26.01.2016

Gericht BVwG

Entscheidungsdatum 26.01.2016

Geschäftszahl W171 1435664-1

Spruch W171 1435664-1/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. , gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.05.2013, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF. der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird unter einem festgestellt, dass damit XXXX kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II. Die Revision ist gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 27.08.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, in dem der Beschwerdeführer jeweils unter Beiziehung eines Dolmetschers niederschriftlich einvernommen wurde, brachte er bei Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 28.08.2012 vor, er stamme aus einem Dorf in der Provinz NANGARHAR in Afghanistan, gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an und sei sunnitischer Moslem. Zum Fluchtweg gab er an, dass er schlepperunterstützt über Pakistan, den Iran und die Türkei bis nach Griechenland gelangt sei. Von dort sei er auf einem LKW versteckt nach Österreich gelangt. Als Fluchtgrund gab er an, dass er nach dem Tod seines Vaters, der ein Talib gewesen sei, von den Taliban aufgefordert worden sei, an deren Seite zu kämpfen. Nachdem er erwachsen geworden sei, hätten die Taliban ihn unter Druck gesetzt und habe er aus Angst um sein Leben seine Heimat verlassen.

In einer Einvernahme beim Bundesasylamt am 16.04.2013 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er habe in Afghanistan acht Jahre lang die Schule besucht und nebenbei auf dem Feld gearbeitet. Sein Vater habe für einen Talibanführer gearbeitet und sei vor etwa acht Jahren verstorben. Im Alter von 18 Jahren habe der Beschwerdeführer Probleme bekommen, da die Taliban zu ihm gekommen seien und ihm mitgeteilt hätten, dass er nach dem letzten Willen seines Vaters mit den Taliban zusammenarbeiten solle. Der Beschwerdeführer habe sich darauf berufen, sich um seine Familie kümmern zu müssen. Dennoch hätten die Taliban darauf bestanden und ihm ein paar Drohbriefe geschickt. Sie seien wieder gekommen und hätten ihn unter anderen mit einem Gewehr geschlagen, dabei sei er bewusstlos geworden. Er habe daraufhin an der Nase operiert werden müssen. Die Taliban hätten ihn oft belästigt und geschlagen. Bei einer Rückkehr würden sie ihn nicht am Leben lassen.

In einem vom Bundesasylamt veranlassten Sprachanalysebericht von XXXX vom 02.05.2013 wird eingeschätzt, dass der sprachliche Hintergrund des Beschwerdeführers mit hoher Sicherheit in Afghanistan liege.

www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

Auf dieser Grundlage erließ das Bundesasylamt den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21.05.2013, Zl. XXXX, in welchem die Behörde davon ausging, dass dem Beschwerdeführer weder Asyl (Spruchpunkt I.), noch subsidiärer Schutz (Spruchpunkt II.) zu gewähren sei und die Ausweisung in den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers (Spruchpunkt III.) ausgesprochen wurde. 1.2. Dagegen wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben, wobei in der Beschwerdeschrift unter geraffter Wiederholung des bislang Vorgebrachten insbesondere darauf verwiesen wurde, dass der Beschwerdeführer nicht für die Taliban kämpfen wolle, die afghanischen Sicherheitsbehörden nicht schutzfähig seien und eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht vorliege. Beantragt wurde die Einholung von Zeugenaussagen an seinem Heimatort. Die Behörde habe keine Feststellungen zu Zwangsrekrutierungen getroffen, allgemein seien die Länderfeststellungen größtenteils über ein Jahr alt. Verwiesen wurde auf ein Themendossier zur aktuellen Lage in Afghanistan. In einer Beweisrüge wurde auf die Beweiswürdigung der belangten Behörde eingegangen und eine "Beweislastumkehr" zulasten des Beschwerdeführers moniert.

In weiterer Folge wurde ein Konvolut von Teilnahmebestätigungen an Alphabetisierungs-, Basisbildungs- und Deutschkursen übermittelt. In einer Stellungnahme vom 21.05.2015 wurden Länderberichte betreffend die Heimatprovinz des Beschwerdeführers vorgelegt, welche die dortige prekäre Sicherheitssituation belegen sollten.

2.1. In der daraufhin vom erkennenden Gericht anberaumten mündlichen Verhandlung vom XXXX brachte der Beschwerdeführer in Anwesenheit seiner Rechtsvertreterin im Wesentlichen vor, er gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an und sei sunnitisch/muslimischen Glaubens. In Afghanistan würden noch seine Mutter, seine Schwester und seine beiden Brüder leben. Vor etwa 2 bis 2 1/2 Monaten habe er zuletzt mit seinem Bruder telefoniert. Zum Zeitpunkt seiner Ausreise hätten drei Onkel mütterlicherseits in XXXX gelebt. Seine Mutter habe drei Schwestern, zwei davon lebten in XXXX, eine Schwester lebe in XXXX. Sein Vater habe keinen Bruder, jedoch zwei Schwestern gehabt. Eine sei verstorben, die andere wohne ebenfalls in XXXX. Der Beschwerdeführer selbst stamme aus der Ortschaft XXXX. Seine Verwandten mütterlicherseits würden hingegen aus XXXX stammen. Diese beiden Orte würden aber lediglich durch eine Schule getrennt. Beim letzten Telefonat habe sein Bruder erzählt, dass die Amerikaner immer wieder auf die in der Gegend zahlreich bestehenden Taliban das Feuer eröffnen würden. Der Beschwerdeführer sei acht Jahre lang, jedoch nicht regelmäßig, in die örtliche Schule gegangen. Er könne heute nicht mehr sagen, wie alt er gewesen sei, als sein Vater verstorben sei. Da der Beschwerdeführer körperlich groß gewesen sei, hätten die Taliban nicht genau gewusst, wie alt er sei. Er habe einen Brief bekommen. Er sei aufgefordert worden, sich den Taliban anzuschließen, oder für sie ein Selbstmordattentat auszuführen. Er sei dieser Aufforderung nicht nachgekommen. Es habe dann zwei weitere Briefe gegeben, in denen er ebenfalls zur Mitarbeit aufgefordert worden sei. Eines Tages sei ein Mann zu ihm gekommen und habe ihn gefragt, weshalb er sich nicht den Taliban anschließe. Er habe versucht ihm zu erklären, dass er ich um seine Familie und meine jüngeren Geschwister kümmern müsse und diese in Krankheitsfällen zu einem Arzt, der sehr entfernt von unserem Wohnhaus wohne, bringen müsse. Dieser Mann habe gesagt, Gott würde sich um seine Familie kümmern und auf sie aufpassen. Er habe sich trotz der Aussagen dieses Mannes geweigert mit ihm mitzugehen und sich den Taliban anzuschließen. Zu diesem Zeitpunkt sei er weiterhin unregelmäßig zur Schule gegangen und habe nebenbei gearbeitet. Er sei mehrmals von einer Gruppe von Taliban angesprochen worden. Sie hätten ihn dazu überreden wollen, für sie zu arbeiten. Er habe immer wieder gesagt, dass er das nicht wolle und dass er nicht andere unschuldige Menschen töten wolle. Nachdem die Taliban sich sicher gewesen seien, dass sie ihn nicht zur Mitarbeit überreden könnten, hätten sie ihn geschlagen. Er sei daraufhin von einem Arzt behandelt und in XXXX zweimal an der Nase operiert worden. Seine Mutter habe mit dem Onkel mütterlicherseits gesprochen, der das Geld organisiert habe, um die Flucht des Beschwerdeführers zu finanzieren. Die Bedrohung habe einige Monate vor seiner Ausreise begonnen. Es sei ein Zeitraum von etwas weniger als einem Jahr gewesen. Innerhalb dieser Monate seien die drei Drohbriefe gekommen. Als er auf einen Drohbrief nicht reagiert habe, sei innerhalb weniger Tage ein weiterer Drohbrief gekommen. Er könne nicht sagen, ob es diese Briefe noch gebe.

Zu der Verletzung gab der Beschwerdeführer an, er sei eines Tages am Feld gewesen und habe dort gearbeitet, als eine Gruppe von Taliban auf ihn zugekommen sie. Sie hätten sehr schnell gesprochen und ihn immer wieder gefragt, weshalb er auf ihre Aufforderung nicht reagieren würde. Er habe versucht, ihnen zu erklären, dass er sich um seine Familie kümmern müsse. Daraufhin sei er geschlagen worden. Der erste Schlag sei gegen sein Gesicht und gegen seine Nase gegangen. Er habe ab diesem Zeitpunkt nichts mehr mitbekommen. Es seien sicher zehn oder mehr Männer gewesen. Es hätten mehrere Personen gleichzeitig auf ihn eingeredet, sodass er gar nicht folgen habe können. Ihm sei besonders aufgefallen, dass die Personen alle lange Haare gehabt hätten. Sie hätten immer wieder die Waffe gegen ihn gerichtet und gesagt, sie würden ihn damit erschießen, wenn er nicht auf sie höre. Er habe keinen von ihnen gekannt, sie hätten eine spezielle Kopfbedeckung gehabt. Er habe diese Männer dort zum ersten Mal gesehen. Sie hätten Information über ihn gehabt und gewusst, wessen Sohn er sei. Sie hätten ihn immer wieder gefragt, weshalb er sich ihnen nicht anschließen wolle. Gefragt, ob ihm seinerzeit aus der näheren Umgebung andere vergleichbare Fälle bekannt gewesen seien, gab er an, es sei immer wieder von Vorfällen berichtet worden, bei denen Männer von den Taliban angesprochen und zur Mitarbeit aufgefordert worden seien. Vor allem Soldaten, die für die Nationalarmee tätig gewesen seien, seien aufgefordert www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016 worden, ihre Arbeit niederzulegen. Wenn die Taliban davon erfahren hätten, dass diese jungen Männer ihre Familien in Dörfern besuchten, hätten sie diese Leute gefasst, ihnen die Ohren und die Nase abgeschnitten und sie anschließend getötet. Es habe auch Fälle gegeben, bei denen Personen, die nicht mitarbeiten hätten wollen, einfach mitgenommen worden seien. Der Beschwerdeführer wisse nicht, aus welchem Grund die Taliban nicht schon vor seinem 18. Geburtstag gekommen seien. Seiner Einschätzung nach seien sie der Meinung gewesen, dass er an Kämpfen teilnehmen und für sie arbeiten könnte. Dem Beschwerdeführer selbst hätten die Taliban nichts angeboten, sie hätten nur gemeint, dass sein Vater ein guter Kämpfer gewesen sei und dass er mit ihnen mitkämpfen solle. Er solle seinem Vater nachfolgen und in seine Fußstapfen treten, weil dieser ein guter Mann gewesen sei.

Mit der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers wurde vereinbart, ihr die Materialien zur Zwangsrekrutierung in Afghanistan zur Stellungnahme zuzustellen. Die Rechtsvertreterin verzichtete auf eine zusätzliche mündliche Erörterung dieser Materialien und zog unter einem den Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme im Herkunftsstaat zur Gänze zurück. Erörtert wurden die bereits mit der Ladung übersandten der zukünftigen Entscheidung zugrunde zu legenden Länderfeststellungen hinsichtlich des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers. Weiters wurde festgehalten, dass in die zukünftige Entscheidung die noch an die Vertreterin zu übersendenden Länderunterlagen, sowie die dann zu erwartende Stellungnahme einfließen werden. Vorgelegt wurden folgende Urkunden: ein Empfehlungsschreiben der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, ein Empfehlungsschreiben des Beherbergers, ein Empfehlungsschreiben eines Bekannten, ein Empfehlungsschreiben des Deutschlehrers, sowie zwei Bestätigungen der Organisation XXXX (Deutschkurs) und einen Arztbrief hinsichtlich einer Operation der Nase.

