«Das Hat Mit Mir Nichts Zu Tun» Dem Schweizer Topmanager Josef Ackermann, Chef Der Deutschen Bank, Droht Ein Prozess
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«Das hat mit mir nichts zu tun» Dem Schweizer Topmanager Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, droht ein Prozess. Als Verwaltungsrat des Mannesmann-Konzerns soll er unrechtmässige Vergütungen bewilligt haben. Der Fall wird nun auch zum Problem für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Von Claude Baumann Josef Ackermann zögert.Für einen Augenblick lungen,die «feindliche» Übernahme über meh- Manager, der sich eben dazu aufgemacht hat, scheint er unschlüssig, ob er lächeln soll oder rere Monate abzuwehren und so den Unterneh- den grössten Finanzkonzern Europas zu sa- nicht.Dann sagt er bestimmt: «Wenn man wie menswert um 77 Milliarden Euro zu steigern. nieren? Im schlimmsten Fall droht ihm eine ich aus der Schweiz kommt und sieht, wie hier Davon hätten wiederum die Aktionäre profitiert. Gefängnisstrafe. in Deutschland Informationen von der Staats- Zwölf Staatsanwälte und Experten haben Es wäre ein tiefer Fall für einen Bankier,der anwaltschaft an die Presse weitergegeben und in der Sache ermittelt.Als Resultat legten sie ei- mit einer einzigen Ausnahme immer nur den Dienstgeheimnisse verbreitet werden,fragt man ne fünfhundertseitige Anklageschrift vor, die Aufstieg gekannt hat.Vom Typ her,erinnert sich sich schon: Hat das noch seine Rechtmässigkeit? den Beschuldigten Untreue «in einem beson- ein ehemaliger Arbeitskollege bei der Schwei- Diese Vorverurteilung, die ich über die letzten ders schweren Fall» und Beihilfe dazu vorwirft. zerischen Kreditanstalt (SKA), sei Ackermann zwei Jahre erlebt habe, kann sich Deutschland Ackermann stösst sich nicht nur an der angebli- schon immer sehr zielstrebig und ehrgeizig nicht erlauben, wenn es aus diesem Schlamas- chen Vorverurteilung der Beschuldigten, son- gewesen.Er habe von Anfang an klare Vorstel- sel wieder rauswill.Das sage ich ohne irgend- dern findet die langwierige Angelegenheit für lungen gehabt, wo er arbeiten wollte, um sich welche Emotionen.Deutschland muss mit die- die gesamte deutsche Wirtschaft problema- das Rüstzeug als Universalbanker und Top- sem Problem fertig werden.Das hat mit mir als tisch: «Die Deutsche Bank, aber auch andere manager zu holen.Sein Vorbild war seit je der Person überhaupt nichts zu tun», betont der Grossunternehmen in diesem Land könnten frühere Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen, Chef der Deutschen Bank höflich und ist ver- ihr globales Geschäft nicht mehr führen,wenn der 1989 von der linksradikalen Terrororgani- sucht, nun zu lächeln. sie keine marktgerechten Kompensationen mehr sation RAF ermordet wurde. Der 55-jährige «Joe» Ackermann war noch leisten dürften.Es geht hier nicht so sehr um nie ein Polterer.Lieber argumentiert er.Auch eine moralische Frage als vielmehr um funda- Nächtliche Diskussionen im Büro jetzt,da der gut aussehende «Swiss Banker» mit mentale Fragen: Wie will sich Deutschland künf- Ackermann,im Februar 1948 als Sohn eines dem Rücken zur Wand steht.Eben ist gegen tig in der Weltwirtschaft positionieren? Und Landarztes im sanktgallischen Mels geboren, ihn und fünf weitere Manager in Deutschland sollen