www.studentenwerke.de Heft 3 | September 2008

Das Magazin des Deutschen Studentenwerks dswjournal

Der Bildungs- Außenminister

Wie Frank-Walter Steinmeier für den Bildungsstandort Deutschland wirbt ➔ Seite 10

Zukunft Studenten- Mister Pisa Andreas Perspektive Die Mission ➔ ➔ ➔ werke bilden aus 18 Schleicher im Porträt 30 des Dieter Lenzen 34 Ausländische18. Sozialerhebung Studierende Foto: Dietrich / n EDITORIAL BBDO Berli

du kannst. DSWJOURNAL 03/2008 Catrina Schläger, Studentin, engagiert sich für ai. Sie können es auch. www.amnesty.de Spendenkonto 80 90 100, Bank für Sozialwirtschaft Köln, Bankleitzahl 370 205 00

AZ_dukannst_5_6_10_215x280.indd 1 03.09.2008 10:55:35 Uhr EDITORIAL

Was passiert mit dem Geld der Studierenden? In sechs Bundesländern gibt es Kultur‑ und Bildungspolitik. Wie diese aussehen soll, erfahren Studiengebühren. Im Auftrag des Sie im Interview_S. 10 »Innovationsministeriums« Nord- Ob Koch in Bochum oder Erzieherin in Bielfeld, ob IT-Kauf- rhein-Westfalen hat das Deutsche mann in Konstanz oder Bürokauffrau in Freiberg – die Studen- Studentenwerk als Studiengebüh- tenwerke sind vielseitige Ausbilder. Ein Report über den Weg ren-Kritiker gemeinsam mit dem in den Beruf im Studentenwerk_S. 18 Stifterverband für die Deutsche Die gute Nachricht: Sie dürfen alles essen! Die schlechte: aber Wissenschaft als Studiengebühren- nur in Maßen. Kluge Köpfe und solche, die es einmal werden Befürworter die Verwendung von wollen, sollten sich gesund und abwechslungsreich ernähren. Die Studiengebühren in Nordrhein- Studentenwerke wissen, wie das geht. Ein kleiner Ratgeber, wie Westfalen geprüft. Der Wissen- man erfolgreich isst_S. 24 schaftler Klaus Birkelbach mit den Heute Mensa, Cafeteria, Wohnheim – und früher? Manches wichtigsten Ergebnissen_S. 16 Geheimnis von Studentenwerksgebäuden wird in unserer neuen 12,5 Prozent aller Studierenden Rubrik »Ein Haus erzählt seine Geschichte« gelüftet. Dieses mal: in Deutschland kommen aus dem das Otto-Eger-Heim in Gießen_S. 28 Ausland, allein knapp 26 000 aus Als »Mister Pisa« ist er wegen der schlechten PISA-Noten für China. 16 Prozent der deutschen das deutsche Schulsystem bekannt. Was noch hinter dem Bil- Hochschüler gehen ins Ausland. dungsforscher Andreas Schleicher steckt, hat Deutsche Hochschulen und Stu- Katja Irle von der Frankfurter Rundschau für dierende werden immer internatio­ uns herausgefunden_S. 30 »Internatio­ naler. Was sich hinter den Zahlen New York, Moskau, Peking, Neu-Delhi: nalisierung verbirgt: Chancen, menschliche Was eine Elite-Uni unter Internationalisie- ist bei den Schicksale, Erfolge und Misserfolge, rung versteht, zeigt die Freie Universität Studenten­ interkulturelle Freundschaften und Berlin. Ihr Präsident Dieter Lenzen will sie werken Kulturschocks. Die Studenten- zum akademischen Fenster Deutschlands in ­Alltag« werke engagieren sich erfolgreich die Welt machen_S. 34. für die Integration ausländischer Studierender und beim internatio- Viel Spaß bei der Lektüre wünscht nalen Studierendenaustausch. Auf Ihr dem internationalen Parkett wirbt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier für Deutschland – auch für die deutschen Hochschulen. Seit seinem Amtsantritt im Jahr 2005 arbeitet er mit seinem Team an einer Achim Meyer auf der Heyde Neuaufstellung der auswärtigen Fotos: Dominik Butzmann/laif (Titel); Kay Herschelmann Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks [email protected]

DSWJOURNAL 03/2008 3 INHALT

Interview_Interkulturelle Kommunikation Report_Ausbildung

10 18

n campus n politik 6 Kurznachrichten 10 »Wir brauchen uns nicht zu verstecken« schnell, knapp & informativ Interview mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier 6 Zahlenwerk Deutsche Studierende im Ausland 14 Globalisierung nutzen Die Vorteile internationaler 7 Eine Frage … Fachkräfte in Deutschland an die bildungspolitischen Experten aus den Bundestagsfraktionen 16 Wo bleibt das Geld? Den Studienbeiträgen auf der Spur 8 Glosse Brief an die Jugend

»Das Brotstudium ist allgegenwärtig, und der Unterricht in den Schu­ len und Universitäten verkommt heute zur Aufwärmübung für die Karriere. Die Verzweckung der Bildung ist mir zuwider«

Wilhelm von Humboldt in einem Brief an die Kultusminister von heute, entdeckt von Tanjev Schultz in der Süddeutschen Zeitung vom 24./25. Mai 2008 Fotos: Dirk Bleicker/carofoto; Gerald Dunkel

4 DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 INHALT

Praxis_Erfolgreich essen Perspektive_Historische Mission

Heft 3 September 2008 24 34 n praxis n community 18 Chancen für die Zukunft 36 Aus den Studentenwerken Die Studentenwerke als Ausbilder 36 Personalia 22 Mehr Platz für Kinder Führungswechsel im Serie: Die Zukunft beginnt! Studentenwerk Ulm Studentenwerk Dresden

37 DSW-Kurzporträt LT 24 Currywurst und Bio Sanja Taghizadeh Ein kluger Kopf braucht abwechs- lungsreiches und gesundes Essen 37 Nachgelesen

28 Damenbesuch verboten Ein Haus erzählt seine Geschichte n Das Otto-Eger-Heim in Gießen standards

3 Editorial n profile 4 Inhalt 30 Mister Pisa 37 Impressum Andreas Schleicher im Porträt 38 Standpunkt n perspektive 34 Eine historische Mission Dieter Lenzen hat sich ein hohes Ziel gesetzt Fotos: emotive images/strandperle; Freie Universität Berlin/David Ausserhofer

DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 I N HA campus_schnell, knapp & informativ

Voller Durchblick

»Na … guck!«, das Motiv von Yifei Zjang erhielt den dritten Preis des Foto- wettbewerbs der Studen- tenwerke Berlin, Dresden, Halle, Leipzig, Magde- Fotos: Eric Lichtenscheidt; Pia Grünberg burg und Thüringen. 195 Studierende von über 30 Hochschulen hatten sich Fliegende Hüte mit mehr als 700 Fotoar- beiten an dem Wettbewerb Hochbetrieb beim Studentenwerk Bonn: Die Rheinische Friedrich- beteiligt. Voraussetzung Wilhelms-Universität Bonn lud auch in diesem Sommer zur offiziellen war, an einer Hochschule Absolventenfeier mit Talar und traditionellem „Hütewerfen“ ein. Das

Foto: Yifei Zjang immatrikuliert zu sein, die barocke Residenzschloss und der historische Hofgarten boten die von den veranstaltenden Studentenwerken betreut wird. wunderbare Kulisse. Das Studentenwerk Bonn kümmerte sich um Eine Auswahl der Fotos kann noch bis zum 12. November das leibliche Wohl der Gäste; es stillte den Hunger nach Bratwürsten 2008 in der Mensa Harz des Studentenwerks Halle besich- und den Durst nach Sekt. Bereits am Abend zuvor war man bei der tigt werden. Danach gehen die Fotos als Wanderausstellung Bonner Wissenschaftsnacht im Einsatz gewesen. auf Tour. ➔ www.studentenwerk-bonn.de ➔ www.fotowettbewerb-studentenwerke.de

Hannovers Sparschwein

Kennen Sie schon das Tier des Jahres 2008, das Mehrschwein- chen? Nein? Sollten Sie aber! Es kommt aus Hannover, genauer gesagt aus dem Studentenwerk Hannover, und es kümmert sich um mehr Geld, mehr Geförderte, mehr Gerechtigkeit – und um das BAföG 2008. ➔ www.studentenwerk-hannover.de

Zahlenwerk Deutsche Studierende im Ausland 16 Prozent aller deutschen Studierenden und der Studieren- (38 P roz ent ) sind deutlich mobiler als ihre männlichen Kommi- den mit Migrationshintergrund, die ihre Hochschulzugangs- litonen (26 P roz ent ). Wichtigste Zielländer sind Frankreich und berechtigung in Deutschland erworben haben, waren bereits Spanien. Großbritannien liegt nach Platz eins im Jahr 2003 nur für einen Studienabschnitt (7 Prozent), ein Praktikum oder noch auf Platz drei im Jahr 2006. 49 Prozent der Studierenden einen Sprachkurs im Ausland. In den höheren Semestern sind es organisieren ihren Auslandsaufenthalt selbst, 30 Prozent gehen insgesamt sogar 31 Prozent und 16 Prozent für ein Studien­ im Rahmen des ERASMUS-Programms der EU ins Ausland. semester. Studierende mit hoher sozialer Herkunft gehen doppelt Die durchschnittliche Dauer eines Auslandsstudiums beträgt acht so häufig (39 Prozent) ins Ausland wie ihre Kommilitonen mit Monate. Die häufigste Finanzierungsquelle sind mit78 P roz ent niedriger sozialer Herkunft (19 Prozent). Prägend ist auch das die Eltern und Partner. 62 P roz ent der im Ausland studierenden Studienfach: Studierende der Medizin (47 Prozent) und der Deutschen finanzieren sich über ein Stipendium, 55 Prozent Sprach- und Kulturwissenschaften (44 Prozent) sind wesent- über den eigenen Verdienst und 27 Prozent über BAföG. lich mobiler als angehende Ingenieure (17 Prozent). Ebenso ➔ www.sozialerhebung.de

finden sich Unterschiede unter den Geschlechtern: Studentinnen Quelle: 18. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks 2007

6 DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 campus_schnell, knapp & informativ

Wahl ohne Qual In welchem Land soll ich studieren? Diese Frage Eine Frage … stellen sich viele Studierende, die ein Auslandsstu- dium planen. Die Qual der Wahl soll nun etwas Heft für Heft stellen wir den bildungspolitischen Experten aus den Bundestagsfraktionen eine Frage und bitten um Antwort. erleichtert werden mit der neuen, von der Euro- päischen Kommission initiierten Internetseite Deutschland braucht ausländische »Study in Europe«. Studierende, weil … Sie stellt aktuelle I n f o r m a t io n e n Uwe Barth MdB, FDP z u m S t ud iu m … sie eine stärkere internationale Ausrichtung der deutschen und Leben in ins- Hochschulen bewirken, was einen Beitrag zur Sicherung und gesamt 32 euro- Stärkung der Position Deutschlands als Wissenschafts- und päischen Ländern Forschungsstandort, zur auswärtigen Kulturpolitik und bereit und soll zur Erschließung von Exportmärkten für die Wirtschaft leistet. Studierenden bei ➔ www.uwe-barth-thueringen.de der Auswahl einer geeigneten Hochschuleinrich- tung für ihr Auslandsstudium behilflich sein. Kai Gehring MdB, Bündnis 90/Die Grünen ➔ www.study-in-europe.org … sie unsere Hochschulen und Wissenschaftslandschaft bereichern. Internationalisierung wird durch ausländische Studierende für alle erleb- und erfahrbar. Sie müssen daher hierzulande stärker willkommen sein und integriert werden. Zugleich erweitern Auslandsaufenthalte den Horizont Familie – ja bitte deutscher Studierender. Wichtig ist mir, durch brain circulation interkulturelle Kompetenzen und Know-how weltweit zu fördern. ➔ www.kai-gehring.de

Cornelia Hirsch MdB, Die Linke … Hochschulen, an denen über nationale Grenzen hinweg Do it yourself ist die Kernaussage des neuen Wissenschaft betrieben wird, eine große Chance hin zu berufundfamilie-Index’, mit dem Unternehmen einer friedlicheren Welt sind. Wer ausländische Studierende selbstständig Stärken und Entwicklungspoten- aber als Standortfaktor betrachtet, um eine machtorien- ziale der eigenen Personalpolitik in Bezug auf tierte Außenpolitik zu unterstützen, verspielt diese Chance. das Familienbewusstsein überprüfen können. Die ➔ www.nele-hirsch.de Ergebnisse der bei rund 1000 Firmen durchge- führten Befragung lassen innerhalb der deutschen Marion Seib MdB, CDU/CSU Wirtschaft ein Benchmarking in puncto Fami- … die Studenten von heute die Entscheidungs- und Leis- lienbewusstsein zu. Der berufundfamilie-Index tungsträger von morgen in einer globalisierten Welt sind. Ein geht weit über eine ausschließliche Erfassung Auslandsstudium dient nicht nur dem Wissenstransfer, sondern betrieblicher Maßnahmen zur Vereinbarkeit von auch dem kulturellen Austausch und der Möglichkeit, Netzwerke Beruf und Familie hinaus. Mit diesem Index zu knüpfen. Sowohl politisch als auch wirtschaftlich sind diese Kontakte wird das Familienbewusstsein erstmals für jedes auf Dauer wirkungsvoller als offiziell formulierte Absichtserklärungen. Unternehmen messbar. Wozu das Ganze? Die ➔ www.marion-seib.de Stärken und Schwächen der Personalpolitik in Unternehmen in Bezug auf familienfreundliche Jörg Tauss MdB, SPD Maßnahmen können jetzt besser überprüft und … die Exportnation Deutschland sich keinen Fachkräftemangel dann gezielt verbessert werden – sofern dies nicht leisten kann. Deshalb sind alle bildungspolitischen Chancen von schon geschehen ist. der frühkindlichen bis zur Erwachsenenbildung zu nutzen. Auch

Fotos: privat (Autoren) ➔ www.berufundfamilie-index.de der Zuzug hochqualifizierter Kräfte ist besser zu ermöglichen. ➔ www.tauss.de DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 7 102-11-05_KfW_Studienkr_DSW_225x280 28.08.2007 14:25 Uhr Seite 1

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Ausgezeichnet Eindrucksvolle Momentaufnahmen

In der aktuellen Ausgabe der Zeit- Die polnische Stipendiatin der Robert Bosch Stiftung und Kunstpädagogin schrift Finanztest hat die Stiftung Magda Be¸tkowska organisierte während ihres Fortbildungsprogramms Warentest die Studienkreditange- »Studentenservice International«, das vom Deutschen Studentenwerk durch- bote von 64 Banken und Sparkas- geführt wird, das Fotoprojekt »Interkulturelles Leben und Lernen in den sen sowie von vier Landesförder- Wohnhäusern des Studentenwerks Hannover und in der Landeshauptstadt banken und drei Darlehenskassen Hannover«. Dabei heraus kamen eindrucksvolle Momentaufnahmen über der Studentenwerke unter die das Leben an den Hochschulen und in der Stadt Hannover. Die Fotografen Lupe genommen. Finanztest hat kommen aus dem Iran, Litauen, Polen, Kasachstan, Türkei und Viertnam. dabei die Studienkredite für die In der Cafeteria Herrenhausen des Studentenwerks Hannover kann diese drei Modellfälle Lebensunterhalt lohnenswerte multikulturelle Fotoausstellung besichtigt werden. im Studium, Examen und Studien- ➔ www.studentenwerk-hannover.de gebühren aufgeführt. Die Tester raten, vor der Inanspruch- nahme von Studienkrediten andere Finanzierungsquellen wie BAföG, Unterhalt durch die Eltern und Stipendien voll auszuschöpfen. In diesem Jahr ist Stiftung Warentest zum ersten Mal auf die Darlehenskassen der Studentenwerke für die Examensfinanzierung aufmerksam geworden. Die Darlehenskassen böten für die spezifische Finanzierung im Examensjahr günstige Alternativen zum Studienkredit. Die Studienabschlussdarlehen seien oft zinslos und trotz Verwal- tungsgebühren »unschlagbar günstig«. ➔ www.finanztest.de

Glosse Brief an die Jugend Kommet nur alle, kommet! Die Bundesregierung ruft Euch zu: Stu- Eure Bildungsrendite glasklar vor Augen, stürzt Ihr diert! Wir brauchen Euch, Euch alle, damit Ihr den Wohlstand unseres Euch mit Wonne ins Bachelor-Studium. Die noch nicht Landes mehret. Die Wirtschaft lockt Euch: Studiert etwas Gescheites, ganz ausgereifte Campussoftware mag Euch in zwei Hör- am besten Naturwissenschaftliches, und Ihr seid schon vor dem säle gleichzeitig schicken, die Prüfungen am Wochenende Bachelor gemachte Leute. Alle versichern Euch: Wir brauchen manchmal etwas nerven – gibt es eine bessere Vorbereitung jeden Einzelnen von Euch; egal, ob arm oder reich, ob hoch oder für den späteren Spitzenjob als einen 14 -Stunden-Tag? Die weniger begabt, mit oder ohne Abi, Fachhochschulabschluss oder Auslandserfahrung holt Ihr Euch über’s Internet – wer verreist mittlerer Reife – egal, studiert nur bitte schön. denn heute noch physisch? In der Mensa morgens um sechs Ich weiß, Ihr werdet alles tun, um an die Hochschulen zu Uhr trifft man auch den einen oder anderen Kommilitonen aus kommen – ja, sie zu stürmen. Ihr zukünftigen Innovatoren, China. Schlafen könnt Ihr, wenn Ihr tot seid, und für die Zeit Hochqualifizierte, Technologieführer, Spitzenbeamte, Ihr bis dahin gibt es liebe kleine bunte Helfer in Pillenform. Master aller Sciences. Ihr lasst Euch nicht abschrecken von Das BAföG reicht vorne und hinten nicht, Stipendien gibt es flächendeckenden Numeri clausi, weil die Studien- nur für eine winzige Minderheit? Was macht das schon. Ihr nehmt STUDENTENFUTTER FÜR ALLE: plätze nicht reichen. Dann studiert Ihr eben das zu dem einen Nebenjob für die Studiengebühren eben noch einen Fach Eurer zweiten oder dritten Wahl, denn weiteren hinzu. Am Geld soll’s nicht scheitern. DER KFW-STUDIENKREDIT. Ihr seid flexibel. Wartesemester bei der ZVS So kommt Ihr also alle, Ihr Lieben, und studiert in Rekordzeit, füllt Ihr mit Praktika. Die kann man immer Eures Erfolgs gewiss. Es verneigt sich vor Euch: gebrauchen. Euer Constantin Quer Fotos: Janis Proksa; Illustration: DSW Wer zwischen 18 und 30 Jahre alt ist und ein Erststudium absolviert, bekommt ihn serviert: den KfW-Studienkredit, der ohne Sicherheiten auskommt. Was für Sie herausspringt und Anträge zum Herunterladen: www.kfw-foerderbank.de 8 DSWJOURNAL 03/2008 102-11-05_KfW_Studienkr_DSW_225x280 28.08.2007 14:25 Uhr Seite 1

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STUDENTENFUTTER FÜR ALLE: DER KFW-STUDIENKREDIT.

