Kolumnentitel 1

3. Tätigkeitsbericht (2005-2006)

Stiftung Gedenkstätte -Hohenschönhausen Kolumnentitel 3

Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen

3. Tätigkeitsbericht (2005-2006) 5

Inhalt

Vorab 7 Zum Geleitwort 7 Vorwort 8

Ausstellungen 11 Musealer Rundgang 11 Dauerausstellung 16 Wechselausstellungen 18

Veranstaltungen 22 Ausstellungseröffnungen 23 Sonderveranstaltungen 23 Historische Jahrestage 26 Vorträge und Buchvorstellungen 27 Literatur und Film 28 Opfergedenken 29

Forschung 30

Sammlungen 35 Objektsammlung 35 Fotoarchiv 37 Zeitzeugenarchiv 38 Dokumentenarchiv 39 Bibliothek 40 Mediathek 41

Öffentlichkeitsarbeit 42 Medienbetreuung 43 Publikationen 44 Werbung 45

Besucherbetreuung 46 Besucherdienst 47 Prominente Besucher 49 Gedenkstättenpädagogik 50 Buchhandlung 53 Besucherreaktionen 53 Angriffe von MfS-Mitarbeitern 54 Besucherforschung 55

Bautätigkeit 61 Investive Maßnahmen 62 Unterhaltsmaßnahmen 62 Denkmalschutz 63

Haushalt 64

Personal 67

Stiftungsorgane 69

Förderverein 70 6 Inhalt

Anhang 71 Chronologie 71 Stiftungsgesetz 73 Gremienmitglieder 75 Mitarbeiter 76 Besucherreferenten 76 Besucherstimmen 77 Bildnachweis 86 Impressum 87 7

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, bei seinem Besuch in Hohenschönhausen mit dem Zeitzeugen Hans-Eberhard Zahn, 2004

Vorab

Zum Geleit

Der Tätigkeitsbericht der Gedenkstätte Berlin- von Geschichte." Immer wieder kann man in Hohenschönhausen weist aus, dass mehr als den Zeitungen von Umfragen lesen, die von 50 Prozent der erfreulich zunehmenden Besu- geradezu erschreckendem Unwissen bei che Deutscher solche von Schülerinnen und Jugendlichen über die jüngste Vergangenheit Schülern sowie von Studierenden sind. Wäh- berichten. rend es bei den Älteren um eine Selbstverge- wisserung und Erinnerung an selbst erlebte Das ergab auch eine Studie der Stiftung Aufar- Zeitgeschichte geht, gilt es, den nachwach- beitung der SED Diktatur unter 5616 Gymnasi- senden Generationen eine Idee davon zu ver- asten aus allen Bundesländern. Laut dieser mitteln, was die Abwesenheit der heute als Studie haben 31 Prozent der Schülerinnen und selbstverständlich empfundenen Freiheits- Schüler das Thema "DDR" nicht in der entspre- rechte eines demokratischen Staates bedeu- chenden Klassenstufe im Unterricht behan- tet und wie sich dies konkret für die Men- delt, 68 Prozent haben ihre Meinungen auf- schen in der DDR zeigte. Insofern hat die grund von Filmen und Fernsehbeiträgen gebil- Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen eine det. Wichtig dafür waren aber vor allem doppelte Aufgabe: die zurückweisende des Gespräche mit Eltern und Freunden. Gerade Gedenkens an die Opfer kommunistischer hier setzt die Arbeit der Berliner Kultur- und Gewaltherrschaft, die hier gelitten haben, und Bildungsverwaltung und der Gedenkstätte an. eine zukunftsweisende des exemplarischen Mit zwei Lehrern, die jeweils halbtags die Ver- demokratischen Lernortes. bindung zur Berliner Schule herstellen und spezielle Programme mit der Gedenkstätte Der amerikanische Bildungsforscher Sam Hohenschönhausen entwickeln, mit der Veran- Wineburg hat vor ein paar Jahren kritisch kerung der Gedenkstättenbesuche in den Rah- angemerkt: "Die ganze Welt hat sich in den menplänen, mit den von der Gedenkstätte letzten 80 Jahren verändert, nur eines ist unterstützten Projekttagen und den mehr als gleich geblieben: Schüler haben keine Ahnung 300 Mal pro Monat aus der Homepage der 8 Vorab

