Sonderteil"50 Jahre Unabhängigkeit"

Indiens Unabhängigkeitund ihre Auswirkungen auf Sikkim, Nepalund

von Karl-Heinz Krämer

Die HimalayastaatenNepal, Sikkim und Bhutan gehörtenzu den Randbereichendes britischen Kolo- nialeinflusses.Markant ist. daß Nepal,das am frühestenin die britischenHandelsambitionen einbezo- gen wurde, weil man sich über Kathmandueinen Zugangzu Innerasienzu erschließenhoffte, bis zu- letzt formell seine Unabhängigkeitbewahren konnte. Sikkim wurde Mitte des 19. Jahrhundertszu ei- nem britischen Protektorat und verlor zeitweise weitgehend seine politische Eigenständigkeit.Etwas bessergestellt war Bhutan, das zu Beginndes 20. Jahrhundertsbritischen Protektoratsstatus erhielt, als mit britischer Billigungeine Monarchie das traditionelleStaatssystem des Landes abgelöst hatte.

Nach der indischen Unabhängigkeit im an der Südflanke des hohen Himalaya tere Entwicklung war daräber hin4us gs- Jahre L947 waren alle drei Himalaya- konnten sie sichjedoch einem mehr oder prägt von indischen Sicherheitsinteressen staaten bemäht, ihre Souveränität und weniger süarken Einfluß lndiens, über und internen politischen Tendenzen der Unabhängigkeit zu bewahren bav. wie- dessen Territorium allein ein Seezugang drei Staaten. derherzustellen. Angesichts ihrer Lage möglich war, nicht entziehen. Die wei- Interessant ist, daß die Himalayastaa- ten unabhängig von ihrem jeweils vor- gegebenen kulturellen Hintergrund alle- samt Parallelen aufiveisen, und zwar sowohl hinsichtlich ihrer politischen und gasellschaftlichen Strukturen als auch rn bezug auf die Entwicklung von Demo- kratie und ziviler Gesellschaft. Daber zeigen sie sich heute auf unterschiedli- chen Stufen dieser Entwicklung. Nepal, Sikkim und Bhutan liegen in Bereich der BegegnungszoneSüd- und nsildk im Zentralasiens. Ihre Gesellschaften und Kulturen sind daher gemischt. Im hufc der Jahrhunderte sind Völker sowohl vom tibetischen Hochland als auch aut den indischen Ebenen zugewandert. Mr- litärische Expansion und andauerode Migration trugen zu einer weiteren Ver- größerung dieser Vielfalt bei. In der letzten Jahrhunderten setzten siö machtpolitisch in allen diesen Staater relative Minderheiten durch, die sich un A. At einen Monarchen scharten. Sie erklärter den Staat zu ihrem eigenen, erließen Ge i jeweiligen ca setze entsprechend ihrer kul- turellen Tradition und machten ihr" t Sprache, Religion und Kultur verbind' lich für alle gesellschaftlichenGruppea- J In Sikkim und Bhutan handelte es siÖ dabei um buddhistisch ausgerichtec Staaten, während sich die nepalischc Monarchie auf eine hinduistische Tradi- tion berief. Etwas eingehendersoll die* Entwicklung nachfolgend am Beispid Sikkims verdeutlicht werden. Maßstab ngalen 1 :1500000 Sikkim I 1.0 ?9km Sikkim war der erste dieser Staaten,rn ssss\\) staatsgrenze llordorenze fün die dem nach der indischen Unabhängigkar t\\ \' ,n Ansttd/er aus NeDal demokratische Prinzipien realisiert wur- s,i.t/itt;- wesrbenga/en /7889 festgelegt) den, doch fsz^hlte der Staat dafür einea - landschafrsgrenze Ja PaB hohen Preis: den Verlust seiner UnaL hängigkeit. Die älteste in Sikkim ansis- sige ethnischeGruppe sind die 'Lepch"'. Dic Landschafcn SiA&iz.r 'Rong' die intern als bezeichnetwerdea-

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Der Blick über das Rumtek Kloster in der Nähe von Ganglok @oto: S. patmnobish) 'Limbu', Andere alüe Gruppen sind die schränkung seiner Souveränität bedeu- kratisch-imperialistischen Methoden die die auch in den westlich angrenzenden tete. Eigenstaatlichkeit Sikkims fast auf den nepalischen Gebieten beheimatet sind, Als in den dreißiger Jahren des 'Magar', Nullpunkt brachte, förderte diese Ent- sowie die ebenfalls eine ethni- 19. Jahrhunderts vor den herrschenden wicklung. 'India sche Gruppe Nepals, die bereits seit sehr Bhutia nach Ostnepal geflohene I-epcha Als 1947 der britische Indepen- langer Tnit auf sikkime.sischem Territo- wiederholt Einfälle nach Sikkim mach- dence Act' alle britischen Souveränitäts- rium siedelt. Diese altnepalischen Be- üen, kamen die Briüen militärisch zu rechte über die indischen Fürstenstaaten völkerungsgruppen Sikkims werden zu- Hilfe. Als Gegenleistung mußte der Kö- beendete, wurde Sikkim wieder ein sou- sammenfassendauch'Tsong' genannt. nig von Sikkim 1835 den Briten das Ge- veräner Staat, der jedoch im Gegensatz Etwa ab dem 15. Jahrhundert kamen in biet von Dorjeling, dem späteren Dar- ar den übrigen Fürstenstaaüen nicht nschenken". 'merger mehreren Schüben tibetische Einwande- jeeling Ab 1848 kam es durch das agreement' der indi- rer nach Sikkim, die dort als eine geson- wiederholt zu Spannungen ayischen schen Union 'Bhutia' beitrat. Der 15. August derte Ethnie unter dem Begriff Sikkim und den Briüen in Darjeeling, 1947 war somit'nicht nur der Tag der geführt werden. Einer dieser tibetischen angefacht insbesondere durch die impe- indischen, sondern auch' der sikkimesi- Zuwanderer stieg Mitte de.s 17. Jahrhun- rialistischen Machenschaften des dorti- schen Unabhängigkeit. Annicn wie im derts zum König auf. gen britischen Kommissars A. Camp- benachbarten Nepal wenige Jahre später Im I-aufe des 19. Jahrhunderts wan- bell. Schließlich marschierten die Briten die Beendigung der Rana-Herrschaft be- delte sich Sikkim von einem tibetischen Anfang 1861 in Sikkim ein. Mit dem deuüeüe die Unabhängigkeit Sikkims zu einem britisch-indischen