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100 JAHRE FRAUENWAHLRECHT

KATALOG DER 49 PORTRÄTIERTEN FRAUEN IM KAISERSAAL

LIDA GUSTAVA HEYMANN

„Auf uns komme es darum an. Ihr Frauen und Mädchen habt den Mut zum Neuen, habt den Mut zum Glück.“ Tony Sender

1918 wurde das Frauenwahlrecht in Deutsch- Projekten, Materialien und Hintergründen. land eingeführt, 1919 konnten Frauen das erste Zudem haben Sie die Gelegenheit, einige der Mal wählen. Anlässlich dieser Jubiläumsjahre Protagonistinnen im Rahmen der Ausstellung erstrahlt der Kaisersaal vom 9. bis 27. März „Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht“ 2018 in besonderem Glanz. Statt der Kaiser wieder zu treffen. Die Ausstellung eröffnet am und Könige des Heiligen Römischen Reiches 30. August 2018 im Historischen Museum Deutscher Nation stehen die zentralen Akteurin- Frankfurt und lenkt die Aufmerksamkeit auf die nen der internationalen ersten Frauenbewegung Frauen, die zur Entstehung der Weimarer um 1900 auf ganz besondere Weise im Republik und zur Einführung des Frauenwahl- Mittelpunkt. rechts in Deutschland beitrugen. Der Kampf für Frauenrechte und Gleichberechtigung im JOHANNA Das Frauenreferat und das Historische Museum Kaiserreich sowie in der jungen Weimarer der Stadt Frankfurt präsentieren 49 lebensgro- KIRCHNER Republik stehen im Mittelpunkt. ße Porträts von Protagonistinnen der ersten Mehr Infos dazu auf historisches-museum-frank- 1889 − 1944 Frauenbewegung im Saal. Die Auswahl der furt.de/damenwahl Protagonistinnen erfolgte durch das Historische HELENE WEBER HELENE STÖCKER Bereits mit 14 Jahren engagierte sich Museum in Zusammenarbeit mit dem Archiv Wir empfehlen außerdem die Postkartenserie 1881 − 1962 Johanna Kirchner, geb. Stunz, politisch in der deutschen Frauenbewegung in Kassel und „Frankfurter Frauenpower“ des Frauenreferates. 1869 − 1943 der Sozialistischen Arbeiter-Jugend und bildet die Vielfalt frauenbewegter Positionen Hier werden die 13 Frankfurterinnen aus der trat mit 18 Jahren in die SPD ein. jener Zeit ab. Internationale, nationale und Reihe in Form von Kurzbiografien und mit Helene Weber war Mitbegründerin und Helene Stöcker absolvierte ein Studium Johanna Kirchner war 1919 und 1920 lokale Akteurinnen sind zu finden. Es sind Zitaten vorgestellt. Diese können im Frauen- Vorsitzende des Vereins Katholischer der Nationalökonomie, Literatur und Vorstandsmitglied der Frankfurter Frauen, die eher konservativ, progressiv oder referat angefordert oder auf der Homepage Sozialbeamtinnen und konzentrierte sich Philosophie, welches sie 1901 mit der MSPD und Zeitungsberichterstatterin radikal auf unterschiedlichen Wegen für das frauen-macht-politik-ffm.de herunter geladen besonders auf die berufliche Frauenbil- Promotion in Bern abschloss. Ihr Enga- der Partei auf Kongressen und Parteiver- gleiche Ziel kämpften: Die gleichberechtige werden. dung, Jugendwohlfahrt und Familie. Sie gement galt u.a. der Sexualreform und anstaltungen. Kirchner engagierte sich Teilhabe von Frauen am politischen und war 1919 Zentrumsabgeordnete in der dem Mutterschutz. Mit ihren Forderun- Die Besuchszeiten für den Kaisersaal sind im Ersten Weltkrieg in der kommuna- gesellschaftlichen Leben, das Frauenstimm- Weimarer Nationalversammlung, danach gen nach einer selbstbestimmten Sexuali- täglich von 10 bis 17 Uhr. Hier ist eine Rück- len Wohlfahrtspflege und danach beim recht. im Preußischen Landtag und bis 1933 im tät auch außerhalb der Ehe stieß Stöcker sprache mit der Protokollabteilung erforderlich. Aufbau der 1919 gegründeten Arbeiter- Deutschen Reichstag. Nach Kriegsende bei vielen ihrer Mitstreiterinnen auf Ab- Die Errungenschaften dieser Frauen bestimmen Diese erreichen Sie unter 069/212-34920. wohlfahrt. Sie machte in der Weimarer war sie Mitglied des Parlamentarischen lehnung. Im Ersten Weltkrieg erweiterte noch immer unsere Gegenwart. Ihr Einsatz für Republik politische Karriere. Als Wider- Im vorliegenden Katalog werden die Frauen Rates und gilt als eine der „vier Mütter sich ihr Denken um radikal pazifistische Demokratie und Gleichberechtigung hat standskämpferin gegen den National- ausführlicher vorgestellt. Die Porträts sind darin des Grundgesetzes“. Von 1949 bis 1962 Positionen, so dass sie 1919 Gründungs- Frankfurt und Deutschland geprägt. sozialismus wurde sie 1944 im damaligen nicht alphabetisch sortiert, sondern in der gehörte sie dem Deutschen Bundestag an. mitglied der Internationalen Frauenliga Die Themen, die sie beschäftigten – Politik, Strafgefängnis -Plötzensee von den Reihenfolge, in der sie auch im Kaisersaal zu Weber setzte sich dafür ein, dass unter für Frieden und Freiheit (IFFF) wurde. Bildung, Arbeit, körperliche Selbstbestimmung Nationalsozialisten hingerichtet. sehen sind. Das erste Porträt finden Sie im der Regierung Konrad Adenauer 1961 Nach der nationalsozialistischen Macht- – haben nicht an Aktualität verloren. Vorlage: AdsD/Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn Kaisersaal über der Eingangstür, danach geht es wenigstens ein Ministerium der Regie- übernahme wanderte Stöcker über ver- Unter dem Motto „Frauen.Macht.Politik.“ wird im Uhrzeigersinn weiter. rung der Leitung einer Frau unterstellt schiedene Stationen in die USA aus, wo das Frauenreferat bis 2019 diese frauenpoliti- wurde. sie 1943 starb. sche Geschichte, ihre Erfolge und die Stärkung Weitere Informationen finden Sie auf unserer Vorlage: Kalenderblatt aus Frauenschaffen und Vorlage: Deutscher Frauengeist aus Dichtung und Wis- von Frauen- und Mädchenrechten in den Website frauen-macht-politik-ffm.de. Frauenleben, 23. März 1930, Bestand: AddF, Kassel senschaft, hrsg. von Flora Zöllner, Bd. 2, Lahr 1927, S. Mittelpunkt seiner aktuellen Kampagne stellen. 352a, Bestand: AddF, Kassel