2.3. In der Stellungnahme vom 23.07.2015 wurde nach Wiedergabe des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers zusammengefasst ausgeführt, die übermittelten Länderberichte würden Zwangsrekrutierungen durch Taliban bestätigen. Aufgrund der unterschiedlichen Vorgehensweise könne nicht von einer einheitlichen "Rekrutierungsmethode" ausgegangen werden. In diesem Sinne müssten auch die Angaben des Beschwerdeführers betreffend der eigens erlebten Zwangsrekrutierungsversuche der regierungsfeindlichen Gruppierungen als mit den Länderberichten übereinstimmend angesehen werden. Bezug genommen wurde auf weitere Berichte betreffend Zwangsrekrutierungen von Männern in Afghanistan. Aufgrund der hohen Präsenz der Taliban in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers sei es plausibel, dass erneut Verfolgung durch diese drohe. Durch die Flucht habe er seine offenkundige Weigerung hinsichtlich einer Mitarbeit den Taliban zum Ausdruck gebracht. Hinzu trete, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seines (westlichen) Lebenswandels in Österreich und seiner Beziehung zu einer christlichen Österreicherin einen strengen islamischen Normen widersprechendes Verhalten vorgeworfen würde. Mangels Schutzfähigkeit staatlicher Strukturen bestehe für den Beschwerdeführer kein solcher Schutz und auch Fluchtalternative. Verwiesen wurde im Weiteren auf diverse Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts. Die Sicherheitslage in Afghanistan sei nach wie vor volatil. Die Heimatprovinz des Beschwerdeführers stelle seit jeher eine der unsichersten Regionen dar. Abschließen werde auf die gute Integration des Beschwerdeführers in Österreich hingewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1 Der Beschwerdeführer besitzt die afghanische Staatsangehörigkeit, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist sunnitischer Moslem. Er stammt aus einem Dorf im Distrikt XXXX in der Provinz NANGARHAR. Der Beschwerdeführer verfügt über keinen familiären Anschluss außerhalb seiner Heimatregion.

Der Beschwerdeführer wurde von den Taliban seiner Heimatregion wiederholt zur Zusammenarbeit aufgefordert. Aufgrund seiner Weigerung, dieser Aufforderung nachzukommen, wurde der Beschwerdeführer zunehmend bedroht. Nachdem er bei einem Vorfall von Taliban mit Waffen bedroht und körperlich misshandelt wurde, verließ der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat. Der Beschwerdeführer ist so in das Blickfeld der Taliban geraten. Er läuft durch seine Verweigerung der Zusammenarbeit mit den Taliban und seine Flucht nunmehr Gefahr, von einer Zwangsrekrutierung und/oder schweren Vergeltungsmaßnahmen betroffen zu sein. Es ist davon auszugehen, dass ihm von diesen aufgrund seiner Weigerung eine oppositionelle politische oder religiöse Gesinnung unterstellt wird und ihm aus diesen Gründen Verfolgung droht. Die staatlichen Behörden können dem Beschwerdeführer in seiner Heimatregion keinen Schutz vor Verfolgung durch die Taliban bieten. Dem Beschwerdeführer steht eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative nicht zur Verfügung.

Es liegen keine Gründe vor, nach denen ein Ausschluss des Beschwerdeführers hinsichtlich der Asylgewährung zu erfolgen hat. Solche Gründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

www.ris.bka.gv.at Seite 3 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

Der Reiseweg des Beschwerdeführers kann nicht festgestellt werden.

1.2. Zum Heimatstaat des Beschwerdeführers wird festgestellt:

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation - AFGHANISTAN: Sicherheitslage in der Provinz NANGARHAR, Distrikt XXXX XXXX; Zwangsrekrutierung durch Taliban, 15.04.2015

1. Wie stellt sich die aktuelle Sicherheitslage in der Provinz Nangarhar, XXXX dar?

Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen zufolge wird die Sicherheitslage in der Provinz Nangarhar als volatil beschrieben und es kommt immer wieder zu Angriffen regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Zahl der regierungsfeindlichen Angriffe hat den nachfolgend zitierten Quellen zufolge in den letzten Jahren zugenommen. Allerdings stellt sich die Sicherheitslage in den einzelnen Distrikten sehr unterschiedlich dar und geht aus den nachfolgend zitierten Quellen hervor, dass es in einigen Distrikten immer wieder zu Aufständen regierungsfeindlicher Gruppierungen kommt, während die Sicherheitslage in anderen als stabil beschrieben wird. Der Distrikt XXXXgehört nachfolgend zitierten Quellen zufolge zu jenen mit der instabilsten Sicherheitslage in Nangarhar.

Einzelquellen:

Am 4.8.2014 berichtet TOLOnews, dass in den letzten 24 Stunden im Zuge einer durch die ANSF durchgeführten landesweiten Operation mindestens 86 Talibanrebellen getötet wurden. 71 weitere Rebellen wurden verletzt und 14 verhaftet. In den letzten 24 Stunden haben die afghanische Armee, Polizei und der Geheimdienst mehrere Operationen in den Provinzen Nangarhar, Kunduz, Sar-e-Pul, Uruzgan, Maidan Wardak, Khost, Helmand und Paktia durchgeführt, um sie von den Rebellen zu befreien. Während der Operation wurden von den nationalen Sicherheitskräften mehrere Waffen beschlagnahmt.

TOLOnews (4.8.2014): 86 Insurgents Killed in ANSF Operations, http://www.tolonews.com/en/afghanistan/15827-86-insurgents-killed-in-ansf-operations, Zugriff 15.4.2015

In den Briefing Notes vom 22.9.2014 schreibt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Sicherheitslage in Afghanistan:

In der vergangenen Woche kam es zu militärischen Auseinandersetzungen in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Baghlan, Kunduz, Zabul, Uruzgan, Maidan Wardak, Khost, Helmand, Ghazni, Kunar, Sar-i-Pul. Am 15.09.14 wurde die Leiche des Gouverneurs des Distrikts Chamkani in der südöstlichen Provinz Paktia aufgefunden. Er war zuvor entführt worden. In der Grenzstadt Torkham in der östlichen Provinz Nangarhar gingen Dutzende von NATO-Tankwagen nach einem Selbstmordanschlag in Flammen auf. [...]

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration (22.9.2014): Briefing Notes,

http://www.ecoi.net/file_upload/4232_1411725131_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge- briefing-notes-22-09-2014-deutsch.pdf, Zugriff 15.4.2015

Weiters berichtet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in den Briefing Notes vom 29.9.2014:

[...] Die Provinzregierung soll am 26.09.14 den Kontakt zur Polizei in dem Bezirk verloren haben, nachdem die Taliban mehrere Dörfer und Polizeiposten erobert hätten. Nach Behördenangaben sind dort in den vergangenen Tagen mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen. Außerdem sollen die Taliban 15 Menschen enthauptet haben.

Weitere Kämpfe und Bombenanschläge, bei denen auch Zivilpersonen zu Schaden kamen, gab es in Khost (Südosten), Laghman, Nangarhar (Osten), Logar, Maidan Wardak, Parwan (Zentralafghanistan), Kandahar, Uruzgan (Süden), , Faryab (Norden) und Kunduz (Nordosten). [...]

www.ris.bka.gv.at Seite 4 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration (29.9.2014): Briefing Notes,

http://www.ecoi.net/file_upload/4232_1412074947_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge- briefing-notes-29-09-2014-deutsch.pdf, Zugriff 15.4.2015

Das Security Sector Reform Resource Centre, eine laut eigenen Angaben gemeinnützige, überparteiliche Denkfabrik, die sich mit dem Thema Sicherheit in von Konflikten betroffenen Staaten beschäftigt und ein eingetragener Verein mit Sitz in Kanada ist, berichtet am 30.9.2014, dass die Taliban im August und September drohten die Kontrolle über Schlüsseldistrikte und Haupttransportverbindungen in Ghazni, Logar, Helmand, Nangarhar und Wardak zu übernehmen und so die großen Schwachstellen der ANSF bloßzulegen. Offenkundig hat die Reduzierung der ausländischen Truppen die Taliban ambitionierter gemacht.

Security Sector Reform Resource Centre (30.9.2014): The Danger of Unfinished Security Sector Reform in Afghanistan, http://www.ssrresourcecentre.org/2014/09/30/the-danger-of-unfinished-security-sector-reform-in- afghanistan/, Zugriff 15.4.2015

In den Briefing Notes vom 3.11.2014 schreibt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Sicherheitslage in Afghanistan:

[...] Nach Schätzungen des US-Militärs wurden in diesem Jahr bisher 7.000 bis 9.000 afghanische Polizisten und Soldaten getötet oder verwundet.

Nach Angaben des UNHCR stieg die Zahl der intern Vertriebenen im September um 33.240 auf 755.011 Personen. Als wichtigste Fluchtauslöser wurden bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Regierungsgegnern und den afghanischen Sicherheitskräften sowie Belästigungen und Einschüchterungen durch Aufständische genannt. Weitere Gründe waren Militäroperationen der Sicherheitskräfte, allgemeine Unsicherheit, stammesinterne Dispute, bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Gruppen von Regierungsgegnern und Bombardierungen von jenseits der pakistanischen Grenze. Die meisten Flüchtlinge nahm die Provinz Kabul auf (11.722 Personen). Fluchtbewegungen gab es aus bzw. innerhalb folgender Provinzen: Kabul, Maidan Wardak, Logar, Kapisa, Parwan (Zentralafghanistan), Kunduz (Nordosten), Nuristan, Laghman, Nangarhar, Kunar (Osten), Ghazni (Südosten), Helmand (Süden), Farah, Badghis (Westen).

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration (3.11.2014): Briefing Notes,

http://www.ecoi.net/file_upload/4232_1415024962_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge- briefing-notes-03-11-2014-deutsch.pdf, Zugriff 15.4.2015

Das deutsche Auswärtige Amt macht in seinem Fortschrittsbericht zu Afghanistan am 19.11.2014 folgende Angaben zur Sicherheitslage:

[...] Insgesamt haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANSF) im Jahr 2014 trotz weiterhin hoher personeller Verluste in den Bevölkerungszentren und entlang bedeutsamer Hauptverkehrsachsen eine "ausreichend kontrollierbare" Sicherheitslage gewährleistet. Auch während der Hauptkampfsaison der regierungsfeindlichen Kräfte (RFK) haben sich die ANSF erneut ihrer landesweiten Sicherheitsverantwortung gestellt und kommen dieser überwiegend nach. Immer wieder waren die ANSF sowohl während der Absicherung von Großereignissen, als auch in der Fläche regional unterschiedlich stark ausgeprägt, erhöhten Herausforderungen durch die RFK ausgesetzt. Die Absicherung beider Wahlgänge zur Präsidentschaftswahl sowie der Inauguration des neuen afghanischen Staatspräsidenten am 29. September 2014 unterstreichen erneut die durch Schwerpunktsetzung erzielte Leistungsfähigkeit der ANSF. Im Sommer und Herbst 2014 unterlag die Sicherheitslage vor allem in den bekannten Kernräumen der RFK den erwarteten teilweise erhöhten Schwankungen.

Die RFK stellen auch Ende 2014 landesweit eine erhebliche Bedrohung für die afghanische Bevölkerung, die Sicherheitskräfte, afghanische Regierungsorgane und Vertreter der internationalen Gemeinschaft dar. In den bevölkerungsreichen Gebieten und entlang der Hauptverbindungsstraßen stehen die RFK weiterhin unter Druck durch die ANSF. In diesen Gebieten haben die RFK aber bis zum Ende der Hauptkampfsaison 2014 keine entscheidenden und dauerhaften Raumgewinne erzielt. Wie bereits im Frühjahr 2014 in mehreren Landesteilen festgestellt, haben jedoch die RFK ihre Handlungsfähigkeit insbesondere in den ländlichen, vornehmlich www.ris.bka.gv.at Seite 5 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016 paschtunisch geprägten traditionellen Kernräumen erhöhen können. Hier waren über das Jahr gesehen in einigen Gebieten mehrfach abwechselnde Raumgewinne und -verluste durch RFK und ANSF zu beobachten. Weiterhin nutzen die RFK die bekannten Vorgehensweisen und Techniken bei der Durchführung von Anschlägen und Angriffen. Diese richten sich nach weiterer Reduzierung der ISAF-Präsenz in der Fläche mit Masse gegen die ANSF.