Proteküorat. Vertrag vom 28. März 1861 wurde Sik- arnächst eine Restaurierung der absolu- Dies war eine Folge der Annähenrngs- kim völkerrechtlich zu einem britischen ten Macht des Königs ('chogyal'). politik des sikkimesischen Bhutia-Herr- Protektorat. In der Folge förderten die schers an die Briten, mit der er sein Briten die Zuwanderung "-hlreicher Ne- Der Kampf um die Macht knd den ständig wechselnden Zugriffen pali nach Sikkim, um den möglichen Nepals, Bhutans und Tibets zu entziehen Einfluß Tibets zu schwächen. Doch schon bald kam es zu politischen versuchte. Als Dank ffir die Unterstät- Die britische Politik hatte auch hand- Bewegungen, die von Anfang an kom- zung während des britisch-nepalischen feste wirtschaftliche Hinüergrände. Es munalistisch geprägt waren. Die nepali- Krieges (1814-16) erhielt Sikkim im Fe- bestand ein großer Bedarf an Arbeits- sche Bevölkenrng des Landes, die.inzrvi- bruar 1817 im Rahmen eines mit der kräften sowbhl in den 'East Teeplantagen des schen 75 Proznnt der Bevölkerung India Company' geschlossenen Darjeeling-Distrikts als auch für den süellte, war unzufrieden, weil sie nicht Freundschaftsvertrages die von den Ne- forcierten Straflenbau. Für beides wur- an der Macht beüeiligt war, die in den pali in den siebziger Jahren des den in erster Linie Nepali von den Briien Händen einiger Bhutia und Irpcha lag. 18. Jahrhunderts eroberten Gebiete zu- rekrutiert. Insbesondere John Claude Bereits im Dezember 1947 wurde als er- 'sikkim räck, erkannte aber gleichzeitig die Bri- White, der 1889 als Leiler der britischen ste politische Partei der State ten als Schutzmacht an, was eine Ein- Mission nach Sikkim kam und mit auto- Cpngress' (SSC) gegründet, der sich cng

SüdasienlZl98 vrr Sonderteil"50 Jahre Unabhängigkeit" an die indische Kongreßpartei anlehnüe. indischer Vermittlung einen Konsens sollte. Ehe im Frühjahr 1953 dieser 'State Hinter dieser Partei standen vor allem avischen die.sen politischen Fronten an Council' gewählt werden konnte, junge Nepali, doch gehörlen zu ihren finden. Nehru legte schließlich den Füh- änderte der 'chogyal' am23. März 1953 Fährern auch einige Bhutia und Lepcha, rem des SSC nahe, nicht länger den An- mit Zustimmung der beiden Parteien die wie Tashi Tsering, der sogar Vorsitzen- schluß Sikkims 8n Indien zu fordern. Richtlinien für seine Zusammensetzung der war, Kazi liendup Khangs- Am 5. Dezember 1950 kam es dennoch erneut. Demnscfu sollte der 'State Coun- arpa, Dimik Singh Lrpcha und Sonam zum Abschluß eines Prolektoratsvertra- cil' 20 Mitglieder umfassen; sechswaren Tshering. In einer Petition an den ges avischen Indien und Sikkim. Sikkim vom König an ernennen, 14 weitere nach 'chogyal' Tashi Namgyal forderte man be.saßfortan nur noch interne Autonomie folgendem Schema zu wählen: Sechs die Abschaffung des Großgrundbesitzes, (Artikel Il). Za den Rechten Indiens ge- Sitze ffir lrpcha und Bhutia, 6 Sitze frr eine demokratische Regierung und den hörten insbesondere die der Verteidi- Nepali, ein Sitz für die buddhistischen Anschluß an Indien. gung und der Außenpolitik. Mönche (Lama) und ein allgemeiner 'chogyal' Vier Monate später wurde als eine Ge- Im Mai 1951 setzte sich der Sitz. Die vom Palast unterstützte SNP 'sikkim genkraft zum SSC die konservative, dem mit Vertretem des State Con- gewenn alle sechs Sitze der Bhutia und 'Sikkim Königshaus nahestehende'Sikkim Na- gress' und der National Party' lrpcha, wfürend der nun unüer Führung tional Party' (SNP) gegründet, an deren zusammen. Das Ergebnis dieses Treffens von Kazi Lhendup Dorji Khangsarpa Spitze mit Sonam Tshering einer der ur- war die sogenannte'parity formula', stehendeSSC alle Nepali-Sitze errang. spränglichen Führer des SSC stand. Es wonach ein kommunalistisch ansammen- Vor den aveiten Wahlen zum 'State 'State folgten mehrere erfolglose Versuche, mit gesetzter Council' gebildet werden Council' im November 1958 wurde das Wahlverfahren durch mathematische Auswertungsverfahren so kompliziert gemacht, daß es kaum noch zu durch- schauen war. Dennoch errang det jetzt unter Führung von Kashi Raj Pradhan stehende SSC alle sechs Sitze der Nepali und einen der Bhutia/Irpcha-Sitze. Die SNP gewann die übrigen fünf Bhu- tiall-epcha-Sitze und den Sitz der lama, während der allgemeine Sitz an einen Unabhängigen fiel. Dieses Wahlergebnis wurde kurz darauf jedoch durch den Ausschluß von fünf gewfülten Vertre- tern entstellt. Am 20. Mai 1959 grändeten einige Politiker aus den Reihen des 'Sikkim 'Praja StaüeCongress', Sammelan' und der von Kazi Lhendup Dorji gegründe- 'Swatantra ten Party' sowie einige Dis- 'Sikkim sidenten der National Party' als dritte bedeutende Partei Sikkims den 'Sikkim National Congress' (SNC). Zu dessen Hauptforderungen gehörte die Einführung einer konstitutionellen Mon- 'Stale archie, die Wahl eines Council' mit kommunalistischer Parität und eine unabhängige Gerichtsbarkeit mit einem Obersten Gerichtshof. Die immer wieder verschobenen und erst im Mai 1969 durchgeführten dritten Wahlen zum 'State Council' zeigten, daß sich der SNC avischenzeitlich zur stärksten Par- tei des I Pndesentwickelt hatte. Der dauerhaft schwelende ethnische Konflikt Sikkims erhielt 1961 eine Ent- schärfung zugunsten der nepalischen Be- völkerung des l-andes. Am 3. Juli 1961 erließ König Tashi Namgyal ohne Betei- ligung des ohnehin entstellten 'State 'Sikkim Council' die Subjects Regula- tion'. Nach diesem frauendiskriminie- renden Gesetz waren nur noch Männer mit Ehefrau und mindsdähdgen Kindem Staatsbürgervon Sikkim, wenn sie dort geboren, 196l auch anwesend waren und auf eine eventuelle fremde Staatsbürgerschaft verzichteten. Ausgeschlossen von dieser Regelung blieben lediglich die Bhutia, Lepcha und Tsong. Die neu eingewanderten, nicht Mann in Sikkim (Foto: Thomas Hoffnunn)

