DIE ZEIT -?- Jsfr
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Wirtschaft: Seiten 29 bis 32 DOSSIER Nr. 40 —• 28. September 1979 Seite 25 Skandal-Schwaden über Hamburg: Ein Junge mußte sterben, ehe der Staat mit einer mör- derischen Chemie-Klitsche aufräumte. Jetzt stellte sich heraus: Das Kind war nicht das erste Opfer. Kampfstoffe lagerten im Freien und die Behörden schauten weg. Warum? Nervengas im Hinterhof Noch f iiHen sich Hamburgs Spitzenpolitiker unschuldig an der Umweltkatastrophe des Jahres Nebelgranaten aus der Giftküche des Dr. Hugo Stoltzenberg: Bundeswehrsoldaten der ABC-Schutztruppe müssen in Hamburg beim „Mülltransport" helfen Aufnahme: Peter Kahler amburg-Eidelstedt ist nicht die schönste Besitzer darauf hin, daß er keine Genehmigung worden. 'Indes — Vermutungen der Kriminal- Chemikers acht Tabun-Granaten; zwei von ihnen Gegend der Freien und Hansestadt Ham- zur Sprengstoffverarbeitung habe. Dem Besitzer, polizei, die Kinder hätten sich an heimlichen scheinen leck zu sein — sie werden mit Gips- Hburg. Die Anrainer zahlreicher Fabriken Dr. Hugo Stoltzenberg, war dies schon be- Sprengstoffvorräten des Vaters versucht, bestä- manschetten abgedichtet. Das ominöse Nerven- sind tosenden Lärm und industriellen Gestank kannt; er kümmerte sich nicht darum. tigten sich nicht. Die Lieferstelle der jugendli- gas aus der Giftküche des Dritten Reiches hätte leidvoll gewohnt. Doch einmal wurde es auch —; einmal freigelassen — das Bundesliga-Spit- Jahre später,. am 6. September 1979, ver- chen ; Chemie-Amateure war, wie 'sich bald her- ihnen zuviel; beim Hamburger Arbeitsschutz- zenspiel gewiß vorzeitig beendet: Nur 400 Mil- nimmt ein Bewohner des Hauses Lüdersring ausstellen sollte, „öffentlich" im schlechtesten amt beschwerten sich empörte Bürger, daß sie „in 137, nicht weit von. Stoltzenbergs: Chemie-Klit- Sinne. ligramm Tabun pro Kubikmeter Luft können regelmäßigen Abständen von orangeroten Gas- : einen Menschen binnen 60 Sekunden töten. sche entfernt, „einen kurzen schnellen . Schlag Am. 10. September, vier Tage nach dem Ex ' Ein merkwürdiger Zufall hatte die Entdek- wolkett überzogen würden, die durch donnernde wie aus einer 10,5-Haubitze". Aus dem Keller Ein Bericht von Margrit Gerste, Josef Sofie plosionsunglück, erfährt ein Polizeibeamter am kung dieses infernalischen Ultragiftes beschleu- Explosionen von den Stoltzenbergs ausgelöst des Hauses quält sich ein schwer verletzter und Michael Naumaim unter Mitarbeit von Krankenbett der Verletzten, woher die tödli- werden". nigt -— zu dem Aufräumüngskommando, das die 13 jähriger'Junge: „Geht alle weg, holt schnell Joachim NawrocM (Berlin), Horst Bieber, chen Chemikalien stammten — vom schlecht Han'seaten bei der Bundeswehr anforderten, Es handelte sich um Atombombenpilze — der umzäunten Gelände der Firma Dr. Hugo-Stolt- die Polizei, wir wollen ins Krankenhaus." Herbert Fricke, Veit Ruppersberg (Hamburg) gehörte ein Hauptmann Korzfleisch . aus der nachgemachten. Art. Die „Stmkfabrik" (nach- Der 13jährige Schüler Thomas Ludwig und zenberg an Hamburgs Schnackenburgallee 167. barschaftlicher Jargon) der Chemie-Firma Stolt- ABC-Schutztruppe in Munster. Er war früher sein gleichaltriger Freund Stephan Behrmann