Die ANSF wirken grundsätzlich landesweit, konzentrieren sich jedoch aufgrund begrenzter Ressourcen und weiterhin bestehender Defizite - insbesondere bei Durchhaltefähigkeit, Aufklärung und Luftnahunterstützung - noch stärker als zum Beginn des Jahres auf die urbanen Zentren und auf die bedeutsamen Hauptverkehrsachsen. Dies ermöglicht ihnen entweder kurzzeitig in der Fläche (Absicherung der Stichwahl) oder längerfristig (in den strategisch bedeutsamen Gebieten) die Wirkungsüberlegenheit gegenüber den RFK zu behalten. Somit kommen sie ihrer Schutzaufgabe weitgehend nach. In den ersten acht Monaten des Jahres 2014 sind die personellen Verluste mit rund 3.450 gefallenen Angehörigen der ANSF im Vergleich zu rund 3.650 Gefallenen im Vorjahreszeitraum um rund fünf Prozent nur leicht gesunken. Aufgrund fortlaufender Rekrutierung bleiben die ANSF regenerationsfähig.

ISAF war 2014 in weiter zunehmendem Maße nur noch ein Gelegenheits- und "Prestige"-ziel für Anschläge. Mit 33 Gefallenen in den Reihen der ISAF in den ersten acht Monaten des Jahres 2014 sanken die Opferzahlen gegenüber dem Vorjahreszeitraum mit 105 Gefallenen um rund 70 Prozent deutlich. Allerdings war ISAF wegen des begonnenen Rückbaus insgesamt auch weniger exponiert.

Die Anzahl der Sicherheitsrelevanten Zwischenfälle (SRZ), deren Aussagekraft als quantitativer Teilindikator bei der Bewertung der Sicherheitslage immer weiter abnimmt, sank - sogar trotz der statistischen Sondereffekte an den Wahltagen - in den ersten acht Monaten 2014 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum landesweit von rund 20.900 um rund 23 Prozent auf rund 16.100.

Zivile Opfer werden unverändert durch die RFK billigend in Kauf genommen und in einigen Fällen als Mittel der Abschreckung und Vergeltung - trotz wiederholt gegenteiliger Aussagen der RFK-Führung - gezielt eingesetzt. Die Vereinten Nationen berichteten am 9. Juli 2014, dass für das erste Halbjahr 2014 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2013 ein Anstieg von getöteten afghanischen Zivilpersonen um 17 Prozent auf 1.564 und von verletzten Zivilpersonen um 28 Prozent auf 3.289 zu verzeichnen war. Erneut ist diesem Bericht zu entnehmen, dass die RFK mit 74 Prozent für die große Mehrheit der zivilen Opfer verantwortlich waren (gegenüber 8 Prozent von ANSF und 1 Prozent von internationalen Truppen). 12 Prozent der Fälle konnten nicht zugeordnet werden, weitere 5 Prozent wurden von Kampfmittelrückständen verursacht.

Die Sicherheitslage in Kabul ist durch die ANSF trotz unveränderter Volatilität durch einzelne medienwirksame Anschläge und Bedrohungsmeldungen "überwiegend kontrollierbar".

Auch zum Ende des Jahres 2014 herrscht in den ländlichen - vorwiegend paschtunisch geprägten - Gebieten im Osten und Süden des Landes eine "überwiegend nicht kontrollierbare", in einigen wenigen Distrikten sogar eine "nicht kontrollierbare" Sicherheitslage.

In Nordafghanistan ist eine "ausreichend kontrollierbare" Sicherheitslage zu konstatieren. Sie ist jedoch heterogen und lokal begrenzt volatil. Auch im Norden wirken die ANSF grundsätzlich in der Fläche, konzentrieren sich jedoch auf die Siedlungsgebiete und auf den Raum entlang der Hauptverkehrsstraßen. Besonderes Kennzeichen auch im zurückliegenden Jahr blieb die enge Verstrickung von RFK mit der Organisierten (Drogen-) Kriminalität und lokalen/regionalen Machthabern. Die Bedrohungslage durch RFK in den nicht-paschtunischen Siedlungsgebieten und größeren Städten des Nordens wird als niedrig bis mittel eingestuft. In den ländlichen Gebieten mit hohem paschtunischen Bevölkerungsanteil bestehen weiterhin überwiegend erhebliche Bedrohungen. In einigen traditionellen Kernräumen der RFK im Norden wurde im Sommer 2014 eine Erhöhung von deren Bewegungs- und Handlungsfähigkeit registriert, welche regelmäßig eine Gegenreaktion der ANSF auslösen. Dies führt in begrenzten Gebieten des Nordens zu einem wechselseitigen Kontrollverlust bzw. -gewinn. Insgesamt hat sich die Anzahl von Gebieten mit einer "überwiegend nicht kontrollierbaren" Sicherheitslage im Norden tendenziell vergrößert.

AA-Auswärtiges Amt (11.2014): Fortschrittsbericht Afghanistan zur Unterrichtung des Deutschen Bundestags,

http://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/691670/publicationFile/199511/141119- Fortschrittsbericht_AFG_2014.pdf, Zugriff 15.4.2015

www.ris.bka.gv.at Seite 6 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

In einem ecoi.net-Themendossier zu Afghanistan vom 13.1.2015 macht ACCORD folgende Angaben:

[...] Wie der UNO-Generalsekretär in einem Bericht vom September 2014 vermerkt, haben aufständische Gruppen, internationale Terroristen und mit ihnen verbündete Netzwerke die langwierige politische Krise und Unsicherheit genutzt, um großangelegte Angriffe in verschiedenen Landesteilen, vor allem in den Provinzen Helmand, Faryab, Ghor, Logar, Nangarhar, Nuristan und Kundus, zu verüben. Im Zeitraum vom 1. Juni bis 15. August 2014 haben die Vereinten Nationen 5.456 für die Arbeit, Mobilität und Sicherheit von ZivilistInnen relevante Sicherheitsvorfälle registriert. Dies stellt einen Anstieg um 10,7 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2013 und einen Anstieg um 18,7 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2012 dar. Die entsprechende Zahl für 2011 lag allerdings um 12,6 Prozent höher. (UNGA, 9. September 2014, S. 6-7)

Die Jamestown Foundation erwähnt im September 2014, dass die Taliban eine neue Strategie verfolgen. Diese besteht darin, großangelegte Angriffe in verschiedenen Landesteilen zu starten, um die Kontrolle über Gebiete zu erlangen und zu behalten, und gezielte Angriffe auf den afghanischen Geheimdienst zu verüben. (Jamestown Foundation, 26. September 2014)

In seinem Bericht vom Dezember 2014, der den Zeitraum seit September 2014 abdeckt, schreibt der UNO- Generalsekretär, dass Aufständische in den meisten Teilen des Landes Angriffe auf Regierungskräfte verübt haben. Die schwersten Angriffe fanden in den Provinzen Helmand und Kandahar im Süden, in den Provinzen Ghazni, Paktia und Paktika im Südosten, in der Provinz Nangarhar im Osten, in der Provinz Kundus im Nordosten, in der Provinz Faryab im Norden sowie in den Provinzen Herat Farah und Ghor im Westen statt. Insgesamt gesehen waren die afghanischen Sicherheitskräfte in der Lage, den Aufständischen mit relativer Wirksamkeit entgegenzutreten, auch wenn sie Berichten zufolge signifikante Opferzahlen zu verzeichnen hatten.

Wie der Bericht weiters anführt, wurden im Zeitraum vom 16. August bis 15. November 2014 insgesamt 5.199 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet, was einen geringfügigen Rückgang um 5,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum darstellt. Die im Zeitraum vom 1. Jänner bis 15. November 2014 verzeichneten 19.469 sicherheitsrelevanten Vorfälle stellen hingegen einen Anstieg um 10,3 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr dar. Laut Bericht waren die unbeständigsten Gebiete weiterhin im Süden, Südosten und Osten des Landes zu finden. (UNGA, 9. Dezember 2014, S. 5) [...]

ACCORD (13.1.2015): ecoi.net-Themendossier zu Afghanistan: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul, http://www.ecoi.net/local_link/294284/429187_de.html, Zugriff 15.4.2015

Aus dem Report von EASO vom Jänner 2015 geht im Hinblick auf die Provinz Nangarhar hervor, dass diese mit der Hauptstadt aus 22 Distrikten - darunter einem Distrikt namens XXXX - besteht. Die Sicherheitslage hat sich seit 2012 verschlechtert, mit einer Zunahme der Angriffe gegen ANSF am Bati Kot- Highway. Auch die Fernverkehrsstraße Torkham-Jalalabad ist zu einem Angriffsziel geworden und Nangarhar ist sowohl für die Taliban, als auch Regierungstruppen bzw. die Koalition der Truppen eine strategisch bedeutende Provinz. Das Vorhandensein von Aufständischen führt dazu, dass amerikanische Drohnen eingesetzt werden, um die Taliban zu beseitigen.

Die Unsicherheit hängt auch damit zusammen, dass sich die provinzielle Elite und der ehemalige Gouverneur Gul Aga Shirzai, um die lokalen Ressourcen konkurrieren. Um ihre Präsenz zu stärken nutzen die Aufständischen diese Rivalitäten, Stammeskonflikte, Landstreitigkeiten sowie den Widerstand gegen die Beseitigung des Opiumanbaus, der zwischen 2012 und 2013 um 400% gestiegen ist. Die verstärkte Präsenz der Taliban wirkt sich auf das tägliche Leben der Zivilbevölkerung aus, die es aus Angst vor Repressalien vermeidet, Sänger und Musikanten zu Hochzeiten einzuladen.

Entführung und Lösegeldforderung - zwischen USD 300.000.- und 1,5 Millionen - haben sich zwischen März 2013 und Jänner 2014 vervielfacht.

Zwischen Jänner und Oktober 2014 wurden in der Provinz Nangarhar 2.750 Sicherheitsvorfälle registriert. Die unbeständigsten Distrikte waren Khogyani, Bati Kot, Charparhar, Hesarak und Shinwar mit mehr als 200 Vorfällen. Keiner der Distrikte bleibt von Gewalt verschont. Die Distrikte Khogyani, Chaparhar, Behsud und Achin weisen mit 51 bis 150 zivilen Opfern (vom 1. September 2013 bis zum 30. September 2014) die höchste Anzahl von zivilen Opfern auf. Abgesehen davon, dass sie kollaterale Opfer sind, stellen Zivilisten auch ein direktes Ziel dar. In den Distrikten Batikot, Pachieragam, und Hesarak wurden im Zeitraum vom 1. September 2013 bis zum 30. September 2014 zwischen 26 www.ris.bka.gv.at Seite 7 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016 und 50 Opfer gezählt. Zwischen 29. Juli und 1. August 2014 wurden im Distrikt Hesarak mehrere Polizeistationen gleichzeitig von hunderten Kämpfern der Taliban angegriffen, da die Nähe [des Distrikts Hesarak] zu strategisch wichtigen Lagen [angrenzenden Distrikten] die Bedenken erhöht hat, dass die Gewalt auf andere, traditionell stabilere Gebiete übergreifen könnte.