vlu Südasien lAi9S Sonderteilrr50 Jahre Unabhängigkeit" im hnde geborenen Nepali sollten die Indien annektiert Sikknn dische Verfassung wurde am ?ß. April sikkimesische Staatsangehörigkeit nur entsprechend angepaßt - Sikkim wurde noch erhalten, wenn sie nachweisen In dieser Situation schritt die indische der 22. Staat der Indischen Union. Die- 'chogyal' konnten, daß sie 1961 bereits frnfzehn Regierung ein, die vom um ser Schritt bedeutete das Ende der Nam- Jahre in Sikkim wohnten und alle Vermittlung gebeten worden war. Am gyal-Dynastie. Sikkim, das traditionell 'chogyal', Beziehungen zu Nepal gelöst hatten, 8. Mai 1973 wurde von unter tibetischem Einfluß stand, hatte die 'Sikkim 'sikkim indem sie z. B. in Sikkim Grundbe,sitz Janata Congress', Na- im 19. Jahrhundert durch die Politik sei- erwarben. Dies bedeutete jedoch in der tional Congress','Sikkim National ner Könige und der Briten eingeleitete Praxis, daß die meisten der dort Party' und indischer Regierung verein- Hinwendung nach Indien endgültig ab- lebenden Nepali die Staatsangehörigkeit bart, daß eine Demokratisierung erfol- geschlossen. 'State und somit das Wahlrecht erhielten. gen und Neuwahlen zum Council' Doch der Anschluß an Indien bedeu- Eine völlige Neuordnung der Zusam- abgehalten werden sollten. Dies bedeu- 'State teüenicht, d"ß die Politik sikkims nun in mensetzung des Council' nahm tete faktisch .las Ende der absoluten die Hände der etablierten indischen Par- König Palden Thondup am Monarchie in Sikkim. Die Macht des teien fiel. Zwar war der Anschluß mit 31. Dezember 1969 durch den 'chogyal' u7u1dsnhnlich 'Representation beschnittenwie dem ausdräcklichen Willen und Bestre- of Sikkim Subjects Act' die des nepalischen Königs nach der ben der'Congress-(I)'-Regierung Indira vor. Es sollte fortan drei verschiedene Demokratiebewegungvon 1990. Indien, Gandhis erfolgt, doch war der Einfluß Arten von Wahlkreisen geben: fünf ter- durch den Protektoratsvertrag von 1950 der indischen Kongreßpartei nicht von ritoriale, ein allgemeiner und ein kleri- lediglich zuständig für die Außen- und langer Dauer. Nach dem Anschluß kaler. In den frnf territorialen Wahlkrei- Verteidigungspolitik Sikkims, übernahm fthhrte Kezi Lhendup Dorji zruar sen sollten die Bhutia/Irpcha und Nepali auch die interne Verwaltung de.sLandes. zunächsteine'Congress-(I)'-Regierung, dabei nach folgendem Verhältnis wfü- Entscheidend aber war die Abschaffrrng doch trat sein Ministerrat schon 1976 'State 'Janata len: Gangtok (l:l), Ost- und Norddi- paritätischerWahlen zum Council' geschlossen in die Party' ein. strikt (eweils 2: l) und Süd- und Westdi- auf kommunalistischer Grundlage. Was Diese Regierung wiederum wurde im strikt (eweils l:2). Im allgemeinen dies angesichts der Dreiviertelmehrheit Oktober 1979 durch den Janata Parishad Wahlkreis, der ganz Sikkim umfaßte, nepalischer Bevölkerung bedeutete, abgelöst; es begann der Aufstieg Nar sollten drei Abgeordnete gewählt wer- wurde bei den Wahlen vom April 1974 Bahadur Bhandaris. den: ein allgemeiner Vertreter, ein Ver- deutlich. Bereits im Vorfeld der Wahlen 'Sikkim treter bestimmter Sonderkasten und einer hatten sich StaüeCongress' und Ethno-Politische 'Sikkim Konfl iktlinien der Tsong. Im klerikalen Wahlkreis National Congress' zum 'Sikkim sollten die buddhistischen Mönche einen Congress' zusammengeschlos- Bhandari, aus ethnischer Sicht ein ne- Vertreter wählen. Zu diesen insgesamt sen. Diese Partei wurde von Nepali do- palischer Brahnrane, verstand es ge- 18 gewählten Abgeordneten gesellten miniert, auch wenn ihr Vorsitzender, schickt, die Unzufriedenheit weiter Teile sich wiederum sechs Nominisfts 6es Kazi Lhendup Dodi, ein lrpcha war. der Bevölkerung 'Sikkim mit dem Anschluß an Königs. Die National Party', die nicht Indien - die Zustimmung des Volkes Nach einer Phase der parteipolitischen nur die Interessen des Palasües,sondern war wohl doch nicht so groß, wie das Umstrukturierung, die begleitet war von auch die der Bhutia und lrpcha reprä- Referendumsergebnis von 1975 vennu- annehmenden antiindischen Ressenti- sentieren wollte, hatte keine Chance. So ten ließ - für seine politischen 'Sikkim Ziele an ments einiger Kreise der Bevölkerung, errang der Congress' 29 der 32 nutzpn. Diese Politik fand Untersttitzuns bestimmten folgende drei politische Sitze. Kazi Lhendup Dorji wurde zum 'Janata 'sikkim durch die indische Party'-Regiel Parteien das Q6s"6"6en: Die unangefochtenenpolitischen Führer Sik- rung, als Premierminister Mora{i Desai National Party', die als Partei des Kö- kims. 1978 während eines Besuchsin Gangtok nigs angesehen wurde, vertrat nach wie Eine der ersten Maßnahmen des neuen erklärte, der Anschluß Sikkims an Indien vor die Interessen der Bhutia und Irp- Parlamentes war die Verabschiedung der sei ein "uncalled 'Sikkim 'Government for act" gewesen. So cha. Der National Congress' of Sikkim Bill', 1974, bezeicbnete Bhandari politischen 'chogyal' seine von Kazi Lhendup Dorji war säkular durch die der endgültig zu ei- Rivalen, allen voran