Fünf Tage später — im nahe gelegenen Völks- ausgerechnet Lehrling und Laborant der Firma zenberg produzierte in den sechziger Jahren für überlebten ein selbst angerührtes „Chemie-Ex- parkstadion schauen gerade 50 000 Hamburger Stoltzenberg — und Korzfleisch erinnerte sich die Bundeswehr sogenannte „Darstellungsmit- periment" im Keller mit schweren Verletzun- den Bemühungen ihres HSV gegen den l.'FC nun, wenn auch spät, an das tödliche Tabun im tel'' fürs Manövergelände; die A-Bomben- gen; doch für den achtjährigen Bruder Oliver Der Vater,. Kai-Heinz Ludwig, war 1975 Kaiserslautern zu — entdecken eilig herbeige- Klo. Töpfe probierte sie ohne Erlaubnis gleich in der Ludwig kam alle Hilfe zu spät. Er lag mit zer- wegen seiner .Zugehörigkeit zur terroristischen rufene Bundeswehrsoldatea der. ABC-Schutz- Die Bevölkerung im Urnkreis von 500 Metern Stadt, vor der Fabrik-Baracke aus. Ironischer- fetztem Unterleib tot zwischen verbranntem „Debus-Bande" zu fünfeinhalb Jahren Ge- truppe in einer abgeriegelten, ausgedienten Toi- weise wies Hamburgs Gewerbeaufsichtsamt den Phosphor und Schwarzpulver. fängnis verurteilt, jedoch frühzeitig entlassen lette dieses tödlichen „Kinderspielplatzes" des % Fortsetzung nächste Seite Per Senator ist ein zukunfts- Auftrieb an Vorder- und Hinter- blick auf Komfort; Sicherheit und Geschwindigkeitsbereich wesent- weisendes Automobil Seinen achse und ermöglicht außerordent- . Neutralität des Kurveriverhaltens lich zu beeinflussen. hervorragenden Ruf verdankt er lich günstige Werte für den Kraft- beispielhaft ist In seiner Funktionalität ist der nicht nur dem einhelligen Lob stoffverbrauch, ' 5-Gazig-Getnebe.* Der zusätz- Senator ein neuer Maßstab für der Automobilexperten, sondern Das souveräne Fahrvethalten liche 5. Gang ist als Leistung, Komfort, dem Urteil derer, die.ihn fahren. des Senator wird bestimmt durch Schongang ausgelegt Sicherheit und Senator Der Senatorhatsich auf unseren das sorgfältig abgestimmte Fahr- Er bewirkt bei glei- Wirtschaftlichkeit Straßen durchgesetzt Sein funk- werk: Einzelradaufhängung cher Fahrgeschwin- Den Senator .gibt Eine funktioneile tionelles Konstruktionsprinzip bei allen vier Rädern - vom nach digkeit eine Senkung' es in den drei Aus- •wurde zum Maßstab. dem Prinzip der McPherson- der Motor-Drehzahl, stattungsvarianten: So folgt die Form des Senator Federbeinachse - hinten mit un- spart dadurch Kraft- Senator, Senator C, Alternative konsequent den Gesetzen der abhängigen Dreiecks-Schräg- stoff und mindertden Senator CD. Aerodynamik: Sie verringert Fahrt- lenkern. Beim Senator wurde ein . Verschleiß, ohne die . wind zur Norm. windgeräusche, vermindert den Fahrwerk verwirklicht, das in Hin-' Fahrleistung im hohen Die Aöfc. zeigt den Senator C. Technische Daten: 2,81^-Motpr, 103 kW 040 PS); 3.01-S-Motor, 110 kW (150 PS); 3.01-E-Motor, 138 kW U80 PS). SENATORS ADAM OPEL Aktiengesellschaft 26 DOSSIER DIE ZEIT -?- JSfr. 4® — 28. September 1979 Dr. Stoltzerrberg, 1883-1974: Immer „unzuverlässig", aber genial - ein Chernikerderalten Schule © Fortsetzung von Seite 25 wird evakuiert — insgesamt 200 Anrainer. 