W. A. Mozart, Die Entführung 3 Es Darf Hier Nicht Verschwiegen Werden, Dass an Der Aus Dem Serail

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W. A. Mozart, Die Entführung 3 Es Darf Hier Nicht Verschwiegen Werden, Dass an Der Aus Dem Serail W. A . M O Z A R T Die Entführung aus dem Serail The Abduction from the Seraglio KV 384 Herausgegeben von / Edited by Gerhard Croll Urtext der Neuen Mozart-Ausgabe Urtext of the New Mozart Edition Bärenreiter Kassel · Basel · London · New York · Prag TP 311 VORWORT Mit dem Blick auf die ersten anderthalb Jahre vorangetriebene Arbeit ins Stocken kommen Mozarts in Wien (Mai 1781 bis August 1782) und sich dann so lange hinziehen. Zunächst erscheint uns die Entführung wie eingespannt die von Mozart für die Fertigstellung der drei zwischen zwei für Mozart lebensentscheidende Aufzüge mitgeteilten Daten: Daten und Ereignisse: Auf der einen Seite der 30. Juli 1781: Beginn der Arbeit (Brief vom Bruch mit dem Erzbischof, die Befreiung vom 1. August 1781). Salzburger Hofdienst (9. und 10. Mai 1781); auf 22. August 1781: „der erste Ackt von der opera der anderen die Hochzeit mit Constanze Weber ist nun fertig.“ (4. August 1782) und, wenn nicht ein „Bruch“, 7. Mai 1782: Mozart hat der Gräfin Thun den so doch ein Zerwürfnis mit dem Vater und, „2:t Ackt vorgeritten“ (Brief vom 8. Mai nach monatelanger Auseinandersetzung, die 1782). Loslösung von ihm. Schließlich – und das muss 30. Mai 1782: Mozart spielt der Gräfin Thun hier andeutend für den größeren biographi- „den 3:ten Ackt“ vor (Brief vom 29. Mai schen Zusammenhang genügen – fällt in die 1782). letzte Phase der Arbeit an der Entführung die für den Komponisten Mozart so wichtige Be- Anfangs hatte es so ausgesehen, als ob Mozart gegnung mit Musik von Händel und Bach bei die Musik zu dem ihm von Gottlieb Stephanie Gottfried van Swieten. d. J. (1741–1800) am 30. Juli 1781 überbrach- Zu keinem Werk Mozarts – sieht man vom ten Singspiel Bellmont und Constanze, oder: Die Idomeneo ab – sind so viele eigene Aussagen Entführung aus dem Serail eine Operette in drey überliefert wie zur Entführung. Anders als dort Akten von C. F. Bretzner (Leipzig 1781) zum fehlen hier allerdings die Antwortbriefe Leo- vorgesehenen Termin – Besuch des russischen polds. Mitten im Erfolg der ersten Auffüh- Thronfolgers Mitte September – liefern könnte. rungen der Entführung musste Wolfgang die Als erste Nummern wurden „die aria ex A vom bitterste Enttäuschung erleben durch das „so adamberger [No. 4] […] die von der Cavallieri gleichgültige, kalte schreiben“, mit dem der ex B [No. 6] […], und das Terzett [No. 7] in Vater auf die ihm übersandte Partitur des Wer- einem Tage Componirt – und in anderthalb kes reagierte. Alle väterlichen Gefühle schie- tägen geschrieben“. Nach drei Tagen lag etwa nen sich unter dem Eindruck von Wolfgangs die Hälfte des ersten Aufzugs vor. Nach zehn Verbindung mit dem Hause Weber in demons- Tagen waren – in chronologischer Folge der trative Gleichgültigkeit gegenüber einem Werk Entstehung aufgezählt – die Nummern 4, 6, 7, gewandelt zu haben, das ihm den Namen 2 und 5b fertig. Das bedeutet: Mozart hatte alle „Konstanze“ entgegenhielt. in Bretzners erstem Aufzug vorhandenen Ge- sangstexte komponiert. Hätte Mozart die Ar- beit in diesem kaum vorstellbaren Tempo