Richter und Politiker über die Angemes- studierte nach dem Gymnasium Wirtschafts- Anklage erhoben worden.Bei den Beschuldig- senheit von Vorstandsvergütungen befinden?», und Sozialwissenschaften an der Hochschule ten handelt es sich um ehemalige Verwaltungs- sagt Ackermann im Gespräch.Bereits vor einem St.Gallen, wo er auch seine Frau, die Finnin räte – in Deutschland Aufsichtsräte genannt – halben Jahr warnte er: «Wenn leistungsgerech- Pirkko Anneli Mölsä, kennen lernte.1977 pro- und Personalverantwortliche des deutschen te Vergütungen nicht mehr gemacht werden movierte der sportbegeisterte Uni-Absolvent Technologiekonzerns Mannesmann – darun- können, ohne dass die Justiz hinschaut, dann in Volkswirtschaft.Parallel zu einem Lehrauf- ter auch der Gewerkschaftschef der IG Metall wird Deutschland ins Hintertreffen geraten.» trag in St.Gallen trat er im selben Jahr in die Klaus Zwickel,der wie Ackermann im Ausschuss Bei der Deutschen Bank gebe es Dutzende von SKAein.Rasch übernahm er Leitungspositionen für Vorstandsangelegenheiten sass. Mitarbeitern,die jedes Jahr einen Bonus in der in Lausanne, London und New York.Acker- Ihnen wird vorgeworfen,Anfang 2000 bei Höhe von Essers Abfindung bekämen, erklär- mann habe ein «feines Sensorium fürs Zwi- der Übernahme von Mannesmann durch den te er und schloss mit der inzwischen viel zitier- schenmenschliche»,heisst es in seinem Freun- britischen Mobilfunkkonzern Vodafone un- ten Ermahnung: «Deutschland, wach auf!» deskreis, zu dem heute etwa der Unternehmer rechtmässige Vergütungen von mehr als fünf- Jetzt wird Ackermann noch deutlicher: Klaus J.Jacobs oder Alexander Pereira, Direktor zig Millionen Euro an Manager, Aufsichtsräte «Die besten Leute der Welt und natürlich auch des Opernhauses Zürich, gehören.Dieses Ge- und Pensionäre gutgeheissen zu haben.Die die besten deutschen Talente kommen nicht spür habe dazu beigetragen, dass er bei vielen Ermittler gehen davon aus,dass die Zuwendun- mehr zu uns, wenn wir sie nicht so bezahlen Leute einen ausgezeichneten Ruf hat. gen nicht im Interesse des Unternehmens er- wie etwa Goldman Sachs,Morgan Stanley oder Ackermann selber habe immer betont,dass folgten.Sie sollen vielmehr darauf abgezielt Merrill Lynch.» Als Beispiel, wie in anderen man nicht leichtfertig Brücken zu alten Kolle- haben, den deutschen Widerstand gegen die Ländern Topmanager honoriert werden, er- gen abbrechen dürfe.Denn man wisse nie, ob Fusion zu brechen.Unklar ist auch, ob die Be- wähnt er auch Novartis-Chef Daniel Vasella, sie einem dereinst wieder nützlich sein könn- schlüsse für diese Zahlungen vorschriftsgemäss der kürzlich bekannt gab, ein Jahressalär von ten.«Er suchte immer das Gespräch mit seinen und nach rechtlicher Prüfung zustande kamen. rund zwanzig Millionen Franken zu beziehen. Arbeitskollegen bei der SKA.Er wollte immer Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hält den «Hochverdient», findet Ackermann, und erst alles ausdiskutieren»,erinnert sich ein Wegge- Griff in die Firmenkasse für einen schweren noch, ohne dass dadurch in der Schweiz die fährte, «manchmal sassen wir bis tief in die Fall von Veruntreuung. Justiz auf den Plan gerufen würde. Nacht hinein in seinem Büro und redeten.» Da- Der Justiz allerdings geht es nicht darum, bei sei auch