Die eigens für die Kampagne erstellte Internet- seite frauen-macht-politik-ffm.de bietet Informa- tionen zu den geplanten Veranstaltungen,

3 HENRIETTE ADELHEID POPP ANITA AUGSPURG JOHANNA TESCH GOLDSCHMIDT 1869 − 1939 1857 − 1943 1875 − 1945 1825 − 1920 Adelheid Popp war als sozialistische Anita Augsburg war eine führende Johanna Tesch, geb. Carillon, war von Frauenrechtlerin die Begründerin der 1919 bis 1924 eine der ersten weiblichen Henriette Goldschmidt war eine Frauen- AASTA HANSTEEN Vertreterin des radikalen Flügels der LIDA GUSTAVA proletarischen Frauenbewegung in Öster- Abgeordneten der Weimarer Republik. rechtlerin und Pädagogin, die den Allge- 1824 − 1908 bürgerlichen Frauenbewegung. Zunächst HEYMANN reich. Selbst Arbeiterin gab sie ab 1892 Als Politikerin und Frauenrechtlerin meinden Deutschen Frauenverein (ADF) als Fotografin tätig, studierte sie ab 1893 die „Arbeiterinnenzeitung“ heraus, in der 1868 − 1943 setze sie sich in vielen Frankfurter 1865 gründete. Sie war eine Vordernkerin Jura in Zürich, wo sie auch promovieren sie die Lebensbedingungen von Frauen Aasta Hansteen war eine norwegische Frauenvereinen und der SPD sowohl für und -kämpferin der ersten deutschen konnte. Wichtige Themen waren für sie und die Ehemoral angriff. Zudem organi- Malerin, Schriftstellerin und Feministin. das Frauenwahlrecht als auch für bessere Frauenbewegung in Leipzig. Ihre Arbeits- die Frauenbildung und die soziale und Lida Gustava Heymann stammte aus sierte sie 1893 einen Streik, bei dem 600 Nach ihrer Rückkehr aus der Emigration Bildungschancen und Arbeitsbedingun- schwerpunkte waren die gleichberech- politische Gleichberechtigung. Sie grün- wohlhabendem Elternhaus und war Arbeiterinnen den 10-Stundentag forder- in die Vereinigten Staaten setzte sie sich gen für Arbeiterinnen und deren Töchter tigte Teilhabe von Frauen und Mädchen det 1902 den ersten deutschen ‚Verein für gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin ten. 1902 gründete sie den Verein sozial- 1880 besonders für die Gleichberechti- ein. Sie gründete mit weiteren Frankfur- am öffentlichen Leben und im Bildungs- Frauenstimmrecht‘. Während des Ersten Anita Augspurg führende Persönlichkeit demokratischer Frauen und Mädchen. gung der Frauen in Norwegen ein. Sie terinnen 1906 den Verein für weib- wesen. Sie setzte sich außerdem für ein Weltkriegs engagierte sie sich in der des radikalen Flügels der bürgerlichen Popp war von 1919 bis 1934 Abgeordnete kritisierte vor allem Kirche und Geist- liche Hausangestellte. staatliches Erziehungssystem und eine Friedensarbeit. Nach der Machtübergabe Frauenbewegung. Ab 1896 engagierte sie in der konstituierenden Nationalver- lichkeit als Institutionen der Unterdrü- an die Nationalsozialisten fand Augspurg sich in der Hamburger Ortsgruppe des Kindergartenpflicht ein. 1911 gründete „Meine Damen und Herren! Es be- sammlung, im Nationalrat der Ersten ckung von Frauen und die männerdomi- mit ihrer Lebensgefährtin Lida Gustava Allgemeinen Deutschen Frauenvereins Goldschmidt die Hochschule für Frauen steht kein Zweifel, daß es Aufgabe Republik Österreich und Vorsitzende des nierte Gesellschaft. Heymann Exil in der Schweiz, wo beide (ADF). Sie entfaltete ein großes publizis- in Leipzig, die zum Vorbild für viele der Regierung ist, den Arbeiter- Internationalen Frauenkomitees. Vorlage: Norwegische Nationalbibliothek, Oslo 1943 starben. tisches und frauenpolitisches Wirken zu weitere akademische Bildungsstätten für schutz so vollkommen wie nur mög- Vorlage: AdsD / Friedrich Ebert Stiftung, Bonn Vorlage: Vorlage: Jahrbuch für die Deutsche Frauenwelt, sozialpolitischen Themen, dem Kampf Frauen und Mädchen wurde. lich zu gestalten. Der gesetzliche Stuttgart 1899, Bild nach S. 220. Bestand: AddF, Kassel gegen die Reglementierung der Prostitu- Vorlage: Archiv der deutschen Frauenbewegung, Kassel Schutz ist ganz besonders notwendig tion und für Frieden. Heymann und Ani- für Frauen und jugendliche Arbeiter.“ ta Augspurg starben 1943 im Schweizer Vorlage: Historisches Museum Frankfurt Exil, in das sie vor den Nationalsozialis- ten geflohen waren. Vorlage: Bundesarchiv, Bild 146-1987-143-05/CC-BY-SA