vo- Entstehung der „Entführung“ rangetrieben, so hätte die erste Aufführung der Entführung tatsächlich Mitte September 1781 Ein Zeitraum von zehn Monaten – eine für stattfinden können. Über die Verschiebung des Mozarts Opernschaffen ungewöhnlich lange russischen Staatsbesuches auf November war Zeit – liegt zwischen Beginn und Fertigstellung Mozart „recht froh“, weil er nun seine „opera der Partitur von Mozarts Singspiel in drei Auf- mit mehr überlegung schreiben“ konnte; „vor zügen Die Entführung aus dem Serail. Äußere aller heiligen lasse ich sie nicht aufführen. – und innere Gründe ließen die anfangs unter denn da ist die beste Zeit – da kömmt alles von starkem Zeitdruck stehende und deshalb rasch Lande herein“. Spekulierte Mozart hier noch III auf eine Aufführung zu Ehren des russischen zu tilgen“. Vaudeville (No. 21a) und Chor der Besuches, so wurde ihm bald klar, dass dafür Janitscharen (No. 21b) sind ebenfalls neu. Den- inzwischen andere Anordnungen getroffen noch ist nach genauem Vergleich und mit dem worden waren: Bereits am 31. Juli hatte Kaiser Blick auf die Entstehung von Mozarts Parti- Joseph II. aus Versailles angeordnet, für den tur die inspirierende Kraft des Bretznerschen Besuch aus Russland die besten Komödien „Buches“ hoch einzuschätzen. und Opern zur Aufführung vorzubereiten, an erster Stelle Glucks Iphigenie auf Tauris (in deut- scher Fassung), daneben Alceste (italienisch). In Proben und der ersten Septemberhälfte hielt man bereits erste Aufführungen in Wien „proben über Proben im theater“, an denen Mozart regen Anteil nahm. Vorübergehend Am 3. Juni 1782 begannen die Proben zur Ent- dachte er daran, seinen Münchener Idomeneo führung. Sie zogen sich bis zur Generalprobe ebenfalls ins Deutsche übersetzen zu lassen über sechs Wochen hin. Theater und Orchester und umzuarbeiten, was zweifellos auf Kosten waren Mozart wohlvertraut. „Inwendig ist es der Entführung gegangen wäre. Aus Wolfgangs schön, aber nicht groß“, heißt es in einer zeit- Brief an den Vater vom 26. September 1781, genössischen Beschreibung des Burgtheaters. der fast ganz diesem Werk gewidmet ist, er- Die Dimensionen der Bühne geben dem Recht: fahren wir, dass bis dahin vom zweiten Auf- Die Maße betrugen 9,20 Meter in der Breite, zug nur „eine aria [wahrscheinlich No. 8] […] fünfzehn Meter in der Tiefe (zuzüglich acht und das Saufduett/: per li Sig:ri vieneri:/“ Meter Hinterbühne). Die wie ein Schalltrichter [No. 14] fertiggeworden waren. Das Arbeits- wirkende Bühne und die Holzkonstruktion tempo hatte sich verlangsamt, nun trat beinahe des Innenraumes ergaben eine ausgezeichnete Stillstand ein. Neben den geschilderten äuße- Akustik, vor allem für die Sänger. „Das Or- ren Gründen sind dafür auch innere verant- chester besteht aus vierzig Stimmen, die gut wortlich zu machen: Der Komponist griff stär- beherrscht und eingewöhnt sind.