle Parteigeschichte. 20 Von hier für KPÖ und Gewerkschaften ab Ende 1938 auch als Prokurist des war der Weg nicht mehr weit ins „Hand - Unter dem Eindruck des Zurückwei - Unternehmens fungierte. buch des österreichischen Rechtsextre - chens der sozialdemokratischen mismus“ (1993) 21 und ins „Handbuch Parteiführung und der Niederlage der Legende „KZ-Häftling“ des politischen Systems Österreichs“ österreichischen ArbeiterInnenbewegung Die Tatsache, dass Kirchweger von (1997), 22 wo Kirchweger im Zusammen - im Februar 1934 wechselte Kirchweger 1937 bis 1963, also auch in der NS-Zeit, hang mit Taras Borodajkewycz und zur KPÖ über, der er bis zum Ende sei - durchgehend beim Compass-Verlag be - Gunther Kümel ebenso als ehemaliger nes Lebens als Mitglied und Funktionär schäftigt war, widerlegt auch eine lang - KZler bezeichnet wird. Breitenwirksam angehörte. In den Jahren der austro- lebige Geschichtslegende, die sich seit wurde dies sowohl in der erstmals 1995 faschistischen Diktatur war Kirchweger etwa 1980 hartnäckig in beinahe allen ausgestrahlten Folge 27 von Österreich in der illegalen Gewerkschaftsbewegung Veröffentlichung über die Affäre Boro - II („Krisenjahre“) wiederholt, als auch in aktiv und organisierte die Fachgruppe dajkewycz und über Ernst Kirchweger der vierteiligen Zusammenfassung dieser Straßenbahner, als deren Obmann er fun - als erstes Opfer politischer Gewalt in der von Hugo Portisch gestalteten Doku -

2/15 Beiträge 3 mentarfilmreihe aus dem Jahr 2005 (Die welchem Zeitpunkt er Zweite Republik – eine unglaubliche Ge - verhaftet und dorthin schichte, Folge 4: Endlich: Der Staats - überstellt bzw. wieder vertrag und doch kein Schlussstrich). entlassen oder befreit Überblickt man heute die Dutzenden worden sein soll. Eben - Veröffentlichungen zur „Affäre Boro - sowenig hat es bei die - dajkewycz“ in wissenschaftlichen Mono - sen AutorInnen Anstoß graphien und Aufsätzen, in Zeitungen und erregt, dass Kirchweger Zeitschriften, so ist die korrekte Charakte - nach 1945 um keine risierung Kirchwegers als „Anti faschist Entschädigung als und Kommunist“ eher die Ausnahme Nazi-Opfer im Rahmen gegenüber jener als angeblich „ehemali - der Opferfürsorgege - ger KZ-Häftling“, die sich in Folge von setzgebung angesucht Abschreibübungen durch gesetzt hat. 23 Sie hat, also keine Opfer - findet man heute – um nur wenige leicht fürsorgeakten über ihn zugängliche Beispiele zu nennen – auch vorhanden sind, ob - im Internet-Portal APA historisch , im wohl diese bereits seit Weblexikon der Wiener Sozialdemokratie den 1970er Jahren in (www.dasrotewien.at ), im Rahmen eines Kopie im Dokumenta - aktuellen Beitrags auf der Homepage des tionsarchiv des öster - ORF und auch auf der offiziellen Website reichischen Widerstan - der Stadt Wien wien.at . des einzu sehen sind Kirchwegers angebliche KZ-Haft gilt und seither einen der heute als mehr oder weniger gesichertes wichtigsten Personen- Wissen wie Mozarts Geburtstag. Dies bezogenen Quellenbe - wird auch dadurch deutlich, dass es in stände über Verfolgte der Internet-Enzyklopädie Wikipedia bis des Nazi-Regimes dar - vor kurzem unmöglich war, beim Perso - stellen. Ebensowenig neneintrag über Ernst Kirchweger diese liegen Unterlagen über Ernst Kirchweger (1898–1965) falsche Tatsache zu entfernen, da sie un - Kirchweger in den im ter Berufung auf unzählige andere Quel - DÖW zugänglichen Mitgliedsakten des dieser nicht „mit der Waffe in der Hand“ len sogleich wieder ergänzt wurde bzw. KZ-Verbandes vor (obwohl mitunter sei - gegen den Faschismus gekämpft habe. die Tatsache, dass Kirchweger nie in ei - ne dortige Mitgliedschaft behauptet Sehr wohl war Kirchweger in den Jahren nem Konzentrationslager inhaftiert war, wird, 25 wofür es aber keinen Beleg gibt). der nationalsozialistischen Diktatur im als unbelegt zurückgewiesen wurde. Als abschließendes Kuriosum dieser antifaschistischen Widerstand tätig, in - Auch nach Veröffentlichung einer Bro - Legendenbildung sei darauf hingewie - dem er illegale politische Arbeit leistete. schüre zum 50. Todestag der Ermordung sen, dass Kirchweger in einigen Ver - Diese bestand darin, dass in seiner Woh - von Ernst Kirchweger durch den Bun - öffentlichungen nicht nur zum KZ-Häft - nung konspirative Sitzungen stattfinden, desvorstand der KPÖ im März dieses ling, sondern auch zum „Spanienkämp - hier ausländische Rundfunksender Jahres, in der im Rahmen meines biogra - fer“, also zum österreichischen Freiwilli - abgehört wurden, und Hilfe für die Opfer phischen Beitrags über Ernst Kirchwe - gen in den Reihen der Internationalen des Faschismus und deren Angehörigen ger 24 die Frage „KZ-Haft“ richtiggestellt Brigaden, die auf Seiten der Spanischen organisiert wurde. und im daran der Wikipedia - Republik kämpften, hochstilisiert wird. 26 Auch der Wiener war Kirch - Beitrag angepasst wurde, dauerte es nur weger als Nazi-Gegner bekannt: Da die wenige Stunden, bis übereifrige An - Referent für Kommunalpolitik Compass -Bände aufgrund der darin gehörige der Wikipedia -Community die in Favoriten enthaltenen Informationen über Ergänzungen und Korrekturen wieder Als definitiver Beleg dafür, dass Rüstungsbetriebe für geheim erklärt wur - rückgängig machten. Gefragt sei nicht Kirchweger in den Jahren der national - den, war das damit befasste Personal in - eigenes Wissen, so wurde von der Wiki - sozialistischen Diktatur keine KZ-Haft folge einer Anordnung des Gestapo- pedia - Gemeinde ins Treffen geführt, erdulden musste, ist schließlich der Referats „Gegnererforschung“ besonde - sondern „gesichertes Wissen“. Als solch bereits erwähnte, von ihm verfasste ren Überprüfungen ausgesetzt. Als gesichertes Wissen wiederum gelten of - Lebenslauf vom 24. Mai 1945 anzu- Kirchweger im September 1943 als der fenbar schlecht recherchierte Zeitungs - sehen, in dem er keine solche Verfol - für die „Organisation und Leitung der artikel, die womöglich sogar von Wiki - gungsmaßnahme anführt. Auch in einer Versendung“ der Bände zuständige Mit - pedia abgeschrieben wurden, nicht aber polizeilichen Einvernahme seines Soh - arbeiter zur Beurteilung eingereicht wur - quellenbasierte Forschungen. nes Erich, der als Facharzt für Haut - de, 28 wurde er von der Gestapo als „poli - Insgesamt darf es als durchaus eigen - krankheiten tätig war, und seiner Schwe - tisch nicht einwandfrei“ eingestuft. Gegen artig angesehen werden, dass es über ster Wilhelmine (wiederverheiratete seine Weiterbeschäftigung wurden aber Jahrzehnte hinweg kein/e Historiker/in Voytjech) gaben diese am Tag des Todes keine Einwände erhoben, sofern er seitens und keine Journalist/in der Mühe wert ge - von Kirchweger zu Protokoll, dass ihr des Abwehrbeauftragten des Betriebs „ei - funden hat, herauszufinden, in welchem Vater bzw. Bruder „weder im KZ noch ner entsprechenden Beobachtung unter - Konzentrationslager Kirchweger nun ge - Widerstandskämpfer gewesen sei“, 27 stellt werden“ könne, wie es in einem nau interniert gewesen sein sol l und zu was allerdings so zu verstehen ist, dass Schreiben der Gestapo hieß. 29 In der letz -

2/15 4 Beiträge ten Kriegsphase war Kirchweger gemein - im Juni 1945 von einem anderen Kom - Gewerkschaftsbewegung aktiv, setzte er sam mit einem weiteren leitenden Ange - munisten – Karl Kempf – in dieser Funk - seit den 1950er Jahren vor allem kultur - stellten des Unternehmens dafür verant - tion abgelöst wurde. Noch im Herbst politische und volksbildnerische wortlich, die von der Gestapo angeordne - 1945 arbeitete Kirchweger als ehrenamt - Schwerpunkte. Als kommunistische te Vernichtung des Verlagsmaterials so licher Mitarbeiter im Favoritner Woh - SchauspielerInnen 1948 das Neue Thea - lange hinauszuzögern, bis Wien schließ - nungsamt. 33 ter in der Scala gründeten, wurde auch lich von der Roten Armee befreit war. 30 Unmittelbar nach der Befreiung Öster - eine Publikumsorganisation – die Thea - Dass Kirchweger im organisierten reichs vom Faschismus wurde Kirch- terfreunde – ins Leben gerufen, mit dem kommunistischen Widerstand aktiv war, weger gemeinsam mit Josef Carl Wirth, 34 Ziel, durch billigste Abonnentenpreise wird auch dadurch deutlich, dass seine dem redaktionellen Leiter des Verlags, den Theaterbesuch für breiteste Schich - Gruppe im April 1945 in der Lage war, zunächst von der Handelskammer und ten der Bevölkerung erschwinglich zu beim Heraustreten aus der Illegalität im August 1945 schließlich vom zustän - machen. 40 Ernst Kirchweger fungierte in öffentliche Verwaltungsaufgaben wahr - digen Staatsamt zum öffentlichen Ver - den 1950er Jahren, bis zur Schließung zunehmen. So betrauten die örtlichen walter des Compass-Verlags bestellt. Ei - des Theaters im Jahr 1956, als Mitglied Kommandanturen der Roten Armee un - ne Funktion, die er bis 1. Dezember 1947 des Vorstands und zweiter Vizepräsident mittelbar nach dem Ende der Kampf - ausübte. 35 Die Einsetzung von öffent - der Theaterfreunde .41 Gemeinsam mit handlungen und noch vor der Etablie - lichen Verwaltern war ein Instrument, seiner Frau Anna, die ebenso der KPÖ rung einer Wiener Zentralverwaltung um die Kontrolle über „herrenlose“ Be - angehörte, war Kirchweger hier um ei - Antifaschis ten, die ihnen verlässlich er - triebe zu übernehmen, deren Besitzer zu - nen Publikumszuwachs bemüht. Seine schienen, mit zivilen Verwaltungsfunk - meist aufgrund ihrer Mitgliedschaft zur Theaterbegeisterung kam auch darin tionen. In 13 der 21 „alten“ Wiener NSDAP in die westlichen Bundesländer zum Ausdruck, dass er kleinere Theater- Bezirke (in den Stadtgrenzen von 1937) geflüchtet waren. Tatsächlich gehörte und Kulturgruppen förderte und – wie im bzw. in 15 der heutigen 23 Bezirke wur - Rudolf Otto Hanel seit dem Mai 1937 Nachruf der Volksstimme zu lesen ist – den Kommunis ten als so genannte „Be - der NSDAP an 36 und galt damit als „Al - die erste Freiluftaufführung im heutigen zirksbürgermeister“ eingesetzt. In Favo - ter Kämpfer“, wie jene österreichischen Freilichtmuseum Petronell-Carnuntum riten wurde bereits am 9. April 1945 der Nationalsozialisten bezeichnet wurden, organisierte. 42 Kommunist Klemens Friemel von der die sich bereits in den Jahren der Illega - Einem Vereinnahmungsversuch durch sowjetischen Besatzungsmacht zum Be - lität, vor dem „Anschluss“ Österreichs die Mitte der 1960er Jahre aus der KPÖ zirksvorsteher ernannt. 31 Friemel war in im März 1938, für die Partei betätigt hat - ausgeschiedene prochinesische Gruppe den Vorjahren mit den kommunistischen ten. Eigenen Angaben zufolge soll er um die Zeitschrift Rote Fahne verdanken Widerstandskämpfern Leopold Weinfur - aber in späteren Jahren sowohl in Wien, wir persönliche Erinnerungen an ter und Johann Mithlinger in Verbindung als auch in Vorarlberg bzw. Tirol, wohin Kirchwegers Parteiarbeit im Favoritner gestanden, die von den Nazis zum Tode er sich im März 1945 begeben hatte, über Gebiet „Odwody“ (benannt nach der hin - verurteilt und hingerichtet wurden. Sein Kontakte zur Widerstandsbewegung ver - gerichteten Widerstandskämpferin Kat - Sohn Rudolf kämpfte in den Reihen der fügt haben. 37 Die Bestellung seines harina „Käthe“ Odwody) bzw. im später Internationalen Brigaden auf Seiten der Schwagers Kirchweger zum öffentlichen geteilten Gebiet „Kepler“: demgemäß Spanischen Republik und wurde am Verwalter des Familienunternehmens soll Kirchweger „einer der beliebtesten 30. Dezember 1944, wenige Wochen vor dürfte jedenfalls eine auch für Hanel und aktivsten Favoritner Kommunisten“ der Evakuierung und Befreiung des Kon - günstige Lösung gewesen sein, kam sie gewesen sein. Seine Persönlichkeit zentrationslagers, gemeinsam mit den doch de facto einer vorübergehenden „strahlte soviel Elan und Mut aus, daß al - Wiener Kommunisten Ernst Burger und tre uhänderischen Maßnahme gleich. le neben ihm arbeitenden Genossen ein - Ludwig Vesely in Auschwitz gehenkt. 1946 kehrte Hanel nach Wien zurück, wo fach mitgerissen wurden. Für ihn gab es Insgesamt waren die KommunistInnen er zwar vor dem Volksgericht angeklagt weder Rast noch Ruh“, so Karl Horn, der im April 1945 die ersten, die Ordnung in wurde, im Oktober 1947 aber schließlich als Anhänger der Politik der KP Chinas das allgemeine Chaos brachten, die freigesprochen wurde. 38 Ende 1947 im sowjetisch-chinesischen Konflikt aus Sicherheitslage stabilisierten und das befand sich der Compass-Verlag schließ - der KPÖ Favoriten ausgeschieden war, zu öffentliche Leben in Gang setzten. Als lich wieder zu 100 Prozent in seinem Be - den Gründern der Marxistisch-Leninis - Favoritner Bezirksbürgermeister nahm sitz. Kirchweger blieb bis zu seiner Pen - tischen Partei Österreichs (MLPÖ) Friemel gemeinsam mit seinen Mitarbei - sionierung am 1. Februar 1963 leitender gehörte und als deren 2. Sekretär fun - terInnen die Wiederherstellung von zivi - Angestellter des Unternehmens und wur - gierte. Bei den Demonstrationen zum len Verwaltungsstrukturen, die Lebens - de als „Verlagsdirektor“ 39 angesprochen. 1. Mai organisierte Kirchweger Fahrrad - mittelversorgung, die Zuweisung von konvois, bei Großkolportagen der Volks - Wohnungen und Geschäftslokalen usw. Verdienter Funktionär der stimme nahm er ein Koffer-Radio mit in Angriff. Zu seinen engsten Mitarbei - ArbeiterInnenbewegung Schallplatten von Arbeiterliedern mit. tern gehörte Ernst Kirchweger, der von Wenn jemand mit gutem Recht als ver - „Ein besonderes Steckenpferd Ernstls ihm zum „Referenten für Kommunalpo - dienter Funktionär der politischen und war die revolutionäre Literatur. Uner - litik und Kommunalverwaltung“ ernannt gewerkschaftlichen ArbeiterInnenbewe - müdlich kämpfte er dafür, daß das gute wurde. 32 In dieser ehrenamtlichen Funk - gung bezeichnet werden kann, so ist es und revolutionäre Buch im Arbeiterhaus - tion kümmerte er sich um die Versor - Ernst Kirchweger. War er in der Ersten halt Einzug hielt“, so die Erinnerungen gung des Bezirks mit Lebensmitteln und Republik im Rahmen der sozialdemokra - von Horn an Kirchweger. 43 Seine ausge - die Organisierung von Aufräumungs- tischen Partei, der Freien Gewerkschaf - sprochene Leidenschaft galt der Bienen - arbeiten. De facto agierte er im Mai 1945 ten und der Genossenschaften und nach zucht im Favoritner Kleingartenverein als Sekretär des Bezirksvorstehers, der dem Februar 1934 weiter in der illegalen Weichselgarten .44

2/15 Beiträge 5 Die bis an sein Lebensende währende enge Bindung Kirchwegers an die KPÖ wird auch dadurch sichtbar, dass er einer der stimmberechtigten Delegierten zur Parteikonferenz am 9. April 1965, eine Woche nach seinem Tod, im Kongress - saal des Eisenbahnerheimes am Marga - retengürtel gewesen wäre. Die Partei - konferenz ist das höchste Forum der KPÖ nach dem Parteitag und wird zu spezifischen politischen Anlässen einbe - rufen, im konkreten Fall anlässlich der damals bevorstehenden Bundespräsiden - tenwahl im Mai 1965. Die Favoritner Bezirksorganisation der KPÖ, der tradi - tionell größte Parteibezirk, konnte auf - grund ihrer Mitgliederstärke insgesamt elf Delegierte zu dieser Konferenz ent - senden, darunter auch Ernst Kirch - weger, 45 was seine aktive Rolle und sein großes Ansehen innerhalb der Partei unterstreicht. Ernst Kirchweger (links unten) bei der Kundgebung gegen Taras Borodajkewycz Im Collegium Hungaricum hielt am 31. März 1965, unmittelbar bevor er niedergeschlagen wurde. Kirchweger in den 1960er Jahren öffent - liche Lichtbildvorträge über die zahlrei - Bei der Trauerkundgebung, die am tische Demonstration seit Bestehen der chen Reisen, die er unternahm, etwa 8. April 1965 auf dem Wiener Helden - Zweiten Republik. Bei der anschließen - nach Ägypten oder Zentralasien. 46 Über - platz stattfand, waren sämtliche Regie - den Trauerfeier vor der Feuerhalle in dies war er als Vorstandsmitglied und rungsmitglieder der SPÖ, die Mitglieder Simmering ergriffen Rosa Jochmann Kassier der Österreichisch-Ungarischen des Wiener Stadtsenats und des ÖGB- (SPÖ), der Präsident der Österreichi - Vereinigung für Kultur und Wirtschaft Präsidiums mit Anton Benya an der Spit - schen Widerstandsbewegung Franz aktiv und wurde erst wenige Tage vor ze, einige Repräsentanten der ÖVP und Sobek und KPÖ-Landesobmann Josef seinem Tod, am 26. März 1965, in der auch der damalige Wiener Bürgermeister Lauscher das Wort. 53 konstituierenden Sitzung des Vorstands und Präsidentschaftskandidat der SPÖ Im Oktober 1965 wurde Gunther in dieser Funktion bestätigt. 47 Im Nach - Franz Jonas anwesend. 51 Albrecht K. Kümel wegen Notwehrüberschreitung zu ruf der Österreichisch-Ungarischen Konečný als Vertreter des Antifaschis- nur zehn Monaten Arrest verurteilt. Freundschaftsgesellschaft wurde ein tischen Studentenkomitees , der katholi - Taras Borodajkewycz wurde im Mai Großteil der Erfolge, „die die Vereini - sche Student Reinhold Knoll, sowie Jo - 1966 vom Senat der Hochschule gung in ihrer völkerverbindenden Tätig - sef Hindels als Vizepräsident der Öster - zwangsweise in den Ruhestand versetzt. keit in den letzten Jahren zu verzeichnen reichischen Widerstandsbewegung hiel - Unterrichtsminister Theodor Piffl- hat“, Kirchwegers Tätigkeit zugeschrie - ten Gedenkreden. 52 „Als Funktionär der Perčević (ÖVP), ebenso wie Bundes - ben: „Sein gediegenes Wissen, seine von politischen und gewerkschaftlichen kanzler Julius Raab ein Duz-Freund von hohem Kulturbewußtsein und wahrer Arbeiterbewegung kämpfte er für die Borodajkewycz, hatte zuvor dessen Ab - Menschenfreundschaft erfüllte Haltung Rechte der arbeitenden Menschen. Die - berufung mit Hinweis auf die Hoch - schufen ihm zahlreiche Freunde in unse - sen Kampf setzte Ernst Kirchweger auch schulautonomie verweigert. In ein ähn - rer Geisteswelt“, war in diesem redaktio - in der faschistischen Zeit unter den liches Horn hatte bereits der damalige nellen Beitrag in der Zeitschrift Neues Bedingungen der Illegalität fort. Als ÖVP-Generalsekretär Hermann Withalm aus Ungarn zu lesen. 48 Widerstandskämpfer setzte er seine unmittelbar nach Kirchwegers Tod ge - ganze Kraft für ein unabhängiges, demo - stoßen, als er forderte, dass die „trauri - Zusammenrücken des kratisches Österreich ein. Für dieses gen Vorfälle“ nicht „zur Munition für die demokratischen Österreich Ideal fiel er 20 Jahre nach dem Ende der KP-Propaganda gegen die Demokratie in Im Nachruf des Zentralkomitees der deutschen Fremdherrschaft in Öster - Österreich“ werden dürften. 54 KPÖ wurde Ernst Kirchweger als „un - reich, unter den Schlägen rechtsradikaler Die KPÖ hielt in den folgenden Jahren beugsamer Antifaschist“ gewürdigt: „Als Elemente“, war auf einem von der Öster - das Gedenken an Ernst Kirchweger auf - Blutzeuge des antifaschistischen Kampfes reichischen Widerstandsbewegung und recht. In regelmäßigen Abständen wur - hat Genosse Ernst Kirchweger den Tod dem Anti faschistischen Studentenkomi - den an seinem Grab Kundgebungen ab - gefunden. Es darf kein weiteres Opfer tee herausgegebenen und während der gehalten und Kränze niedergelegt. In der des Faschismus mehr fallen“, war in der Kundgebung verteilten Gedenkblatt zu Volksstimme erschienen im Fünfjahres - Volksstimme zu lesen. 49 Am 5. April lesen. Der nachfolgende Trauerzug über intervall Erinnerungsartikel. Der Lieder - 1965 ruhte auf Beschluss des Präsidiums die Ring straße zum Schwarzenbergplatz, macher Rudi Burda widmete Kirchweger des Österreichischen Gewerkschafts - an dem 25.000 Menschen teilnahmen, ein Lied, das Ende Oktober 1978 beim bundes in Österreichs Betrieben für fünf wurde als „Zusammenrücken des demo - Hanns-Eisler-Treffen in Wien erstmals Minuten die Arbeit, zum Gedenken an kratischen Österreichs“ gewertet. Es war gesungen wurde. 55 Eine auf das skan - Kirchweger und zur Mahnung. 50 dies die bis dahin größte antifaschis- dalöse Gerichtsurteil Bezug nehmende

2/15 6 Beiträge Textzeile aus diesem Lied – „Der Tote ist auch selber schuld“ – gab der im heu - rigen Frühjahr im Gedenken an Kirchweger von der KPÖ herausgegebe - nen Broschüre den Titel. Im November 1989 wurde der in den Jahren 1979 bis 1981 errichtete Gemein - debau in der Sonnwendgasse 24 in Wien-Favoriten nach Ernst Kirchweger benannt, 56 womit auch ein öffentlich sichtbares Zeichen des antifaschistischen Gedenkens gesetzt wurde. Vor wenigen Wochen, am 31. März, wurden am Ort seines Totschlags vor dem Hotel Sacher in der Philharmonikerstraße „Steine der Erinnerung“ an Ernst Kirchweger ent - hüllt. Die Initiative hierzu hatte der ehe - malige SPÖ-Bundesrat Albrecht K. Konečný ergriffen, der bereits in den 1960er Jahren an der Aufdeckung der „Affäre Borodajkewycz“ beteiligt und Schweigemarsch über die Wiener Ringstraße vom Burgtor zum Schwarzenberg - am 8. April 1965 einer der Redner bei platz am 8. April 1965. der Trauerkundgebung am Heldenplatz war. „Ernst Kirchweger überlebte zwar der Trauerfeiern. „Ich sterbe als über - Jugend und Volk 1966; Gerard Kasemir: Spätes die Verfolgung durch die Nationalsozia - zeugter Sozialist mit der Hoffnung, daß Ende für „wissenschaftlich“ vorgetragenen listen, seine antifaschistische Haltung auch in Österreich in absehbarer Zeit die Rassismus. Die Borodajkewycz-Affäre 1965, in: kostete ihn aber 20 Jahre nach dem kapitalistische Gesellschaftsordnung von Michael Gehler/Hubert Sickinger (Hg.): Politi - Zweiten Weltkrieg das Leben. […] Wir der sozialistischen abgelöst sein wird“, sche Affären und Skandale in Österreich. Von haben die Verpflichtung, ihn in unserer schloss er sein Testament. 58 Dieses poli - Mayerling bis Waldheim. Thaur: Kulturverlag Erinnerung hochzuhalten“, ließ Natio - tische Vermächtnis Ernst Kirchwegers 19962, S. 486–501; Josef Hager: Hochschule nalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) bei bleibt Auftrag für die Zukunft. und Neonazismus: Der „Fall Taras Borodaj- dieser Gelegenheit verlautbaren. kewycz“ 1965, in: Geschichte und Gegenwart . Kirchwegers Schicksal erinnere an die Anmerkungen: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Gesell - „Versäumnisse der Nachkriegszeit“, so 1/ Eine elfseitige Tonbandabschrift dieser Ver - schaftsanalyse und politische Bildung, 15. Jg. Bures im Hinblick auf die zögerliche anstaltung ist abgedruckt im Anhang von Maria (1996), Nr. 3, S. 169–184; Zimmermann: Die Entnazifizierung nach 1945. 57 Zimmermann: Die Affäre Borodajkewycz. Höhe- Affäre Borodajkewycz (wie Anm. 1), bes. S. 20– und Wendepunkt eines antisemitischen und anti - 46. Zuletzt: Rafael Kropiunigg: Eine österreichi - „Ich sterbe als demokratischen Hochschulskandals im Jahr sche Affäre. Der Fall Borodajkewycz. Wien: überzeugter Sozialist“ 1965 – inhaltsanalytisch untersucht am Beispiel Czernin Verlag 2015. Angesichts der besonderen Umstände von sechs österreichischen Tageszeitungen. 7/ Die nachfolgenden Ausführungen stützen seines Todes konnte der testamentarisch Diplomarbeit Universität Wien 2001. sich – sofern nicht anders ausgewiesen – auf festgehaltene letzte Wille Kirchwegers 2/ Nazi raus! Stürmische antifaschistische einen Lebenslauf im Zentralen Parteiarchiv nicht erfüllt werden, hatte er sich doch Demonstration in der Wiener Innenstadt, in: (ZPA) der KPÖ, den Ernst Kirchweger am dort eine Einäscherung und Beisetzung Volksstimme , 30.3.1965, S. 1–2, hier S. 1. 24. Mai 1945 vor dem Besuch eines Schulungs - „in aller Stille, ohne jede Aufmachung“ 3/ Vgl. Landesgericht (LG) Wien 27b Vr kurses der Partei und in Ergänzung eines Stan - gewünscht. Von Kranzspenden sollte 2129/65, Bd. 1, Bl. 159–161, Polizeidirektion dardfragebogens verfasst hat. Auf diesem Abstand genommen werden, vielmehr Wien, Abt. 1, Betr.: Kirchweger Ernst, Erhe - Dokument basiert auch der Nachruf auf erbat er sich an deren Stelle Spenden für bung, Bericht, 2.4.1965, S. 3. Kirchweger im kommunistischen Zentralorgan die Demokratische Vereinigung „Kin - 4/ Vgl. Die Trauerfeier vor dem Krematorium, in: (Ein Leben und ein Tod für die Demokratie, in: derland“ , die KPÖ-nahe Kinder- und Volksstimme , 9.4.1965, S. 2. Volksstimme , 3.4.1965, S. 3). Elternorganisation. „Es ist mein aus - 5/ Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA), 8/ Compass-Archiv, Arbeitsbuch Nr. 386/ drücklicher Wunsch, daß an meiner 2.3.1.10, Bezirksgericht Favoriten, Verlassen - 576782 v. 20.2.1945, ausgestellt vom Einäscherung und Beisetzung nur meine schaftsakten Ernst Kirchweger, Standesamt Arbeitsamt Wien am 10.11.1939. Ich danke allerengsten Verwandten […] und per - Wien-Alsergrund, Mitteilung eines Sterbefalles, Tano Bojankin und Jessica Richter für die Über - sönlichen Freunde […] teilnehmen, 5.4.1965. lassung dieses und weiterer Dokumente. während alle übrigen Personen, Körper - 6/ Heinz Fischer: Einer im Vordergrund: Taras 9/ Österreichisches Staatsarchiv (ÖStA)/Kriegs - schaften und Institutionen (Verwandte, Borodajkewycz. Eine Dokumentation. Wien, archiv, Militärische Grundbuchsevidenz, K.u.k. Geschäftsfreunde, Firmen, Amtsstellen, Frankfurt/M., Zürich: Europa Verlag 1966 Matrosenkorps, Hauptgrundbuchsblatt, Assent - Organisationen usw.) mein Ableben erst (Österreichprofile. Zeitgeschichtliche Publika - jahrgang 1916, Blatt Nr. 2044, Ernst Kirchweger. nach erfolgter Einäscherung und Beiset - tionen); Erich Schmidt/Albrecht K. Konecny: 10/ Zu Neuraths Engagement in der Siedler - zung auf schriftlichem Wege zur Kennt - „Heil Borodajkewycz!“ Österreichs Demokraten bewegung vgl. Günther Sandner: Otto Neurath. nis gebracht werden soll“, so Kirchweger im Kampf gegen Professor Borodajkewycz und Eine politische Biographie. Wien: Paul Zsolnay über den von ihm gewünschten Ablauf seine Hintermänner. Wien, München: Verlag für Verlag 2014, S. 165–176.