Kazi Lhendup 'sikkim 'Ausverkäufer ausgerichtet, während sich der nem konstitutionellen Monarchen ge- Do{i, als der Nation' JanataCongress' für die Nepali-Bevölke- macht wurde. Ein weiterer Schritt zur ('desh bechuva'). Daß Nar Bahadur rung einsetzte. Integration Sikkims in die 'State Indische Bhandari 15 Jahre lang fast ununterbro- Kurz nach Wahlen anm Council' Union war der Antrag S. K. Rais, des chen die Politik Sikkims bestimmte, lag Anfang 1973, bei denen die konservative Generalsekretärs 'Sikkim des'Sikkim Congress', ferner in seiner Handhabung der ethni- National Party' mit dem Ge- auf Repräsentation Sikkims im indischen schen Gegebenheiten des Landes. Ob- winn von elf Sitzen zum überlegenen Parlament. Diesem Antrag stimmte das gleich selbst ein Nepali, verstqnd er es, Sieger erklärt wurde, kam es zum Aus- indische Parlament Ende August lg74 sich .las Vertrauen der Bhutia- und Lep- bruch von Unruhen, die schon bald zu, und die indische Verfassung wurde cha-Minderheiten zu sichern. Seit 1979 einen ethnischen Charakter annahmen. entsprechendgeändert. 'Sikkim 'sikkim waren den Bhutia und Irpcha 13 der 32 National Congress' und Sikkim erhielt je einen Sitz im indi- Sitze des 'Council Parlamentssicher, obgleich sie Janata Congress', die eine Beendigung schen of States' und im Abge- insgesamt nur 25 'Lok Prozent der Bevölke- der absoluten Macht des Königs forder- ordnetenhaus,der Sabha'. Im April rung stellten. 'Sikkim ten, sprachen von einem großangelegten 1975 ging die Assembly' sogar Unter dem Vorwurf der Komrption Wahlbetrug. K. C. Pradhan, der Vorsit- noch einen Schritt weiter und erklärte setzte die znntrale Kongreßregierung zende des'Sikkim Janata Congress', Sikkim zu einem Bestardteil der Indi- Bhandari zurar 1984 ab und installierte wurde unter dem Vorwurf von Volks- schen Union. Ein entsprechendesRefe- in Sikkim eine'Congress-(I)'-Regierung verhetzung und Friedensbruch verhaftet. rendum wurde am 14. April 1975 unter unter Bhim Bahadur 'Sikkim 'sikkim 'Election Gurung, doch Janata Congress' und Aufsicht der indischen Com- kehrte Nar Bahadur Bhandari bereits bei National Congress' schlossen sich mission' durchgefrhrt. Bei diesem Refe- den Wahlen von 1985 mit seinem avi- schließlich 'Joint zu einem Action Coun- rendum sollen sich 97 Prozent der Be- schenzeitlich gegrändeten'sikkim San- cil' zusammen. Es kam zu militanten völkerung Sikkims für einen Anschluß gram Parishad' an die Macht zuräck. Bei Ausschreitungen. an Indien ausgesprochenhaben. Die in- den Wrhlen im Jahre 1989 konnte er den

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fihrte Bhandaris sowie Industrie- und lnformationsminisfel, von Bhandari ge- trennt und eine eigene Partei, die 'Sikkim Democratic Front' (SDF), ge- grändet. Chamling war fortan der ein- zige Oppositionspolitiker im sikkipesi- schen Parlament. In den Folgemonaten 'Sikkim wandten sich viele Politiker des Sangram Parishad' von Bhandari ab und bekundeten ihre Sympathie mit Cham' ling. Die Situation eskalierte, als am 4. Mai 1994 18 Parlamentsabgeordnete Bhandari das Vertrauen ettmgen. Zwei Wochen später wurde Sanchaman Lim- boo als neuer 'Chief Minister' vereidigt. Wie schon 1984, so hatte auch diesmal die Kongreßpartei nicht unwesentlichen Anteil am Sturz Bhandaris. Unmittelbar im Anschluß an die Vereidigung erklärte Chamla Tshering, der Vorsitzende des 'Sikkim nun neuen Sangram Parishad (Sanchaman)' seine Partei [SSP(S)], 'Congress- plane eine Fusion mit dem (D'. Bhandari hütete sich jedoch, den 'Congress' dlsssl linmischung zu be- schuldigen, offensichtlich in der Hoff- nung, bei den anstehenden Wahlen im November 1994 Limboo und seine Ge- fährten als Verräter und Verschwörer zu brandmarken und die Macht zuräckzu- gewinnea. Teilweise ging diese Rech- nung auf: Sanchaman Limboo wurde nicht gewählt; sein 'Congress' ermng nur avei Sitze. Doch Sieger der Parla- mentswahlen wurde nicht Nar Bahadur Bhandari, dessenSSP sich mit zehn Sit- zen begnügen mußte, sondern Pawan 'Sikkim Buddhistische Novizen im Kloster Phedang (Foto: Thonus Hoffrnann) Kumar Chamling, dessen De- mocratic Front' (SDF) in 19 Wahlbezir- Wahlerfolg dahingehend steigern, daß galten die Limbu als ein Bestandteil der ken erfolgreich war. seine Partei sämtliche 32 Parlamentssitze nepalischen Bevölkerung des Landes, als gewann. was sie sich jedoch nur bedingt betrach- Sikkim Nepalesen Doch die ethnische Politik Bhandaris teüen. Mit der Eingruppierung als Nepali hatte auch negative Auswirkungen, die verloren die Limbu auch das Recht auf Anders als im benachbarten Darjee- schließlich im Jahre 1994 an seinem Anerkennungals'Scheduled Tribes'. ling-Distrikt sehen sich die Nepali Sik- Shrrz führten. Die Nepali waren durch Der Konflikt eskalierte 1994, als die kims nicht als eine geschlosseneEinheit. die Reservierung der Sitze frr Bhutia Zentralregierung beschloß, die Bhutia Nar Bahadur Bhandari wird als Brah- und kpcha quasi zu einer politischen und I*pcha als ethnische Minderheiten mene lediglich als Repräsentant der Minderheit gemacht worden, die nicht von der Einkommensteuer zu befreien. hocbkastigenNepali angesehen,die etwa 'Chief ihrem Bevölkerungsanteil von Minister' Bhandari in persona 2O Proznnt der Bevölkerung ausmachen. 