“ Diese Anga- ker in die Gestaltung des Textes ein. ben aus dem Jahre 1777 gelten annähernd auch Im ersten Aufzug war Bretzners Dichtung für die achtziger Jahre. Die Stammbesetzung weitgehend unangetastet geblieben. Nur den des Orchesters umfasste je sechs Violinen, vier Text der „kleinen Ariette“ (No. 1) hatte Stepha- Violen, je drei Violoncelli und Kontrabässe, je nie auf Wunsch Mozarts aus Bretzners erstem zwei Flöten, Oboen, Klarinetten und Fagotte Belmonte-Monolog gewonnen, und Osmins sowie je zwei Hörner und Trompeten und ein „neue“ Arie (No. 3) war von Mozart selbst Schlagzeug. „dem H.: Stephani ganz angegeben“ worden. Trotz einer starken „Cabale“ fand die Pre- Bei der Arbeit am zweiten und dritten Aufzug miere am 16. Juli 1782 eine „gute aufnahme“, entfernten sich Mozart und Stephanie mehr wie Mozart in dem am 20. Juli, einen Tag nach und mehr von Bretzners „Buch“: im zweiten der zweiten Aufführung geschriebenen Brief Aufzug sind vier von Bretzners neun Gesangs- an seinen Vater berichtete. Die Ausführenden nummern, im dritten nur noch eine (von fünf) waren: übriggeblieben. Durchgreifend umgestaltet und Selim, Bassa . Dominik Joseph Jautz verändert wurde der Schluss. Da ist zunächst Konstanze . Caterina Cavalieri die Lösung des Knotens. Der Bassa, der bei Blonde . Therese Teyber Bretzner in Belmonte den eigenen Sohn er- Belmonte . Valentin Adamberger kennt, verzeiht nun – im Geist Lessings – dem Pedrillo . Johann Ernst Dauer Sohn seines Erzfeindes und trägt ihm auf, Osmin . Ludwig Fischer zu verkünden: „es wäre ein weit größer Ver- gnügen, eine erlittene Ungerechtigkeit durch Mozarts Bemerkungen über die „Cabale“ und Wohltaten zu vergelten, als Laster mit Laster das „Verzischen“ eines ganzen Aufzugs bei IV den ersten beiden Aufführungen lassen auf an- (Aufzug II). Mit der Partitur zusammenge- gezettelte Intrigen schließen; sie wurden offen- bunden sind die von Mozart aus Platzmangel bar bald eingestellt. Bereits die dritte Auffüh- separat geschriebenen „Teilpartituren“: Bläser- rung fand nach Mozarts Bericht vom 27. Juli und Schlagzeugstimmen zu den Nummern 5b, 1782 „allen applauso […] und das theater war 11, 14, 16, 21a und 21b. Das Autograph der wider ohngeacht der erschröcklichen hitze ge- No. 10 – in Mozarts Originalpartitur bis auf strozt voll. […] die leute kann ich sagen sind die letzten beiden Seiten durch eine Kopisten- recht Närrisch auf diese oper. – es thut einem abschrift ersetzt – befindet sich in Schweizer doch wohl wenn man solchen beyfall erhällt.“ Privatbesitz. Das gesamte autographe Partitur- Die fünfte Aufführung fand unmittelbar vor manuskript stand für die Edition zur Verfü- Mozarts Hochzeit am 4. August statt, die sech- gung. ste (am 6. August) „auf begehren des glucks“: Aus der großen Zahl der vor ca. 1810 ent- „gluck hat mir vielle Complimente darüber standenen Partiturabschriften wurden zwei gemacht. Morgen speise ich bey ihm.“ Erst und diese aus besonderen Gründen für die nach der elften Aufführung, die am 8. Oktober vorliegende Edition herangezogen: und nun endlich in Anwesenheit des russi- 1. Österreichische Nationalbibliothek Wien, schen Großfürstenpaares stattfand, trat eine Partiturkopie, eine „Ersatzpartitur“ mit Eintra- längere Pause ein. Bis zum Ende der Spielzeit gungen Mozarts, vor allem Vortragsbezeich- 1782/83 erlebte die Entführung insgesamt fünf- nungen (Dynamik), aber auch einzelne Nach- zehn Aufführungen, d. h. mehr als doppelt so träge von Instrumentalstimmen (z. B. in der viele, wie andere Erfolgsstücke dieser Spiel- Ouverture: Pauken und Triangel). zeit. Ins Burgtheater, aus dem das deutsche 2. Partiturkopie im Besitz der Staatsbiblio- Singspiel mit Beginn der Spielzeit
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