Wer zwischen 18 und 30 Jahre alt ist und ein Erststudium absolviert, bekommt ihn serviert: den KfW-Studienkredit, der ohne Sicherheiten auskommt. Was für Sie herausspringt und Anträge zum Herunterladen: www.kfw-foerderbank.de DSWJOURNAL 03/2008 politik_Internationales

»Wir brauchen uns nicht zu verstecken«

10 DSWJOURNAL 03/2008 Frank-Walter Steinmeier Der Bundesaußenminister wirbt im Ausland für Deutschland, für interkulturellen Austausch, Verständnis füreinander und auch für deutsche Hochschulen.

DSW-Journal: Herr Steinmeier, als Bundesaußenminister können Sie oft von außen auf unser Hochschulsystem sehen. Wo sind unsere Stärken, was können wir von anderen lernen? Steinmeier: Das deutsche Hochschul- system genießt weltweit einen guten Ruf. Das merke ich insbesondere an dem Interesse, das viele Staaten deut- schen Hochschulausgründungen entge- genbringen. Das beste aktuelle Beispiel dafür ist die geplante Deutsch-Türkische Universität, die mein türkischer Amts- kollege Babacan und ich gemeinsam mit Forschungsministerin Schavan vor kur-

Foto: Dirk Bleicker/carofoto zem auf dem Weg gebracht haben. ➔

DSWJOURNAL 03/2008 11 politik_Internationales

➔ DSW-Journal: Deutschland befindet sich als Studien- und Forschungs­ standort in einem harten, globalen Wettbewerb um die besten Köpfe. Was kann die deutsche Außenpolitik hier leisten? »Ein Studium an Steinmeier: Seit meinem Amtsantritt setze ich mich für eine Neuaufstellung einer deutschen der Auswärtigen Kultur- und Bil- Hochschule dungspolitik ein: Nach der Reform der Goethe-Institute haben wir 2008 eine kann auch eine Initiative für die deutschen Auslands- intelligente Form der schulen und Schulen mit verstärktem Entwicklungshilfe Deutschunterricht im Ausland gestartet. Wir wollen ein Netz von 1000 Partner- sein« schulen weltweit errichten. Sie werden Abiturienten haben, die sehr gut deutsch sprechen und bereits einen Bezug zu Deutschland haben. Zurzeit arbeiten wir an einer »Außenwissenschaftsini- tiative«: Dabei wollen wir etwa mit der Errichtung von DAAD-Fachzentren im Ausland verstärkt Aufmerksamkeit auf will ich aber einen guten Job, studiere europäischen Universitäten anschauen – im die deutsche Hochschullandschaft und ich in den USA … vergangenen Jahr gingen zwei Nobelpreise an ihre Leistungen in Lehre und Forschung Steinmeier: Ja, das ist vielleicht wirk- deutsche Professoren – brauchen wir uns nicht lenken. lich etwas zugespitzt – die europäischen zu verstecken. Hochschulen sind im internationalen DSW-Journal: Ausländische Studie- Vergleich gut aufgestellt. Gleichzeitig DSW-Journal: Mehr als die Hälfte der auslän- rende von außerhalb der EU schätzen haben wir mit dem Bologna-Prozess dischen Studierenden bricht bislang ihr Stu- an Europa dessen Kultur und Tra- auch im europäischen Rahmen die rich- dium in Deutschland ab. Wird im Ausland dition, loben aber die USA für ihre tigen Weichen gestellt, um die Mobilität ein zu schönes und realitätsfernes Bild vom besseren Studienbedingungen und der Studierenden in Europa zu fördern Studienland Deutschland gezeichnet? die besseren Jobchancen. Zugespitzt: und einen Wechsel über die Grenzen Steinmeier: Unsere Schulinitiative dient ja auch Will ich die schönen »soft factors«, zu vereinfachen. Und wenn Sie die her- dem Ziel, zukünftige Studentinnen und Stu- gehe ich zum Studium nach Europa, vorragenden Forschungsleistungen der denten aus dem Ausland besser auf ein Studium

Zur person Frank-Walter Steinmeier

Geboren 1956 in Detmold/Nordrhein-Westfalen. Nach dem Abschluss des Abiturs und des Wehrdienstes studierte Frank-Walter Steinmeier Jura und Politik an der Justus-Liebig-Universität Gießen. 1991 wird er zum Dr. jur. promoviert. Der SPD-Mann beginnt seine politische Laufbahn in den 1990er Jahren in der niedersächsischen Staatskanzlei. Im November 1998 wird Steinmeier Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Beauf- tragter für die Nachrichtendienste. 1999 übernimmt er den Posten des Chefs des Bundeskanzleramtes. Seit dem 22. November 2005 ist Frank- Walter Steinmeier Bundesaußenminister, seit November 2007 außerdem

Vizekanzler. Er ist verheiratet und hat eine Tochter. Fotos: Hans-Christian Plambeck/laif (li); Dirk Bleicker/carofoto (3x)

12 DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 bei uns vorzubereiten. Wenn jemand eine deut- nun hervorragend ausgebildete Gradu- das vielleicht früher der Fall war. Daher sche Auslandsschule oder eine Partnerschule ierte in ihre Heimatstaaten zurückkeh- ist es wichtig, Räume zu schaffen, wo sich besucht, legt er schon während der Schulbil- ren und dort ihr Know-how anwenden, unterschiedliche Kulturen begegnen und dung ein solides Fundament der deutschen dann eröffnet das Entwicklungschancen. austauschen können. Dies kann zum einen Sprache. Und im Rahmen unserer »Außen- Ich meine: eine gute Investition! in einer deutschen Auslandschule oder wissenschaftsinitiative« wollen wir so genannte Wissenschaftszentren errichten, in denen sich Studierende vor Aufnahme ihres Studiums »Wir können längst nicht mehr davon über Forschung und Lehre in Deutschland ausgehen, dass deutsche Werte und informieren können. Grundsätzlich muss sich natürlich jeder, der ein Studium in Deutsch- Einstellungen überall auf der Welt mit land aufnehmen will, vorab überlegen, ob er derselben Selbstverständlichkeit verstanden wirklich im Ausland studieren möchte – mit oder akzeptiert werden« allen Chancen, aber auch Herausforderungen, die dieser Schritt mit sich bringt. DSW-Journal: Die Bundesregierung aber in einem Goethe-Institut sein. Es DSW-Journal: Herr Steinmeier, was haben fördert zunehmend die Gründung kann aber auch an einem deutschsprachi- wir überhaupt davon, dass deutsche Hoch- deutscher Hochschulen im Ausland gen Studiengang oder gar einer deutsch- schulen so viele Ausländer ausbilden, wenn wie zum Beispiel in Syrien, Ägypten sprachigen Universität sein. Eine solche ihnen unser nationales Beschäftigungssys- und Vietnam. Was versprechen Sie Auslands-Uni kann natürlich auch einen tem nur teilweise offen steht? sich davon? Beitrag zur Entwicklung des dortigen Steinmeier: Wir dürfen hierbei nicht nur auf Steinmeier: Die Welt wandelt sich, neue Bildungssystems leisten. Und schließlich: Deutschland blicken. Ein Studium an einer Kraftzentren entstehen. Wir können längst Wer dort studiert, ist später quasi automa- deutschen Hochschule kann auch eine intelli- nicht mehr davon ausgehen, dass deutsche tisch ein guter Ansprechpartner für uns – gente Form der Entwicklungshilfe sein. Ent- Werte und Einstellungen überall auf der sei es in Politik und Wissenschaft, oder sei wicklungsländer beklagen häufig den »brain Welt mit derselben Selbstverständlichkeit es für deutsche Unternehmen, die sich in drain« – die besten Köpfe wandern aus. Wenn verstanden oder akzeptiert werden, wie dem Land engagieren möchten. n

DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 13 politik_Internationales Globalisierung nutzen

Arbeitsmarkt Die demografische Entwicklung steigert die Nachfrage nach gut ausgebildeten Nachwuchskräften mit internationalen Erfahrungen. Auch der Mittelstand kann davon profitieren.

—Kleine und mittelständische Unter- nehmen beschäftigen rund 50 Prozent aller Arbeitnehmer in den Ländern der Europäischen Union. Dies belegt eine von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Studie aus dem Jahr 2007, die sich mit interkulturellen Aspekten der Personalwirtschaft befasst. Demnach nutzen kleine und mittelstän- dische Unternehmen die Vorteile, die personelle Vielfalt bietet, bislang weni- ger häufig strategisch als dies in Groß- unternehmen der Fall ist. Der Begriff der personellen Vielfalt beschreibt dabei eine Art »interkultu- relles Diversity Management«, bei dem es vor allem darum geht, »die Verschie- »Arzneimittellehre« an der Universität Freiburg: Eine Studentin aus Afrika im vierten Semester beim denartigkeit des Gegenübers im eigenen Anrichten einer medizinischen Salbe Verhalten zu antizipieren, um effektiv und ef fizient handel n zu kön nen« ( Breit- Lernprozesses, den Gerhard Welbers, Betrieb geholt und ein kreativer Dialog zwischen den schuh/Wöller). Wer heute die Potenzi- Direktor der IFAPLAN Gesellschaft für Kulturen etabliert werden kann. ale von qualifizierten Migrantinnen und angewandte Sozialforschung und Pla- Die Kenntnis ausländischer Märkte und Kulturen Migranten erkennt und sinnvoll nutzt, nung in Köln und Brüssel, für äußerst sowie die entsprechenden Sprachkenntnisse tragen wird morgen davon profitieren – und wichtig hält. Welbers ist seit mehr als nicht unwesentlich zur Erschließung neuer Kunden- das nicht nur im ökonomischen Sinne. 30 Jahren als Berater für die Europäi- gruppen sowie zur Entwicklung spezifischer Produkte Vor dem Hintergrund, dass jeder Fünfte sche Kommission tätig, beispielsweise und Dienstleistungen bei. Innerhalb des Unterneh- in Deutschland einen Migrationshinter- zu Fragen der Integrationspolitik. Er mens wirken die Impulse durch interkulturelle Öff- grund hat und 12,5 Prozent der Studie- räumt ein, dass »die Diskussion um Viel- nung vor allem in der Teamentwicklung. Vielfältig renden an deutschen Hochschulen aus falt und Diversity für viele kleine und zusammengesetzte Teams ermöglichen es, in Zeiten dem Ausland kommen, wird der »Blick mittelständische Unternehmen oftmals des schnellen Wandels flexibel auf neue Anforderun- über den Tellerrand« auch für den Mit- einfach zu abstrakt ist«. Die Herausfor- gen und Herausforderungen zu reagieren. telstand nahezu unverzichtbar. derung liegt seiner Meinung nach darin, Ein Bericht der Europäischen Kommission aus dem die Chancen der Vielfalt an konkreten Jahr 2005 konstatiert: Mehr als achtzig Prozent der Den Geschäftsnutzen erkennen Beispielen zu verdeutlichen, die zeigen, europäischen Unternehmen, die »personelle Vielfalt« Die Entwicklung von Diversity-Stra- wie die Kompetenzen und das Know- am Arbeitsplatz anstreben, machen dies nicht aus tegien ist gerade für kleine und mittel­ how von Fach- und Nachwuchskräf- moralischer Verpflichtung, sondern weil es ihnen ganz

ständische Unternehmen Teil eines ten mit Migrationshintergrund in den konkrete wirtschaftliche Vorteile bringt. Diese reichen Foto: Ilja C. Hendel

14 DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 dabei nicht einen Weg bzw. eine Strate- Trotz derartiger Ansätze glauben Kompakt Literaturtipp gie gebe, um Vielfalt in kleinen und mit- Experten wie Welbers, dass es noch telständischen Unternehmen zu fördern. einige Zeit dauern wird, bis sich das • Jürgen Breitschuh, Thomas Wöller: So unterschiedlich die Unternehmen, so Thema in kleinen und mittelständischen „Internationales Marketing“, 2007, darin: vielfältig die Wege zur interkulturellen Unternehmen signifikant verbreitet hat. Erfolgsfaktor Diversity Management Öffnung in der Organisation. Er ist zugleich jedoch optimistisch, dass • CemeSME Studie 2007 des Policy Research Analog zur Situation in anderen Län- sich die Dynamik der vergangenen Jahre Institute on Aging and Ethnicity (PRIAE) – dern konzentrieren sich die Diversity- in der Zukunft fortsetzen wird. Untersuchung zur ethnischen Vielfalt in kleinen Aktivitäten in Deutschland bislang Dass der Idealzustand manchmal ganz und mittelständischen Unternehmen, schwerpunktmäßig auf große Unter- einfach aus der Praxis hervorgeht, zeigt www.priae.org nehmen wie Lufthansa, Ford oder Ikea. das Beispiel der Kölner Ratingagentur • National Centre for Languages (CILT): Effects Doch auch im deutschen Mittelstand Assekurata, die die Qualität der Leis- on the European Economy of Shortages regt sich etwas. So haben verschiedene tungen von Versicherungen bewertet, of Foreign Language Skills in Enterprises, Handwerks- und Industrie- und Han- um so mehr Transparenz in der Branche Brüssel 2007 (im Auftrag der Europäischen delskammern die »Charta der Vielfalt« zu schaffen. »Bei uns ist die fachliche Kommission) unterzeichnet, eine von der Industrie und persönliche Qualifikation für den • Europäische Kommission: Geschäftsnutzen von initiierte und von der Bundesregie- Job ausschlaggebend«, betont Chris- Vielfalt – Bewährte Verfahren am Arbeitsplatz, rung unterstützte Initiative zur För- toph Soennichsen, geschäftsführender Studie, Brüssel 2005 derung von Toleranz und Vielfalt in Gesellschafter der Assekurata, deren der Wirtschaft und in öffentlichen Team heute interkulturell zusammen- Einrichtungen. gesetzt ist. »Das funktioniert ganz prima, Kompakt Im Internet Auch unabhängig davon entdecken vor allem, was das Betriebsklima betrifft. immer mehr mittelständische Unter- Gut ein Fünftel der Mitarbeiter wei- ➔ www.vielfalt-als-chance.de nehmer den Nutzen und die Vorteile sen einen Migrationshintergrund auf, ➔ www.migration-boell.de der personellen Vielfalt. Ralf Häm- wobei«, so Soennichsen, »im Vorstel- ➔ http://ec.europa.eu merling, Geschäftsführer der Häm- lungsgespräch stets entscheidend war, (Politikbereich »Beschäftigung und Soziales«) merling-Group im ostwestfälischen wie der- oder diejenige in unser Team ➔ www.european-diversity.com Paderborn, ist sicher, dass die inter- und zu unseren Kunden passt. Die inter- nationale Ausrichtung seines Reifen- kulturelle Zusammensetzung hat sich großhandels nicht ohne internationale dabei von selbst ergeben.« n

Kompetenzen zu bewerkstelligen Bei dem Artikel handelt es sich um eine gekürzte und vom größeren Arbeitskräftereservoir über die stärkere gewesen wäre. Er hebt hervor: »Wir für das DSW-Journal gezielt ergänzte Fassung einer Erstveröffentlichung in der Personalwirtschaft Nr. 09/2007. Bindung qualifizierter Arbeitnehmer an das Unterneh- haben gelernt, dass wir auf Mitarbei- men bis hin zur Imageverbesserung und zur besseren ter setzen müssen, die nicht nur das Verankerung des Unternehmens in der Gesellschaft. Know-how über die Märkte, sondern auch eine vertiefte Kenntnis der kul- Beispiele aus dem Mittelstand turellen Besonderheiten in den Part- Tausenden europäischen Unternehmen entgehen nerländern mitbringen. Sie brauchen Die Autorin jährlich Geschäfte, da sie nicht über genügend Fremd- einfach eine Bezugsperson, um in Ilona Bernhart sprachen- und interkulturelle Kenntnisse verfügen. internationalen Märkten wirklich Fuß ist Personalentwickle- Studien zufolge planen zum Beispiel fast 50 Prozent der zu fassen«. Vor allem in China und in rin und Kommunikati- britischen Unternehmen, innerhalb der kommenden den osteuropäischen Ländern hat sich onsberaterin in Köln drei Jahre neue ausländische Märkte zu erschließen. dieses Konzept bewährt. Insgesamt Daraus resultiert ein wachsender Bedarf an Fremd- stammen heute rund ein Viertel der sprachen- und interkulturellen Kompetenzen in den 80 Mitarbeiter des Unternehmens aus Der Autor Betrieben. »Auffallend ist, dass die Diskussion um das anderen Kulturkreisen, strategische Manfred Kasper Thema Vielfalt europaweit in den vergangenen Jahren Bedeutung gewinnt diese Tatsache laut ist freier Journalist enorm an Bedeutung gewonnen hat«, unterstreicht Hämmerling vor allem in den Berei- und Kommunikations-

Fotos: privat Gerhard Welbers, der zugleich aber betont, dass es chen Verkauf und Vertrieb. berater in Köln

DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 15 politik_Studiengebühren

Wo bleibt das Geld?