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11/ Arbeitsbuch (wie Anm. 8). (1867–2011), in: Mitteilungen der Gesellschaft in der Hand gegen den Faschismus gekämpft 12/ Ausstellungsführer, in: Siedler und Klein - für Buchforschung in Österreich 2011–2. Wien hatten, etwa in Spanien in den Reihen der Inter - gärtner , 5. Jg., Nr. 9, September 1925, S. 1. 2011, S. 13–26, hier S. 20f.; Tano Bojankin: Die nationalen Brigaden, 1944/45 im Rahmen der in 13/ ZPA der KPÖ, Fragebogen für die Auf- Geschichte des Compass Verlags – Ein Zwi - Jugoslawien aufgestellten Österreichischen nahme in den Politischen Schulungskurs, schenstand, in: Sylvia Mattl-Wurm/Alfred Pfoser Freiheitsbataillone, in Partisaneneinheiten oder 24.5.1945. (Hg.): Die Vermessung Wiens. Lehmanns in den alliierten Armeen (Verband österreichi - 14/ Von beiden illegalen Zeitschriften sind in der Adressbücher 1859–1942. Wien 2011, S. 339– scher antifaschistischer Freiheitskämpfer, in: Flugschriftensammlung des Dokumentations- 347, hier S. 347. Österreichische Volksstimme , 9.7.1946, S. 2). archivs des österreichischen Widerstandes 16/ Hugo Pepper: Der Professor und der Tote, 26/ Kirchwegerhof in Favoriten, in: Volks - (DÖW) mehrere Exemplare aus den Jahren in: Der jugendliche Angestellte , April 1965, zit. stimme , 26.4.1987, S. 5; Ernst Kirchweger, in: 1935 bzw. 1936 überliefert (Nr. 4004/7 und nach Fischer: Einer im Vordergrund (wie profil , 4.5.1987, S. 94. 4022/7). Anm. 6), S. 291–294, hier S. 294. 27/ LG Wien 27b Vr 2129/65, Bd. 1, Bl. 159–161, 15/ Vgl. dazu Katharina Bergmann-Pfleger/ 17/ 15. Todestag Ernst Kirchweger, in: Doku - Polizeidirektion Wien, Abt. 1, Betr.: Kirchweger Tano Bojankin: Vom Print- zum Onlinemedium. mentationsarchiv des österreichischen Wider - Ernst, Erhebung, Bericht, 2.4.1965, S. 2. Der Compass-Verlag und seine Publikationen standes. Mitteilungen , Nr. 45, März 1980, S. 3. 28/ Compass-Archiv, Compass-Verlag an die 18/ Norbert Schausberger: Österreich. Der Weg Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle Wien, der Republik 1918–1980. Graz, Wien 1980, Referat IV C 1, Zl. 2/1000/5698 v. 9.9.1943. Neuerscheinung S. 152; Marina Fischer-Kowalski/Josef Buček 29/ DÖW 1944, Geheime Staatspolizei, Staats - (Hg.): Ungleichheit in Österreich. Ein Sozial - polizeileitstelle Wien an den Compass-Verlag, „Der Tote ist auch bericht. Wien, München: Jugend und Volk z.H. des Abwehrbeauftragten, B. Nr. 25960/43 selber schuld.“ 19802 (Gesellschaftswissenschaftliche Studien, IV C 1 c v. 12.10.1943, Betrifft: Armgard Pich - Bd. 4), S. 14. ler, Helene Welser, Ernst Kirchweger. Das Zum 50. Jahrestag der 19/ W.P. [Werner Pirker]: „Fall Borodajkewycz“ Schriftstück wurde Anfang Dezember 1963 von Ermordung von Ernst Kirchweger – ist er abgeschlossen?, in: Volksstimme , Ernst Kirchweger dem neu gegründeten DÖW hg. von der Kommunistischen 15.1.1984, S. 2. übermittelt. Partei Österreichs 20/ Die Kommunistische Partei Österreichs. 30/ WStLA, 2.3.14.A1, Vg 1a Vr 4278/46, Straf - Wien: Globus-Verlag 2015 Beiträge zu ihrer Geschichte und Politik, hg. von sache gegen Rudolf Hanel, Zeugenvernehmung 64 Seiten, 4,– Euro der Historischen Kommission beim Zentralkomi - mit Ernst Kirchweger in der Strafsache gegen ISBN 978 –3–9503485 –3–8 tee der KPÖ. Wien 1987 (2. Aufl. 1989), S. 436. Rudolf Hanel, 12.9.1946, S. 2, sowie Polizei- 21/ Brigitte Bailer/Wolfgang Neugebauer: Abriß direktion Wien, Ref. I/R II b, Niederschrift mit der Entwicklung des Rechtsextremismus in Öster - Josef Wirth, 18.5.1946, S. 5. reich, in: Handbuch des österreichischen Rechts - 31/ Vgl. dazu Manfred Mugrauer: Klemens Frie - extremismus, hg. von der Stiftung Dokumenta - mel (1881–1961). Zur Erinnerung an den ersten tionsarchiv des österreichischen Widerstandes. kommunistischen Bezirksbürgermeister von Wien: Deuticke 1993, S. 97–101, hier S. 98. Favoriten im Jahr 1945, in: Wiener Geschichts - 22/ Brigitte Bailer-Galanda/Wilhelm Lasek/Wolf - blätter , 68. Jg. (2013), Nr. 1, S. 59–68. gang Neugebauer: Politischer Extremismus 32/ WStLA, Magistratsdirektion, Bürgermeister - (Rechtsextremismus), in: Handbuch des politi - amt 1945, A 6, Karton 1, B.A. 93/45, [Klemens] schen Systems Österreichs. Die Zweite Repu - Friemel an Theodor Körner, 30.4.1945. blik, hg. von Herbert Dachs u.a. Wien: Manz 33/ Vgl. ZPA der KPÖ, Wirtschaftspolitische 19973, S. 333–368, hier S. 334 Abteilung an die Kaderabteilung der Stadt- 23/ Die aktuellsten Beispiele: Georg Markus: leitung der KPÖ Wien, 26.10.1945. Der ewig gestrige Professor Borodajkewycz, in: 34/ Vor dem „Anschluss“ war Wirth Chefredak - Kurier , 18.3.2015; Hannah Schifko: Ein Denk - teur der Tageszeitung Die Stunde , der ersten mal für Ernst Kirchweger vorm Hotel Sacher, in: österreichischen Boulevardzeitung, nach der Falter , 25.3.2015; Lukas Zimmer: „Alle“ und nie - Befreiung im Jahr 1945 wurde er zum Leiter des Inhalt: mand töteten Ernst Kirchweger, in: Pressedienstes im Bundeskanzleramt bestellt. http://orf.at/stories/2269876/2269861 [31.3.2015]. 35/ Ursula Schwarz: Das Wiener Verlagswesen Michael graber: 24/ Manfred Mugrauer: Ernst Kirchweger. Ein der Nachkriegszeit: Eine Untersuchung der Die Affäre Borodajkewycz verdienter Funktionär der Arbeiterbewegung, in: Rolle der öffentlichen Verwalter bei der Entnazi - Manfred Mugrauer: „Der Tote ist auch selber schuld.“ Zum 50. Jah - fizierung und bei der Rückstellung arisierter Ernst Kirchweger restag der Ermordung von Ernst Kirchweger, Verlage und Buchhandlungen. Diplomarbeit hg. von der Kommunistischen Partei Öster - Universität Wien 2003, Anhang, S. 1. rudi Burda: Kirchweger-Lied reichs. Wien: Globus-Verlag 2015, S. 21–28. 36/ ÖStA/Archiv der Republik, Zivilakten der Siegfried Sanwald: 25/ L.R.: Vor 45 Jahren: Der erste politische NS-Zeit, Gaupersonalamt des Reichsgaues Der Prozess gegen Gunther Kümel Tote der Zweiten Republik: Ein Mitglied des KZ- Wien („Gauakten“), Zl. 109.598, NSDAP, Perso - Walter Baier: Verbands, in: Der neue Mahnruf , Nr. 3–4/2010, nal-Fragebogen zum Antragschein auf Aus- Rechtsextremismus und S. 10. Zwar waren im KZ-Verband nicht nur stellung einer vorläufigen Mitgliedskarte und zur Populismus heute ehemalige Häftlinge, sondern nach Auflösung Feststellung der Mitgliedschaft im Lande Öster - des Verbandes der antifaschistischen Freiheits - reich, 25.6.1938. Bestellmöglichkeit : kämpfer 1949/50 auch WiderstandskämpferIn - 37/ Ebd., BMI, Beschwerdekommission nach [email protected] nen Mitglied, angesprochen wurden dabei aber § 7 des Verbotsgesetzes, GZl. 1216/49 v. solche FreiheitskämpferInnen, die mit der Waffe 24.1.1951, S. 2.

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38/ WStLA, 2.3.14.A1, Vg 1a Vr 4278/46, Straf - sache gegen Rudolf Hanel, Urteil des Volks - Mahnmal „369“ enthüllt gerichts vom 6.10.1947, S. 2. m 21. April 2015 wurde das Mahn - dits 16-jährig von der Gestapo verhaftet, 39/ Exemplarisch: Bücher aus Ungarn, in: Neues Amal „369 Wochen“ vor dem Wiener der Vorbereitung des Hochverrats ange - aus Ungarn , 13. Jg., Jänner 1964, S. 1–6, hier S. 1. Landesgericht für Strafsachen über - klagt und am 26. April 1944 im LG Wien 40/ Theaterfreunde – Scala, in: Der Vertrauens - geben. Das Monument ist eine große zu einem Jahr und sechs Monaten Jugend- mann , hg. von der Wiener Stadtleitung der KPÖ Pyramide aus Stahl, die den Schriftzug gefängnis verurteilt. Zunächst ins Arbeits- für die Wiener Vertrauensmänner, 3. Jg., Nr. 8, „369 Wochen“ trägt, der symbolisch für erziehungslager Oberlanzendorf eingelie - November 1948, S. 20. die Dauer der NS-Herrschaft in Wien fert, wurde sie im September 1944 nach 41/ ZPA der KPÖ, S. [Selly] Paryla: Die Theater - steht, und diesen als Lichtinstallation auf und zwei Wochen später in das KZ freunde: Organisationsbericht, 31.3.1954, S. 1. die Außenwand des „Grauen Hauses“ Ravensbrück überstellt. Am 28. April 42/ Ein Leben und ein Tod für die Demokratie, wirft. Das Denkmal befindet sich in einer 1945 musste sie den Evakuierungsmarsch in: Volksstimme , 3.4.1965, S. 3. Achse zur ehemaligen Hinrichtungsstätte in Richtung KZ Bergen-Belsen antreten. 43/ Karl Horn: Erinnerungen an Genossen Ernst im Erdgeschoss des Landesgerichts. Dort Dabei gelang ihr die Flucht. Kirchweger, in: Rote Fahne . Organ des Zentral - befindet sich seit den 1950er Jahren ein Vor der Mahnmalenthüllung fand im komitees der Marxistisch-Leninistischen Partei Gedenkraum, auf den nun auch von Großen Schwurgerichtssaal eine Österreichs (MLPÖ), Nr. 76, 15.4./1.5.1967, außen aufmerksam gemacht wird. Gedenkstunde statt, an der Bundeskanz - S. 9–10. Während der NS-Zeit wurden im Lan - ler Werner Faymann, Justizminister Dr. 44/ LG Wien 27b Vr 2129/65, Bd. 1, Bl. 159–161, desgericht mehr als 1.200 Menschen hin - Wolfgang Brandstetter, Kulturminister Polizeidirektion Wien, Abt. 1, Betr.: Kirchweger gerichtet. Die Verurteilten wurden mit Dr. Josef Ostermayer, Kulturstadtrat Dr. Ernst, Erhebung, Bericht, 2.4.1965, S. 1. dem Fallbeil enthauptet, darunter über Andreas Mailath-Pokorny und Landes - 45/ ZPA der KPÖ, Delegierte der Wiener Bezirke 600 politische WiderstandskämpferIn - gerichts-Präsident Mag. Friedrich zur Parteikonferenz der KPÖ am 9. April 1965. nen, die aktiv gegen das NS-Regime ein - Forsthuber teilnahmen. Kardinal Chris - 46/ Aus dem Leben der Vereinigung, in: Neues getreten waren. toph Schönborn erinnerte in seiner Rede aus Ungarn , 13. Jg., Jänner 1964, S. 22; Aus Entworfen wurde das Mahnmal von an die am 30. März 1943 hingerichtete dem Leben der Vereinigung, in: Neues aus der österreichischen Künstlerin Eva Ordensschwester Maria Restituta Ungarn , 14. Jg., Jänner/Februar 1966, S. 24– Schlegel. Die Zeitzeugin Käthe Sasso, (Helene Kafka). Dabei würdigte er auch 25, hier S. 24. geb. Smudits, hat den Titel „369 die sechs kommunistischen Straßen - 47/ 15 Jahre Österreichisch-Ungarische Verei - Wochen“ angeregt. 1926 geboren, war bahner aus dem 20. Bezirk, die vom nigung, in: Neues aus Ungarn , 14. Jg., sie Mitglied der kommunistischen Volksgerichtshof wegen „Vorbereitung März/April 1965, S. 3–5, hier S. 4; Aus dem Widerstandgruppe um Adolf Neustadtl, zum Hochverrat“ zum Tode verurteilt Leben der Vereinigung, in: Neues aus Ungarn , die vor allem Witwen hingerichteter und gemeinsam mit Schwester Restituta 14. Jg., Mai/Juni 1965, S. 21–22, hier S. 21. Widerstandskämpfer mit Lebensmitteln enthauptet wurden. Sie sind in der Grup - 48/ Neues aus Ungarn , 14. Jg., März/April 1965, unterstützte, ausländische Radiosender pe 40 des Wiener Zentralfriedhofes S. 23. abhörte und illegale Flugblätter verteilte. bestattet. 49/ Genosse Ernst Kirchweger, in: Volks - Im August 1942 wurde Katharina Smu - Claudia KuretSidiS -H aider stimme , 3.4.1965, S. 1. 50/ ÖGB: Am Montag, 8 Uhr früh, Arbeitsruhe. Zum Gedenken an Kirchweger und zur Mah - nung, in: Volksstimme , 3.4.1965, S. 1. Zum 50. Todestag von Ernst Kirchweger 51/ Ergreifende Trauerfeier für Ernst Kirchweger m 25. März 2015 fand im Schu - Nach Worten der Begrüßung von – Glaube an Österreich heißt Verteidigung der Alungszentrum des Wiener Straf - Friedrich Forsthuber, dem Präsidenten Demokratie. Mehr als 20.000 bei der Trauer - landesgerichts ein Symposium statt, des Wiener Landesgerichts, und Ger - kundgebung und Schweigemarsch, in: Volks - das in Kooperation zwischen der Zen - hard Baumgartner, dem wissenschaft - stimme , 9.4.1965, S. 1–2, hier S. 1. tralen österreichischen Forschungs - lichen Leiter des DÖW, referierten 52/ Worte der Besinnung. Die Reden bei der stelle Nachkriegsjustiz, dem Landes - Bundesminister a.D. Ferdinand Lacina Trauerfeier, in: Volksstimme , 9.4.1965, S. 3. gericht für Strafsachen Wien, dem zur Affäre Borodajkewycz, Bernhard 53/ Die Trauerfeier vor dem Krematorium, in: Dokumentationsarchiv des öster - Weidinger zum Rechtsextremismus an Volksstimme , 9.4.1965, S. 2. reichischen Widerstandes , der Alfred den österreichischen Hochschulen in 54/ Piffl verteidigt Hochschulautonomie, in: Die Klahr Gesellschaft und dem KZ-Ver - den 1960er Jahren, Manfred Mugrauer Presse , 6.4.1965, zit. nach Fischer: Einer im Vor - band Wien veranstaltet wurde. zum Leben von Ernst Kirchweger, dergrund (wie Anm. 6), S. 284–285, hier S. 285. Anlass war der 50. Todestag des Siegfried Sanwald zum Prozess gegen 55/ Kirchweger-Lied, in: Volksstimme , Antifaschisten Ernst Kirchweger, der Gunther Kümel und Dagmar Schindler 1.11.1978, S. 4. am 31. März 1965 bei einer Demon - zum Thema der Gewalt bei Demon - 56/ Ernst-Kirchweger-Hof, in: Volksstimme , stration gegen den antisemitischen strationen und der Antwort von Polizei 10.11.1989, S. 5. Universitätsprofessor Taras Boro - und Justiz heute. 57/ Parlamentskorrespondenz Nr. 293, dajkewycz vom Rechtsextremisten Claudia Kuretsidis-Haider moderier - 30.3.2015, in: http://www.parlament.gv.at/PAKT/ und RFJ-Mitglied Gunther Kümel nie - te die Veranstaltung, die bei dem mit PR/JAHR_2015/PK0293/index.shtml [30.3.2015]. dergeschlagen wurde und zwei Tage ca. 200 Personen zahlreich erschiene - 58/ WStLA, 2.3.1.10, Bezirksgericht Favoriten, später als erstes Todesopfer politischer nen Publikum großen Anklang fand Verlassenschaftsakten Ernst Kirchweger, Kund - Gewalt in der Zweiten Republik sei - und eine lebhafte Diskussion entfachte. machung, 6.5.1965, Beilage: Mein letzter Wille, nen Verletzungen erlag. HanS HautMann 14.4.1958, S. 1f.

2/15 Beiträge 9 Der Prozess gegen Gunther Kümel Notwehrüberschreitung vs. Totschlag – ein fragwürdiges Urteil Siegfried SanWald ie Vorgeschichte der „Affäre vember des gleichen Jahres in einen Auch Augenzeugen sprachen gegenüber Borodajkewycz“, deren negativer nächtlichen Überfall auf das Parlament der Polizei von einem K.O.-Schlag und DHöhepunkt der gewaltsame Tod involviert. Am 30. Mai 1962 wurde gaben zu Protokoll, dass Kirchweger oh - Ernst Kirchwegers war, wurde bereits in Kümel deshalb wegen Übertretung des ne jede Reflexbewegung stocksteif rück - mehreren Publikationen behandelt. Im Waffengesetzes zu zehn Monaten Arrest wärts gefallen und mit dem Hinterkopf Mittelpunkt des folgenden Beitrags steht verurteilt. Ende Oktober 1962 wurde er am Boden aufgeschlagen sei. 7 eine Analyse des Prozesses gegen aus der Haft entlassen. 3 Die Universität Im Rahmen der polizeilichen Ermitt - Gunther Kümel, der im Oktober 1965 im Wien, an der Kümel seit Oktober 1961 lungen wurden u.a. Wilhelm Dirtl, Wiener Straflandesgericht stattfand. Jus studierte, erkannte dem Verurteilten Solotänzer der Wiener Staatsoper, Olaf lediglich ein Semester ab. Im November Borodajkewycz, Ferdinand Lacina, Hol - Einschlägig vorbestrafter 1962 inskribierte er für die Fachrichtung ger Bauer, Manfred Lampelmayer, Sken - Rechtsextremist Chemie und erhielt vom Bundesministe - der Fani sowie die spätere Solotänzerin Kümel wurde in Teheran geboren, wo rium für Unterricht in den Jahren 1964 der Staatsoper Ulrike Wührer befragt. sein Vater als Erdölgeologe einer und 1965 eine Studienbeihilfe von jähr - Über den genauen Tathergang existieren holländischen Gesellschaft und später lich ATS 10.000,–. Erst im Zuge der ge - widersprüchliche, voneinander abwei - als iranischer Staatsangestellter tätig richtlichen Untersuchungen zum Tod chende Zeugenaussagen. Zwei Zeugin - war. Nach der Besetzung Persiens wurde von Ernst Kirchweger wurde das Stipen - nen behaupteten gesehen zu haben, wie er gemeinsam mit seiner Mutter ausge - dium für erloschen erklärt. 4 der nach dem Faustschlag zurück - wiesen und gelangte über die Türkei und taumelnde Kirchweger gestützt worden Bayern nach Wien. Hier wurde die Fami - Polizeiliche Ermittlungen sei und erst nach dem Zurückweichen lie 1947 wieder vereint. Kümel wechsel - und Vernehmungen seiner Helfer zu Boden fiel. Andere Zeu - te mehrmals die Volksschule und später Kümel konnte am 31. März 1965, gen wiederum erwähnten keine weiteren das Gymnasium, trat einer nationalen nachdem er Kirchweger niedergeschla - Personen. Auch hinsichtlich der Position Jugendbewegung, dem Bund heimat- gen hatte, vorerst unerkannt entkommen, des zu Boden gefallenen Opfers und dar - treuer Jugend , bei und versuchte, diese – wurde allerdings drei Tage später verhaf - über, ob Kirchweger zuvor Kümel ange - seinen eigenen Angaben zufolge – in die tet. In den ersten Einvernahmen rechtfer - griffen habe oder nicht, liegen unter - FPÖ-Jugendbewegung einzugliedern. 1 tigte er sich dahingehend, in einer Notsi - schiedliche Wahrnehmungen vor. Aus - Zum Tatzeitpunkt war der 24-jährige tuation gewesen zu sein, weshalb er sich sagen des Rettungsarztes und der Sanitä - Chemiestudent weder in rechtsextremen nicht des Verbrechens des Totschlages ter zufolge war Kirchweger zum Zeit - Kreisen noch bei der Staatspolizei ein schuldig fühle. Gegenüber dem einver - punkt des Abtransports und auf der Fahrt unbeschriebenes Blatt und verfügte be - nehmenden Untersuchungsrichter gab er in die I. Unfallstation des Allgemeinen reits über ein ansehnliches Register an an, Kirchweger aus Angst vor einer Ver - Krankenhauses teilweise noch ansprech - Vorstrafen. Schon Ende der 1950er Jahre letzung einen Faustschlag versetzt zu ha - bar, verfiel aber immer wieder in einen beteiligte sich Kümel als Mittelschüler ben. „Ich hatte nicht das Gefühl, auf Dämmerzustand. 8 an Hakenkreuz-Schmierereien, zertrüm - Kirchweger stark eingeschlagen zu In einer Aussendung der Österreichi - merte einen Schaukasten der Volksstim - haben. Durch den Umstand, dass er mir schen Hochschülerschaft an der TU me und zündete Stinkbomben im Rah - und damit meinem Schlag entgegenkam, Wien skizzierten die Herausgeber ein men einer politischen Veranstaltung zum kann aber der Schlag kräftiger ausge - völlig im Widerspruch zu den tatsäch - 1. Mai. Zwei Verurteilungen durch den fallen sein. Überdies war ich infolge lichen Ereignissen stehendes Bild von Jugendgerichtshof – der Ausspruch einer meines Angstgefühles nicht fähig, mei - angeblich aus niederösterreichischen Strafe wurde in beiden Fällen bedingt nen Schlag genau abzumessen. Ich woll - Industriezentren angereisten Schläger - aufgeschoben und die Probezeit verlän - te Kirchweger nur stoppen und seinen trupps, die auf wehrlose Studenten losge - gert – hinderten ihn jedoch nicht daran, Angriff abwehren“, 5 so Kümel. gangen seien und aus Versehen weiterhin in der rechtsextremen Szene Dass es sich bei Kirchweger um einen Kirchweger erschlagen hätten. 9 Unter aktiv zu bleiben. Ein Verfahren wegen alten Mann handelte, konnte der Be - den Gegendemonstranten verbreitete Wiederbetätigung wurde aufgrund von schuldigte nach eigenen Angaben nicht sich auch das Gerücht, dass zwei Teil - Beweisschwierigkeiten sowie eines psy - erkennen. Ebenso verharmloste er den nehmer aus ihren Reihen ums Leben ge - chiatrischen Gutachtens, das dem Besuch von Boxkursen in der Univer - kommen seien. In mehreren Zeugenaus - Beschuldigten einen Mangel an „geis - sitäts-Turnanstalt und sprach lediglich sagen wurde der angebliche Tod von tiger Reife“ bescheinigte, eingestellt. 2 davon, über bescheidene Anfängerkennt - zwei Studenten erwähnt. Gemeinsam mit Gerd Honsik und an - nisse zu verfügen. Die gerichtliche Ob - Ein gerichtspsychiatrisches Gutachten deren verübte er am 28. Mai 1961 einen duktion des Leichnams widerlegte diese bescheinigte dem Beschuldigten zum Brandbombenanschlag auf die italieni - Behauptung, da neben dem tödlichen Tatzeitpunkt eine ängstliche Erregung sche Botschaft in Wien, führte im Som - Schädelsprung als Folge des Sturzes und eine Herabsetzung der Hemmungs - mer ein Attentat auf das Büro der Flug - auch ein Bruch des linken Unterkiefers instanz auch aufgrund einer in der Kind - gesellschaft Alitalia aus und war im No - von Kirchweger festgestellt wurde. 6 heit erlittenen Hirnverletzung. Diese ha -

2/15 10 Beiträge richtshof eingebrachte Nichtigkeits - beschwerde zur Folge, der aber nicht stattgegeben wurde. 14 Zu Beginn erörterten der Vorsitzende Richter und der Staatsanwalt die Bewer - tung der Hauptverhandlung als politi - schen oder kriminellen Prozess. Gleißner merkte gegenüber dem Staatsanwalt an, dass es bei einer Anklage wegen Tot - schlags noch nie vorgekommen sei, dass nach der politischen Gesinnung des Täters oder des Opfers gefragt werde. Falls versucht werden würde, politische Aspekte in den Prozess hineinzubringen, dann müsse aus Sicht des Richters eine Zuständigkeit der Geschworenen - gerichtsbarkeit geprüft werden. Staatsan - walt Heinrich Schmieger sprach sich dafür aus, dass auch „das politische Vor - leben des Angeklagten zur Abrundung Der von Gunther Kümel am 31. März 1965 zu Boden geschlagene Ernst Kirchweger. des Bildes […] zur Sprache gebracht werden“ müsse. 15 be zu einer Beeinträchtigung des Ver - behörde als Raufhandel bewertet wer - Seine Teilnahme an der Gegendemon - nunftgebrauchs geführt, nicht aber zur den. Im Raufhandel ruhe „aber nach stration rechtfertigte Kümel mit dem Aufhebung der Vernunft zum Zeitpunkt ständiger Lehre und Rechtsprechung die angeb lichen Angriff auf die Hochschul - der Straftat. Resümierend merkte der Notwehr“, so die Anklageerhebung. 12 autonomie. Nach eigenen Angaben woll - Gutachter über Kümel an: „Die Persön - Außerdem sei die Eskalation der Ausein - te er sich keiner der beiden Gruppen lichkeitsentwicklung lässt den Weg bis andersetzung von den Gegendemon - anschließen. In die Auseinandersetzun - unmittelbar vor den Zeitpunkt der stranten durch antisemitische Parolen gen sei er nur aufgrund der unübersicht - Straftat verstehen und die ängstliche und Tätlichkeiten, wie dem Werfen von lichen Situation zufällig hineingeraten: Erregung bildet die Verstehensgrundlage Gegenständen und Stinkbomben, hervor - „[…] ich habe nichts gesagt und nie - der Straftat.“ 10 gerufen worden. Ein von Franz Grois, mand etwas getan, ich war nur ganz still dem Verteidiger Kümels, vorgebrachter und gewöhnlich. Es war keine von vor - Anklageerhebung durch Antrag auf Enthaftung gegen Gelöbnis neherein gefährliche Situation.“ Angeb - die Staatsanwaltschaft und Vorlage einer Kaution in der Höhe lich wollte er nur mit am Straßenrand Am 5. Juli 1965 erhob Staatsanwalt von ATS 15.000,– bis 20.000,– wurde stehenden ZuschauerInnen diskutieren Theodor Mayer-Maly Anklage gegen von der Ratskammer des Landesgerichts und ihnen seine Meinung näher bringen. Gunther Kümel wegen des Verbrechens für Strafsachen Wien mit Beschluss vom Parolen wie „Juden raus“ oder „Hoch des Totschlages. Aus Sicht der Anklage 7. Juli 1965 wegen Fluchtgefahr abge - Auschwitz“ habe er nicht vernommen. In bestand ein Kausalzusammenhang zwi - wiesen. 13 Einer Haftbeschwerde des weiteren Ausführungen stellte sich der schen dem Faustschlag und dem Tod von Angeklagten gab das Oberlandesgericht Angeklagte gar als ruhender Pol dar, der Kirchweger. Die Wucht des Schlages Wien keine Folge. bemüht gewesen sei, Menschen vor habe zum Bruch des Unterkiefers und Schaden zu bewahren bzw. Demonstran - zum Sturz geführt, bei dem er sich jene Beginn der Hauptverhandlung ten vor Gewaltaktionen abzuhalten. schweren Kopfverletzungen zuzog, die Am 18. Oktober 1965 eröffnete der Erst eine unter den Gegendemonstran - in weiterer Folge eine Hirnlähmung Vorsitzende Richter, Oberlandes - ten verbreitete Aufforderung, sich in bewirkten: „Die auf Notwehr ausgerich - gerichtsrat Alfred Gleißner, die Haupt - Richtung Minoritenplatz zu begeben, tete Verantwortung des Angeklagten ist verhandlung in der Strafsache gegen habe ihn dazu veranlasst, dieser Gruppe unglaubwürdig und wird durch die Gunther Kümel vor einem Schöffensenat – nach eigenen Angaben in einem „Mit - Beweisergebnisse zu widerlegen sein“, 11 des Landesgerichts für Strafsachen telding zwischen Laufen und Gehen“ – ist in der Anklageschrift zu lesen. Wien. Bereits Anfang des Monats war zu folgen. Plötzlich habe er einen Stoß In den Augen der Staatsanwaltschaft im Beisein des Richters, des Staatsan - verspürt, worauf er sich umdrehte und sei auch deshalb keine Notwehrsituation walts und des Verteidigers aus insgesamt Kirchweger mit entschlossenem Ge - gegeben gewesen, da nur einzelne 20 SchöffInnen die Auswahl von zwei sichtsausdruck und erhobenen Fäusten Demonstranten die Ordnerkette im Kreu - Haupt- und zwei Ersatzschöffen nach sah. Zum Selbstschutz habe er beide zungsbereich Kärntnerstraße – Walfisch - folgenden Ausschlusskriterien erfolgt: Hände vorgestreckt und so den vermeint - gasse – Philharmonikerstraße durchbro - Zugehörigkeit zur NSDAP oder einer ih - lichen Angriff gestoppt. Auf Befragung chen hätten und auf die sie provozieren - rer Gliederungen, Opfer des NS-Regi - durch den Vorsitzenden erwähnte der de, zahlenmäßig größere Gruppe von mes und Mitgliedschaft in einer politi - Angeklagte auch den Besuch eines Box - Gegendemonstranten zugelaufen seien. schen Partei im Österreich der 1960er kurses, bei dem er verschiedene Abwehr - Selbst für den Fall, dass Kirchweger Kü - Jahre. Diese Herangehensweise hatte für mechanismen erlernt habe, die in be - mel anzugreifen versucht habe, müsse den Vorsitzenden Richter eine von der stimmten Situationen automatisch erfol - die Situation aus Sicht der Anklage - Generalprokuratur beim Obersten Ge - gen würden. Völlig den tatsächlichen

