Das Kongo-System – Cichlidengattungen Und -Arten Anton Lamboj
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DCG Info Mai 2012.qxp:DCG Info Februar 2012 (fertig).qxd 20.04.2012 8:06 Uhr Seite 94 Das Kongo-System – Cichlidengattungen und -arten Anton Lamboj Das Kongo-Fluss-System ist das artenreichste in Afrika. Es ist zudem nach dem Amazonasbecken das zweitgrößte Flusssystem der Welt. Insgesamt bedeckt es ca. 4.000.000 km!, was etwa der Fläche des indischen Subkontinents entspricht. Es zeichnet sich durch eine hohe Vielfalt an Lebensräu- men aus, darunter auch Stromschnellen, Sümpfe und Seen. Etwas Geografie den meisten anderen Teilen des Kongo-Systems Der obere Kongo wird auch als Lualaba bezeich- so gut wie keine oder nur sehr selten kommerziel- net, er entspringt in Sambia, von wo aus er nord- le Sammlungen zu uns. wärts nach Kisangani fließt. Dort ändert er die Vor allem der unteren Kongo besitzt eine große Richtung nach Westen und fließt dann weiter Anzahl von endemischen Fischgattungen und - nach Südwesten, Richtung westafrikanische arten. Darunter sind auch mehrere Cichlidengat- Küste, wo er in den Atlantik mündet. Bedeutende tungen, die nach derzeitigem Wissensstand eben- Zuflüsse sind sowohl im Norden (zum Beispiel in falls endemisch sind. Der interessanteste Teil des Kamerun der Dja River) und im Süden (zum Bei- Flusses erstreckt sich von den ersten Strom- spiel Kasai) zu finden. Die meisten Fischarten, die schnellen in der Nähe von Kinshasa bis zu jenen zu uns in die Aquarien kommen, werden im oder stromaufwärts von Matadi. Dies ist die weltweit um den so genannten Malebo Pool gesammelt, längste Stromschnellen-Region! Teile des Flusses der Region um die beiden Hauptstädte Kinshasa in der Nähe von Kinshasa, bevor die Strom- und Brazzaville. Seltener gelangen auch Arten aus schnellen beginnen, sind sehr flach (manchmal der Region Lac Mai Ndombe zu uns, die etwas nur etwa einen Meter tief), aber weiter stromab- nordöstlich vom Pool liegt. Leider kommen aus wärts kann der felsige Kanal der Stromschnellen 94 DCG-Informationen 43 (5): 94-112 [Limberg Box Patch : TrimBox [0] BleedBox [3] MediaBox [10] Patch : Page 2] DCG_Info_Mai_2012.pdf DCG Info Mai 2012.qxp:DCG Info Februar 2012 (fertig).qxd 20.04.2012 8:06 Uhr Seite 95 Gegenüber, oben und unten: Der Unterlauf durchaus eine maximale Tiefe von bis zu 200 des Kongo ist von Stromschnellen geprägt, Meter erreichen. Somit hält der unteren Kongo in denen viele rheophile Cichlidenarten eine Menge vielfältiger, spektakulärer und sehr anzutreffen sind. Die Stromschnellen stel- extremer Lebensräume bereit, was sicherlich len natürlich Barrieren da, die auf ähnliche einen großen Einfluss auf die dortigen Artbil- Weise zur Artenbildung beitragen können dungsprozesse hatte. wie Inseln bei terrestrischen Tierarten. Jede Gruppe von Buntbarschen, die aus ande- ren afrikanischen Regionen bekannt ist, kann DCG-Informationen 43 (5): 94-112 95 [Limberg Box Patch : TrimBox [0] BleedBox [3] MediaBox [10] Patch : Page 3] DCG_Info_Mai_2012.pdf DCG Info Mai 2012.qxp:DCG Info Februar 2012 (fertig).qxd 20.04.2012 8:06 Uhr Seite 96 man auch im Kongo-System finden: Haplochro- besonders der Unterlauf hervorzuheben, und hier