seine Sensibilität zum Vorschein «Deutschland, wach auf!» wie viel bezahlt worden ist,sondern ob die Ver- gekommen.Noch heute – selbst als exponierte Ackermann und Zwickel selber erhielten gütungen rechtens waren.Noch muss die Kla- Person – tut sich Ackermann mit Kritik sehr kein Geld.In der Öffentlichkeit sorgen vor al- ge vom Landgericht Düsseldorf akzeptiert schwer. lem die dreissig Millionen Euro für Unmut, die werden.Sollte es zu einem Prozess kommen, Bei der SKA wurde Ackermann Assistent als Anerkennungsprämie und Abgangsentschä- der frühestens im Sommer beginnen könnte, des damaligen Generaldirektors Robert A.Jeker. digung an den damaligen Mannesmann-Kon- müssten sich Ackermann und die übrigen An- 1990 stieg er ins Leitungsgremium der Bank zernchef Klaus Esser ausbezahlt wurden.Für geklagten über Monate hinweg persönlich vor auf, und drei Jahre später wurde er selber Prä- Ackermann war das in Ordnung.Essersei es ge- Gericht verantworten.Ist das tragbar für einen sident der Geschäftsleitung.Er verstand es, in Weltwoche Nr. 9.03 49 «Hat das noch seine Rechtmässigkeit?» Josef Ackermann, 55, Konzernchef der Deutschen Bank. der Generaldirektion eine gute Atmosphäre zu für die Neuausrichtung des Konzerns bei sei- «Die spinnen doch, so einen fähigen Mann zu schaffen, was angesichts der nicht immer pfle- nem Ziehvater abgeblitzt war. Als Gut später feuern», war seine Reaktion gewesen, als er geleichten Gremiumsmitglieder nicht einfach ausgerechnet Ackermanns Entwurf für eine vom Abgang Ackermanns vernommen hatte. war.Ackermann wirkte integrierend mit seinem Neustruktur der CS-Holding als seine Idee aus- Wenige Monate nach dem Aus bei der CS «akademischen Approach». gab, verfinsterte sich das Verhältnis zwischen heuerte Ackermann als Vorstandsmitglied bei Schnell entwickelte er sich neben dem über- den beiden Leader-Figuren zusehends. Zum der Deutschen Bank an.Das Timing war perfekt: mächtigen Verwaltungsratspräsidenten Rainer Bruch kam es im Sommer 1996, als die CS- Als Chef des Corporate und Investmentbanking E.Gut zur zweitwichtigsten Führungsfigur in Gruppe reorganisiert wurde. Mit der Begrün- profitierte er vom Hoch an den Finanzmärkten, der Bank. Das passte ihm, denn mit grossen dung,dass er den geplanten,massiven Stellen- von der Euphorie an den Aktienbörsen und der Entscheidungen tat er sich im Alleingang oft- abbau persönlich nicht verantworten könne, Fusions- und Übernahmewelle in der Wirtschaft. mals schwer. Der CS-Patriarch Gut hielt grosse schied Ackermann aus der Bank aus. Das alles bescherte seiner Abteilung Rekord- Stücke auf den talentierten St. Galler, der sich gewinne.Im Schnellzugstempo wandelte Acker- vor allem bei der Übernahme der Schweizeri- Völlig deprimiert mann die behäbige Deutsche Bank in einen ag- schen Volksbank seine Meriten verdient hatte. Bleich wie ein Leintuch sei er aus Guts Bü- gressiven Global Player um, der zwei Drittel Von da an seien Ackermann und Gut ein Herz ro herausgekommen, erinnert sich ein Mitar- seines Geschäfts im Ausland erzielte. und eine Seele gewesen, erzählt ein früheres beiter.Ackermann war völlig deprimiert.Seine Ackermann, der aus seiner angelsächsi- Geschäftsleitungsmitglied. Niedergeschlagenheit versuchte er zwar mit der schen Affinität nie ein Geheimnis gemacht