4 5 ANNA EDINGER 1863 − 1929

Anna Edinger, geb. Goldschmidt, war eine der großen Stifterinnen der Frank- furter Universität, Frauenrechtlerin FRIEDERIKE NADIG LOUISE MARIE PFUNGST und Pazifistin. Sie engagierte sich in der ROSIKA 1897 − 1970 OTTO-PETERS 1862 − 1943 Frankfurter jüdischen Frauenbewegung SCHWIMMER 1819 − 1895 ebenso wie in überregionalen Gremien 1877 − 1948 zum Beispiel dem Bund Deutscher Die seit 1916 in der SPD wirkende Marie Pfungst war Vorstandsvorsitzende Frauenvereine. Seit 1893 gehörte sie dem MARIE BAUM Politikerin Friederike Nadig ist als eine der Frankfurter Naxos-Werke, 20 Jahre Louise Otto-Peters war Mitbegründerin Frankfurter Friedensverein an und reiste Rosika Schwimmer war eine ungarische der „vier Mütter des Grundgesetzes“ der lang Vorsitzende des Verbandes der 1874 − 1964 der bürgerlichen deutschen Frauenbewe- – entgegen der offiziellen Haltung der Feministin und Pazifistin. 1903 gründete Bundesrepublik Deutschland bekannt Frankfurter Frauenvereine und förderte gung, die während der Märzrevolution deutschen Frauenbewegung – 1915 zum sie den ersten ungarischen Arbeiterin- geworden. In der Weimarer Republik en- als Stifterin viele jüdische und allgemei- die von ihr begründete „Frauen-Zeitung“ Frauenfriedenskongress nach Den Haag. nenverein und war ab 1904 Mitglied im Marie Johanna Baum war eine Sozial- gagierte sie sich in der Arbeiterwohlfahrt. ne soziale Projekte. Sie rief zusammen herausgab. Als Schriftstellerin themati- Von den 1.126 Frauen aus 12 kriegsfüh- Ungarischen Feministinnenverein. 1913 wissenschaftlerin und Sozialpolitikerin, Sie war von 1930 bis 1933 Abgeordnete mit Jenny Apolant Realgymnasialkurse sierte sie die Not der Industriearbeiter renden und neutralen Ländern nahmen organisierte sie als Mitglied der Interna- die als Wegbereiterin der sozialen Arbeit des Westfälischen Provinziallandtages, für Mädchen in Frankfurt ins Leben, und befasste sich mit der gesellschaftli- 28 Frauen aus Deutschland teil. Nach tional Women Suffrage Alliance (IWSA) gilt. Sie zog 1919 für die Deutsche Demo- bis sie durch die Nationalsozialisten von richtete eine Freibibliothek mit Lesehalle chen Stellung der Frauen. Sie sah die Teil- Kriegsende engagierte sie sich weiter- in Budapest den bis dahin größten inter- kratische Partei als eine der ersten Frauen einem Berufsverbot belegt und ihrer für Arbeiterinnen und Arbeiter ein und nahme der Frauen an den Interessen des hin für die Internationale Frauenliga für nationalen Frauenstimmrechtskongress. in die Weimarer Nationalversammlung politischen Ämter enthoben wurde. Als gründete ein Heim für Frauen, die in Not Staates als Pflicht an. Otto-Peters berief Frieden und Freiheit. Während des Ersten Weltkrieges lebte sie ein. Nach ihrer Zeit als Reichstags- Mitglied des Parlamentarischen Rates geraten waren. Marie Pfungst wurde im 1865 die erste deutsche Frauenkonferenz in London und später in den USA. Dort abgeordnete (1921) widmete sie sich 1947/48 war Nadig an der Schaffung Nationalsozialismus nach über zehn Jah- nach Leipzig, aus der als erste regional „Wir wollen die geringe Zahl der- setzte sie sich für eine baldige Beendi- dem Aufbau des Fürsorgewesens. 1925 des Grundgesetzes und für die darin ren ihres Vorstandsvorsitzes beraubt und übergreifende Frauenorganisation der jenigen stärken, die versuchen gung des Krieges durch internationale gründete sie die Deutsche Akademie verankerte Gleichstellung von Frauen 1943 im KZ Theresienstadt ermordet. Allgemeine deutsche Frauenverein (ADF) einen Weg zu finden, wie der Krieg Vermittlung ein. Nach Kriegsende konnte für soziale und pädagogische Frauen- und Männern beteiligt. Die Abgeordnete Vorlage: Jüdisches Museum Frankfurt hervorging. schneller als es durch das Versagen sie nicht dauerhaft nach Ungarn zurück- arbeit. Drei Jahre später wurde sie an der des Nordrhein Westfälischen Landtags Vorlage: Archiv der deutschen Frauenbewegung, Kassel und Verbluten der Mächte einer kehren und floh 1920 nach Wien, 1921 in Universität Heidelberg beschäftigt. 1933 von 1947 bis 1950 wurde 1961 für ihr Seite geschehen kann, zum Ende zu die USA. Schwimmer war zu dieser Zeit musste sie alle Lehraufträge und Ämter politisches Engagement mit dem Großen bringen ist.“ Vizepräsidentin der Women´s Internatio- auf Druck der Nazis niederlegen. Baum Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Vorlage: Jüdisches Museum Frankfurt nal League for Peace and Freedom (IFFF) half dabei, Juden die Auswanderung aus Vorlage: Bestand Erna Wagner-Hehmke, Stiftung Haus Nazi-Deutschland zu ermöglichen. Nach der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und Mitarbeiterin im World Centre für dem Zweiten Weltkrieg übernahm sie mit Women᾿s Archives. 70 Jahren erneut einen Lehrauftrag an Vorlage: ATRIA Amsterdam der Universität Heidelberg. 1950 schrieb sie die Einführung zur Veröffentlichung des Tagebuchs von Anne Frank. Vorlage: Universitätsbibliothek Heidelberg

6 7 WHO IS WHO? WHO IS WHO?