mini, Tilapiini, Lamprologini, Chromidotilapiini, wiederum die Region der großen Stromschnel- Hemichromini, Pelmatochromini und Tylochromi- len. ni, auch wenn einige Gruppen oder Arten inner- halb einer Gruppe auf nur kleine Gebiete Heterochromis und Tylochromis beschränkt sind. Eine ganz besondere Art — beziehungsweise Insgesamt kann man das Kongo-System sicher Gruppe — sind die monospezifischen Hetero- als herausragendes Beispiel für die vielfältige chromidae: Heterochromis multidens ist der einzi- Gestalt von Fließgewässern betrachten. Dabei ist ge bekannte Vertreter der Gattung und mögli- Oben und gegen- über: Es gibt im Stromsystem des Kongo jedoch auch viele andere Biotope. Links: Heterochromis multidens ist eine sehr ursprüngliche Cichlidenart. 96 DCG-Informationen 43 (5): 94-112 [Limberg Box Patch : TrimBox [0] BleedBox [3] MediaBox [10] Patch : Page 4] DCG_Info_Mai_2012.pdf DCG Info Mai 2012.qxp:DCG Info Februar 2012 (fertig).qxd 20.04.2012 8:07 Uhr Seite 97 Rechts: Tylochromis cf. lateralis ist ein mittelgroßer Bunt- barsch, der im weibli- chen Geschlecht ovophiler Maulbrü- ter ist. cherweise der ursprünglichste noch heute leben- sind. Die Art ist in den meisten Regionen des de Buntbarsch — und er ist nur im Kongo-System Nordens (zum Beispiel im Dja-River-Einzug) zu finden. H. multidens ist ein groß werdender sowie nördlich des Malebo Pools im mittleren Substratlaicher (maximale Größe über 30 Zenti- Kongo zu finden. meter) mit einem zumindest für Offenbrüter Eine ebenfalls mehr basale phylogenetische relativ gut entwickeltem Geschlechtsdimorphis- Position innerhalb der afrikanischen Buntbarsche mus: Männchen bilden einen Buckel auf dem hat die Gattung Tylochromis. Diese Buntbarsche Kopf aus, während Weibchen ein wenig bunter sind mittelgroß bis groß (zwischen 20 und 30 [Limberg Box Patch : TrimBox [0] BleedBox [3] MediaBox [10] Patch : Page 5] DCG_Info_Mai_2012.pdf DCG Info Mai 2012.qxp:DCG Info Februar 2012 (fertig).qxd 20.04.2012 8:07 Uhr Seite 98 Zentimeter) und in West- und Zentralafrika Oben: Tilapia tholloni werden regelmäßig generell weit verbreitet. Daneben gibt es noch eingeführt. eine Art, die im Tanganjikasee vorkommt. Die meisten Tylochromis aber kommen im Kongo len sie im Aquarium immer einen Blickfang dar und seinen Nebenflüssen vor. Als Jungtiere und — spätestens dann, wenn sie ausgewachsen sind. halb erwachsen haben sie meist eine sehr Die Grundfärbung der adulten Tiere ist sehr unscheinbare Färbung. Erwachsene Exemplare beeindruckend, mit ihren silbrigen oder golde- zeigen — soweit die Lebendfärbung bei den ein- nen punktierten Schuppen ähneln sie oft den zelnen Arten schon bekannt ist — einen relativ südamerikanischen Satanoperca- und gut entwickelten Geschlechtsdimorphismus und Geophagus-Arten. Bisher konnte keine Art der -dichromatismus. Die Männchen sind immer viel Gattung erfolgreich gezüchtet werden, wobei größer und zeigen ein Punktmuster und/oder erste eigenen Beobachtungen sowie Informatio- Linien in den unpaaren Flossen, während die nen über das Verhalten im Freiland zeigten, dass Weibchen nicht über diese Färbung verfügen, Tylochromis ovophile Maulbrüter im weiblichen dafür aber eine rötliche Farbe im Mundwinkel Geschlecht sind und keine Paarbindung zeigen. aufweisen. Jungtiere