Der Greif.Pdf
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Titel der Originalausgabe: «The Griffin» © 1986 by Arnold Kramish Aus dem Amerikanischen von Gabriele Burkhardt Ricarda Strobel ©Copyright 1987 by Kindler Verlag GmbH, München. Das Werk einschliesslich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ausserhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei- cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Graupner + Partner Satzarbeiten: Compusatz GmbH, München Druck und Bindung: May & Co., Darmstadt Printed in Germany ISBN 3-463-40060-x Eingescannt mit OCR-Software ABBYY Fine Reader 2 3 5 4 1 Inhalt Prolog ........................................................................................... 7 Kapitell: Graz ................................................................................. 9 Kapitel 2: Metamorphose ............................................................... 15 Kapitel 3: Kontakte ........................................................................ 21 Kapitel 4: Der falsche Vater .......................................................... 29 Kapitel 5: Privatleben .................................................................... 33 Kapitel6: V.M .................................................................................................. 39 Kapitel 7: Der Mann, der gar nicht existierte ................................. 45 Kapitel 8: Kapitza .......................................................................... 49 Kapitel 9: Die Emigranten ......................................................... 59 Kapitel 10: Geburtshelfer der Kernspaltung ................................. 69 Kapitel 11: Abreise ......................................................................... 77 Kapitel 12: Becks Buch .................................................................. 81 Kapitel 13: Der Oslo-Report .......................................................... 85 Kapitel 14: Wer war der Verfasser? ............................................... 93 Kapitel 15: Die Lösung .................................................................. 97 Kapitel 16: Rückzug ..................................................................... 107 Kapitel 17: Abgeschnitten ............................................................. 113 Kapitel 18: Theodor ...................................................................... 117 Kapitel 19: Greifswald .................................................................. 125 Kapitel 20: Sigurd ......................................................................... 133 Kapitel 21: Der Besuch ................................................................. 147 Kapitel 22: Rückkehr nach Oslo .................................................... 157 Kapitel 23: «Das Herz deines Feindes» ......................................... 171 Kapitel 24: «Das Haus steht auf dem Hügel» ............................... 175 Kapitel 25: Die Verbindung zu Frankreich ................................... 187 Kapitel 26: Der Fuchs ................................................................... 199 Kapitel 27: «Saft» .......................................................................... 211 Kapitel 28: Der General greift ein ................................................. 219 Kapitel 29: Exfiltration .................................................................. 229 5 Kapitel 30: «Nicholas Baker» ....................................................... 247 Kapitel 31: Doppeltes Spiel ........................................................... 257 Kapitel 32: Tarnung ...................................................................... 265 Kapitel 33: Die Tränen der Unterdrückten ................................... 279 Kapitel 34: Der Code der Codes.................................................... 289 Kapitel 35: Sieg ............................................................................ 299 Kapitel 36: Verschwörung in Farm Hall ...................................... 315 Epilog ........................................................................................ 324 Anmerkungen und Quellen ....................................................... 329 Bibliographie ............................................................................. 