ROSA GERTRUD LUXEMBURG GUILLAUME-SCHACK 1871 − 1919 1845 − 1903

Rosa Luxemburg war eine der einfluss- Gertrude Guillaume-Schack war eine Frau- reichsten Personen in der deutschen enrechtlerin und Aktivistin der Internatio- Arbeiter/innenbewegung. Aufgrund ihrer nalen Arbeiter-Assoziation mit Schweizer Mitgliedschaft in der Gruppe „Proletari- Staatsbürgerschaft. Hauptsächlich war sie at“ wurde sie gezwungen von Polen in die in Deutschland tätig. Sie thematisierte als Schweiz zu ziehen. Dort studierte sie ab eine der ersten Frauen öffentlich Sexualität 1890 an der philosophischen Fakultät der META QUARCK- FRIEDERIKE BRÖLL und stellte einen Zusammenhang zwischen AUGUSTE ANNA PAPPRITZ Universität Zürich und promovierte 1897. 1865 − 1952 weiblicher Armut und Prostitution als KIRCHHOFF 1861 − 1939 1893 gründete sie die Partei Sozialdemo- HAMMERSCHLAG sozialpolitischem Thema her. In Deutsch- kratie des Königreichs Polen (SDKP). 1864 − 1954 land reichte sie 1883 eine Petition an den 1867 − 1940 1897 zog Luxemburg nach Deutschland Friederike Bröll war ab 1900 Vorsit- Reichstag zur Abschaffung der Prostitution Anna Pappritz engagierte sich in der zende der Rechtschutzstelle für Frauen Sittlichkeitsbewegung. Sie verfasste und trat später der SPD bei. Weil sie 1903 Meta Quarck-Hammerschlag, geb. Hein- ein. Zudem rief sie u.a. 1884 in Offenbach Auguste Kirchhoff trat 1905 dem Bremer in Frankfurt, die es sich zur Aufgabe zahlreiche Artikel, übernahm 1899 den im Reichstagswahlkampf Kaiser Wilhelm richs, zog 1919 als erste Politikerin in den eine „Central-Kranken- und Begräbnis- Zweig des Deutschen Vereins für Frau- gemacht hatte, Frauen über ihre Rechte Vereinsvorsitz des deutschen Zweiges II kritisierte, wurde sie wegen Majestäts- Frankfurter Magistrat ein. kasse für Frauen und Mädchen“ ins Leben. enstimmrecht bei. Sie engagierte sich im Privaten wie Politischen aufzuklären der Internationalen Abolitionistischen beleidigung zu drei Monaten Gefängnis Sie leitete die Frankfurter Ortsgruppe 1885 publizierte sie „Die Staatsbürgerin“, für die Verbesserung der sozialen Lage und sich für Gleichberechtigung einzu- Föderation und gab über Jahre die verurteilt. Sie unterstützte die russische des Vereins für Frauenstimmrecht. Als die als erste deutsche Arbeiterinnenzei- lediger Mütter und ihrer Kinder. Als Pa- setzen. Bröll engagierte sich zudem im Zeitschrift „Der Abolitionist“ heraus. Revolution 1905. Ihr pazifistisches Enga- Sozialpolitikerin setzte sie sich u.a. im tung gilt. Im gleichen Jahr gründete sie zifistin setzte sie sich seit 1914 gegen den Allgemeinen Deutschen Frauenverband, Zusammen mit Alfred Blaschko gründete gement, das in zwei Reden in Frankfurt Frankfurter Hauspflegeverein ein. den Verein zur Vertretung der Interessen Krieg ein und nahm am Internationalen der sich auf nationaler Ebene für Frauen- Pappritz die Deutsche Gesellschaft zur 1913 Ausdruck fand – sie rief dazu auf, 1933 wurde die SPD-Politikerin ihres der Arbeiterinnen in der Schweiz, wurde Frauenfriedenskongress in Den Haag teil. rechte einsetzte. Sie reiste mit den beiden Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten den Kriegsdienst zu verweigern – führte städtischen Amtes durch die Nazis ent- dann jedoch aus Deutschland ausgewiesen. 1919 war sie Mitgründerin der Bremer Frankfurter Frauenrechtlerinnen Anna und wurde zu einer der wortgewaltigsten zu einem Prozess und einer Verurteilung hoben. Während des Zweiten Weltkriegs Nachdem sie nach London ausgewandert Ortsgruppe der Internationalen Frauen- Edinger und Bertha Pappenheim 1911 Sexualaufklärerinnen ihrer Zeit. zu 14 Monaten Gefängnis. Als die SPD zog sie sich auf das Land zurück. Nach war, schloss Guillaume-Schack sich dort liga für Frieden und Freiheit (IFFF) und zum Frauenstimmrechtskongress nach Vorlage: Die Frau, 38.1930/3, 7, S. 448, den Krieg unterstützte, war sie Mitgrün- 1945 unterstützte sie den Wiederaufbau der Socialist League an. organisierte 1922 deren Jahreskongress Stockholm und setzte sich als deutsche Bestand: AddF, Kassel derin der Spartakusgruppe. 1915 trat sie der von ihr mitbegründeten Frankfurter Vorlage: Thomas Mann Archiv, Zürich in Bremen. In der NS-Zeit wurden alle Delegierte des Internationalen Frauen- ihre zweijährige Haftstrafe an. Nach der Arbeiterwohlfahrt und erhielt 1952 das Vereine, in denen Kirchhoff tätig war, weltbundes für Frauenrechte und für Entlassung war sie weiter politisch aktiv, Bundesverdienstkreuz. aufgelöst und die IFFF verboten. die Einführung des Frauenwahlrechts in forderte die Abschaffung der Todesstrafe, Vorlage: Henriette Wottrich, Auguste Kirchhoff – Amnesie für politische Gefangene und „Die Anregung an einem Tage in al- Deutschland ein. Eine Biographie, Bremen 1990. sprach sich für eine Räteregierung in der len Orten ... große Demonstrations- Vorlage: Archiv der deutschen Frauenbewegung, Kassel Novemberrevolution aus. 1919 gründete veranstaltungen abzuhalten, welche sie zusammen mit anderen die KPD. Am die Gleichberechtigung für Frauen 15. Januar 1919 wurde sie gemeinsam mit verlangten, war ein glücklicher Ein- Karl Liebknecht verschleppt und ermor- fall.“ det. An ihrer und Liebknechts Beisetzung Vorlage: Historisches Museum Frankfurt nahmen über 100.000 Menschen teil. Vorlage: AdsD/Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn

8 9 EMMELINE PANKHURST 1858 − 1928

Emmeline Pankhurst war eine britische Suffragette und radikalfeministische Theo- TONY SENDER retikerin. 1902 gründete sie gemeinsam mit anderen in Manchester die „Women᾿s 1888 − 1964 Social and Political Union“, eine radikal- bürgerliche Frauenbewegung. Sie verfolgte Tony Sender trat 1910 als beruflich in Anlehnung an die Frauenbewegung BERTHA selbstständige Frau in die SPD ein. Ihr LOUISE ANTONIE PFÜLF der USA das Konzept eines gewaltlosen PAPPENHEIM 1879 − 1956 pazifistisches Engagement zeigt sich vor SCHROEDER 1877 − 1933 Widerstandes gegen die Unterdrückung allem an ihrer Teilnahme an der Inter- von Frauen. Aufgrund des Vorwurfes, an 1859 − 1936 nationalen Sozialistischen Frauenkonfe- 1887− 1957 einem Bombenanschlag beteiligt gewesen Marie Juchacz war aufgrund ihrer Her- renz 1915. An der Novemberrevolution Antonie Pfülf war eine SPD-Politikerin, kunft schon mit 14 Jahren gezwungen die 1919 die kurzzeitige Abschaffung des zu sein, wurde sie 1913 zu drei Jahren Haft Bertha Pappenheim war die Leiterin des 1918/19 nahm sie als Generalsekretärin 1947 bis 1948 war Louise Schroeder die zu arbeiten. Früh trat sie der SPD bei, Lehrerinnenzölibats in der Weimarer verurteilt. Ihre Inhaftierung löste eine Israelitischen Frauenvereins in Frankfurt des Frankfurter Arbeiterrates entschei- kommissarische Oberbürgermeisterin übernahm 1917 den Posten der zentra- Nationalversammlung durchsetzte. Frau- Reihe von Straßenschlachten zwischen und Gründerin des Jüdischen Frauen- denden Anteil. Für die USPD wurde sie . Bereits 1910 trat sie in die SPD len Frauensekretärin und wurde in den en konnten zuvor nur Lehrerinnen sein, Frauenrechtlerinnen und Polizei aus. Sie bundes 1904. Sie kam 1888 aus Wien schließlich Abgeordnete der Frankfurter ein und legte ihren Fokus auf die Berei- Parteivorstand gewählt. In der Weimarer wenn sie unverheiratet waren. Pfülf war trat während ihrer Haft in den Hunger- nach Frankfurt, wo sie durch ihre Kusine Stadtverordnetenversammlung und ab che Sozialpolitik und Gleichstellung der Nationalversammlung ergriff sie im eine der ersten weiblichen Abgeordneten streik und kam nach neun Tagen wieder Anna Edinger politisiert wurde und eine 1920 bis 1933 Reichstagsabgeordnete Frau. Sie war eine der 37 Frauen, die 1919 Februar 1919 als erste Frau das Wort zu in der verfassungsgebenden National- frei. 1914 wurde sie erneut verhaftet, als Ortsgruppe des Allgemeinen Deutschen (USPD/SPD). Im März 1933 floh sie vor in die Weimarer Nationalversammlung einer programmatischen Rede. Juchacz versammlung von Weimar. Sie setzte sie versuchte, König Georg V. eine Petition Frauenbundes aufbaute. Bertha Pappen- dem Nationalsozialismus in das Exil in gewählt wurden. Sie war bis 1933 durch- gehörte von 1920 bis 1933 auch dem sich außerdem für die gleichen Chancen zum Frauenstimmrecht zu überreichen. heim trat auf zahlreichen Kongressen als die USA und engagierte sich von dort gehend Abgeordnete des Parlaments. Berliner Parlament an und arbeitete an von Mädchen und Jungen in Schule und Die Fotographie davon, wie sie vor dem Rednerin auf und gründete viele Institu- aus u.a. in der UN-Menschenrechtskom- Ihren Lehrauftrag an der Universität Ber- vielen sozialpolitischen Gesetzen mit. Ausbildung ein. Seit Ende der 1920er Buckingham Palace von zwei Polizisten tionen, wozu Kindergärten und Bil- mission. lin musste sie aufgrund des Berufsverbots 1919 gründete sie die Arbeiterwohl- Jahre stellte sie sich entschieden gegen festgenommen wurde, wurde zu einem dungsstätten gehörten, u.a. das Mädchen- der Nationalsozialisten aufgeben ebenso fahrt. Die NS-Zeit erlebte sie zunächst im den Nationalsozialismus. Pfülf gehörte zu der bekanntesten Bilddokumente der wohnheim Neu-Isenburg. Sie engagierte „Auf uns kommt es darum an. Ihr wie ihre politischen Ämter. Nach dem Saargebiet, später im Exil in Frankreich den 94 Abgeordneten, die 1933 gegen das ersten internationalen Frauenbewegung. sich als Frauenrechtlerin besonders gegen Frauen und Mädchen habt den Mut Zweiten Weltkrieg gehörte Schroeder und in den USA. Nach 1945 war sie am Ermächtigungsgesetz der NSDAP stimm- Zu Beginn des ersten Weltkrieges stellte Frauen- und Mädchenhandel sowie zum Neuen, habt den Mut zum dem Gründungsausschuss der FU Berlin politischen Wiederaufbau in der Bundes- ten. Da sie zum Widerstand aufgerufen Pankhurst ihr feministisches Engagement gegen sexuelle Ausbeutung. Glück.“ an und gab bis 1950 die Zeitschrift „Das republik beteiligt. hatte, wurde sie kurzzeitig inhaftiert. Aus zugunsten des Einsatzes für den Frauen- Vorlage: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt sozialistische Jahrhundert“ heraus. Vorlage: ullstein bild Verzweiflung über die politischen Ent- dienst im Krieg ein. Pankhurst erkrankte in „In jeder Bewegung liegt etwas Vorlage: Helene Lange Archiv Berlin/Landesarchiv Berlin wicklungen in Deutschland nahm sich den 1920er Jahren schwer und starb 1928. ungemein Reizvolles.“ Pfülf am 8. Juli 1933 das Leben. Sie erlebte die Einführung des allgemeinen Vorlage: Jüdisches Museum Frankfurt Wahlrechts auch für Frauen in Großbri- Vorlage: AdsD/Friedrich Ebert Stiftung, Bonn tannien nicht mehr, das rund drei Wochen später, am 2. Juli 1928, in Kraft trat. Vorlage: Library of Congress, Washington

10 11 HELENE LANGE 1848 − 1930

Helene Lange engagierte sich für die weibliche Emanzipation durch Bildung im Allgemeinen Deutschen Lehrerinnen- LUISE ZIETZ verein (ADLV), im Allgemeinen Deut- JANE ADDAMS SOJOURNER 1865 − 1922 schen Frauenverein (ADF) und im Bund 1860 − 1935 TRUTH Deutscher Frauenvereine (BDF). Sie ver- 1798 − 1883 fasste 1888 eine Petition an das preußi- Luise Zietz engagierte sich früh in der Jane Addams war eine US-amerikanische sche Abgeordnetenhaus, welche u.a. eine SPD. Sie organisierte1896 den Wider- Feministin, Journalistin und Vertreterin LINA VON HUBERTINE Angleichung der (Aus)Bildung von Mäd- Sonjourner Truth war eine US-amerika- stand der Frauen im Rahmen des der Chicagoer Schule der Soziologie, die chen an die Standards der Jungen forder- nische Frauenrechtlerin und Wanderpre- SCHAUROTH AUCLERT Hamburger Hafenstreiks. Bis 1904 war sich in der Friedensbewegung Anfang te. Nachdem das Reichsvereinsgesetz von digerin, die sich für die Abschaffung der sie Vorsitzende des „Verbandes der der 1920er Jahre in den USA betätigte. 1874 − 1970 1848 − 1914 1908 Frauen den Zutritt zu politischen Sklaverei einsetzte. Nachdem sie 1825 aus Fabrik-Land-und gewerblichen Hilfsmit- Sie gilt als Wegbereiterin der Sozialen Parteien ermöglicht hatte, trat auch Hele- der Sklaverei floh, wandte sie sich femi- Die Künstlerin Lina von Schauroth, geb. arbeiter“ und für diesen Verband auch Arbeit und als eine der wichtigsten Hubertine Auclert war eine französische ne Lange zusammen mit Gertrud Bäumer nistischen und abolitionistischen Themen Holzmann, studierte am Städelschen als Vertreterin auf dem Gewerkschafts- Vertreterinnen der sogenannten Settle- Sozialistin und die erste Frau, die sich als und weiteren Frauenrechtlerinnen in die zu. Auf einer Frauenrechtskonvention Kunstinstitut in Frankfurt und wurde kongress. Als Rednerin und Publizistin mentbewegung. 1915 gründetet sie die Feministin bezeichnete. Sie gilt als einer Freisinnige Vereinigung (FVg) ein, die 1851 in Ohio hielt sie ihre legendäre Rede 1919 Mitglied des Deutschen Werk- überzeugend, wurde sie 1908 als erste Womens᾿s International League für Peace der ersten Aktivistinnen der französi- 1910 in der Fortschrittlichen Volkspartei „And ain’t I a woman?!“ (Und bin ich kei- bundes. Frauenrechte und Monarchie Frau in den Parteivorstand gewählt. 1911 and Freedom (IFFF) und sprach sich für schen Suffragettenbewegung. Unter dem (FVP) aufging. Im Krieg unterstützte sie ne Frau?), in der sie Gleichberechtigung schlossen sich in ihrem Weltbild nicht organisierte sie den ersten Internationa- Pazifismus aus. Außerdem übernahm sie Motto „Keine Pflichten ohne Rechte, den von ihrer Lebensgefährtin Gertrud forderte. Nach dem Amerikanischen aus: Schauroth war gleichzeitig Unter- len Frauentag in Deutschland. Zudem im selben Jahr die Leitung der Interna- keine Rechte ohne Pflichten“ gründete Bäumer gegründeten Nationalen Frauen- Bürgerkrieg setzte sie sich weiterhin für stützerin des Frankfurter Frauenclubs schrieb sie regelmäßig für sozialdemo- tionalen Frauenkonferenz in Den Haag. sie 1876 den ersten Frauenstimmrechts- dienst. Nach dem Ersten Weltkrieg war das Wahlrecht für Frauen und Schwarze und Zeit ihres Lebens Monarchistin, die kratische Frauenzeitschrift „Die Gleich- Darüber hinaus setzte sie sich früh für verein Frankreichs. In zahlreichen Reden Lange Mitbegründerin der Deutschen sowie gegen Rassentrennung ein. Truth auch vor einer Unterstützung des Ersten heit“. 1917 trat Zietz in die USPD ein, People of Colour ein. 1929 erhielt Adams und Artikeln sowie mit Petitionen trat Demokratischen Partei (DDP), für die sie war eine der Ersten, die eine Verbindung Weltkrieges und des Kapp-Putsches nicht gehörte 1919/20 der Weimarer National- als erste Amerikanerin für ihr soziales sie für die Bürgerrechte von Frauen auf 1919 in die Hamburgische Bürgerschaft zwischen Frauenrechten und den Rech- zurückschreckte. Gleichzeitig warb sie versammlung an und war danach bis zu Engagement den Friedensnobelpreis. allen Gebieten ein. Zudem kritisierte als Alterspräsidentin einzog und deren ten der Afroamerikanischen Bevölkerung für Frauenrechte und gestaltete um 1912 ihrem Tode Reichstagsabgeordnete der Vorlage: Library of Congress, Washington Auclert früh die doppelte Unterdrückung Ehrenvorsitzende sie später wurde. erkannte. das Design für die Frauen beratende Weimarer Republik in Berlin. (sexistisch und rassistisch) von Frauen im Vorlage: Staatsarchiv Hamburg Vorlage: Library of Congress, Washington Rechtsschutzstelle in Frankfurt. 1918 war Vorlage: AdsD/Friedrich Ebert Stiftung, Bonn damaligen französischen Algerien. sie Mitbegründerin der Deutschnationa- Vorlage: gallica.bnf.fr/Bibliothèque nationale de len Volkspartei (DNVP) in Frankfurt. Vorlage: Historisches Museum Frankfurt