Gedenkstätte heruntergeladenen Unterrichts- schen Ort durch eine zusammenfassende modellen für Lehrkräfte soll die Gedenkstätte Übersicht ergänzt, so dass die Gedenkstätte Hohenschönhausen als außerschulischer dann auch eigenständig vom Besucher erkun- Lernort attraktiv gemacht und seine Inhalte in det werden kann. das Bewusstsein der Schülerinnen und Schü- ler gehoben werden. Die steigende Nachfra- Sowohl auf den Feldern des Gedenkens und ge, über die im Tätigkeitsbericht Auskunft Erinnern wie auch dem des demokratischen gegeben wird, zeigt, dass wir hier auf dem Lernens für die Zukunft hat die Gedenkstätte richtigen Weg sind. im Berichtszeitraum deutliche Fortschritte Der Regierende Bürgermeister von gemacht, neue Angebote entwickelt und viel Berlin, Klaus Wowereit, bei seinem Schule kann vieles leisten, aber sowohl die geleistet. Dafür ist allen Mitarbeiterinnen und Besuch in Hohenschönhausen mit dem schon zitierte Studie der Stiftung Aufarbeitung Mitarbeitern Dank und Anerkennung auszu- Direktor der Gedenkstätte, Hubertus wie auch eine Untersuchung des Institutes für sprechen, vor allem denen, die hier einst Knabe (2004) Geschichte der Carl von Ossietzky Universität selbst gelitten haben und nun den Besuchern Oldenburg zeigen, dass Familiengeschichten ihre Erfahrungen und Kenntnisse vor Ort vom Krieg, von Fluchten und Schikanen bei weitergeben. den DDR-Kontrollen an der Grenze von ganz herausragender Bedeutung für die Vermittlung von gelebter Zeitgeschichte sind. Wer z.B. sieht, wie Eltern und Großeltern mit Kindern und Enkeln bei der open air-Ausstellung am Checkpoint Charlie vor den großen Bildern stehen und miteinander im Gespräch über den Klaus Wowereit, eigenen Familienbezug zu den Geschehnissen Regierender Bürgermeister von Berlin vertieft sind, sieht, wie ein öffentliches Ange- bot am richtigen Ort auch vom Publikum ange- nommen wird und funktioniert. In diesem Sinne gilt es auch die Angebote der Gedenk- stätte Berlin-Hohenschönhausen wissen- schaftlich fundiert und zugleich publikumsnah Vorwort weiter auszubauen. Die Gedenkstätte ist ein lebendiges dreidimensionales Geschichtsbuch Nach mehr als sechsjähriger Tätigkeit kann die und es bedeutet für sie ein großes Kapital, Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhau- dass mit den lebenden Zeitzeugen am histori- sen ihren dritten Tätigkeitsbericht vorlegen. Er schen Ort gesprochen werden kann. gibt Rechenschaft über die Entwicklung der Gedenkstätte im ehemaligen zentralen Unter- Die steigenden Besucherzahlen wie auch das suchungsgefängnis des DDR-Staatssicher- Leugnen ehemaliger Funktionsträger der SED- heitsdienstes in den Jahren 2005 und 2006. Diktatur sind uns Ansporn und Auftrag, die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen wei- Für die Arbeit der Stiftung waren es die bislang ter zu entwickeln und nach den umfangrei- erfolgreichsten Jahre. Die Besucherzahlen sind chen Instandsetzungsarbeiten der letzten in diesem Zeitraum in bis dahin unerwartete Jahre in einer großen Anstrengung gemein- Höhen geschnellt. Kamen im Jahr 2005 noch sam mit dem Bund in den kommenden Jahren etwa 128 000 Menschen, waren es zwei Jahre auszubauen. Bund und Land Berlin haben später über 172 000 -- ein Zuwachs von mehr erhebliche Investitionsmittel in die kommen- als 44 000 Besuchern. In manchen Monaten, den Haushalte eingestellt, um für die Besu- wenn über 20 000 Interessierte die Gedenk- cherinnen und Besucher die Gedenkstätte stätte besuchten, drängten sich so viele Grup- noch attraktiver und noch informativer zu ge- pen in dem ehemaligen Gefängnisbau, dass stalten. Insbesondere soll eine große Ausstel- bereits die Kapazitätsgrenzen erreicht wurden. lung im Hauptgebäude den Unterdrückungs- apparat der und der DDR-Justiz darstel- Noch nie wurde zudem so oft über die Arbeit len und Aufbau sowie Wirkungsweise anhand der Stiftung berichtet. Zwischen Januar 2005 der Strukturen und Abläufe, aber auch anhand und Dezember 2006 erschienen weit über ein- der Biografien ausgewählter Persönlichkeiten, tausend Berichte, in denen die ehemalige die sich dem System widersetzten, anschau- Untersuchungshaftanstalt oder die Gedenk- lich machen. Damit werden die jetzt schon ein- stätte Erwähnung fanden. Hunderttausende drucksvollen Führungen durch den authenti- Fernsehzuschauer, Rundfunkhörer und Zei- Vorab 9

tungsleser wurden so zur kritischen Ausein- politischer Verfolgung und Unterdrückung in andersetzung mit der kommunistischen Dikta- der kommunistischen Diktatur anzuregen. Am tur angeregt. Beispiel dieses Gefängnisses ist zugleich über das System der politischen Justiz in der Deut- Dieser Erfolg hat sich nicht von allein einge- schen Demokratischen Republik zu informie- stellt. Die persönliche Betreuung der Besucher ren" (§ 2 Stiftungserrichtungsgesetz). macht die Besichtigung der Gedenkstätte für viele zu einem besonderen Erlebnis. Jeder Die Gedenkstätte hat in den vergangenen bei- Besucher zieht in einer Art Schneeballeffekt den Jahren viel getan, um diesen Auftrag mit neue Interessierte nach. Hinzu kommt die Leben zu füllen. Die qualifizierte Betreuung der intensive Öffentlichkeitsarbeit der Gedenk- zahlreichen Besucher, die das Gefängnis stätte, die den Haftort Hohenschönhausen besichtigen wollten, gehörte ebenso dazu wie nicht nur bundesweit, sondern auch internatio- die Organisation von Ausstellungen und Veran- nal immer mehr bekannt gemacht hat. Hohen- staltungen. Historische Forschungen, die Wachturm an der Lichtenauer Straße schönhausen ist zum Symbol für das politische Befragung von Zeitzeugen, der Ausbau der Unrecht in der ehemaligen DDR geworden, von Sammlungen und Archive und eine professio- dem sich viele irgendwann einen persönlichen nelle Öffentlichkeitsarbeit bildeten weitere Eindruck verschaffen wollen. Arbeitsbereiche, über die in diesem Bericht informiert wird. Im Anhang findet sich eine Tatsächlich steht das Gelände der Gedenkstät- Zusammenstellung von Besucherreaktionen, te wie kaum ein anderer Ort in Deutschland für die eindringlicher als alles andere deutlich die 44-jährige Geschichte politischer Verfolgung machen, wie sehr der Besuch der Gedenkstät- in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und te viele Menschen zum Nachdenken angeregt der DDR. Nach dem Ende des Zweiten Welt- hat. krieges richtete hier die sowjetische Geheim- polizei ein Sonderlager ein, in dem bis zu Neben der bedrückenden Architektur des fast 20 000 Menschen inhaftiert waren. Als das unverändert überlieferten Gefängnisbaus liegt Lager 1946 geschlossen wurde, mussten Häft- dies vor allem am besonderen Konzept der linge im Keller des Gebäudes einen unterir- Besucherbetreuung. Ähnlich wie auf der ehe- dischen Zellentrakt errichten, der der Besat- maligen Gefangeneninsel in Südafrika Roben zungsmacht als zentrales Untersuchungsge- Island oder auf dem Gelände des zerstörten fängnis für Ostdeutschland diente. Anfang der World Trade Centers in New York führen fünfziger Jahre übernahm das Ministerium für zumeist persönlich Betroffene die Besucher Staatssicherheit (MfS) den Bau, erweiterte ihn durch das Gelände. Sie informieren dabei nicht um einen neu angelegten Zellen- und Verneh- nur über die Geschichte der Haftanstalt und das mertrakt und nutzte diesen bis Anfang 1990 als System der politischen Justiz in der DDR, son- zentrale Untersuchungshaftanstalt. Tausende dern berichten auch aus eigener Anschauung, Unschuldige, darunter fast alle prominenten wie sie von Wärtern und Vernehmern des politischen Gefangenen, saßen hier unter Staatssicherheitsdienstes behandelt wurden. menschenunwürdigen Bedingungen in Haft. Dieser Einsatz von Zeitzeugen, die ein hohes Zugleich wurden von hier aus die 16 anderen Maß an historischer und didaktischer Qualifika- Untersuchungshaftanstalten des DDR-Staats- tion besitzen, hat sich als besonders wirksame sicherheitsdienstes angeleitet und kontrolliert. Vermittlungsform erwiesen. Das direkte Gespräch mit einem ehemaligen Häftling ist für Nach dem Ende der SED-Herrschaft wurde das viele das Wichtigste, wenn sie an den Besuch Gefängnis auf Initiative ehemaliger Häftlinge der Gedenkstätte zurückdenken. unter Denkmalschutz gestellt und für Besucher zugänglich gemacht. Im Dezember 1995 nahm Der Einsatz von Zeitzeugen und die große Zahl die Gedenkstätte -- anfangs als Provisorium -- von Besuchern hat allerdings auch zu Reaktio- ihre Arbeit auf. Im Juni 2000 beschloss das nen geführt, die 15 Jahre nach der Wiederver- Abgeordnetenhaus von Berlin die Errichtung einigung kaum einer mehr erwartet hätte: Ein- der selbständigen Stiftung "Gedenkstätte Ber- stige Offiziere des DDR-Staatssicherheitsdien- lin-Hohenschönhausen". Ihre Aufgabe ist es, stes, darunter der langjährige Leiter der Haft- "die Geschichte der Haftanstalt Hohenschön- anstalt, sind in den vergangenen beiden Jahren hausen in den Jahren 1945 bis 1989 zu erfor- massiv gegen die Gedenkstätte zu Felde gezo- schen, über Ausstellungen, Veranstaltungen gen. In diversen Veröffentlichungen haben sie und Publikationen zu informieren und zur Aus- ihre einstige Unterdrückertätigkeit auf zynische einandersetzung mit den Formen und Folgen Weise verharmlost und gerechtfertigt. Eine 10 Vorab