7.5Prcznnt entsprach. Es genügte das seiner ebenfalls als Abgeordnete im sik- Die in Sikkim lebenden Angehörigen Uberlaufen von drei oder vier Nepali, kimesischen Padament sitzenden ethnischer Gruppen Nepals sehen sich um der Minderheit der Bhutia und lrp- Ehefrau Dil Kumari Bhandari leitele als räckständige Klassen, die in ähnli- cha im Parlament eine Mehrheit zu ver- daraufhin eine Kampagne ein, die darauf cher Weise benachteiligt werden wie die schaffen. abziehe, auch die Nepali Sikkims von Bhutia und Limbu. Diese Gruppen sind Als verheerend aber erwies sich die der Einkommensteuer zu befreien. Als es, die ihre Hofftrung heute auf Pawan Unzufriedenheit der Limbu. Traditionell pilenzminister Man Mohan Singh das Kumar Chamling s€tzen, der bereits un- hatten die Limbu als eine der drei altein- Gesetz gnnz zuräsffielt, kam es zu eth- mittelbar nach seinem Wahlerfolg er- gesessenen Bevölkerungsgruppen stets nischen Unruhen und Demonstrationen, klärte, seine Regierung werde eine Re- sehr enge Bande zu den Bhutia und lrp- die die Gesellschaft Sikkims spalteten. gierung der Armen sein; alle ethnischen cha geflochten, was durch regelmäßige Bhutia und kpcha, aber auch Limbu, Gruppen und Kasten des l-andes wärden "sikkimesische Zwischenheiraten untermauert wurde. Rai und andere Nepali' gleichermaßenbeteiligt werden. Bis zum Ende der Monarchie hatten die forderten das ein, was ihnen vor dem Bhandari sieht sich selbst als Vertreler Limbu Sikkims ein Anrecht auf reser- Anschluß an Indien versprochon worden aller Nepali. Er steht nicht frr Bestre- "Greater vierte Sitze in der Staatsversammlung. war, nämlich die Wahrung ihrer ldenti- bungen nach einem Nepal', wie Dieses war ihnen erstmals bei den unter tät. es von böswilligen indischen Zvngen indischer Aufsicht durchgeführten Wah- Bereits im März 1993 hatte sich Pawan gelegentlich behauptet wird, wohl aber "Greater len von 1974 genommen worden. Fortan Kumar Chamling, einst treuer Wegge- schließt er ein Sikkim' nicht

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'Gorkha aus. Ein solches, das neben Sikkim den sich Ghising mit seiner Natio- Weise durch die britische Kolonialpolitik Darjeeling Distrikt und Teile der Di- nal Liberation Front' erstmals an Wah- herbeigeführt wurden. Sie wurden weiüer strikte Jalpaiguri und Kuch Bihar umfas- len in Sikkim beteiligte. Alle fünf von verschärft durch die Politik des sikkime- sen wärde, könnte sich auf historisshe seiner Partei unterstätzten Kandidaten sischen Königshauses, die darauf ausge- Grundlagen berufen, da es sich um das unterlagen jedoch. Der politische Nie- richtet war, die absolute königliche ursprängliche Territorium des Staates dergang sowohl Nar Bahadur Bhandaris Macht zu sichern. Hierzu bediente sich Sikkim handelt. In einem solchen Terri- als auch Subhas Ghisings, der sich seit das Königshaus des Deckmantels demo- torium wärde der Anteil der Nepali noch 1994 zunehmend abzeichnete, reduziert kratischer Scheinin5ligutionen,die kom- gr6ßer sein als im heutigen Sikkim, was die Gefahr nepalischer Expansionsbe- munalistische Spaltungen der Gesell- Bhandaris Anspruch, der Sprecher aller strebungen. Die indischen Nepali Dar- schaft ganz besonders in den Vorder- indischen Nepali an sein, Auftrieb gäbe. jeelings sehen sich anerst als Inder und grund räckten. Einem solchen Ansinnen steht jedoch dann als Nepali unabhängig von ihrer Ein weiterer Grund für die immer nicht nur die westbengalische Regierung ethnischen Zugehörigkeit. Anders ist die noch geringe Entwicklung einer zivilen entgegen, frr die eine derartige Erweile- Situation in Sikkim, wo die Nepali- Ge.sellschaft in Sikkim liegt jedoch auch rung Sikkims den Verlust wirtschaftlich Mehrheit der Bevölkerung in hochka- in der Vernachlässigung dieses Unions- bedeutsamer Gebiete bedeu0ete. Auch stige Hindus und ethnische Gruppen zer- staates seilens der Zentralregierung. Für die Nepali des Darjeeling-Distrikts sehen frllt. Während sich die Angehörigen ho- den indischen Staat ist Sikkim in erster dies sehr differenziert. Unterschiede lie- her Hindukasten als indische Nepali be- Linie von strategischerBedeutung, ist es gen hier schon in der Selbstbezeichnung. trachten, die in diesem Unionsstaat die doch durch das Chumbi-Tal relativ leicht Während Nar Bahadur Bhandari den Be- Mehrheit der Bevölkerung stellen, sehen zugänglich für die chinesische Besat- griff Nepali bevorzugt, bezeichnen sich sich die nepalischenEthnien Sikkims als zungsmacht Tibets. Wirtschaftlich hat die indischen Nepali des Darjeeling-Di- marginalisierte Minderheiten, die einer- der Unionsstaat jedoch nichts zu bieten, strikts meist als Gorkha. Bhandari sieht seits innerhalb der Indischen Union, an- sieht man einmal von den bisher wenig den Begriff Gorkha jedoch lediglich als dererseits aber auch innerhalb des Staa- genutzten Möglichkeiten des Tourismus eine Berufsbezeichnung für jene, die in tes Sikkim durch die hochkastigen Ne- ab. So klagt die heutige Staatsfrhrung den Gorkha-Regimentern dienen, nicht pali benachteiligt und unterdräckt wer- offen über .las mangelnde Interesse der aber als einen Volksnamen. den. Die Situation der ethnischenBevöl- Zentralregierung: Die Infrastruktur sei Doch trotz dieser Differenzen ist es kerung Sikkims weist somit eine größere völlig unzureichend; es gebe nach wie seit dem Sturz Bhandaris zu einer Annä- Ahnlichkeit zu jener der ethnischen vor nicht genügend Bildungsinstitutionen herung anrischen Subhas Ghising, der Gruppen in Nepal, als im Da{eeling-Di- und Krankenhäuser, es fehle eine eigene herausragendenFährerpersönlichkeit