12 13 HEDWIG DOHM ALETTA JACOBS ELISABETH ALICE PAUL 1831 − 1919 1854 − 1929 SELBERT 1885 − 1977 1896 − 1986 Hedwig Dohm war Frauenrechtlerin und Aletta Jacobs war eine niederländische Alice Stokes Paul war eine der führenden eine der ersten feministischen Theore- Ärztin und Frauenrechtlerin. Sie war die LILY BRAUN PAULA Suffragetten und Frauenrechtlerinnen Elisabeth Selbert war eine der sogenann- tikerinnen, die geschlechtsspezifische erste Frau in den Niederlanden, die die der USA. Gemeinsam mit anderen er- 1865 − 1916 ten „vier Mütter des Grundgesetzes“. MÜLLER-OTFRIED Verhaltensweisen auf kulturelle Prägun- offizielle Anerkennung zur Ärztin erhielt. kämpfte sie 1920 das Frauenwahlrecht Vor allem die Aufnahme der Gleichbe- gen zurückführte. Sie gilt als Vordenkerin 1882 gründete sie die erste Klinik für 1865 − 1946 in den USA. Sie lebte zuvor drei Jahre rechtigung („Männer und Frauen sind des Feminismus und forderte gleiche Geburtenkontrolle der Welt. Daneben Lily Braun war eine Frauenrechtlerin, in England und war dort Mitglied der Schriftstellerin und Sozialdemokratin, die gleichberechtigt“) ins Grundgesetz ist Ausbildung für Mädchen und Jungen. kämpfte sie für das Frauenwahlrecht auf Paula Müller-Otfried baute ab 1899 eine „Women᾿s Social and Political Union“. sich besonders für die Vereinbarkeit von ihr zuzuschreiben. Als Juristin kritisierte Außerdem sprach sie sich für das Frauen- nationaler wie internationaler Ebene. Ortsgruppe des Deutsch-Evangelischen Zurück in den USA gründete sie 1915 Mutterschaft und Lohnarbeit einsetz- sie das Scheidungsrecht und forderte ein wahlrecht aus. Sie gehörte während des So war sie ab 1902 die Vorsitzende der Frauenbundes auf, dessen Bundesvor- die radikale „National Women᾿s Party“. te. Schon früh befasste sie sich mit der Zerrüttungsprinzip, das in der BRD so Ersten Weltkriegs zu einer der wenigen niederländischen „Vereinigung für Frau- sitzende sie zwei Jahre später für über 30 Durch gezielte Protestaktionen und Stellung der Frau in der Gesellschaft und aber erst 1977 umgesetzt wurde. Da ihr Intellektuellen, die sich kritisch gegen- enwahlrecht“. 1915 organisierte sie den Jahre wurde. 1913 war sie Mitbegrün- Mahnwachen vor dem Weißen Haus ver- distanzierte sich immer mehr vom ade- Mann aufgrund von politischen Verfol- über dem Krieg äußerten. Im Frauen- ersten Frauenfriedenskongress in Den derin der Vereinigung konservativer suchte sie, die Öffentlichkeit auf ihre Zie- ligen Lebensstil, mit dem sie aufwuchs. gungen der Nationalsozialisten erwerblos verein „Reform“ und dem radikalen Haag, an dem ca. 1.500 Frauen aus zwölf Frauen und leitete im Ersten Weltkrieg le aufmerksam zu machen. Während des 1893 begann sie für die Zeitschrift „Frau- blieb, ernährte sie die Familie. Nach dem Verein Frauenwohl war sie Mitglied Ländern teilnahmen. Die Resolution den Nationalen Frauendienst in Hanno- Ersten Weltkrieges wurde sie, zusammen enbewegung“ zu schreiben und wurde Ende der NS-Zeit wurde Elisabeth Selbert und veröffentlichte zeitlebens mehrere der Frauen wurde den Krieg führenden ver. Nach Kriegsende wurde sie von 1920 mit anderen zu mehreren Monaten Haft Vorstandsmitglied des für umfassende für die SPD in den Parlamentarischen Essay-Bände und fast hundert Artikel in Regierungen überreicht. Außerdem bis 1932 – obwohl sie die parlamentari- verurteilt, woraufhin sie in den Hunger- Gleichberechtigung eintretenden Vereins Rat gewählt. Seit 1983 ist ein Preis der Zeitungen und Zeitschriften. In ihnen engagierte Jacobs sich bis kurz vor ihrem sche Staatsform ablehnte und zuvor das streik trat. Nachdem die Presse auf die „Frauenwohl“. Braun war Gründungs- Hessischen Landesregierung für die „An- setzte sich Dohm unter anderem kritisch Tod beim „Weltbund für Frauenstimm- Frauenstimmrecht bekämpft hatte – eine Haftbedingungen der Frauen aufmerk- mitglied des Bundes für Mutterschutz erkennung hervorragender Leistungen mit der Mutterliebe auseinander, die nach recht“. der ersten konservativen Politikerinnen sam machte und dies öffentliche Proteste und setzte sich für die Herabsetzung für die Verankerung und Weiterentwick- ihrer Ansicht nach kein natürlicher Trieb, Vorlage: ATRIA Amsterdam im Berliner Parlament. Für die Weimarer entfachte, wurde sie 1917 aus der Haft der Arbeitszeiten von Müttern ein. Ihre lung von Chancengleichheit von Frauen sondern etwas Anerzogenes sei. Nationalversammlung hatte sie kandi- entlassen. Paul setzte sich ihr Leben lang bekannteste Schrift „Die Frauenfrage“ und Männern“ nach Selbert benannt. Vorlage: Thomas Mann Archiv, Zürich diert. Neben der Arbeit als Reichstagsab- für Frauenrechte ein. ist eine Studie über die Entwicklung der Vorlage: Archiv der deutschen Frauenbewegung, Kassel geordnete der DNVP ging Müller-Otfried Vorlage: Library of Congress, Washington Stellung der Frau und über die bürger- wie bisher der kirchlichen und sozialen liche sowie proletarische Frauenbewe- Arbeit nach. gung. Vorlage: Archiv der deutschen Frauenbewegung, Kassel Vorlage: Lily Braun, Gesammelte Werke, hrsg. von Julie Vogelstein, Bd. 1, Berlin 1923, S. 0. Bestand: AddF

