Zur Verbreitung Von Rhizotrogus Cicatricosus Muls., 1842 in Deutschland Und R
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Philippia. Abhandlungen und Berichte aus dem Naturkundemuseum im Ottoneum zu Kassel Jahr/Year: 2013-2015 Band/Volume: 16 Autor(en)/Author(s): Schaffrath Ulrich Artikel/Article: Zur Verbreitung von Rhizotrogus cicatricosus Muls., 1842 in Deutschland und R. marginipes Muls., 1842 in Hessen (Coleoptera: Scarabaeidae, Melolonthidae) 261-266 PHILIPPIA 16/3 S. 261-266 3 Abb. Kassel 2015 Ulrich Schaffrath Zur Verbreitung von Rhizotrogus cicatricosus Muls., 1842 in Deutschland und R. marginipes Muls., 1842 in Hessen (Coleoptera: Scarabaeidae, Melolonthidae) Abstract somit ein Erstnachweis für Hessen. Er kommt Rhizotrogus cicatricosus Muls., in Germany hier gemeinsam mit R. aestivus (Oliv.) vor. known only from a few xerotherm chalky places in Bavaria and Thuringia, could be documented Der jetzt entdeckte Lebensraum in der hes- at first time also for Hesse. sischen Rhön erfüllt die Anforderungen, die Occurrence of Rhizotrogus marginipes Muls. die Art an der Nordwestgrenze ihrer Verbrei- up to this time only known from the country tung stellt: Es ist ein sonnenexponierter, xe- round Frankfurt in south and Wetzlar in the rothermer Südhang mit Muschelkalkboden. middle part of Hesse. Now it was found also in Alle bislang bekannten Vorkommen der Art in northern part near Lake Eder. Deutschland wurden auf Kalk- bzw. Gipsbö- den gefunden. Das Hauptverbreitungsgebiet von Rhizotrogus cicatricosus liegt in Südwest- Zusammenfassung Europa: Nord-Spanien. Frankreich, Nordwest- Der in Deutschland nur von wenigen trocken- Italien, Sardinien, Schweiz (BARAUD 1992). warmen Kalkhängen in Bayern und Thüringen Nach Angaben verschiedener Beobachter er- bekannte Rhizotrogus cicatricosus Muls. konn- scheint der Käfer sehr früh im Jahr. Da sein Vor- te erstmals auch für Hessen belegt werden. kommen auf sehr warme Lagen beschränkt ist, Rhizotrogus marginipes Muls. war in Hessen wird er oft schon ab März gefunden, es sind bislang nur aus dem Frankfurter Raum sowie aber auch Nachweise bis zum Juni bekannt aus Mittelhessen bei Wetzlar bekannt. Er konn- geworden (zwei Belege aus Elfershausen te jetzt auch in Nordhessen am Edersee nach- sind mit „Juli 1988“ bezettelt, Irrtum?). Der gewiesen werden. Schwarmflug von Männchen und Weibchen beginnt stets gleichzeitig in der letzten Däm- merung kurz vor Einbruch der Nacht und Rhizotrogus cicatricosus Mulsant, 1842 dauert nur etwa 15 bis 20 Minuten. Die Käfer Hessen, Friedewald, Dreienberg, Südhang fliegen dabei niedrig über dem Boden an Kup- (Abb. 1), 14.5.-7.6.2014, 1 Expl. m in Boden- pen und Hangkanten, setzen sich dann gerne falle, leg. U. Schaffrath (Abb. 2). Der Käfer war auf Kiefernbüsche oder -bäumchen; dort findet aus Hessen bisher nicht bekannt, der Nach- auch die Copula statt (vgl. RÖSSNER 2012, weis vom Dreienberg in der nördlichen Rhön ist PREDIGER 1902, ROSENHAUER 1871 u.a.). 