eigens erstellte Broschüre, in der die Gedenk- die Gedenkstätte mit einer Spende unterstützt stätte als "Gruselkabinett" bezeichnet wird, haben; der Beirat der Stiftung, der die Aktivitä- wurde sogar an alle Bildungsminister in ten mit seinem fachlichen Rat begleitet hat; der Deutschland sowie an mehrere Schulen ver- Förderverein, der sich ehrenamtlich für die schickt, um potentielle Besucher von einer Gedenkstätte eingesetzt hat; die Landesver- Besichtigung abzuhalten. tretungen Thüringens und des Saarlandes, die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Friedrich-Ebert- Die Verhöhnung der Opfer und die Rechtferti- Stiftung und weitere Institutionen, mit denen gung der menschenverachtenden Methoden die Stiftung kooperieren konnte; die Bundes- Der Direktor der Gedenkstätte, Dr. des DDR-Staatssicherheitsdienstes sind zum beauftragte für die Stasi-Unterlagen und die Glück nicht unwidersprochen geblieben. Nach Gedenkstätte Deutsche Teilung in Marienborn, dem Bekanntwerden der Vorgänge erlebte die die Wechselausstellungen zur Verfügung Stiftung eine ungeheure Welle der Solidarität. gestellt haben; die vielen Journalisten, die mit- Aus allen Teilen der Bundesrepublik trafen Brie- geholfen haben, die Erinnerung an das SED- fe und emails ein, in denen sich die Verfasser Unrecht wachzuhalten. Stellvertretend für alle hinter die Opfer und ihre Gedenkstätte stellten. sei an dieser Stelle dem Vorsitzenden des För- Der Präsident des Berliner Abgeordnetenhau- dervereins, Dr. Jörg Kürschner, dem langjähri- ses, Walter Momper, lud im April 2006 demon- gen Beiratsvorsitzenden, Dr. Karl Wilhelm strativ in den Plenarsaal des Landesparlamen- Fricke, und seinem Stellvertreter Hans-Eber- tes ein, wo ehemalige Häftlinge und Schau- hardt Zahn für ihren Einsatz und die vertrau- spieler aus Haftberichten lasen. Unter großer ensvolle Zusammenarbeit im Berichtszeitraum Beteiligung der Medien stattete Bundespräsi- gedankt. Durch den Tod von Harald Strunz hat dent Horst Köhler der Gedenkstätte im Novem- die Gedenkstätte leider ein engagiertes Bei- ber einen Besuch ab, um der Geschichtsklitte- ratsmitglied verloren, das die Stiftung immer in rung entgegenzutreten. besonderer Weise unterstützt hat. Herzlich danken möchte ich schließlich allen festen und Für die Gedenkstätte ist beides -- die Angriffe freien Mitarbeitern der Gedenkstätte, ohne die ehemaliger MfS-Mitarbeiter und die Solidarität die Erfolge der vergangenen beiden Jahre nicht aus Politik und Gesellschaft -- Ansporn, die Auf- möglich gewesen wären. klärung über das SED-Unrecht erst Recht enga- giert fortzusetzen. So lange die Verantwort- Berlin, den 29. Juni 2007 lichen für die kommunistische Diktatur in Ost- deutschland leben, wird dies wohl nicht kon- fliktfrei gehen -- gegen Unbelehrbarkeit ist offenbar kein Kraut gewachsen. Doch auch unbelastete Zeitgenossen haben die bedrük- kende Realität der DDR vergessen und einen Dr. Hubertus Knabe zunehmend milden Blick auf die Vergangenheit Direktor entwickelt. Zudem ist eine ganze Generation herangewachsen, die die DDR nur noch vom Hörensagen kennt und so gut wie keine Kennt- nisse mehr über das SED-Regime besitzt. Die Verantwortung der Gedenkstätte, über das System der politischen Unterdrückung in der DDR zu informieren, wird in dieser Situation eher größer als kleiner.