der strikt auf. Universität und ein eigener Flughafen. Nepali von Da{eeling, und Nar Bahadur So hat Sikkim in der Folge der indi Bhandari gekommen. Im Vorfeld der Dernokratie in Sikkim schen Unabhängigkeit gemischte Erfah- Wahlen in Sikkim vom November 1994 nrngen gemacht. Ideen ziviler Grund- trafen sich Ghising und Bhandari wie- Sikkim b€sitzt inzwischen seit mehr rechte und politischer Beteiligung sind derholt, um die politische Strategieeines als 20 Jahren ein demokratisches Staats- aus dem demokratischen, unabhängigen Zusammenschlussesvon Darjeeling und system, doch hat dies nicht dazu beige- Indien nach Sikkim vorgedrungen. Der Sikkim zu erörtern. In diesem Zusam- tragen, die gesellschaftlichen Probleme Staat besitzt heute eine demokratische menhang muß auch gesehen werden, daß zu überwinden, die in entscheidender Grundlage und erfüllt somit eine wich-

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'Gorkhaland' Forderung nach (Foto: Thomas Hoffmann)

Südasienl-219E xl Sonderteil "50 Jahre Unabhängigkeit" tige Voraussetanng für eine gesellschaft- übung des Königs darstellte. Hier wer- ligion erhoben und bestimmte alle Berei- liche Entwicklung. Daß Sikkim seine den erneut Parallelen anm Sikkim der che des I*bens. Drukpa wurde anr Be- Unabhängigkeit dafür vedieren mußte,' fünfziger und sechziger Jahre deutlich. zeichnung der tibetischstämmigen Be- ist an einem großen Teil eine Schuld des Das System in Nepal konnte sich jedoch völkerung de.sl:ndes. Königshauses, das auf seine absolute länger halten, und als es 1990 ansam- Bhutans politisches System hatte in Macht, die es rund 300 Jahre lang aus- menbrach, erfolgte dies auf Druck des dieser Form bis ins 20. Jahrhundert Be- üb!e, nicht verzichten wollte. Volkes ohne direkte indische Beteili- stand. Wie Nepal war auch Bhutan gung. Der König lenkle ein, als es fast zunächst nur indirekt vom Einfluß der Nepal schon zu spät war. Dies sicherte die britischen Kolonialmacht in Indien be- Monarchie in Nepal, wenngleich sie auf troffen. Nur gelegentlich entsandlen die Ein Blick auf die beiden Nachbarlän- ihre absoluten Rechte verzichten mußte. Briten Missionen nach Bhutan. Am An- der, Nepal und Bhutan, mag die anfangs Die heutige Demokratie Nepals ist 15 fang der bhutanisch-britischen Bezie- angesprochenen Parallelen ein wenig Jahre jänger als die Sikkims, weist aber hungen stand eine kriegerische Ausein- verdeutlichen. Der moderne Staat Nepal ähnliche Tendenzen auf. Die gesell- andersetzung, die ihre Ursache in entstand in seiner heutigen Form avi- schaftliche Spaltung, die durch den Bhutans Eingreifen in interne politische schen 1743 und 1816 durch die militäri- Hindu-Staat der Shah-Herrscher herbei- Auseinandersetanngen in Kuch Bihar sche Expansion des mittelnepalischen geführt wurde, wird von den heutigen hatte. Erneute Spannungen entstanden, Kleinstaates Gorkha. Anders als Sikkim parteipolitischen Eliten fortgesetzt, die nachdem die Briten 1826 Assam besetzt bauten die nepalischen Herrscher ihrcn überwiegend den hohen Hindukasten an- hatten. In der Folge bemühten sie sich Staat auf hinduistischen Staatsvorstel- gehören, die rund 3O.Prozentder Bevöl- um die Kontrolle der Duars, der südli- lungen auf, avangen der multiethnischen kerung ausmachen. Ahnlich wie Sikkim chen Täler Bhutans, die nach Assam und Bevölkerung ihr hierarchisches Kasten- hat Nepal heute formell ein demokrati- Bengalen führen. Die Auseinanderset- system auf und machten den Hinduismus sches System, wenngleich seine Träger, zungen gipfelten im bhutanisch-briti- und seine Kultur anr Staatsreligion. Im die politischen Parteien, ein zunehmend schen Krieg von 1864165, der am Gegensatz zu Sikkim konnle Nepal seine befremdendes Verständnis von Demo- 11. November 1865 mit dem Vertrag Souveränität wahren, war jedoch zur kratie an den Tag legen. Von der Ent- von Sinchula beendet wurde. Dieser Kooperation mit der britischen Koloni- wicklung einer auf Gleichheit beruhen- Vertrag machie Bhutan avar nicht zu ei- almacht Indiens geävungen. Dies zeigte den zivilen Gesellschaft aber ist Nepal nem britischen Protektorat, besiegelte sich beispielsweise in der Unterstätzung noch weiter entfemt als Sikkim. aber die Abtretung der Duars an die der Briten bei der Niederschlagung des Briten. Erst durch äine Anderung dieses Sepoy-Aufstandsvon 1857, der Stellung Bhutan Vertrages am 8. Januar 1910 wurde von Gurkha-Söldnern fir die britische Bhutan völkerrechtlich zu einem Pro- Armee, ganz besonders in den beiden Noch schlechter ist es um die politi- tektorat Britisch-Indiens Weltkriegen, und der Kooperation mit sche und gesellschaftliche Entwicklung Zu jenerir Zeitpunkt war in Bhutan den Briten bei der Verfolgung nach Ne- Bhutans bestellt. Das I-and weist eine eine neue Dynastie an die Macht ge- pal geflohener indischer Unabhängig- Reihe vcin Parallelen zum benachbarten komnen. Nach pausenlosen Machtkämp- keitskämpfer. Sikkim auf. Wie dort setzt sich die Be- fen innerhalb einer kleinen Drukpa- Ahnlich wie im Falle Sikkims ent- völkerung aus drei größeren Gruppen Oberschicht, die das innenpolitische Ge- fachte die indische Unabhängigkeit die zusammen: Ngalung (im Westen und schehen Bhutans im 18. und Idee politischer Freiheit unter der nepa- Norden), Sharchop (im Osten) und Ne- 19. Jahrhundert bestimmten, war die lischen Bevölkerung. Mehrere nepali- pali (im Süden); ferner gibt es einige