262 Ulrich Schaffrath Zur Verbreitung von Rhizotrogus cicatricosus Muls. und R. marginipes Muls. 263 Fundort der Art und bemerkt allgemein: „Die 1927 bis 1929 stellt er zur Flugzeit im April-Mai Brachkäfer und deren Larven schaden durch den Insekten nach, wobei er einen Ziegenmel- Fressen ähnlich wie die Maikäfer“ (KITTEL ker (Caprimulgus europaeus) als vermutlich 1879: 52). weit erfolgreicheren Konkurrenten erwähnt. Den Angaben Petrys folgend konnte der Au- 1902 publiziert Georg PREDIGER einen Nach- tor die Art mühelos am gleichen Fundort 1998, weis des Käfers, den er „vor einigen Jahren“ also genau 70 Jahre später, wieder auffinden, (1894 nach RÖSSNER 2012) an einem Berg ebenso wie schon Rößner 1993 (RÖSSNER südlich von Coburg fand, außerdem aus sei- 1996, 2012). nem Heimatort Rottenbach (nördlich Coburg, nicht R. östlich Ilmenau), wo er den Käfer nach Weitere Nachweise gibt es aus dem Zechstein- eigenen Angaben 1901 erstmals auffinden gürtel am Südabfall des Kyffhäuser-Gebirges kann (nicht 1877, vgl. RÖSSNER 2012). Seine aus verschiedenen Jahren sporadisch von Belege lässt er von Friedrich Julius Schilsky in 1934 bis 2001 (Bad Frankenhausen, Katten- Berlin und Ludwig Ganglbauer in Wien prüfen. burg, Kosakenberg, Ochsenburg, Sachsen- Gangl bauer, Kustos im Wiener Hof museum, burg; RÖSSNER 1999, 2012, vgl. MOHR 1966). kann dabei direkt mit Exemplaren aus Erlangen In Thüringen wurde der Käfer außerdem aus vergleichen, die Rosenhauer einst selbst „ge- dem Raum Schmalkalden gemeldet (Roßdorf liefert“ hatte (PREDIGER 1902). In den Folge- 1994, 1999, Grimmenthal 1911, 1930, Herpf jahren forscht Prediger weiter und berichtet 1994; RÖSSNER 1999, 2001, 2012). Abb. 1: Blick vom Dreienberg bei Friedewald in Richtung Süden auf das Hessische Kegelspiel und zur Milseburg in der über seine Ergebnisse (PREDIGER 1904, 1905). Kuppenrhön. Foto: Franz Rahn. Seine Aufforderung an die Entomologen, nach Aus dem Coburger Gebiet existieren etliche seinen genauen Hinweisen ebenfalls nach der Nachweise beiderseits der thüringisch-baye- Die Populationen in den oftmals recht kleinen Orchideen und anderen seltenen Vegetations- Art zu suchen, bleibt aber bis 1906 ohne ein rischen Grenze (Coburg 1894-1898, Herbarts- Teilarealen können durchaus individuenstark elementen werden regelmäßig durch eine ihm bekanntes Ergebnis (PREDIGER 1906). wind 1906, Rottenbach 1901-1905, Harras und sein (JUNGWIRTH 2012). Schafherde beweidet und somit offengehalten. Eisfeld undatiert; RAPP 1934, RÖSSNER 2012). Ein am 22.4.1905 von Arthur Petry an der Kat- In Bayern wurden außerdem Funde bekannt tenburg ausgegrabenes Exemplar ist offenbar von Zeyern bei Kronach undatiert (RAPP 1934), Zum Dreienberg Zur Verbreitung von Rhizotrogus der erste Beleg vom Kyffhäuser in Thüringen Stettfeld bei Bamberg 1978 (RÖSSNER 1996, Anfang der sechziger Jahre des 20. Jahr- cicatricosus in Deutschland (PETRY 1929, vgl. RÖSSNER 2012). Erst viele 2012). Ältere Funde gibt es neben denen aus hunderts wurden die bis dahin existierenden Erstmals wird R. cicatricosus von Wilhelm Gott- Jahre später kommt Petry dazu, seine Nachfor- dem Erlanger Raum ca. 1860 (ROSENHAUER Kalkäcker am Südabfall des Dreienbergs mit lob Rosenhauer für Deutschland belegt. Er schungen zu dem Käfer zu intensivieren. Von 1871) außerdem aus der Gegend um Neuburg/ Kiefern aufgeforstet. Nach einem Schneebruch fand den ihm neuen Käfer „vor Jahren“, wie er im Winter 