Kaltstart Theaterfestival Hamburg Vom 2. Bis 14. Juli 2012
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Neueste tagesaktuelle Berichte ... Interviews ... Kommentare ... Meinungen .... Textbeiträge ... Dokumente ... MA-Verlag Elektronische Zeitung Schattenblick Montag, 2. Juli 2012 POLITIK / KOMMENTAR Kaltstart Theaterfestival Hamburg Schwarzbraune Pädagogik für den vom 2. bis 14. Juli 2012 feindseligen Alltag Ein vertrauensvolles Verhältnis zwi- schen Lehrern und Schülern? Fehl- Fast zu schön, um wahr zu sein ... anzeige. Ein Unterricht, in dem eigenes Denken gefördert und die Mit der "Plattform junges Theater" Fähigkeit zu kritischer Reflexion bekommen Schauspiel-, Regie- und entwickelt wird? Völlig undenkbar. Autorenanwärter die Möglichkeit, Nur den eigenen Vorteil im Sinn ha- ihr Können sowohl den Hamburger ben und im Zweifelsfall den andern Zuschauern als auch einem mögli- zu denunzieren, um freie Bahn zu chen Fachpublikum zu zeigen. Auf haben? Volltreffer. Die schwarzbrau- diese Weise ein Forum zu bieten, in ne Pädagogik des niedersächsischen dem sich Ideen verwirklichen lassen, Landesamtes für Verfassungsschutz ist das Ziel der Kaltstartfestivalleiter Timo von Kriegstein, Emily Keller, verfolgt angeblich den Zweck ... Christian Psioda, Andrea Tietz und (Seite 4) Falk Hocquél, die allesamt selbst aus dem Theaterbereich stammen und UMWELT / REPORT langjährige Erfahrungen in das seit 2006 bewährte Konzept einfließen Bagger fressen Erde auf lassen. Dabei stehe die Solidarität im Vordergrund und nicht der Wettbe- Interview mit Pfarrer Mathias Berndt werb. Es gehe nicht darum, Preise zu am 14. Juni 2012 in Atterwasch verleihen und die Konkurrenz unter Pflanze ich noch einen jungen Ap- den am Festival Teilnehmenden zu felbaum in den Garten? Wie oft wer- Plakat: © Kaltstart e.V. Foto: 2012 by Schattenblick fördern, sondern Kontakte zu knüp- de ich seine Früchte ernten können? fen, Erfahrungen zu sammeln und zu Renoviere ich mein Haus oder lohnt Wenn sich Ausbildung oder Studium teilen. sich das nicht mehr? Gehe ich, bevor langsam dem Ende neigen und die man mich vertreibt oder bleibe ich letzten Semester ins Land gehen, Das immer wiederkehrende Zauber- um jeden Preis? Derlei Fragen haben stellt sich für praktisch jeden Hoch- wort heißt auch hier "Netzwerk". existenziellen Charakter und für schulabsolventen die Frage: Was Wer heute seine Kunst außerhalb Menschen in Proschim, Welzow, kommt jetzt? Entdeckt zu werden, prekärer Lebensverhältnisse ausüben Kerkwitz, Atterwasch, Grabko und war noch nie leicht - für Künstler möchte, der muss sich, um nicht Schleife sind sie alltägliche Beglei- schon gar nicht. Was also kann ein durch die Maschen zu fallen, wohl ter. Mit der kraftzehrenden Präsenz junger Theaterschaffender tun, um oder übel einer Szene fügen, deren dieser Fragen leben sie seit Jahren. möglichst schnell Kontakte zu knüp- Rahmenbedingungen von den Ge- Unter ihren Häusern, Dörfern und fen, die ihn weiterbringen? Diesen bern und Verwaltern öffentlicher und Arbeitsplätzen liegt mehr oder weni- und anderen Mysterien kann auf dem privater Fördermittel bestimmt wer- ger tief in der Erde Braunkohle. Des- Kaltstart Theaterfestival Hamburg den. - Aber ist der junge Theater- halb