14 15 WHO IS WHO?

HELENE WESSEL 1898 − 1969

Helene Wessel war die erste Frau in der deutschen Parteiengeschichte, die zur ersten Vorsitzenden einer Partei gewählt MARIE E. LÜDERS MARIE STRITT wurde. 1949 übernahm sie den Partei- ELISABETH 1878 − 1966 1855 − 1928 vorsitz der Zentrumspartei im Bundes- WINTERHALTER tag. Als eine unter vier Frauen war sie 1859 − 1937 außerdem Mitglied des Parlamentari- Marie Lüders war eine der ersten Frauen, Marie Stritt arbeitete zunächst erfolgreich schen Rates und an der Ausarbeitung die in Berlin Staatswissenschaften studie- als Schauspielerin. Nach ihrem Bühnen- HENRIETTE FÜRTH ALICE SALOMON des Grundgesetztes beteiligt. Besonders OTTILIE W. ren konnte. 1921 promovierte sie über abschied wohnte sie in Dresden, wo sie setzte sie sich für die Festschreibung der 1861 − 1938 ROEDERSTEIN 1872 − 1948 die Aus-und Fortbildung von Frauen in in der Frauenbewegung aktiv wurde. Gleichberechtigung von Mann und Frau gewerblichen Berufen. Als Frauenrecht- Sie gründete 1894 die erste deutsche 1856 − 1952 ein. Vor dem zweiten Weltkrieg war sie lerin und Politikerin war sie die erste Frauenrechtsschutzstelle und protestierte Die Frauenrechtlerin und Publizistin Die deutschamerikanische Sozialrefor- Mitglied des Preußischen Landtages und Henriette Fürth, geb. Katzenstein, kämpf- merin Alice Salomon war Mitglied im Abgeordnete der Deutschen Demokrati- gegen den Entwurf des BGBs. Von 1899 Ottilie W. Roederstein und Elisabeth beschäftigte sich vor allem mit der Sozial- te für bessere Ausbildungs- und Arbeits- Bund Deutscher Frauenvereine (BDF). schen Partei (DDP) in der Weimarer Na- bis 1910 war sie Vorsitzende des Bundes Winterhalter ließen sich 1891 gemeinsam politik. Während des Krieges arbeitete bedingungen für Frauen aller Schichten Obwohl sie kein Abitur hatte, studierte tionalversammlung 1919. Sie ebnete den Deutscher Frauenvereine (BDF). Sie in Frankfurt nieder. Roederstein war eine sie in der Zentrale des katholischen Für- u.a. im erfolgreichen Neu-Isenburger sie dennoch an der Universität Berlin Weg dafür, dass Frauen Richterinnen und war redaktionell für den BDF tätig und anerkannte Porträtmalerin. Nach einer sorgevereins für Mädchen, Frauen und Wäscherinnenstreik, der 1897 nationale und promovierte 1906 in Philosophie zu Staatsanwältinnen werden konnten. 1926 wandte sich der Frage des Frauenstimm- Ausbildung in Zürich und Berlin hielt sie Kinder. 1951 rief sie zusammen mit Gus- Beachtung finden sollte. Sie engagierte „Ursachen der ungleichen Entlohnung gründete sie mit zwei weiteren Frauen rechts zu. Nach Einführung des Frauen- sich ab 1881 in auf und beteiligte tav Heinemann eine „Notgemeinschaft sich im Frankfurter Institut für Ge- von Männer- und Frauenarbeit“. 1908 den Deutschen Akademikerinnenbund. wahlrechts war ihre DDP-Kandidatur sich dort 1883 an einer Ausstellung im zur Rettung des Friedens in Europa“ ins meinwohl, bei der Arbeiterwohlfahrt gründete sie die soziale Frauenschule, Während der Zeit des Nationalsozialis- für das Parlament erfolglos. Stritt konnte Salon des Beaux Arts. Ihre Arbeit wurde Leben, mit dem Ziel, die deutsche Wie- und war Mitbegründerin des Jüdischen eine Fachhochschule für Sozialarbeit und mus musste sie alle Ämter niederlegen jedoch drei Jahre als Dresdner Stadträtin auf der Weltausstellung 1889 mit einer deraufrüstung zu verhindern. Nachdem Frauenbundes. Fürth war als Mitglied Sozialpädagogik. 1929 rief sie die Inter- und wurde für vier Monate inhaftiert. wirken. Silbermedaille ausgezeichnet. Roeders- die Zentrumspartei sich für eine Wieder- der MSPD von 1919 bis 1924 im Frank- national Association of Schools of Social Nach Ende des Zweiten Weltkrieges Vorlage: Helene Lange Archiv/Landesarchiv Berlin tein eröffnete u.a. ein Lehr-Atelier, das bewaffnung Deutschlands aussprach, trat furter Stadtparlament. 1931 wurde ihr Work ins Leben. 1933 wurde Salomon initiierte sie die Wiedergründung des ausschließlich Schülerinnen aufnahm. sie aus politischer Überzeugung aus der für ihr politisches und wissenschaftliches von der zur Emigration gezwun- Akademikerinnenbundes und wurde Elisabeth Winterhalter war die erste Partei aus. 1957 bis 1969 war sie für die Engagement die Ehrenplakette der Stadt gen. Gründe waren hierfür ihre jüdische außerdem Mitglied des Deutschen Juris- Frankfurter Frauenärztin. Sie schloss SPD Mitglied im Deutschen Bundestag. Frankfurt und die Ehrenurkunde der Herkunft, ihr offene Pazifismus und das tinnenbundes. ihr Medizinstudium in der Schweiz Bei der Diskussion über die Notstands- Universität Frankfurt verliehen. Eintreten für eine plurale und demokrati- Vorlage: Helene Lange Archiv Berlin/Landesarchiv Berlin 1890 mit einer Promotion ab. Studium gesetze 1968 ergriff Wessel ein letztes Mal sche Gesellschaft. und Promotion waren ihr im deutschen das Wort im Bundestag und positionierte „So wurde in Frankfurt durch mein Vorlage: Alice Salomon Archiv, Berlin Kaiserreich noch verwehrt. Beide setzten sich klar gegen den Gesetzesvorschlag. Husarenstück der erste deutsche sich für Ausbildungs- und Berufschancen Vorlage: Bestand Erna Wagner-Hehmke, Stiftung Haus Arbeiterinnenstreik unter Führung der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von Frauen u.a. im Frankfurter Verein der Rechtsschutzstelle für Frauen ... Frauenbildung-Frauenstudium ein. gewonnen.“ Vorlage: Privatbesitz Vorlage: Privatbesitz