Nachgeforscht Diesmal nicht Pro oder Contra, sondern wie: Stifterverband und Deutsches Studentenwerk wollten wissen, wie die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen ihre Studiengebühren verwenden

—In Nordrhein-Westfalen sind Studiengebühren eine soziale Tat- Insgesamt haben die befragten Hochschulen im Studienjahr 2007 sache. Diese Tatsache ist Grund genug, genauer hinzusehen, ob das rund 252 Millionen Euro an Studienbeiträgen erhoben. Diese Ein- Geld, das die über lange Jahre chronisch unterfinanzierten Hoch- nahmen standen den Hochschulen in unterschiedlichem Maße für die schulen des Landes dadurch einnehmen, den Vorgaben des Studien- (unmittelbare) Verbesserung der Lehre und der Studiensituation zur beitrags- und Hochschulabgabengesetzes (StBAG NRW) entspre- Verfügung. Die genannte Summe wurde vorab durch die gesetzlich vor- chend zur Verbesserung der Lehre und der Studienbedingungen gegebenen Zahlungen in den Ausfallfonds für Studienbeitragsdarlehen verwendet werden. (17,8 Prozent der Einnahmen), durch Verwaltungskosten (1,4 Prozent) Im Frühjahr 2008 haben das Deutsche Studentenwerk, als dezi- und durch Rücklagen (7,2 Prozent), die für unterschiedliche Zwecke dierter Studiengebühren-Gegner, und der Stifterverband für die von den Hochschulen gebildet wurden, geschmälert. Die Zahlungen in Deutsche Wissenschaft, als Studiengebühren-Befürworter, im Auf- den Ausgleichsfonds variierten erwartungsgemäß nur gering. Deutlich trag des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft, Forschung und größere Differenzen – sowohl zwischen den drei Hochschularten als Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen die Verwendung auch den einzelnen Hochschulen – bestanden hinsichtlich der beiden der Studienbeiträge im Studienjahr 2007 untersucht und einen umfassenden Bericht vorgelegt. Im Rahmen der Studie wurden die Hochschulleitungen sowie die Studierendenvertreter, die in den »Die Hochschulleitungen sollten die Kritik Gremien mit der Verwendung der Mittel befasst sind, mittels unter- der Studierenden an fehlender Transparenz schiedlicher Fragebögen zu den verfügbaren Mitteln, den Vertei- beziehungsweise an unzureichender Einbindung lungsregeln und Entscheidungsverfahren innerhalb der Hochschule, in ihre Entscheidungen als Herausforderung zur Verwendung der Mittel sowie zu Verbesserungsvorschlägen betrachten« befragt. Insgesamt 28 Hochschulen sowie 161 Studierendenvertreter haben sich an der Befragung beteiligt. Darüber hinaus wurden an Achim Meyer auf der Heyde, fünf Hochschulen im Rahmen von Begehungen Gespräche mit der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks Hochschulleitung, Dekan/innen, Studierenden und Mitgliedern der Prüfgremien geführt. 29 der 33 staatlichen Universitäten, Fachhochschulen sowie Kunst- anderen Ausgabengruppen, so dass der Anteil, der unmittelbar in eine und Musikhochschulen in Nordrhein-Westfalen erheben Studi- Verbesserung der Lehre und der Studienbedingungen fließen konnte, enbeiträge. Die meisten davon orientieren sich an der gesetzlich relativ stark variierte. Den Universitäten verblieben im Schnitt rund vorgegebenen Obergrenze von 500 Euro pro Semester, nur wenige drei Viertel ihrer Einnahmen aus Studienbeiträgen für eine Investition bleiben darunter. Knapp 20 Prozent der Studierenden waren im in die Verbesserung der Lehre und der Studienbedingungen, bei den Berichtszeitraum aus verschiedenen Gründen von der Beitragspflicht Fachhochschulen und den Kunst- beziehungsweise Musikhochschulen

ausgenommen oder befreit. waren es dagegen nur gut zwei Drittel der Einnahmen. Foto: Ilja C. Hendel

16 DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 politik_Studiengebühren

Die verfügbaren Mittel wurden zu einem großen Teil dezentral Kunst- und Musikhochschulen ein Viertel der verfügbaren Mittel für auf Ebene der Fachbereiche und Fakultäten verwaltet, überwiegend das Studienjahr 2007 zum Zeitpunkt der Erhebung bislang nicht zur nach einem auf der Studierendenzahl basierenden Schlüssel. Dabei Verbesserung der Lehre und der Studiensituation ausgegeben haben, bestanden allerdings wieder deutliche Unterschiede: Während an sind es bei den Fachhochschulen rund 40 Prozent. Berücksichtigt man den Fachhochschulen rund drei Viertel der Mittel dezentral ver- zusätzlich die Rücklagen, dann wird deutlich, dass wesentlich mehr ausgabt werden, sind es an den Universitäten noch zwei Drittel und Geld, als tatsächlich kurzfristig für die Verbesserung der Lehr- und an den Kunst- und Musikhochschulen nur knapp 17 Prozent der Studienbedingungen ausgegeben wurde, dafür verfügbar wäre. Eine verfügbaren Mittel. Reduzierung der Höhe der Beiträge wurde allerdings von keiner der Mehr Lehrpersonal und Tutorien, die Verbesserung der technischen befragten Universitäten in Erwägung gezogen. Ausstatt ung, verlänger te Öf f nung szeiten und bessere Ausstatt ung der Die Studienbeiträge tragen dort, wo sie entsprechend eingesetzt Bibliotheken, die Verbesserung des Raumangebots, zusätzliche Ser- werden, zur Verbesserung der Lehr- und Studiensituation bei. Das vice- und Lehrangebote und eine Vielzahl weiterer Maßnahmen zur bestätigen auch die ansonsten den Studienbeiträgen kritisch gegen- Verbesserung der Lehr- und Studiensituation sind Bereiche, in die überstehenden Studierendenvertreter. Die Maßnahmen stoßen bei die Mittel vor allem geflossen sind. Die Analysen haben allerdings den Studierenden auf umso größere Akzeptanz, je stärker sie in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden und je direkter die Wir- kung im eigenen Lern- und Studienumfeld spürbar ist. Dies ist vor »Ich hätte mir gewünscht, dass die Hochschulen allem bei einer Verwendung der Mittel auf den dezentralen Ebenen mehr Phantasie entwickeln und einen größeren der Hochschulen – von den Fachbereichen bis zu den einzelnen Anteil der Einnahmen für die Finanzierung Studiengängen – der Fall. Die Studierenden können dort unmit- innovativer Lehrprojekte verwenden. Das Gesetz telbar wahrnehmen, wenn die Maßnahmen dazu beitragen, die öffnet den Hochschulen Gestaltungsspielräume, eigene Studiensituation zu verbessern. Dagegen erscheint die zentrale die diese bisher nicht nutzen« Verwendung der Mittel häufig intransparent und wird wesentlich kritischer betrachtet. Andreas Schlüter, Generalsekretär des Stifterverbands Skepsis zeigten die Studierendenvertreter hinsichtlich der politi- für die Deutsche Wissenschaft schen Ziele der Einführung von Studienbeiträgen. Häufig wird die Vermutung geäußert, dass durch die Einnahmen aus Studienbeiträ- gen lediglich die langfristige Absenkung der Landesmittel für die unterschiedliche Schwerpunkte zwischen den drei Hochschularten Hochschulen kompensiert werden soll – eine Einschätzung, die auch aufgezeigt, die sich weitgehend an den Problemanalysen der Mehr- einige Hochschulleitungen teilen. Hier ist die Politik in der Pflicht, heit der Hochschulleitungen orientieren und mit den Vorschlägen die Finanzierung der seit Jahrzehnten unterfinanzierten Hochschulen der Studierenden im Kern übereinstimmen. So konzentrierte sich deutlich zu verbessern und langfristig zu sichern. Vielleicht kann der Mitteleinsatz der Universitäten deutlich stärker auf zusätzliches dann ja auch wieder auf Studienbeiträge verzichtet werden. n Lehrpersonal und Tutorien, während die Fachhochschulen mehr in ➔ www.studentenwerke.de/pdf/Bericht_Studienbeitraege_NRW.pdf ihre technische Ausstattung investiert haben. Bei den Kunst- und Musikhochschulen flossen darüber hinaus 10 Prozent der ausgege- Der Autor benen Mittel in Stipendien. Klaus Birkelbach Bemerkenswert ist, dass rund 20 Prozent der kurzfristig für die 49, lehrt und forscht am Fachbereich Bildungswis- Verbesserung der Lehre und der Studienbedingungen verfügbaren senschaften der Universität Duisburg-Essen. Er hat Mittel – das heißt der Einnahmen nach Abzug der Mittel für Aus- die quantitativen Daten der vom Stifterverband für fallfonds, Rücklagen und Verwaltung – von den Hochschulen im die Deutsche Wissenschaft und dem Deutschen Stu- Beobachtungszeitraum nicht ausgegeben wurden. Die Unterschiede dentenwerk in Auftrag gegebenen Studie »Verwendung der Studien- z w ischen den Hochschu lar ten (und z w ischen einzel nen Hochschu len) beiträge an Hochschulen in Nordrhein-Westfalen« wissenschaftlich

Foto: privat (Autor) sind dabei beträchtlich: Während die Universitäten nur ein Achtel, die ausgewertet. ([email protected])

DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 17 praxis_Ausbildung

Die Ware zu kontrollieren ist Bestandteil der Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik

—Die Ausbildungsquoten in den Studen- tenwerken fallen sehr unterschiedlich aus, denn die Größe der Studentenwerke, die von einer Zuständigkeit für zirka 1100 bis 125 000 Studierende variiert, generiert auch weit auseinanderliegende Beschäftigtenzah- len von 11 bis 814 Mitarbeitern. Eines ist jedoch Common Sense: Ausbildung hat bei Chancen für allen Studentenwerken einen hohen Stellen- wert – schon allein aus einem gesellschaftli- chen Verantwortungsgefühl heraus. So bilden die insgesamt 58 Studentenwerke deutschlandweit mehr als 450 junge Men- die Zukunft schen in 18 verschiedenen Ausbildungsbe­ rufen aus – darunter kaufmännische Berufe, Studentenwerke sind nicht nur für zum Beispiel Büro- und Informatikkauf- leute aber auch anspruchsvolle technische Studierende da – sie bilden auch aus. Berufe, beispielsweise Fachinformatiker/ innen, und Fachkräfte für Lagerlogistik. Einen besonders großen Ausbildungs- bereich stellen die mehr als 700 Mensen und Cafeterien dar, in denen jährlich über 85 Millionen Mahlzeiten zubereitet wer-

18 DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 Ausbilder und Auszubildende sorgen für satte und zufriedene Studierende: das Team des Studentenwerks Bielfeld

den. Dort werden vor allem Köche, Bäcker, Dass das nicht nur am Fuße des Teutoburger temlandschaft und Server- Clientverfahren Fachkräfte für Systemgastronomie und Waldes so ist, zeigt auch ein Blick auf das Stu- mit modernen Warenwirtschaftssystemen. Restaurantfachleute ausgebildet. dentenwerk Niederbayern/Oberpfalz mit Sitz Dafür brauchen unsere Mitarbeiter ein sehr Das Ausbildungsengagement der Studen- in Regensburg. Die Regensburger haben in spezifisches Fachwissen, und deshalb bilden tenwerke beruht sehr stark auf dem eigenen ihrem Haus ein bundesweit einzigartiges Ver- wir auch aus. Nur so können wir unseren Bedarf nach gut qualifizierten Nachwuchs- fahren für den BAföG-Bereich etabliert, das es Personalbedarf in diesem Bereich für die kräften. Die längst zu hochmodernen Zukunft sichern«, stellt Gerlinde Dietl klar, Dienstleistungsunternehmen umgebau- »Den letzten Kick, meine Ausbildung die Geschäftsführerin des bayerischen Stu- ten Studentenwerke, die weitestgehend beim Studentenwerk zu machen, hat dentenwerks. eigenverantwortlich nach kaufmännischen mir mein Berufsberater gegeben. Er Diese Einstellung teilt auch Michael Grundsätzen wirtschaften müssen, brau- meinte, dass die Ausbildung dort Brinkmann, Bereichsleiter Rechnungswe- chen hierzu gut ausgebildetes Personal. einen guten Ruf hat« sen beim Studentenwerk Bielefeld und dort So ist zum Beispiel das Studentenwerk zuständig für die Ausbildung der Bürokauf- Bielefeld mit seinen rund 300 Beschäftigten, Cecilia Amankwaa, 19, Ausbildung als Köchin im leute. »Wir brauchen gutes Personal und da zwei Drittel davon im Verpflegungsbereich, 2. Jahr beim Studentenwerk Bielefeld kann und sollte man sich der Ausbildung 25 Auszubildenden und einer Bilanzsumme seines eigenen Personals nicht entziehen. von rund 48 Millionen Euro durchaus mit ermöglicht, einen BAföG-Bescheid innerhalb Denn auch bei uns ist das Personal unser einem mittelständischen Unternehmen zu von 14 Tagen auszustellen und Auszahlungen wichtigstes Kapital.« vergleichen. anzuweisen. Das führte dazu, dass das Regens- Die Vorteile für die Auszubildenden nennt Im Jahr 2007 finanzierten sich die Biele- burger Studentenwerk für die bayerischen Michael Brinkmann ebenfalls: »Wir sind felder zu 54 Prozent aus eigenen Umsatzer- Ämter für Ausbildungsförderung die Server- eine Art großer Gemischtwarenladen. Wir lösen – ohne gutes Personal wäre das kaum farm im Haus hat und betreut. »Wir arbeiten haben fast von allem etwas zu bieten. Bei

Fotos: Gerald Dunkel zu stemmen. hier mit modernsten Technologien, einer Sys- uns werden die Auszubildenden – neben ➔

DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 19 praxis_Ausbildung

➔ Rechnungswesen – auch mit der Wohn- »Besonders interessant ist für mich, heimverwaltung, der Lagerbuchhaltung der dass es bei uns sehr multikulturell Mensen, der Arbeit der Personalstelle und zugeht. Wir betreuen Kinder aus 33 den Tätigkeiten des Studentenwerkssekreta- verschiedenen Herkunftsländern und riats vertraut gemacht. Unser Ausbildungs- haben Gelegenheit, mit ihren Eltern angebot für Bürokaufleute deckt das gesamte gemeinsam über neue Ideen und Spektrum ab, das man auch in einem großen Projekte zu diskutieren« Industrieunternehmen vorfindet.« Patrick Boer, 22, der beim Studentenwerk Corinna Becker, 20, absolviert zurzeit ihr letztes Bielefeld eine Ausbildung zum Bürokauf- Ausbildungsjahr in der Kita Voltmannshof des mann macht, bestätigt dies: »Hier werde ich Stundentenwerks Bielefeld nicht nur in eine Richtung hin ausgebildet, sondern in den vier Säulen des Studenten- werks – und zwar in Ausbildungsförderung, Egal ob in Bielefeld oder Leipzig, die Ausbildung­ Wohnen, Gastronomie und Kinderbetreu- ung – und ich lerne auch noch, wie eine Ausbildung gelegt: »Wir bilden nicht Masse, Keller. Das international berühmte Restau- staatliche öffentlich-rechtliche Verwaltung sondern Klasse aus und sind in den vergangenen rant hat sogar schon einige Auszubildende funktioniert. Das ist viel mehr als meine sieben Jahren mit unserer Küche im Ranking des Studentenwerks übernommen, wie Freunde bei ihren Ausbildungsbetrieben in Nordrhein-Westfalen immer auf Platz eins Angelika Stoll berichtet, Abteilungsleiterin mitnehmen.« gewesen«, berichtet Detlef Rujanski, Geschäfts- Personalwesen beim Studentenwerk Leip- Auch ein Blick in die Mensen und Cafe- führer des Studentenwerks Siegen. Die Siegener zig. Ihre Anregung: »Es wäre gut, wenn wir terien der Studentenwerke zeigt, dass hier haben, wie einige andere auch, extra eine Aus- unsere Auszubildenden im Rahmen ihrer schon längst die Moderne Einzug gehalten bildungsküche eingerichtet, um den Auszubil- Ausbildung auch einmal innerhalb der Stu- hat. Die Verpflegung ist meistens nicht nur denden unter anderem auch das Kochen à la dentenwerke austauschen würden.« preisgünstig, sondern auch gesund, abwechs- carte beizubringen. Das Studentenwerk Leipzig Gerade Auszubildende, die »nur« in der lungsreich, international, vegetarisch und hat sogar eine eigene Patisserie und kooperiert Großküche lernen, könnten dann davon ökologisch bewusst. Und auch hier wird in der Ausbildung mit renommierten Gastro- profitieren, dass einige Studentenwerke besonderer Wert auf eine ausgezeichnete nomiebetrieben vor Ort, wie dem Auerbachs auch einen Catering-Service und ein À-la-