2/15 Beiträge 11 Verhältnissen widersprechend, beschrieb ne Route führte über die Kärntnerstraße Zeuge Ferdinand Lacina auf Befragen der Angeklagte sein um viereinhalb Jahr - und den Graben zum Michaelerplatz und des Vorsitzenden Richters aussagte, dass zehnte älteres und nach einer Nieren - von hier über das Bundeskanzleramt sich die Situation durch das ständige Hin- operation geschwächtes Gegenüber fol - zum Minoritenplatz. Die ohnehin ange - und Herbewegen von Demonstranten und gendermaßen: „Ich möchte auch heute spannte Situation wurde durch den Wurf Gegendemonstranten permanent verän - sagen, dass Herr Kirchweger ein kräfti - von Geschossen und Stinkbomben zu - derte. Der als Ordner in der Postenkette ger Mann war und mir gewichtsmäßig sätzlich aufgeheizt. Um Zusammenstöße eingesetzte Lacina versuchte vergeblich, überlegen, wie es sich aus dem Akt er - zwischen Demonstranten und Gegende - den durchgebrochenen Kirchweger am gibt. Er war so groß wie ich, in einem monstranten zu verhindern, wie sie be - Mantel zurückzuhalten. 19 eher knappen Ernährungszustand, sodass reits bei der ersten Kundgebung der Die Angaben des damaligen Solotän - man annehmen muss, die Differenz war Österreichischen Widerstandsbewegung zers der Wiener Staatsoper Wilhelm Muskeln.“ Dem Einwand Gleißners, der am 29. März stattgefunden hatten, wurde Dirtl, der die Ereignisse vom Fenster des Angeklagte habe Kirchweger einen die Polizei von Hindels auf diese An - im 4. Stock gelegenen Kleinen Ballett - K.O.-Schlag versetzt, entgegnete Kümel, sammlung aufmerksam gemacht. Vertre - saales aus beobachtet hatte, machen die die Wirkung sei dadurch verstärkt wor - ter der Exekutive hätten aber lediglich Grenzen von Zeugenaussagen bzw. die den, dass Kirchweger mit Schwung auf geantwortet, dass eine Gegendemonstra - Fehlerquellen dieses Beweismittels deut - ihn zugekommen sei. Auch auf Vorhalt tion nicht angemeldet worden sei. Die lich. Im Unterschied zur Einvernahme des Staatsanwalts Heinrich Schmieger, ca. 100 Ordner der Widerstandsbewe - vor dem Untersuchungsrichter gab der dass der Schlag einen Kieferbruch zur gung erhielten den Auftrag, eine Kon - Zeuge nun in der Hauptverhandlung an, Folge gehabt habe, erklärte der im frontation zu verhindern und bei Zusam - gesehen zu haben, wie sich Kümel und Gerichtsaal arrogant und selbstbewusst menstößen und Schlägereien die Perso - Kirchweger aufeinander zu bewegten auftretende Angeklagte, dies in seinem nen voneinander zu trennen, aber auf und der Angeklagte dann – über den Gemütszustand nicht so wahrgenommen keinen Fall gegen Borodajkewycz- Kopf einer zwischen den beiden stehen - zu haben und dass die Wirkung des Anhänger vorzugehen, da dies Sache der den Person – Kirchweger einen Schlag Schlages durch die Vorwärtsbewegung Polizei sei. Nachdem sich beide Züge in versetzt habe. Auf Einwände des Vorsit - von Kirchweger verstärkt worden sei. 16 Bewegung gesetzt hatten, kam es zur zenden Richters merkte Dirtl an, dass er Ein interessanter Wortwechsel ergab befürchteten Konfrontation. im Zuge der Einvernahme durch den Un - sich zwischen dem Vorsitzenden Richter Hindels vertrat in seiner Aussage den tersuchungsrichter nicht nach Sekunden und Rechtsanwalt Othmar Slunsky, dem Standpunkt, dass, obwohl die Teilneh - und Schritten gefragt worden und seit Vertreter der am Prozess Privatbeteilig - mer des Demonstrationszuges mit ver - den Ereignissen Zeit vergangen sei. Der ten Anna Kirchweger, der Witwe des Op - schiedenen Gegenständen beworfen auf Antrag der Verteidigung als Zeuge fers. Darin wies Oberlandesgerichtsrat worden seien, ein Durchbrechen der einvernommene Untersuchungsrichter Gleißner nochmals mit Vehemenz darauf Ordnerkette hätte verhindert werden Oberlandesgerichtsrat Johann Tinhof hin, politische Aspekte aus dem Strafpro - können, wenn nicht aus den Reihen der wies in seiner Aussage auf die Schwie - zess fernzuhalten. Die Aufgabe des Ge - Gegendemonstranten die Rufe „Hoch rigkeit des Auseinanderhaltens von per - richts bestehe nicht darin, ein Werturteil Auschwitz“ und „Juden raus“ gefallen sönlichen Eindrücken der ZeugInnen abzugeben, ob die Anhänger des vom wären. Besonders an der Kreuzung und erst später durch Pressemeldungen Vorsitzenden bewusst nicht namentlich Kärntnerstraße – Walfischgasse – Philhar - erfahrene Informationen hin. Diese wür - erwähnten Universitätsprofessors oder monikerstraße war die Situation aus sei - den sich vermischt in die Erinnerungen die Demonstranten im Recht gewesen ner Sicht besonders kritisch, denn an die - der Menschen einprägen, weshalb der seien. Auch Fragen über die Kleidung ser Stelle waren die antisemitischen Zeugen beweis Fehlerquellen beinhalte. 20 des Angeklagten zum Tatzeitpunkt und Äußerungen am lautesten zu hören. Im Zur wichtigsten Zeugin wurde The - mögliche Parallelen des optischen Er - Hauptverhandlungsprotokoll scheint auch resia Lucia Fischer, die das Geschehen scheinungsbildes Kümels zur NS-Zeit be - eine Aussage von Hindels auf, die den gemeinsam mit ihrer Tochter Lucia vom endete Gleißner energisch mit dem Ver - fehlenden Willen der überforderten Poli - Balkon ihrer im ersten Stock oberhalb weis auf die politische Dimension. 17 zei zur Ahndung von Delikten nach dem des Tatorts gelegenen Wohnung beo - Verbotsgesetz dokumentiert: „Es wurde bachtet hatte. Im Gerichtssaal erwähnte Anhörung der versucht Rufer verhaften zu lassen, doch die Zeugin auch eine gegen sie gerichtete Zeuginnen und Zeugen ist das nicht gelungen; ich selbst habe Morddrohung, falls sie Kümel mit ihrer Am 19. Oktober 1965, dem zweiten einem Polizeibeamten gesagt ,das was Aussage entlasten sollte. Der Anwalt von Verhandlungstag, erfolgte mit der An - gerufen wird ist gesetzeswidrig‘. Mir Anna Kirchweger versuchte die Glaub - hörung von Zeuginnen und Zeugen die wurde darauf geantwortet, ,wir müssen würdigkeit dieser Zeugin mit Hinweis Eröffnung des Beweisverfahrens. Josef versuchen weitere Zusammenstöße zu auf ihre angebliche Tätigkeit bei der Hindels, der sich dem Gericht selbst als vermeiden und ein weiteres Eingreifen Gestapo in Frage zu stellen. Fischer Zeuge angeboten hatte, war Mitarbeiter würde die Situation verschärfen‘ […].“ 18 wehrte sich vehement gegen diese des Österreichischen Gewerkschaftsbun - In den weiteren Befragungen schilder - Behauptung und führte ins Treffen, auf - des und Vizepräsident der Österreichi - ten die Zeuginnen und Zeugen ihre Ein - grund ihres jüdischen Ehemannes sogar schen Widerstandsbewegung . Er schil - drücke der Ereignisse unmittelbar vor, ein Opfer des Nationalsozialismus gewe - derte die Situation vor dem Abmarsch während und nach der Konfrontation sen zu sein. Der Senat brachte sein Be - des Demonstrationszuges vom Karls - zwischen Kümel und Kirchweger. Über dauern über diesen Zwischenfall zum platz, auch hinsichtlich der Ansammlung den Tathergang finden sich im Hauptver - Ausdruck, die Staatsanwaltschaft distan - von Borodajkewycz-Anhängern vor der handlungsprotokoll unterschiedliche An - zierte sich von dieser Fragestellung an Technischen Universität. Die vorgesehe - gaben. Erschwerend kam hinzu, wie der die Zeugin. Eine Überprüfung der erho -

2/15 12 Beiträge aus Sicht des Gerichts verschiedene, zum Teil einander widersprechende Angaben vor. In seiner Beurteilung des Sachver - halts stützte sich das Gericht im Wesent - lichen auf die Angaben der Zeuginnen Theresia Lucia Fischer und ihrer Tochter Lucia, die vom Balkon ihrer im ersten Stock unmittelbar über dem Tatort gele - genen Wohnung das Geschehen beo- bachten konnten und auch keiner der bei - den an der Demonstration beteiligten Gruppierungen angehörten. Aufgrund dieser Aussagen kam das Gericht zur Überzeugung, dass Kümel auf der Flucht gewesen sei, sich also wegbewegt habe und von Kirchweger eingeholt worden sei. Der Tatbestand des Totschlags lag aus Sicht des Schöffensenats nicht vor: Es könne „als erwiesen angenommen werden, dass Kümel eine größere Urteilsverkündung im Prozess gegen Gunther Kümel am 25. Oktober 1965. Kümel Strecke Weges den auf ihn zulaufenden wurde wegen „Notwehrüberschreitung“ zu nur zehn Monaten Arrest verurteilt. Kirchweger entgegengegangen ist“. Da - mit falle „eine der wesentlichen Voraus - benen Vorwürfe durch die Staatspolizei heit des Lebens – in der Urteilsbegrün - setzungen für den Totschlag weg, näm - verlief negativ. 21 dung findet sich der Terminus „Putativ - lich ein sicherer Nachweis der feindseli - Im weiteren Verlauf dieses Prozessta - notwehrexzess“ – zu zehn Monaten stren - gen Absicht“. 25 ges erörterte der Gerichtssachverständi - gem Arrest. Das Gericht war sich der Der Verteidigungsstrategie Kümels, in ge Leopold Breitenecker das von ihm Schwierigkeit und Tragweite der Ent - Notwehr gehandelt zu haben, wurde verfasste Gutachten über die Obduktion scheidung bewusst: „Der Senat ist sich jedoch widersprochen, da dies einen un - der Leiche Kirchwegers. Der als Folge über die Tatsache vollkommen im klaren, mittelbaren Angriff auf sein Leben vor - des Sturzes erlittene Schädelbruch habe dass das Urteil, wie immer es ausfallen ausgesetzt hätte. Selbst für den Fall, dass zu einem Druckanstieg im Gehirn und in konnte, nie die ungeteilte Zustimmung Kirchweger Kümel, wie von der Zeugin weiterer Folge zu Lähmungen der wich - der Bevölkerung wird finden können. Theresia Lucia Fischer behauptet wurde, tigsten Zentren geführt. Über die Festig - Dies liegt in der Natur der Sache, in der einen Fußtritt versetzt habe, so läge nur keit des Schlages äußerte sich der Sach - hohen politischen Brisanz des Prozesses, eine tätliche Ehrenbeleidigung vor, die verständige folgendermaßen: „Diese dem hohen politischen Hintergrund. Je ra - keine Notwehrsituation begründe. Das Frage bekommen wir jahrelang vorge - dikaler der Einzelne eingestellt ist, desto Gericht billigte dem Angeklagten zwar legt. Jeder Boxhieb wird mit Wucht mehr wird das Urteil Ablehnung finden, zu, in dieser auf ihn bedrohlich wirken - geführt, man kann nicht einen Boxhieb wenn es nicht seinen politischen Vorstel - den Situation aus Furcht gehandelt zu dosieren, so wie jeder Messerstich mit lungen und Wünschen entspricht.“ 24 haben, allerdings legte es dem Angeklag - Wucht geführt wird. Der Unterkiefer - Der Senat führte in der Begründung ten zur Last, keine andere Abwehr - bruch zeigt uns, dass der Schlag auch drei mögliche Formen des Urteils an: das methode als einen Faustschlag gefunden kräftig angekommen ist. […] Es muss politische Werturteil, das politische und daher in Notwehrüberschreitung ge - ein kräftiger Hieb gewesen sein, selbst Zweckurteil oder das rechtliche Sachur - handelt zu haben: „Ein leichterer, oder wenn man das Alter des Kirchweger teil. Sowohl das politische Werturteil als vielleicht auch ein stärkerer Stoß hätte berücksichtigt und natürlich der Kno - auch die Verhängung eines politischen genügt. Keineswegs war ein Faustschlag chen nicht mehr jene Festigkeit aufweist, Zweckurteils – im letztgenannten Fall von dieser Qualität und dieser Fürchter - wie bei einem jungen Menschen.“ 22 mit Ausführungen auf die Folgewirkung lichkeit am Platz. Dieser Umstand muss in der Zeit des Nationalsozialismus – er - dem Angeklagten zur Last gelegt werden Urteilsverkündung schienen dem Gericht als mit den Prinzi - und darin liegt seine Fahrlässigkeit […]“, Der fünfte Prozesstag endete mit dem pien eines Rechtsstaates nicht vereinbar. weshalb er „wegen Putativnotwehr - Abschluss des Beweisverfahrens. Der An - Nach den dargelegten Ausschließungs - exzess zu verurteilen“ sei. 26 geklagte erklärte nochmals, den Tod Ernst kriterien blieb nur mehr die Möglichkeit Eine Haftstrafe in exakt der gleichen Kirchwegers zu bedauern und sich keiner eines rechtlichen Sachurteils. Bezug neh - Höhe – nämlich zehn Monate strenger Schuld bewusst zu sein. Er sei sehr erregt mend auf die von der Staatsanwaltschaft Arrest wegen Übertretung des Waffen - gewesen, habe Angst gehabt und konnte erhobene Anklage nach dem Tatvorwurf gesetzes – war über Kümel bereits drei - in diesem Augenblick nicht sehen, dass es des Totschlags behandelte das Gericht einhalb Jahre zuvor in Zusammenhang sich um einen alten Mann handelte, und nicht ein politisches, sondern ein rein mit Anschlägen auf italienische Einrich - selbst wenn, hätte er sich wehren müs - kriminelles Verbrechen. tungen in Wien und dem nächtlichen sen. 23 Am 25. Oktober 1965 – dem sech - Als schwierig erwies sich aus Sicht des Überfall auf das Parlament verhängt sten Prozesstag – verurteilte der Schöffen - Schöffensenats der für die Beurteilung worden. Am 24. November 1965 wurde senat den Angeklagten Gunther Kümel der Straftat notwendige Zeugenbeweis, die damalige Verurteilung per Amnestie wegen des Vergehens gegen die Sicher - lagen doch über den genauen Tatablauf für getilgt erklärt. 27

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Interessant ist, dass die Ausfertigung 16/ Ebd. 22/ Ebd. des Urteils vom 25. Oktober 1965 den 17/ Ebd. 23/ Ebd. am Prozess beteiligten Parteien erst am 18/ Ebd., Bd. II, Hauptverhandlungsprotokoll 24/ Ebd., Bd. II, Urteil vom 25.10.1965. 10. Jänner 1966 zugestellt wurde. Eine 2. Tag (19.10.1965). 25/ Ebd. von der Staatsanwaltschaft Wien einge - 19/ Ebd. 26/ Ebd. brachte Nichtigkeitsbeschwerde wurde 20/ Ebd., Bd. II, Hauptverhandlungsprotokoll 27/ Ebd., Bd. II, Tilgungsbeschluss vom vom Obersten Gerichtshof am 9. März 3. Tag [o.D.]. 24.11.1965. 1966 abgewiesen. Kümel habe den 21/ Ebd., Bd. II, Hauptverhandlungsprotokoll 28/ Ebd., Bd. III, Urteil des Obersten Gerichts - Faustschlag nicht aus Gehässigkeit und 5. Tag [o.D.]. hofes vom 9.3.1966. in feindseliger Absicht einem politischen Andersgesinnten versetzt, sondern habe in einer irrtümlich angenommenen Not - Gedenktafelenthüllung in der Hardtmuthgasse wehrsituation in reiner Verteidigungs - m 30. April 2015 wurde am ehe - Die Deutsche Wehrmacht hatte in absicht gehandelt, so der OGH. Den von maligen Wehrmachtsunter - Wien fünf Gefängnisse betrieben, das der Staatsanwaltschaft vorgebrachten A suchungsgefängnis Wien 10, Hardt - größte befand sich in der Hardtmuth - Einwänden, Kümel wäre im Rahmen sei - muthgasse 40–42, im Rahmen eines gasse. Die heutige Justizanstalt war ner politischen Betätigung mehrfach Fest aktes im Beisein des ehemaligen zwischen 1938 und 1945 das zentrale aggressiv in Erscheinung getreten, wurde Deserteurs und Ehrenobmann des Ver - Haftgebäude der NS- Militärjustiz in keine Bedeutung beigemessen. Im Fall eins „Personenkomitee Gerechtigkeit Wien. Die hier Inhaftierten saßen we - des Todes von Ernst Kirchweger habe für die Opfer der NS-Militärjustiz“ gen Selbstverstümmelung im Heimatur - der Angeklagte lediglich die Grenzen Richard Wadani eine Gedenktafel ent - laub und Desertion an der Ostfront oder einer unter diesen Umständen angemes - hüllt. Nach der Begrüßung durch Be - Führerbeleidigung in der FLAK-Stel - senen Abwehrhandlung überschritten. zirksvorsteherin Hermine Mospoint - lung ein. Auch als sich die Rote Armee Damit wurde seitens der höchsten juris - der Stadt näherte, tischen Instanz des Landes ein fragwür - hielt die Militärju - diges Urteil bestätigt. Kümel hatte gegen stiz den Betrieb das über ihn verhängte Urteil ebenfalls weiter aufrecht: eine Nichtigkeitsbeschwerde einge - Die Verfolgung bracht, diese aber in weiterer Folge von Deserteuren, zurückgezogen. Er wurde am 8. Februar Selbstverstümm - 1966 enthaftet. 28 lern und anderen, die den von den Anmerkungen: NS-Macht habern 1/ Landesgericht (LG) Wien 27b Vr 2129/65, proklamierten „to - Bd. II, Psychiatrisches Gutachten vom 3.6.1965. talen Krieg“ nicht 2/ Siehe LG Wien 20a Vr 565/60. mehr mitmachen 3/ Siehe LG Wien 20a Vr 9913/61. wollten, wurde so - 4/ LG Wien 27b Vr 2129/65, Bd. I, Anzeige der gar ausgebaut. Bundespolizeidirektion Wien vom 3.4.1965. Mehr und mehr 5/ LG Wien 27b Vr 2129/65, Beschuldigten- Soldaten und Zivi - vernehmung Gunther Kümel am 6.4.1965 und listInnen durchlie - 14.5.1965. V.l.: Richard Wadani (Wehrmachtsdeserteur), Claudia Kuret - fen die Haftein - 6/ Ebd., Bd. I, Bericht über die gerichtliche sidis-Haider (Historikerin), Hermine Mospointner (Bezirks - richtungen. Bis zu - Obduktion der Leiche des Ernst Kirchweger am vorsteherin von Favoriten), Sascha Resch (Bezirksrätin). letzt wurden Ver - 3.4.1965. ner und einer Ansprache von Bezirks - urteilte der NS-Militärjustiz „zur Front - 7/ Ebd., Bd. I, Niederschrift der Polizeidirektion rätin Sascha Resch (Die Grünen) vom bewährung“ in den Osten geschickt. Wien aufgenommen mit Horst Leeb am Arbeitskreis „Gedenkpolitik der Ende März 1945 wurde das Gefäng - 7.4.1965. Siehe auch Zeugenvernehmung von Bezirksvertretung“, sprach Dr. in Clau - nis aufgelöst und die Insassen Rich - Wilhelm Dirtl am 15.4.1962. dia Kuretsidis-Haider (DÖW) in ihrer tung Westen evakuiert. Ziel war die 8/ Ebd., Bd. II, Zeugenvernehmungen Josef Rede zum Thema „Gedenken und Wehrmachtsgefangenenanstalt Döl - Strammer und Dr. Erwin Rotter am 12.5.1965. Mahnen – Erinnerungspolitik und lersheim/Allensteig. Auf dem Weg 9/ Ebd., Bd. I. Gedächtnislandschaften in Wien“ und dorthin gelang einigen die Flucht, an - 10/ Ebd., Bd. II, Psychiatrisches Gutachten vom skizzierte dabei die Entwicklungs - dere wurden erschossen. Am 6. April 3.6.1965. geschichte der Denkmallandschaften wurde Favoriten durch die Rote Armee 11/ Ebd., Bd. II, Anklageerhebung vom 5.6.1965. in Wien nach 1945 als Ergebnis einer befreit, so auch das Gefängnis. Die 12/ Ebd. widersprüchlichen offiziellen Ge - Justizwache übernahm das Gebäude 13/ Ebd., Bd. II, Beschluss der Ratskammer des schichtspolitik in der Zweiten Repu - und unterstellte es der Kriminalpolizei, Landesgerichts für Strafsachen Wien vom blik. Den Opfern der NS-Militärjustiz kurzzeitig waren hier auch NS-Partei - 7.7.1965. war jahrzehntelang das ehrende Ge - funktionärInnen inhaftiert. CKH 14/ Ebd., Bd. III, Urteil des Obersten Gerichts - denken versagt geblieben. Erst 2014 hofes vom 14.9.1966. wurde am Ballhausplatz das Deser - http://pk-deserteure.at/wordpress/3- 15/ Ebd., Bd. II, Hauptverhandlungsprotokoll teursdenkmal enthüllt. verfolgung/2-verfolgungsorte/favoriten 1. Tag (18.10.1965).

2/15 14 Beiträge Die veränderte Weltlage nach dem Sieg über den Faschismus HanS HautMann

ieser Beitrag setzt sich zum Ziel, lungen der Antihitlerkoalition gegen die zifischen Charakter des Zweiten Welt - eine Gesamtschau in globalem faschistischen Achsenmächte Deutsch - kriegs ergaben. DMaßstab über die Resultate zu land und Japan stattfanden und in denen geben, die durch den Sieg über den Fa - die unterdrückten Völker eine starke I. schismus bewirkt wurden. Denn was in Widerstandsbewegung mit dem Ziel der Im Zweiten Weltkrieg kamen zwei Österreich 1945 geschah, war kein Ein - nationalen Befreiung aufbauten. große Widersprüche zum Ausdruck: der zelfall, sondern die Widerspiegelung ei - In Asien gehörten China, Korea, Indo - Widerspruch zwischen den imperialis - ner weltweiten Entwicklung, die eine nesien, Burma und Indochina dazu. tischen Staaten, den faschistischen neue Qualität im Kräfteverhältnis zwi - Indonesien proklamierte sich am 17. Au - Mächten Deutschland, Italien und Japan schen Kapitalismus und Sozialismus dar - gust 1945 als unabhängiger Staat. Versu - auf der einen und den demokratischen stellte. Ihre Hauptkennzeichen waren der che der Niederlande, die Kolonial - Mächten USA, Großbritannien und Aufschwung der Arbeiterbewegung und herrschaft zu restaurieren, scheiterten. Frankreich auf der anderen Seite, und ein der antikolonialen nationalen Befrei - 1947 musste die Unabhängigkeit Indone - zweiter Widerspruch, der zwischen der ungsbewegung, das Wachstum der kom - siens von den Niederlanden anerkannt kapitalistischen Welt insgesamt und der munistischen Parteien und eine neue werden. Kambodscha, Laos und Viet - Welt des Sozialismus, repräsentiert Welle von demokratischen und anti- nam riefen ebenfalls im August 1945 ih - durch die Sowjetunion. imperialistischen Umwälzungen. re Unabhängigkeit aus, wobei Vietnam Das war es, was dem Verlauf des Krie - Das ist es, was im Mittelpunkt des überhaupt das erste Kolonialland war, in ges ebenso wie seinen Endergebnissen Vortrags stehen soll, und gerade das dem eine nationale Befreiungsfront unter den Stempel aufdrückte. Die Sowjet - wurde bei den zahlreichen offiziösen Führung einer kommunistischen Partei union, die die Hauptlast des Krieges trug, Veranstaltungen zum heurigen Gedenk - mit Ho Chí Minh an der Spitze siegte. die diesen Kampf fast drei Jahre lang auf jahr so gut wie gänzlich unter den Tep - Hier bedurfte es aber noch jahrzehnte - sich allein gestellt führen musste , verkör - pich gekehrt, weil es sich um Ereignisse langer Kämpfe, bis gegen die ins Land perte die Hoffnungen der vom Faschis - handelt, die den heutigen Machteliten zurückgekehrte französische Kolonial - mus unterdrückten Völker auf die kom - nur Alpträume verursachen können. macht und danach gegen die USA im mende Befreiung. Dadurch, dass sie un - Wenn hier von der Welt die Rede ist, Jahr 1975 die Unabhängigkeit endgültig ter schwierigsten Bedingungen den so konzentrierten sich die Veränderun - errungen war. Schlägen der deutschen Wehrmacht gen des Jahres 1945 auf zwei Schauplät - Europa hingegen erlebte 1945 Vorgän - widerstand, sie zum Stehen brachte, sie ze, Europa und Asien, auf die Gebiete, in ge, die unmittelbarer, tiefer und nachhal - aus dem Land vertrieb und zum Angriff denen die entscheidenden Kriegshand - tiger wirkten, und die sich aus dem spe - auf das von Deutschland beherrschte

Aus dem Manifest der KPÖ „Die Wiedergeburt Österreichs“ vom 11. Juni 1944 m Zusammenwirken der österreichischen – den gesamten deutsch-faschistischen – keine Neubildung faschistischer Organisa - IFreiheitskämpfer mit den Befreiungs - Machtapparat zu liquidieren [...]; tionen, keinerlei deutsche oder deutschorien - armeen, die den militärischen Machtapparat – die demokratischen Freiheitsrechte des tierte Organisationen, ganz gleich unter wel - Hitler-Deutschlands zertrümmern, wird Öster - Volkes, Freiheit der Organisationen, der Presse, cher Tarnung, zuzulassen; [...] reich wiedererstehen und eine provisorische der Versammlung, herzustellen und zu sichern; – die Versorgung der Bevölkerung sicherzu - Regierung der freien unabhängigen demokra - – die Freiheit des Glaubensbekenntnisses, stellen und Garantien für die gerechte Vertei - tischen Volksrepublik gebildet werden. Eine der Religion und der Kirche zu sichern; lung der Lasten und Lebensmittel zu schaffen; solche Regierung auf breitester demokrati - – die demokratische Selbstverwaltung der – die bauernfeindliche Zwangswirtschaft auf - scher Grundlage, durch die im Kampf entstan - Gemeinden im vollen Umfang herzustellen; zuheben und zusammen mit den Vertretern denen Organe der Freiheitsbewegung, durch – die deutschen Kriegsverbrecher und die der Bauernschaft die landwirtschaftliche Pro - demokratische Organisationen untermauert, österreichischen Landesverräter in Haft zu duktion zu sichern und die Belieferung der wird desto eher entstehen, desto größere nehmen und der Bestrafung zuzuführen sowie Städte und Dörfer zu organisieren; Autorität besitzen und desto schneller die ihr gesamtes Eigentum zu beschlagnahmen; – das rechtmäßig erworbene Privateigentum Souveränität und Selbstverwaltung des öster - – die von den deutschen Räubern und ihren der Bauern, Gewerbetreibenden, Kaufleute, reichischen Volkes herbeiführen, je tatkräftiger österreichischen Spießgesellen geraubten Unternehmer usw. zu schützen und ihre wirt - und überzeugender die österreichischen Güter, Häuser, Wohnungen, Geschäftsläden, schaftliche Privatinitiative zu ermuntern; Volksmassen zu ihrer Befreiung beitragen. Unternehmungen usw. den rechtmäßigen – einen systematischen Feldzug zu organisie - Es wird Aufgabe der provisorischen Regie - Besitzern zurückzugeben; ren, um den ganzen politischen, moralischen rung sein: – aus den Reihen der im Kampf erprobten und ideologischen Nazidreck aus Österreich – den so genannten „Anschluss“ [...] für null und Patrioten und Antifaschisten aller Volks - hinauszufegen; nichtig zu erklären, normale Beziehungen zu schichten auf breiter demokratischer Grund - – die Wahlen für eine konstituierende öster - den freiheitsliebenden Völkern herzustellen [...]; lage einen neuen Staatsapparat aufzubauen; reichische Nationalversammlung vorzubereiten.

2/15 Beiträge 15 Territorium Europas überging, stieg das Prestige der Sowjetunion enorm an. Unter dem Einfluss der Siege der so - wjetischen Streitkräfte entwickelte ich in den okkupierten Ländern Europas eine mächtige Widerstandsbewegung, die in Ländern wie Jugoslawien, Albanien, Griechenland, Italien, Frankreich, Polen, Tschechoslowakei, Norwegen und Bel - gien vier bis fünf Millionen Menschen erfasste. Die stärkste Kraft dieses Wider - standes, der in einigen Ländern in seine höchstmögliche Form, in den Partisanen - krieg überging, waren die Kommunisten, deren Zahl trotz ihrer gewaltigen Opfer unablässig wuchs.