16 17 DAMENWAHL! 100 JAHRE FRAUENWAHLRECHT 30. August 2018 –– 20. Januar 2019

Am 19. Januar 1919 war es soweit! Frauen konnten in Förderer Deutschland zum ersten Mal wählen und sich wählen las- Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)

sen. Mit der Novemberrevolution wurde der Weg frei für die Kulturfonds Frankfurt Rhein Main politische Gleichstellung von Frauen und Männern. Frauenreferat der Stadt Frankfurt Stabstelle für Frauenpolitik am Hessischen Das Historische Museum Frankfurt widmet deshalb dem Ministerium für Soziales und Integration JENNY APOLANT 100. Jubiläum der Einführung des Frauenwahlrechts Georg und Franziska Speyer’sche Hochschulstiftung Stiftung Polytechnische Gesellschaft 1874 − 1925 in Deutschland eine große Sonderausstellung, die mit internationalen Leihgaben spannende Einblicke vermittelt. Kooperationspartner/innen Jenny Apolant, geb. Rathenau, leitete ab Archiv der deutschen Frauenbewegung (AddF) – 1907 die „Zentralstelle für Gemeinde- Forschungsinstitut und Dokumentationsstelle CLARA ZETKIN GERTRUD in Kassel ämter der Frau“ in Frankfurt, die sich für Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf die Frauen, die zur Ent- 1857 − 1933 BÄUMER Cornelia Goethe Zentrum für Frauenstudien und die aktive Mitarbeit von Frauen in der stehung der Weimarer Republik und zur Einführung des die Erforschung der Geschlechterverhältnisse der 1873 − 1954 Kommunalverwaltung und für das Frau- Goethe Universität Frankfurt Clara Zetkin war eine führende Ver- enwahlrecht einsetzte. Apolant führte die Frauenwahlrechts in Deutschland beitrugen. Der Kampf für Frauenreferat der Stadt Frankfurt treterin der proletarischen Frauenbe- Gertrud Bäumer gelangte über den Leh- Krankenhausfürsorge in Frankfurt ein Kinothek Asta Nielsen wegung. Seit 1878 SPD-Mitglied, leitete Frauenrechte und Gleichberechtigung im Kaiserreich sowie rerinnenberuf zur Frauenbewegung. Sie und setze sich für Frauen und Mädchen Hamburger Institut für Sozialforschung sie 25 Jahre lang die Zeitschrift „Die in der jungen Weimarer Republik stehen im Mittelpunkt. Die war Vorsitzende des Bundes Deutscher in der Armen- und Waisenpflege sowie Maecenia Stiftung Frankfurt Gleichheit“, das publizistische Organ der Frauenvereine (BDF). Bei Kriegsbeginn im Schul- und Wohnungswesen ein. Mit Ausstellung zeigt darüber hinaus mit einem Ausblick in die Arbeiterinnenbewegung. 1907 wurde sie 1914 gründete sie den Nationalen Frau- Einführung des Frauenwahlrechts war sie auf der ersten Internationalen Konferenz jüngere Geschichte und Gegenwart, dass das historische endienst zur Kriegsunterstützung. Von von 1919 bis 1924 Stadtverordnete der sozialistischer Frauen zur Vorsitzenden 1919 bis 1932 war Bäumer Abgeordnete Deutschen Demokratischen Partei. Die Thema in aktuellen Debatten etwa um den Gender Pay Gap, des Internationalen Frauensekretariats der DDP bzw. Deutschen Staatspartei weiblichen Abgeordneten unterstützte sie gewählt. Während des Ersten Weltkrie- Quoten, §218 und #MeToo immer noch präsent ist. und erreichte 1920 als erste Frau den mit gezielten Schulungen in der von ihr ges lehnte sie die SPD-Politik ab, schloss Posten einer Ministerialrätin. Ab 1933 gegründeten Politischen Arbeitsgemein- sich 1919 der KPD an und war bis 1933 näherte sie sich zunächst der NS-Frauen- schaft. Reichstagsabgeordnete. Neben der Partei- politik an, zog sich aber ab 1936 aus der Vorlage: Jüdisches Museum Frankfurt arbeit lag Zetkins Schwerpunkt auf der Öffentlichkeit zurück. Nach 1945 enga- internationalen Frauen- und Friedens- gierte sie sich wieder in CSU und CDU politik. für den politischen Wiederaufbau. Vorlage: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig Vorlage: Agnes von Zahn-Harnack: Die Frauenbewegung, Berlin o.J. (1928), S. 240a. Bestand: AddF

https://www.historisches-museum-frankfurt.de/damenwahl

18 Impressum

Herausgeberin: Frauenreferat Stadt Frankfurt Historisches Museum Frankfurt

Redaktion: Frauenreferat Frankfurt: Gabriele Wenner, Linda Kagerbauer

Historisches Museum Frankfurt: Dorothee Linnemann, Jenny Jung, Katja Koblitz

Design und Illustration: www.frauen-macht-politik-ffm.de Opak, Frankfurt Ausstellung „Damenwahl!“ ab 30. August 2018 März 2018 im Historischen Museum Frankfurt