2012 war das Haqqani-Netzwerk in den Distriken Hesarak, Sherzad, Charpahar und Jalalabad City vorherrschend. Unter den Opfern der afghanischen Armee wurde in der Provinz Nangarhar eine große Zahl von pakistanischen Taliban identifiziert und die in Pakistan verbotene Lashkar-e Islam ist in der Provinz noch immer aktiv. Seit Februar 2010 ist Qari

Nangarhar

Tabelle kann nicht abgebildet werden

Im Zeitraum Jänner - 31. Oktober 2014, wurden in der Provinz Nangarhar, laut Informationen eines westlichen Sicherheitsvertreters, 2.750 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die volatilsten Distrikte waren, mit mehr als 200 Vorfällen Khogyani, Bati Kot, Charparhar, Hesarak und Shinwar (EASO 1.2015).

Nangarhar liegt im Osten von Afghanistan. Im Norden grenzt sie an die Provinzen Kunar und Laghman, im Westen an die Hauptstadt Kabul und die Provinz Logar und den Gebirgszug Spinghar im Süden (Pajhwok o. D.g)

Nangarhar zählt zu den relativ volatilen Provinzen im Osten Afghanistans, in welcher Taliban in mehreren abgelegenen Distrikten aktiv sind und regelmäßig Aktionen durchführen (Khaama Press 15.4.2014; vgl. Khaama Press 2.9.2014).

Ein Dutzend lokaler BewohnerInnen in dem Bezirk Hesarak von Nangarhar haben eine Kampagne gegen die Taliban gestartet und sich bewaffnet. Die lokalen BewohnerInnen wurden von den afghanischen Polizeikräften unterstützt. Es gab keine Berichte zu den Opferzahlen (Khaama Press 15.4.2014). Die BewohnerInnen von Nangarhar leiden zusätzlich zur Unsicherheit auch unter anderen Problemen, wie zum Beispiel Armut (Tolo News 18.2.2014).

Räumungsoperationen durch die nationalen afghanischen Sicherheitskräfte in der Provinz Nagarhar wurden durchgeführt, nachdem Taliban koordinierte Angriffe auf das Gebäude der Bezirksregierung und andere Regierungsinstitutionen vorbereiteten. Die afghanischen Sicherheitskräfte haben den Großteil der Gebiete von Aufständischen befreit und Räumungsoperationen sind weiter im Gange (Khaama Press 25.9.2014).

Im Jahresvergleich 2011 und 2013, ist die Zahl der regierungsfeindlichen Angriffe um 161% gestiegen. 2013 wurden 1.451 Vorfälle registriert (Vertrauliche Quelle 1.2014)

EASO (Jänner 2015): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation, http://easo.europa.eu/wp-content/uploads/Afghanistan-security-situation-EN.pdf, Zugriff 15.4.2015

Aus den Briefing Notes des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9.2.2015 geht folgendes hervor:

[...] Am 05.02.15 starben mindestens 18 Talibankämpfer bei einem Militärschlag in der ostafghanischen Provinz Nangarhar (Distrikt Nasjan, nahe der Grenze zu Pakistan). Neben diesen Ereignissen, über die die internationale Presse berichtete, ereigneten sich in der vergangenen Woche täglich eine Vielzahl von Angriffen und Anschlägen, über die nur in der afghanischen Presse berichtet wurde. Betroffen waren die Provinzen Faryab (Norden), Kunar (Osten, Sprengung einer Mädchenschule und Klinik), Parwan (Zentralafghanistan).

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration (9.2.2015): Briefing Notes,

http://www.ecoi.net/file_upload/4232_1423556365_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge- briefing-notes-09-02-2015-deutsch.pdf, Zugriff 15.4.2015

Weiters berichtet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Sicherheitslage in Afghanistan in den Briefing Notes vom 16.2.2015:

www.ris.bka.gv.at Seite 8 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

In der vergangenen Woche ereigneten sich mehrere sicherheitsrelevante Vorfälle. Ziele von Anschlägen und Übergriffen waren erneut Regierungseinrichtungen, Repräsentanten des Staates und deren Angehörige. Am 09.02.15 setzten Unbekannte eine Schule in der östlichen Provinz Nangarhar (Distrikt Mumandara) in Brand. Bereits zwei Wochen zuvor war in einem anderen Distrikt (Haska Mina) ebenfalls eine Schule zerstört worden. [...]

Im östlichen Nangarhar wurden eine Abgeordnete des Provinzrates und sechs weitere Personen bei einem Bombenanschlag verletzt. Am 11.02.15 ereignete sich ein weiterer Bombenanschlag auf die Polizei in Nangarhar (in der Hauptstadt Jalalabad), bei dem fünf Menschen verletzt wurden. In der östlichen Provinz Kunar wurde eine weitere Schule in Brand gesteckt. Im Distrikt Nad Ali der südlichen Provinz Helmand begann eine größere Militäraktion gegen Aufständische. [...]

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration (16.2.2015): Briefing Notes,

http://www.ecoi.net/file_upload/4232_1424338209_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge- briefing-notes-16-02-2015-deutsch.pdf, Zugriff 15.4.2015

Einem Bericht von UN General Assembly zur Sicherheitslage und zu politischen Entwicklungen seit 9. Dezember 2014 ist zu entnehmen, dass die Sicherheitslage in Afghanistan volatil blieb. Die Zahl der registrierten Sicherheitsvorfälle war im Jahr 2014 um 10% höher als 2013. 68% dieser Vorfälle wurden im Süden, Südosten und Osten registriert - mit Nangarhar als instabilster Provinz und einem Anteil von 13% der Vorfälle. Unbestätigte Berichte über erhebliche Verluste unter regierungsfeindlichen Elementen und afghanischen Truppen weisen darauf hin, dass der Konflikt zunehmend zermürbender wird. Das wurde vor allem in Provinzen wie Badakhshan, Kunduz, Helmand, Nangarhar, Kunar und Nuristan deutlich, die auch in engen Zusammenhang mit verbotenen wirtschaftlichen Tätigkeiten, insbesondere illegaler Drogenproduktion und Menschenhandel gebracht werden.

Die afghanischen Sicherheitskräfte haben ihre Operationen in den Provinzen Faryab, Herat, Kandahar, Nangarhar und Kunar fortgesetzt, um Rebellengruppen in Gebieten entgegenzutreten in denen sie über den Winter fortlaufend um Einfluss kämpften anstatt sich zurückzuziehen, bis die Frühjahrsoffensive beginnt. Während des Berichtszeitraumes wurden 25 Vorfälle registriert die sich direkt oder indirekt gegen die Vereinten Nationen gereichtet haben.

UN General Assembly (27.2.2015): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security; Report of the Secretary-General, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1426069945_n1504851afg.pdf,

Zugriff 15.4.2015

UNHCR schreibt im Bericht zu intern vertriebenen Personen für den Zeitraum vom 1. bis 28. Februar 2015, dass 302 Familien (1.570 Personen) aus verschiedenen Distrikten in der Provinz Nangarhar vertrieben wurden und sich aus den unsicheren Distrikten in andere begaben. Berichten zufolge haben sich die Vertreibungen zwischen August und Dezember 2014 ereignet. Auch nach Gardez City, der Hauptstadt der Provinz Paktya, haben sich Vertriebene aus den Provinzen Paktya, Nangarhar, Logar und Kabul begeben.

UNHCR (Februar 2015): CONFLICT-INDUCED INTERNAL DISPLACEMENT MONTHLY UPDATE 01 - 28 FEBRUARY 2015 http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1427448627_5513f90c4.pdf,

Zugriff 15.4.2015

Die UN Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) gibt im Jahresbericht zu zivilen Opfern, Angriffen und Schutz für ZivilistInnen im Jahr 2014 an, dass die afghanische Zentralregion den höchsten Grad an Vertreibungen im Jahr 2014 verzeichnete. Die Vertreibungen sind Folge der Zunahme von Aktivitäten von regierungsfeindlichen Elementen die die nationalen afghanischen Sicherheitskräfte dazu veranlassten militärische Operationen in den Provinzen Kapisa, Maidan, Wardak und Logar durchzuführen.

www.ris.bka.gv.at Seite 9 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

UNAMA (2.2015): Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2014, http://unama.unmissions.org/Portals/UNAMA/human%20rights/2015/2014-Annual-Report-on-Protection-of- Civilians-Final.pdf, Zugriff 15.4.2015

British and Irish Agencies Afghanistan Group (BAAG) schreibt im Monatsbericht zu Afghanistan im März 2015, dass ein neugewähltes weibliches Mitglied der Provinzregierung an den Verletzungen nach einem fünf Tage zuvor stattgefundenen Bombenangriff verstorben ist.

BAAG (3.2015): Afghanistan in February 2015,

http://www.baag.org.uk/sites/www.baag.org.uk/files/resources/attachments/Afghanistan%20in%20Feb%202015. pdf, Zugriff 15.4.2015

In den Briefing Notes vom 2.3.2015 schreibt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Sicherheitslage in Afghanistan:

[...] Am 27.02.15 verübten Taliban in Jalalabad (Provinz Nangarhar, Osten) einen Selbstmordanschlag auf den Konvoi eines Parlamentsmitglieds. Dabei starben drei Personen, 13 wurden verletzt. Am 28.02.15 kamen in der nördlichen Provinz Faryab drei Frauen bei einem Bombenanschlag um. Am 02.03.15 wurden zwei Kinder bei einer Bombenexplosion in Jalalabad getötet.

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration (2.3.2015): Briefing Notes,

https://www.ecoi.net/file_upload/4232_1425305626_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge- briefing-notes-02-03-2015-deutsch.pdf, Zugriff 15.4.2015

In den Briefing Notes vom 9.3.2015 schreibt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Sicherheitslage in Afghanistan:

[...] Bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen sowie Bombenanschlägen in den Provinzen Faryab (Norden), Baghlan, Kunduz (Nordosten), Nangarhar (Osten), Helmand, Zabul (Süden) kamen neben Aufständischen und Sicherheitskräften in der vergangenen Woche erneut auch Zivilisten ums Leben. In der nordöstlichen Provinz Badakhshan belagern die Taliban den Distrikt Yamgan, was akuten Nahrungsmangel in dem Gebiet zur Folge hat. [...]

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration (9.3.2015): Briefing Notes,

http://www.ecoi.net/file_upload/4232_1426147764_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge- briefing-notes-09-03-2015-deutsch.pdf, Zugriff 15.4.2015

In den Briefing Notes vom 16.3.2015 schreibt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Sicherheitslage in Afghanistan:

[...] Die Sicherheitslage ist unverändert. Weiterhin kommt es in verschiedenen Landesteilen zu Anschlägen und Kämpfen. Dabei attackieren die Taliban in erster Linie die afghanischen Sicherheitskräfte (z.B. in den Provinzen Badakhshan, Takhar, Kunduz und Parwan). Gegenschläge der Regierung und Militäroperationen, bei denen es teilweise zu zivilen Opfern kam, gab es vergangene Woche in den Provinzen Ghazni, Baghlan, Farah, Ghor, Faryab, Nangarhar, Helmand und Kandahar. Bei Kämpfen werden immer wieder Zivilisten getroffen. In den letzten Wochen wurden nach Behördenangaben regelmäßig ausländische Kämpfer des IS angetroffen, so starben am 10.03.15 im westlichen Farah bei Kämpfen mehrere IS-Kämpfer. [...] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration (16.3.2015): Briefing Notes,

https://www.ecoi.net/file_upload/4232_1426517503_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge- briefing-notes-16-03-2015-deutsch.pdf, Zugriff 15.4.2015

www.ris.bka.gv.at Seite 10 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

In den Briefing Notes vom 23.3.2015 schreibt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Sicherheitslage in Afghanistan:

[...] Weitere Angriffe auf Sicherheitskräfte und Militäroperationen, bei denen es teilweise zivile Opfer gab, ereigneten sich in Helmand, Nimroz, Zabul (Süden), Ghazni, Khost (Südosten), Nangarhar, Kunar (Osten), Farah, Herat (Westen), Kunduz (Nordosten), Jawzjan (Norden).