Die Arbeit der vergangenen beiden Jahre wäre nicht möglich gewesen ohne die große Unter- stützung, die der Gedenkstätte von vielen Sei- ten zuteil wurde. Genannt seien besonders das Land Berlin und die Bundesregierung, die den Großteil der finanziellen Zuwendungen von rund einer Million Euro pro Jahr geleistet haben; die Bundeszentrale für politische Bil- dung und die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, die Teilbereiche der Arbeit geför- dert haben; die große Zahl von Besuchern, die 11

Besucher bei der Eröffnung der Ausstellung “Erschossen in Moskau”, März 2006

Ausstellungen

Entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag hat -- der Bau entspricht in keiner Weise den Vor- die Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschön- gaben der Versammlungsstättenordnung --, hausen in den vergangenen beiden Jahren bietet ihnen die Stiftung einen musealen immer wieder durch Ausstellungen zur Aus- Rundgang an, bei dem sie im Rahmen einer einandersetzung mit den Formen und Folgen Führung die wichtigsten Örtlichkeiten in Augen- politischer Verfolgung in der kommunistischen schein nehmen können. Sie erhalten dabei Diktatur angeregt. Das größte und wichtigste umfangreiche Erläuterungen über die Ausstellungsobjekt bildete dabei die ehema- Geschichte der Haftanstalt, den Umgang mit lige Untersuchungshaftanstalt selbst, die im den Gefangenen und den historischen Kontext Rahmen eines ausgedehnten musealen der hier praktizierten politischen Verfolgung. Rundgangs zu besichtigen war. Darüber hinaus Gruppenbesucher können bei der Anmeldung wurde das Angebot an ständigen Ausstellun- wählen, ob sie von einem Zeitzeugen oder gen ausgebaut. Zusätzlich informierte die einem Historiker geführt werden wollen. Da Gedenkstätte mit mehreren Wechselausstel- sich die überwiegende Mehrheit für einen lungen über unterschiedliche Aspekte der SED- Zeitzeugen entscheidet, ist die Führung über Diktatur. Lediglich die Realisierung der die reine Faktenvermittlung hinaus für die geplanten großen Dauerausstellung kam nicht meisten Besucher auch ein starkes emo- voran, weil die notwendigen Haushaltsmittel tionales Erlebnis. nicht in die öffentlichen Haushalte eingestellt wurden. Die Führungen durch das ehemalige Unter- suchungsgefängnis folgen einem unter his- Musealer Rundgang torischen und didaktischen Gesichtspunkten entwickelten Konzept. Die Grundzüge wurden Die meisten Besucher kommen in die bereits 1995 von einem wissenschaftlichen Gedenkstätte, um das ehemalige Gefängnis Arbeitsausschuss festgelegt. In der Folgezeit des Staatssicherheitsdienstes zu besichtigen. wurde es von der Gedenkstätte unter Berück- Da sie die Gebäude nicht allein betreten dürfen sichtigung der praktischen Erfahrungen kon- 12 Ausstellungen

tinuierlich weiterentwickelt. In Zusammenar- findet teilweise in ehemaligen Versamm- beit mit den Besucherreferenten entstand das lungsräumen des Gefängnispersonals statt. Modell einer so genannten Standardführung, die in etwa 90 Minuten alle wichtigen Stationen C. Großküche und Sachverhalte berücksichtigt. In den vom Der anschließende Rundgang führt im Regelfall Beirat der Gedenkstätte beschlossenen Leitlin- über den einstigen Gefängnishof am Gebäude ien über Form und Inhalt geführter Rundgänge der ehemaligen Großküche vorbei. Hier befand ist festgelegt, welche Inhalte an welcher Stelle sich 1945/46 das sowjetische Speziallager Nr. in welcher Form zu vermitteln sind. 3. Die Größenverhältnisse des Gebäudes sind Eingangstor der ehemaligen Untersu- aufgrund der alten Backsteinfassade von chungshaftanstalt Der museale Rundgang folgt einer doppelten außen noch gut zu erkennen. Der Innenbereich Dramaturgie. Zum einen beschreibt er die his- wurde vom Staatssicherheitsdienst später torischen Schichten des Haftortes Hohen- komplett umgebaut. Seit einigen Jahren schönhausen, die in der Anlage auch baulich befindet er sich im Umbau, so dass er nicht in sichtbar werden: vom sowjetischen Spezial- den Rundgang einbezogen werden kann. lager 1945/46 über die zentrale Untersuchungs- haftanstalt des sowjetischen Ministeriums für D. Kellergefängnis ("U-Boot") Staatssicherheit (MGB) und deren Übernahme Die Besucher werden über eine Außentreppe durch den DDR-Staatssicherheitsdienst bis hin in das ehemalige Kellergefängnis hinunter- zur Schließung der Haftanstalt im Oktober geleitet. Im Eingangsbereich des so genannten 1990. Zum anderen vermittelt er den Besuch- "U-Bootes" erschließt sich die bedrückende ern die typischen Stationen eines Gefangenen Dimension dieser unterirdischen Zellenanlage, nach seiner Festnahme: vom erstmaligen die der sowjetische Staatssicherheitsdienst in Durchfahren des Eingangstores im fenster- den Kühlräumen der ehemaligen Großküche losen Wagen über die erkennungsdienstliche errichten ließ. Insbesondere der Blick in den Behandlung bis zum Abtransport nach der ersten Zellengang mit der langen Reihe ver- Verurteilung. schlossener Eisentüren macht die Situation der hier gefangen gehaltenen Menschen sinnlich Im einzelnen umfasste der Rundgang im erfahrbar. Im Anschluss daran werden ver- Berichtszeitraum folgende Stationen: schiedene Zellen gezeigt, die teilweise mit Pritschen, Kübeln und rekonstruierten Anlagen A. Eingangstor zur Geständniserzwingung ausgestattet sind. Beim Durchschreiten des Eingangstores erlebt Referenten der Gedenkstätte erläutern den der Besucher zum ersten Mal bewusst, dass er Besuchern das Haftregime in der sowjetischen sich in ein Gefängnis begibt. Das schwere Phase und nach der Übernahme des Gefäng- Cover des Einführungsfilms für die Eisentor, die Gitterstäbe, der einschüchternde nisses durch den DDR-Staatssicherheitsdienst Besucher der Gedenkstätte funktionale Baukörper vermitteln einen ersten (März 1951). Dabei werden insbesondere die Eindruck von der Situation der Gefangenschaft. Kälte und Feuchtigkeit in den Zellen bewusst Der Besucherdienst nimmt die Besucher an gemacht, die Fensterlosigkeit der Räume (kein dieser Stelle in Empfang und leitet sie zur näch- Tageslicht, kein Zeitgefühl), das anfängliche sten Station weiter. Fehlen jedweder Heizung und Belüftung, das Anlehn-, Liege- und Schlafverbot am Tage, die B. Einführung ständige Überwachung der Gefangenen durch Das Vorwissen der Besucher über das System den Türspion, die strikten Meldevorschriften der politischen Justiz in der DDR ist gewöhn- ("Gesicht zur Wand"), die quälende Zellen- lich sehr gering. Jugendlichen sind häufig selb- beleuchtung, die strengen Schlafvorschriften st Grundbegriffe wie SED, Stasi oder DDR nicht ("Hände auf die Decke"), die unzureichende mehr bekannt. Deshalb ist es erforderlich, vor Ernährung, die mangelhafte Hygiene (Kübel, dem Rundgang wichtige historische Grundin- Waschschüssel), die Praxis der brutalen formationen über die DDR, den Staatssicher- Nachtverhöre, der Einsatz von Steh- und heitsdienst und den Haftort Hohenschön- Wasserzellen, das von vielen empfundene hausen zu geben. Dies geschieht im Regelfall Gefühl, lebendig begraben zu sein. durch einen Einführungsfilm, in Ausnahme- Zellentrakt im “U-Boot” fällen auch durch einen Vortrag. Die Einführung Ausstellungen 13