geht es um Kohle. Die ganze nachgegangen werden, das vom 2. bis schaffende so nicht drauf und dran, Zeit. Das Energieunternehmen Vat- 14. Juli 2012 an verschiedenen sich möglichst schnell in den Ver- tenfall will diese Braunkohle zu Spielorten im Schanzenviertel, auf St. wertungsapparat der Kulturindustrie Strom und Geld machen ... (Seite 6) Pauli und in Altona stattfinden wird. zu werfen? Ist nicht sogar der Off- Elektronische Zeitung Schattenblick Off-Theater-Bereich, in dem von der Die Problematik der meist unter ex- "Boulevard der Traurigkeit" oder öffentlichen Hand völlig unabhängi- trem schwierigen Arbeitsbedingun- "Aufbau eines Bildes", eine Collage ge Gruppen ihr eigenes Theater ma- gen frei auftretenden Gruppen wird zu dem Thema "Wirkung der Mu- chen, der einzige Ort für jene, die durch die Existenz dieser Abteilung sik". Die jungen Hamburger Schau- ihre kreative Arbeit selbstgestützt im Kaltstartgefüge zwar kurz ange- spieler, Regisseure und Bühnenleute und ohne das Gängelband öffentli- rissen, jedoch nur insofern, als dass arbeiten dabei unentgeltlich und cher Förderung oder privater Nutz- Fringe erklärtermaßen versucht, "unplugged", also ohne die gewohn- nießer verwirklichen möchten? Frei, auch diese gesetzlosen Freibeuter in ten technischen Möglichkeiten der auf kleinen Bühnen oder auf der eine feste und womöglich staatlich großen Studienbühnen Kampnagels Straße? finanzierte Bühne zu integrieren. So- oder des Thalia Theaters. mit dürften hier kaum Vertreter einer Fringe, Kaltstart Finale, Kaltstart Offtheaterkultur beteiligt sein, die Stolz betonte Andrea Tietz von der Pro, Kaltstart Jung, die Autorenloun- sich bewusst der kommerziellen Ver- Theaterakademie, eine der Gesamt- ge und das Echolot sind die fünf Fe- wertung ihres Engagements im Kul- koordinatorinnen des Festivals, auf stivalsparten des Kaltstarts, die auf turbetrieb verweigern, um sich mit der Pressekonferenz am 22. Juni dem knallblauen Programmheft ihrer Kunst "frei" bewegen zu kön- 2012 das große Engagement, mit durch schwarze Schiffe einer Festiv- nen. dem sich die auftretenden Künstler alarmada dargestellt werden. Für am Kaltstartfestival beteiligen. Fringe, das durch ein Piratenschiff Auf dem Kaltstart Finale bespielen symbolisierte Off-Theater-Festival, die Absolventen der Hochschule für Ich finde es immer wieder erstaun treten zehn Produktionen an fünf Musik und Theater die Zeisehallen lich: Wenn ich mir alle Programm open air Spielorten für Spenden auf in der Friedensalle mit ihren Ab- punkte angucke und sie dann ins und geben unter anderem atemberau- schlussarbeiten. Innerhalb der Studi- Verhältnis zu unserem Budget setze bende Feuerartistik zum Besten enprojekte I - III gibt es dann weiß ich, das Festival wäre (Flamba Feuershow), bauen eine be- Theaterstücke wie "Einige Nachrich- überhaupt gar nicht möglich ohne gehbare Installation aus Menschen ten aus dem All", in dem Heinrich die Initiative der Künstler, die ein und Kabeln (Cörper Cabel Construc- von Kleist oder der Politiker Ronald fach sagen, 'okay, wir machen das tion), erfinden das Cabaret unserer Pofalla dazu aufgefordert werden, hier letztendlich umsonst, für Es Träume neu (Träschkowskayas) oder ihre Nachricht an den Weltraum zu