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STECHROCHEN DELUXE

Music Man StingRay Guitar Der Begriff StingRay ist fast schon zu einem Synonym für Bass geworden. Wir verbinden ihn mit prominenten Musikern wie Flea von den Red Hot Chili Peppers oder mit Tony Levin. Der zeitgleich ins Leben gehobenen StingRay-Gitarre blieb der Weg ins Scheinwerferlicht allerdings versagt. Vielleicht ist die Zeit jetzt aber reif für eine Wiedereinführung.

TEXT Franz Holtmann ❙ FOTOS Dieter Stork

Mit einer modernisierten Konzeption soll Halsplatte fest auf den Korpus ge- das Gitarrenmodell StingRay im Rahmen schraubt. Die parallel nach hinten ver- der Modern Classic Collection nun erneut setzte Kopfplatte folgt der modernen auf den Weg gebracht werden. Wäre ja Formgebung späterer Music-Man-Ent- wirklich nicht das erste Design, das nach würfe mit 4 zu 2-Anordnung der Mecha- anfänglichen Problemen mit der Akzep- niken (Schaller M6 Locking), ist aber tanz dann doch noch in die Spur findet. etwas größer ausgelegt. Die Saiten brin- gen durch ihre kurzen Wege mit geradem Zug ausreichenden Andruck auf den Sat- face- und sound-lifting extra tel, was die Montage eines String Trees Der grundlegende Entwurf der StingRay zur Saitenniederhaltung erübrigt. Für das Guitar ist also nicht gerade neu, aller- ordentlich dicke Griffbrett nahm man ost- dings wurde Wesentliches wie Halsbefes- indischen Palisander, an dessen 10"-Ra- tigung, Kopfplattengestaltung und elek- dius 22 Bünde aus Edelstahl (medium- trische Ausstattung grundlegend geän- high-profile) perfekt angepasst wurden. dert, ganz abgesehen davon, dass eine Dots an den üblichen Stellen kennzeich- Schraubhalsgitarre mit Mahagoni-Body nen die Lagen. Der Sattel aus Kunststoff auch nicht eben an jeder Ecke zu haben ist längenkompensiert ausgelegt, um das ist. Nicht zuletzt die Holzwahl verspricht Tuning zu verbessern. Am Korpus werden einen etwas anderen Akzent in der Ton- die Saiten über die Music Man Modern formung. Tremolo Bridge mit „Vintage Bent Steel Die Details: Der Korpus des Testin- Saddles“ geführt. Das 2-Punkt-System ar- struments ist von seiner Form her beitet im Messerkantenprinzip und ist dem frühen StingRay-Modell entlehnt über einen Alu-Block mit drei Federn auf- und das war‘s auch fast schon mit den Ge- gehängt. meinsamkeiten. Als Tonholz setzt man Die elektrische Ausstattung kommt heute heute anstelle von Esche afrikanisches ohne aktive Bestandteile wie den früher Mahagoni ein. Konturen am Korpus hin- integrierten Treble Boost aus und rekru- ten oben zur Anlage am Spieler und zur tiert sich aus zwei passiven Music Man Armauflage auf der Decke sorgen für Custom Wound Humbucking Pickups mit guten Spielkomfort. Die vorsprin- Alnico-5-Magneten, die in Chrome-Kap- gende Zunge am Korpusboden im Be- pen auf das im alten Stil belassene Pick- reich der Halsaufnahme wurde für guard geschraubt sind. Das etwas omi- den Übergang zum Hals nicht wie nöse große Schaltpult der alten Modelle zuvor eckig, sondern ergonomisch flie- konnte demgemäß kleiner gestaltet ßend gestaltet. Der einteilige Hals aus werden und beherbergt heute lediglich Ahorn ist mit fünf Schrauben, anstelle der noch je einen generellen Volume- und alten Dreipunktbefestigung über eine Tone-Regler auf verchromtem Aluminium