E. Schleuse (Neubau) Betreten der Zelle. Aus dem Kellergefängnis im Altbau werden die Besucher in den benachbarten Neubau geführt, H. Entkleidungsraum den Häftlinge des unweit gelegenen Arbeits- Die nächste Station des musealen Rundgangs lagers seit Ende der 1950er Jahre errichten ist der vergitterte Entkleidungsraum. Er befind- mussten. Bis 1990 diente das Gebäude dem et sich vor dem eigentlichen Zellentrakt. Staatssicherheitsdienst als zentrales Unter- Gegenüber ist die Kleiderausgabe zu sehen, suchungsgefängnis. Im Eingangsbereich zum wo die Effekten eingezogen wurden. Hier wird so genannten Rosenhof können die Besucher demonstriert, wie aus der Zivilperson ein die Dimensionen dieser Haftanlage erfassen. Untersuchungshäftling wurde: Vollständige Zugleich sehen sie in der Mitte den Gedenk- Entkleidung, Kontrolle aller Körperöffnungen, stein für die Opfer der kommunistischen Ausgabe der Anstaltskleidung, Abgabe der pri- Gewaltherrschaft. Anschließend betreten sie vaten Gegenstände, Ersetzung des persön- Zellentrakt im “U-Boot” die einstige Schleuse des Gefängnisses, in der lichen Namens durch die Nummer der Zelle die Inhaftierten früher ausgeladen wurden. Der und ggf. der Pritsche. darin aufgestellte Original-Gefangenentrans- porter des Staatssicherheitsdienstes, dessen I. Zellentrakt Erdgeschoss Ankauf der Förderverein der Gedenkstätte Der Rundgang führt sodann an der langen finanziert hat, macht die Situation der Häftlinge Reihe von Zellen vorbei. Bei einigen von ihnen bei der Einlieferung authentisch nachvoll- sind erste Blicke durch den Türspion oder durch ziehbar. Der Eindruck wird noch verstärkt durch die Türklappe möglich. In andere können die die im Berichtszeitraum wieder instand geset- Besucher hineingehen und sich in die Situation zte Neon-Beleuchtung. eines ehemaligen Häftlings hineinversetzen. Die Zellen sind mit Hocker, Tisch, Wandschrank, F. Gummizellen Pritschen, Decken und Bettzeug ausgestattet. Über einen schmalen Treppenabgang haben die In einigen ist die frühere Anstaltskleidung Besucher die Möglichkeit, die ehemaligen (Trainingsanzug, Filzpantoffeln) zu sehen. Auf Gummizellen im Keller des Neubaus zu dem Flur sind noch die technischen Vorkehrun- besichtigen. Die im Original erhaltene mittlere gen zur strikten Isolierung der Häftlinge zu Zelle, die bis heute den dumpfen Geruch der erkennen (Ampelanlage, Balkenmarkierung am schwarzen Gummi-Ummantelung ausströmt Fußboden). Im Fotoraum wird die erkennungs- und nur mit einer schwachen Glühbirne aus- dienstliche Behandlung als weiteres Element gestattet ist, gehört zu den beeindruckendsten der Einlieferungsprozedur und der damit ver- Wachzentrale mit Kontrollmonitoren Stationen des Rundgangs. Die Besucher bundenen Erniedrigung gezeigt (Fingerab- erfahren hier von der Funktion der Son- druck, "Verbrecherfoto"). Im Haftrichterraum derzellen, die zur verschärften Isolationshaft kann die Vorführung beim Haftrichter und und zur "Ruhigstellung" von Gefangenen einge- dessen Rolle im Repressionssystem der DDR setzt wurden. Zum Schutz der Zelle vor nachvollzogen werden. In der Zelle 117 wird auf Beschädigungen wurde diese im Berichts- das Schicksal des Schriftstellers Jürgen Fuchs zeitraum mit einer Absperrung versehen. verwiesen, der hier inhaftiert war.