II. Dazu einige Beispiele: Die Kommuni - Partisanenparade im befreiten Marseille, August 1944. stische Partei Jugoslawiens zählte bei Kriegsbeginn etwa 15.000 Mitglieder, tion erlebt hatten, war das Wachstum ekla - verschiedenen Bereichen des gesellschaft - von denen bereits 1941 etwa 80 Prozent tant. In Schweden stimmten 1946 10,3% lichen Lebens zu vollziehen. Diese Mög - im Kampf gegen die Hitler-Okkupanten der Wähler für die KP, dreieinhalbmal lichkeit ergab sich aus der allgemeinen ihr Leben verloren. Dennoch stieg die mehr als 1940, und in Island errang sie fast Situation und der neuen Kräftekonstella- Zahl der Parteimitglieder bis Jänner unglaublich an mutende 19,5%. tion zwischen Arbeit und Kapital. 1945 auf mehr als 100.000 an. Die Kom - munistische Partei Italiens hatte 1943, III. IV. beim Sturz Mussolinis, nur 5.000 bis Diese gestärkten Positionen bildeten Als sich die Niederlage des NS-Regi - 6.000 Mitglieder. Im April 1945 zählte die Grundlage für die Zusammenarbeit mes und seiner Satelliten in Europa ab - sie im deutsch besetzten Norditalien von Kommunisten, Sozialdemokraten zuzeichnen begann, also noch während 90.000, im übrigen Italien 340.000 und und bürgerlichen Antifaschisten nach der des Zweiten Weltkriegs, wurde es klar, Anfang 1946 1,7 Millionen Mitglieder. Befreiung. Von 1945 bis 1947 gehörten dass mit der Zerschlagung des Faschis - Der Kommunistischen Partei Frank - zehn kommunistische Parteien mit Minis - mus auch eine tiefe Krise des Kapitalis - reichs, die von ihren 300.000 Mitglie - tern Regierungen in westeuropäischen mus in Europa eintreten musste, weil sich dern während der Résistance gegen die kapitalistischen Ländern an: Frankreich, die Großbourgeoisie nicht nur in deutschen Besatzer 75.000 Menschen Italien, Belgien, Luxemburg, Österreich, Deutschland, sondern auch in den mei - durch Hinrichtungen, Erschießungen, Dänemark, Norwegen, Island, Finnland sten anderen Ländern des europäischen Massaker verlor, gehörten 1945 über und San Marino. Auch in den deutschen Festlandes auf das engste mit den faschis - 900.000 Mitglieder an. In Österreich hat - Westzonen war die KPD mit Ministern in tischen Regimen verbunden hatte. Ein te die Partei im Jahr 1935 16.000 Mit - mehreren Ländern vertreten (in Bayern, beträchtlicher Teil der Bourgeoisie und glieder, 1946 über 100.000. Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden- ihrer Schachfiguren im Apparat der poli - Viele kommunistische Parteien wur - Württemberg). Belgien hatte vier kom - tischen Parteien und des Staates war den 1944/45 also zu Massenparteien – munistische Minister. In Frankreich, Ita - durch die Kollaboration mit dem Fa - ein Ausdruck der Anerkennung, die sich lien und Österreich waren Kommunisten schismus diskreditiert. Die Schwächung die Kommunistinnen und Kommunisten stellvertretende Regierungschefs. Für alle der Positionen des Großkapitals schuf im Widerstandskampf erworben hatten. die genannten kommunistischen Parteien günstige Bedingungen für das Wachstum Gab es 1939 weltweit 61 Kommunis - galt, dass sie erstmals in ihrer Geschichte der Arbeiterbewegung und der allge - tische Parteien mit 4 Millionen Mitglie - Regierungsverantwortung trugen. meindemokratischen Bewegung, was be - dern (davon 1,5 Millionen in kapitalisti - Es war also überall, auch in den kanntlich so weit ging, dass der anti - schen Ländern), so zählte man 1947 76 europäischen Ländern, die die Amerika - faschistische und nationale Befreiungs - Kommunistische Parteien mit 20 Millio - ner und Engländer von der Hitlerherr - kampf in einer Reihe von Ländern Euro - nen Mitgliedern (davon 4,8 Millionen in schaft befreiten, unmöglich, die Kom - pas und Asiens in sozialistische Umwäl - kapitalistischen Ländern). munisten zu ignorieren und auszugren - zungen ausmünden konnte. Aber auch Bei den Wahlen der Jahre 1945 und zen. Selbst im Hinterhof der USA, in anderswo trat 1945 für eine gewisse Zeit 1946 errangen die kommunistischen Par - Chile, wo die kommunistische Partei bei eine Situation ein, die man als Ein - teien überall stärkere Positionen als je zu - der Parlamentswahl 1945 10,2% der schränkung, ja sogar Verletzung der ge - vor. In Frankreich erhielt die KP über 5 Stimmen bekam, gehörten der Regierung wohnten Grundsätze kapitalistischen Millionen Stimmen (26%) und wurde zur bis April 1947 drei kommunistische Tun und Handelns bezeichnen kann. stärksten Partei des Landes; in Italien er - Minister an. Die Regierungsbeteiligungen hielt sie 19% der Stimmen; in Finnland halfen, den Einfluss der Arbeiterbewe - V. 23,5%; in Dänemark 12,5%; in Norwegen gung auszudehnen, den Kampf von unten In erster Linie haben die Verstaat- 12%; in den Niederlanden 10%. Auch in mit dem Kampf von oben zu verbinden lichungen der Jahre 1945/46 dazu gehört. Ländern, die keine faschistische Okkupa - und demokratische Umgestaltungen in In Italien kamen Betriebe, deren Besitzer

2/15 16 Bericht Ohne seine Haltung mit der Position be - stimmter politischer Parteien zu verbin - den, setzte sich der Weltgewerkschafts - bund für die Verteidigung der allgemein - sten und brennendsten ökonomischen wie politischen Interessen der arbeitenden Menschen ein. So trat er z.B. gegen die Interventionsversuche imperialistischer Mächte in Indonesien, Indo china, Malaya und Burma auf und forderte die Unabhän - gigkeit dieser Länder.

VIII. Der Sieg über den Faschismus 1945 war der bedeutendste Sieg der internatio - nalen Arbeiterbewegung seit der Okto - berrevolution 1917. Die Macht der So - wjetunion als nunmehrige Weltmacht Kommunistische Garibaldi-Kämpfer im befreiten Genua, April 1945. und ihre Autorität setzten dem Imperia - lismus deutliche Grenzen und trugen ent - Deutsche oder Helfershelfer Mussolinis teilweise Agrarreformen in Ländern wie scheidend zur Neugestaltung der inter - gewesen waren unter die Kontrolle des Italien, Frankreich, Belgien, Großbritan - nationalen Beziehungen im Interesse der Staates. In Frankreich wurden Bergwer - nien, Skandinavien, Österreich, usw. Völker bei. Der Sieg des Jahres 1945 ke, die Eisenbahn, die fünf größten Ban - Alle diese Umgestaltungen und Errun - wurde von den Menschen als historische ken sowie die Kraft- und Gaswerke natio - genschaften trugen allgemeindemokrati - Wende aufgefasst und bewirkte einen nalisiert. Der staatliche Sektor erbrachte schen Charakter und untergruben nicht breiten demokratischen Aufschwung, der jetzt 20 % der Industrieproduktion des die Grundlagen der kapitalistischen Ord - in diesem oder jenem Maße die ganze Landes, und in die Leitungsorgane vieler nung, begünstigten aber den Kampf der Welt des Kapitals erfasste. Zu den wich - Betriebe gelangten Arbeitervertreter. In Arbeiterklasse und wirkten sich positiv tigsten Triebkräften dieses Aufschwungs Großbritannien wurden die Bank of Eng - auf die weitere sozialökonomische Ent - wurden der Drang zu einer besseren land, der Kohlebergbau, die Elektroener - wicklung aus. Sie zwangen das Großkapi - Zukunft und das Streben nach sozialer giewirtschaft, die Gasindustrie, die Bin - tal, von brutalen Ausbeutungsmethoden Gerechtigkeit. Seinem Wesen nach war nen- und Küstenschifffahrt sowie teilwei - abzugehen. Die Monopolbourgeoisie be - der Sieg des Jahres 1945 ein Sieg der se auch der städtische Nahverkehr, später griff, dass sie ihre Macht nur um den Preis Kräfte des Sozialismus, der Demokratie auch die größten Eisenhüttenbetriebe sozialer und ökonomischer Zugeständnis - und des Fortschritts über die Welt des durch die Labour-Regierung verstaat - se erhalten konnte und dass die Rolle des Kapitals und die Kräfte des licht. Ebenso war Österreich Schauplatz Staates sich nun wesentlich verstärkte. Imperialismus. Es kann auch heute und einer umfangreichen Verstaatlichung. Denn ohne Hilfe des Staates und ohne in Zukunft für das Lager der Linken in Selbstverständlich erfolgten diese Maß - dass wichtige Hebel der Wirtschafts - der Welt keine Perspektive geben ohne nahmen auf dem Boden des nach wie vor führung in dessen Hände übergingen, war die Besinnung auf die progressiven Wer - vorhandenen kapitalistischen Systems. Es es für die kapitalistischen Machteliten te der Vergangenheit und ohne Beach - handelte sich um eine bürgerliche Natio - 1945 und noch eine geraume Zeit danach tung der Erfahrungen des Jahres 1945. nalisierung. Indes war auch diese ein we - unmöglich, sozial zu manövrieren. sentlicher Fortschritt. Sie erzeugte neue Referat, gehalten auf dem Symposium der Widersprüche innerhalb der herrschende VII. Alfred Klahr Gesellschaft und des Klasse, trug zur Überwindung des Mythos Zuletzt muss noch die gewaltig gestie - Bildungsvereins der KPÖ Steiermark am von der Unersetzbarkeit privatkapitalis - gene Rolle der Gewerkschaftsbewegung 16. Mai 2015 in Graz. tischer Wirtschaftsmethoden bei und erwähnt werden. Sie fand Ausdruck in eröffnete der Arbeiterbewegung Perspek - der Gründung des Weltgewerkschafts - Verwendete Literatur: tiven für den Kampf um eine demokra - bundes im Oktober 1945 in Paris. Er ver - Geschichte des Zweiten Weltkrieges 1939– tische Kontrolle der Produktion. trat 67 Millionen organisierte Werktätige 1945, Bd. 12: Die Ergebnisse und Lehren des un d vereinte 90% aller gewerkschaftlich Zweiten Weltkrieges. Moskau, Berlin 1982. VI. Organisierten der Welt. Der Weltgewerk - Hella Kaeselitz: Kommunistische Parteien in Dazu kamen Erweiterungen bei der schaftsbund vereinte Gewerkschaften den Hauptländern des Kapitals. Zu ihrem Kampf Arbeitsgesetzgebung und der in Tarif - aller Länder, sozialistischer, kapitalis- für Frieden, Demokratie und Sozialismus verträgen verankerten Rechte, eine Stär - tischer, abhängiger und kolonialer. In 1944/45–1969/70. Berlin 1982. kung der Positionen der Betriebsräte, ihm waren alle Richtungen vertreten: Die internationale Arbeiterbewegung. Fragen Verbesserungen der Arbeitsbedingun - Kommunisten, Sozialdemokraten, Syndi - der Geschichte und der Theorie, Bd. 6: Die gen, erhöhter Arbeiterschutz, Erweite - kalisten und Katholiken. Nur wenige Arbeiterbewegung der entwickelten kapitalis- rung und Verbesserung der Sozialversi - blieben fern, z.B. die AFL der USA, die tischen Länder nach dem Zweiten Weltkrieg cherung und Sozialfürsorge, erhöhte strikt antikommunistische eingestellt war, (1945–1979). Moskau 1985. Ausgaben für Bildungs- und Gesund - während die zweite große amerikanische Geschichte der internationalen Arbeiter - heitswesen, progressive Besteuerungen, Gewerkschaft, die CIO, ihr beitrat. bewegung in Daten. Berlin 1986.

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Oberösterreich nach der Befreiung Peter März berösterreich war nach dem En - Zonengrenze war nur mehr mit vierspra - tenteils unterbrochen. Kontakte zwi - de des Krieges im Mai 1945 ein chigem Identitätsausweis und amtlichem schen Freunden und Verwandten und Oin vielfacher Hinsicht gespaltenes Passierschein möglich. 1947 hoben die Erkun digungen nach Verschollenen und Land. Die Alliierten befreiten es von der US-Amerikaner diese Kontrollen auf, Vermissten waren oft unmöglich. NS-Herrschaft, anschließend teilten sie es erst 1953 folgten die Sowjets diesem Bei - Am auffälligsten waren die Schäden an in eine US-amerikanische und eine so - spiel. Die Gefahr einer dauerhaften Ab - Gebäuden und Verkehrseinrichtungen. In wjetische Zone. Oberösterreich wurde da - trennung des Mühlviertels wurde durch Linz etwa waren durch die 22 schweren mit nicht nur befreit, sondern für die kom - die Ernennung Johann Blöchls zum Bombenangriffe seit Juli 1944 rund menden zehn Jahre auch besetzt. Die mit „Staatsbeauftragten“ durch die Regierung 14.000 Wohnungen zerbombt oder stark dem Staatsvertrag einhergehende „Befrei - Karl Renner und die Einrichtung der „Zi - beschädigt – insgesamt ein Drittel des ung“ von den Befreiern wurde für die vilverwaltung Mühlviertel“ abgewendet. Linzer Häuserbestandes. Der Wiederauf - nächsten Jahrzehnte zum sinnstiftenden Blöchl und Franz Blum erklärten sich be - bau konzentrierte sich vorerst auf die Element, während der eigentlichen Be - reit, über die Zonengrenze hinweg engen Wiederherstellung lebensnotwendiger freiung kaum mehr Platz in der offiziellen Kontakt zur Landesregierung zu halten, Einrichtungen. Die Wirtschaft war nahe - Erinnerungskultur eingeräumt wurde. für die KPÖ arbeiteten Eugen Haill und zu vollkommen zusammengebrochen, ein Die NS-Diktatur und der von ihr ent - Adolf Obermüller mit. Die Sowjets rascher Wiederaufbau war zwar das Ziel, fesselte Krieg forderte eine Vielzahl an machten schließlich 1946 den Weiter- wurde jedoch durch den Mangel an Koh - Menschenleben und hinterließ eine zer - bestand der „Zivilverwaltung“ zur Bedin - le, Rohstoffen und Ersatzteilen gehemmt. störte Wirtschaft. Die nackten Zahlen gung für ihre Anerkennung der Einheit Die Lebensmittelversorgung brach bei vermögen das Grauen dieser Zeit nur an - des Bundeslandes Oberösterreich. Das Kriegsende zusammen. Die ersten zudeuten: Mindestens 120.000 Personen ursprüngliche Provisorium blieb bis zum Wochenzuteilungen in Linz betrugen kamen in der Haft, in Konzentrations - Ende der Besatzungszeit bestehen. Die zwischen 535 und 670 Kalorien pro Tag lagern und NS-Euthanasieprogrammen Teilung des Landes führte zu einer un - für „Normalverbraucher“. Für die Zutei - um oder wurden ermordet, etwa 247.000 gleichen wirtschaftlichen Entwicklung, lungsperiode vom 28. Mai bis 24. Juni Soldaten aus Österreich waren tot, dar - die noch lange Zeit spürbar war. 1945 waren als Wochenration pro Kopf unter 64.300 Soldaten aus Oberöster - Aber abgesehen davon waren die Be - vorgesehen: 200g Fleisch, 500g Brot, reich, rund 25.000 bis 30.000 Zivilistin - satzungstruppen im Alltag bald kaum 100g Fett, 125g Zucker, 75g Trocken- nen und Zivilisten starben, 170.000 Sol - mehr bemerkbar. Regierung, Verwaltung erbsen, 25g Kaffeemittel und ein Ei. Nur daten trugen dauernde Invalidität davon. und Exekutive wurden schon in den ers - langsam stiegen die Rationen auf 1.200 An die 500.000 Männer gerieten in ten Nachkriegsjahren wieder öster - bis 1.500 Kalorien pro Tag. Aufgrund der Kriegsgefangenschaft, etwa 370.000 Wit - reichisch. Die US-Truppen waren Überbevölkerung und des mangelnden wen und Waisen mussten versorgt wer - zunä chst misstrauisch gegenüber einer Nahrungsangebotes wurde die Lebens - den. Die Bombenangriffe der Alliierten Bevölkerung, die bis zuletzt Teil des mittelrationierung noch bis Mitte der galten vorwiegend der Rüstungsindus trie „Dritten Reiches“ war. Die Besatzungs - 1950er Jahre fortgeführt. Den Schutt nicht im Großraum Linz, Wels und Steyr so - politik schwankte zwischen Strenge und wegzuräumen, sondern zu nutzen, darin wie den Verkehrsadern und Verkehrs - Wohlwollen, und es war für die Men - bestand die Strategie des alltäglichen knotenpunkten, hier vor allem Attnang- schen nicht immer einfach, sich darauf Überlebens. Mit Fallschirmseide, Reifen - Puchheim. Die unmittelbare Nachkriegs - einzustellen. Das strenge Kontaktverbot garnen, Wehrmachtsdecken, Gasmasken zeit war daher gekennzeichnet von Not, mit der lokalen Bevölkerung den Einhei - oder Stahlhelmen war man in der Lage, so Chaos und Hunger. Eine Auseinander - mischen war nicht lange durchzuhalten. manches anzufangen: Hochzeitskleider setzung mit der Vergangenheit gehörte Erlebnisse und Erzählungen von Flücht - und Wintermäntel nähen, Unterhosen in dieser Lage nicht zu den vordringli - lingen aus dem Osten vermischten sich stricken, Sieblöffel und Mörtelschöpfer chen Aufgaben. Die Entnazifizierung mit Überresten der NS-Propaganda: herstellen, Kochtöpfe anfertigen. kam nur schleppend in Gang und versan - Angst vor „den Russen“ war weit verbrei - Hamsterfahrten, Schmuggeltouren, dete zeitweise fast ganz. Gleichzeitig tet. Den sowjetischen Soldaten und Offi - Schwarz- und Schleichhandelsgeschäfte wurde ein Mantel des Schweigens über zieren war die negative Grundstimmung halfen über Engpässe hinweg, konnten die NS-Zeit gebreitet. Die politische der Bevölkerung unverständlich. Wie aber auch reich machen. Die arbeitsteilige Situation des Kalten Krieges trug zur Re - kann man die Befreier vom nationalsozia - Geldwirtschaft war vorübergehend funk - habilitierung von NS-Funktionären bei, listischen Unrechts-Regime als „Besat - tionsunfähig geworden: Organisieren, während die NS-Opfer kaum noch in der zer“ oder gar „Unterdrücker“ beleidigen? Sammeln und Tauschen bedeuteten das Öffentlichkeit präsent waren. Die jahrelange totale Rüstungswirt - kurzfristige Wiederaufleben archaischer Oberösterreich war neben Wien das schaft hatte die Produktion ziviler und Formen wirtschaftlicher Beziehungen. einzige Bundesland, das in verschiedene landwirtschaftlicher Güter beinahe zum Besatzungszonen aufgeteilt wurde. Seit Erliegen gebracht. Die Zustände waren Entnazifizierung August 1945 stand das Mühlviertel unter chaotisch – Hunger, Wohnungsnot sowie und Restitution sowjetischer Kontrolle, die Gebiete süd - der Mangel an Strom, Gas und Heiz - Mit dem Ende des Krieges stellte sich lich der Donau wurden von den US- material bereiteten die größten Sorgen. die Frage des Umgangs mit Tätern und Amerikanern regiert. Das Passieren der Die Kommunikationsstränge waren wei - „Mitläufern“ des NS-Regimes. Mit dem

2/15 18 Beiträge Linz für das ameri - des Zweiten Weltkriegs lehnte Öster - kanische Office of reich zunächst jede Verantwortung für Strategic Services die Verbrechen des NS-Regimes ab und (OSS) und später betrachtete sich unter Berufung auf die für das Counter Moskauer Deklaration von 1943 als er - Intelligence Corps stes Opfer Nazi-Deutschlands. Bis 1949 (CIC) zu arbeiten, beschloss das Parlament sieben Rück - sammelte Zeugen - stellungsgesetze: Die Frist zur Antrag - aussagen von stellung war allerdings kurz, die Beweis - Überlebenden in last lag bei den Geschädigten und diese den Lagern für wurden, häufig im Ausland wohnend, Displaced Persons, nicht individuell kontaktiert. erstellte Listen von ÖVP und SPÖ instrumentalisierten in NS-Tätern und war der Nachkriegszeit den in der Gesell - befugt, selbst Ver - schaft latenten Antisemitismus mit dem haftungen durch - Ziel, möglichst wenig der „arisierten“ zuführen. 1946 Vermögenswerte an die jüdischen gründete er ein EigentümerInnen zurückgeben zu müs - jüdisches Komitee sen. Innenminister Oskar Helmer (SPÖ) Fahne der oberösterreichischen Landesgruppe des von Überlebenden führte 1948 auf die Frage, wann entzoge - „Verbands antifaschistischer Freiheitskämpfer“. aus dem KZ Maut - nes jüdisches Eigentum zurückzuerstat - NSDAP-Verbotsgesetz im Mai 1945, hausen. Nach der Trennung vom CIC ten oder zu entschädigen sei, aus: „Ich dem Kriegsverbrechergesetz im Juni gründete Wiesenthal 1947 sein eigenes wäre dafür, dass man die Sache in die 1945 und dem Nationalsozialistengesetz Büro zur Ausforschung von NS-Verbre - Länge zieht. […] Die Juden werden das 1947 legte man die juristischen Grundla - chern: die Jüdische Historische Doku - selbst verstehen, da sie im Klaren darü - gen. In dieser ersten Phase der Entnazifi - mentation in Linz, die bis 1961 bestand. ber sind, dass viele gegen sie Stellung zierung wurden über eine halbe Million Im Laufe der Jahre wurde die Tätigkeit nehmen.“ Erst 1995 gestand die Repu - Personen in Österreich als National - Wiesenthals jedoch zunehmend schwieri - blik Österreich allen Opfern des Natio - sozialistInnen erfasst, über 170.000 aus ger, da das Interesse an der Verfolgung nalsozialismus auf freiwilliger Basis ihren Funktionen entlassen, über von NS-Tätern deutlich nachließ. Entschädigungen zu, allerdings gibt es 130.000 Fälle gerichtlich verfolgt und Von 1939 bis 1944 plünderten NS- bis heute keinen Rechtsanspruch darauf. verhandelt, 43 Todesurteile wurden aus - Organisationen wie der „Einsatzstab gesprochen. Zwischen Herbst 1945 und Reichsleiter Rosenberg“, der „Sonder - Flüchtlinge und Jänner 1948 internierte die US-Besat - auftrag Linz“ oder die SS „Forschungs - Heimatvertriebene zungsmacht tausende NSDAP-Mitglie - gemeinschaft Deutsches Ahnenerbe“ Im Juni 1946 befanden sich rund der, Funktionäre des NS-Regimes, Be - Schlösser, Bibliotheken, Museen und 153.000 Vertriebene, Umsiedler und amte, Angehörige der Wehrmacht und Privatsammlungen in ganz Europa. Ab Flüchtlinge in Oberösterreich, darunter der SS im „Camp Marcus W. Orr“, bes - 1943 befanden sich wesentliche Teile 40.300 Sudetendeutsche und Karpaten - ser bekannt als „Lager Glasenbach“ im der „Beutekunst“ im Salzbergwerk deutsche, 46.500 Donauschwaben aus Süden der Stadt Salzburg. Prominente Altaussee. Sie wurden ab 1945 von den der Bačka und dem Banat, 29.800 Sie - Insassen waren z.B. Franz Langoth, Alliierten zu der zentralen Sammelstelle benbürger Sachsen, Buchenland- und Albert Kesselring, Lothar Rendulic, Wal - (Central Collecting Point) in München Bessarabiendeutsche sowie 6.000 Bulga - ter Reder, Franz Stangl und Anton Bur - gebracht. Das Oberösterreichische Lan - rien-, Balten-, Schwarzmeer-, Wolga- ger. Das Lager beherbergte zwischen desmuseum fand in seinem Bestand 17 und Wolhyniendeutsche. Der Großteil 6.000 und 8.000 Inhaftierte, darunter rund Gemälde mit dem Vermerk „1945 vom von ihnen wollte dauerhaft im Land blei - 500 Frauen. Bis zur Auflösung durch - Collecting Point München übernom - ben. Als Angehörige eines ehemaligen liefen rund 30.000 Personen das Lager. men“. Forschungen ergaben, dass die Feindstaates der Alliierten erhielten sie Die Auseinandersetzung mit der jüng - Gemälde von NS-Reichsstellen zumeist von internationalen Flüchtlingsorganisa - sten Vergangenheit trat aber rasch hinter im Kontext des „Sonderauftrag Linz“ für tionen anfangs keine Hilfsleistungen. die materiellen Sorgen der Nachkriegs - das geplante Linzer „Führermuseum“ er - Die Verwaltung und Betreuung oblag ab zeit und hinter parteipolitische Interessen worben,1945 von amerikanischen Spe - Oktober 1945 dem „Amt für Umsied - zurück. Zahlreiche ehemalige NS-Funk - zialeinheiten übernommen und seit 1948 lung“, das der Landesregierung unter - tionäre konnten ihre Karrieren, nicht zu - in Linz gelagert wurden. 1951 kamen sie stellt war. Anfangs herrschte vor allem in letzt dank weiterhin bestehender Seil - zur Aufbewahrung in das Oberöster - der Bundespolitik eine zögerliche bis of - schaften, fortsetzen. Einer, der sich ge - reichische Landesmuseum. Ein Bild aus fen ablehnende Haltung gegenüber den gen diese Art des Umgangs stemmte, diesem Bestand wurde an die rechtmäßi - Heimatvertriebenen – es gab kaum Staats - war Si mon Wiesenthal, geboren am ge Besitzerin restituiert, bei zwei Bildern bürgerschaftsverleihungen, zum Teil kei - 31. Dezember 1908 in Butschatsch, Gali - konnte ein „Raubkunstverdacht“ ausge - ne Arbeitserlaubnis, ihre Sportvereine zien, heute Ukraine, gestorben am schlossen werden. Für die restlichen 14 blieben aus den oberösterreichischen 20. September 2005 in Wien. Unmittel - Bilder blieben Zweifel über die Her - Ligen ausgeschlossen. Erst mit dem be - bar nach der Befreiung nahm er die Su - kunft. In der NS-Zeit wurden zudem ginnenden Kalten Krieg und dem Wissen, che nach NS-Tätern auf und lieferte sie große Vermögenswerte entzogen oder dass die Vertriebenen vielfach gut ausge - an die Gerichtsbarkeit aus. Er begann in scheinbar legal übertragen. Nach Ende bildete Arbeitskräfte waren, änderte sich

2/15 Beiträge 19 diese Haltung. Die Siedlungen für Hei - Gablonzer Industrie arbeiteten und stark organisieren. Der Bundesverband ehe - matvertriebene und Flüchtlinge standen exportorientiert waren. mals politisch Verfolgter , kurz KZ-Ver - unter Verwaltung der Landesregierung. band, stellte den größten solchen Zusam - Bis zu 65.000 Personen waren auf 54 Entschädigung ohne menschluss dar. In dessen Vorstand „Amtssiedlungen“ in ganz Oberösterreich „Wiedergutmachung“ saßen Mitglieder der SPÖ, der ÖVP und verteilt. Die Belagszahl nahm rasch ab, Viele Tausend Oberösterreicher wur - der KPÖ. Die Fixierung auf die „politi - aber noch 1955 bestanden in den Siedlun - den zu Opfern des NS-Regimes. Die schen“ Opfer führte immer wieder zu gen Kindergärten, Schulen, Altersheime, Überlebenden der Verfolgung mussten Konflikten, in erster Linie mit den jüdi - Gemeinschaftsküchen, Krankenordinatio - zum Teil jahrzehntelang auf Entschädi - schen Überlebenden, die sich nicht ent - nen, Werkstätten, rund 200 Geschäfts- gung warten. Mit dem Opferfürsorge - sprechend vertreten fühlten. Der oberö - und Gewerbebetriebe sowie zahlreiche gesetz unternahm Österreich den halb - sterreichische Landesverband forderte Sport- und Aufenthaltsräume. Einige herzigen Versuch einer „Wiedergut - Entschädigungen und Hilfeleistungen, Barackenlager existierten bis 1965. machung“. Die Ereignisse wurden kaum tritt für eine umfassende Entnazifizie - Vor allem in den ersten Nachkriegsjah - artikuliert, im öffentlichen Bewusstsein rung ein und etablierte eine erste Erinne - ren waren die Menschen in diesen Sied - verdrängt, viele der Betroffenen zogen es rungskultur. Der Kalte Krieg verhärtete lungen auf die Spenden in- und ausländi - vor, zu schweigen. Unmittelbar nach rasch die Fronten zwischen den Parteien. scher Hilfsorganisationen angewiesen. Kriegsende bildeten sich jedoch erste Im März 1948 wurde der gemeinsame Zwischen Mai 1945 und Dezember 1949 NS-Opferverbände, die für eine rasche Verband aufgelöst und die Parteien grün - wurden über 100.000 Kleidungsstücke, Entschädigung kämpften, sich für die Er - deten eigene bzw. offiziell von ihnen un - große Mengen an Lebensmitteln, 3.000 haltung ehemaliger Konzentrationslager abhängige Verbände. Diese Nachfolge - Wolldecken, 400 Matratzen, 5.000 Meter als Gedenkstätten einsetzten und die Er - verbände arbeiteten erst seit 1968 wieder Stoff, 800 Kilogramm Wolle, 3.000 richtung von Mahnmalen einforderten. enger zusammen. Neben den offiziellen Kilogramm Seife, über eine Million Zi - Das Opferfürsorgegesetz vom 4. Juli Entschädigungszahlungen und Vergün - garetten und 500 Kilogramm Tabak ge - 1947 regelte die Gewährung finanzieller stigungen durch das Opferfürsorgegesetz sammelt. Die behördliche Zuständigkeit Entschädigung für Opfer des Nationalso - boten die NS-Opferverbände zahlreiche für einzelne Lager wechselte häufig. So zialismus. Innerhalb der vom Gesetz an - Hilfeleistungen an. Außerdem traten sie war das Lager Nr. 65 in Niedernhart erkannten Opfergruppen stellten jene, hartnäckig für den Beschluss eines Wie - zunächst ein von der IRO ( International die aufgrund ihrer Abstammung verfolgt dergutmachungsgesetzes ein. Zu ihren Refugee Organization ) verwaltetes wurden, die weitaus größte Gruppe dar, Aufgaben gehörten die Mithilfe beim Er - Krankenhaus, ehe es zu einer Siedlung gefolgt von den politischen Gegnern des langen von Trafiken und Kinolizenzen, für Heimatvertriebene und Flüchtlinge NS-Regimes. Für Antragsteller bedeute - die Unterstützung von Hinterbliebenen wurde. Zudem wohnten in manchen La - ten die bürokratischen Hürden oftmals und von Personen ohne österreichische gern sowohl Personen, die vom Amt für unüberwindliche Hindernisse. Opfer - Staatsbürgerschaft, die Verteilung von Umsiedlung betreut wurden, als auch gruppen wie Sinti und Roma, Zeugen Rot-Kreuz-Paketen und die Hilfe bei der Personen, für die die IRO zuständig war. Jehovas, Deserteure, Angehörige von Arbeits- und Wohnungssuche. Sie orga - Die Integration der neu zugewanderten NS-Euthanasie-Opfern, Homosexuelle nisierten Weihnachtszuwendungen, Be - Bevölkerungsgruppen in die oberöster - und so genannte „Asoziale“ blieben lan - kleidung, Möbel, Holz und Kohle. reichische Gesellschaft verlief nicht rei - ge Zeit von Entschädigungen ausge - Außerdem beteiligten sie sich an der Su - bungslos. Sie war eine große Herausfor - schlossen. In Oberösterreich stellten che nach NS-Tätern und traten immer derung für beide Seiten. Die einzelnen rund 3.700 Personen bei der Opferfürsor - wieder für eine raschere Rückstellung Gruppierungen bildeten eigene Kultur- gebehörde einen Antrag auf eine Amts - arisierter Vermögenswerte ein. und Sportvereine sowie „Landsmann - bescheinigung, einen Opferausweis oder Die Etablierung einer Erinnerungs - schaften“ und sie gründeten eine gemein - auf Haftentschädigung. Rund 2.200 Per - kultur, die dem Vergessen entgegenge - same Dachorganisation: den Verband der sonen (60 Prozent) erhielten einen positi - wirkt und die Dimension der NS-Verbre - Volksdeutschen Landsmannschaften ven Bescheid, aber nur 1.200 von ihnen chen bewusst macht, fiel der österreichi - Österreichs (VLÖ), dessen Gründungs - bekamen eine Amtsbescheinigung, mit schen Nachkriegsgesellschaft schwer. So versammlung am 11. September 1954 in der zahlreiche Vergünstigungen verbun - war es keineswegs selbstverständlich, Linz stattfand. Am schnellsten gelang der den waren. Für einen Antrag mussten dass das Konzentrationslager Maut - Neuanfang in wirtschaftlicher Hinsicht. wichtige Dokumente, etwa Haftbestäti - hausen und seine zahlreichen Neben - Bekanntestes Beispiel dafür ist die glas- gungen, selbst oder mit Hilfe der NS- lager oder die Tötungsanstalt Hartheim und metallverarbeitende Schmuckindu - Opferverbände gesucht werden. Vor in Gedenkstätten umgewandelt wurden. strie. Bereits seit der ersten Hälfte des allem in den ersten Jahren nach dem Nicht selten agierten Initiativen zur 18. Jahrhunderts war Gablonz (Jablonec Krieg war dies nicht einfach. Im Wider - Errichtung von Denkmälern und Ge - nad Nisou) ein Zentrum der Bijouterie- stand aktive Personen oder Menschen, denkstätten mit sehr bescheidenen mate - Manufakturen. Die dort hergestellten die wegen ihrer Herkunft verfolgt wur - riellen Ressourcen und stießen schnell an Glaswaren erfreuten sich weltweit großer den, erhielten die begehrte Amtsbeschei - die Grenzen des politischen Willens. Beliebtheit. Die aus der Tschechoslowa - nigung am häufigsten. Personen ohne Sofort nach der Eingliederung ins kei vertriebene sudetendeutsche Bevölke - österreichische Staatsbürgerschaft waren Deutsche Reich setzten in Österreich die rung baute diese Schmuckerzeugung un - in den meisten Fällen von der Opferfür - Repressionen gegen Sinti und Roma ein. ter anderem in Linz, Losensteinleiten bei sorge ausgeschlossen. Kinder durften nicht mehr in die Schule Steyr, Kremsmünster und Enns wieder Unmittelbar nach der Befreiung gehen, Erwachsene erhielten Berufsver - auf. 1951 gab es 150 Betriebe mit 1.900 bemühten sich lokale und regionale In - bote. In „Zigeunerlagern“ inhaftiert, Beschäftigten, die ausschließlich für die itiativen, die Opfer des NS-Regimes zu wurden sie schließlich in Konzentrati -