1981/82 kamen überraschend zahl- 1871 schreibt, auf einem Jurakalk-Höhenzug Abb. 2: 2014 gelang der reich seltene Vertreter der Ackerbegleitflora nordöstlich von Erlangen in Franken (Bayern). Erstnachweis von Rhizo- (Segetalflora) wieder zum Vorschein B( ARTH Zuerst stellt er ihn am Hetzleser Berg bzw. trogus cicatricosus Muls. & ENGEL 2006). Die örtliche NABU-Gruppe in Lindelberg zwischen Neukirchen und Gräfen- in Hessen in den Kalk- Friedewald setzte daraufhin die Beseitigung berg fest, später auch an der Katze bzw. dem magerrasen im Süden des Dreienbergs. des jetzt hoch gewachsenen Baumbestandes Teufelstisch bei Igensdorf (ROSENHAUER 1871). Foto: Franz Rahn. durch. Die ehemaligen Kalkäcker werden seit der Mitte der 1980er Jahre wieder nach his- Nach der französischen Originalbeschreibung torischem Vorbild bewirtschaftet (Dreifelder- identifiziert er den Käfer richtig als R. cicatri- wirtschaft). Dadurch konnte sich die wertvolle cosus, zur Sicherheit legt er aber dem in Lyon Pflanzengemeinschaft regenerieren N( ATUR- lebenden Erstbeschreiber der Art, Étienne SCHUTZBUND DEUTSCHLAND, GRUPPE DREIEN- Mulsant (1797-1880), Erlanger Exemplare vor; BERG o.J.). dieser bestätigt die Bestimmung seines frän- In den Südhangbereichen wurden zudem meh- kischen Kollegen. ROSENHAUER veröffentlicht rere Wacholder entfernt, die sich in den Jahren seine Beobachtungen zu dem in Deutschland ohne Pflegemaßnahmen stark vermehrt hat- neu entdeckten Käfer 1871. Georg Kittel nennt ten. Die artenreichen Magerrasen des Dreien- in seinem Verzeichnis der bayerischen Käfer berg mit Silberdistel, Mondraute, zahlreichen wenige Jahre später ebenfalls nur Erlangen als 264 Ulrich Schaffrath Zur Verbreitung von Rhizotrogus cicatricosus Muls. und R. marginipes Muls. 265 Abb. 3: Verbreitungskarte von Rhizotrogus Flora sehr gut kennt). Leider ist es eine Tat- heim, 27.4.2011, 1 Expl., leg. Berger (BRENNER cicatricosus Muls. in Deutschland. sache, dass bisher kaum oder gar keine um- 2013). Einen mittelhessischen Fund meldet ©: Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, Frankfurt am Main. fangreicheren Untersuchungen zur Käferfauna A. Schmidt aus Wetzlar-Magdalenenhausen, aus ähnlichen Biotopen wie dem Dreienberg 23.6.1998, 1 Expl. in Bodenfalle (SCHMIDT 1. Kyffhäuser-Gebiet vorliegen. Zudem fliegt die Art meist sehr früh 2002, vgl. SCHAFFRATH 2003). 2. Friedewald 3. Roßdorf/Schmalkalden im Jahr, wenn sonst noch kaum ein anderes 4. Meiningen aktives Insekt zu finden ist, und fast in völliger 5. Coburg Dunkelheit, so dass aus diesen Gründen bis- Kahle Haardt 6. Kronach/Zeyern her niemand in möglicherweise geeigneten Die Kahle Haardt in den Edersee-Steilhän- 7. Hammelburg 8. Stettfeld/Bamberg Biotopen nach dem Käfer gesucht hat. gen ist eines der bedeutendsten und unbe- 9. Erlangen rührtesten Biotope in ganz Hessen. Aufgrund 10. Regensburg/Hohenfels Darüber hinaus ist abzuwarten, ob das Tier ihrer Steilheit und daraus folgender Unzugäng- 11. Greding nicht auch in Baden-Württemberg aufgefunden lichkeit blieben hier Fauna und Flora weitge- 1 12. Solnhofen 13. Ingolstadt/Neuburg werden kann. Immerhin nennt Allenspach das hend unzerstört. In den uralten Eichen und grenznahe Basel