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Control Cover. Den Dreiweg-Toggle für Leos vorletzter Streich die Pickup-Wahl setzte man auf das Horn Music Man wandelt bekanntlich in den Spuren Leo Fenders, der in die von seinen frü- oben vorn. heren Mitarbeitern Tom Walker und Forrest White 1972 in Santa Ana/Kalifornien grün- Konzeption und Verarbeitung des aktua- dete Firma Tri-Sonix, später in Musitek und endlich Man umbenannt, zu- lisierten StingRay-Modells sind tadellos nächst nur als Geldgeber und stiller Teilhaber mit einsteigen konnte. Als Geschäftsfüh- auf den Punkt gebracht. Zum Lieferum- rer von Music Man öffentlich auftreten durfte er erst 1975 nach Ablauf einer vertraglich fang gehört ein üppiges Hartschalen- vereinbarten Sperrfrist von zehn Jahren, die dem Verkauf seines eigenen Unterneh- Case, das auch professionellen Ansprü- mens an CBS geschuldet war. Music Man produzierte anfangs und durchaus erfolgreich chen genügt. nur Verstärker, brachte aber dann Mitte der 70er-Jahre das StingRay-Design in Versio- nen für Gitarre und Bass an den Markt. An den Entwürfen war Leo mit seiner Berater- firma CLF stark beteiligt. Der Bass wurde von den Spielern sofort angenommen und ein toller hals, starker humbucker- Riesenerfolg bis heute, aber die zwei Gitarren-Modelle gerieten zum wirtschaftlichen sound und sorgenfreies Flop, konnten sich gegen die Dominanz der Fender-Gitarren nicht durchsetzen. 1980 vibrieren verließ Leo Fender das Unternehmen aus gesundheitlichen Gründen – so die offizielle Na schau an, das ist ja nach langer Zeit Version. Die waren offenbar schnell überwunden, denn im selben Jahr noch gründete mal wieder ein relativ schlanker Hals. Wer er zusammen mit den alten Weggefährten George Fullerton und Dale Hyatt seine letzte kleine Hände hat, oder die Spät-60er-Gib- Firma G & L Musical Instruments an der Fender Avenue in Fullerton. Bis zu seinem Tod son-Necks mag, der wird‘s auf jeden Fall 1991 arbeitete er dort immer noch an der Optimierung von Tonabnehmern, Vibrato- begrüßen, aber das soll nun nicht heißen, Systemen oder Halsverbindungen. Bereits 1992 wurde er in die Rock And Roll Hall Of dass das Hals-Shaping der StingRay zu Fame aufgenommen. speziell geraten ist. Unten zwar recht eng Bei Music Man übernahm Ernie Ball 1984 die Produktion und setzte neue Akzente mit mit 41,3 mm am Sattel, nimmt das rund- erfolgreichen Music-Man-Designs wie Axis oder Silhouette, nicht zu vergessen die Sig- liche Profil aufsteigend dann doch deut- nature-Modelle prominenter Musiker wie Luke, Steve Morse oder John Petrucci, aber lich zu und dank der glatten Stainless- die hatten mit Leo Fenders Entwürfen so gut wie nichts mehr gemein. fh ■ Stimmstabiles Modern Tremolo Steel-Bünde und perfekt flach eingerich- bestens aufgelöst in harmonisch gerun- teter Saitenlage können wir von unein- dete Akkorde. Einzelnoten schwingen geschränktem Spielvergnügen reden. Das nach akzentuiertem Anschlag lang aus, akustische Tonambiente ist von glockig zeigen gute Farbe und eleganten Tonver- offenem Akkord-Sound geprägt. In lauf. Im Overdrive werden die zuvor ge- Summe: schnell, schwingfreudig, atem- nannten Eigenschaften förmlich poten- reich – klasse! ziert herausgestellt. Der Ton reagiert Am Amp transportieren die Music Man wendig auf den Anschlag, jede Fingerak- „Vintage Spec“ Humbucking Pickups – tion wird präzise umgesetzt und darüber Custom Wound natürlich, geht ja heute hinaus prägt ein wohl dem Mahagoni zu gar nicht mehr anders – das ausge- dankendes, angenehm dunkles Raunen glichene Tonvermögen der StingRay mit den Ton. Souveränität. Gehen wir auf den Steg-Pickup, so Über den Hals-Pickup clean gespielt, springt der Ton leicht vor, gut so. In tönt die Gitarre voll und klar, stimmlich klaren Verstärkerpositionen sind klar Music Man StingRay_Music Man StingRay 11.07.16 08:15 Seite 82