2/15 20 Beiträge onslager deportiert. Dort kamen rund 90 Amerikanischen Zone in Linz. Auf Kriegstagen im KZ Mauthausen ermordet Prozent der oberösterreichischen Sinti Fotos, die nur im Archiv von Yad Vas - worden war. Von Ende Oktober bis Mitte und Roma ums Leben. Für die Überle - hem öffentlich zugänglich sind, tragen Dezember 1945 war Haider auch Landes - benden führte die Stigmatisierung als einige Protestierende mangels Kleidung hauptmannstellvertreter in der provisori - „asozial“ nach Kriegsende zu erhebli - die gestreifte Kluft der Konzentrationsla - schen Landesregierung. Erst mit dem chen Problemen, vor allem beim Ver - ger oder Reste von SS Uniformen. Mit „Allgemeinen Befehl Nr. 3“ der Militär - such, als Opfer anerkannt zu werden. In Parolen wie „Nazis live in comfortable regierung vom 19. September 1945 wur - Oberösterreich ließen sich 51 Menschen houses, their victims live in dirty bar - den in Oberösterreich die politischen Par - als „Zigeuner“ registrieren, von ihnen er - racks“ und „After 6 years in Concentrati - teien zugelassen und am 8./9. Oktober hielten lediglich 28 einen Opferausweis on camp in Concentration camp again“ nahm die Parteipresse ( Tagblatt der SPÖ, oder eine Amtsbescheinigung. Die Ab - forderten Überlebende der Konzentrati - Volksblatt der ÖVP“, Neue Zeit der KPÖ) lehnung wurde oft mit der Behauptung onslager ein Leben, wie „normale Men - ihr Erscheinen auf. Die Neue Zeit ersetzte begründet, es habe sich nicht um eine schen“ für sich ein. Ihr Protest hatte Er - mit einer Auflage von 18.000 Stück die rassische Verfolgung gehandelt, sondern folg, schon vier Tage nach der Demon - bis dahin verlegte Österreichischen um eine Inhaftierung wegen „asozialen stration kündigte General Clark an, dass Nachrichten , sie erschien auf Grund des und arbeitsscheuen Verhaltens“. Zudem „Juden“ in die Bindermichl-Siedlung allgemeinen Ressourcenmangels nur wurden die Haftzeiten in den so genann - einziehen werden, weil sie als „meist - jeden zweiten Tag. ten „Zigeunerlagern“ häufig schlichtweg verfolgte Gruppe Anspruch auf bessere Der erste Wahlkampf stand im Zeichen nicht anerkannt. Begründet wurde dies Behandlung hätten. Insgesamt 2.000 pol - des Misstrauens der ehemaligen Gegner. meist damit, dass es sich bei den Lagern nische, ungarische und rumänische Nazi- Die Sozialisten warnten vor einer Wie - Lackenbach, Weyer oder Ibm-Weid - Opfer übersiedelten so in 369 der derkehr jener Kräfte, die 1934 die demo - moos nicht um Gefängnisse oder Kon - modernsten Wohnungen, die Linz anzu - kratischen Parteien abgeschafft hatten; zentrationslager gehandelt habe. bieten hatte – das DP-Lager Bindermichl besonders Landeshauptmann Gleißner Der überwiegende Teil der rund entstand. Es gilt als Vorzeigelager, die stand im Zentrum der Angriffe. Die 27.000 jüdischen Displaced Persons Versorgung mit Lebensmitteln und Klei - Volkspartei setzte auf den „Landes - (DPs), die nach Kriegsende in Oberöster - dung War gut. Mit Hakoah Linz hatte hauptmann-Bonus“ und präsentierte sich reich lebten, wollte das Land so rasch das Lager sogar einen eigenen Fußball - als Partei der Mitte. Über 100.000 ehe - wie möglich verlassen. Die zunächst acht vere in. Doch immer wieder gab es Zu - malige Nationalsozialis ten waren per Lager für jüdische DPs am Linzer Bin - sammenstöße mit der Bevölkerung. So Gesetz von der Wahl ausgeschlossen. dermichl, in Bad Ischl, Braunau (Ransh - kam es im April 1947 vor einer Bushalte - Als große Unbekannte galt die KPÖ. ofen), Ebelsberg („Davidstern“), Weg - stelle zu einer Schlägerei, einer der Tat - Am 25. November 1945 lautete das Er - scheid („Maurice Tyler“), Enns, Steyr verdächtigen rief dabei antisemitische gebnis der Landtagswahl: ÖVP 59,1%, und Wels standen unter Verwaltung der Parolen. Ein Bericht an Landeshaupt - SPÖ 38,3%, KPÖ 2,6% – dies reichte auf Militärregierung, später der UNRRA mann Gleißner prangerte die Untätigkeit Grund der undemokratischen Wahlord - (United Nations Relief and Rehabilitati - der Polizei und der Behörden bei juden - nung nicht für einen Einzug in den Land - on Administration ), dann der IRO ( Inter - feindlichen Ausschreitungen an. tag. Das Ergebnis wurde auf die Gemein - national Refugee Organization ). Ab Sep - deratsebene umgelegt, demnach war die tember 1947 sank die Belagszahl durch Die KPÖ 1945 bis 1955 KPÖ mit ihren 12.418 Stimmen mit offi - Auswanderung in die USA und nach Ka - Im Unterschied zur sowjetisch besetz - ziell insgesamt 49 Mandaten vertreten. nada, vor allem aber ab Mai 1948 durch ten Zone waren in Oberösterreich süd - Auf Grund von Parteienvereinbarungen Emigration in den neu gegründeten Staat lich der Donau sowohl politische Partei - konnte die KPÖ aber insgesamt 32 Man - Israel. Versorgt wurden die jüdischen en und auch Gewerkschaften zunächst date in 23 Gemeinden in Oberösterreich- DPs durch die Lagerverwaltung und das verboten und daher weiterhin illegal, Süd (US-Besatzungszone) sowie 52 Am erican Joint Distribution Committee“. wenngleich geduldet. Bereits unmittelbar Mandate in 51 Gemeinden in Oberöster - So erhielt die Lagerbelegschaft durch - nach Kriegsende bemühten sich zahlrei - reich-Nord (sowjetische Besatzungs - wegs hochwertige Nahrungsmittel wie che Personen darum, kommunistische zone) besetzen. Dieses Ergebnis war für Schokolade, Kakao, Reis, Südfrüchte und Strukturen in Oberösterreich wieder auf - die KPÖ eine herbe Enttäuschung – die Genussmittel. In den Lagern gab es eige - zubauen. Am 14. Mai 1945 fand in Wahlen fanden einerseits zu früh statt, ne Werkstätten mit Ausbildungsplätzen. einem Gasthaus in der Linzer Lessing - um im Vorfeld eine echte Konsolidie - Die Wohnverhältnisse waren äußerst be - straße eine Sitzung unter dem Vorsitz rung als Partei erlangen zu können, ande - engt, meistens wohnte eine Familie in ei - von Josef Mitter statt, bei der man übe - rerseits waren überall noch die Spuren nem einzigen Zimmer. Die Lager in reinkam, sich an der provisorischen des Krieges sichtbar. Zudem griff erneut Ranshofen und Bad Ischl wurden im Sep - Stadtverwaltung aktiv zu beteiligen und der in der Bevölkerung stark verankerte tember 1947 aufgelassen, die dort Unter - die unangenehmen Referate Ernährung und v on den gegnerischen Parteien for - gebrachten kamen ins Lager Davidstern (Otto Brunn) und Wohnungswesen cierte Antikommunismus. Die KPÖ wur - in Ebelsberg, bis dieses im Oktober 1950 (Franz Rammerstorfer) zu übernehmen. de fortan als „Russenpartei“ diffamiert, aufgelöst wurde. Übrig blieben die Lager In der Stadtverwaltung Urfahr arbeiten fortschrittliche Veränderungen waren im - in Wels, Steyr und Asten; Ende 1954 für die KPÖ zunächst Josef Ebelseder als mer schwieriger umzusetzen. Die exis tiert nur noch das Lager Asten. Vizebürgermeister und Josef Hammer eigentlich erhofften rund 20% wurden Knapp ein halbes Jahr nach der Befrei - als Stadtrat. Auf Landesebene wurde be - klar verfehlt, dennoch gelangen in einzel - ung vom nationalsozialistischen Terror - reits im Mai 1945 Franz Haider mit der nen Hochburgen beachtliche Erfolge. So regime demonstrierten ein paar hundert Funktion des Landesobmannes betraut, erhielt die KPÖ in Bad Goisern 14,5%, in jüdische Displaced Persons der US- nachdem Sepp Teufl noch in den letzten Steyr 11,6%, in Ebensee 10,2% und in

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Im April 2015 stellten das Oberösterreichische Landesmuseum und das Stadtmuseum NORDICO auf der Linzer Nibelungen - brücke zwei Tafeln auf, die an die Teilung der Stadt vor 70 Jahren erinnern sollen. Sie ähneln den originalen Tafeln und symbo - lisieren die US-amerikanische und die sowjetische Zonengrenze.

Wolfsegg 10,2% der Stimmen. Organisa - führte am 25. September zu einem ersten nach 1945. Linz 2011. torisch kam es in der KPÖ Oberösterreich Warnstreik in der VOEST und in den Fellner, Fritz: Alltag und Leben im Mühlviertel zu einem beachtlichen Aufschwung, die Steyr-Werken. Am 26. Oktober forder - 1945 bis 1955. Grünbach 2005. Mitgliederzahlen stiegen von lediglich ten rund 20.000 DemonstrantInnen auf Freund, Florian: Oberösterreich und die „Zigeu - rund 500 im Mai 1945 auf über 6.000 im dem Linzer Hauptplatz ein Ende des ner“. Linz 2010. Jänner 1946. Auf dem 1. (13.) Landes - Preistreiberpakts, insgesamt streikten an Giefer, Rena/Giefer, Thomas: Die Rattenlinie. parteitag (Februar 1946) wurde Franz diesem Tag rund 60.000 ArbeiterInnen Fluchtwege der Nazis. Frankfurt/M. 1991. Haider zum 1. Obmann gewählt, August aus 120 oberösterreichischen Betrieben. Hack, Christoph Eric: Nationalsozialistische Moser und Oktavian Baumgartner zu sei - Auf Bundesebene riet die KPÖ dazu, Kontinuitäten in Linz/Donau 1945–1950. nen Stellvertretern und Sepp Bloderer den Streik zu unterbrechen, um in einer Diplomarbeit Innsbruck 2010. zum Landesparteisekretär. österreichweiten Betriebsrätekonferenz Hindinger, Gabriele: Das Kriegsende und der SPÖ, ÖVP und KPÖ gründeten auch einen Forderungskatalog zu erstellen. Wiederaufbau demokratischer Verhältnisse in die Arbeiterkammer wieder. Am 27. No - Nur bei Nichterfüllung der Forderungen Oberösterreich im Jahre 1945. Wien 1968. vember 1945 beschloss die provisorische sollte für den 4. Oktober zum General - Kepplinger, Brigitte: Tötungsanstalt Hartheim. Vollversammlung die Aufteilung der streik aufgerufen werden. Diese Unter - Linz 2008. Mandate. Die SPÖ erhielt 68, die ÖVP brechung gab Regierung und ÖGB- Kirchmayr, Birgit/Buchmayr, Friedrich/John, Mich - 24 und die KPÖ 16 Mandate. Die erste Führung genügend Zeit, Gegenmaßnah - ael: Geraubte Kunst in Oberdonau. Linz 2007. Sitzung fand am 1. Dezember 1945 statt. men zu ergreifen und Druck auf allen KPÖ OÖ (Hg.): Heiße Tage im Herbst, Zur Am 12. Mai 1946 fand die erste Lan - Ebenen auszuüben. Die Massenmedien Geschichte des Oktoberstreiks 1950 in Ober- deskonferenz des ÖGB statt, auch hier sprachen bereits zu diesem Zeitpunkt österreich. Linz 2000. arbeiteten die Vertreter der KPÖ intensiv von einem kommunistischen Putschver - Kriegsende und Neubeginn in Oberösterreich. und maßgeblich mit. Die bis Ende 1947 such und diskreditierten damit alle Ver - Dokumente des Oö. Landesarchivs 1944–1947. stattfindenden Betriebsratswahlen von suche, das LPA zu Fall zu bringen. Die Linz 1985. knapp 4.000 Mandaten brachten für die bewusste Unterbrechung des Streiks Leimlehner, Erich: Das Kriegsende und die Fol - KPÖ 154 Mandate, vorwiegend in den führte zu einem Abbröckeln der Bewe - gen der sowjetischen Besetzung im Mühlviertel Großbetrieben der Schwerindustrie. gung, darüber hinaus gingen die vom 1945 bis 1955. Zürich 1974. späteren Innenminister Olah aufgestell - Loidl, Simon/März, Peter: ...Garanten gegen Der Oktoberstreik 1950 ten Einsatzkommandos mit Gewalt ge - den Faschismus. Der Landesverband ehemals Ausgangspunkt für den so genannten gen die Streikenden vor. Die Steyr-Wer - politisch Verfolgter in Oberösterreich. Linz 2010. Oktoberstreik war die soziale Unzufrie - ke werden von der Gendarmerie besetzt Marckhgott, Gerhart/Haider, Sigfried: Oberöster - denheit besonders in der Arbeiterschaft, – der Streik brach rasch zusammen und reichische Gedenkstätten für KZ-Opfer. Linz 2001. die sich am 4. Lohn- und Preisabkom - wurde von der Betriebsrätekonferenz am Martl, Gitte/Martl, Nicole/Winter, Rosa: Uns hat men (LPA) und den damit verbundenen 5. Oktober offiziell beendet. Rund ein - es nicht geben sollen: Drei Generationen Sinti- Belastungen entzündete. Die Landeslei - tausend Entlassungen waren die Folge, Frauen erzählen. Grünbach 2004. tungssitzung der KPÖ Oberösterreich darunter je 350 in der VOEST und in den Mayrhofer, Fritz (Hg.): Entnazifizierung und vom 3. September 1950 beschloss, lan - Steyr-Werken, 90 im Aluminiumwerk Wiederaufbau in Linz (Historisches Jahrbuch desweit Aktionen gegen diese neue Bela - Ranshofen – viele der entlassenen Arbei - der Stadt Linz 1995). Linz 1996. stungswelle zu durchzuführen. Die SPÖ ter fanden in den sowjetischen USIA- Merl, Edmund: Besatzungszeit im Mühlviertel. hingegen verteidigte das LPA und ver - Betrieben wieder Beschäftigung. Linz 1980. sprach eine Abgeltung der Verluste in Schicho, Josef: Heimat: verloren – gefunden. der Zukunft. Diese Beschwichtigungs- Literatur: Aus Kaplitz vertrieben, in der Fremde neu politik reichte nicht aus, die Streikbereit - Carrington, Michael (Hg.): Linz-Zeitgeschichte: begonnen. Grünbach 2014. schaft stieg. Die Bekanntgabe, dass es Koks und Cola. Linz in den 50er-Jahren. Linz 2014. Schuster, Walter: Deutschnational, national- am 22. September zu einer Einigung Dohle, Oskar/Eigelsberger, Peter: Camp Mar - sozialistisch, entnazifiziert. Franz Langoth – über ein neues Sparpaket gekommen sei, cus W. Orr. „Glasenbach“ als Internierungslager eine NS-Laufbahn. Linz 1999.

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70 Jahre nach dem Massaker im Zuchthaus Stein: Die Stadt Krems stellt sich ihrer Geschichte Winfried r. g arSCHa m 12. April 2015 gedachte die leitung Niederdonau und dem Kremser on Stragan („Marktstandl“), die von Stadt Krems an der Donau der „Volkssturm“ auf den Versuch des Wien und Linz aus unter Anderem Pläne AOpfer des NS-Terrors im April Zuchthausdirektors Franz Kodré, die der Raketenproduktion in Peenemünde 1945. Im Rahmen einer Zeremonie auf Häftlinge frei zu lassen, mit einem Mas - ausspionierte. Ihre Angehörigen waren dem Friedhof Stein an der Donau ent - saker, dem mehr als dreihundert Häftlin - großteils polnische Nationalisten aus hüllten der polnische Botschafter und der ge zum Opfer fielen. Die Mörder stellten dem Olsa-Gebiet, dem seit dem Ende des Bürgermeister ein Denkmal für die pol - ein „Standgericht“ zusammen, das Kodré Ersten Weltkriegs durch den Fluss Olsa nischen Opfer der Massenhinrichtung im selbst sowie vier Justizwachebeamte, die (poln. Olza, tschech. Olše) geteilten Zuchthaus Stein am 15. April 1945. Wei - die Freilassung unterstützt hatten, hin - Gebiet rund um Teschen (Cieszyn/Český tere Stationen des Gedenkens waren das richtete. SS und „Volkssturm“ veranstal - Těšín). Fünf weitere Hingerichtete waren Denkmal für die griechischen Opfer, wo teten am 6. und 7. April im Stadtgebiet wegen ihrer Zugehörigkeit zur katho - Robert Streibel aus seinem neuen Roman von Krems und den Orten der Umge - lisch-konservativen Antifaschistische „April in Stein“ las, und die Benennung bung eine „Hasenjagd“ und ermordeten Freiheitsbewegung Österreichs zum einer von der Justizanstalt weg führen - zahlreiche bereits in die Freiheit ent - Tode verurteilt worden, unter ihnen die den Verbindungsgasse nach dem griechi - lassene Häftlinge; 61 von ihnen wurden beiden Franziskaner- Patres Angelus schen Überlebenden Gerasimos Garne - am 7. April in Hadersdorf am Kamp an Steinwender und Kapis tran Pieller. So - lis. Nach einer Kranzniederlegung vor der Friedhofsmauer erschossen, nach - wohl der älteste als auch der jüngste Hin - den Gedenksteinen für die ermordeten dem ihnen am Tag davor Hadersdorfer gerichtete waren vom Sondergericht Häftlinge und die hingerichteten Nationalsozialisten den Weg verstellt Linz wegen „krimineller“ Delikte zum Justizwachebeamten zeigten Piotr Szal - hatten. Die meisten Toten wurden in drei Tode verurteilt worden: Der sechzi - sza und Sofia Beklen ihren den Hinge - Massengräbern innerhalb des Zuchthau - gjährige Josef Hofer, wegen wiederhol - richteten des 15. April 1945 gewidmeten ses verscharrt. Die Toten waren sowohl ten Diebstahls zu einer mehrjährigen Film „Die Helden von Stein“, der am „politische“ als auch „kriminelle“ Häft - Zuchthausstrafe verurteilt und geflohen, Jahrestag selbst auch im Wiener linge, unter den ermordeten ausländi - hatte auf der Flucht, um zu über leben, Straflandes gericht aufgeführt und am schen Gefangenen befanden sich beson - weitere Diebstähle verübt und war des - 9. Mai in ORF III gesendet wurde. ders viele Tschechen und Griechen. Die halb als „gefährlicher Gewohnheitsver - Überlebenden wurden donauaufwärts in brecher“ zum Tode verurteilt worden. Das Massaker Richtung Bayern verschifft. Der sechzehnjährige Alois Hütter war als vom 6. April 1945 „verwahrloster Jugendlicher“ mit fünf - Am 6. April 1945 reagierten national - Die Massenhinrichtung zehn zu einer vierjährigen Gefängnis - sozialistische Fanatiker unter der Beam - vom 15. April 1945 strafe verurteilt worden, geflohen und tenschaft des Zuchthauses Stein an der Im fast leeren Zuchthaus fand neun hatte versucht, seine Flucht von Linz aus Donau gemeinsam mit der NSDAP-Gau - Tage nach dem Massaker eine Massen - mit dem Auto eines Arztes, das vor des - erschießung statt: In Wien war keiner der sen Praxis unversperrt abgestellt war, bei Bedarf tätigen Scharfrichter (aus fort zusetzen. Die Frau des Arztes, eine â Schuster, Walter/Weber, Wolfgang (Hg.): Ent - Graz, Prag oder München) verfügbar – Krankenschwester und zwei wartende nazifizierung im regionalen Vergleich. Linz 2004. offenbar hielt sich ihre Bereitschaft in Patienten zwangen ihn jedoch auszustei - Slapnicka, Harry: Oberösterreich – zweigeteil - Grenzen, angesichts der bevorstehenden gen. Mit Hilfe einer gestohlenen Pistole tes Land (1945–1955). Linz 1986. Einnahme der Stadt durch die Rote bedrohte er den Mann, der ihn fest hielt, Stockinger, Heide (Hg.): Jung-Sein in Linz. Armee, nach Wien zu kommen, um die wurde nach kurzem Handgemenge aber Geschichten aus den 50ern. Wien 2008. letzten zum Tode Verurteilten, die noch der Polizei übergeben. Wegen seiner Volkmer, Hermann: Die Volksdeutschen in nicht geköpft waren, hinzurichten. Der „sittlichen Verderbtheit“ beantragte der Oberösterreich. Ihre Integration und ihr Beitrag Wiener Generalstaatsanwalt, Johann Staatsanwalt, den „entarteten Jugend - zum Wiederaufbau des Landes nach dem Zwei - Karl Stich, veranlasste eine Hinrichtung lichen“ trotz seiner Jugend als „Volks - ten Weltkrieg. Linz 2003. im Zuchthaus Stein. Am 5. April traten schädling“, gefährlichen Gewohnheits - Wagner, Verena: Jüdische Lebenswelten. Zehn 46 Verurteilte und mehrere Begleitperso - verbrecher und Gewaltverbrecher zum Linzer Biographien. Linz 2013. nen den Fußmarsch nach Stein an, wo 44 Tode zu verurteilen. Trotz eines medizi - von ihnen am 9. April ankamen – zwei nischen Gutachtens, das bezweifelte, ob Ausstellungen zum Thema: hatten unterwegs flüchten können. Ange - Hütter – wie es das Gesetz als Vorausset - – Befreit und besetzt. Oberösterreich sichts der Massengräber des vorangegan - zung für ein solches Urteil erforderte – 1945–1955 (Schlossmuseum Linz, 25.2.– genen Massakers war die Wartezeit bis einem Straftäter über achtzehn Jahren 8.11.2015) zur Hinrichtung wohl eine zusätzliche gleichzustellen sei, folgte das Sonder - – Geteilte Stadt. Linz 1945–1955 (Stadt - Tortur. Am 15. April wurden alle 44 gericht dem Antrag der Staatsanwalt - museum NORDICO, 17.4.–26.10.2015) durch Genickschuss exekutiert. schaft und überstellte Hütter zur Hinrich - – Bildende Kunst in Oberösterreich 17 der 44 Hingerichteten waren An - tung nach Wien. Die Fälle Hofer und 1945–1955 (Landesgalerie Linz, 17.4.– gehörige der mit der polnischen Heimat - Hütter zeigen, welche „todeswürdigen 16.8.2015) armee verbundenen Spionageorganisati - Verbrechen“ jene begangen hatten, die

2/15 Beiträge 23 am 15. April wegen krimineller Delikte hingerichtet wurden.

Neue Formen des Gedenkens Jahrzehnte hindurch war das Gedenken an die Opfer des Massakers am 6. April 1945 eine Angelegenheit der Opfer selbst gewesen. Eine der Ursachen hier - für war wohl in der besonderen politi - schen Konstellation in Krems zu suchen – der einzigen Stadt Österreichs, wo ein Nazi-Bürgermeister, nämlich Max Thor - westen, auch nach 1945 Bürgermeister werden konnte, nachdem bereits in den 1950er Jahren eine „Wahlgemeinschaft“ unter dem ÖVP-Bürgermeister Franz Wilhelm die ehemaligen Nationalsozia - listen, die anderswo als Verband der Un - abhängigen (später FPÖ) kandidierten, Gedenkkundgebung der Arbeitsgemeinschaft der NS-Opfer-Verbände am 12. April zum Bestandteil des politischen Esta - 2015 in Hadersdorf. V.l.: Gerhard Kastelic (ÖVP- Kameradschaft), Friedl Garscha blishments in der Stadt gemacht hatte. (KZ-Verband), Klaus Bergmair (Sozialdemokratische Freiheitskämpfer) und der Die Wahl des Sozialdemokraten Rein - Kremser Gemeinderat Wolfgang Mahrer (KPÖ-Linkssozialisten), vorne Rudi Burda. hard Resch zum Bürgermeister im Jahre 2012 brachte auch einen Neubeginn des „Kultur Mitte Krems“ die von Streibel ge - aus den Exhumierungsprotokollen vom Umgangs der Stadt mit ihrer NS-Vergan - staltete Ausstellung „Stein 1945“, die das Frühjahr 1946 bekannt. Daher weiß man genheit als „Gauhauptstadt Nieder - Schicksal einiger in Stein inhaftierter auch, dass es sich bei den Erschossenen donau“. 2014 übernahm die Stadt erst - Widerstandskämpfer sowie den Volks - um politische Häftlinge gehandelt hat. mals die Ausrichtung der jährlichen gerichtsprozess gegen die Mörder im Genau diesen politischen Bezug wollte Gedenkveranstaltung. Diese beginnt tra - August 1946 dokumentierte. Grund lage aber die Mehrheit des Gemeinderats ver - ditionellerweise mit Ansprachen und all dieser Aktivitäten war ein von Streibel meiden, als sie eine neue Gedenktafel an Kranzniederlegungen auf dem Steiner der Stadt bereits vor zweieinhalb Jahren der Friedhofsmauer anbringen ließ. Friedhof, wo 1951 durch das Land Nie - vorgelegter Aktionsplan „Keine Zukunft Der Liedermacher Rudi Burda fasste derösterreich zwei große Gedenksteine ohne Vergangenheit: Eine Stadt stellt sich diese Haltung in einer Strophe seines gegenüber dem Eingangstor errichtet ihrer Geschichte“, von dem allerdings Hadersdorf-Liedes zusammen: „Gehts, worden waren. Es folgen eine Kund - wesentliche Teile – wie etwa die Errich - lasst’s die armen Seel’n in Ruah. Die gebung beim Denkmal für die am 6. April tung eines Gedenksteins vor dem Steiner - Zeiten war’n brutal. / Jetz’ klappt’s’en 1945 ermordeten griechischen Häftlinge tor (an jenem Platz, wo drei Offiziere aus Deckel wieder zua. Mir brauchen kaan gegenüber dem Haupteingang der Justiz - dem Stalag 17B in Gneixendorf gehenkt Skandal.“ anstalt. Die Veranstaltung wird seit eini - wurden) oder eine Städtepartnerschaft mit Die während der jährlichen Gedenk - gen Jahren bei den beiden Gedenktafeln einem unter maßgeblicher Beteiligung kundgebungen der Arbeitsgemeinschaft in der Justizanstalt selbst abgeschlossen; von Kremser Soldaten zerstörten Ort in der NS-Opfer-Verbände regelmäßig mit - diese waren 1965 zunächst an einer Mau - Polen, der Ukraine oder in Russland – bis - tels Filzstift angebrachten Ergänzungen er in der Strafanstalt angebracht, im Zuge her nicht realisiert wurden. („61 politische Gefangene“ und „Nie des Umbaues der Justizanstalt in den wieder Faschismus “) ließ die neue Bür - 1990er Jahren aber in einen als Gedenk - Die Ergänzung der Gedenktafel germeisterin mit ebensolcher Regel - stätte gestalteten Bereich der Besuchs - in Hadersdorf am Kamp mäßigkeit wieder abwaschen. Im zone verlegt worden. 2015 errichteten die Ganz anders stellt sich die Situation im November 2014 ließen die niederöster - Republik Polen und die Stadt Krems den nahen Hadersdorf am Kamp dar. Dort reichischen Landesorganisationen des eingangs erwähnten Gedenkstein auf dem hatte es bis 1997 gedauert, bis die Ge - Bunds Sozialdemokratischer Freiheits - Steiner Friedhof, der das erste Erinne - meinde ein kleines Taferl an jener Stelle kämpfer/innen und des KZ-Verbands rungszeichen für die Massenhinrichtung der Friedhofsmauer anbrachte, wo am diese Ergänzungen in den Gedenkstein des 15. April 1945 darstellt. 7. April 1945 61 Häftlinge des Zuchthau - eingravieren. Im Vorfeld der Gedenkveranstaltung ses Stein erschossen worden waren. 2005 Rudi Burda ergänzte sein Lied: stellte die Stadt Krems auf gut besuchten eskalierten die Auseinandersetzungen im „In Hadersdorf, dem klaanan Urt, hängt Veranstaltungen zwei Bücher des aus Ort, als der ÖVP-Bürgermeister sogar jetz’ a schlichtes Schild. Krems stammenden Historikers Robert eine vom Land Niederösterreich mitge - Des gibt von dem Massaker durt, ab jetz’ Streibel vor – den bereits erwähnten tragene Gedenkkundgebung zu verhin - kaa schiefes Bild. dokumentarischen Roman „April in dern versuchte. Internationales Medien- In Hadersdorf am Kamp. Stein“ sowie, bereits im November 2014, echo erreichte er, als er 2006 die Als waar’n die Opfer in der Gruab’m nix „Krems 1938–1945. Eine Geschichte von Feuerwehr jugend die während einer wia Verbrecher g’wesen. Anpassung, Verrat und Widerstand“. Dar - Kundgebung mit Kreide auf die Straße Sie saan als Nazi-Gegner gsturb’m. über hinaus zeigte die in der KPÖ- geschriebenen Namen der Ermordeten Des kann ma durt jetzt lesen. Bezirksleitung untergebrachte Galerie wegwaschen ließ. Zahlreiche Namen sind In Hadersdorf am Kamp.“