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration (23.3.2015): Briefing Notes,

http://www.ecoi.net/file_upload/4232_1427122246_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge- briefing-notes-23-03-2015-deutsch.pdf, Zugriff 15.4.2015

Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) berichtet am 24.3.2015, dass die Vereinigten Staaten weiterhin Drohnen einsetzen um Aufständische in Afghanistan zu bekämpfen. Einem Bericht zufolge wurden bei einem Drohnenangriff am 24. März neun militante Pakistani in der Provinz Nangarhar getötet.

RFE/RL (24.3.2015): Official Says Gunmen Kill 13 In Afghan Highway Attack, http://www.rferl.org/content/afghanistan-gunmen-highway-attack-deaths/26916767.htm, Zugriff 15.4.2015

In den Briefing Notes vom 7.4.2015 schreibt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Sicherheitslage in Afghanistan:

Auch in der vergangenen Woche ereigneten sich zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle wie Sprengstoffanschläge und Überfälle von Regierungsgegnern, bei denen auch Zivilisten zu Schaden kamen. Besonders viele Opfer gab es bei einem Selbstmordanschlag in Khost (Südosten) am 02.04.15, bei dem mindestens 20 Personen starben und über 60 verletzt wurden.

Bei weiteren Anschlägen in Kabul und der Provinz Baghlan (Nordosten) wurden am 06.04.15 acht Polizisten und zwei Zivilpersonen getötet.

Weitere Angriffe auf Sicherheitskräfte, Anschläge und Militäroperationen, bei denen es teilweise auch zivile Opfer gab, ereigneten sich in den Provinzen Helmand, Zabul (Süden), Ghazni, Paktia (Südosten), Nangarhar (Osten), Faryab, Sar-i-Pul (Norden), Badakhshan, Kunduz (Nordosten), Jawzjan (Norden), Farah (Westen), Maidan Wardak, Logar (Zentralafghanistan) und Kabul (im Distrikt Qarabagh).

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration (7.4.2015): Briefing Notes,

http://www.ecoi.net/file_upload/4543_1428570692_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge- briefing-notes-07-04-2015-deutsch.pdf, Zugriff 15.4.2015

Am 8.4.2015 berichtet RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty, dass ein US-Soldat beim Angriff eines afghanischen Soldaten auf NATO-Soldaten getötet und zwei weitere US-Soldaten verletzt wurden.

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (8.4.2015): U.S. Soldier Killed In Afghan Insider Attack, http://www.ecoi.net/local_link/300265/436929_de.html, Zugriff 15.4.2015

Reliefweb berichtet am 10.4.2015 unter Berufung auf Agence France Press (AFP), dass drei Zivilisten bei einem Selbstmordanschlag der Taliban auf einen NATO-Konvoi in Jalalabad getötet und vier weitere verletzt wurden.

Reliefweb (10.4.2015): 15 killed in Afghan bombings, including attack on NATO convoys,

http://reliefweb.int/report/afghanistan/taliban-suicide-bomber-strikes-nato-convoy-afghanistan, Zugriff 15.4.2015

www.ris.bka.gv.at Seite 11 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

TOLOnews, ein afghanisches Nachrichtenportal, berichtet am 2.8.2014, dass offiziellen Angaben der lokalen Polizei zufolge mehr als 1000 Taliban den Distrikt Hesarak in der Provinz Nangarhar angegriffen haben. Behauptungen eines Polizeikommandanten aus Nangarhar zufolge haben sich unter den Militanten auch Mitglieder des pakistanischen Geheimdienstes befunden. Als Ursache des Aufstandes nannte das Innenministerium die verminderte Präsenz aufständischer Truppen in der Gegend. In Hesarak gibt es seit Jahren Probleme mit der Sicherheitslage. Das Fehlen asphaltierter Straßen habe die Verbreitung regierungsfeindlicher Truppen in Hesarak ermöglicht.

TOLOnews (2.8.2014): Taliban Attack Hesarak District in Nangarhar,

http://www.tolonews.com/en/afghanistan/15794-taliban-attack-heasark-district-in-nangarhar, Zugriff 15.4.2015

Am 3.8.2014 berichtet TOLOnews, dass afghanische Sicherheitskräfte und die ISAF eine noch andauernde militärische Operation im Distrikt Hesarak in der Provinz Nangarhar gestartet haben, um den Distrikt von Aufständischen zu säubern. Dabei wurden offiziellen Angaben zufolge sechs Aufständische getötet und fünf weitere festgenommen. Die Operation wurde gestartet, nachdem mehr als 1000 Taliban Hesarak angegriffen haben und es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei kam.

TOLOnews (3.8.2014): Afghan Troops Launch Military Operation in Hesarak of Nangarhar, http://www.tolonews.com/en/afghanistan/15809-afghan-troops-launch-military-operation-in-hesarak-of- nangarhar, Zugriff 15.4.2014

Am 6.1.2015 berichtet TOLOnews über ein Interview mit Beamten des Verteidigungs- und Justizministeriums. Dabei geben diese an, dass seit Machtübernahme der Regierung der nationalen Einheit Kämpfer aggressiv vorgehen, um Gebiete zu erobern und die Afghanen einzuschüchtern. Laut Angaben des Verteidigungsministeriums strebten die Taliban danach Gebiete zurückzuerobern indem sie großangelegte Offensiven im Distrikt Hesarak in der Provinz Nangarhar, im Distrikt Dagam in der Provinz Kunar und im Distrikt Sangin in der Provinz Helmand starteten. Offiziellen Angaben zufolge wurden die Angriffe außerhalb der großen Städte durch die zunehmend erfahreneren, gut ausgebildeten und ausgerüsteten afghanischen Sicherheitskräfte vereitelt werden konnten. Der stellvertretende Sprecher des Verteidigungsministeriums ging sogar so weit zu behaupten, dass die Misserfolge der Taliban in Außendistrikten zur jüngsten Welle von Selbstmordattentaten in den städtischen Zentren im ganzen Land geführt haben.

TOLOnews (6.1.2015): Security Officials Discuss Taliban Offensive in Early Months Under Unity Government, http://www.tolonews.com/en/afghanistan/17735-security-officials-discuss-taliban-offensive-in-early-months- under-unity-government,

Zugriff 15.4.2015

2. Gibt es Unterlagen zu Zwangsrekrutierungen durch die Taliban in dieser Gegend?

Im Rahmen der zeitlich begrenzten Internetrecherche in öffentlich zugänglichen Quellen in deutscher und englischer Sprache konnten zur exakten Fragestellung nach Zwangsrekrutierungen im Distrikt XXXX keine Informationen gefunden werden.

Es konnten jedoch allgemeine Informationen zu Zwangsrekrutierungen in Afghanistan sowie insbesondere auch zu Zwangsrekrutierungen in der Provinz Nangarhar gefunden werden. Diese können den beiliegenden Anfragebeantwortungen von Accord entnommen werden:

Anfragebeantwortung zu Afghanistan: [...1) ausgelassen] 2) Fälle von Zwangsrekrutierungen durch die Taliban in Afghanistan im Jahr 2014 [a-8939]

18. November 2014

2) Fälle von Zwangsrekrutierungen durch die Taliban in Afghanistan im Jahr 2014

Im Folgenden finden sich Informationen zu (Zwangs-)Rekrutierungen durch Aufständische in Afghanistan, die aus dem Jahr 2014 datieren und sich nicht explizit (nur) auf einen früheren Zeitraum beziehen.

www.ris.bka.gv.at Seite 12 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

Auf der Website des Dokumentarfilmprogramms Foreign Correspondent der Australian Broadcasting Corporation (ABC) findet sich ein mit Mai 2014 datierter Film zu Kindern im Afghanistankrieg. In der Beschreibung zum Film wird erwähnt, dass eine der Kriegstaktiken der Einsatz von Kindern zum Platzieren und Auslösen von Minen und am Straßenrand platzierten Sprengsätzen sowie als Selbstmordattentäter sei. Im Film würden Kindersoldaten, von denen viele von den Taliban entführt worden seien oder sich nur widerwillig hätten rekrutieren lassen, darüber berichten, für tödliche Angriffe ausgebildet worden zu sein:

(ABC News - Foreign Correspondent, 6. Mai 2014)

Der ganze Film findet sich unter folgendem Link:

· ABC - Australian Broadcasting Corporation (Foreign Correspondent): Groomed to Kill, 6. Mai 2014 http://www.abc.net.au/foreign/content/2014/s3999139.htm

Die in Kandahar herausgegebene Tageszeitung Gardab führt in einem Artikel vom April 2014 an, dass ihre eigenen Erkenntnisse darauf hindeuten würden, dass Aufständische in der Provinz Kandahar begonnen hätten, verschiedene Mittel einzusetzen, um Jugendliche dazu zu bewegen, sich ihnen anzuschließen. Dazu zähle, dass man den jungen Männern verschiedene Anreize biete, wie Autos, Geld und Posten.

Die Aufständischen würden immer schon versuchen, mittellose und arbeitslose Menschen dazu zu verleiten, sich ihnen anzuschließen. Allerdings würden sich die jüngsten Bemühungen der Aufständischen von ihren vorherigen Rekrutierungskampagnen unterscheiden.

Mitarbeiter des afghanischen Inlandsgeheimdienstes hätten angegeben, dass Aufständische den Jugendlichen verschiedene Anreize wie Autos, Geld und Waffen bieten und diejenigen töten würden, die ihr Angebot ablehnen würden.

Wie der Artikel anführt seien die meisten von der Quetta-Schura (Führungsrat der afghanischen Taliban, Anm. ACCORD) kontrollierten Taliban-Kommandanten gezwungen, alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um gegen die afghanischen Sicherheitskräfte zu kämpfen. Diese Kommandanten würden Beziehungen zu den jungen Männern aufbauen und diese nach und nach davon überzeugen, sich dem Aufstand anzuschließen.

Unter den jungen Männern, denen die Aufständischen Autos, Geld und Waffen angeboten hätten, würden sich Sidiqullah, Abdul Shakoor, Abdul Samad und Matiullah aus den Provinzen Ghazni, Uruzgan, Zabul und Kandahar befinden. Ihren Angaben zufolge hätten die Aufständischen zunächst Beziehungen zu ihnen aufgebaut und diese später ausgeweitet. Die Aufständischen würden zunächst mit den Jugendlichen ins Gespräch kommen und dann allmählich damit beginnen, sie aufzufordern und dazu zu motivieren, sich ihnen anzuschließen. (Gardab, 30. April 2014)

Das afghanische Medienunternehmen The Killid Group (TKG) schreibt in einem Artikel vom Februar 2014, dass Jugendliche von bewaffneten regierungsfeindlichen Kämpfern rekrutiert würden. Die Situation sei in Westafghanistan, in den Provinzen Herat, Farah, Ghor und Badghis, besonders beunruhigend. Der Leiter des afghanischen Inlandsgeheimdienstes in Farah verfüge über Belege dafür, dass in den Distrikten Bala Bolok, Bakwah und Gulistan Jungen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren rekrutiert worden seien. Die meisten unter ihnen seien sexuell missbraucht worden, was zu internen Problemen bei den Taliban geführt habe. TKG zitiert weiters den Leiter der Unabhängigen Afghanischen Menschenrechtskommission (Afghanistan Independent Human Rights Commission, AIHRC) in Ghor, dem zufolge Kinder in den Distrikten Shahrak, Dolaina, Charsada und Dawlatyar sowie im Gebiet Morghab der Provinzhauptstadt rekrutiert worden seien. Ein Sprecher des Provinzgouverneurs habe allerdings angegeben, dass die Behörden keine solchen Berichte erhalten hätten. Jedoch seien Kinder von Schmugglern als Kuriere eingesetzt worden. Wie TKG weiters anführt, habe der stellvertretende Polizeichef der Provinz Herat mitgeteilt, dass die Polizei Verhaftungen durchgeführt habe und sich unter den Verhafteten auch männliche Jugendliche befunden hätten. Dem stellvertretenden Polizeichef zufolge würden Kinder auch aus einigen Madrassas heraus rekrutiert. (TKG, 23. Februar 2014)

Der deutsche Auslandsrundfunksender Deutsche Welle (DW) berichtet im August 2014, dass die afghanischen Behörden über eine neue Methode zur Vorbereitung von Selbstmordattentätern beunruhigt seien. So würden die Taliban Personen, die vor der Verübung eines Anschlages stünden, Drogen injizieren, um sie zu Selbstmorden zu bewegen ("make them suicidal"). www.ris.bka.gv.at Seite 13 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

Mohebullah habe ein Selbstmordattentäter werden sollen. Er sei bereits mit einer Sprengstoffweste ausgerüstet vor dem Hauptquartier der Provinzregierung in Kandahar gestanden, als Mitarbeiter des Geheimdienstes ihn festgenommen hätten. Laut eigenen Angaben habe Mohebullah vor der geplanten Tat eine Spritze bekommen, durch die er aggressiv geworden sei und sich selbst habe umbringen wollen.