341 6 Prolog Der Spion lehnte gegen eine der unversehrten Mauern der alten Festung von Graz. Er hatte nicht mehr lange zu leben. Ein französischer Marschall mit Namen Alexander MacDonald hatte die Festung im Jahre 1809 geschleift, den Glockenturm und diesen Teil der Wallanlagen jedoch verschont. Der Mann, der hier nach- denklich in der Dämmerung stand, war selbst einmal Teil der Geschichte gewesen, aber er hatte keine Truppen befehligt und keine Festungen gestürmt. Seine Waffe war das Schweigen gewe- sen, er hatte lautlos gesiegt, und es gab nur einige wenige Leute auf der Welt, die überhaupt seinen Namen kannten, von seiner Ge- schichte ganz zu schweigen. Trotzdem war er einer der grossen Gegenspieler Hitlers gewesen. Vor ihm war in die Brüstung eine Stahlplatte eingelassen, auf der Linien in die Richtungen zeigten, in denen Moskau, London und Washington lagen. Dort draussen, in der Verlängerung dieser Linien, lag die Welt, die nicht wusste, welchen Einfluss sein Wirken auf sie gehabt hatte. Unter ihm lag in der hereinbrechenden Dunkelheit das öster- reichische Graz. Er verabscheute diese Stadt, in der er geboren war und die nach all den Jahren immer noch Geheimnisse vor ihm verbarg. Unter ihm flimmerten die Lichter in den Wohnungen des Palais Khuenburg. Erzherzog Franz Ferdinand war dort geboren, 1863, vor ungefähr einem Jahrhundert. Franz Ferdinand, der eingebildete österreichisch-ungarische Thronfolger, der in Sarajewo an einem Pistolenschuss gestorben war und damit die Welt seiner Zeit gewaltig verändert hatte. In der Dämmerung sah der Spion die schlanke barocke Turmspitze der Pfarrkirche St.Andrä. Vielleicht dachte er an das Geheimnis, das er dort nie hatte lüften können. Die andere Seite des Wehr- gangs verdeckte den Dom, der Geheimnisse barg, von denen der Spion nichts wusste. 7 Noch ein anderes, mit seinem Schicksal untrennbar verbundenes Bild muss ihm vor Augen gekommen sein, als er auf seine Geburts- stadt hinabblickte: ein mythisches Tier, ein geflügelter Löwe mit dem Kopf und den Klauen eines Adlers. In den alten Sagen hatte es vergessene Geheimnisse und Schätze gehütet. In seinem Leben war es Wappentier eines Familienwappens gewesen und ein Na- me, der zu seinem Talisman geworden war. An dem Tag, an dem er im Verborgenen seinen persönlichen, lautlosen Kampf gegen den Führer Adolf Hitler aufgenommen hatte, hatte er sich den Deck- namen «der Greif» gegeben. 8 Kapitel 1 Graz Irgendwo im Norden Jugoslawiens existiert ein zweihundert Jahre altes Dokument, das als Zolchner Kodex bekannt ist. Auf dem Pergamenteinband ist das Familienwappen abgebildet: Auf silber- nem Grund stellt es in der unteren Hälfte einen dreiteiligen roten Hügel dar und darüber einen aufrechtstehenden Greif, der eine eiserne Pike hält. Über dem Wappenschild ragt ein Turnierhelm auf. Und um die edle Erscheinung des wilden Tieres hervorzuhe- ben, ist ein weiterer Greif mit einer Pike abgebildet. Ursprünglich kamen der Kodex und die Familie, für die er hergestellt wurde, aus der alten Stadt Graz. Und es war Graz, in dem 1896 ein uneheli- ches Kind Zolchnerscher Abstammung geboren wurde. Anna Rosbaud, die Mutter des Jungen, war eine alte Jungfer. Auf alten Fotografien sieht man, dass sie ihr Haar straff zurückge- kämmt trug und ihr Gesicht vor allem durch ein energisches Kinn auffiel. Aus ihrem Leben geht jedoch hervor, dass sie eine beherzte und zur Liebe fähige Frau war. Anna war immer ein wenig stolz darauf, dass sie aus einer guten Familie stammte. Mütterlicherseits waren es die Zolchners mit ihrem Anspruch auf ein Adelsprädikat und dem Greifswappen. Auf der Seite des Vaters waren es die Rosbauds aus Böhmen. Irgendwann im Mittelalter hatte ein böhmischer Jäger beschlos- sen, sich einen Familiennamen zu geben, und er nannte sich nach dem erstbesten Gegenstand, auf den sein Blick fiel, nämlich seiner strohgedeckten Hütte, Rozbaud. (Das Wort taucht in neueren Wörterbüchern nicht mehr auf, und für deutsche Ohren sollte es immer einen fremdländischen Klang haben.) Im fünfzehnten Jahr- hundert standen einige Rosbauds und Zolchners im Dienst der Fuggerschen Handelsbanken. Die Rosbauds arbeiteten in den Silberminen der Bfezové-Berge im Südwesten Prags. Beide Familien waren streng katholisch, in der Vergangenheit der 9 Rosbauds hatte es jedoch einen merkwürdigen Zwischenfall gege- ben. In den frühen Jahren des achtzehnten Jahrhunderts war ein Judenmädchen namens Judith Ginsburger aus einer wohlhaben- den Bankiersfamilie entführt worden und hatte nach seiner Taufe einen Rosbaud geheiratet. Bis zum Jahre 1933 betrachtete man das lediglich als interessante und kuriose Familienanekdote. Die Rosbauds und die Zolchners verbanden sich, als Wenzel Rosbaud Ida Kockl heiratete, die Enkelin des letzten Zolchner. Wenzel stammte aus der böhmischen Stadt Horowitz, die für die Herstellung guter Musikinstrumente bekannt ist. Als junger Mann war er nach Wien gegangen, um Musik zu studieren. Als seine Mittel und sein Ehrgeiz erschöpft waren, gelang es ihm, eine Anstellung als Verwalter auf dem Gut der Kockls in Neu-Künegg an der slowenischen Grenze zu finden. Dort stieg er bald auf, indem er Ida, die Tochter des Hauses, heiratete.