ÜBERSICHT

Fabrikat: Music Man Modell: StingRay Typ: Solidbody-E-Gitarre Modernisierte Herkunftsland: USA Kopfplatte mit 4zu2- Mechaniken: Schaller M6-IND Locking Locking-Mechaniken Hals: Ahorn, geschraubt Sattel: Kunststoff, kompensiert Griffbrett: Palisander stimmung zurückkehrt. Etwas lästig ist Radius: 10" nur das holzige Klacken durch Aufset- Halsform: schlank rundliches D-Profil zen auf die Decke bei deftigem Ge- Halsbreite: Sattel 41,3 mm; XII. brauch, bedingt durch die aufliegende 51,0 mm Halsdicke: I. 21,3 mm; V. 21,8 mm; XII. Montage des Systems. 23,4 mm Bünde: 22, Stainless Steel Mensur: 648 mm resümee Korpus: African Mahogani Hat es sich gelohnt? Und ob! Das von Oberflächen: Black, High Gloss Grund auf renovierte StingRay-Modell Polyester, Hals satiniert Schlagbrett: Black reiht sich locker ein in die Reihe der Tonabnehmer: 2 Music Man Custom modernen Music-Man-High-Perfor- Wound Humbucker, Alnico 5 Magnete mance-Instrumente. Die etwas klobige (Hals 7,2 kOhm; Steg 9,1 kOhm) Ausführung der alten StingRays Bedienfeld: 1¥ Volume, 1¥ Tone, 3- konnte uns Spieler seinerzeit nicht Weg-Pickup-Schalter überzeugen, aber diese perfekt reno- Steg: MM Modern Tremolo, Vintage vierte, absolut stimmig umgestaltete Steel Saddles Hardware: Chrome strukturierte Akkorde zu haben, die Version ist nicht nur optimal zu hand- Gewicht: 3,6 kg neben der erwarteten Verschlankung haben, sie klingt mit den verbauten Lefthand-Option: nein und leichten Mittenbetonung mit immer MM-Custom-Wound-Humbuckern Zubehör: Hartschalenkoffer noch erfreulich offenen Höhen aufwar- auch einfach großartig. Der tenden- Preis (UVP/Street): ca. € 2379/€ 1999 ten, was rhythmischem Begleitspiel stramme Konturen verpasst und Akkorde bei festem Anschlag mit leichtem Quak, aber nicht zu komprimiert darstellt. Sehr schön dann auch die Rundung der kom- pakt und geschlossen abrollenden Ak- korde im Zerrmodus. Vor allem ist in die- ser Hinsicht der zupackende Höhen-Peak zu loben. Kleine Intervalle liefern sehr schöne Reibungen und geradezu span- nend plastische Interferenzen. Power- chords und Riffs werden höchst an- schlagskonform und perkussiv umge- setzt, ja strotzen nur so vor Obertönen, die sich quasi seitlich unter den Fingern herausdrücken. Pinch Harmonics, diese zwischen Daumen oder Zeigefinger und Pick herausgequetschten künstlichen Obertöne, lassen sich ultraleicht provo- Starke MM Custom Wound Humbucker zieren. Vor allem aber ist der stramme Ton zu loben, mit dem sich ausgespro- ziell schlanke, rundlich gestaltete Hals PLUS chen saftig und geradezu vokal agieren mit Edelstahl-Bundierung spielt sich ganz • aktualisiertes Design lässt. Solospiel über den Steg-Pickup ist wunderbar lässig. Auch längere Spielzei- • Schwingverhalten dank der leichten und druckvollen Ton- ten sind damit ermüdungsarm zu bewäl- • gute Pickups entfaltung ein großes Vergnügen. tigen. Als Sahnehäubchen oben drauf • starke Sounds • schlanker rundlicher Hals Unterstützt wird dasselbe dann auch gibt es dann noch das verstimmungsarm • stimmfestes Modern noch von dem geradezu verstimmungs- operierende Modern Tremolo, welches Tremolo frei agierenden Modern Tremolo, das mit mit Bugblechreitern im Messerkanten- • perfekte seinen traditionellen Bugblechreiten prinzip arbeitet und damit eine gute Spieleigenschaften beste Schwingungsübertragung gewähr- Kombination von Tontransport und Funk- • Verarbeitung leistet und dank der Klemmmechaniken tion bietet. Music Man könnte mit dieser und des kurzen geraden Saitenzugs auf modernisierten klang- und funktionsstar- MINUS den Sattel auch bei heftigen Modulatio- ken StingRay-Version erreichen, was Leo • Modern Tremolo klackert nen klaglos sauber in seine Ausgangs- Fender damals verwehrt blieb: Erfolg. ■ bei Rückkehr auf die Decke

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