Dyarchie beendet und Ugyen Wangchuk, sche Parteien wurden Ende der vierziger kleine ethnische Gruppen. Die Ngalung zuvor Gouverneur ('') von Jahre auf indischem Boden gegrändet. und die Sharchop wanderten im Veilauf Tongsa, am 17. Dezember 1907 zum Sie hatten'1950/51 entscheidendenAn- des letzten Jahrtausends nach Bhutan erblichen König von Bhutan ('druk teil am Sturz der Rana-Familie, die Ne- ein. Es waren jedoch die zugewanderten gyslpo') gekrönt worden. Diese Ent- pal gut 100 Jahre lang beherrscht und Ngalung, die im l-aufe der Jahrhunderte wicklung ging Hand in Hand mit der ausgebeutet hatte. Erstaunlicherweise 6[s I qnd politisch, gasellschaftlich und Lösung der engen Beziehungen Bhutans war es damals Nehru, der eine sofortige kulturell prägten. Sie betonen ihre Her- zu Tibet und der Annäherung an Bri- Demokratisierung Nepals verhinderte. kunft aus dem südlichen Zentraltibet, wo tisch-Indien. Endgültig vollzogen wurde Statt dessen ermöglichte er mit seiner sie Anhänger der tibetisch-buddhisti- die Hinwendung zu den Briten zu Be- Politik eine Restauration des Shah-Kö- schen Schulrichtung der Drukpa waren, ginn des 20. Jahrhunderts durch Ugyen nigtums. Waren die frühen fünfziger einem Seitenzweig der alten Nyingmapa- Wangchuk. Seine Machtergreifung Jahre noch durch eine direkte linmi- Schule. Zwischen dem 13. und 16. Jahr- wurde daher von den Briten begräßt. schung lndiens in die nepalische Politik hundert kamen sie nach Bhutan, um in Nach dem Duars-Krieg, d. h. mit Be- "special gekennzeichnet, die als relati- Tibet der Verfolgung durch die Refor- ginn der direkten britischen Einfluß- ons' bezpichnet wurde, so distanzierte matoren der Gelukpa an entgehen. nahme in Bhutan, verstlirkte sich auch sich König Mahendra gegen Ende der Einer dieser Ngalung, Shabdrung der Zustrom nepalischer Bevölkerung. frnfziger Jahre zunehmend von Indien, Ngawang frfsmgyal, schuf zu Beginn des Zu Beginn der heutigen bhutanischen ja, er machte die anti-indische Grund- 17. Jahrhunderts auf *"tlhutqnischem Dynastie müssen bereits nepalische haltung an einem wesentlichen Be,stand- Gebiet erstrnals ein politisches Gebilde, Siedler in großer T,ahl n Südbhutan an- teil des vqa ihm aufgebauten neuen ne- das mnn als Staat bezeichnen konnte. Er sässig gewesen sein. Es liegt nahe, daß palischen Nationalismus. führte ein auf dem tibetischen Buddhis- die Briten, ähnlich wie in Darjeeling und Ende 1960 gab er allen demokrati- mus aufbauendes Staatssystem ein, in Sikkim, eine stärkere Ansiedlung von schen Experimenten der frnfziger Jahre dem die Macht in den Händen aveier Nepali befürworteten, um den tibeti- endgültig den Todesstoß und beute sein Personen lag, nämlich in denen eines re- schen Einfluß in Bhutan zu reduzieren 'panchayat'-System auf, das auf demo- ligiösen ('shaMrung') und eines weltli- und die Annäherung an Britisch-lndien kratischen Scheininstitutionen beruhte, chen Oberhauptes (''). Der zu forcieren. Für eine kontrollierte An- in Wirklichkeit aber lediglich einen Buddhismus entsprechend der Schul- siedlung von Nepali spricht auch die Deckmantel für die absolute Machürus- richtung der Drukpa wurde zur Staatsre- Tatsache, daß sich in Bhutan im Gegen-

xtl SüdasienlAl98 Sonderteil"50 Jahre Unabhängigkeit" sp;tz an den nordostindischen Staaten Flüchtlinge werden in der heutigen mo- Problem zunehmend an einem der ent- keine bengdischen Siedler finden. Ge- dernen Zeit auch in Bhutan publik, scheidenden Kriterien für den arkünfti- fiördert wurde dies jedoch auch vom selbst wenn der Staat das Ilnd noch so gen Weiterbestand der Staaten wird. bhutanischen Herrscherhaus. sehr von ausländischen Medien ab- Sikkim hat die Probleme gesellschaftli- Die vorsichtige Liberalisierung des schirmt. Zum anderen hat sich der cher Gegensätze und Vorurteile bisher politischen Systems Bhutans in den fünf- 66ut"nische König auf ein sehr gefthdi- nicht bewältigt und daräber seine Souve- ziger und sechziger Jahren muß im Zu- ches Terrain begeben, da er die Vertrei- ränität verloren, Nepals herrschende sammenhang mit der veränderten Situa- bung so vieler Menschen nur mit Dul- Elite wehrt sich unverändert gegen tion in Südasien nach dem Rückzug der dung und mehr oder weniger direküer Schritte hin zu einer Inüegration und Briten gesehen werden. Bhutan war Unterstätzung Indiens durchführen Partizipation aller Bevölkemngsgruppen sowohl von der imperialistischen Politik konnte. Er bezahlt dieses indische Ent- und stärzt den Staat stattdessen zielstre- der Briten als auch von den nationalisti- gegenkommen mit zunehmend ungehin- big ins politische und wirtschaftliche schen politischen Bewegungen des nach derter wirtschaftlicher Einfl ußnahme In- Chaos und Bhutans Ngalung-Elite wei- Unabhängigkeit strebenden Indien weit- diens in Bhutan. Wohin eine derart enge gert sich vehement, aus den Fehlern der gehend unberährt geblieben. Es be,saß Zusammenarbeit mit Indien frhren kann, beiden Nachbarstaaten an lernen. erheblich weniger Kontakt selbst zu sei- hat das Schicksal Sikkims belegt. Bhutan Iadien seinerseits versäumt es bisher, nen nächsten Nachbarstaaten als Nepal spielt nicht nur eine ähnliche Rolle in seinem Anspruch, die Führungsnation und Sikkim. lndiens Sicherheitspolitik, sondern es Südasienszu sein, gerecht zu werden. So gingen nicht von ungefihr Liberali- bietet daräber hinaus angesichts seines Statt im Falle von Konflikten innerhalb sierungsideen