Westfalen im Jahr 2006 eine Zuschusskürzung von rund 20 Prozent Zur Person verkraften. Wir müssen also sehr gut abwägen, wofür wir unser Geld ausgeben – zumal wir über unseren eigenen Bedarf ausbilden. Sigrid Schreiber Dennoch halten wir an unserem Ausbildungsengagement fest. ist stellvertretende Geschäftsführerin und Personalchefin beim Studentenwerk Bielefeld DSW-Journal: Worauf sind Sie besonders stolz? Schreiber: Wir haben zum Beispiel im Bereich Ausbildung für Köche eine eigene Ausbildungsküche eingerichtet, für die sich unser DSW-Journal: Warum engagiert sich das Studenwerk Bielefeld Ausbildungsleiter sehr engagiert. Dort lernen die Jugendlichen, so stark in der Ausbildung? neben den Standards zum Beispiel auch besonders anspruchsvolle Schreiber: Wir haben unser Ausbildungsprogramm schon Anfang Gerichte zuzubereiten. Nicht nur die Auszubildenden profitieren der 80er Jahre gestartet als das Thema Jugendarbeitslosigkeit öffent- davon, sondern auch die dortige Mensa. Denn wir können dadurch lich thematisiert wurde. Seitdem hat sich an dieser Problematik nicht auf unserer Speisekarte auch Spezialitäten anbieten, und das kommt viel geändert. Wir sind der Meinung, dass wir uns als soziales Dienst- bei den Mensabesuchern sehr gut an. leistungsunternehmen dieser gesellschaftspolitischen Verpflichtung Meine persönliche Philosophie ist, dass ein Mitarbeiter grundsätz- nicht entziehen dürfen. Und das heißt für uns, dass wir im Rahmen lich bereit sein sollte, sein Bestes zu geben. Dazu muss man aber als unserer Möglichkeiten Ausbildungsplätze für Jugendliche anbie- Führungskraft beitragen, indem man die Mitarbeiter ernst nimmt, ten. In den 90er Jahren war das – schon aus finanziellen Gründen sie nicht demotiviert und ihnen gute Ausbildungs- und Arbeitsbe- – sicherlich leichter als heute. So mussten wir hier in Nordrhein- dingungen bietet. n

20 DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 in den Studentenwerken eröffnet gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt

carte-Geschäft betreiben. Dort lernen die Junge Menschen auszubilden – das bedeu- »Mir gefällt das Arbeitsklima. Auszubildenden dann nicht nur, wie sie das tet aber auch eine besondere Herausforderung Meine Kollegen sind sehr Essen für 3000 Gäste pünktlich zuberei- und Verantwortung – weiß Stefan Gehring, aufgeschlossen und es ist ten, sondern auch, wie man einen Hirsch Koch und Ausbilder beim Studentenwerk Biele- überhaupt keine Problem, mal zerlegt oder ein Abendbüfett zusammen- feld. »Jeder hat seinen eigenen Charakter, hinzu jemanden zu fragen, wenn man stellt. Einen guten Grund, warum auch kommen die Pubertät, Liebeskummer sowie Pro- etwas nicht weiß« gerade hier das Ausbildungsengagement bleme mit Pünktlichkeit oder Ordnung. Da hilft der Studentenwerke groß sein sollte, nennt es schon, wenn man als Ausbilder ruhig bleibt, Patrick Boer, 22, Ausbildung zum Gerlinde Dietl vom Studentenwerk in Geduld zeigt und auch bereit ist, etwas noch ein Bürokaufmann im 2. Jahr beim Regensburg: »Unsere Kunden sind jung, zweites oder drittes Mal zu erklären. Es kommt Studentenwerk Bielefeld mobil und flexibel und sie essen natürlich auch darauf an, die richtigen Leute am richtigen auch anderswo. Für uns ist es wichtig, dass Platz einzusetzen, sie zu unterstützen und zugleich, nommen werden, doch dank der guten Aus- wir die gastronomischen Trends aufgreifen, den Auszubildenden etwas zuzutrauen.« bildung haben sie oft gute Chancen, einen Dass frühzeitig Verantwortung für seine Arbeitsplatz in ihrer Region zu finden – wie »Als Fachkraft für Lagerlogistik Arbeit zu übernehmen, auch eine gute Methode Barbara Budde-Brand, Leiterin der Univer- beim Studentenwerk muss ist, viel zu lernen – diese Erfahrung hat auch der sitätskindertagestätte in Bielefeld, bestätigt. man die Wareneingänge prüfen. 25-jährige Faribors Nikjoo gemacht. Er absol- »Ich kenne keinen Auszubildenden von Besonders wichtig ist es, dass viert zurzeit im dritten Jahr eine Ausbildung uns, der in den vergangenen Jahren keine die Basis-Lebensmittel zentral zum Fachmann für Systemgastronomie beim Arbeitsstelle gefunden hat. Das hängt auch gelagert sind. Wenn zum Akademischen Förderungswerk in Bochum. mit dem guten Ruf unserer Ausbildung Beispiel an einem Tag 4000 statt Begeistert erzählt er von seinem Arbeitsplatz, zusammen«, so ihr Resümee. n 3000 Studierende in die Mensa der zurzeit die Strandbar auf dem Unigelände kommen, müssen wir gut ist. »Ich habe hier in der Strandbar auch zwei darauf vorbereitet sein« Mitarbeiter. Der Chef hat mir gezeigt, wie Die Autorinnen was gemacht wird, und wie ich meine Kol- Angelika Fritsche und Veronika Renkes Sarah Spirawski, Ausbildung als legen anweisen soll. So lerne ich auch gleich, Büro Redaktion & Recherche in Berlin Fachkraft für Lagerlogistik im 3. Jahr wie man mit Kollegen zusammenarbeitet und ➔ www.redaktion-recherche.de beim Studentenwerk Bielefeld die Teamarbeit koordiniert. Es ist ein schö- nes Gefühl, dass ich als Auszubildender auch damit die jungen Leute auch weiterhin zu Verantwortung tragen kann. Man kommt sich uns kommen. Und dafür ist es gut, wenn nicht so unbedeutend vor und weiß, dass man neben den alten Hasen bei uns auch immer sich anstrengen muss.« wieder jüngere Menschen arbeiten und eine Nicht alle Auszubildenden können von den

Fotos: Gerald Dunkel privat (4); (Autorinnen); redaktion-recherche (Köche) Ausbildung machen.« Studentenwerken nach ihrer Ausbildung über-

DSWJOURNAL 03/2008 21 praxis_Serie

Mehr Platz für Kinder

Service Wie das Studentenwerk Dresden mit einer Fülle von Projekten und Initiativen für den wissenschaftlichen Nachwuchs und dessen Eltern sorgt.

—Studieren mit Kind? In der sächsischen Lan- auf die gestiegenen Anforderungen nach zusätzlichen Die Zukunft deshauptstadt ist die Antwort einfach: Na klar! Serviceleistungen für werdende studentische Eltern beginnt! Denn das Studentenwerk Dresden unterstützt mit oder Studierende mit Kindern reagiert. Projekten und Initiativen Studierende und Hoch- Das gesamte, breitgefächerte Betreuungs- und In dieser Serie stellen schulangehörige mit Kindern bei dem schwieri- Beratungsangebot wurde 2007 im Campusbüro »Uni wir in jeder Ausgabe des gen Spagat, Studium beziehungsweise Beruf und mit Kind« gebündelt. Hier laufen alle Fäden zusam- DSW-Journal ein inno­ Kind(er) unter einen Hut zu bringen. In ganz men, hier können Studierende alle zu diesem Thema vatives Projekt eines Sachsen sind es rund 5000 Studierende, die ein gehörenden Fragen stellen und sich über sämtliche Studentenwerks vor. oder mehrere Kinder haben, umgerechnet sechs Dienstleistungsangebote des Studentenwerks Dres- Heute: Prozent aller Studierenden, knapp unter dem Bun- den informieren. Ob es sich um Kurse für Schwan- Studentenwerk Dresden desdurchschnitt. gere, Angebote für musikbegeisterte Kleinkinder Erste Anlaufstation in Dresden ist neben den oder Kontaktmöglichkeiten für studierende Eltern Beratungsstellen des Studentenwerks dessen aus- handelt: »Hier werden Sie geholfen«. Dieses vom Stu- sagekräftiges Internetangebot, das eine umfassende dentenwerk und der Technischen Universität Dresden Übersicht über die gesamten bereitgestellten Leis- gemeinsam betriebene Campusbüro bietet neben Bera- tungen bietet – samt weiterführenden Hinweisen, tungsangeboten auch Betreuungsraum, Spielzimmer etwa zu Hebammen, Ärzten, Krankenhäusern und und Ruhezone. Studentinnen können ihre Kinder in weiteren Beratungsstellen. Ruhe stillen, der Nachwuchs kann seinen Brei löffeln, Vorgestellt werden dort sämtliche Serviceange- und es darf geschlafen werden – im Kinderbettchen bote, die Studierenden mit Kindern beim Studen- in der Ruheoase. Das Babycafé bietet interessierten tenwerk Dresden offenstehen. Von den sachsenweit Müttern und Vätern Möglichkeiten zum Informa- rund 300 Krippenplätzen in der Trägerschaft von tionsaustausch, ebenso der regelmäßig stattfindende Studentenwerken betreibt das Studentenwerk Dres- Kleinkindertreff. den allein mehr als die Hälfte, nämlich 178 Plätze. Bereits seit 1991 betreibt das Studentenwerk Dresden Dabei hatte das Studentenwerk die Zeichen der die große Kindertagesstätte Am Beutlerpark mit heute Zeit früh erkannt und bereits vor einigen Jahren insgesamt 178 Plätzen, davon 126 Krippenplätze für

22 DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 Studierende mit Kind in der Kindertagesstätte des Studentenwerks und im Campusbüro Uni mit Kind

über die endgültige Zahl der Plätze für Kinder. Auch Winfried Lehmann, und die Öffnungszeiten entscheiden. Bürgermeister der Stadt Dresden und Kinder im Alter von acht Wochen bis Mitglied im Verwaltungsrat des Stu- drei Jahren können hier für jeweils dentenwerks, freut sich über das Enga- zwei Stunden (einen »Block«) unter- gement des Studentenwerks, das ein gebracht werden, maximal fünfmal in vorbildlicher Schritt in Richtung grö- der Woche, pro Tag können maximal ßere Kinderfreundlichkeit von Hoch- zwei Blöcke gebucht werden. Nor- schule und Gesellschaft sei. »Soweit es malerweise muss fürs Semester vor- in meiner Macht liegt, werde ich weitere ausgebucht werden (Fixbuchung), bei Initiativen von Universität und Studen- akutem Bedarf kann man jedoch kurz- tenwerk nach Kräften unterstützen.« Bei fristig auch Einzelblöcke buchen (Flex- all diesen Angeboten und der großen buchung). Die Preise liegen zwischen Zahl an Unterstützern sollte Studieren 3,50 Euro und 5,50 Euro für Studie- mit Kind also in Dresden bereits heute rende, bei Mitarbeiter/innen zwischen schon weniger problematisch sein als im 5,50 und 7,50 Euro pro Block. Buchen Rest der Republik. ak kann man persönlich, per Telefon ➔ www.studentenwerk-dresden.de/ oder übers Internet. Wegen der sehr soziales/kind.html Kinder im Alter von acht Wochen bis drei Jahren und guten Resonanz wurde vor kurzem ➔ http://kinder.studentenwerk-dresden.de 52 Kindergartenplätze für Kinder im Alter von drei die Weiterführung des Probebetriebs bis sechs Jahren. Der wachsende Bedarf an weiteren, des Campus-Nests beschlossen. vor allem flexiblen Betreuungsmöglichkeiten und auch Einen neuen Rekord stellte das Stu- an Beratung und Orientierung für studierende Eltern dentenwerk Dresden 2007 auf. In diesem veranlasste das Studentenwerk Dresden zu neuen Pro- Jahr wurden insgesamt 235 »Beihilfen« »Wüchsen die Kinder in der Art jekten. Dazu zählte 2007 auch die Eröffnung einer ausgezahlt. Dieses Geld aus dem Sozial­ fort, wie sie sich Außenstelle der Kita mit 18 Plätzen. fonds des Studentenwerks sind für die andeuten, so hätten Baby-Erstausstattung vorgesehen. Und das Studentenwerk wirkt mit bei der Planung wir lauter Genies, eines neuen Spielplatzes auf dem Campusgelände, Jedes Elternpaar beziehungsweise jede hat Goethe einmal federführend ist die Fakultät Bauingenieurwesen der alleinerziehende Studentinnen kann sich gesagt. Dass sich TU Dresden. über 200 Euro und 25 Freitischmarken die vielversprechenden Ansätze der für die Mensa freuen. Spitzenreiter beim Kinder und ihrer Eltern im fruchtbaren Modellprojekt flexible Kinderbetreuung Nachwuchs sind übrigens nach wie vor Elbtal gut entwickeln können, dafür Im Probebetrieb befindet sich seit April 2008 das die Erziehungswissenschaftler/innen(!). sorgt das Studentenwerk Dresden im Campus-Nest, eine neue Einrichtung, die Kurzzeit- Darüber hinaus bietet das Studenten- Umfeld der örtlichen Hochschulen mit betreuung für Kinder von studentischen Eltern und werk Dresden für studentische Eltern einer entsprechenden Infrastruktur. Hochschulangehörigen anbietet. Das Studentenwerk geeignete Appartements in den Studen- »Campusbüro« und »Campus- Nest« gehören zu den aktuellen Dresden hat hierfür eine Drei-Zimmer-Wohnung tenwohnheimen an, Kinderportionen Projektentwicklungen, mit denen zur Verfügung gestellt. Zwölf Betreuungsplätze ste- in den Mensen und Kinderhochstühle wir unsere Serviceleistung gerade hen bereit – samt einer Erzieherin und bis zu zwei sowie Wickelplätze. An der TU Dresden auch für Studierende mit Kindern Helferinnen. Diese Plätze können analog zu den sind zusätzlich mehrere Elterninitiativen ständig verbessern und erweitern.« Vorlesungszeiten stundenweise gebucht werden. Das aktiv. Die Kindervereinigung Dresden Campus-Nest ist vorerst an Werktagen von 7:15 bis e. V. unterstützt das Projekt »Uni mit Prof. Dr. Rudolf Pörtner, Geschäftsfüh­ 18:30 Uhr (je nach Bedarf) geöffnet, freitags bis Kind« im Rahmen der Pateninitiative rer des Studentenwerks Dresden

Fotos: Nadine Hetzelt; Petra Steiner (re) 14:30 Uhr. Letztlich wird der mittelfristige Bedarf mit flexiblen Betreuungsangeboten

DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 23 praxis_Hochschulgastronomie

Currywurst und Bio Ernährung Kluge Köpfe und solche, die es einmal werden wollen, sollten sich gesund und abwechslungsreich ernähren. Die Studentenwerke bieten von Bio über Vollwert bis hin zu Pommes und Schnitzel beinahe alles an. Die Mischung macht’s!

Empfehlungen auf einen Blick: Die Ernährungspyramide – viel Obst und Gemüse, weniger Fleisch und Fett

Foto: ©aid infodienst

24 DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 —Gibt es tatsächlich einen Zusammenhang zwi- stanzen, die so genannten Sekundären schen Essen und Erfolg? Die Antwort ist eindeutig: Pflanzenstoffe. Diese winzigen Wunder- JA! Was zunächst nur für die körperliche Leistung waffen der Natur haben es in sich: In freier zu gelten scheint, gilt ebenso für den Denkapparat. Wildbahn schützen sie vor Angriffen durch Auch der Kopf benötigt eine ausreichende Ener- Schädlinge, Fraßfeinde und zuviel Sonnen- gie- und Nährstoffzufuhr sowie viel Flüssigkeit licht. Auch für den menschlichen Körper und Sauerstoff. haben sie einiges zu bieten: Die Pflanzen- farbstoffe Carotinoide, Flavonoide, die Ein bisschen Nachhilfe Zellbaustoffe Phytosterine und viele andere Die empfohlenen Richtwerte für die tägliche können das Immunsystem stimulieren, Energieaufnahme für Erwachsene mit geringer antioxidativ oder antikanzerogen wirken körperlicher Aktivität (zum Beispiel Büroan- – außerdem können sie dabei helfen, den gestellte) liegen bei circa 2000 Kilokalorien für Cholesterinspiegel zu senken. Frauen und etwa 2500 für Männer. 60 Prozent der Deutschen essen laut Nati- Dabei ist es wichtig, dass es die »richtigen« Kalo- onaler Verzehrsstudie II zu wenig Obst. 250 r ien sind : eine ausgewogene, vol lwer t ige und nähr- Gramm pro Tag werden von der Deutschen stoffreiche Ernährung. Jeder weiß es: nicht zu Gesellschaft für Ernährung empfohlen. Über kalorien- oder fetthaltig. Mit ein bisschen die Hälfte der Frauen und gut zwei Drittel gutem Willen ist das im Alltag auch nicht der Män ner er reichen aber n icht ein ma l d iese so schwer umzusetzen. geringe Menge. Zur Veranschaulichung: Ein Apfel wiegt im Durchschnitt 180 Gramm. »5 am Tag« Obst und Gemüse Beim Gemüse sieht es ähnlich aus. Auch Eine der bekanntesten Ernäh- hier isst die Mehrheit der Bevölkerung nicht rungsregeln ist die »Obst- und die empfohlenen 400 Gramm pro Tag. 250 Gemüseregel«. Neben lebens- Gramm Obst und 400 Gramm Gemüse pro wichtigen Vitaminen und Tag, das hört sich viel an! Aber woher soll Mineralstoffen liefern man wissen, wie viel das ist? Die Antwort Karotte, Kirsche ist ganz einfach: 5 am Tag! 5 Portionen & Co. reichlich Obst und Gemüse. Diesen Ratschlag unter- bioaktive Sub- stützen auch die Bundesministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau- cherschutz sowie für Gesundheit. Als Maßstab dafür dienen die Hände, mit denen man die passende Portionsgröße abmessen kann. Eine Handvoll entspricht bei ganzen Obst- und Gemüsestücken einer Portion, das sind beispielsweise ein Apfel oder eine große Tomate (siehe Seite 26). Beide Hände gelten als Maßstab für kleinere Sorten wie Beeren oder Trauben beziehungsweise zerklei- nertes Gemüse und Salat (siehe Seite 26).