G. Wachzentrale J. Vernehmertrakt Obergeschoss Nach dem Wiederaufstieg nach oben führt der Vom Zellentrakt führt der Rundgang über den Rundgang an der ehemaligen Wachzentrale vergitterten Treppenaufgang in den Vernehmer- des Gefängnisses vorbei. Durch ein Fenster trakt im Obergeschoss. Gleich zu Anfang sind können die Besucher einen Blick auf die dort die winzigen Schreibzimmer zu sehen, die ver- aufgestellten Kontrollmonitore werfen, mit mutlich zum Abfassen von Spitzelberichten denen die Haftanstalt überwacht wurde. Auf dienten, wenn so genannte Zelleninformatoren dem Flur ist die primitive Alarmanlage aus Klin- zum Einsatz kamen. Am Ende des Flures stößt geldraht zu sehen. Die Besucher nehmen nun der Besucher dann auf die endlos lange Flucht denselben Weg, den auch die Untersuchungs- der Vernehmerräume. Die etwa 40 Türen gefangenen bei ihrer Einlieferung früher durch- versinnbildlichen in besonderer Weise die liefen: Entkleidung, Durchsuchung, erken- frühere Funktion des Gebäudes als Ort "indus- nungsdienstliche Behandlung und erstmaliges triemäßiger Geständnisproduktion". Die Zellentrakt im Neubau 14 Ausstellungen

Vernehmerräume sind alle mit dem Original- M. Haftkrankenhaus Mobiliar ausgestattet: Schreibtisch, Auf dem Rückweg führt der Rundgang am so Vernehmersessel, Beistelltisch, Büroschrank, genannten Haftkrankenhaus vorbei, in dem der Aktenpanzerschrank, Telefon, Stores, Gardinen Staatssicherheitsdienst erkrankte Häftlinge etc. Einige Räume können auch betreten wer- gefangen hielt. Am Ende der Führung erfahren den. Die Erläuterung der Vernehmungsmetho- die Besucher, dass hier Anfang 1990 unter den des Staatssicherheitsdienstes erfolgt in anderem der ehemalige Minister für der Regel in einem Verhörraum, in dem noch Staatssicherheit inhaftiert war. Mit ein Original-Vernehmungshocker steht sowie diesem Hinweis schließt sich der Bogen zur Vernehmertrakt im Neubau Reste der früheren Abhöranlage zu erkennen friedlichen Revolution im Herbst 1989, zum sind. Sturz der SED-Diktatur und zur endgültigen Schließung der Haftanstalt im Zuge der K. Hofgangzellen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990. Am Ende des musealen Rundgangs stehen die Hofgangzellen des Haftkrankenhauses. Die N. Sauna unverändert erhalten gebliebenen "Tigerkäfige" Als optionaler Zusatz zum musealen Rundgang veranschaulichen die Methoden, mit denen der kann auch die ehemalige Sauna des Staatsicherheitsdienst die Häftlinge zermürbte: Staatssicherheitsdienstes besichtigt werden. Selbst der Himmel ist mit Maschendraht ver- Die Räume, in denen das MfS-Personal bis gittert, das Sprechen oder Singen war ver- 1989 regelmäßig Schwitz- und Kaltbäder nahm, boten, das bewaffnete Wachpersonal auf der verfügen jedoch über keine Fluchtwege und Beobachtungsbrücke demonstrierte die Über- können deshalb nur im Rahmen von Sonder- macht des Staates. Die unwirtliche Situation führungen gezeigt werden. Die Sauna, die zwischen den grauen, engen Mauern gehört zu Wand an Wand mit dem "U-Boot" liegt, macht den eindrücklichsten Stationen des Rundgangs exemplarisch die "Banalität des Bösen" sicht- und bildet den Schlusspunkt des Rundgangs bar, die sich auch am Haftort Hohenschön- durch die frühere Haftanstalt. hausen manifestiert.

Kaltbecken der Sauna für das Anstalts- L. Gefangenenwaggon personal im Keller des Altbaus Beim Rückweg zum Eingangstor sehen die Der museale Rundgang wird seit einigen Besucher das letzte Exemplar des so genan- Jahren schrittweise um eine zweite Informa- nten "Grotewohl-Express", ein 1982 hergestell- tionsebene erweitert: Texttafeln sollen den ter Gefangensammeltransportwaggon Besuchern zusätzliche Hinweise geben und die (GSTW), mit dem das Innenministerium der Führung ergänzen. In einer ersten Phase wur- DDR jeweils bis zu 70 Häftlinge in die ver- den entsprechende Tafeln im Außenbereich schiedenen Strafvollzugsanstalten trans- installiert. An den einzelnen Gebäuden wurden portierte. Für die Besucher wird erkennbar, dazu im Frühjahr 2003 große Textfahnen ange- dass die Untersuchungshaftanstalt in Berlin- bracht, die zweisprachig (Deutsch und Hohenschönhausen keine "Endstation" war, Englisch) über die frühere Funktion der Häuser sondern dass die Gefangenen nach ihrer Auskunft geben. Unmittelbar neben dem Verurteilung in das ausgedehnte System des Gefangensammeltransportwaggon wurde DDR-Strafvollzugs verbracht wurden. Da ein eine ausführlichere Erläuterungstafel mit Doku- großer Teil der Referenten selber mit einem menten, Fotos und Ansichten des Wagenin- solchen Eisenbahnwaggon transportiert neren errichtet. wurde, können sie aus eigenem Erleben über das menschenunwürdige Gefangenentrans- Im August 2005 wurde die Gedenkstätte beim portsystem der DDR berichten. Aus Sicher- Bezirk Lichtenberg vorstellig, um auch in der heitsgründen und wegen der begrenzten Zeit Umgebung des früheren Gefängnisses Infor- der meisten Gruppen ist eine Besichtigung des mationstafeln aufzustellen. An zwei Punkten Wageninneren nur im Rahmen von Sonder- des ehemaligen Sperrgebietes des MfS sollte führungen möglich, die zur Zeit einmal in der auf den Verlauf der einstigen Außenmauer Woche angeboten werden. hingewiesen werden. An zwei weiteren sollte über das Arbeitslager informiert werden sowie Hofgangzelle über die Werkstätten des operativ-technischen Ausstellungen 15