präsentieren ein typisches Natürlich müssen Tylochromis und Heterochro- Muster mit dunklen, vertikalen Streifen auf dem mis in großen Behältern gepflegt werden, wobei Körper, wobei jeder zweite Streifen relativ kurz ist sich aber Heterochromis relativ friedlich zeigt, und sich vom Rücken nur bis zur Mitte des Kör- auch gegen Artgenossen, während die intraspezi- pers erstreckt. Tylochromis-Arten sind im Hobby fische Aggressivität bei Tylochromis sehr hoch ist leider selten und werden meist nur durch Zufall — ein großes Männchen zusammen mit zwei importiert. Wenn sie jedoch verfügbar sind, stel- Weibchen ist das Maximum an Tieren einer Art 98 DCG-Informationen 43 (5): 94-112 [Limberg Box Patch : TrimBox [0] BleedBox [3] MediaBox [10] Patch : Page 6] DCG_Info_Mai_2012.pdf DCG Info Mai 2012.qxp:DCG Info Februar 2012 (fertig).qxd 20.04.2012 8:07 Uhr Seite 99 für ein Aquarium von zwei Meter Kantenlänge. Oben: Oreochromis niloticus gehört zu den Andere Arten werden nicht sehr stark attackiert. großen Cichliden aus dem Flusssystem des Kongo: mehr als 50 cm Länge... Tilapiine Cichliden Tilapiine Cichliden sind innerhalb der Region Mitglieder der Gattungen Sarotherodon und mit mehreren Gattungen vertreten. Regelmäßig Oreochromis sind ebenfalls vorwiegend größer im Handel zu bekommen, aber leider meist werdende Cichliden, und einige Arten kommen unterbewertet und viel zu wenig beachtet, sind auch im Kongo-System vor. Arten beider Gattun- Angehörige der Gattung Tilapia. Diese Substrat- gen sind deutlich weniger bunt als Tilapia und laicher sind in mehreren Arten zu finden. Ihre zeigen ein grundsätzlich anderes Brutverhalten: korrekte Artbestimmung ist jedoch oft schwierig, Die Mitglieder beider Gattungen sind Maulbrü- da einige der ursprünglichen Beschreibungen ter. In erster Linie sind hier agame Maulbrüter zu sehr alt und somit nur sehr knapp gehalten sind, finden, bei denen die Weibchen die Brutpflege ein Teil des Typusmaterials nicht in bestem erledigen, aber bei Sarotherodon sind es manch- Zustand ist und viele Arten nur anhand von kon- mal auch beide Geschlechter, bei S. melanotheron serviertem Material, aber nicht als lebende Tiere sogar nur das Männchen alleine. bekannt sind. Aufsammlungen der letzten Jahr- Einige Arten aus der Gattung Oreochromis zehnte waren vielfach nur spärlich, und aufgrund gehören der Untergattung Nyassalapia an, die der schwierigen politischen und wirtschaftlichen auch als Geissel-Tilapien bezeichnet werden. Situation in den meisten Ländern dieser Region Hier besitzen die Männchen an der Genitalpapil- ist auch heute nicht viel gutes Material verfügbar. le gut entwickelte Anhänge, die als Ei-Attrappe Einige Tilapia-Arten werden — zumindest dem dienen (zum Beispiel bei S. lepidura). Leider sind Namen nach — regelmäßig importiert (zum Bei- Geissel-Tilapien sehr selten in der Aquaristik ver- spiel T. tholloni oder T. congica), aber es ist anzu- treten, während die besser bekannten Arten der nehmen, dass ein Teil dieser eingeführten Tiere Gattung oft zu einer enormen Größe heranwach- tatsächlich Vertreter anderer, vielleicht noch sen. O. nilotiocus kann zum Beispiel mehr als 50 unbeschriebener Arten sind. Meiner Ansicht Zentimeter Gesamtlänge erreichen!