Fett ist gesund Wer hätte das gedacht: Fett ist einer der drei Haupt nä h r stof fe und wegen seines ➔

DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 25 praxis_Hochschulgastronomie

➔ Energiegehalts und der großen Menge, die man davon zu sich nimmt, ein Hauptener- Zehn Regeln für gielieferant für den menschlichen Körper. richtiges Essen Fett ist nicht per se schlecht oder gesund- heitsschädlich – im Gegenteil. Fett ist ein • Vielseitig essen wesentlicher Bestandteil des Organismus’, • Reichlich Getreideprodukte und Kartoffeln es schützt vor Kälte und polstert die Organe. • Gemüse und Obst – Nimm »5 am Tag« Nahrungsfette sind Träger fettlöslicher • Täglich Milch und Milchprodukte; ein- bis Vi­tamine und essenzieller Fettsäuren, die zweimal in der Woche Fisch; Fleisch, der Körper nicht selbst herstellen kann. Wurstwaren sowie Eier in Maßen Fett besteht aus gesättigten und einfach • Wenig Fett und fettreiche Lebensmittel oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren. • Zucker und Salz in Maßen Erstere sind eher negativ zu beurteilen, • Reichlich Flüssigkeit letztere eher positiv. Die Omega-Fettsäuren • Schmackhaft und schonend zubereiten sind ungesättigt und zählen zu den essen- • Nehmen Sie sich Zeit, genießen Sie Ihr Essen Fotos: ©aid infodienst, K. Arras, www.aid.de ziellen Fettsäuren. Das bedeutet, dass der • Achten Sie auf Ihr Gewicht und bleiben Sie in Körper auf eine Zufuhr mit der Nahrung Bewegung angewiesen ist. Die bekanntesten dieser Art, Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, sind Die 10 Regeln der DGE, Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V., Bonn in nennenswerten Mengen in Pflanzenölen und fettreichen Seefischen (Hering, Makrele, gesamten Körpermasse ausmacht, verbraucht es sium braucht das Gehirn zur Energiege- Lachs et cetera) enthalten. Übrigens: Öl ist rund 20 Prozent der zugeführten Energie und winnung, ebenso Vitamine. Die wichtigste auch Fett. Rapsöl, Oliven-, Soja- und Leinöl sogar 40 Prozent des aufgenommenen Sauer- Energiequelle für das Gehirn ist Glucose, sind durchaus empfehlenswert, weil sie ein stoffs. Also: Energiefresser Nummer 1! Aber die in Kohlenhydraten enthalten ist. Ein günstiges Fettsäuremuster aufweisen. natürlich benötigen auch die anderen, weniger konstanter Glucosespiegel im Blut sorgt In die Pfanne kommen am besten raf- kognitiv arbeitenden Organe Kraftstoff. für eine konstante Leistungsfähigkeit. Das finierte, das heißt von Begleitstoffen wie Um einem Leistungstief vorzubeugen oder Genießen von Schokolade sorgt zwar für Geruchs- oder Bitterstoffen gereinigte Öle, zu begegnen, ist eine regelmäßige Versorgung einen kurzfristigen Glucoseanstieg im Blut, da sie geschmacksneutraler und hitzestabi- mit Energie und Nährstoffen notwendig. Hier ist aber nicht zu vergleichen mit dem Ver- ler sind. Kaltgepresste, native Öle würden folgt eine ernüchternde Nachricht: Weisheit zehr von beispielsweise Vollkornbrot, der beim Erhitzen ihre wertvollen Inhaltsstoffe lässt sich nicht löffeln! Einen Wunderstoff für zu einem längerfristig konstanten Blutzu- verlieren. Diese empfehlen sich daher nur die grauen Zellen gibt es nicht, eine ausge- ckerspiegel führt. für die kalte Küche. wogene, abwechslungsreiche und nährstofflie- Durch ihre antioxidative Wirkung schüt- fernde Ernährung reicht aus. zen die Vitamine A, C und E vor den so Brain- and Bodyfood Für die Reizübertragung im Gehirn sind genannten freien Radikalen, den aggressiven Obwohl das Gehirn eines erwachsenen neben Fett die Mineralstoffe Calcium, Natrium Sauerstoffmolekülen im Körper. Die Vita- Menschen nur etwa zwei Prozent seiner und Kalium wichtig. Phosphor und Magne- min-A-Vorstufe Beta-Carotin ist zum Bei-

Kompakt Hochschulgastronomie

Die 58 deutschen Studentenwerke bieten in ihren über 700 und auf die eigenen Bedürfnisse oder Vorlieben abgestimmte aid infodienst (Seite 24/25); privat (zur Person) © gastronomischen Einrichtungen eine große Auswahl an unterschiedlichen Ernährung ist dadurch im (Studien-)Alltag einfach umzusetzten. Gerichten und Verpflegungsangeboten an. Die täglich wechselnden Nicht nur die Auswahlmöglichkeiten, auch die Qualität Menüs beinhalten vollwertige Fleisch- und Fischmahlzeiten, der angebotenen Lebensmittel ist den Studentenwerken vegetarische Gerichte sowie Suppen-, Eintopf- oder Auflaufgerichte, wichtig, um ihre Gäste zu verwöhnen. aid infodienst (2);

die mit beliebigen Komponenten ergänzt werden können. So Die große Mehrzahl der Studentenwerke lässt ihre © werden sie verschiedenen Zielgruppen gerecht. Daneben ergänzen Gastronomiebetriebe regelmäßig überprüfen und zertifizieren, Pasta-, Grill- oder Wokstationen sowie Salattheken, Frischobst- und um die selbstgesetzten Standards zu erfüllen und Dessertbüffets das Sortiment. Eine abwechslungsreiche, gesunde weiterzuentwickeln – mit Qualitäts-Zertifikat und Bio-Siegel. Fotos: K. Arras/

26 DSWJOURNAL 03/2008 Richtig Essen Zwei Fragen an die Expertin

spiel in Orangen, Karotten und grünem Zur Person Gemüse enthalten, das Vitamin C steckt Kompakt Auf einen Klick ebenfalls in vielen Gemüse- und Obst- Dr. Margit Bölts sorten, zum Beispiel in Zitrusfrüchten ➔ www.aid.de ist Leiterin des Referats und Paprika. Das fettlösliche Vitamin E aid infodienst Verbraucherschutz, Gemeinschaftsverpflegung findet sich insbesondere in Pflanzenölen Ernährung, Landwirtschaft e. V. und Qualitätssicherung der und Nüssen. ➔ www.bmelv.de Deutschen Gesellschaft für Ein weiterer Baustein des Nerven- Bundesministerium für Ernährung e. V. in Bonn und Hirngewebes sind Proteine, die aus Ernährung, Landwirtschaft und Aminosäuren aufgebaut sind. Die Ami- Verbraucherschutz nosäure Tryptophan wird im Gehirn in ➔ www.dge.de DSW-Journal: Wie schätzen Sie aktuell den das Hormon Serotonin umgewandelt – Deutsche Gesellschaft für Qualitätsstandard in den Mensen und Cafe- das begehrte »Glückshormon«. Ernährung e. V. terien der Studentenwerke ein? Auch Flüssigkeit ist wichtig: Zwei ➔ www.ernaehrung.de Bölts: Eine generelle Antwort ist hier sehr Liter am Tag halten den Stofftransport DEBInet, Deutsches schwierig, da die Angebotsvielfalt in den unter- im Körper und somit auch die Gehirn- Ernährungsberatungs- und schiedlichen Mensen je nach Größe und Stand- leistung auf Trab. ­-informationsnetz ort sehr differiert. Es gibt eine ganze Reihe von Und nun zum Sportprogramm: ➔ www.jobundfit.de Mensen, die bereits die von uns publizierten Bewegung an frischer Luft und Gehirn- Deutsche Gesellschaft für Qualitätsstandards erfüllen und teilweise sogar jogging tragen zur Förderung des Denk- Ernährung e. V. übertreffen. Dagegen sehen wir auch in einer vermögens bei. ➔ www.nutriinfo.de ganzen Reihe von Einrichtungen deutlichen Informationssystem für Optimierungsbedarf, sowohl im Bereich des Sind Studierende Besser-Esser? den Ernährungsbereich des Speisenangebots in Bezug auf qualitative und Heute bieten die Studentenwerke als Landesbetriebes Hessisches ernährungsphysiologische Aspekte, im Bereich Hauptmahlzeit variantenreiches Kom- Landeslabor des Services als auch des Ambientes. Denn: ponentenessen, dazu eine große Salat- ➔ www.was-wir-essen.de Nicht nur ein ernährungsphysiologisch ausge- auswahl, Produkte aus biologischem Die Verbraucherseite des aid wogenes Speisenangebot ist wichtig, sondern Anbau und teilweise sogar vegane Kost. ➔ www.was-esse-ich.de auch eine angenehme Essatmosphäre, die die Die Voraussetzungen für gesundes und Internetseite der Nationalen Gestaltung der Essensräume mit beinhaltet. abwechslungsreiches Essen auf dem Verzehrsstudie II Campus sind also gegeben. Nun bleibt ➔ www.5amtag.de DSW-Journal: Welche Empfehlungen kön- die Frage: Ernähren sich Menschen, Internetauftritt der nen Sie Mensabesuchern für die richtige die über einen überdurchschnittlichen Gesundheitskampagne »5 am Tag« Auswahl der Mahlzeiten mit auf den Weg Bildungsstand verfügen – also unter geben? anderem Studierende –, besser als die Bölts: Bei der Auswahl des Mittagsmenüs soll- Gesamtbevölkerung? Nein. Essen. Bei Schnitzel mit Pommes werden ten die Studierenden darauf achten, dass täglich Zu diesem Ergebnis kam die Unter- die meisten Studierenden schwach. Aber eine Gemüse- oder Rohkostkomponente ent- suchung »Die Ernährungssituation auch dieser »Renner« ist keine Sünde, wenn halten ist, die auch ruhig etwas größer ausfallen der Dortmunder Studierenden«1: Die der Speiseplan über die Woche verteilt aus- darf. Sie sollten zu Fleisch beziehungsweise Nährstoffversorgung der Studieren- gewogen ist – außerdem tragen diese klei- Fleischprodukten, wie zum Beispiel Hack- dengruppe zeigt eine erhöhte Zufuhr nen Sünden erheblich zur Zufriedenheit bei, fleischvarianten, Wurst, maximal zweimal pro von Eiweißen und Fetten sowie eine ein nicht ganz unwesentlicher Faktor. Des- Woche greifen, dafür aber die vegetarischen zu niedrige Aufnahme von Kohlenhy- halb gilt auch hier, wie bei vielem im Leben: Gerichte deutlich häufiger wählen, sprich min- draten – das entspricht dem Essverhal- Alles in Maßen, dann sind zumindest die destens zweimal pro Woche – und natürlich ten der Gesamtbevölkerung. Auch die Weichen gestellt für ein erfolgreiches und einmal pro Woche das Angebot an Fisch wahr- Studierenden essen zu wenig Obst- und glückliches Studium. jf nehmen. Natürlich kann es auch einmal das Gemüse. süße Hauptgericht, sprich der Milchreis mit Fazit: Erfolgreich Essen fängt im Kopf (1) Quellenberg U.J., Eissing, G.: Die Ernährungssituation der Zimt und Zucker sein, aber dies bitte nicht Dortmunder Studierenden. Ernährungs-Umschau 55 (2008), an. Essen ist Arbeit, vor allem bewusstes S.202-209. jede Woche. n

DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 27 praxis_Zeitgeschichte Damenbesuch verboten

Studentenwerk die wechselvolle Geschichte des Otto-Eger-Heims. Eine Spurensuche von Alexander Knaak.

Unbeirrt vom Börsencrash der jungen Weimarer Republik. Dort wurden preisgünstige Ein Haus Der Grundstein zum heutigen Millionen Soldaten waren 1918 Mittagsgerichte und warme erzählt seine Otto-Eger-Heim wurde im Juni nach Waffenstillstand und Kapi- Aufenthaltsräume für Soldaten Geschichte 1929 gelegt. Trotz Börsencrash am tulation von den verschiedenen und Studenten angeboten. »schwarzen Freitag« und weltwei- Fronten zurück nach Deutsch- Die deutschen Stu­ ter Wirtschaftskrise konnte der Bau land gekommen. Auch Gießen Professor Otto Eger dentenwerke haben des Gießener Studentenhauses plan- sah sich damit konfrontiert, den Zwei Jahre später, viele Solda- eine wechselvolle mäßig vollendet und das Gebäude Heimkehrern Lohn und Brot, ten waren in ihre Berufe zurück- Geschichte erlebt. 1930 als Hindenburghaus eröffnet ein Dach über dem Kopf und gekehrt, blieben immer noch die Anfang des 20. Jahr­ werden. Das Wohnheim mit 48 Plät- eine Zukunftsperspektive zu Studenten. Da die Finanzlage hunderts gegründet, zen wurde auch Sitz der Gießener geben. Der damals auch in der des von staatlichen Zuwendun- im Nationalsozialis­ Studentenhilfe, und zum damaligen Lahn-Metropole tätige Verein gen abhängigen Vereins sich ver- mus gleichgeschal­ Zeitpunkt größte Mensa der Univer- kameradschaftlicher Soldaten- schlechtert hatte, übernahm 1921 tet und ab 1938 als sitätsstadt. Es folgten: Bombenschä- heime aus dem ostpreußischen ein Studentenheim-Ausschuß die unselbstständige den, Wiederaufbau, Umbauten und Allenstein pachtete das ehe- Leitung des bisherigen Soldaten- Teilanstalten in das Sanierungen. malige Café Ebel am Burggra- und Studentenheims. Der zweite Reichsstudenten­ ben, um in dessen Räumen am Vorsitzende des Studentenheim- werk überführt, Architektur 15. April 1919 ein Soldaten- und Ausschusses wurde ein Ordinarius wurden sie nach Das heutige Erscheinungsbild Studentenheim zu eröffnen. der Rechte, Professor Dr. Otto Eger 1945 neu gegründet. des Otto-Eger-Heims geht auf (1877 bis 1949). Dieser betrieb im An dieser Stelle soll den Ursprungsbau der Zwanziger- »Bei Faschingsveranstal- selben Jahr auch die Gründung der anhand ausgewähl­ jahre zurück, und wurde durch tungen (...) gelangten wir Gießener Studentenhilfe e. V., die ter Gebäude, in die Wiederaufbaumaßnahmen in manches Mal mit Hilfe wenige Tage nach dem Vierten denen sich heute den 1950er-Jahren noch verstärkt: der Chefin der Mensakü- Deutschen Studententag bereits am Wohnheime, Mensen schlicht, rechteckig und kompakt. che, der von uns liebevoll 19. Juli 1921 ihren Betrieb aufnahm. oder Cafeterien der Zwei große Querflügel, verbunden ›Dippeline‹ genannten Erster Vorsitzender der Studenten- Studentenwerke von zwei niedrigeren Längsflügeln Frau Dippel, durch ein hilfe wurde Eger. befinden, Geschichte strukturieren den dreigeschossigen Oberlicht der Küchen- erzählt werden. Bau. Der vordere Querflügel mit räume an die Orte des Kohlen schippen, Holz sägen neun Fensterachsen bildet die Front bunten Treibens, ohne Notjahre – Hungerjahre. Selbst zur Straße, dort rahmen im Erdge- den für uns unerschwing- im Sommer 1923, fünf Jahre nach schoss zwei einstöckige Risalite die lichen Eintritt bezahlt zu Kriegsende, galten Gießener Erst- breite Eingangstreppe zum Haupt- haben, und hatten dann semester noch zu zwei Dritteln als portal. zwar auch eine weitge- untergewichtig. Abhilfe sollten hend schlaflose, aber doch Eigeninitiativen der Studentenhilfe Die Vorgeschichte: wenigstens vergnügliche schaffen – so kultivierte Egers Frau Soldaten und Studenten Nacht« in gepachteten Gartengrundstücken