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Sepp Filz: Widerstand, Befreiung und Wiederaufbau 1945 HeiMo HalBrainer

alt war der Winter 1944/45 in den bild ebenfalls ein vierköpfiges Direktori - und Auseinandersetzungen mit der Heim - obersteirischen Bergen. Für Sepp um gebildet wurde. Auch mit der Regie - wehr, den Nationalsozialisten und Poli - KFilz war es bereits der zweite rung wurde Verbindung aufgenommen, zeibeamten. Filz sprach immer wieder bei Winter, den er gemeinsam mit anderen in um die Sozialisierung amtlicherseits diesen Kundgebungen und Versammlun - der Illegalität lebend zubrachte: Filz war festzuhalten. Den Delegierten aus der gen und wurde ein erstes Mal verhaftet. Partisan. Ab dem 8. Mai 1945 war er „sozialis tischen Republik Donawitz“ – Am 12. Februar 1934 krachten Schüs - kurzzeitig eine der wichtigsten Personen wie der Sozialreferent der Alpine-Direk - se. Sepp Filz kämpfte in Leoben, wurde in Leoben und Umgebung. 1952 wurde tion Felix Busson sie nannte 4 – wurde in festgenommen, konnte entkommen und er aus der Steiermark vertrieben. Dass er Wien erklärt, dass es für eine Sozialisie - floh mit anderen durch den bauchtiefen fast die Hälfte seines Lebens in St. Pöl - rung noch zu früh sei. Sepp Filz erinnerte Schnee in die Berge, um zur Gruppe um ten, wo er knapp nach Vollendung seines sich nach 1945, dass damals Otto Bauer Koloman Wallisch zu gelangen. Wal - 88. Lebensjahres 1994 starb, verbringen meinte, so gehe das nicht, zuerst müssen lisch wurde schließlich festgenommen musste, hängt mit einem Stück öster - Gesetze her. Es sollten schließlich 26 und hingerichtet, andere wurden zu reichischer Zeitgeschichte zusammen. 1 Jahre vergehen, bis am 29. Juni 1945 Zuchthausstrafen verurteilt. Im Juli 1934 Sepp Filz wurde am 18. November Sepp Filz wieder die Verstaatlichung der nahmen sie auch Filz fest und lieferten 1906 in Donawitz, im „Reich der Alpine- Alpine einfordern sollte. 5 Mit der ihn ins Anhaltelager Graz-Waltendorf Montangesellschaft“ ,2 die das Leben des Vertrös tung auf noch zu erlassende ein. Bald wieder frei, wurde er wieder gesamten Bezirks prägte, geboren. Gesetze war der Sozialisierungsversuch aktiv und fuhr 1935 als Delegierter nach Schon der Großvater und der Vater hat - in Donawitz und Seegraben „gestorben“. Moskau, wo zwischen dem 25. Juli und ten im Hüttenwerk in Donawitz gearbei - dem 20. August der VII. Weltkongress tet. Auch Sepp Filz und seine Brüder Delegierter am VII. Weltkon- der Kommunistischen Internationale tag - sollten hier später Arbeit finden. Doch gress der Komintern te: „Legal bin ich mit meinem Pass nach zunächst besuchte er in Donawitz die 1922 sprach niemand mehr von Sozia - Prag gefahren, dort war gerade der Ka - Volksschule. Nicht immer war dies mög - lisierung. Im Gegenteil: Der Betrieb war tholikentag. Jetzt hab’ ich mir ein kleines lich, wurde doch die Schule immer wie - in der Zwischenzeit als Spekulations- Kreuzerl umgehängt und bin so ohne der für militärische Zwecke benötigt. Es objekt an den italienischen Fiat-Konzern Probleme durch alle Kontrollen gekom - war Krieg. Nach dem Krieg reichte das verkauft worden. Gleichzeitig wurde der men. Das Kreuz auf der Brust, so bin ich Geld für keine weitere Schulbildung und Zehnstundenarbeitstag gefordert. Sponta - auch noch in Prag herumgelaufen, wo er begann eine Schlosserlehre. Die Fami - ne Arbeitsniederlegungen und Versamm - wir eine Parteiversammlung und einen lie war sozialdemokratisch eingestellt, lungen waren die Folgen. Erstmals Schulungskurs absolviert haben, alles und Filz trat bald schon der Sozialisti - gewannen die Kommunisten in der Alpi - streng konspirativ, versteht sich.“ 8 schen Arbeiterjugend bei, dem Bauvolk ne die Betriebsratswahl und Sepp Filz trat Wieder zurück hielt er in der Ober - der kommenden Welt . der KPÖ bei. 1924 sollten schließlich alle steiermark Versammlungen ab, berichte - Für kurze Zeit gab es in Donawitz eine Arbeitsverträge gekündigt werden, da te vom Kongress und den neuen politi - Vorstellung davon, was Sozialismus sein sich die Arbeiter weigerten, Überstunden schen Aufgaben. Dabei war ein Thema könnte. 3 Es war Anfang April 1919: ges - zu leisten. Als es im September 1924 zentral: die Schaffung einer antinational - tern Ungarn, heute Donawitz, morgen zum größten Streik der Metallarbeiter in sozialistischen Abwehrfront. Am 5. No - ganz Österreich, hieß es. In Folge einer der Ersten Republik kam, war Sepp Filz vember 1936 wurde Filz erneut verhaf - Preiserhöhung für Mehl und Schmalz bei schon nicht mehr in Donawitz. Denn nach tet. Die Anklage lautete auf Vorberei - der „Werksfassung“ war es zu Protesten der Lehre zog es ihn im Juli 1924 hinaus tung zum Hochverrat. Doch reichten die von empörten Frauen gekommen, was in die Welt. Er „walzte“ und nannte es Beweise nicht, er und seine Mitange - schließlich zu einer Versammlung und eine Weltreise. Sie führte ihn nach klagten wurden freigesprochen und er letztendlich zur Gefangennahme und Deutschland, Dänemark, Luxemburg, kam im Juni 1937 wieder frei. 9 dem Hinauswurf des Direktors führte. Frankreich, Spanien, Marokko, Algerien, Als den Arbeitern und den Frauen von Tunesien und Italien. Er wanderte und Partisanengruppe der ÖFF der Generaldirektion in Wien schließlich arbeitete und lernte die Solidarität kennen. Am 11. März 1938 kam es in Leoben auch noch mitgeteilt wurde, dass die Erst 1932 kehrte er wieder nach Dona - zu einer letzten großen Kundgebung für Generaldirektion daran denke, den Be - witz zurück. Die Stadt war zu dem Zeit - Österreich und gegen Nazideutschland. trieb ganz stillzulegen, wurde an lässlich punkt bankrott, das Stahlwerk stand still: Tage später wurde Sepp Filz von den einer Versammlung die Bildung eines Zeitungskommentatoren nannten Dona - neuen Machthabern festgenommen. Eini - Direktoriums bestehend aus zwei Ingeni - witz einen „Luftkurort“. 6 Mehr als ein ge von ihnen kannte er von früher. Einer euren und zwei Arbeitern – einem Kom - Drittel der Bevölkerung lebte von der Ar - war sogar einmal ein Freund und Genos - munisten und einem Sozialdemokraten – beitslosenunterstützung, viele tausend se bei der Sozialistischen Jugend gewe - beschlossen. Um unter eigener Regie den waren bereits ausgesteuert. 7 Arbeit gab es sen, nun leitete er die Deutsche Arbeits - somit „sozialisierten“ Betrieb weiterzu - auch für Sepp Filz nach seiner Rückkehr front in der Steiermark und wirkte zudem führen, nahm das Direktorium mit den in Donawitz keine. Dafür aber wurde er als Landrat in der nationalsozialis tischen streikenden Bergarbeitern in Seegraben politisch aktiv. Fast täglich kam es zu Regierung. Dieser versuchte Filz für die Kontakt auf, wo nach Donawitzer Vor - Kundgebungen, Hungerdemonstrationen neue Zeit zu gewinnen, dann warnte er

2/15 Beiträge 25 ihn, nichts gegen sie zu unternehmen. schen Freiheitsfront (ÖFF), der neben Filz verhielt sich nicht nur deshalb vor - den im Bezirk Leoben Aktiven auch erst einmal ruhig. Vertreter von Widerstandsgruppen aus Nach dem „Anschluss“ gab es in Judenburg, Villach, Graz und Wien an - Donawitz bald wieder genügend Arbeit. gehörten. Dabei wurde beschlossen, im In Eisenerz und Donawitz sollte bestes Frühjahr 1944 mit dem bewaffneten deutsches Eisen geschmiedet werden, Kampf zu beginnen. Ab Mai 1944 verüb - wie Hermann Göring noch im März ten die ÖFF in der Obersteiermark 1938 anlässlich seiner Propagandatour Anschläge auf Militärtransporte. Gleich - für die „Volksabstimmung“ am 10. April zeitig verbreiteten sie Flugblätter und verkündete. 10 Im Steirergewand gab er in das Programm der ÖFF, in dem sie unter Donawitz und am Erzberg die Einstel - anderem forderten: lung von fünfhundert Arbeitern bekannt. „1. Kampf mit allen uns zur Verfügung Nur 48 von 10.500 Stimmberechtigten stehenden Mitteln einschließlich Waffen - stimmten zwei Wochen später gegen den gebrauchs gegen die faschistischen vollzogenen Anschluss an das Deutsche Okkupanten und ihre österreichischen Reich. 11 Einer davon war Sepp Filz. Helfershelfer, die durch Betrug, Lüge Bald wurde die illegale Tätigkeit wie - und Ausnützung unserer Gutmütigkeit der aufgenommen, doch kam es bereits sowie durch Anwendung brutalsten 1939 zu ersten Rückschlägen: Hunderte Terrors uns aller Rechte beraubten und wurden verhaftet, Filz blieb vorerst un - zu Sklaven einer faschistischen Herren - Sepp Filz (1906–1994) behelligt. 12 Mit dem Kriegsbeginn gegen clique machten. die Sowjetunion 1941 kam es in der 2. Errichtung eines freien, unabhängi - und Hieflau die Macht zu übernehmen. Obersteiermark vermehrt zu Sabotage - gen, demokratischen Österreichs, das Es gelang ihnen auch, die Umsetzung akten und zu Solidaritätsaktionen. Kon - mit allen Völkern in Freundschaft zu des so genannten Nero-Plans – die takte zu Kriegsgefangenen und Fremdar - leben gewillt ist, jeden Rassen- und Sprengung der Industrieanlagen der nun - beitern wurden geknüpft, wobei Filz für Nationalhass bekämpft sowie Religions- mehrigen Hermann-Göring-Werke – zu jene zu den slowenischen Arbeitern zu - und Meinungsfreiheit sichert. verhindern. Der im Amt gebliebene ständig war. Die hatten wiederum Ver - 3. Enteignung der Schwerindustrie, des Direktor des Donawitzer Hüttenwerks, DI bindungen zu den Partisanen in Sloweni - Großgrundbesitzes sowie der faschis- Bernhard Matuschka, berichtete anläss - en. So wurden Verbandsmaterial und tischen Institutionen, deren Verstaat- lich der Wiederinbetriebnahme des Wer - Decken gesammelt und eine „Partisanen - lichung bzw. Aufteilung.“ 16 kes am 25. Juni 1945 von der Macht - anleihe“ organisiert. 13 Eine gewöhnliche Nach einer kurzen Phase, in der die übernahme durch die ÖFF in Leoben: Reichsmark wurde als Anlageschein für ÖFF erfolgreich ihre Aktionen durch - „Am denkwürdigen 8. Mai 1945 er - zehn Reichsmark verwendet. Das Geld führen konnte, kam es im Sommer 1944 schien der Führer der Österreichischen ging mit den Decken und medizinischen zu mehreren Rückschlägen. Bei Gefech - Freiheitsbewegung in Leoben und jetzige Materialien nach Jesenice. ten mit den nationalsozialistischen Ver - Vorsitzende der Kommunistischen Par - Nachdem im März 1943 in Jesenice folgern gab es erste Tote auf Seiten der tei, Sepp Filz, direkt aus den Bergen und Umgebung zahlreiche Mitglieder Partisanen. Als zudem durch Unacht - kommend, bei uns in unserer Direktion. der Osvobodilna Fronta festgenommen samkeit illegale Kämpfer in der Stadt Es wurde beschlossen, den Werkschutz worden waren, setzten auch in Leoben verhaftet wurden, gelang es der Gestapo aufzulösen, und seine Waffen wurden un - erste Verhaftungen von Verbindungs - in der Folge hunderte Unterstützer und verzüglich den Kämpfern der Öster - leuten zwischen Leoben-Donawitz und Unterstützerinnen der ÖFF zu verhaften, reichischen Freiheitsfront übergeben. Jesenice ein. Dies führte dazu, dass An - die in Konzentrationslager deportiert Dadurch wurde es den Freiheitskämpfern fang April 1943 Sepp Filz und andere, wurden, wo über 40 von ihnen starben. 17 ermöglicht, die Eroberung der Polizei- um einer drohenden Verhaftung zu ent - Mit dieser Verhaftungswelle wurde der direktion, so wie die der anderen Behör - gehen, nach Slowenien flohen. Nach ÖFF das Hinterland, jene Orte, wohin sie den von Leoben durchzuführen, was zur mehrmonatigem Aufenthalt beim sich in den Monaten davor zurückziehen Folge hatte, dass die Ruhe und Ordnung Pokljuka-Bataillon 14 kehrte Filz im Som - konnten, abgegraben. Die Partisanen sowohl im Werk als auch im Gebiet der mer 1943 nach Leoben zurück und mussten sich teilweise in Berghöhlen Stadt Leoben aufrechterhalten worden schritt gemeinsam mit anderen an den zurückziehen, wo Sepp Filz bei einem ist, bis die siegreichen Truppen der Roten Aufbau einer organisatorischen Basis für Kampf in ihrem Winterbunker am 1. De - Armee in unserer Stadt einzogen.“ 18 einen Partisanenkampf. Neben der zember 1944 schwer verwundet wurde. In der Nachkriegskonzeption der aus Schaffung einer so genannten Bodenor - den Bergen kommenden kommunis- ganisation, die sie mit Lebensmitteln Dreier-Ausschuss tischen Partisanen sollten Vertreter der versorgte sowie ihnen Quartier gab – ge - der ÖFF Leoben Christlichsozialen, der Sozialdemokraten lang es ihnen verschiedene öffentliche Dank der Hilfe von einigen nicht ent - und der Kommunisten innerhalb der Stellen, aber auch das örtliche Militär - deckten Mitgliedern der Bodenorganisa - ÖFF paritätisch vertreten sein, um die kommando zu infiltrieren. 15 Nachdem tion konnte er bis ins Frühjahr 1945 anstehenden Probleme gemeinsam anzu - diese logistischen Schritte gesetzt wor - untertauchen und nach der Genesung packen. Die Grundlage für diese Kon - den waren, kam es im November 1943 in neue Verbindungen knüpfen, die es der zeption fand sich einerseits im Pro - der Nähe von Trofaiach zur Gründung ÖFF ermöglichte, am 8. Mai 1945 gramm der ÖFF Leoben und anderseits einer Landesleitung der Österreichi - kampflos in Leoben, Eisenerz, Radmer im am 10. und 11. Juni 1944 beschlosse -

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sem Zeitpunkt herrschte in Bewegung. Arbeitslosenpolitik und Arbeits - der Steiermark Facharbei - losenbewegung in der Zwischenkriegszeit in termangel. Er wurde daher Österreich (mit dem regionalgeschichtlichen mit offenen Armen bei Schwerpunkt Steiermark). Wien, Zürich 1990 einem anderen Betrieb (Materialien zur Arbeiterbewegung 55), S. 306. aufgenommen, zumal der 8/ Robert Streibel: Mit dem Kreuz zum VII. Welt - Direktor Sepp Filz gut kongreß. Der Delegierte Sepp Filz erinnert sich, kannte, war er doch 1945 in: Volksstimme , 21.8.1985. Mitglied im von Filz gelei - 9/ Steiermärkisches Landesarchiv, Bundes - teten Industrieausschuss kanzleramt, Stmk 22/1937, 332001–342400, der ÖFF gewesen. Doch 340394 (Kommunis tische Tätigkeit in Leoben) Wochen später musste er Urteil vom 1.6.1937, Kreisgericht Leoben, 20 Vr ihn wieder entlassen: Be - 2230/36. fehl von oben. Sepp Filz 10/ Hoher Besuch in unseren Betrieben, in: Sepp Filz und Heimo Halbrainer am Achner-Thörl 1993. versuchte es noch ein Jahr Werkzeitung der Österreichisch-Alpinen lang, ehe er 1952 nach Montangesellschaft , 12.5.1938, S. 70f. nen „Manifest über die Wiedergeburt St. Pölten „emigrierte“, wo er bis zu sei - 11/ Obersteirischen Volkszeitung , 12.4.1938. Österreichs“ der KPÖ. 19 ner Pensionierung bei Voith arbeitete. 12/ Zum Widerstand in Leoben vgl. Max Daher wurde ein Dreier-Ausschuss ge - Als man ihm 1978 das „Ehrenzeichen für Muchitsch: Die Partisanengruppe Leoben- bildet, dem Sepp Filz vorstand. Ihm zur die Verdienste um die Befreiung Öster - Donawitz. Wien, Frankfurt/M., Zürich 1966; Seite standen ein Sozialist und ein reichs“ verleihen wollte, lehnte er ab. ders.: Die Rote Stafette. Vom Triglav zum Hoch - Christlichsozialer. 20 Ihnen gelang es in - schwab. Wien 1985. nerhalb kürzester Zeit, die Hinterlassen - Anmerkungen: 13/ Dokumentationsarchiv des österreichischen schaften der Nationalsozialisten weg - 1/ Heimo Halbrainer: Sepp Filz und seine Zeit. Widerstandes (DÖW) 119, Sepp Filz: Eine zuräumen und den Wiederaufbau voran - Ein Donawitzer Arbeiter auf der Walz, im Wider - Anleihe österreichischer Patrioten für die jugos - zutreiben. Noch im Juni 1945 gingen die stand und beim Wiederaufbau. Dipl. Graz 1993. lawische Partisanenarmee. ersten Elektroöfen in Betrieb und Sepp 2/ Barbara Schleicher: Heißes Eisen. Zur Unter - 14/ Mile Pavlin: Die Vorgeschichte der Partisa - Filz forderte anlässlich der Inbetrieb - nehmenspolitik der Österreichisch-Alpine Mon - nengruppe Leoben-Donawitz, in: Vestnik Koro - nahme die Mitbestimmung für die Arbei - tangesellschaft in den Jahren 1918–1933. skih Partizanov , Nr. 1–2/1988, S. 23–28. ter und die Sozialisierung der Betriebe. Frankfurt/M. u.a. 1999; Otto Hwaletz/Helmut 15/ Neben der genannten Literatur siehe dazu Im Juli 1945 wurde auch die Walz - Lackner/Karl Stocker: Industrielle Ökonomie, auch die im Militärhistorischen Archiv in Prag lie - strecke wieder in Betrieb genommen, Ideologie und Politik in der Zwischenkriegszeit genden Akten (Kopien in DÖW 21.062/85): Haft - ehe im Herbst Donawitz kurz vor dem (1925–1937). Das Fallbeispiel Österreichisch- befehle, Vernehmungsniederschriften der Gesta - Ende stand. Sepp Filz fuhr nach Wien, Alpine Montangesellschaft, in: Robert Hintereg - po Leoben, Anklage und Urteil gegen Johann wo er bei der provisorischen Regierung ger/Karl Müller/Eduard Staudinger (Hg.): Auf Bachler u.a. (RKG StPL 4. Sen. 113/44) und ge - in Wien vorsprach und von Kanzler Karl dem Weg in die Freiheit. Anstöße zu einer steiri - gen Franz Haslinger u.a. (RKG StPL 4. Sen. Renner volle Unterstützung zuge sichert schen Zeitgeschichte. Graz 1984, S. 217–262. 6/45). In diesen Akten finden sich auch Abschrif - erhielt. Filz wiederum versicherte Ren - 3/ Karl Stocker: „Trotz völliger Lockerung der ten von Flugblättern und das Programm der ÖFF. ner, dass bald aus Donawitzer Hochöfen Mannszucht...“ Soziale Konflikte in der Öster - 16/ Programm zit. nach der Anklageschrift des Eisen fließen werde. Am 10. August reichisch-Alpinen Montangesellschaft 1917– Oberreichskriegsanwalts gegen Johann Bachler 1946 war es dann so weit. Ein erster 1919, in: Helmut Konrad/Karin M. Schmidlech - u.a., StPL (RKA) II 435/44 vom 4.12.1944. Erfolg, der zweite Hochofen sollte schon ner (Hg.): Revolutionäres Potential in Europa 17/ Siehe die Biografien in: Heimo Halbrainer: bald danach folgen. Sepp Filz organisier - am Ende des Ersten Weltkrieges. Die Rolle von Archiv der Namen. Ein papierenes Denkmal der te als Betriebsratsobmann Schrott, Geld Strukturen, Konjunkturen und Massenbewegun - NS-Opfer aus dem Bezirk Leoben. Graz 2013. und Essen. Das Überleben des Standort gen. Wien, Köln 1989, S. 111–127. 18/ Direktor Dr. Matuschka zit. nach Obersteiri - Donawitz war gesichert. 4/ Felix Busson: Die sozialpolitische Entwicklung sches Tagblatt , 27.6.1945. Doch bald schon warf der Kalte Krieg der Österreichisch-Alpine Montangesellschaft, 19/ Die Wiedergeburt Österreichs. Manifest der seine Schatten auch auf Donawitz. Sepp in: Fritz Erben/Maja Loehr/Hans Riehl (Hg.): Die KPÖ vom 10./11. Juni 1944, auszugsweise ab - Filz sollte ihm zum Opfer fallen. Nach Österreichisch-Alpine Montangesellschaft 1881– gedruckt in: Die KPÖ im Kampf für Unabhängig - dem Oktoberstreik 1950 gegen das vierte 1931. Wien 1931, S. 131–193; hier 169. keit, Demokratie und sozialistische Perspektive. Lohn-Preis-Abkommen wurden er und 5/ Heimo Halbrainer: „Jetzt ist dieses geraubte Wien 1978, S. 139–150. alle anderen kommunistischen Betriebs - österreichische Gut in die Hände Österreichs 20/ Heimo Halbrainer: „Im Freiheitskomitee ist räte verhaftet und fristlos entlassen. zurückzugeben“ – Die steirische Arbeiter - nicht gefragt worden, welcher Parteirichtung der Nach dreizehntägiger Untersuchungshaft bewegung als Vorreiterin der Verstaatlichungs - einzelne angehört“ – Die Volksfrontkonzeption musste die Alpine ihn zwar wieder ein - aktion, in: Manfred Mugrauer (Hg.): Öffentliches in der Praxis am Beispiel der Österreichischen stellen; doch nur mehr für einige Wo - Eigentum – Eine Frage von Gestern? 60 Jahre Freiheitsfront in Leoben 1945, in: Claudia Kuret - chen. Im Februar 1951 wurde er zu sechs österreichische Verstaatlichungsgesetzgebung. sidis-Haider/Manfred Mugrauer (Hg.): Monaten schweren Kerker verurteilt. Der Wien 2007, S. 25–34. Geschichtsschreibung als herrschaftskritische Grund: öffentliche Gewalttätigkeit. Der 6/ Kampffront Donawitz, in: Arbeiterwille , Aufgabe. Beiträge zur ArbeiterInnenbewegung, Anlass: die Störung einer am 20. April 25.5.1932. Justizgeschichte und österreichischen 1950 unter Polizeischutz stehenden Ver - 7/ Kammer für Arbeiter und Angestellte Steier - Geschichte im 20. Jahrhundert. Festschrift für sammlung des VdU in Leoben. Sepp Filz marks, Jahrbuch 1932. Graz [o.J.], S. 22–24. Pe - Hans Hautmann zum 70. Geburtstag. Inns - wurde nun endgültig entlassen. Zu die - ter Wilding: „... Für Arbeit und Brot“. Arbeitslose in bruck, Wien, Bozen 2013, S. 181–198.

2/15 Beiträge 27 Die Last des jüngst Vergangenen (I) Das Ende des Zweiten Weltkriegs in der österreichischen Literatur HelMut rizy as ist der schönste Sommer mei - scheiden: Gutes Geschäft – oder gutes Verdienste um die Republik Österreich nes Lebens, und wenn ich hun - Gewissen? Ich bin für das zweite – auf je - ausgezeichnet. Dass man sie 1984 bis Ddert Jahre alt werde – das wird de Gefahr hin, selbst auf die einer Emi - 1985 in die Jury beim Ingeborg-Bach - der schönste Frühling und Sommer blei - gration, falls der braune Zauber auch bei mann-Preis berief, ist als Beleidigung der ben“, schrieb im Juni 1945 die damals uns einmal Fuß fassen sollte!“ 2 namensgebenden Autorin zu werten. 18-jährige Ingeborg Bachmann in ihr Einer der Genannten wollte hingegen Tagebuch, das sie während des Kriegs Propagandisten das Ende des Dritten Reichs gar nicht er - begonnen hatte. „Vom Frieden merkt des „Anschlusses“ leben. Josef Weinheber, NSDAP- man nicht viel, sagen alle, aber für mich Die große Mehrzahl der AutorInnen, Mitglied seit 1931, verübte am 8. April ist Frieden, Frieden! Die Leute sind alle die 1933 aus Protest den österreichischen 1945, als die Befreiung Wiens durch die so entsetzlich dumm, haben sie denn PEN verlassen hatten, waren zu jener Rote Armee schon begonnen hatte, erwartet, dass nach einer solchen Kata - Zeit jedoch bereits Mitglieder (etwa die Selbstmord mittels einer Überdosis Mor - strophe das Schlaraffenland von einem Hälfte) oder Sympathisanten der phium. Einen Monat später schrieb Tag zum andern ausbricht! […] Ich wer - NSDAP gewesen. Sie gründeten 1936 Theodor Kramer im englischen Exil sein de studieren, arbeiten, schreiben! Ich den Bund deutscher Schriftsteller Öster - an den toten Weinheber gerichtetes lebe ja, ich lebe. O Gott, frei sein und le - reichs , eine illegale Tarnorganisation, Gedicht ben, auch ohne Schuhe, ohne Butterbrot, von der der „Anschluss“ an Nazideutsch - ohne Strümpfe, ohne, ach was, es ist eine land propagiert wurde. Dieser wurde requiem für einen faschisten herrliche Zeit!“ 1 dann 1938 im vom Bund herausgegebe - Du warst in allem einer ihrer Besten, Als die Kärntnerin dies schrieb, gab es nen „Bekenntnisbuch österreichischer erschrocken fühl ich heut mich dir auch im offiziellen Sprachgebrauch wie - Schriftsteller“ auch freudig begrüßt. verwandt; der eine österreichische Literatur. Darü - Danach ist der Bund nahtlos in der du schwelgtest gerne bei den gleichen ber waren allerdings nicht alle öster - Reichsschrifttumskammer aufgegangen. Festen reichischen DichterInnen und Schrift - Präsident des Bunds deutscher Schrift - und zogst wie ich oft wochenlang durchs stellerInnen so glücklich wie Bachmann, steller war Max Mell, prominente Mit - Land. denn eine nicht unbeträchtliche Zahl von glieder Richard Billinger, Bruno Brehm, Es füllte dich wie mich der gleiche Ekel ihnen hatte sich in der nunmehr der Ver - Mirko Jelusich, Franz Karl Ginzkey, vor dem Geklüngel ohne innern Drang, gangenheit angehörenden Reichsschrift - Paula Grogger, Franz Nabl, Josef Frie - vor jedem Wortgekletzel und Gehäkel; tumskammer gut beheimatet gefühlt. drich Perkonig, Friedrich Schreyvogl, nichts galt dir als der schöne Über- Hingegen sollten sie im wiedererstehen - Karl Springenschmid, Franz Spunda, schwang. den österreichischen PEN keine neue Franz Tumler, Karl Heinrich Waggerl Heimat finden. Denn das war eine Vor - und Josef Weinheber. Dass sie nach So zog es dich zu ihnen, die marschierten; aussetzung für dessen Wiedererstehen: 1945 der PEN nicht mehr wollte, wurde wer weiß da, wann du auf dem Marsch All jene, die 1933 aus Protest gegen die allerdings für viele durch Ehrungen des ins Nichts beim PEN-Kongress in Dubrovnik ge - offiziellen Österreich kompensiert: Den gewahr der Zeichen wurdest, die sie fasste Resolution, in der die Bücher- Großen österreichischen Staatspreis für zierten? verbrennung in Deutschland verurteilt Literatur erhielten etwa Mell (1954), Du liegst gefällt am Tage des Gerichts. wurde, ausgetreten waren, durften dem - Nabl (1956) und Ginzkey (1957), das Ich hätte dich mit eigner Hand erschlagen; nach in den neuen österreichischen PEN Bundesverdienstkreuz am Bande Billin - doch unser keiner hatte die Geduld, nicht wieder aufgenommen werden. ger (1962), das Österreichische Ehren - in deiner Sprache dir den Weg zu sagen: Einige von ihnen hatten damals ja zeichen für Wissenschaft und Kunst dein Tod ist unsre, ist auch meine Schuld. „nur“ den erfolgreichen Verkauf ihrer Waggerl (1967). Ginzkey und Schrey - Bücher in Nazi-Deutschland nicht ge - vogl sind in Ehrengräbern auf dem Wie - Ich setz für dich zu Abend diese Zeilen, fährden wollen: E twa Felix Salten – Au - ner Zentralfriedhof bestattet. Nach Nabl da schrill die Grille ihre Beine reibt, tor von „Bambi“ und „Josefine Mutzen - und Tumler wurden Literaturpreise wie du es liebtest, und der Seim im geilen bacher“, damals Präsident des österreichi - benannt. Dazu wurden einige mit Denk - Faulbaum im Kreis die schwarzen Käfer schen PEN. 1938 wurden seine Bücher mälern geehrt, und in manchen Städten treibt. dennoch in Deutschland verboten. Oder und Orten tragen Straßen auch weiterhin Daß wir des Tods und Ursprungs nicht der Verleger Paul Zsolnay, der sich rasch deren Namen. vergessen, von seinen dem Nazi-Regime unliebsa - Nicht zum obengenannten Kreis gehör - wann jeder Brot hat und zum Brot auch men Autoren trennte, dessen Verlag den - te Gertrud Fussenegger, die 21-jährig Wein, noch nach dem „Anschluss“ „arisiert“ 1933 der NSDAP beitrat und sich nach vom Überschwang zu singen wie besessen, wurde. Am 19. Juni 1933 schrieb Franz 1945 sehr spät und nur halbherzig von ih - soll um dich, Bruder, meine Klage sein. 3 Theodor Csokor an Ferdinand Bruckner rer Nazi-Vergangenheit distanzierte. Sie im Zusammenhang mit der Resolution wurde 2002 sogar mit dem Großen Gol - Damit jedoch nachträglich niemand auf von Dubrovnik: „Man muß sich eben ent - denen Ehrenzeichen mit dem Stern für die Idee käme, Josef Weinheber wäre