60 Betriebe mit l SCO gefährdeten Arbeitnehmern der Umgebung schließen vorübergehend. Ham- burgs Bürgermeister Klose eilt aus seinem Sylter Urlaub herbei, und der Giftgas-Skandal entfal- tet sich über dem Land wie einst Dr. Hugo Stoltzenbergs getürkte Atompilze über den ar- men Leuten von Eidelstedt. Denn auf dem Fa- brikgelände des Dr. Hugo Stoltzenberg und sei- nes schludrigen. Nachfolgers Martin Leuschner fanden sich nach acht Tagen Aufräumungsar- beiten genau 48 Tonnen Gift- und Sprengstoffe, darunter britische Mörsergranaten, 40 Kisten deutsche Nebelgranaten, 16 Tonnen Giftstoffe der Klasse l wie Arsen, -Strychnin und Zyanka- Stöltzenbgrgs ßift- li. Während Feuerwehr und Soldaten durch den Fabrlk von 6!d<sl- Chernomüll wateten, entzündeten sich immer stedt: Mahr als wieder Phosphormengen; Nebeltöpfe gingen 200 Hämbuf'ösr hoch, als sei's ManÖverzeh. Beamte haben sie Helles Entsetzen riefen die absolut tödlichen überprüft - und • Kampfstoffe unter den phantastischen Fundsa- taten nieht& chen hervor: 35 Liter Tabun, zwei Liter Phos- Aufnahme: gen und zwölf Stählflaschen mit dem Ersten- Thb/tiäs Gfimm/dpa Weltkriegs-Kampfstoff Chlorgas. Nichts war niet- und nägelfest verpackt, jeder hätte sieh bedienen können. Bürgermeister Klöse, bleich eine,-Nadibarn.hielten ihn für einen lie- richten. Es gab zwei Büroräume, und ,,uo. und kaum gefaßt, versagte die Phantasie; „Das S benswürdigen Herrn »der alten Schule", die Ecke", auf einem bisher nicht identifizier- alles ist so tingeheuerlieh, das kann nlaii kaum korrekt ß$fl}«jh und leicht skurril. Der Harn- ten Gelände, soll die Firma nach Angaben glauben. Wahrscheinlich", fügt er hinzu, „ist bürge* Chemiker Dr. Hu|ö Stoltzenberg ist Ein Leben für den Tod eines früheren Angestellten einen „kleinen kriminell gehandelt worden." In der Tat. Die vor füttf Jähren als 90jährtger gestorben. Laden" mit Werkstatt besessen haben. Das Frage lautet nur — von wem? £öfte. Hinterkssensfihäft wird itl diesen Tagen Berliner Büro existierte immerhin von 1939 Für die oppositionelle CDU in Hamburgs von Männern mit Gasmasken sortiert. Ultragifte für jedermann: Dr. Hugo .Stoltzenberg bis in die sechziger Jahre; 1972 wurde Stolt- Bürgerschaft ist der Fall klar: Hans-Ulrich Zu Lebzeiten galt Stoltzenberg als Experte zenbergs Firma aus dem Berliner Handels- Klöse, der jetzt noch in der bekömmlichen Pose für HochgiftigeS und Undurchsichtiges s Er register gestrichen. des bürgernahen Anklägers von Behörden- produzierte und delaborierte zumal Nebelker- offizier" ein „gefahrloses Arbeiten" mit den Dr. Stoltzenberg, der bejammert, daß man Hamburg blieb Stoltzenbergs Fabrika- schlamperei auftritt, sei der eigentliche Schuldi- zen 'vom Typ „DM t" für die Bundeswehr. „etwas unheimlichen Stoffen" ermöglicht •*—• ihn um sein kostbares Gut betrogen habe. Man tionszentrum. Auf städtischer Fläche nutzte ge. Sein Vergehen: „Organisationsversagen". Hunderte von Besuchern aus deutschen Be- inklusive Preislisten für die Apparaturen und vergißt darüber, daß das in der Nachbar- der besessene Chemiker allerlei Produk- Mit einem historisch gewagten .Bild .prophezeien hörden marschierten zwischen 1947 und 1979 Ausgangschemikalien. Ein Mordsbuch für schaft menschlicher Wohnungen lagernde tionsgenehmigungen für Tränengas, lleiz- durch Stoltzenbergs alte Fabrik; allemal jedermann.