Hinter der Gründung des heuti- Persönliche Erinnerungen des Kulturdezernenten mit studentischen Hilfskräften Salat- gen Otto-Eger-Heims stand indi- der Stadt Gießen, Reinhard Kaufmann, an und Gemüsepflanzen für die Mensa. den Beginn seines Studiums in Gießen im Wintersemester 1956/57 rekt das Reichswehrministerium Auch die Studenten, die in einem Quelle Zitat: abgedruckt in Spiegel der Forschung, 24. November 2, Jg./Nr. 2007

28 DSWJOURNAL 03/2008 der K r ieg sf üh r ung gestel lt. Nach Konzerte, Tanzveranstaltungen dem Zweiten Weltkrieg, im und geschlossene Gesellschaften. Sommer 1945, beauftragten die Durch die Einnahmen aus Ver- Alliierten wiederum Otto Eger, mietungen konnte ein beträcht- im Namen des noch existieren- licher Teil der Betriebskosten den Reichsstudentenwerks die erwirtschaftet werden. Außer- Leitung der Dienststelle Gie- dem gab es ein Clubzimmer, ßen zu übernehmen. Erst 1948 Tischtennisplatten, Baderäume konstituierte sich wieder eine und Garagen. Wann das Hinden- Gießener Studentenhilfe, 1962 burghaus den Namen Otto Egers entstand daraus das heutige Stu- erhielt, kann nicht mehr genau dentenwerk Gießen als Anstalt angegeben werden, vermutlich des öffentlichen Rechts. Anfang der 1950er-Jahre, nach dessen Tod. 1956 war der neue Damenbesuch verboten Name schon ganz selbstverständ- 1949 starb Otto Eger im Alter lich in Gebrauch. von 72 Jahren. Er erlebte nicht 1975 zog die Verwaltung des mehr, wie das im Krieg zu Studentenwerks Gießen aus dem einem Viertel beschädigte Hin- Otto-Eger-Heim aus. In den denburghaus wieder aufgebaut frei werdenden Räumen baute In Zahlen Otto-Eger-Heim wurde – 1948/49 zunächst durch man zusätzliche Studentenzim- 70 Wohnheimplätze, aufgeteilt in Einzelzimmer sowie Einzel- und Selbsthilfe und eine Gesamtin- mer ein. 1979 wurde das Haus Doppelappartements von 10 bis 43 Quadratmetern, Mietkosten vestition von 150 000 D-Mark. saniert, weitere Um- und Aus- von 146 bis 237 Euro pro Monat; 448 Mensaplätze, 50 Plätze auf Später konnte es mit Mitteln aus bauarbeiten folgten 2003, unter der im Sommer sehr beliebten Terrasse, 40 Plätze im Café Pic im dem amerikanischen McCloy- anderem konnten die Kühl- und Erdgeschoss, der früher vorhandene Festsaal ist bei den letzten Fonds 1951 sogar renoviert und Lagerräume der Mensa moder- Umbauarbeiten der Mensa im Gebäude zugeteilt worden. Insge- samt werden hier über 100 000 Essen pro Jahr ausgegeben. erweitert werden. 76 Studierende nisiert werden. Die heute 70 ➔ Otto-Eger-Heim, Leihgesterner Weg 16, 35392 Gießen fanden seitdem Platz im Gebäude, Wohnheimplätze sind angesichts ➔ www.studentenwerk-giessen.de das nun auch wieder über eine der zentralen Lage sehr beliebt – 290 qm große Mensa für circa unter weiblichen wie männli- 300 Personen verfügte. Die Miete chen Studierenden. Wiederholte ersten, improvisierten Wohn- Verfügung. Die Grundsteinle- für die Zweier- und Vierer-Zim- Vorwürfe gegen den Namensge- heim Unterkunft gefunden gung fand 1929 statt, ein Jahr mer betrug zwischen 12 und 18 ber des Otto-Eger-Heim s wegen hatten, waren zu Hilfsdiensten später war das Gebäude bezugs- Mark monatlich, die Betten dessen Rolle vor und während verpflichtet: Kartoffeln entladen, fertig. standen übereinander, je zwei – des Nationalsozialismus’ konn- Kohlen schippen, Holz sägen durchweg män n l iche, meist einer ten bislang nicht erhärtet werden und Lebensmittel bei Bauern Gleichgeschaltet durch die Nazis Verbindung angehörende – Stu- – entsprechende Anträge, das sammeln. 1924 konnte bereits Im Sommer 1933 wurde die dierende konnten gemeinsam Gebäude umzubenennen, wur- ein zweites Gießener Studenten- Gießener Studentenhilfe ent- über ein Waschbecken, einen den daher angesichts der vielfa- wohnprojekt mit 23 Zimmern sprechend den Vorgaben der NS- Schrank und einen Tisch verfü- chen Verdienste Otto Egers um für 46 Studenten gebaut werden – Machthaber in Studentenwerk gen. Damenbesuch war selbst- die Gießener Studentenschaft aus einer alten Gefangenenbara- Gießen umbenannt und war nun verständlich strikt untersagt, abgelehnt. n cke. Für das dritte Wohnprojekt, Teil des Deutschen Studenten- ausgenommen die »nachgewie- das Hindenburghaus, später werks. 1938 wurde das Gießener sen« leiblichen Schwestern der Otto-Eger-Heim, wurden ab Studentenwerk aufgelöst und in Studiosi. Mietverträge wurden Der Autor 1927 Rücklagen gebildet, und das NS-Reichsstudentenwerk nur f ür d ie Dauer eines Semester s Alexander die Stadt Gießen stellte unent- integriert. Das Hindenburghaus abgeschlossen. Das Schmuck- Knaak geltlich einen Bauplatz im Wert wurde 1939 von der Wehrmacht stück des Hauses war der 290 48, ist Publizist

Fotos: Studentenwerk Gießen; Susanne Gerisch; privat (Autor) von über 50 000 Reichsmark zur be sch l a g n a h mt u nd i n den Dien st Quadratmeter große Festsaal für und Lektor

DSWJOURNAL 03/2008 29 profile_Porträt Mister Pisa Andreas Schleicher bringt unliebsame Tatsachen ans Licht. Damit macht er sich nicht nur Freunde in Deutschland. Seine Gegner bezeichnen ihn als Nörgler, Besserwisser und ewigen Miesmacher.

von Katja Irle

—Die Sache mit dem schlechten Grundschulzeugnis passte einfach zu gut: Der Mann, der weltweit die Leistungen von Schülern testet und bewertet, war selbst als Kind ein Versager. Andreas Schleicher, der Professorensohn, kam

nur durch die Intervention seiner Eltern auf’s Gymna- Foto: Nigel Dickinson sium. Kein Wunder also, dass so einer Jahre später gegen das deutsche Schulsystem Sturm läuft. Die Geschichte, von vielen Journalisten gern aufgegriffen, hat bloß einen Haken: Sie stimmt nicht. »Ich kann Ihnen alle meine Zeugnisse zeigen«, sagt Andreas Schleicher und lacht. Vielleicht sei er anfangs »kein ganz so guter Schüler« gewesen, doch die verpatzte Gymnasialempfehlung sei frei erfunden. Der Rest der Geschichte stimmt dann wieder: Der junge Andreas Schleicher geht ausgesprochen gern zur Schule, geigt im Ahrensburger Jugendorchester, gewinnt 1984 beim Wettbewerb »Jugend forscht«, macht sein Abi mit 1,0 und ➔

30 DSWJOURNAL 03/2008

profile_Porträt

➔ studiert Mathe und Physik. Er wird hatte Schleicher ihnen mal wieder Bildungsforscher. Seit dem ersten in die Suppe gespuckt: Auch dies- internationalen Schülerleistungstest mal kein Grund zur Freude. Eine im Jahr 2000 ist er »Mister Pisa«. deutliche Verbesserung deutscher Acht Jahre später sitzt er immer Schüler in den Naturwissenschaf- noch in der OECD-Zentrale in ten? Das gebe die Methodik einfach Paris. Doch das Image des Mus- nicht her. Da war er wieder: Schleicher, der Nörgler und Besserwisser. Schlei- »Es fällt vielen Leuten cher, der ewige Miesmacher. »Es in Deutschland eben fällt vielen Leuten in Deutschland eben schwer, sich mit der empiri- schwer, sich mit der schen Realität auseinanderzusetzen«, empirischen Realität wiegelt er solche Angriffe ab. Er auseinanderzusetzen« sieht sich auf der sicheren Seite der Wissenschaft: »Wir schaffen keine Probleme, sondern machen sie nur terschülers hat Kratzer bekommen. sichtbar.« Spricht man den Norddeutschen Kaum zu glauben, dass einer, des- auf die kontinuierlichen Attacken sen Kopf immer lauter und drängen- deutscher Kultusminister an, die der gefordert wird, ihn mal wieder im Dezember vergangenen Jahres geschickt aus der Schlinge gezogen in einer Rücktrittsdrohung gipfel- hat. Schleicher ist immer noch da. ten, bleibt er gelassen. »Ich habe das Die hessische CDU-Kultusministe- nur am Rande mitbekommen – und r in K ar in Wol f f, d ie 20 07 stel lver tre- mich vielleicht auch nicht ausrei- tend für ihre Parteikollegen seinen chend damit befasst«, sagt er dann. Rücktritt forderte, ist nicht mehr im Manche halten das für pure Arro- Amt. Ein Kritiker weniger. ganz. Andere sehen darin lediglich Doch schon jetzt ist abzusehen, eine erfolgreiche Verteidigungsstra- das eines seiner neusten Projekte tegie: Die Kritik perlt an ihm ab wie wieder einen Sturm der Entrüs- die Tropfen am Lotusblatt. tung auslösen wird – diesmal bei Schleicher hatte die Ergebnisse der den Hochschulen. Ab 2011 will er jüngsten Pisa-Auswertung interpre- die Kompetenzen der Studierenden tiert, obwohl die Zahlen noch unter weltweit messen. Während Bundes- Verschluss waren. Noch bevor die bildungsministerin Annette Scha- Deutschen jubeln konnten, weil es van (CDU) exzellente Forschung hier und da Verbesserungen gab, bewertet und fördert, tüftelt Schlei-

Zur person Andreas Schleicher

Geboren 1964 in Hamburg, studierte Andreas Schleicher Physik und Mathematik. Er arbeitete an der TIMMS-Studie mit und war am Institut für Bildungsforschung in den Niederlanden tätig. 1994 wechselte er zur OECD. Ab 1995 erarbeitete er dort die Pisa- Studie. Die erste stellte er 2001 in Deutschland vor. Schleicher ist mit einer Italienerin verheiratet und hat drei Kinder. Er lebt mit

seiner Familie in Paris. Foto: Nigel Dickinson; privat (Autorin)

32 DSWJOURNAL 03/2008 cher an Mess-Instrumenten für die Hochschulen werden von unserem len und Statistiken ist unerschütterlich. Das muss am Qualität in der Lehre. Damit liegt Verfahren profitieren. Bisher wur- Studium liegen. Von seinem Vater, einem Professor für er im Trend: »Lehre muss sich wie- den ja lediglich längst vergangene Erziehungswissenschaften, hat er es jedenfalls nicht. »Ganz der lohnen«, forderte erst vor kur- Reputationen der Traditionsuniver- im Gegenteil«, sagt Schleicher: »Er hat immer gesagt: Bil- zem der Wissenschaftsrat. Damit sitäten bewertet.« dung kann man nicht messen – und sollte es auch nicht.« will das Gremium von Bund und Das klingt wie eine Drohung: Bekanntlich machen Söhne meist das, was ihre Väter nicht Ländern nichts weniger als einen Zieh Dich warm an, Alma Mater! wollen. Also zählte, rechnete und diskutierte Schleicher junior, bis die Ablehnung des Seniors langsam zu bröckeln begann: »Mittlerweile setzt er sich damit auseinander«, »Wenn wir nach zehn Jahren Pisa sagt sein Sohn. Auch in der Welt der Wissenschaft ist Schleicher oft feststellen müssen, dass wir nur gegen Wände gerannt – und tut es immer noch. Dennoch Gerede bewirkt, aber keine Inhalte sieht sich der kluge Theoretiker als Vorreiter der empi- rischen Bildungsforschung. Die Praktiker der Pädagogik verbessert haben, dann hat meine beobachten seinen Galopp jedoch mit wachsender Skepsis, Arbeit nichts gebracht« weil Bundesländer-Rankings und internationale Verglei- che ihnen im Unterricht nicht weiterhelfen. Immerhin halten sie dem Wissenschaftler zugute, mit seinen Tests Mentalitätswechsel bei den Profes- Mit Studentenbefragungen will eine neue Bildungsdebatte angestoßen zu haben. soren anstoßen. So etwas kann Jahre der Bildungspapst der OECD die Aber das reicht dem leistungs- und zielorientierten dauern. Die Daten aus Schleichers Wahrheit ans Licht bringen. Dabei Schleicher nicht. »Wenn wir nach zehn Jahren Pisa fest- Hochschul-Pisa könnten den Wan- werden er und sein Team die Kom- stellen müssen, dass wir nur Gerede bewirkt, aber keine del vielleicht beschleunigen. petenzen der Studenten am Anfang Inhalte verbessert haben, dann hat meine Arbeit nichts »Wir wollen keine eindimensiona- und dann wieder am Ende ihres Stu- gebracht«, sagt er. len Rankings. Wir wollen rauskrie- diums messen. »Das ist der aufwän- Bleibt im Jahr gen, wo die Stärken und Schwächen digste, aber auch der einzige Weg, acht nach Pisa die der einzelnen Hochschulen liegen«, zu brauchbaren Ergebnisse zu kom- Frage, wie er das Die Autorin erzählt der Bildungsforscher. Die bis- men«, ist Schleicher überzeugt. bloß wieder mes- Katja Irle herigen Versuche, gute von schlech- Testen, messen, vergleichen – das sen will. Er hat 37, ist Bildungsre- ten Hochschulen zu unterscheiden, ist Schleichers Welt. Das Vertrauen noch zwei Jahre dakteurin der Frank- hält er für gescheitert. »Die neuen des Naturwissenschaftlers in Zah- Zeit. n furter Rundschau

DerDer PONTOSPONTOS AquaCycle:AquaCycle: SchenktSchenkt WasserWasser einein zweiteszweites Leben.Leben.

EinEin verändertes verändertes Umweltbewusstsein Umweltbewusstsein braucht braucht neue neue Lösungen. Lösungen. AuchAuch dann, dann, wenn wenn es es um um die die wertvolle wertvolle Ressource Ressource Wasser Wasser geht. geht. DarumDarum haben haben wir wir den den PONTOS PONTOS AquaCycle AquaCycle entwickelt. entwickelt. Er Er macht macht eses möglich, möglich, Wasser Wasser z. z. B. B. aus aus Dusche Dusche oder oder Badewanne Badewanne rein rein bio- bio- logischlogisch aufzubereiten aufzubereiten und und ein ein zweites zweites Mal Mal zu zu nutzen. nutzen. So So geben geben wirwir Wasser Wasser ein ein zweites zweites Leben. Leben. MehrMehr unter unter www.pontos-aquacycle.de www.pontos-aquacycle.de

DSWJOURNAL 03/2008

038_AZ_DSWJournal_212x90,3_4c.in1038_AZ_DSWJournal_212x90,3_4c.in1 1 1 22.08.200822.08.2008 16:02:20 16:02:20 Uhr Uhr perspektive_Zukunft der Hochschule Eine historische Mission

Eliteuniversität die Freie Universität Berlin hat es sich zum Ziel gesetzt, das akademische Fenster Deutschlands in die Welt zu werden – mit dem Zukunftsmodell »International Network University«.