2/15 28 Beiträge und waren noch jung Diese „größere“ Hoffnung ist die, die Doch in der Mitte thronte aus der Enttäuschung erwächst, dass sich mit all ihren Zeichen die große Hoffnung, der Verfolgung herrlich die Schuld durch die Nazis entkommen zu können, fettgeworden im Prunk nicht erfüllt. Da ist etwa die Vorstellung der Kinder, sie könnten durch eine her - Und sie segnete sie vorragende Tat Anerkennung finden: da wurden auch Sieger zu Erben Wir warten auf das fremde Kind, wir am Weinen der Kinder retten es vor dem Ertrinken und wir tra - am sinnlos vergossenen Blut gen es aufs Rathaus. Brav von euch! Und sie suchen Schätze wird der Bürgermeister sagen. Vergeßt und lassen die Hungernden sterben eure Großeltern. Von morgen ab dürft und sie erwerben ihr wieder auf allen Bänken sitzen, von die Schuld als ihr höchstes Gut 4 morgen ab dürft ihr wieder Ringelspiel fahren. 5 Die größere Hoffnung Es gibt auch kein Entkommen über die Wie dringend es für manche war, das Grenze: jüngst Erlebte literarisch aufzuarbeiten, Hatten sie nicht schon ihr letztes Geld zeigt sich besonders deutlich bei Ilse ausgegeben, um sich Perronkarten zu Aichinger. Am 1. September 1945 ver- kaufen, sooft ein Kindertransport in ein Theodor Kramer (1897–1958) öffentlichte der vier Tage zuvor erstmals fremdes Land gegangen war, und hatten vielleicht gar kein so überzeugter Nazi ge - erschienene Wiener Kurier , die Zeitung sie nicht ihr letztes Lächeln ausgegeben, wesen, erschien 1950 ein Buch mit dem der US-Besatzungsmacht, einen Text der um ihren glücklicheren Freunden noch Titel „Bekenntnis zu Josef Weinheber. 24-jährigen angehenden Autorin mit mehr Glück und alles Gute für die Reise Erinnerungen seiner Freunde“. Es waren dem Titel „Das vierte Tor“. Es geht in zu wünschen? […] 44, unter ihnen Franz Karl Ginzkey, Mir - diesem um den jüdischen Sektor am War es nicht schon zu spät? Längst ging ko Jelusich, Heinz Kindermann, E. G. Wiener Zentralfriedhof, in dem Kinder kein Kindertransport mehr. Die Grenzen Kolbenheyer, Karl Heinrich Waggerl, spielen, die keine Angst vor den Toten, waren gesperrt. Es war Krieg. Bruno Brehm, Will Vesper, denen daran aber Angst vor den Lebenden haben „Wohin sollen wir gehen?“ gelegen war, jeden Zweifel auszuräumen. müssen, wobei hier schon manches aus „Welches von allen Ländern nimmt uns Es wäre also realitätsfern gewesen, von ihrem Roman „Die größere Hoffnung“ noch auf?“ den genannten AutorInnen in ihrer literari - anklingt, der dann 1948 im Bermann- Nicht der Süden und nicht der Norden, schen Tätigkeit nach dem Ende des Zwei - Fischer Verlag, Amsterdam erscheint. nicht der Osten und nicht der Westen, ten Weltkriegs etwas Wesentliches zur Aichinger erzählt darin von Ellen, nicht die Vergangenheit und nicht die Aufarbeitung der jüngsten Geschichte zu einem etwa 15-jährigen Mädchen, das ne - Zukunft. 6 erwarten. Von jenen jedoch, die sich in ben zwei richtigen zwei „falsche“ Großel - Und auch kein gedankliches Entkommen: den folgenden Jahren eingehend mit Krieg tern hat, den Nürnberger Gesetzen zufol - „Wollten wir nicht das Deutsche ver - und Faschismus auseinandersetzen wer - ge wie die Autorin selbst also „Halb - lernen?“ den, sind viele noch nicht wieder in Öster - arierin“ ist, und ihren Freunden, die den „Aber es dauert zu lang!“ reich – am ehesten noch jene Frauen, die gelben Stern tragen müssen; sie erzählt „Wollten wir nicht mit den Schultern nicht unmittelbarer Verfolgung ausgesetzt von deren steter Bedrohung, ihren Äng - zucken, wenn man uns beschimpft, und waren. Manche der Autoren kehrten erst sten und Hoffnungen, nicht realistisch- es nicht mehr verstehen?“ jüngst von der Front zurück, andere ver - konkret, sondern in poetischen, mitunter „Heute ist schon die zwölfte Stunde. harrten noch, unentschieden, ob und wann märchenhaften Bildern. Das Surreale ver - Und wir haben noch kein einziges Wort sie zurückkehren sollten, in der Emigra - deutlicht allerdings auf besondere Weise verlernt.“ 7 tion; oder waren in Gefangenschaft. das Reale, um das es der Autorin geht, „Die größere Hoffnung“ blieb der einzi - Für einige der AutorInnen war es ein wobei auch Autobiographisches einfließt. ge Roman in Ilse Aichingers Œuvre. Ihr Bedürfnis, sogleich Erfahrungen, Erleb - Aichinger lebte mit ihrer jüdischen literarisches Schaffen ist gekennzeichnet tes und Erlittenes zu Papier zu bringen, Mutter, der Vater hatte sich „rechtzeitig“ durch eine zunehmende Verknappung, die andere brauchten wiederum längere Zeit, scheiden lassen, in Wien. Ihre Zwillings - allerdings auch im Roman mitunter her - um sich in ihrer literarischen Arbeit an schwester konnte mit einem Kindertrans - vortritt, etwa wenn es da heißt: dieses heranzuwagen. In der Lyrik und in port nach England gebracht werden, der „Bin ich ein Fremder, weil mein Haar der Kurzprosa war das spontane Darauf - Kriegsausbruch verhinderte dann aber schwarz und gekraust ist, oder seid ihr eingehen mitunter leichter als im Roman. die Emigration der restlichen Familie. Fremde, weil eure Hände kalt und hart Erich Fried, der noch viele Jahre gar Während des Kriegs wurde Ilse Aichin - sind? Wer ist fremder, ihr oder ich? Der nicht daran dachte, aus London, seiner ger dienstverpflichtet und sie schaffte es, haßt, ist fremder, als der gehaßt wird, zweiten Heimat, nach Wien zurück - ihre Mutter in dem ihr zugewiesenen und die Fremdesten sind, die sich am zukehren, schrieb 1946 das Gedicht Zimmer – direkt gegenüber dem Gestapo - meisten zu Hause fühlen!“ 8 Hauptquartier am Wiener Morzinplatz – nach dem zweiten Weltkrieg zu verstecken. Nach Kriegsende begann Wien, Neuer Markt – Wachau Als sie gesiegt hatten sie ein Medizinstudium, das sie aber Das Faktische – etwa exakte Orts an- fanden sie Länder voll Leichen schon 1947 abbrach, um „Die größere gabe oder genauer Zeitpunkt – gewann in und die Schutthaufen rauchten Hoffnung“ zu schreiben. der Literatur der ersten Nachkriegsjahre

2/15 Beiträge 29 eine neue, besondere Bedeutung. So stellt wendete den Namen selbst als Pseud - Johannes Mario Simmel seinem ersten onym – sagen: „[…] außerdem muß man Roman „Mich wundert, daß ich so fröh - kein Gewehr tragen, um ein Mörder zu lich bin“ (1949 im Zsolnay-Verlag veröf - werden. Man muß nicht dabei sein, wenn fentlicht) eine Erklärung voran, wonach man jemanden umbringt. Nur fünfund - am 21. März 1945 kurz vor Mittag US- zwanzig Millionen sind dabei gewesen Kampfflugzeuge einen Angriff auf Wien von den sechzig Millionen. Der Rest geflogen hätten, wobei ein Haus auf dem blieb zuhause. Er tat gar nichts. Er mor - Neuen Markt, nahe der Plankengasse, so dete mit seinem Schweigen.“ 11 schwer getroffen worden sei, dass es ein - Auch für Bronnens Stück „Die Kette stürzte, wodurch der Zugang zum Keller, Kolin“ war ein Luftangriff der Auslöser. in dem sieben Personen Schutz gesucht Vier Widerstandskämpfer nützen die Ge - hatten, verschüttet wurde. So wird das legenheit zur Flucht aus dem Konzentra - Umfeld geschaffen, in dem die entschei - tionslager Gneixendorf. Der Lagerkom - denden Figuren sich auseinandersetzen mandant, SS-Hauptsturmführer Greyll, und bis zu ihrer Rettung handeln. ein Menschenschinder, hat sich ebenfalls Arnolt Bronnen gab seinem Drama schon abgesetzt und ist auf der von „Die Kette Kolin“ (erstmals 1950 als Flüchtlingen jeder Art verstopften Straße unverkäufliches Bühnenmanuskript vom durch die Wachau in einem von einem Desch-Verlag vervielfältigt) den Unter - Taubstummen gelenkten Autobus auf titel „Eine wahre Begebenheit in der dem Weg in den Westen. Die vier Arnolt Bronnen (1895–1959) Wachau“ und stellt seinerseits eine Widerstandskämpfer haben sich einzeln Erklärung – „Für wen und gegen wen?“ aufgemacht, ihn, der immer im Dunkeln ein neues Verbrechen. So wird das Gute – voran, worin er feststellt, er habe im geblieben ist, zu verfolgen und für seine nie gut, und das Böse immer böser. Man April 1945 den Beginn der Geschichte Untaten zur Rechenschaft zu ziehen. muß erst die Vergeltung tilgen, ehe man selbst erlebt und im Oktober 1945 von Nach und nach kommen alle im Auto - die Verbrechen tilgen kann. 13 zwei ehemaligen KZ-Insassen in einem bus zusammen und der KZ-Komman - Doch dann bemächtigt sich Greylls kleinen Haus am Linzer Pöstlingberg das dant ist durch seine Äußerungen für sie Sohn einer der Pistolen, verwundet Ende erfahren. unschwer zu erkennen, gibt sich auch zu Trnka und lässt sie umdenken. Bei Simmel sind die handelnden Per - erkennen, da er einen Keil zwischen die RICKI: Ich werd an die Versöhnung sonen ein älteres Fräulein, das im Haus vier treiben will, die ihrerseits Fehler be - glauben. darüber gewohnt hat, ein Pfarrer, der sei - gangen haben, die zum Auffliegen ihrer Aber Versöhnung, wenn das Gute so nen Glauben an Gott verloren hat („Gott - Gruppe geführt hatten. Dazu kommen schwach ist –? es Mühlen mahlen langsam. Warum auch noch Greylls Frau und dessen beide Aber Versöhnung, wenn das Böse so stark mahlen sie nicht schneller, wenn damit Kinder, die ihm bescheinigen, er sei ist –? einigen Millionen Menschen das Leben immer ein fürsorglicher Familienvater TRNKA: Auch die Versöhnung müssen gerettet werden könnte?“ 9), eine junge gewesen – und doch selbst für seine wir erst erkämpfen. 14 Schauspielerin, eine Schwangere mit Taten nicht verantwortlich zu machen. In der vorliegenden Ausgabe wird als kleiner Tochter, sowie der Deserteur FRAU: Man hat ihm befohlen, was Datum der Uraufführung der 8. März Robert Faber und der für die NS- immer er tat, 1981 genannt. Allerdings wurde das Rüstungsindustrie forschende Chemiker Und was immer er tat, hätte sonst ein Stück schon 1952 in Linz durch die von und überzeugte Nazi Walter Schröder. anderer getan, Alfred Stögmüller geleitete Theater - Zwischen letzteren entwickelt der Autor Und es wäre nur ein Opfer mehr gewesen, – truppe der Volkshochschule Der Schein - in erster Linie die Diskussion um den Nämlich er. werfer , der neben anderen Walter Krieg, wenn er Schröder sagen lässt: PARZER: Ist das so einfach? Schmidinger und Kurt Klinger „Warten Sie sechs Monate und Sie Trägt denn der Mensch keine Verant - angehörten, aufgeführt. Sie führte im werden sehen, wie die Erde vor wortung für seine Taten? selben Jahr auch ein Stück Karl Wiesin - Schrecken bebt […]“ FRAU: Nicht für befohlene Taten. gers und Arnolt Bronnens 1948 entstan - „Warum wollen Sie die Erde zerstören?“ TRNKA: Vor der großen Verantwortung denes „Lustspiel“ „Die jüngste Nacht“ fragte Faber abwesend. wiegt der Befehl nichts und das eigene auf, in der dieser die letzten Stunden der „Um den Krieg zu gewinnen.“ Gewissen alles. NS-Herrschaft im Salzkammergut „Und wenn wir den Krieg gewonnen FRAU: Der Soldat hat das Gewissen komisch-grotesk dramatisierte. haben?“ 10 seines Vorgesetzten. 12 In der Vorbemerkung zu diesem Stück Faber hat alle anderen auf seiner Seite, Drei der Widerstandskämpfer sind stellt Bronnen unter dem Titel „Wenn auch als es darum geht, Schröders ge - dafür, Greyll sogleich hinzurichten. Die Sie mir unter die Tasten Blicken ...“ fest: fährlichen Plan zu verhindern, der mit - Vierte erhebt Einwände „Überhaupt bedeutet die Bühne eine Zeit tels der Explosion von Benzin-Kanistern RICKI: Und eben darum fühle ich ein für sich: sie ist absoluter Raum und abso - zum Keller des benachbarten Hauses Gesetz: daß wir besser sein müssen. Daß lute Zeit. So ist die Regie-Bemerkung, durchbrechen will. Und Faber ist letzt - wir größer sein müssen. Daß wir weiter das Stück spiele in der Nacht vom 7. zum lich gezwungen, Schröder zu erschießen. sein müssen. Warum fragt ihr mich? 8. Mai 1945, weiter nichts als eine In der Diskussion, die sich danach ent - Weil ihr es selber fühlt. Es gibt Verbre - Kostümanweisung. Wie sonst wäre es wickelt, ob er nun ein Mörder sei, lässt chen und Vergeltung. Verbrechen und Theater, wenn es nicht an jedem Orte der Autor Robert Faber – Simmel ver - Vergeltung. Aus jeder Vergeltung wächst und an jedem Tage spielte?“ 15

2/15 30 Beiträge Vertretern der sowjetischen und der US- „Die Kinder von Wien“ erschien. Im amerikanischen Besatzungsmacht. Vorwort schreibt der Autor: Da ist der schwarze Reverend aus Lou - „Ich weiß, ich weiß. Schwer, daß man isiana, der sich um die Kinder annimmt, es eindeutscht. Aber wie ich es damals sie in die Schweiz bringen will, und dafür auf englisch schrieb, damals vor dreißig sogar lügt und Unterschriften fälscht, Jahren – war es da wirklich englisch? Es allerdings scheitert, da ihm ein weißer war nicht. So haben diese Besprisorni Pfarrerskollege in die Quere kommt. Der eben gesprochen, diese übriggebliebe - bietet Jid immerhin an, er könnte für die nen Kinder, trotzdemnochimmerlebendig US-Besatzungsmacht spionieren. aus allen Lagern, HJ-Schulungslager, „Ein paar Informationen, das ist alles und DP-Durchgangslager und Werwolf - was unser Nachrichtenoffizier vielleicht ausbildungslager und KZs, zueinander - von Ihnen will von Zeit zu Zeit. Unsere gefunden, weil sie allein waren, zusam - tapferen russischen Alliierten erfahren men ist es wärmer. Sie haben deutsch ge - davon garantiert nichts. Die Spione von sprochen, gemischt mit Jiddisch, ge - unseren Alliierten sitzen bei uns in jedem mischt mit American Slang und Popolski Amt. Es ist unsere heilige Pflicht, daß und Russian Slang, damals, dort, in dem wir uns verteidigen. Das ist ihre Chance, Keller in Wien. Es kann aber auch ein junger Mann, daß sie sich moralisch anderer Keller gewesen sein überall, rehabilitieren. Sie beweisen ihre Dank - damals Anno fünfundvierzig, jenseits von barkeit für ihre Befreiung, indem sie uns dem Meridian der Verzweiflung.“ 20 regelmäßig Informationen –!“ 16 Die Fabel blieb erhalten, verschwun - Robert Neumann (1897–1975) Und der sowjetische Leutnant ein wenig den sind einzelne topographische später: „Könnt ihr uns denn nicht ver - Bezeichnungen wie Döbling oder Roten - Der Sofien-Dom in Wien stehn? Mörder unter euch, deshalb haben turmstraße. Die Stadt hat nun einen Sofi - Robert Neumann, damals „Acting Pre - wir euch besiegt, aber wir hassen euch en-Dom und auf dem „Schwarzplatz“ sident“ des Österreichischen Exil-PEN nicht wir lieben euch. Nur, Liebe muß sein steht ein Monument „Der Rote Befrei - in London, reagierte auf das Ende des mit Gerechtigkeit. Und Gerechtigkeit – soldat mit sechzehn Säulen. Haben die Kriegs mit einem Romanprojekt, in dem vielleicht zu schwer für euch zu verstehn, Russen hingebaut.“ 21 er unter dem Titel „ the Bürger – Gerechtigkeit ist Gedächtnis. Babylon“ die Zeit von Karl Lueger bis Wir dürfen nicht vergessen, unter euch Prag zum Austrofaschismus thematisieren waren die Mörder. Und wir dürfen nicht Städtenamen verbinden sich leicht mit wollte. Er arbeitete vom März bis zum vergessen, daß einen Steinwurf von hier – Assoziationen, können aber auch gravie - August 1945 an dem Roman, entschied eine, wie soll ich sagen? – eine demüti - rende Erlebnisse in Erinnerung rufen. So sich aber im September 1945, einen gende Verkettung, daß gewisse Leute heu - schrieb die Journalistin, Historikerin und Roman zu schreiben, der nicht nur die te unsere Alliierten sind. Wir müssen euch Dichterin Eva Priester zum Ende des Trostlosigkeit der zerbombten Städte, und uns vor ihnen schützen. Daß wir um Kriegs das Gedicht sondern auch den moralischen Verfall, eure Seelen ringen, gegen ihre Propagan - den der Krieg hinterlassen hatte, zum da, das ist aus heiligem Selbsterhaltungs - epilog 1945 Thema haben sollte. Neumann benötigte trieb! Vielleicht würde es sogar unsere Es kam der Tag, da Tote wiederkehren, lediglich drei Monate, um den Roman sozialistische Pflicht sein –.“ 17 es schlug durch heißen, wetterschweren Mai „Children of Vienna“ zu schreiben, der Lion Feuchtwanger erinnerte Robert der frohe Blitz. Aus Glocken und Gewehren im darauffolgenden Jahr in London Neumanns Roman „an Swift oder häufi - erdröhnt der letzte Tanz. Und Prag ist frei! erschien, mit dem Hinweis, er sei an die ger an Grimmelshausen. Ich bin sicher, Frauen und Männer der Siegermächte daß es unter den Büchern unserer Zeit ei - Am dunklen Kai erwachen die Laternen, gerichtet und um der Kinder Europas nes der wenigen ist, von denen man noch am Berg erblühen Stimmen und Gesang, willen geschrieben. nach uns sprechen wird.“ So schrieb er weit fließt die Moldau unter freien Sternen, Neumann lässt darin halbwüchsige am 18. Dezember 1946 an den Autor. 18 hell strahlt dein Licht, o Prag. Nimm Waisenkinder im Keller eines von Bom - Eine von Neumanns damaliger Ehe - meinen Dank! ben zerstörten Hauses an der Demarka - frau Franziska „Rolly“ Becker besorgte tionslinie zwischen den Besatzungs- deutsche Übersetzung des Romans unter Denn Jahr um Jahr durch Sturm und zonen zusammenleben – den vom KZ dem Titel „Kinder von Wien“ erschien langes Schweigen traumatisierten Jid, die noch immer in 1948 beim Amsterdamer Querido-Ver - Hat deine Stimme uns der Wind gebracht, der BDM-Ideologie und im BDM-Jargon lag. In Österreich wurde das Buch gar es sangen deine Rebellantengeigen verhaftete Ate, den kleinen Dieb Goy, nicht gut aufgenommen. In der Arbeiter- die neuen Worte durch die Winternacht. die sich gelegentlich prostituierende Zeitung vom 10. April 1948 meinte der Ewa, den Sohn des früheren Hausbesit - Rezensent: „Wir können es keinem Du warst das Volk, ein Lied vor Postenketten, zers Curls und das nicht lebensfähige Dichter gestatten, für irgendeine grausi - ein Lachen, das durch Eis und Feuer fliegt, Kindl. Sie haben in der Welt der Erwach - ge Märchen- und Fabelstadt just den du warst der Geigenton auf Folterbetten, senen keinen Platz, nutzloser als der Namen Wien zu wählen.“ 19 Ab Mitte der das nackte Herz, das Stahl und Tod besiegt. Schutt, den man zumindest zum Teil ver - 1960er Jahre arbeitete Neumann schließ - werten kann. Und Neumann konfrontiert lich an einer Neuübersetzung des Und durch den warmen Schatten deiner diese ausgegrenzte Gemeinschaft mit Romans, die dann 1974 unter dem Titel Bäume

2/15 Beiträge 31 ging jene Straße, die ich heimwärts fand, Doch dann im Spiegel deiner Tränen, deiner Träume – wir horchten plötzlich auf – sah ich zum erstenmal mein eignes Land. auf einmal war es totenstill. Und einer kam und sagte: Du Himmelreich aus Mut und bunten Geht nach Hause. Bändern, Nach Hause? Mann, du bist verrückt! du Wiesenduft, der über Gräber zieht, Kennst du keine Mausefalle? gesegnet seiest du vor allen Ländern. Doch es rührte sich nichts mehr. Hell strahlt dein Licht. Leb wohl! Hier Die Kronen der Kastanien wurden still. schließt mein Lied. 22 Alles schwieg und wartete.

Die 1910 in Petersburg geborene spä - Und dann stiegen sie aus den Sturm- tere Volksstimme -Redakteurin war schon geschützen, kurz nach der Machtübernahme der dann kamen sie aus den Häusern hinter Nazis unter dem „Verdacht der Vorbe - der Kirche, reitung des Hochverrats“ in Berlin ver - dann liefen sie über den Platz, dann haftet worden. Vom März bis Dezember liefen auch wir... 1933 saß sie im Gefängnis. 1935 gelang Glas, Ziegel, Panzerfäuste und ein ihr dann die Flucht nach Prag. Hier trat Hitlerbild, Eva Priester (1910–1982) sie in Kontakt mit der österreichischen ein verschwitzter General, Konserven- Exilgruppe, trat der KPÖ bei, bevor sie büchsen und ein Toter, der Zerstörung des Krieges / nicht heim - schließlich 1939 nach Großbritannien ein Puppenwagen, Milchflaschen, finden kannst. 24 emigrieren konnte, wo sie für die Exil - Leichen und Karotten, zeitschrift Zeitspiegel tätig war. Barrikaden, Panzerwracks, ein grinsen- Anmerkungen: Eine ganz andere Bedeutung als für der Gehenkter, 1/ Ingeborg Bachmann: Kriegstagebuch. Berlin Eva Priester hatte Prag für Gerhard Drähte, Kraut, ein brennendes Palais, 2010, S. 23. Fritsch, der in der Nähe der Stadt in ein Ledermantel – laß, laß liegen, 2/ Franz R. Reiter (Hg.): F. Th. Csokor: Auch Gefangenschaft geriet. So findet diese laß, wirf weg... heute noch nicht im Land. Briefe und Gedichte sich dann in einem 1949 veröffentlichten aus dem Exil. Wien 1993, S. 24. Gedicht. Endlich über der Moldau! 3/ Theodor Kramer: Gesammelte Gedichte, Abend, Flieder und Kastanien. Bd. 1. Wien 1984, S. 399. 8.5.1945 Vor und hinter uns ein Meer, 4/ Erich Fried: Gesammelte Werke. Gedichte, Der achte Mai ... ein schmutziggraues, blaues Meer Bd. 1. Berlin 1993, S. 77. Jedes Jahr hat einen achten Mai. von deutschen Uniformen. 5/ Ilse Aichinger: Die größere Hoffnung. Frank - Einen Tag wie die anderen Tage im Mai, furt/M. 1991, S. 41. einen Tag, an dem der Flieder blüht und Auf den Gehsteigen und in allen 6/ Ebd, S. 59. die Kastanien. Fenstern 7/ Ebd, S. 89. der Vorstadthäuser (Häuser wie daheim) 8/ Ebd, S. 76. Die weiß und rosa Kerzen der Kastanien, unter den wehenden Fahnen der Freiheit 9/ Johannes Mario Simmel: Mich wundert, daß sie standen damals über uns wie heute, die anderen, die Menschen von Prag, ich so fröhlich bin. Wien 1949, S. 26. damals, als die Sturmgeschütze mit den auf die wir vorhin noch geschossen hatten. 10/ Ebd, S. 135. Balkenkreuzen Sie sahen uns an und ließen uns vorbei. 11/ Ebd, S. 210f. noch immer in die Prager Altstadt Alle Straßen ihrer Stadt spieen uns aus 12/ Arnolt Bronnen: Werke, Bd. 5. Klagenfurt schossen – in die langsam sinkende Nacht. 1989, S. 100. und wir wußten: es ist nicht mehr Krieg. 13/ Ebd, S. 106. Bei jedem Schuß, da fielen weiß und rosa Wir gingen schweigend 14/ Ebd, S. 115. Blüten und wir wußten: es ist nicht mehr Krieg. 15/ Ebd, S. 121. aus den aufgeschreckten Kronen der An der Straße leuchteten die Kerzen, 16/ Robert Neumann: Die Kinder von Wien. Kastanien – die weiß und rosa Kerzen der Kastanien. Frankfurt/M. 2008, S. 183. und wir wußten: es ist nicht mehr Krieg. Hinter uns loderte der Ratshausturm 17/ Ebd, S. 189f. Die Blüten rieselten auf Sandsack- der letzten Stadt, die wir 18/ Franz Stadler (Hg.): Robert Neumann. Mit barrikaden, verwüstet hatten. 23 eigener Feder. Aufsätze, Briefe, Nachlass - drüben knickte krachend eine Hauswand materialen. Innsbruck, Wien, Bozen 2013, S. 48. ein – Die Erlebnisse des Kriegs und das 19/ Ebd, S. 49. und wir wußten: es ist nicht mehr Krieg. Unvermögen, das Erlebte aufzuarbeiten, 20/ Ebd, S. 5. Handgranaten, Zigaretten, öl- blieben das Hauptthema von Gerhard 21/ Ebd, S. 137. verschmierte Finger, Fritschs vergleichsweise kurzem Schaf - 22/ Eva Priester: Aus Krieg und Nachkrieg. Schnaps und Marmelade, Brände, Staub fen, das mit seinem Selbstmord am Wien 1946, S. 23. und Tote – 22. März 1969, wenige Tage vor seinem 23/ Gerhard Fritsch: 8.5.1945, in: Österreichi - und wir wußten: es ist nicht mehr Krieg. 46. Geburtstag, ein Ende fand. Heißt es sches Tagebuch , Nr. 6/1949. Sonne, Blüten und Benzin. Und Schuß doch in seinem Gedicht „Einem Solda - 24/ Zit. nach Susanne Zobl: Zu Leben und Werk um Schuß ten“ aus dem Dezember 1945: „[…] du von Gerhard Fritsch, in: Der literarische in die Innenstadt von Prag. aber wirst ruhelos bleiben, / weil du aus Zaunkönig , Klosterneuburg, Nr. 1/2004.