Laut einem Mitarbeiter der Kinderrechtsabteilung der Afghanischen Menschenrechtskommission werde davon ausgegangen, dass die Verabreichung von Drogen eine gängige Praxis beim Gefügigmachen möglicher minderjähriger Selbstmordattentäter sei. Neu sei allerdings, dass der Attentäter durch eine Injektion furchtlos gemacht werde.

Einem weiteren Mitarbeiter der Kinderrechtsabteilung der Afghanischen Menschenrechtskommission zufolge sei der Krieg in Afghanistan für Kinder schon traumatisierend genug. Noch schlimmer sei es allerdings, dass terroristische Gruppen wiederholt versuchen würden, Kinder und Jugendliche mittels Gehirnwäsche für ihre Zwecke zu verwenden.

Kinder seien beispielsweise mit Versprechungen, ihre Familien würden Geld bekommen, oder sie selbst würden die Explosion überleben, gelockt worden. Dies sei auch bei der zehnjährigen Spozhmai aus Helmand der Fall gewesen, die Anfang 2014 für Schlagzeilen gesorgt habe. Ihr Bruder, ein Taliban-Kommandant, habe sie angewiesen, eine Sprengstoffweste anzulegen und zu benutzen. Dem Mädchen sei allerdings die Flucht gelungen. (DW, 24. August 2014)

Die afghanische Tageszeitung Daily Outlook Afghanistan führt in einem Artikel vom März 2014 an, dass Kinder in zunehmendem Maße von Aufständischen rekrutiert, indoktriniert und als Selbstmordattentäter eingesetzt würden. Der (bereits in obigem DW-Zitat erwähnte) Fall der 13-jährigen Spozhmoi sei das schlimmste Beispiel. Berichten zufolge sei das Mädchen von ihrem Bruder, einem Mitglied der Taliban, gezwungen worden, einen Selbstmordanschlag zu verüben. Bevor sie die Tat habe durchführen können, sei sie allerdings von der afghanischen Polizei aufgegriffen worden. Darüber hinaus gebe es viele Jungen, die in Madrassas ausgebildet und anschließend zur Verübung von Selbstmordanschlägen in Afghanistan eingesetzt würden.

Es sei mehrere Male berichtet worden, dass die Taliban hungernde Kinder bestechen würden, damit diese Sprengsätze am Straßenrand platzieren, als Köder fungieren und Selbstmordanschläge verüben würden. Die Aufständischen würden die Jungen unter obdachlosen und verwaisten Kindern rekrutieren. (Daily Outlook Afghanistan, 17. März 2014)

Der vom US-amerikanischen Kongress finanzierte Rundfunkveranstalter Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) geht in einem Artikel vom Jänner 2014 ebenfalls auf den Fall von Spozhmai ein und erwähnt anschließend, dass Jungen während des seit zwölf Jahren andauernden Krieges manchmal als Selbstmordattentäter rekrutiert worden seien. Hingegen würden als Selbstmordattentäter eingesetzte Mädchen als sehr selten beschrieben. Laut ExpertInnen würden Aufständische Kinder rekrutieren, da sie davon ausgingen, dass es für diese leichter sei, die Sicherheitscheckpoints zu umgehen. Taliban-Kämpfer hätten angegeben, dass ihr Verhaltenskodex jeden militärischen Einsatz von Kindern im Kampf gegen die afghanische Regierung und deren NATO-Verbündete verbiete. (RFE/RL, 7. Jänner 2014)

Die US-amerikanische Tageszeitung Wall Street Journal (WSJ) erwähnt in einem Artikel vom Juli 2014, dass die Vereinten Nationen die afghanische Polizei und die Taliban als Akteure eingestuft habe, die Minderjährige rekrutieren würden. Zwar seien Kindersoldaten im Verhaltenskodex der Taliban ausdrücklich verboten, jedoch ende ihre Definition eines Kindes, sobald jemand die Pubertät erreiche oder in der Lage sei, sich einen Bart wachsen zu lassen. (WSJ, 1. Juli 2014)

Die afghanische Nachrichtenagentur Pajhwok Afghan News (PAN) berichtet im August 2014, dass laut Angaben eines Vertreters der Armee die Taliban im Norden der Provinz Helmand eine Rekrutierungsoffensive gestartet hätten und lokale Bewohner zwingen würden, sich ihnen anzuschließen. Der Polizeichef von Helmand habe bestätigt, dass die Aufständischen in fast allen im Norden der Provinz gelegenen Distrikten Personen zwingen würden, gegen die Regierungstruppen zu kämpfen. Allerdings habe ein Mitglied des Provinzrates angegeben, von keinen Rekrutierungen durch die Taliban zu wissen. Dem im Distrikt Kajaki beheimateten Provinzratmitglied zufolge hätten lokale Bewohner noch nichts darüber berichtet, von Aufständischen gezwungen zu werden, sich ihnen anzuschließen. Auch ein Bauer aus einem nördlichen Distrikt habe angegeben, nie etwas über solche Vorfälle gehört zu haben. PAN zitiert weiters einen Sprecher der Taliban, dem zufolge es sich bei solchen Berichten um haltlose Gerüchte handle. (PAN, 19. August 2014)

www.ris.bka.gv.at Seite 14 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

Das Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC), eine in Genf ansässige internationale NGO, die sich für den verbesserten Schutz und eine effektivere Unterstützung von Binnenvertriebenen einsetzt, erwähnt in einem im Juni 2014 veröffentlichten Kurzbericht, dass unter anderem gezielte Angriffe, Einschüchterung und Zwangsrekrutierung durch bewaffnete Gruppen zu den Gründen für Vertreibung seit 2010 zählen würden. (IDMC, 19. Juni 2014)

Seran de Leede, Forscherin am Centre for Terrorism and Counterterrorism der Universität Leiden, geht in einem im April 2014 veröffentlichten Bericht für den in Den Haag ansässigen, eigenen Angaben zufolge unabhängigen Think Tank International Centre for Counter-Terrorism (ICCT) auf das Verhältnis afghanischer Frauen zu den Taliban ein. Im Abschnitt zur Rekrutierung wird unter anderem erwähnt, dass die Forschung zeige, dass die Taliban aktiv auf Männer zugehen und diese entweder überzeugen oder zwingen würden, sich ihnen anzuschließen. Die Taliban würden außerdem sogenannte Nachtbriefe verteilen, in denen sie Männern und Frauen damit drohen würden, dass die internationalen Truppen nicht für immer im Land seien und sie Rache an Personen nehmen würden, die sich ihnen widersetzen. Es scheine allerdings keine Belege dafür zu geben, dass die Taliban aktiv auf Frauen zugehen würden, um diese als unterstützende Kräfte zu gewinnen. (ICCT, April 2014, S. 7)

RFE/RL führt in einem Artikel vom November 2014 an, dass laut einem Forscher am in Kabul ansässigen Center for Conflict and Peace Studies sich die meisten Taliban dem Aufstand anschließen würden, weil es sich für sie auszahle. Einige Taliban-Kommandanten und Fußsoldaten hätten ihm mitgeteilt, dass sie, bevor sie sich den Taliban angeschlossen hätten, für die afghanische Armee hätten arbeiten wollen, um ein regelmäßiges monatliches Gehalt zu bekommen. Allerdings wären ihre Familien dann mit anhaltenden Drohungen durch die Taliban konfrontiert gewesen und sie wären nicht mehr in der Lage gewesen, in ihre Gemeinschaft zurückzukehren. Sich den Taliban anzuschließen sei deshalb die einzig gute Option gewesen. Wie der Forscher hinzugefügt habe, hätten ihm einige Taliban-Kommandanten erzählt, dass sie sich dem Aufstand angeschlossen hätten, nachdem sie ihren Job bei Sicherheitsfirmen verloren hätten. (RFE/RL, 5. November 2014)

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 18. November 2014)

· ABC - Australian Broadcasting Corporation (Foreign Correspondent): Groomed to Kill, 6. Mai 2014 http://www.abc.net.au/foreign/content/2014/s3999139.htm

· ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Provinz Logar: Zwangsrekrutierungen und Entführungen von Kindern [a-7821-1], 30. November 2011 (verfügbar auf ecoi.net) http://www.ecoi.net/file_upload/response_de_207467.html

· ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Provinz Logar: Machtverteilung bzw. Kontrolle (Regierung, Aufständische) [a-8808], 14. August 2014 (verfügbar auf ecoi.net) http://www.ecoi.net/local_link/284202/414706_de.html

· Daily Afghanistan: Afghan paper urges government action against use of children in suicide attacks, 4. Juni 2012 (zitiert nach BBC Monitoring)

· Daily Outlook Afghanistan: The Psychological Effects of War on Children, 17. März 2014 http://www.outlookafghanistan.net/topics.php?post_id=9665

· DW - Deutsche Welle: After injection, ready for a suicide bombing, 24. August 2014

http://www.dw.de/after-injection-ready-for-a-suicide-bombing/a-17874018

· EASO - European Asylum Support Office: Afghanistan: Taliban Strategies - Recruitment, 10. Juli 2012 (verfügbar auf ecoi.net)

www.ris.bka.gv.at Seite 15 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1354203778_easo-afg-2012-07-taliban-rekrutierung.pdf

· Gardab: [Insurgents offer positions, money to lure new recruits in Afghan south - paper], 30. April 2014 (zitiert nach BBC Monitoring)

· ICG - International Crisis Group: The Insurgency in Afghanistan's Heartland, 27. Juni 2011 (verfügbar auf Refworld) http://www.unhcr.org/refworld/docid/4e0b33172.html

· ICCT - International Centre for Counter-Terrorism: Afghan Women and the Taliban: An Exploratory Assessment (Autor: Seran de Leede), April 2014

http://www.icct.nl/download/file/ICCT-Leede-Afghan-Women-and-the-Taliban-April-2014.pdf

· IDMC - Internal Displacement Monitoring Centre: As humanitarian space shrinks, IDP policy must be implemented, 19. Juni 2014

http://www.internal-displacement.org/south-and-south-east-asia/afghanistan/2014/as-humanitarian-space- shrinks-idp-policy-must-be-implemented

· KP - Khaama Press: Local police selling weapons and ammunition to Taliban, 3. November 2014

http://www.khaama.com/local-police-selling-weapons-and-ammunition-to-taliban-8708

· PAN - Pajhwok Afghan News: Taliban launch recruitment drive in Helmand: ANA, 19. August 2014 http://www.pajhwok.com/ps/node/240047

· RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty: Afghan Police Probe Case Of 'Suicide Attack' Girl, 7. Jänner 2014 (verfügbar auf ecoi.net) http://www.ecoi.net/local_link/266721/393813_de.html

· RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty: Afghan Taliban Trades Ideology For Profiteering, 5. November 2014 http://gandhara.rferl.mobi/a/taliban-war-profiteering/26675311.html

· TKG - The Killid Group: Weak rights mechanism fail Afghan children, 23. Februar 2014 (verfügbar auf der Website der Revolutionary Association of the Women of Afghanistan, RAWA)

http://www.rawa.org/temp/runews/2014/02/23/weak-rights-mechanisms-fail-afghan-children.html

· TOLO News: Logar Security on Edge After Jamal Death, Ahead of Loya Jirga, 7. November 2013

http://www.tolonews.com/en/afghanistan/12518-logar-security-on-edge-after-jamaldeath-%20ahead-of-loya- jirga

· UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: Forced Recruitment by the Taliban in Afghanistan - UNHCR's perspective, 10. Juli 2012 (verfügbar auf ecoi.net) http://www.ecoi.net/file_upload/2016_1341992043_4ffc31a32.pdf www.ris.bka.gv.at Seite 16 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

· UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan [HCR/EG/AFG/13/01], 6. August 2013 (verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1386162591_afghanistan-richtlinien2013dt.pdf

· USDOD - US Department of Defense: DoD News: Combined Force Detains Senior Taliban Leader; Compiled from International Security Assistance Force Joint Command News Releases, 1. April 2013 http://www.defense.gov/news/newsarticle.aspx?id=119663

· WSJ - Wall Street Journal: Afghan War Pulls Growing Number of Child Fighters Into Battle, 1. Juli 2014

http://online.wsj.com/articles/afghan-war-pulls-growing-number-of-child-fighters-into-battle-1404238703

Anfragebeantwortung zu Afghanistan: [...1) und 2) ausgelassen], 3) Informationen zur Zwangsrekrutierung von Kindern [a-8733]

26. Juni 2014

3) Informationen zur Zwangsrekrutierung von Kindern

Die christliche Organisation Hagar International, die sich unter anderem in Afghanistan für die Rechte von Frauen und Kindern einsetzt, schreibt in einem Bericht zu einer 2013 durchgeführten Studie vom April 2014, dass die meisten Hinweise auf Rekrutierung von Kindern durch bewaffnete oppositionelle Gruppen und die afghanischen Armee in Nangarhar verzeichnet worden seien:

" had the most references to child recruitment by military groups, a total of seven times. The interesting difference in Nangarhar was the connection of these military groups not only to armed opposition groups, but also to the ANA [Afghan National Army]. Four stakeholders connected child recruitment for military groups to studying in madrassas in Pakistan. Three highlighted the ANA as recruiting boys." (Hagar International, 3. April 2014, S. 48)

Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UN High Commissioner for Refugees, UNHCR) erwähnt in einer Pressemitteilung vom Dezember 2013 unter anderem, dass sich die Sicherheits- und Menschenrechtslage in weiten Teilen Afghanistans verschlechtert habe und es zunehmend zu Zwangsrekrutierungen komme:

"Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) geht weiterhin von einem hohen Schutzbedarf für Asylsuchende aus Afghanistan aus. Hintergrund ist die prekäre humanitäre Lage sowie eine sich verschlechternde Sicherheits- und Menschenrechtssituation in weiten Teilen des Landes. Viele Afghanen leiden existenziell unter dem Zusammenbruch des traditionellen sozialen Gefüges der Gesellschaft, unter anderem ausgelöst durch die Auswirkungen eines jahrzehntelangen bewaffneten Konflikts. Zu diesem Ergebnis kommt UNHCR in seinen neuen Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs für Schutzsuchende aus Afghanistan, der heute in deutscher Sprache veröffentlicht wurde. Laut dem UNHCR-Bericht ist die derzeitige Menschenrechtssituation durch die wachsende Kontrolle der Zivilbevölkerung durch regierungsfeindliche Kräfte geprägt. Parallele Justizstrukturen wurden etabliert, illegale Strafen verhängt. Bedrohungen, Einschüchterungen, Erpressungen und die Eintreibung illegaler Steuern gehören zum Alltag in vielen Teilen des Landes. Darüber hinaus kommt es zu zunehmend zu Zwangsrekrutierungen. Unübersehbar auch ist der Anstieg der organisierten Kriminalität. Warlords und korrupte Beamte können auch in von der Regierung beherrschten Gebieten zunehmend straffrei agieren. Auch werden zahlreiche Menschenrechtsverletzungen durch regierungstreue Kräfte, wie der afghanischen nationalen Polizei und den afghanischen nationalen Sicherheitskräften begangen." (UNHCR, 3. Dezember 2013)

Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (United Nations Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) schreibt in ihrem Jahresbericht zum Schutz von ZivilistInnen vom Februar 2014 (Berichtszeitraum 2013), dass 43 Kinder im Jahr 2013 rekrutiert worden seien. 67 Prozent der Vorfälle würden regierungsfeindlichen Gruppen, darunter den Taliban, zugeschrieben. (UNAMA, 8. Februar 2014, S. 60)

www.ris.bka.gv.at Seite 17 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

Die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte erwähnt in einem Bericht vom Jänner 2014, dass UNAMA und das Amt des Hohen Kommissars für Menschenrechte (Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights, OHCHR) von 38 Berichten von Rekrutierungen Minderjähriger durch bewaffnete Gruppen und bewaffnete Streitkräfte 25 Vorfälle im Jahr 2013 hätten verifizieren können. Bei den verifizierten Vorfällen seien 43 Jungen im Alter zwischen 11 und 17 Jahren rekrutiert worden. Während des Jahres 2013 seien die Provinzen Kandahar, Helmand, Farah und Paktya weiterhin Zentren für die Rekrutierung von Kindern gewesen. Berichten zufolge seien regierungsfeindliche Gruppen für die Rekrutierung von 29 Jungen verantwortlich gewesen.

(HRC, 10. Jänner 2014, S. 8)

Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) erwähnt in seinem Länderbericht zur Menschenrechtslage vom Februar 2014 (Berichtszeitraum 2013) ebenfalls die Angaben der UNAMA bezüglich Rekrutierung von Kindern. Berichten von Medien, NGOs und UNO-Institutionen zufolge hätten die Taliban Kinder getäuscht, ihnen Geld versprochen, falsche religiöse Vorwände gegenüber Kindern angewendet oder Kinder gezwungen, Selbstmordattentäter zu werden. (USDOS, 27. Februar 2014, Section 1g)

Quellen:

· Hagar International: Forgotten No More: Male Child Trafficking In Afghanistan, 3. April 2014

http://hagarinternational.org/international/files/20140403-Forgotten-No-More1.pdf

· HRC - UN Human Rights Council: Report of the United Nations High Commissioner for Human Rights on the situation of human rights in Afghanistan and on the achievements of technical assistance in the field of human rights in 2013 [A/HCR/25/41], 10. Jänner 2014

http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3- CF6E4FF96FF9%7D/Afgh%20A_HRC_25_41.pdf

· UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan: Annual Report 2013; Protection of Civilians in Armed Conflict, 8. Februar 2014 (verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1392024345_feb-8-2014-poc-report-2013-full-report-eng.pdf

· UNHCR- UN High Commissioner for Refugees: UNHCR: Gesamtsituation in Afghanistan hat sich verschlechtert, 3. Dezember 2013 (verfügbar auf ecoi.net) http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1386161882_pmafghanistan.pdf

· USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2013 - Afghanistan, 27. Februar 2014 (verfügbar auf ecoi.net) http://www.ecoi.net/local_link/270628/399487_de.html

Behandlung nach Rückkehr

Während des Untersuchungsjahres, kehrten mehr als 30.000 afghanische Flüchtlinge freiwillig, mit Hilfe von UNHCR, nach Afghanistan zurück. Die durchschnittliche Zahl der Rückkehrer pro Tag deutet einen Rückgang von 40% im Vergleich zum Jahr 2012 an. Die Kapazitäten der afghanischen Regierung Rückkehrer aufzunehmen hielt sich in Grenzen. Obwohl UNHCR berichtet, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten und eine schlechte Sicherheitslage in Pakistan und Iran zu einem Anstieg bei Rückkehrern nach Afghanistan im Jahr 2012 führten, sank die Zahl der Rückkehrer im Untersuchungsjahr aufgrund von Ungewissheit in Bezug auf die Sicherheit und der Transitionsperiode. Zusätzlich gaben Rückkehrer an, dass lokale Verbesserungen der Sicherheitslage in manchen Teilen Afghanistan der primäre Grund für die Rückkehr waren (USDOS 27.2.2014).

www.ris.bka.gv.at Seite 18 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

Schweiz, Australien, Iran, Norwegen, Pakistan, Dänemark, Frankreich, die Niederlande und Schweden haben mit Afghanistan und dem UNHCR sogenannte Drei-Parteien-Abkommen zur Regelung der freiwilligen Rückkehr von afghanischen Flüchtlingen in ihr Heimatland geschlossen. Abkommen mit Großbritannien und Finnland werden derzeit verhandelt. Die Abkommen sehen u.a. die Übernahme von Reisekosten, Wiedereingliederungshilfe und Unterstützungsmaßnahmen für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge vor. Von Großbritannien, Frankreich, Italien, Dänemark, Norwegen, Schweden und Australien ist bekannt, dass diese Länder abgelehnte Asylbewerber afghanischer Herkunft nach Afghanistan abschieben. Einige Länder arbeiten eng mit IOM in Afghanistan zusammen, insbesondere auch, um die Reintegration zu erleichtern. IOM bietet psychologische Betreuung, Unterstützung bei Reiseformalitäten und bei Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche (AA 31.3.2014).

Rückkehrer können auf Schwierigkeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Art vor allem dann stoßen, wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit aus dem (westlich geprägten) Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage, vom 31. März 2014, S. 5).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (4.6.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan

- USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper, Zugriff 7.7.2014

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Identität, Religion, Volksgruppenzugehörigkeit, Herkunftsregion und familiären Anknüpfungspunkten des Beschwerdeführers stützen sich auf die gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

2.2. Die Aussagen des Asylwerbers stellen, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, im Asylverfahren häufig die zentrale Erkenntnisquelle dar, die auf ihre Glaubwürdigkeit zu überprüfen ist. So ist das Vorbringen eines Asylwerbers dann als glaubhaft anzusehen, wenn es nachstehende vier Grunderfordernisse erfüllt:

1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und

4. der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

Die Feststellung zu der Absicht der Taliban, den Beschwerdeführer zu einer Zusammenarbeit zu nötigen, indem sie ihn vorerst hiezu aufforderten und ihn später aufgrund seiner Weigerung bedrohten sowie auch körperlich misshandelten, beruht auf seinen entsprechenden Angaben im Verfahren vor der Behörde sowie jenen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Der Beschwerdeführer stellte die Vorkommnisse durchwegs gleichbleibend dar und schilderte diese ebenso wie die daraus resultierenden Konsequenzen lebensnah. Insbesondere die Bedrohung mit Waffen und Misshandlung durch Taliban, da er die Mitarbeit verweigerte, www.ris.bka.gv.at Seite 19 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016 schilderte der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht eindrücklich. Seine Angaben sind mit den Länderberichten zur Praxis der Zwangsrekrutierung in Afghanistan vereinbar und vor diesem Hintergrund schlüssig nachvollziehbar und plausibel. Der Beschwerdeführer hat sich zu den entscheidenden Kernpunkten seines Vorbringens (Tätigkeit und Tod seines Vaters, sowie wiederholte Aufforderungen zur Zusammenarbeit seitens der Taliban, die aufgrund seiner Nichtbefolgung in Bedrohungen und Körperverletzung mündeten) konsistent geäußert. Der Beschwerdeführer zeigte sich an einer Mitwirkung am gerichtlichen Verfahren durchgehend bemüht und vermittelte im Rahmen der abgehaltenen mündlichen Beschwerdeverhandlungen einen persönlich glaubwürdigen Eindruck. Er wirkte bestrebt, an ihn gerichtete Fragen konkret zu beantworten und Ungereimtheiten innerhalb seiner Angaben auszuräumen. Insgesamt hat der Beschwerdeführer somit in Bezug auf seine Fluchtgründe einen glaubhaften Eindruck hinterlassen, dies entspricht auch dem in der Beschwerdeverhandlung hinsichtlich des Fluchtvorbringens vom Beschwerdeführer gewonnenen Eindruck. Unter diesen Gesichtspunkten war sein Vorbringen als glaubhaft zu beurteilen.