Sektors (OTS), in denen das MfS früher seine Schulklassen zu Beginn der Führung darauf Überwachungstechnik herstellte. Nachdem hingewiesen, am Ende der Gruppe zu gehen sich die Bezirksverordnetenversammlung im und das Verhalten der Schüler von hinten zu April 2006 für die Aufstellung der Tafeln ausge- kontrollieren. In den besucherstarken Monaten sprochen hatte, wurden sie im Juli der des Jahres 2006 wurde zudem erstmals ein Öffentlichkeit übergeben. externer Wachmann mit Kontrollgängen beauf- tragt. Seit mehreren Jahren wird darüber hin- Im Frühjahr 2006 hat die Gedenkstätte auch für aus mit verschiedenen Absperrsystemen den Innenbereich der ehemaligen Haftanstalt experimentiert, die die Besucher am Betreten ein zusätzliches Informationssystem konzip- der Zellen und Vernehmerräume hindern sollen iert. An den einzelnen Stationen des musealen und dennoch den Zugang nicht völlig verbauen. Rundgangs sollen die wesentlichen Fakten Nachdem sich zwei früher eingesetzte Sys- noch einmal zusammengefasst werden. So teme nicht als ausreichend praxistauglich Dreiflügelige Metallkanzel in einem genannte Biografie-Stelen sollen die Besucher erwiesen hatten, wurden seit Herbst 2005 in Vernehmerzimmer auf herausgehobene oder exemplarische der besonders empfindlichen Gummizelle und Häftlingsschicksale hinweisen. Textmenge und in verschiedenen Vernehmerzimmern drei- Gestaltung sollen dabei so beschaffen sein, flügelige Metallkanzeln montiert. Sie erlauben dass der authentische Charakter des Gebäudes es, etwa einen Schritt in den jeweiligen Raum nicht überformt und die Führung nicht beein- hineinzugehen, und sind so stark beschwert, trächtigt wird. Um Eingriffe in die Bausubstanz dass sie nicht einfach beiseite geschoben wer- zu vermeiden, wurde zudem ein technisches den können. Die Absperrungen aus Edelstahl System entwickelt, bei dem die Tafeln mit Stan- heben sich klar vom MfS-Interieur ab, beschädi- gen aus Edelstahl zwischen Decke und Boden gen nicht die originale Bausubstanz und kön- verspannt und jederzeit wieder herausgenom- nen zugleich als Informationsträger für Texte, men werden können. Entsprechend den Fotos und Dokumente genutzt werden. Die finanziellen und personellen Möglichkeiten der zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen sind Gedenkstätte soll das Konzept schrittweise allerdings mit erheblichen Kosten verbunden. umgesetzt werden. Die Gedenkstätte hat sich auch bemüht, das Aufgrund des hohen Besucheraufkommens ist ehemalige Haftkrankenhaus für Besucher zu die Gedenkstätte in wachsendem Maße mit erschließen. War vor einigen Jahren noch die Abnutzungserscheinungen und Beschädigun- Rede davon, das Gebäude aus Kostengründen gen konfrontiert gewesen. Zu den Aufgaben dem Verfall preiszugeben, hat sich inzwischen der Mitarbeiter gehörte es deshalb, den muse- die Einsicht durchgesetzt, dass das Gebäude alen Rundgang beständig auf Schäden zu kon- von erheblicher historischer Bedeutung ist. Wie trollieren und diese nach Möglichkeit umge- kaum ein anderer Ort in Deutschland illustriert Informationstafel Genslerstraße hend zu beseitigen. Wiederholt wurden dabei es die Situation von Häftlingen in der DDR, die auch Erscheinungen von Vandalismus fest- sich in einer Situation doppelter Ohnmacht gestellt, der durch die Besucherreferenten, die befanden -- als Gefangene und als Kranke. Das die Gruppen durch das Gefängnis führen, nicht behandelnde Personal, einschließlich Pfleger, immer verhindert werden kann. Dem Charak- Ärzte und Schwestern, gehörte sämtlich zum ter der Schäden nach zu urteilen (aufgeschlitzte MfS und brach regelmäßig die ärztliche Polsterungen an den Türen, Schmierereien an Schweigepflicht. Es beteiligte sich auch an der den Wänden, zerbrochene Möbelstücke), han- erniedrigenden und menschenunwürdigen delt es sich nicht um politische motivierte Zer- Behandlung der Inhaftierten durch störungen, sondern um Sachbeschädigungen, Zwangsernährung von Häftlingen bei Hunger- die vermutlich von Jugendlichen verursacht streiks, durch Verabreichung von Psychophar- wurden. Der Gedenkstätte fehlen jedoch die maka an "renitente" Gefangene, durch das finanziellen Mittel, um für eine intensivere Anlegen einer Zwangsjacke und das Überwachung der ausgedehnten Anlage Sorge anschließende Wegsperren in die Gummizelle, tragen zu können. durch Mitteilungen über Verhaltensweisen und Äußerungen an die Vernehmer. Zudem saß in Zum besseren Schutz der historischen Räum- dem Haftkrankenhaus eine bislang kaum lichkeiten und Objekte werden die Lehrer der beachtete Gruppe von Gefangenen ein: Ehemaliges Haftkrankenhaus 16 Ausstellungen