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Geschichte der NS-Zeit auf steirisch, aber produktiv Heimo gestaltete sich seine Karriere nicht nur Nationalsozialismus, ja überhaupt aus Halbrainer/ als Landes-, sondern auch als Staats - der Geschichte für ihr praktisches Han - Gerald historiker, insbesondere nach Öffnung deln lernen können. Lamprecht: der sowjetischen Archive in den 1990er Es ist wahrscheinlich, dass, wer sich an National - Jahren, in frappierender Weise steil und Karners Buch wenigstens als problema - sozialismus gipfelte zu Beginn des Jahres 2013 an - tisch erinnert und das nun erschienene in der lässlich seines 60. Geburtstages in einer Werk von Halbrainer und Lamprecht Steiermark. akademisch-staatlichen Huldigungsfeier über den Nationalsozialismus in der Stei - Opfer – mit mehreren hundert Gästen samt Lau - ermark zur Hand nimmt, schon beim Täter – datio von Ex-Bundeskanzler Wolfgang Lesen des Inhaltsverzeichnisses erleich - Gegner. Schüssel: „Der Blick nach Osten, zur tert aufatmen wird. Urteilen Sie selbst Innsbruck, Ukraine, nach Russland und Zentralasien anhand der im folgenden genannten Wien, Bozen: StudienVerlag 2015 – das sind europäische Perspektiven, die Kapitel des Buches: (Nationalsozialismus in den österreichi - wir sehen müssen und ich bin sehr froh, Die Steiermark 1918 – 1938 / Die schen Bundesländern, Band 4), 464 Sei - dass gerade mein Freund Stefan Karner nationalsozialistische Machtübernahme: ten, 24,90– immer ein wirklicher Herold dieser Öff - Begeisterung und Verfolgung / Die NS- nung gewesen ist und hoffentlich auch „Volksgemeinschaft“: Erwartungen – 975 erschien der erste Band des vom bleiben wird.“ Versprechen – Zwänge / Jugend im 1Dokumentationsarchiv des Öster - Eine Wissenschaft, die die „europäi - Nationalsozialismus / Was ist die reichischen Widerstandes (DÖW) her - schen Perspektiven“ „nach Osten, zur „Volksgemeinschaft“ und wer sind ihre ausgegebenen dreibändigen Standard - Ukraine, nach Russland und Zentral- Feinde? / Der Völkermord an Jüdinnen werkes „Widerstand und Verfolgung in asien“ richtet, konnten die Herrschenden und Juden / Der nationalsozialistische Wien 1934–1945“. Es folgten bis zum aller Couleurs hierzulande bis in unsere Terror / Alltagsleben im Nationalsozia - Jahre 1991 nahezu gleichartige Editio - Zeit hinein immer schon gut brauchen, lismus / Widerstand / Das letzte Ver- nen über die anderen österreichischen nicht zuletzt auch die Nationalsozia - brechen: Die Ermordung ungarisch- Bundesländer. Offen blieben Vorarlberg, listen. Weshalb es rückblickend schmun - jüdischer ZwangsarbeiterInnen in der Kärnten und die Steiermark. Sieht man zelnd macht, sieht man sich die Kapitel - Steiermark / Von der Befreiung bis zur von Vorarlberg ab, war das Ausbleiben einteilung von Karners Buch über den Gegenwart der Arbeiten über Kärnten und die Stei - Nationalsozialismus in der Steiermark Ich halte es für einen besonderen Vor - ermark signifikant. Die Besonderheit nochmals an. Immer geht es um die zug dieses mit charakteristischem Bild - Kärntens mit den fließenden Übergängen Herrschaft und ihre Sicherung samt material informativ illustrierten Buches, von deutschnationalem „Abwehrkampf“, Wirtschaft und deren Ordnung; Wider - die Aufmerksamkeit der Leserinnen und Nationalsozialismus und tiefverwurzel - stand ist eine Fußnote, Opfer sind Leser durch präzise Fragen auf die ten Antislawentum ist zwar mittlerweile zweitrangig. Dennoch galt damals Kar - wesent lichen Umstände der einzelnen wissenschaftlich einigermaßen aufgelöst, ners Buch als Standardwerk. Abschnitte der hier genannten Kapitel zu blockierte aber lange Zeit einen produk - Manchmal ohne direkten Bezug, je - lenken. Das mag manchen vielleicht zu tiven Umgang mit der NS-Zeit in Kärn - denfalls nicht zufällig erhob sich dage - schulmäßig und lehrbuchhaft erscheinen ten und ist nach wie vor nicht einfach. gen Widerstand von verschiedenen Sei - und entspricht auch der Absicht der Was die in mancher Hinsicht damit ten. Weniger akademisch, sondern in Herausgeber der Reihe „Nationalsozia - vergleichbaren Verwerfungen in der dem, was heute gern schwammig Zivil - lismus in den österreichischen Bundes - Steiermark betrifft, so waren schon früh - gesellschaft genannt wird. Eine dieser ländern“, die im Vorwort schreiben, das zeitig Historiker mit einer solchen For - gegen die Geschichte als Affirmation Buch wende „sich in besonderer Weise schungsarbeit befasst, letztlich aber herrschender Ideologie gerichteten Be - an ein jugendliches Lesepublikum. Es gelang es nicht, ein derartiges Werk im strebungen begründete in den 1990er unterstützt Lehrerinnen und Lehrer in Einvernehmen mit den regional dominie - Jahren, vor nun zwanzig Jahren, die Ent - ihrer Unterrichtsgestaltung“, richte sich renden akademischen Platzhirschen auf stehung von Clio , des Grazer Vereins für „aber auch an Erwachsene“. Solches An - den Weg zu bringen, sodass sich in den Geschichts- und Bildungsarbeit . Dessen sinnen wird im üblichen akademischen 1980er Jahren ein 1952 in Kärnten gebo - maßgebliche Historiker, der Clio -Leiter rener Universitätsdozent mit dieser Pro - Heimo Halbrainer und Gerald Lamp - www.klahrgesellschaft.at blematik profilieren und 1986 ein mehr recht, seit 2006 Leiter des Centrums für als 600 Seiten starkes Werk mit dem jüdische Studien an der Universität Graz, – Sämtliche Beiträge aus den „ Mitteilun - Titel „Die Steiermark im Dritten Reich haben seither eine Vielzahl von Publika - gen der Alfred Klahr Gesellschaft“ 1938–1945“ publizieren konnte. Zuvor tionen auf den Weg gebracht, die die 1994–2015 im Volltext. war der Autor, Stefan Karner, mit nicht Opfer des National sozialismus ebenso in – Übersicht über aktuelle und bisherige gerade aufsehenerregenden Studien über den Mittelpunkt stellen wie die, die ge - Veranstaltungen der AKG seit 1993. „Kärntens Wirtschaft 1938–1945“ (mit gen ihn Widerstand geleistet haben. Nur – Bibliographie zur Geschichte der einem Nachwort von – Albert Speer), wer darauf sein Hauptaugenmerk richtet, Kommunistischen Partei Österreichs. „ 1945“ oder „Bad St. Leon - vermag wenigstens Anhaltspunkte dafür – Publikationen der ALFRED KLAHR hard in alten Ansichten“ nicht sonderlich sichtbar zu machen, dass heutige und G ESELLSCHAFT und Bestellmöglichkeit. beachtet worden. Von nun an aber nachfolgende Generationen aus dem

2/15 Rezensionen 33 Betrieb häufig als banal geringgeschätzt. rinnen und Leser die immer weiter in die In Wahrheit gehört es aber zu den beson - Vergangenheit entschwindende Periode deren Qualitäten von WissenschaftlerIn - des Nationalsozialismus nachvollziehbar Nachstellung des nen, ihr Fachgebiet auf eine Weise dar - zu vergegenwärtigen. Auch dies basiert 1. Engerau-Prozesses zulegen zu können und erfassbar zu auf solider wissenschaftlicher For - und historische Kontextualisierung machen, die gerade sachlich weniger schung, konnten sich die beiden Autoren kundigen, insbesondere jungen Men - für dieses Buch doch sowohl auf Materi - m von 14. bis 17. August 1945 schen eine spannende und interessante al stützen, das sie gemeinsam mit Ursula Idurchgeführten 1. Engerau- Annäherung erlaubt. Mindler für die 2008 eröffnete Grazer Prozess standen vier ehemalige Hinzu kommt, dass sich die beiden Stadtmuseums-Ausstellung und den Angehörige der Wachmannschaft Autoren einer Oberflächlichkeit und Katalog „un sichtbar . NS-Herrschaft: des Lagers für ungarisch-jüdi - Phrasenhaftigkeit im Umgang mit dem Verfolgung und Widerstand in der Stei - sche Zwangsarbeiter in Engerau Nationalsozialismus entgegenstellen, die ermark“ zusammengetragen hatten, als vor Gericht. In diesem ersten NS- in der Öffentlichkeit vielfach um sich ge - auch auf den von ihnen (ebenfalls mit Prozess vor einem österreichi - griffen hat und wesentliche Fragen mar - Ursula Mindler) 2012 bei Böhlau heraus - schen Volksgericht wurden drei ginalisiert. Wie sie das tun, ist schon gegebenen 541 Seiten starken Sammel - der Angeklagten zum Tode ver - allein aus den Unterteilungen der einzel - band „NS-Herrschaft in der Steiermark. urteilt und hingerichtet. nen Kapitel des Buches ablesbar; ich Positionen und Diskurse“. Der 1. Engerau-Prozess wird an nenne als Beispiel das Kapitel „Was ist Allerdings kommt sowohl dort, als seinem Originalschauplatz, dem die ‚Volksgemeinschaft‘ und wer sind auch in dem nun erschienenen Werk ein großen Schwurgerichtssaal im ihre Feinde?“. Dessen Unter abschnitte nicht unwesentlicher Komplex zu kurz, Landes gericht für Strafsachen tragen folgende Zwischen titel: Wie der heutzutage generell nicht mit großer Wien, am 26. Oktober dieses erkennt man „Volksfeinde“? / Wie gehen Begeisterung thematisiert wird. So nen - Jahres nachgestellt. die Nationalsozialisten gegen die nen die Autoren zwar bei der Vor - „Volksfeinde, „Volksverräter“, „Nörg - geschichte des Nationalsozialismus die Montag, 26. Oktober 2015 , 15.00 ler“ und „Defätisten“ vor? / Welches im politischen und wirtschaftlichen Großer Schwurgerichtssaal Schicksal erleiden Roma und Romnija / Leben der Steiermark bedeutende, in des Landesgerichts für Was verstehen die Nationalsozia listen deutschem Eigentum stehende Alpine Strafsachen Wien unter „Euthanasie“ und welche Wurzeln Montangesellschaft, die im Kampf gegen Landesgerichtsstraße 11, 1080 Wien hat die NS-Euthanasie?/ Welche Folgen die Arbeiterbewegung seit den 1920er Eingang: Frankhplatz 1 hat das „Gesetz zur Verhütung erb- Jahren die Heimwehr unterstützt und (bei der Alserstraße) kranken Nachwuchses“? / Wie wird die eine gewerkschaftliche Spaltung finan - Vernichtung „unwerten Lebens“ in der ziert hatte; aber dass die Alpine Montan Steiermark durchgeführt? / Was weiß die bei ihrer politisch-finanziellen Einfluss - Bevölkerung über die Ermordung von nahme auch zur Zeit der austrofaschis - Pfleglingen und gibt es Widerstand tischen Diktatur keine Grenzen zum dagegen? / Warum werden Homosexuel - Nationalsozialismus kannte, wie bei so le verfolgt? / Franz Baranyai: Vom manch anderen Geldflüssen und Bezie - Überleben in der steirischen Provinz / hungsgeflechten des Bank- und Indus- Franz Baranyai: In Auschwitz ermordet / triekapitals, die die Massenbasis des Ida Maly: Eine Grazer Künstlerin als Nationalsozialismus entwickeln halfen, Opfer der NS-Euthanasie / Josef Kohler: wird leider nicht beleuchtet. Wie auch Mitwirkende : Landesgerichts - „Er wird wegen öffent licher Wehrkraft - für die Zeit nach dem „Anschluss“ der präsident Friedrich Forsthuber, zersetzung zum Tode verurteilt.“ / Karl nahezu bruchlose wirtschaftliche Über - Staatsanwalt Walter Geyer, Drews: Ein Flugblatt gegen die NS- gang des steirischen Finanz- und Indus- Rechts anwalt Ernst Schillham - Euthanasie triekapitals samt entsprechender Einglie - mer, Judith Brandner, Gerhard Zwei Mal „Franz Baranyai“ ist kein derung in das großdeutsche Expansions - Baumgartner, Hofrat Max Edel - Irrtum, sondern hier werden zwei unter - programm wie dessen Förderung unter - bacher, Winfried R. Garscha, schiedliche Schicksale zweier nicht ver - belichtet bleiben. Nichtsdestoweniger Hans Hautmann, Claudia Kuretsi - wandter Männer gleichen Namens ge - haben Halbrainer und Lamprecht ein dis-Haider, Eleonore Lappin- schildert. Mehr als vierzig Kurzbiogra - fundiertes, gut lesbares Werk geschaf - Eppel, Siegfried Sanwald, Chris- phien völlig unterschiedlicher Steirerin - fen, das über die Regionalgeschichte hin - tine Schindler, Ursula Schwarz u.a. nen und Steirer über alle Kapitel ver - ausweist und als Standardwerk dienen streut „verdeutlichen, wie sich Menschen könnte, das für Leserinnen und Leser Eintritt frei unter den Bedingungen der nationalso - jeden Alters nützlich und lehrreich ist. Anmeldung bis 15. Oktober 2015 zialistischen Diktatur verhielten, […] Zu befürchten ist allerdings, dass die bei Dr. in Claudia Kuretsidis- wie sie ihre kleinen und großen Hand - Duckmäuser demgegenüber weiterhin Haider ( Zentrale österreichische lungsspielräume nutzten, wie und aus dafür sorgen werden, dass Ingeborg Forschungsstelle Nachkriegs - welchen Gründen die Menschen litten, Bachmann recht behält mit ihrer nicht justiz, Dokumentationsarchiv des aufbegehrten, den Ereignissen zuschau - von der Hand zu weisenden Einsicht: österreichischen Widerstandes ) ten oder auch Verbrechen begingen“, „Die Geschichte lehrt dauernd, aber sie [email protected] heißt es im Editorial. Auf diese Weise findet keine Schüler.“ Infos: www.nachkriegsjustiz.at gelingt es den beiden Autoren, den Lese - Karl WiMMler

2/15 34 Rezensionen Charlotte Rombach: Österreicher in der sowie die Möglichkeit zur politischen wachsene und sieben Kinder der Bauern - Roten Armee 1941–1945. Anhang: Die Partizipation (im Gegensatz zu zahlrei - familien Kogoj und Sadovnik. Drei Kin - Biographie von Heribert Hütter. Wien: chen westlichen Emigrationsländer). der überlebten die Tat zum Teil schwer Wiener Stern-Verlag 2015 (Texte zur Bei der militärischen Verwendung der verletzt. Der Hergang des Massakers Geschichte Österreichs im 20. Jahr - ÖsterreicherInnen ist zu unterscheiden konnte bisher jedoch nie bis ins letzte hundert, Bd. 4), 176 S., 14,– zwischen den Einsätzen in regulären Detail nachgezeichnet werden und warf Einheiten der Roten Armee und den immer wieder Fragen auf. Zudem wurde ach dem Überfall der deutschen Einsätzen als FallschirmkundschafterIn - im Nachkriegsösterreich für das Massa - NWehrmacht auf die Sowjetunion am nen bzw. AufklärerInnen hinter den ker niemand juristisch zur Rechenschaft 22. Juni 1941 änderte sich nicht nur das feindlichen Linien, etwa zur Unterstüt - gezogen. Gegen keinen der Angehörigen Leben der Bevölkerung der UdSSR ab - zung von Partisaneneinheiten. Dazu des SS- und Polizeiregiments erfolgte je - rupt, sondern auch das der zahlreichen bringt die Autorin auch exemplarische mals eine Anklage. Um die Täter und ausländischen EmigrantInnen und ihrer Berichte ehemaliger TeilnehmerInnen. den genauen Tathergang rankten sich Familien. Viele ÖsterreicherInnen, die Eine dritte Verwendung für die emigrier - auch aufgrund dieser Unklarheiten lange politisches Asyl in der Sowjetunion er - ten ÖsterreicherInnen erläutert Rombach Zeit Kontroversen und Deutungskämpfe. halten hatten, meldeten sich freiwillig ausführlich – die Antifa-Schulen für So kursierten einander widersprechende zur Roten Armee (und anderen bewaff - österreichische Kriegsgefangene. An - Versionen innerhalb der lokalen Bevöl - neten Formationen) und ließen dabei nur hand der Biographie von Heribert Hütter, kerung und in den Aussagen von Zeit - allzu oft ihr Leben im Kampf gegen den in den 1950er Jahren Landes obmann der zeugInnen über die Verantwortung für Faschismus. Es fällt auf, dass das offizi - KPÖ Steiermark, schildert sie exempla - das Massaker. Von deutschnationaler elle Österreich ihren Beitrag zur Befrei - risch die Tätigkeit eines Rotar misten als Seite wurde infolgedessen wiederholt ung zwar gerne in Anspruch nahm (im Lektor an einer Antifa-Schule. versucht, die Schuld für die Tat Kärntner Hinblick auf die Moskauer Deklaration), Zusammenfassend lässt sich sagen, PartisanInnen in die Schuhe zu schieben, sonst aber kein großes Interesse an die - dass es sich um ein spannendes, gut les - die sich zur Tatzeit in der Nähe des Hofs sen Menschen zeigte. Merkwürdigerwei - bares Buch über ein wichtiges, aber lei - befanden und die von der Familie – vor se wurde auch von akademischer Seite der unterbelichtetes Kapitel der öster - allem mit Nahrungsmitteln - regelmäßig die systematische Erforschung ihrer Bio - reichischen Widerstandsgeschichte han - unterstützt wurden. graphien nie in Angriff genommen. Das delt. Es bringt Fakten statt Spekulationen Gesicherte Erkenntnisse über den Ab - neue Buch von Charlotte Rombach über zu einem oft verzerrt dargestellten Thema lauf der Tat bieten im Gegensatz zu den die Österreicher in der Roten Armee in und setzt in seiner aufklärerischen Art einander widersprechenden Oral- den Jahren 1941 bis 1945 schließt nun einen Kontrapunkt zur derzeit herrschen - History-Quellen lediglich die Gerichts - diese Forschungslücke. den „Russenhysterie“ in der Berichter - akten des Volksgerichts Graz, an dem In mühevoller Kleinarbeit mit Ori - stattung unserer „Qualitäts“medien. zwischen 1946 und den 1960er Jahren ginalquellen hat sie die Biographien von alexander dinBöCK zum Massaker am Peršmanhof ermittelt 114 ÖsterreicherInnen zusammengetra - wurde. Erstmals gesichtet wurden diese gen, die in den sowjetischen Streitkräften Lisa Rettl/Gudrun Blohberger (Hg.): kämpften. Akribisch werden sie mit Peršman. Göttingen: Wallstein Verlag Befreiung Kurzlebenslauf, ihrer militärischen 2014, 480 S., 29,90– …und dann? Tätigkeit und den erhaltenen Auszeich - Ludwig Elm 8. Mai 1945 nungen dargestellt. Bekannte Namen ationalsozialistische Verbrechen an – bedeutendste weltge- schichtliche Zäsur (z.B. Ruth Mayenburg, Otto Fischer, Nder Zivilbevölkerung in Kärnten des zwanzigsten Jahr- hundertsKlaus Wagener Franz David usw.) finden sich dort eben - sind untrennbar mit dem Massaker am Der 8. Mai, der Oktober so wie Namen von weniger geläufigen Peršmanhof verbunden. Nur wenige Orte und der ganz »normale« ImperialismusGünter TeilnehmerInnen aus fast allen Bundes - spiegeln derart erinnerungspolitische Benser Was kommt nach Hitler? Manfred ländern. Eingebettet ist diese Sammlung Konflikte und sind so symbolträchtig Mugrauer Die KPÖ im Jahr der BefreiungUlrich Einzelpreis 9,50 € in eine umfangreiche Geschichte der wie dieser Bergbauernhof im Süden Sander Wiederbewaff- Jahresabo 48,00 € österreichischen Emigration beginnend Kärntens inmitten der schroffen Gebirgs - nung und Demokraten- ermäßigtes Abo 32,00 € verfolgung in der mit den revolutionären österreichischen landschaft der Karawanken, an dem sich Adenauerära Matthias Dohmen Die »Stunde Nichts« – Geschichtswissenschaft und Soldaten in den zaristischen Kriegsge - seit Anfang der 1980er Jahre eine Geistesleben 1945 ff.Ralf Jungmann Der fangenenlagern des Ersten Weltkriegs, Gedenkstätte und ein kleines Museum »heiße« Krieg der »Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit«Manfred Weißbecker Russ- über die Auswanderung zahlreicher befinden. Nun erschien mit dem Buch landbilder des deutschen Faschismus

österreichischer FacharbeiterInnen in die „Peršman“ ein außergewöhnlicher Sam - Weitere Themen u. a.: Sowjetunion in der Zeit der Weltwirt - melband, der einerseits als Katalog für Patrik Köbele Zum 90. Geburtstag von Robert Steigerwald | Kai Ehlers Der umgestülpte- schaftskrise bis zu den Schutzbündlern, die neue Dauerausstellung des Museums Brzezinski | Manfred Sohn Griechische Botschaf- ten | Andrew Murray Großbritannien vor die nach der Niederlage im Februar 1934 fungiert und andererseits die juristische den Unterhauswahlen | Stefan Kühner »Erinne- rung mit dem Fleischermesser« – Hel den- in die Sowjetunion kamen. Die Autorin Untersuchung des Massakers in der gedenken a la USA | Jürgen Lloyd Antifaschis- geht auch auf das Leben dieser Men - Nachkriegszeit minutiös nachzeichnet, tische Geisterfahrer | Diether Dehm Antifaschis- schen in der Sowjetunion der 1930er die persönlichen Hintergründe der Täter mus, Alltags bewusstsein Neue Jahre ein, das nur allzu oft von der mate - ergründet sowie die Entwicklung des und Political Correctness Impulse | Andrew Kliman, Alan Freeman, Verlag riellen Not im Land gekennzeichnet war. Tatorts zum Gedenkort aufrollt. Nick Potts, Alexey Gusev, Brendan Cooney: Als hätte es ›Das Sie weist aber auch auf positive Aspekte Bei dem Massaker am Peršmanhof am Kapital‹ nie gegeben | Hoffnungstraße 18 Marianna Schauzu Zur Kritik 45127 Essen hin, wie den raschen Zugang der Emi - 25. April 1945 ermordeten Angehörige der grünen Gentechnik Tel.: 0201-23 67 57 grantInnen zum dortigen Arbeitsmarkt der SS- und Polizeiregiments 13 vier Er - www.marxistische-blaetter.de

2/15 Rezensionen 35 Unter lagen bei einem Forschungsprojekt nem Ermittlungsprozess, der mit größe - nis zu den anderen politischen Lagern Anfang der 2000er Jahre unter Leitung rem Nachdruck geführt worden wäre, so der österreichischen Flüchtlinge im US- des 2009 verstorbenen Historikers Karl Kuretsidis-Haider, wären jedoch durch - amerikanischen Exil. Stuhlpfarrer. Leider wurde seinerzeit aus Anklagen und Verurteilungen der Der Wiener Historiker und Journalist jedoch verabsäumt, die Erkenntnisse in beschuldigten Angehörigen der SS- und Simon Loidl betrachtet in seiner Arbeit eine Buchpublikation münden zu lassen Polizeieinheit zu erreichen gewesen. eingehend die Strukturen und Leistungen und damit den Spekulatio nen über den In der Zusammenschau handelt es sich der kommunistischen Organisationen, Tathergang und die Tatverantwortung ein bei dem Werk „Peršman“ um ein hochin - die sich unter schweren Bedingungen für Ende zu bereiten. Neuerliche Bewegung formatives Buch, das den Wissensstand ein unabhängiges Österreich und eine in die Angelegenheit kam erst mit der über das Massaker am Peršmanhof Zusammenarbeit im Sinne der Volks - Eröffnung der neuen Dauerausstellung minutiös aufarbeitet und durch neue Er - front bemühten. Er stellt aber auch die im Museum am Peršmanhof im Jahr kenntnisse maßgeblich bereichert. Den Tätigkeit von Einzelpersonen dar, die im 2012, die von Lisa Rettl und Werner Spekulationen über eine (Mit-)Täter - Exilland USA für Antifaschismus und Koroschitz erstellt sowie von Uli Von - schaft der PartisanInnen dürfte damit ein sozialen Fortschritt eintraten. Das be - bank-Schedler gestaltet wur de. Ende bereitet sein. Die einzelnen Beiträ - kannteste Beispiel ist hier sicher Otto In den nun vorliegenden Sammelband ge des Sammelbands sind zudem leicht Langer – ein Wiener Kommunist mit flossen die damaligen Recherchen und verständlich formuliert und stellen eine jüdischen Wurzeln –, der ein Pionier der neuen Erkenntnisse über das Massaker ebenso spannende wie eingängige Lektü - Gewerkschaftsarbeit in der US-Film - ein. Die wissenschaftlichen Beiträge des re dar. Durchgehend zweisprachig gehal - industrie war und u.a. Harry Belafonte Bands zeigen dabei eindeutig, dass die ten, also in deutscher und slowenischer zu seinen engen Freunden zählen durfte. Verantwortlichen für das Massaker zwei - Sprache, und liebevoll in schönes Leinen Die österreichischen KommunistInnen felsfrei Angehörige der SS- und Polizei - gebunden, macht das Werk darüber hin - standen unter ständiger Beobachtung des einheit waren. Herauszuheben sind in die - aus auch optisch einiges her. So ist es Nachrichtendienstes, der diese kleine sem Zusammenhang insbesondere zwei auch vollkommen verdient, dass die bei - Exilgruppe dennoch als „a perceptible Aufsätze. Zum einen die Analyse von den Herausgeberinnen des Werkes, die force“ – „eine spürbare Kraft“ ansah. Lisa Rettl, in dem sie sich akribisch mit Historikerin Lisa Rettl und die Pädago - Gegen Ende des Krieges und vor allem der Täterseite, also der Rolle des SS- und gin Gudrun Blohberger, mit dem zweiten nach 1945 verschärfte sich die Lage und Polizeiregiments 13 in Kärnten, auseinan - Platz des diesjährigen Hans-Maršálek- die Vorladungen und Verurteilungen dersetzt und die persönlichen Hintergrün - Preises bedacht wurden, der am 15. Juni nahmen zu. In diesem Kontext ist auch de der Angehörigen des Regiments unter - feierlich verliehen werden wird. die in Wien erfolgte Verhaftung von sucht. Dabei kommt sie zu dem ernüch - JonaS KolB Curt Ponger im Jahr 1953 zu sehen. ternden Schluss, dass die Polizisten keiner Simon Loidls Buch besticht nicht zu - speziellen Gründe für die Ermordung der Simon Loidl: Eine spürbare Kraft. Öster - letzt durch seine fundierte Quellenbasis, Familie am Peršmanhof bedurften, son - reichische KommunistInnen im US- die u.a. auch umfangreiches Aktenmate - dern sich erschreckenderweise im Rah - amerikanischen Exil (1938–1935), Wien: rial des militärischen US-Nachrichten - men der vom NS-Regime ausgegebenen Promedia 2015, 208 S., 17,90– dienstes OSS umfasst. Die amtlichen Dienstvorschriften bewegten. Darstellungen werden durch Erinnerun - In einem weiteren Beitrag zeichnet uf der Flucht vor dem NS-Regime gen von Beteiligten und Interviews des Claudia Kuretsidis-Haider auf Basis der Agelangten österreichische Kommu - Verfassers ergänzt. Dadurch ist eine Akten des Volksgerichtshofs Graz die nistInnen auch in die USA. Dieses Exil - detaillierte und gut lesbare Studie zu die - damaligen Ermittlungen profund nach. land wies jedoch bereits vor dem Aus - sem bislang kaum beleuchteten Bereich Resümierend kommt die Autorin zu dem bruch des Kalten Krieges einige Beson - des österreichischen Exils entstanden. Ergebnis, dass neben lange Zeit unge - derheiten auf: So war die Einreise von florian SCHWanninger klärten rechtlichen Zuständigkeiten, Pro - KommunistInnen in EINE blemen bei der Ausforschung der Tatver - den USA unerwünscht, UNBE KANN www.mediashop.at DES TE dächtigen und dem Umstand, dass die nicht wenige scheiter - WID EPISO ERSTA DE überlebenden Kinder die Beschuldigten ten an der politischen NDES bei Gegenüberstellungen nicht zweifels - Auslese der US-Ein - frei identifizieren konnten, zudem ver - reisebehörden. Jene Simon Loidl schiedene Versäumnisse in der Ermitt - kommunistischen Exi - EINE lungsarbeit maßgeblich dazu beigetragen lantInnen, die es in die haben, dass die juristischen Unter - USA schafften, konn - SPÜRBARE suchungen ergebnislos eingestellt wer - ten ihre politische KRAFT den mussten. Zu nennen sind hierbei ins - Arbeit nur unter großen Österreichische KommunistInnen besondere die verspätet durchgeführten Einschränkungen und im US-amerikanischen Exil Lokalaugenscheine oder die Befragung größter Vorsicht betrei - (1938–1945) von ehemaligen PartisanInnen, die erst ben. Diese Restriktio - ISBN 978-3-85371-388-4, br., drei Jahre nach der Tat erfolgten. Erst nen bestimmten auch 208 Seiten, 17,90 € aufgrund dessen, dass keine Anklagen die organisatorischen der Tatverdächtigen erfolgten, konnte Strukturen der öster - das Gerücht, die PartisanInnen hätten das reichischen Kommuni - Massaker selbst verübt, in die Welt ge - stInnen, ihre Bündnis - setzt werden und sich verbreiten. Bei ei - arbeit und das Verhält - Erhältlich in jeder Buchhandlung oder auf www.mediashop.at

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Alfred Klahr Gesellschaft Verein zur Erforschung der Geschichte der Arbeiterbewegung

Buchpräsentation Österreich ist frei?! Lesebuch 1945 Mitteilungen der Einleitung und musikalische Umrahmung mit Liedern nach Texten alfred KlaHr geSellSCHaft von Theodor Kramer und Richard Zach: Gerald Grassl Herausgeber und Medieninhaber: ALFRED KLAHR GESELLSCHAFT Lesung: TARANTEL-Lesetheater (Eugen Bartmer, Ottwald John, Präsident: Walther Leeb Wolfgang Katzer, Christian Schreibmüller u.a.) Redaktion und Grafik: Manfred Mugrauer MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Mittwoch, 1. Juli 2015 , 19.00 Alexander Dinböck, Winfried R. Garscha, Kulturcafé 7Stern , Siebensterngasse 31, 1070 Wien Heimo Halbrainer, Hans Hautmann, Jonas Kolb, Claudia Kuretsidis-Haider, Peter Alexander Weiss (Hg.): März, Manfred Mugrauer, Helmut Rizy, Österreich ist frei!? – Lesebuch 1945 Florian Schwanninger, Karl Wimmler 240 Seiten, 20,– Adresse: Drechslergasse 42, 1140 Wien ISBN 978–3–9503673–5–5 Telefon: (+43–1) 982 10 86 Wien: edition tarantel 2015 E-Mail: [email protected] www.klahrgesellschaft.at Bestellmöglichkeit: Vertragsnummer: GZ 02 Z 030346 S [email protected] P.b.b., Verlagspostamt 1140 Wien Redaktion Tarantel Vivariumstraße 8/4/18, 1020 Wien AKG-Spendenkonto Mit Beiträgen u.a. von Ilse Aichinger, Inge - IBAN: AT66 6000 0000 9202 3930 borg Bachmann, Thomas Bernhard, Anto - BIC: OPSKATWW nia Bruha, Rudi Burda, Paul Celan, Milo Dor, Bruno Frei, Erich Fried, Gerhard Wir danken all jenen LeserInnen, die Fritsch, Elfriede Gerstl, Gerald Grassl, Hermann Hakel, Peter Handke, Marlen in Reaktion auf unseren Spendenaufruf Haushofer, Fritz Hausjell, Hans Hautmann, Werner Herbst, Otto Horn, Alfred in der Nr. 1/2015 der Mitteilungen der Hrdlicka, Hugo Huppert, Elfriede Jelinek, Rosa Jochmann, Eugenie Kain, Alfred Klahr Gesellschaft neuerlich ein Franz Kain, Rudolf Kalmar, Iacovos Kambanellis, Theodor Kramer, Georg Jahresabo gelöst haben bzw. eine Kreisler, Werner Lang, Sigi Maron, Viktor Matejka, Heiner Müller, Eva Prie - Spende in Gestalt eines Förderabos ster, Helmut Qualtinger, Gerhard Ruiss, Michael Scharang, Dora Schimanko, überwiesen haben, um auch in Hin - Johannes Mario Simmel, Jura Soyfer, Hilde Spiel, Hanna Sturm, Peter Turri - kunft die Finanzierung der Druck- und ni, Arthur West, Martina Wied, Richard Zach und Dorothea Zeemann. Versand kosten sicherzustellen.

Busexkursion „Jüdisches Bratislava" Sonntag, 7. Juni 2015, Abfahrt: 10.00

Treffpunkt: 1020 Wien, Praterstern 1 G 5 G e

1 Programm: s e

0 • Besuch der Ausstellung „Engerau 1945“ im Jüdischen Gemeindemuseum Bratislava t d e 2

• Führung in der Synagoge von Bratislava e r _ n • Besuch des Gedenksteins für Raoul Wallenberg n u k _

a • Besuch des Chatam Sofer Mausoleums S e r

• Besichtigung der Gedenkstätte für die Holocaustopfer und die Wand der Erinnerungen ü n e d _ g • Besuch des Mahnmals für die ermordeten ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter des H o n Lagers Engerau auf dem Friedhof in Petržalka s E e _ t u

Führungen und historische Begleitung: w 5 t e Dr. Maros Borsky (Jüdisches Gemeindemuseum Bratislava) a 4

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Dr. Claudia Kuretsidis-Haider (Forschungsstelle Nachkriegsjustiz) l 1 Teilnahmebeitrag: 15 Euro, Anmeldung unter Tel. (01) 22 89 469/315, [email protected] Eine Veranstaltung der Forschungsstelle Nachkriegsjustiz

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