Die durch die Länderberichte belegte, über einen langen Zeitraum äußerst volatile Sicherheitslage in der Heimatregion des Beschwerdeführers, die hohe Präsenz der Taliban und die Vielzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen zeigen, dass derzeit nicht davon ausgegangen werden kann, dass die staatlichen Sicherheitsbehörden in Hinblick auf eine dortige Verfolgung durch Private (konkret: die Taliban) hinreichend schutzfähig wären.

Darüber hinaus schilderte er auch gleichbleibend, dass sich seine Familienmitglieder in der Heimatregion aufhalten. Es haben sich keine Hinweise darauf ergeben, dass der Beschwerdeführer in einem anderen Landesteil, insbesondere in KABUL, auf ein soziales Netz zurückgreifen könnte, durch das er bei einer Rückkehr Unterstützung vorfinden könnte. Da der Beschwerdeführer weder auf ein soziales/familiäres Netzwerk zurückgreifen kann und es ihm zudem an den örtlichen Kenntnissen fehlt, ist ihm eine Existenzsicherung in einem anderen Landesteil nicht möglich. Aus diesem Grund kann keine innerstaatliche Fluchtalternative - auch nicht in KABUL - angenommen werden.

Es war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr der Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre.

2.3. Die getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat stützen sich auf die der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegten und anlässlich der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung dargetanen sowie anschließend zur Stellungnahme übermittelten Länderdokumente. Da die aktuellen Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der schlüssigen Situationsdarstellungen im Herkunftsstaat zu zweifeln. Auch seitens der Verfahrensparteien wurden hinsichtlich der herangezogenen Quellen in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht und in der Stellungnahme vom 23.07.2015 keine Einwände erhoben.

2.4. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem aktuellen Strafregisterauszug.

2.5. Mangels konkreter und nachvollziehbarer Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtweg konnte dieser nicht festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Art. 130 Abs. 1 B-VG zufolge erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

In vorliegendem Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen und obliegt somit in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

www.ris.bka.gv.at Seite 20 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

3.2. Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100 i.d.g.F.) in Kraft getreten und ist auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz unter Beachtung der Bestimmungen der §§ 73 und 75 AsylG 2005 i. d.g.F. anzuwenden.

3.3. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 i. d. g. F. kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 als der die Asylgewährung regelnden Bestimmung wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Weiters muss sie sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hiefür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist. Anträge auf internationalen Schutz sind gemäß § 3 Abs. 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn den Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG) offen steht (Z.1) oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat (Z. 2).

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG z.B. VwGH 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert, deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder www.ris.bka.gv.at Seite 21 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

Schutzalternative" (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 29.03.2001, 2000/- 20/0539).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 27.06.1995, 94/20/0836; 23.07.1999, 99/20/0208; 21.09.2000, 99/20/0373; 26.02.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 12.09.2002, 99/20/0505; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 m.w.N.).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 20.09.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191).

Für die Annahme einer asylrechtlich relevanten Verfolgung aus Gründen der politischen Gesinnung reicht es, dass eine staatsfeindliche politische Gesinnung zumindest unterstellt wird und die Aussicht auf ein faires staatliches Verfahren zur Entkräftung dieser Unterstellung nicht zu erwarten ist (VwGH 12.09.2002, 2001/20/0310). Als politisch kann alles qualifiziert werden, was für den Staat, für die Gestaltung bzw. Erhaltung der Ordnung des Gemeinwesens und des geordneten Zusammenlebens der menschlichen Individuen in der Gemeinschaft von Bedeutung ist (Hinweis Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, 1999, Rz 408).

3.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit dem konkreten Thema der versuchten Zwangsrekrutierung durch die Taliban bereits in zahlreichen Entscheidungen auseinandergesetzt und dabei folgende Kriterien im Hinblick auf die Asylrelevanz herausgearbeitet:

"In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof von der - nicht asylrelevanten - Zwangsrekrutierung durch eine Bürgerkriegspartei (Hinweis E vom 8. Juni 2000, 99/20/0203, E vom 21. September 2000, 99/20/0373, und E vom 26. September 2007, 2006/19/0387) jene Verfolgung unterschieden, die an die tatsächliche oder nur unterstellte politische Gesinnung anknüpft, die in der Weigerung, sich den Rekrutierenden anzuschließen, gesehen wird. Auf das Auswahlkriterium für die Zwangsrekrutierung selbst kommt es in einem solchen Fall nicht an (Hinweis E vom 31. Mai 2001, 2000/20/0496, mwN). Dementsprechend greift die Beurteilung des BVwG, die Zwangsrekrutierung durch die Taliban könne "potentiell alle Menschen im Heimatgebiet" der Asylwerber treffen und sei nicht mit einer besonderen Eigenschaft begründet, zu kurz. Entscheidend ist vielmehr, mit welchen Reaktionen der Taliban die Aslywerber (also auch die Familienangehörigen des von der versuchten Zwangsrekrutierung unmittelbar betroffenen Asylwerbers) aufgrund ihrer Weigerung, sich dem Willen der Rekrutierenden zu beugen, rechnen müssen und ob in ihrem Verhalten eine - sei es auch nur unterstellte - politische oder religiöse oppositionelle Gesinnung erblickt wird (VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103)."

In der Entscheidung des VwGH vom 28.01.2015, Ra 2014/18/0090 wird ausgeführt:

"Einer (versuchten) Zwangsrekrutierung kommt dann Asylrelevanz zu, wenn aus der Weigerung, sich den Rekrutierenden anzuschließen, eine tatsächliche oder nur unterstellte politische Gesinnung abgeleitet wird, an www.ris.bka.gv.at Seite 22 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016 die eine Verfolgung anknüpft. Entscheidend für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist, mit welchen Reaktionen der Taliban der Revisionswerber aufgrund seiner Weigerung, sich dem Willen der Rekrutierenden zu beugen, rechnen muss und ob in seinem Verhalten eine - wenn auch nur unterstellte - politische oder religiöse oppositionelle Gesinnung erblickt wird (Hinweis E vom 10.12.2014, Ra 2014/18/0103- 0106, mwN)."

Im gegenständlichen Fall geht die Unterstellung einer bestimmten politischen Gesinnung zwar nicht vom Staat aus, doch wäre eine solche Unterstellung seitens der Taliban, nämlich auf der Seite ihrer politischen Gegner zu stehen und sich damit gegen ihre Interessen zu stellen, ebenfalls von Bedeutung (vgl. dazu die Algerien betreffenden Erkenntnisse des VwGH vom 16.07.2003, 2000/01/0518; 22.08.2006, 2005/01/0728). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ihm dieser Nachteil auf Grund einer von dritten Personen ausgehenden, vom Staat nicht ausreichend verhinderbaren Verfolgung mit derselben Wahrscheinlichkeit droht. In beiden Fällen ist es ihm nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohl begründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256, VwGH 14.05.2002, 2001/01/0140; siehe weiters VwGH 24.05.2005, 2004/01/0576, VwGH 26.02.2002, 99/20/0509).

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Berichtslage zur Aktivität der Taliban und mit Blick auf die dem Beschwerdeführer bereits widerfahrene Bedrohung und Körperverletzung durch Taliban sowie auf zahlreiche Beispiele aus der aktuellen Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. exemplarisch BVwG 22.04.2015, Zl. W116 1428147-1/10E; 10.03.2015, Zl. W169 1432466-1) ist mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer aufgrund der durch seine Verweigerung der Mitarbeit und der daraus resultierenden (unterstellten) oppositionellen politischen Gesinnung bei einer Rückkehr Bedrohung und Verfolgung erheblicher Intensität durch Taliban zu gewärtigen hätte. Es ist auch nach Lage des Falles davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer - in seiner Heimatprovinz NANGARHAR - der erheblichen Gefahr ausgesetzt war und ist, von den Taliban zwangsrekrutiert und für deren Zwecke missbraucht zu werden. Aus diesen Umständen ergeben sich gewichtige und konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer aktuellen, ausreichend wahrscheinlichen Verfolgung des Beschwerdeführers von Seiten der Taliban.

Die Prüfung, ob es dem Beschwerdeführer möglich wäre, angesichts der im konkreten Fall zu befürchtenden Eingriffe, die eine Verfolgung von privater Seite darstellt, ausreichenden Schutz im Herkunftsstaat in Anspruch zu nehmen bzw. ob der Eintritt des zu befürchtenden Risikos - trotz Bestehens von Schutzmechanismen im Herkunftsstaat - wahrscheinlich ist, ergibt im konkreten Fall, dass eine solche Wahrscheinlichkeit zu bejahen ist. Die Inanspruchnahme des Schutzes durch den afghanischen Staat vor dieser Bedrohung durch die Taliban ist angesichts der ineffizienten Schutzmechanismen des afghanischen Staates (kein funktionierender Polizei- oder Justizapparat; im Wirkungsbereich einzelner lokaler Machthaber bestehen keine effektiven Mechanismen zur Verhinderung der dem Beschwerdeführer drohenden Verfolgung) sowie der instabilen Sicherheitslage und der hohen Talibanpräsenz in NANGARHAR nur theoretischer Natur. Es kann vor diesem Hintergrund nicht davon gesprochen werden, dass der afghanische Staat derzeit in der Lage wäre, dem Beschwerdeführer, welcher aktuell einer massiven Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt wäre, effektiven Schutz zu gewähren. Fallbezogen ist daher mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer angesichts des ihn betreffenden Verfolgungsrisikos keinen ausreichenden Schutz im Herkunftsstaat finden kann.

Die Möglichkeit, sich der Bedrohung durch die Taliban durch Ausweichen in eine andere Region Afghanistans zu entziehen, besteht für den Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall ebenfalls nicht, da eine innerstaatliche Fluchtalternative mangels sozialer Anknüpfungspunkte außerhalb der Heimatregion nicht angenommen werden kann (vgl. dazu bereits oben).

Die für die Asylgewährung erforderliche Anknüpfung an einen Konventionsgrund ist gegeben, liegt doch der Grund für die Verfolgung des Beschwerdeführers jedenfalls wesentlich in der dem Beschwerdeführer von den Verfolgern (Taliban) zugeschriebenen oppositionellen politischen oder religiösen Gesinnung. Im vorliegenden Fall liegt die asylrelevante Verfolgung in Anknüpfung an die tatsächliche oder dem - ins Blickfeld der Taliban geratenen - Beschwerdeführer unterstellte politische Gesinnung vor.

Das Vorliegen eines Asylausschlussgrundes (Artikel 1 Abschnitt D, F der GFK und § 6 AsylG) oder eines Endigungsgrundes (Artikel 1 Abschnitt C der GFK) ist nicht hervorgekommen.

Dem Beschwerdeführer ist daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. www.ris.bka.gv.at Seite 23 von 24 Bundesverwaltungsgericht 26.01.2016

III. Zur Zulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. insb. VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103 und 28.01.2015, Ra 2014/18/0090); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

European Case Law Identifier ECLI:AT:BVWG:2016:W171.1435664.1.00

www.ris.bka.gv.at Seite 24 von 24