von der nepalischen Be- enormen Wasserkraftpotpntials Ressour- oder avischen den kleinen Nachbarstaa- völkerung Südbhutans aus, die zum Teil cen, die es frr Indien äußerst begebrlich ten im Norden zu vermitteln, gibt die Kontakle an den in Indien lebenden machen. indische Regierung vor, sich neutral zu Auslandsnepali unterhielt. Die Grän- verhalten, nutzt aber in Wirklichkeit die dungen nepalischer Parteien auf indi- Perspektivm Konfliktd zum eigenen Vorteil aus. Frie- schem Boden konnten nicht obne Aus- dens- und Freundschaftsverträge sowoH wirkung auf die bhutanischen Nepali Die vom unabhängigenIndien auf die mit Nepal als auch mit Bhutan dienen bleiben. Aus Bhutan ins benachbarte As- Himalayastaaten ausgehenden Einflüsse dabei als zitierte rechtliche Grundlage. sam geflohene Nepali grändeten im No- haben Unterschiedliche.s bewirkt. Als Interpretiert wird diese Grundlage stets vember 1952 die erste politische Partei besonders positiv ist hervoranheben, daß so, wie es Indien gerade 'Bhutan paßt. Ein Bei- Bhutans, den State Congress'. der Drang nach größeren politischen und spiel ist das bhutanische Flüchtlingspro- Schon bald wurden Forderungen nach zivilen Freiheitsrechten,der die indische blem. Als zu Beginn der neunziger Jahre umfassenden politischen Reformen und Unabhängigkeit in ganz entscheidendem die Menschen aus Bhutan vertrieben eine engere AnbindUng des Landes an Maße herbeiführte, anschließend auch wurden, durften sie ungehindert indi- Indien laut. auf die nördlichen Randstaaten de,sSub- sches Territorium überqueren, ja sie Über lange Jahre bemühle sich das kontinents übergriff. Diese neuen Ideen wurden von Indien nach Nepal weiter- bhutenische Regime um eine begrenzte stießen dort auf konservativ-feudale geleitet. Als dieselben Menschen später Integration der nepalischen Bevölkerung Monarchiesysteme,die mit allen Mitteln versuchten, über indisches Territorium des Südens. Mitte der achtziger Jahre versuchten, ihren Fortbestand zu si- in ihr Heimatland Bhutan zuräckzukeh- machte die königliche Regierung jedoch chern. Wfürend lndien im I-aufe der ren, wurden sie vom indischen Staat eine Kehrtwendung. Man wurde sich Teit n Sikkim direkt eingriff, bremste es daran gehindert und verhaftet. Nach den bewußt, daß die nepalische Bevölkerung die Demokratisierung in Nepal zunächst Verträgen Indiens mit Nepal und Bhutan Südbhutans längst zur größlen Bevölke- und verlor dort schließlich die direkte aber haben die Bewohner beider Nach- rungsgruppe des l-andes angewachsen Kontrolle. Bhutan konnüe sich über lange barstaatendas Recht, über indischesTer- war. In der Folge wurden mehrere Ge- Zrit weitgehend von der Außenwelt ab- ritorium zu reisen. setze erlassen, die auf eine Reduzierung kapseln und verharrte in einem Zust"nd, So wird es wohl noch dauern, bis in dieser Bevölkerungsgruppe abzielüen. der mit dem Nepals während der letzten Südasien wirkliche Kooperation möglich Nach der erfolgreichen Demokratiebe- 100 Jahre der britischen Herrschaft zu wird. Dabei könnten sowohl Indien als wegung Nepals von 1990 erwachte auch vergleichen ist. In den letzten Jahren auch die Himalayastaaten voneinander unter den bhutanischen Nepali die Be- halten jedoch auch in Bhutan moderne profitieren. Insbesondere mit ihrem strebung nach politischer Beteiligung Ideen Einzug; die Frage ist nur, ob sich Wasserkraftpotential besitzen letztere und demokratischen Grundrechten. der Staat in Unabhängigkeit reformiert Ressourcen, die Indien so dringend für Die Situation war in Bhutan jedoch oder ob er über kurz oder lang den Weg die Entwicklung seiner Wirtschaft und etwas anders. Hatte in Nepal quasi das Sikkims gehen wird. die Bedürftrideckung seiner Menschen- ganze Volk revoltiert, so handelte es Eng mit diesem positiven Demokrati- m4ssen benötigt. Indien seinerseits hat sich in Bhutan lediglich um eine be- sierungsaspektverbunden ist die Frage das Kapital, das benötigt wird, um jene stimmte Gruppe im Süden, die msn asc6 nach dem Zustand der Demokratie. Die Ressourcen zu erschließen. Eine vertrau- dazu in den Jahren zuvor durch diverse besüehenden demokratischen Svsteme ensvolle Kooperation in diesem Bereich Gesetzesändenrngenzu Ausländern ma- Sikkims und Nepals haben ihre Wurzeln könnte den Himalayastaaten helfen, die chen wollte. Die Vertreibung von rund in der indischen Demokratie, die auch wirtschaft lichen Grundlagen zu schaffen, 100.000 Menschen nepalischer Abstam- schon bessere Zeiten gesehen hat. Sie die neben Demokratie, Grundrechlen .las mung, durch die bhutanische Kö- sind daher den gleichen Anfilligkeiten und Partizipation für eine Beseitigung nigshaus zu Beginn der neunziger Jahre ausgqsetztwie das indische System, wo- der weitverbreiteten Armut in diesen den Weiterbe.stand seiner absoluien bei die besonderen topographischen, ge- Ländem und eine Entwicklung ihrer zi- Macht vorerst sicherte, könnte jedoch ar sellschaftlichen und wirtschaftlichen Ge- vilen Gesellschaftbenötigt werden. einem Bumerang werden. Zum einen gebenheiten der Himalayastaaten die Si- blieben dieser Vorgang und seine Hin- tuation noch verschärfen. Die Nicht-Be- lergrtinde auch in anderen Gegenden des wältigung kommunalistischer Tendenzen hndes nicht verborgen; die andauern- in Indien wiederholt sich in den Gesell- den Aktivitäten der bhutenischen schaften der HimalayastaatLen,wo das

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