von Dieter Lenzen —Im Oktober 2007: der Exzellenzwettbe- sie sich insbesondere durch großzügige die Freie Universität Berlin die Gelegenheit der werb des Bundes und der Länder, gedacht amerikanische Hilfe in einem exzellenten so genannten Erprobungsklausel des Berliner als Instrument, um der deutschen Wissen- internationalen Universitäts-Netzwerk, Hochschulgesetzes ergriffen und ihre Entschei- schaft in ihren exzellenten Bereichen den das ihre gesamte Geschichte begleitet und dungsstrukturen und -prozesse von Grund auf Anschluss an die internationale Spitzenfor- ihre Leistungsfähigkeit auch in schwieri- geändert: kollektive Verantwortungslosigkeit in schung durch zusätzliches Wettbewerbsgeld gen Zeiten erhalten hat. Zu diesen Zeiten endlosen Gremiensitzungen wurde durch per- zu verhelfen, war die Chance für die Freie gehörten die negativen Auswüchse in den sönliche Verantwortung von Führungspersonal Un iver sität, um ih re her vor ragende Stel lung Jahren nach 1968, die in Teilen der Bevöl- ersetzt. Zehn Reformschritte veränderten die in der deutschen Wissenschaftslandschaft kerung den Eindruck hinterließen, die Freie wissenschaftlichen Profile, die Management- unter Beweis zu stellen. Über einhundert Universität Berlin sei ein Ort der Entste- Struktur bis hin zur Einführung von Kosten- internationale Gutachter haben die Anträge hung von Gewalt und Terror, bestenfalls Leistungsrechung, Zielvereinbarungen und gelesen, geprüft, die Mitglieder der Univer- von Schmutz und Leistungsverweigerung. Qualitätsmanagement. Auf dieser Grundlage sität angehört, visitiert, bewertet und Emp- Dass dieses Vorurteil zu keinem Zeitpunkt konnte die Freie Universität Berlin seit 2000 fehlungen gegeben. Die Entscheidungsgre- zutraf, beweisen nicht nur die konstruktiven jährliche Zuwachsraten von 10 Prozent in den mien sind den Empfehlungen gefolgt. Rund Reformen, die von der Freien Universität wichtigsten Leistungsparametern registrieren. 150 Millionen Euro werden in den nächsten Berlin ausgingen, sondern auch ihre viel- Dieses wurde inzwischen auch nicht nur von der Jahren an die Freie Universität fließen, um fältige wissenschaftliche Leistungsfähigkeit, Scientific community, sondern darüber hinaus die Exzellenzbereiche zu fördern und das ihre internationale Reputation. Dieses stand im deutschsprachigen Raum wahrgenommen. Zukunftsmodell der Freien Universität, die indessen in einem Missverhältnis zu ihrer Gleichwohl wird außerhalb Berlins nicht sel- »International Network University« mit Reputation in Deutschland und Berlin. Ihr ten davon ausgegangen, dass die Stadt nicht in ihren drei strategischen Zentren – einem negatives Image führte dazu, dass die Freie der Lage sein werde, exzellente Wissenschaft Zentrum für die künftige Ausbildung der Universität Berlin 1989 nach der Wende dauerhaft zu sichern, weil die Anfälligkeit für Doktoranden, einem Zentrum für die künf- tige Forschungsprofilierung und einem »Kollektive Verantwortungslosigkeit in endlosen Zentrum für den internationalen Austausch dieser Freien Universität – zu realisieren. Gremiensitzungen wurde durch persönliche Schon ihr Ursprung macht die Freie Uni- Verantwortung von Führungspersonal ersetzt« versität Berlin zu einer besonderen Univer- sität. 1948 als Antwort auf Indoktrination, ohne Widerstand zum »Schlachtopfer« für einen Rückfall in die siebziger Jahre groß und Repressalien, politische Morde im freien den Wiederaufbau der Humboldt-Univer- die finanziellen Möglichkeiten der Stadt klein Teil Berlins von Studenten mit internatio- sität gemacht werden konnte. Die Zahl ihrer sind. naler Hilfe gegründet, erfüllt sie von Anfang Studierenden halbierte sich, sie verlor erst In den kommenden Jahren wird die Freie an eine historische Mission. Es gelang ihr, ein und dann auch das zweite Klinikum, Universität Berlin ihr Konzept der »Internatio- den Impetus der Humboldtschen Universi- das jährliche Budget beträgt nur noch einen nal Network University« umgesetzt haben, mit tätsidee in Berlin zu sichern und moderni- Bruchteil desjenigen einer amerikanischen dem sie im Exzellenzwettbewerb des Bundes siert weiterzuentwickeln. Sehr schnell fand Spitzenuniversität. In dieser Situation hat und der Länder gestartet ist. Die Umsetzung

34 DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 dieses Konzepts hat schon 2003 mit der Her- asien, Vorderer Orient, Osteuropa, Afrika, bureaus« und »branch campuses« akquiriert ausbildung von »Forschungs«-Cluster begon- Frankreich, Italien usw. Die zweite Säule des die Freie Universität Berlin ihr internati- nen, ein Merkmal, das im Exzellenzwettbewerb Exzellenzkonzepts ist die bereits gegründete onales Personal und ihre internationalen durch Bund und Länder übernommen wurde. Dahlem Research School, eine Dachinstitu- Studierenden. Umgekehrt bringt sie die Leistungsfähigkeit der Universität weltweit »Die Freie Universität Berlin wird zur Darstellung, bietet Sommerkurse vor Ort an und treibt die Weitervernetzung der ein Vorbild für die Internationalisierung Universität vorwärts. Das Ziel: in wenigen und Vernetzung der Wissenschaft« Jahren nimmt die Universität in internatio- na len Ran k ing s einen Platz unter den er sten Dementsprechend ist das Kernstück der »Inter- tion für ein in Deutschland neues, interna- Hundert ein und wird ein Vorbild für die national Network University« ein »Center tional aber übliches Format der Promotion: Internationalisierung und Vernetzung der for Cluster Development«, eine strategische Promovenden werden in internationalen Wissenschaft. Die Freie Universität Berlin Einrichtung innerhalb der Universität, mit Graduate Schools einer dreijährigen struk- wird das akademische Fenster Deutschlands deren Hilfe der Prozess der Identifikation von turierten Ausbildung unterzogen, die ihre in die Welt. n Forschungsthemen- und schwerpunkten auf Qualifikation auf höchstem wissenschaftli- ➔ www.excellence-fu.de Dauer gestellt werden soll, die nicht nur für chen Niveau und für die Weiterentwicklung die Freie Universität Berlin, sondern für die ihrer Wissenschaft sichert. Die dritte Säule Region zukunftsweisend sind und die natio- ist das »Center for International Exchange«, Der Autor nal wie international einen Forschungsbedarf das »Außenministerium« der Freien Uni- Dieter Lenzen füllen können. Dieses Zentrum agiert zurzeit versität Berlin. Es koordiniert die Arbeit der 60, ist Präsident der Freien in drei Feldern, den Biowissenschaften, den Außenstellen in New York, Moskau, Peking, Universität Berlin, eine der neun Elite- Geisteswissenschaften und – mit Blick auf ihre New Delhi und später auch die Arbeit der Universitäten in Deutschland. Der Internationalität – in den Wissenschaften (Area Büros in Südamerika und in der Golfregion. promovierte Erziehungswissenschaftler Studies), deren Gegenstand große Weltregio- Das Zentrum ist das Kernstück der Inter- ist außerdem Vizepräsident der

Foto: Freie Universität Berlin/David Ausserhofer Berlin/David Universität Freie Foto: nen sind: Nordamerika, Lateinamerika, Ost- nationalisierungsstrategie. In den »branch Hochschulrektorenkonferenz

DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 35 community_DSW intern

Aus den Studentenwerken UNIversell kochen Kochbücher gibt es en mas- Probieren geht über Studieren se, aber nur wenige wecken Gefällt mir das Leben in einer intensive Erinnerungen an die Studentenwohnanlage? Die Antwort lautet: Studienzeit. Das neue Kochbuch Ausprobieren! Genau das dürfen zukünfti- des Studentenwerks Frankfurt ge Studierende in Trier jetzt tun. Denn hier (Oder) gehör t in diese Kategorie. bietet das Studierendenwerk Trier etwas Fast jeder erinner t sich gerne an ganz Besonders an: Wohnen auf Pro.be! Seit das regelmäßige Mittagessen dem Sommersemester 2008 können poten- in der Mensa mit Schnitzel und Pommes, Spaghetti Bolognese oder zielle Mieter live testen, welche Vorteile das Sauerbraten. Dabei konnte man auch entspannt bei einem Kaffee mit Wohnen in einem Studentenwohnheim bietet: schneller Kontakt Leidensgenossen über Professoren, Prüfungen und Privates fachsimpeln. zu Kommilitonen, gemeinsame Aktivitäten, Kennenlernen von an- Diese schönen Erlebnisse leben beim Anblick der 93 Rezepte, die zum deren Kulturen, niedrige Mieten und Nähe zur Hochschule. Die Nachkochen einladen, wieder auf. Erhältlich ist das appetitliche Werk Probewohner erwarten komplett möblierte Appartements mit eige- in allen gastronomischen Einrichtungen des Studentenwerks, in den ner Kochmöglichkeit, Dusche/WC und kostenlosem Internetzugang. Studentenhäusern in Frankfurt (Oder) und Cottbus sowie online. Weitere Die Mindestmietdauer sind drei Tage, dafür zahlt man 45,- Euro. regionale Studentenwerk-Kochbücher gibt es aus Berlin, Freiburg, Jena- Anmeldungen: Tel.: 0651/201-3557 und -3552. jaw Weimar, , Oldenburg und Siegen. ml ➔ www.wohnen-auf-pro.be; ➔ www.studiwerk.de ➔ www. studentenwerk-frankfurt . de

Moderne Begegnungsstätte an traditionsreichem Ort Einer der traditionsreichsten Orte der Stadt Jena – und einer der originellsten da- zu –, das Haus auf dem letzten Stück sichtbarer Jenaer Stadtmauer, hat eine wich- tige Funktion bekommen: Es dient in Zukunft als internationale Begegnungsstätte. Alle Aktivitäten in der Stadt, die bisher dezentral und unabhängig voneinander liefen, werden nun in diesem historischen Bau auf der alten Wehranlage miteinan- der vernetzt. Das neue Zentrum der kulturellen Begegnung für ausländische und deutsche Studierende wird von Studentenwerk, Universität, Fachhochschule und Stadt unterstützt und betrieben. ml ➔ www.studentenwerk-thueringen.de

PERSONALIA Führungswechsel im Studentenwerk Ulm

Maßstäbe gesetzt Genau 34 Jahre und Hallo, Herr Kaiser! Nein, gemeint ist einen Monat lang war Günter Skrzeba nicht der Mann aus der Werbung für Geschäftsführer des Studentenwerks Ulm – die Versicherung, sondern ein neu- damit war der Diplom-Ingenieur bis zum er Geschäftsführer: Claus Kaiser 31. Juli 2008 der dienstälteste Geschäftsführer leitet seit dem 1. August 2008 das eines deutschen Studentenwerks. Jetzt ge- Studentenwerk Ulm. Früher war der nießt der 66-Jährige seinen Ruhestand. Das, was bleiben wird, kann 43-jährige Diplom-Betriebswirt als Kaufmännischer Vorstand sich sehen lassen – vor allem die zahlreichen Wohnheimneubauten, bei einer Baugenossenschaft in München tätig – und ganz früher die Kita, die neuen Mensen und Cafeterien. Nicht zu vergessen: das auch schon einmal beim Studentenwerk Stuttgart. Er weiß also, seinerzeit hart erkämpfte Semester-Ticket. Unbestritten hat Skrzeba was ihn bei der zukünftigen Betreuung von 17 000 Studierenden das Profil seines Studentenwerks entscheidend geprägt. Neben dem in Ulm, Aalen, Biberach und Schwäbisch Gmünd erwartet. Dank Wohl der Studierenden lagen ihm sowohl die guten Beziehungen zu den seiner bisherigen Tätigkeiten und Erfahrungen dürfte er für Hochschulen als auch der Beitrag zur Attraktivität des Standorts am diese neuen Aufgaben gut gerüstet sein. Doch zunächst freut Herzen. Obwohl sein Traum von einem Biergarten auf dem Campus vor- Kaiser sich »auf eine interessante Tätigkeit in einem attraktiven erst unerfüllt bleiben wird, ist das Fazit des Norddeutschen eindeutig: Umfeld«. Letzterem möchte er vor allem mit »Transparenz und »Meine Entscheidung für Ulm habe ich nie bereut«. jaw einer offenen Informationspolitik« begegnen. jaw Fotos: Studentenwerk Ulm; Studentenwerk Thüringen; Studierendenwerk Trier

36 DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 community_DSW intern IMPRESSUM DSW-Journal Magazin des Deutschen Studentenwerks (DSW) Ausgabe 3/2008 Das DSW-Journal erscheint viermal im Jahr. Herausgeber: Deutsches Studentenwerk e.V. Monbijouplatz 11 Betrachtung ihrer Biografie auch nahe- 10178 Berlin liegend ist, denn sie hat eine aufregende Verantwortlich: Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär Medien-Vergangenheit: Sanja Taghizadeh Chefredaktion: Marijke Lass (ml) war unter anderem für den Radiosender [email protected] Redaktion: MDR-Sputnik, für das Fernsehen aus Prof. Dr. Rolf Dobischat, Tina Entenmann (ten), Isabelle Berlin (FAB), Pro7 und das ZDF (KI.KA) Kappus (ik), Jessica Fischer (jf), Stefan Grob (sg), Sabine Jawurek (jaw), Dr. Alexander Knaak (ak), Bernhard DSW-Kurzporträt als Redakteurin tätig. Im DSW bringt sie Liebscher (lie), Constantin Quer ihre langjährige Projekterfahrung und An dieser Ausgabe haben außerdem mitgewirkt: Ilona Bernhard, Dr. Klaus Birkelbach, Angelika Fritsche, ihr Organisationstalent vor allem bei der Katja Irle, Manfred Kasper, Dr. Alexander Knaak, Prof. Dr. Dieter Lenzen, Veronika Renkes Vorbereitung und Durchführung von DSW- Sanja Taghizadeh Fotos: Veranstaltungen ein. Zudem beobachtet K. Arras/aid infodienst, Dirk Bleicker/carofoto, Dominik Butzmann/laif, Nigel Dickinson, Die Hoffotografen, 43, Magistra, Medien und Maine-Coon sie die Hochschulgesetze der Länder DSW, Gerald Dunkel, emotive images/strandperle, Freie Universität Berlin/David Ausserhofer, Susanne Gerisch, Wäre es kein Zufall gewesen, dann hätte sie es arran- und die Gesetzgebung zum Arbeits- und Pia Grünberg, Ilja Clemens Hendel, Kay Herschelmann, Nadine Hetzelt, Eric Lichtenscheidt, Hans-Christian giert: Während der DSW-Förderungstagung 2007 in Tarifrecht. Und wenn sie einmal nicht für Plambeck/laif, Petra Steiner, Studentenwerke Frankfurt Halle hat der Ex-Tatort-Kommissar Peter Sodann den das DSW auf Veranstaltungsmission durch (Oder), Gießen, Thüringen, Trier, Ulm, Yifei Zjang Layout + Utz Zimmermann Teilnehmer/innen eine exklusive Stadtführung gebo- Deutschland tourt, dann trifft man sie ent- Produktion: www.utzit.com ten. Mitgestemmt hat die Tagung Sanja Taghizadeh. weder zu Hause beim Bespaßen ihrer beiden Druck: Henrich Druck + Medien GmbH Die Publizistin und Kommunikationswissenschaftlerin Maine-Coon-Katzen, auf Rockkonzerten www.henrich.de Beratung: Helmut Ortner arbeitet seit 2004 im Deutschen Studentenwerk oder am Stechlinsee an. Und der exotische www.ortner-concept.de Anzeigen: in Berlin – jetzt im Referat Rechtsfragen und Nachname? Der stammt aus dem Iran, vom succidia AG, Bodo Fiedler, Tel.: 06151/3 60 56 25, Studienfinanzierung. Begonnen hat sie in der Vater, obwohl »-zadeh« eigentlich »Sohn [email protected]: [email protected]

Foto: Kay Herschelmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, was bei näherer von … « bedeutet. jaw Es gilt die Anzeigenpreisliste vom 1. Juli 2008 Redaktionsanschrift: Deutsches Studentenwerk e.V. Redaktion DSW-Journal Monbijouplatz 11 10178 Berlin Tel.: +49(0)30-29 77 27-43 Nachgelesen Fax: +49(0)30-29 77 27-99 E-Mail: [email protected] www.studentenwerke.de Sozialleistungen für ausländische Studierende Studieren mit Bachelor und Master Nachdruck und Wiedergabe von Beiträgen aus dem Ausländische Studierende müssen ihren Bachelor und Master sollen bis 2010 an DSW-Journal sind nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion erlaubt. Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten. allen deutschen Hochschulen einge- Beantragen sie staatliche Leistungen, müssen sie führt werden. Daher sei ein kritischer ausländerrechtliche Konsequenzen fürchten: Die Blick erlaubt. Die beiden Autoren Armin Der Staat versagt Aufenthaltsgenehmigung wird nicht verlängert, Himmelrath und Britta Mersch haben Für den taz-Redakteur Christian Füller ist es eine Ausweisung droht. Doch was ist mit der rus- Praktiker und Theoretiker, Betroffene ein Fluch, dass die Bildung in Deutschland sischen Studentin, die ein Kind von einem deut- und Beobachter zu Wort kommen las- in staatlicher Verantwortung ist. Denn just schen Kommilitonen erwartet? Welche Ansprüche sen. Von Tipps für Studienanfänger und diesem Staat gelingt es nicht, für mehr haben Studierende aus -wechsler über eine Chancengleichheit zu EU-Mitgliedsstaaten? Und Berichterstattung zu sorgen oder weniger was kann man Studierenden Problemfächern und Bildungsverlierer zu raten, die sich mit einer Arbeitsmarktchancen produzieren. Füllers ra- Duldung in Deutschland auf- bis hin zu einem dikale Forderung: Das halten? Antworten auf diese Glossar über zahl- deutsche Bildungswesen Fragen gibt Georg Classens reiche Begriffe muss entstaatlicht, ins- neues Handbuch. Es ist rund um die neuen besondere die Macht vor allem für die Sozial- und BAföG-Beratungen Studiengänge ist ein guter Überblick dabei der Kultusminister gebrochen werden. Ein der Studentenwerke und Hochschulen von herausgekommen. ml leidenschaftliches, kluges Buch jenseits aller Interesse. ten Armin Himmelrath/Britta Mersch: Bachelor- Ideologie. Lesen! sg Georg Classen: Sozialleistungen für MirgrantInnen und Basics & Master-Plan, Bildung und Wissen Christian Füller: Schlaue Kinder, schlechte Schulen, Flüchtlinge, Von Loeper Literaturverlag, 304 Seiten, Verlag, 150 Seiten, 16,80 Euro Droemer Verlag, 288 Seiten, 16,95 Euro 14,90 Euro ➔ www.vonloeper.de ➔ www.bwverlag.de ➔ www.droemer.de DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 37 standpunkt