sensgutscheine und ein Zimmer im erwecken Puppen, die so tun, als sei- senden, oder "Fauts - eine Tragödie", Hotel Pacific' was sie sich dann en sie Menschen, zum Leben (Figu- in der wir einen absurden und doch auch noch teilen müssen. Ich finde es renkombinat). folgerichtigen Bestandteil der "faut- wirklich wichtig, darauf hinzuwei sen! Bei Kaltstart Pro, dem "Riesen- dampfer" des Festivals, steht der Ge- danke des sich Vernetzens besonders im Vordergrund. Denn auch, wenn sie bereits in mehr oder weniger fe- sten Anstellungen sind, so der künst- lerische Leiter Timo von Kriegstein, ist "die Situation von jungen Thea- termachern auch an großen Häusern alles andere als einfach." Deshalb haben die Festivalgründer, die diese Situation aus ihrem eigenen Leben kennen, überlegt, wie man einander stärken könnte. Wir wollen einen Austausch über diese Plattform gewährleisten, so dass sie sich gegenseitig sehen, dass Bauchladenmonopol sischen Wirklichkeit" kennen lernen sie gesehen werden, sowohl von dem Öffentlichkeitsarbeit 2011 dürfen; und es werden Darbietungen großen Publikum in Hamburg, als Foto: © Achim Vogt des Musiktheaters zu sehen sein, wie auch im Kulturhaus 73 im Schulter das melancholische Kneipenmusical blatt, wo einige Leute darüber stol Seite 2 www.schattenblick.de Mo. 2. Juli 2012 Elektronische Zeitung Schattenblick Christian Psioda, Andrea Tietz, Timo von Kriegstein und Falk Hocquél (v.l.) auf der Pressekonferenz im Haus 73 Foto: © 2012 by Schattenblick tiven Folgen die Organisation sol- cher Theaterkulturevents wie das Kaltstartfestival für die Nachbar- schaft im Schanzenviertel haben könnte oder wie sich die stark se- natsgeprägte Kulturpolitik Ham- burgs entwickeln will. Festivalbeob- achter aus Kultur, Theaterszene und Presse werden jeden Abend nach der pern, die sonst vielleicht aus anderen Jungensembles zum Kaltstartfestival letzten Vorstellung ihre Eindrücke Gründen herkommen und plötzlich senden, dies meist nicht so freimütig schildern und zusammen mit dem mit dem Theater konfrontiert sind. tun können, wie es in Hocquéls Be- Publikum jeweils nach der letzten Da entsteht also ein ganz guter schreibung zunächst den Anschein Abendvorstellung den Tag Revue Schneeballeffekt. hatte, denn Emily Keller, die sich un- passieren lassen. An den Gesprächen ter anderem für das Kaltstart-Fun- werden sich Repräsentanten der Dieses Jahr kommen zum Kaltstart draising einsetzt, muss sich nach städtischen Hamburg Kreativ Ge- Pro unter anderem Ensembles vom Aussage des Festivalteams oft mit sellschaft, des Hamburger Abend- Theaterdiscounter Berlin, dem großem organisatorischen Aufwand blatts, der Pferdestall Kultur GmbH Schauspielhaus Graz, der Schaubüh- darum bemühen, die Gastspielpro- und des Vereins Stadtkultur Ham- ne am Lehniner Platz, dem Mehr- duktionen für das Kaltstartfestival zu burg beteiligen. - Und hoffentlich sichttheater Braunschweig, dem engagieren. auch Anwohner aus dem Schanzen- Göstner Hoftheater Nürnberg und dem Landestheater Tübingen. Auf- grund zurückliegender Vorwürfe, dass das Festival die Künstler in ih- rem Wunsch, sich zu zeigen, ausbeu- te, sei man, so erklärte Falk Hocquél diesen Anwurf nicht wirklich ent- kräftend, von der früheren Idee, das Festival