dAS Menetekel von Dresden

Rolf Dobischat ahnt, wie der Bildungsgipfel ablaufen wird

Gipfelstürmer – Integra- weniger Jugendliche ohne Schulabschluss, tionsgipfel, IT-Gipfel, Bildungsgipfel – bessere Förderung von Migrantenkindern, die große Koalition unter Angela Mer- mehr Ausbildungsplätze, mehr Studierende kel wird als die Regierung der Gipfel aus bildungsfernen Schichten oder bessere in die Annalen eingehen. Ich ahne, wie Aufstiegsmöglichkeiten für beruflich Qua- Foto: Die Hoffotografen der Bildungsgipfel im Oktober 2008 in lifizierte, mehr Mittel für die Weiterbil- Dresden ablaufen wird dung. Vielleicht werden kritische Kräfte Die Bundeskanzlerin wird ihn mit eine Art »Gegengipfel« organisieren, um einer ebenso engagierten wie wohltem- von dort ihre ähnlich lautenden Postulate perierten Rede eröffnen. Sie berichtet Richtung Dresden abzusondern. von ihrer Reise durch die »Bildungsre- Die Bundesregierung wird sich viele die- publik Deutschland«; das Erreichte wird ser Forderungen zu eigen machen. Zum gelobt, das Defizitäre angesprochen. Abschluss der Veranstaltung – auf dem Angela Merkel betont, dass es Deutsch- Gipfel des Gipfels – hält die Bundeskanz- land nur mit einer klaren politischen lerin eine nun sehr engagierte Rede. Sie Prioritätensetzung für die Bildung mahnt mehr soziale Durchlässigkeit im gelingen wird, in einer globalisierten deutschen Bildungssystem an und for- Rolf Dobischat, Welt seine Stellung als Hochtechnologie- und Hochlohnland dert ein Ende der ideologisch geführten Präsident des Deutschen zu behaupten. Debatten um die richtige Schulstruktur. Studentenwerks Bundesbildungsministerin Annette Schavan lobt die Bun- Vielleicht wird Angela Merkel sogar einen desländer für ihre Fortschritte in der frühkindlichen Bildung. »Pakt für Bildungsaufstieg« ankündigen Sie streicht die Anstrengungen der Bundesre- gierung in der Forschungspolitik heraus und betont, was Bund und Länder in der Bildungs- »Selten habe ich mir so sehr politik trotz Föderalismusreform gemeinsam gewünscht, mich zu irren« auf den Weg gebracht haben: Ganztagsschulen, Hochschulpakt I, Exzellenzinitiative. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Annegret oder ein »Bündnis für Bildung« und dafür Kramp-Karrenbauer, beteuert, wie sehr sich die Länder ihrer Bundesmittel in Aussicht stellen. gesamtstaatlichen Verantwortung für die Bildung bewusst Dann gehen alle auseinander, und es seien. Ihre Botschaft: »Die Kultushoheit der Länder ist gut für wird bis zur Bundestagswahl 2009, und Deutschland.« wahrscheinlich weit darüber hinaus, nichts Die Verbände und Institutionen der Bildungspolitik wiederho- passieren. len in Dresden ihre Forderungen der vergangenen Jahre und legen Selten habe ich mir so sehr gewünscht, den Finger in Wunden, die alle kennen: mehr Bildungsausgaben mich zu irren. gemessen am Bruttoinlandsprodukt, mehr Geld für Erzieherinnen, [email protected]

38 DSWJOURNAL 03/2008 standpunkt

Ausländische Studierende

Bei Bildungsausländern ist Deutschland beliebt; 190 000 studieren hier. Also alles bestens? Eine Studie des Deutschen Studentenwerks zeigt: Es hapert bei der Orientierung im deutschen Studiensystem, am Geld – und an der sozialen Integration.

Die meisten Bildungsausländer stammen aus diglich ein Fünftel kommt aus Ländern mit China, Bulgarien und Polen. Allein die 26 000 einem ähnlich hohen Pro-Kopf-Einkommen chinesischen Studierenden würden eine deut- wie Deutschland. sche Hochschule mittlerer Größe füllen. 85 Prozent der ausländischen Studieren- Nach den USA und Großbritannien ist den organisieren ihr Studium in Deutschland Deutschland inzwischen weltweit das dritt- selbst, sie sind also klassische »Free mover«. wichtigste Zielland für ausländische Studie- Nur 15 Prozent kommen über ein Austausch­ rende. Die Internationalisierung des Studiums programm hierher. 84 Prozent sind an einer nimmt zu, und das ist gut für den Wissen- schafts- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Zahlen sind beeindruckend – aber wel- Was bedeutet Integration für Sie persön- che soziale Wirklichkeit verbirgt sich dahinter? lich? Das Deutsche Studentenwerk (DSW) wollte Integration bedeutet für mich das Erlernen es genauer wissen. Die Sonderauswertung der der deutschen Sprache, gegenseitiger Aus- 18. Sozialerhebung zur »Internationalisierung tausch über die verschiedenen Kulturen, des Studiums« skizziert die wirtschaftliche und Respekt gegenüber anderen Kulturen und soziale Lage der 190 000 Bildungsausländer – das Befolgen der deutschen Gesetze. die Daten liefern deren soziales Profil. Maryam Haghighi Neun von Zehn wollen hier abschlieSSen 24, kommt aus dem Iran und studiert Physik an der Universi- 77 Prozent der ausländischen Studierenden tät Karlsruhe kommen aus Ländern mit einem geringen oder mittleren Pro-Kopf-Einkommen, also

Foto: privat aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Le-

DSWJOURNAL 03/2008 DSWJOURNAL 03/2008 Universität, 16 Prozent an einer Fachhoch- deutschen Studierenden – und die Orientierung schule eingeschrieben. 90 Prozent der Bil- im deutschen Studiensystem. dungsausländer wollen in Deutschland den Bildungsausländer haben mit 645 Euro im Hochschulabschluss erwerben. Monat deutlich geringere Einnahmen als ih- Mit 49 Prozent Männern und 51 Prozent re deutschen Kommilitoninnen und Kommi- Frauen ist das Geschlechterverhältnis praktisch litonen mit 770 Euro. Mehr als die Hälfte der ausgeglichen. Aus Ländern mit geringem Pro- Bildungsausländer ist auf die eigene Erwerbstä- Kopf-Einkommen kommen mehr Studenten, tigkeit angewiesen; weitere wichtige Finanzie- aus Ländern mit hohem Pro-Kopf-Einkommen rungsquellen sind die Unterstützung durch die mehr Studentinnen nach Deutschland. Das Eltern sowie Stipendien, von denen ein Fünftel Durchschnittsalter ausländischer Studierender der ausländischen Studierenden profitiert. beträgt 26 Jahre. 18 Prozent sind verheiratet, neun Prozent Keine Studiengebühren – haben Kinder. 60 Prozent kommen aus Akade- ein Argument für Deutschland mikerfamilien. Gefragt nach ihren größten Problemen ant- Studiengebühren belasten den sowieso kleinen worteten die Bildungsausländer: die Finanzie- Geldbeutel der Bildungsausländer stark. Als sie rung des Studiums, mangelnder Kontakt zu den im Sommer 2006 für die 18. Sozialerhebung befragt wurden, war für 62 Prozent die dama- lige Studiengebührenfreiheit einer der Gründe, nach Deutschland zu gehen. Dass die Zahl der Was sind aus Ihrer Sicht die größten Unter- Studienanfänger aus dem Ausland seitdem zu- schiede zwischen einem Studium in China und rückgegangen ist, dürfte vermutlich auch auf in Deutschland? die Einführung von Studiengebühren zurück- Zu der Frage nach den Unterschieden kann ich eine zuführen sein. Menge erzählen. Im Prinzip finde ich, dass die Studen- 39 Prozent der Bildungsausländer beklagen ten in Deutschland gut betreut sind dank des Tutor- Schwierigkeiten, zu deutschen Studierenden systems. Das Studium ist umfangreich und theore- Kontakt zu finden. Für DSW-Präsident Rolf tisch, während in China etwas direkt Verwendbares Dobischat ist dieses Integrationsdefizit auch spezifisch gelernt wird. Angesichts der Tatsache, dass ein Grund für die hohe Abbruchquote auslän- die Studenten an chinesischen Universitäten überwie- discher Studierender. Vorsichtige Schätzungen gend auf dem Campus wohnen, sind die Beziehungen gehen davon aus, dass jeder zweite ausländische zwischen den Studenten enger und Veranstaltungen Studierende sein Studium in Deutschland ab- leicht zu organisieren. bricht. »Internationalisierung funktioniert nur über eine soziale Integration der ausländischen Qichao Li Studierenden«, sagte Dobi­schat bei der Vor- 24, kommt aus China und studiert Elek- stellung der Studie, »die soziale Integration ist trotechnik an der TU genauso wichtig wie ein gutes Lehrangebot.«

Engagement der Studentenwerke

Das Wohnheim ist die mit Abstand beliebteste

Wohnform ausländischer Studierender. Mehr Foto: privat

DSWJOURNAL 03/2008 als ein Drittel der 180 000 Studentenwerks- Wohnheimplätze ist an ausländische Studieren- Welche waren Ihre größten Startschwierig- de vergeben, und 680 Wohnheimtutorinnen keiten beim Studium in Deutschland? und -tutoren sorgen dafür, dass sich deut- Die Ämter in Deutschland haben mir am sche und ausländische Studierende besser Anfang die größten Schwierigkeiten bereitet. kennen lernen. Darüber hinaus fördern die Am Anfang stand die Beantragung des Visums, Studentenwerke den interkulturellen Dialog die sich als relativ kompliziert erwies. Ich wun- zwischen deutschen und ausländischen Stu- dere mich bis heute, wie einige internationale dierenden, unter anderem durch Infocafés, Studierende nachweisen können, dass sie über Kontakt- und Patenprogramme und zahl- genügend finanzielle Mittel verfügen, um in reiche Kulturveranstaltungen. Deutschland studieren zu können. Das nächste Das derzeit größte Problem für Bildungs- Problem bereitet mir bis heute die Arbeitserlaub- ausländer in Deutschland ist die Orientierung nis. Studierende aus Nicht-EU-Ländern dürfen im deutschen Studiensystem; 40 Prozent ha- nur 90 Tage beziehungsweise 180 halbe Tage ben damit große Schwierigkeiten. Zum im Jahr arbeiten. Dadurch wird das Annehmen Vergleich: Bei der vergangenen Befragung eines vernünftigen Nebenjobs relativ schwierig. im Jahr 2003 waren es 34 Prozent. Die Diese Regelung erschwert die durchgängige vielen aktuellen Hochschulreformen, vo- Tätigkeit, da die Tage vielleicht schon nach ran der Bologna-Prozess, erschweren die 9-10 Monaten ausgeschöpft sind, und man dann Orientierung offenbar stark. Hier sind nach nicht mehr arbeiten könnte. Auffassung des Deutschen Studentenwerks die Politik und die Hochschulen gefordert, Karol Kruk für mehr Transparenz und Übersichtlichkeit 28, kommt aus Polen und zu sorgen. Bildungsausländer benötigen, so studiert Geschichte, Politik und DSW-Präsident Dobischat, »frühzeitig aus- Osteuropastudien an der Universität reichende Informationen sowie eine gute Hamburg Studienvorbereitung und -begleitung.« sg ➔ www.sozialerhebung.de

Kompakt Internationalisierung bei den Studentenwerken Die Studentenwerke bieten für ausländische Studierende vielseitige Service- und Beratungsangebote. Das promi- nenteste ist das Wohnheimtutorenprogramm: 37 der insgesamt 58 Studentenwerke bieten ein Wohnheimtutoren- programm für ausländische Studierende an und beschäftigen mehr als 680 studentische Wohnheimtutorinnen und -tutoren; die Hälfte von ihnen stammt selbst aus dem Ausland. Sie leisten Anfangsbetreuung, erste Orientierung am Wohnort und im deutschen Studiensystem; sie organisieren Partys, Ausflüge und Stammtische; sie helfen bei Problemen mit Mitbewohnern oder Behörden; sie unterstützen mitunter auch bei Semesterarbeiten. Ganz oben auf der Agenda steht auch der Austausch und der interkulturelle Dialog mit den deutschen Studierenden. Die Stu- dentenwerke organisieren Begrüßungsveranstaltungen, sie betreiben Info-Points, Kontakt- und Patenprogramme. ➔ www.internationale-studierende.de Foto: privat

DSWJOURNAL 03/2008 Alain Guiagaing Kamdem bei den ausländischen Kommilitonen verspüren. Mein Leben 30, aus Kamerun, verheiratet, ein Kind, nahm eine andere positive Richtung, als ich mich entschloss, seit 1998 in Deutschland, Studium Tutor für ausländische Studierende beim Studentenwerk Gießen der Informationstechnik in Gießen, und gleichzeitig Vorsitzender der Kamerunischen Gemeinschaft Entwicklungsingenieur bei der Firma Gießens zu werden. Von da an kam ich mehr in Kontakt mit der Dipl-Ing. Bender GmbH & CO. KG. deutschen Kultur und mit den Deutschen überhaupt. Durch die Gründung des Programms »WOTUPRO« beim Studentenwerk konnte ich meine kulturelle Kompetenz erweitern. Im Ganzen DSW-Journal: Herr Kamdem, Sie sind im Jahr 1998 zum sind meine Erfahrungen in Deutschland seit 1998 positiv. Studium nach Deutschland gekommen. Warum haben Sie sich für ein Studium in Deutschland entschieden? DSW-Journal: Wie könnte die Integration ausländischer Stu- Kamdem: Bevor ich auf die Frage antworte, warum Deutsch- dierender in Deutschland verbessert werden? land, muss ich erst einmal die Frage beantworten, warum Kamdem: Am Prozess der Integration sind viele Akteure betei- überhaupt der Westen. Aus kameruner Sicht ist Studieren ligt, von deren Beitrag die Qualität der Integration abhängt. An im Westen für die Familie ähnlich wie eine Unternehmens- erster Stelle steht der Studierende selbst. Er muss die Sprache gründung. Damit wird der Student eine wichtige Säule für ordentlich lernen und die deutsche Kultur kennenlernen. Dies die Familie. Im Westen hat man die beste Chance, eine gelingt am besten durch Fleißarbeit im Sprachkurs und im gute Ausbildung zu erhalten, und sich später durch Arbeit Alltag sowie durch den frühen Aufbau eines deutschen Freun- finanzielle Sicherheit zu verschaffen. Nach meinem Abitur deskreises. Damit sich der Studierende nicht ausgegrenzt fühlt, hatte ich die Wahl zwischen einem theoretischen und einem ist die Unterstützung der gesamten deutschen Gesellschaft erfor- anwendungsorientierten technischen Studium. In Kamerun derlich. Dies setzt jedoch ein vorurteilsfreies Miteinander und ist die universitäre Ausbildung eher theo­rielastig, während in die Bereitschaft voraus, eine andere Kultur kennen zu lernen. Europa die Praxisorientierung eine große Rolle spielt. Mit Wichtig sind auch die Medien und die Politik. Die überwiegend Zustimmung meiner Familie durfte ich mir ein Land aussu- negativ gefärbte Berichterstattung über einen ganzen Kontinent chen, das mir die besten Chancen bietet, meine Ziele und wie Afrika stärkt nicht das Akzeptanzgefühl bei ausländischen die der Familie zu erreichen. Mein Herz hatte schon sehr Studierenden und bekräftigt einige Deutsche in ihren Vorur- früh für Deutschland geschlagen, als ich Deutsch als zweite teilen. Trotz der aktuellen bundespolitisch positiven Zeichen Fremdsprache im Gymnasium auswählte. Ein Pluspunkt für bei der Integration, bilden für mich zum einen der respektvolle Deutschland war das sehr begehrte »Made in «, das und vorurteilsfreie Umgang zwischen Ausländern und Einhei- in Kamerun – wie überall auf der Welt – als Synonym für mischen sowie zum anderen die gegenseitige Akzeptanz und der Qualität steht. Außerdem gab es in der Gesellschaft einige Wunsch, den anderen kennen lernen zu wollen, die wichtigsten Vorbilder aus den deutschen Unis, die ihr tägliches Brot Voraussetzung für ein Gelingen der Integration. Darum wün- gut verdienen konnten. All dies zusammen hat mich nach sche ich mir mehr Menschen wie Christian Bender, meinen jet- Deutschland geführt. zigen Chef, und mehr Organisationen wie das Studentenwerk, die die Fähigkeiten von Ausländern nicht anzweifeln und ihren DSW-Journal: Welche Erfahrungen haben Sie als auslän- Aufbau fördern. discher Studierender in Deutschland gemacht? Kamdem: Anfangs war es schwierig, sich durchzusetzen. DSW-Journal: Warum sind Sie nach Ihrem Studium in Schon die Sprache stellte eine große Hürde für die Entfal- Deutschland geblieben? tung des Geistes dar. In den Vorlesungen und AG’s bestand Kamdem: Es spielten mehrere Gründe eine Rolle: Die Faszina- die Schwierigkeit darin, von Kommilitonen akzeptiert zu tion für’s Land, der Drang, Erfahrung zu sammeln, die Chance werden. Ab und zu mussten sogar unsere Dozenten die zur persönlichen Entfaltung zu nutzen, an der Seite meines neu deutschen Kommilitonen dazu ermutigen, Ausländer in den aufgebauten Sozialkreises zu bleiben. Ein weiterer Grund ist die Arbeitsgruppen zu akzeptieren. Sie sind jedoch hilfsbereit, fehlende Politik für Rückkehrer in Kamerun – insbesondere für

sobald sie eine gewisse Entschlossenheit und Zielorientierung technisch Hochqualifizierte. Foto: privat

DSWJOURNAL 03/2008 

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„Ich kann mich nicht für die Welt interessieren und die Augen vor ihren Problemen verschließen.“ Maybrit Illner Moderatorin

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