Flüchtlinge, die beim Versuch, die DDR-Grenze beauftragt werden. zu überwinden, schwer verletzt und dennoch verhaftet wurden. Um das Vorhaben umzusetzen, bedarf es er- heblicher baulicher Veränderungen im Innern Nachdem das Anfang der 1990er Jahre durch des Altbaus. Die vom Staatssicherheitsdienst Vandalismus verwüstete Haftkrankenhaus zu Lagerräumen umgebaute Großküche soll beräumt und gesäubert wurde, fanden am Tag entkernt werden. Die nachträglich eingesetzte des offenen Denkmal erste Sonderführungen obere Etage, deren Tragfähigkeit völlig unzu- durch das Gebäude statt. In Kooperation mit reichend ist, soll eventuell teilweise entfernt Medizinische Einrichtungen im Haftkran- der Berliner Fachhochschule für Wissenschaft werden. Die künftige Ausstellungshalle soll kenhaus und Technik (FHTW), Fachbereich Museologie, zudem mit einem größeren Eingangsbereich wurde 2006 ein Konzept zur Erschließung (Foyer) verbunden werden. entwickelt. Den Planungen zufolge soll ein eigener musealer Rundgang an den Kranken- Zur Realisierung dieses Bauvorhabens ist ein zellen in der ersten Etage vorbeiführen, den komplizierter planungs- und haushaltsrecht- ehemaligen Operationssaal passieren und eine licher Prozess zu durchlaufen, auf den die Besichtigung der Behandlungsräume im Gedenkstätte keinen Einfluss hat (vgl. Bautätig- Erdgeschoss erlauben. Aus baurechtlichen keit). Er ist in den vergangenen beiden Jahren Gründen kann auch dieser Rundgang nur in kaum vorangekommen, da die notwendigen Begleitung eines Gedenkstättenmitarbeiters Finanzmittel nicht in die Haushalte des Bundes erfolgen, da ansonsten den strengen Vorgaben und des Landes Berlin eingestellt wurden. der Versammlungsstättenordnung Rechnung Auch wenn die Mittel, wie jetzt geplant, ab dem getragen werden müsste. Dazu wären mas- Jahr 2008 sukzessive bereitgestellt werden, ist sive bauliche Eingriffe, insbesondere eine Ver- mit der Realisierung der Dauerausstellung stärkung der Deckentragfähigkeit, erforderlich, nicht vor dem Jahr 2011 zu rechnen. Aus die das äußere Erscheinungsbild vollständig diesem Grunde konnte bislang auch keine verändern würden. Parallel dazu hat die Kooperationsvereinbarung mit dem Haus der Gedenkstätte in Zusammenarbeit mit der Geschichte geschlossen werden. Die Gedenk- Berliner Senatsbauverwaltung und dem stätte musste sich vor diesem Hintergrund im Mitarbeiter der Gedenkstätte bei der zuständigen Architekten Baumaßnahmen wesentlichen darauf beschränken, die Samm- Gestaltung des Info-Centers (Reparatur der Heizung und des Daches) vor- lung musealer Objekte auszubauen und die bereitet, die im Rahmen eines Dringlichkeits- Forschungen zum Haftort fortzuführen (vgl. programms zum Erhalt des Haftkrankenhauses Sammlungen und Forschung). Diese Vorarbei- Anfang 2007 angelaufen sind. ten werden erst dann Früchte tragen, wenn die finanziellen und baulichen Voraussetzungen für die Dauerausstellung geschaffen worden sind. Dauerausstellungen Um den Besuchern in der Zwischenzeit ein Als Ergänzung zum musealen Rundgang ist ortsbezogene Angebot zu machen, hat die seit Gründung der Stiftung die Einrichtung einer Gedenkstätte im Berichtszeitraum die Planun- Dauerausstellung geplant. Auf Vorschlag der gen für ein temporäres Info-Center vorange- Bundesregierung soll dazu in der ehemaligen trieben. Zu diesem Zweck wurde der Raum 41 Großküche eine 700 Quadratmeter große im Eingangsbereich des Altbaus im Frühjahr Ausstellungshalle entstehen. Die 2005 umfassend renoviert. Anschließend Gedenkstätte erarbeitete dazu 2001 ein aus- wurde der Raum mit Vitrinen, Objekten, Text- führliches Ausstellungs- und Präsentations- tafeln und einem Modell der Untersuchungs- konzept. Dieses sieht vor, den Besucher durch haftanstalt ausgestattet. Aus der Objektsamm- alle wichtigen Stationen des Gefängnisses zu lung der Gedenkstätte wurden über hundert leiten und ihn anschließend in eine zentrale Gegenstände ausgewählt, die, versehen mit Ausstellung zu führen. Auf Basis dieser entsprechenden Erläuterungen, über unter- konzeptionellen Überlegungen soll das Bonner schiedliche Aspekte des Haft-alltags Auskunft Haus der Geschichte gemäß einem Beschluss geben. Zu den besonders seltenen Objekten des Stiftungsrates vom April 2005 feder- zählt zum Beispiel ein selbstgefertigtes Be- Ausstellungsstücke im Info-Center führend mit der Realisierung der Ausstellung steck, das der ehemalige Hohenschönhausen- Ausstellungen 17

Häftling Hermann Becker -- bis 1948 Frak- »Zeit meines Lebens« tionsvorsitzender der Liberalen in Thüringen -- Ausstellung der Gedenkst tte Berlin-Hohen - während seiner Lagerhaft im sowjetischen sch nhausen (seit November 2000) Workuta benutzte. Auch Gegenstände des Staatssicherheitsdienstes wie Handtücher, Die Ausstellung zeigt Porträts ehemaliger Waschlappen oder Plastikgeschirr, die die Häftlinge aus Berlin-Hohenschönhausen, die in Häftlinge in die Zellen bekamen, sowie der Gedenkstätte Besuchergruppen führen. Bewachungsapparaturen und Instrumente zur Der Berliner Fotograf Andrè Kaiser, der selbst erkennungsdienstlichen Behandlung werden als Achtzehnjähriger in dem Gefängnis präsentiert. Auf großformatigen Text-Bild-Tafeln inhaftiert war, hat die Serie im Herbst 2000 Ausstellungsvitrine werden außerdem die Geschichte des angefertigt. Die Porträts wurden in der Haftortes Hohenschönhausen und der Gedenkstätte jeweils an Orten aufgenommen, Umgang mit den Inhaftierten geschildert sowie die die ehemaligen Häftlinge sich selbst aus- ausgewählte Häftlingsbiografien vorgestellt. gesucht hatten, und mit einer ebenfalls selbst Darüber hinaus gehört ein Medienraum dazu, gewählten Aussage unterstrichen. Auf diese in dem die Homepage der Gedenkstätte und Weise sind ausdrucksstarke Aufnahmen ent- weiteres audio-visuelles Material offline abruf- standen, die weit mehr darstellen als eine bar sind. Aufgrund der knappen personellen Galerie mit Fotografien von Gedenkstättenmit- Ressourcen der Gedenkstätte konnten die arbeitern. Für die Besucher, die in der Regel Arbeiten an der Ausstellung bis Ende 2006 einen der hier Gezeigten in der Führung auch noch nicht vollständig abgeschlossen werden. persönlich erlebt haben, bieten sie die Mög- lichkeit zur individuellen Begegnung mit unter- Parallel zu den Arbeiten am Info-Center hat die schiedlichen Haftschicksalen und Persön- Gedenkstätte einen weiteren Raum im lichkeiten. Erdgeschoss des Altbaus zu Ausstel- lungszwecken hergerichtet. Vorrangiger Zweck der Renovierung war es, die Fotografien des »Die Kinder von Hoheneck« ehemaligen Hohenschönhausen-Häftlings Ausstellung des Frauenkreises der Matthias Melster in einem angemessenen ehemaligen Hoheneckerinnen (seit Rahmen zu präsentieren. In den Räumlichkeit- März 2003) en, die vom Staatssicherheitsdienst vermutlich für Vorführungszwecke genutzt wurden, kön- Die kleine, im Eingangsbereich der Gedenk- Dauerausstellung “Zeit meines Lebens” im Verwaltungsgebäude nen aber auch kleinere Wechselausstellungen stätte gezeigte Ausstellung ist einem der trau- gezeigt werden. rigsten Kapitel politischer Verfolgung in der kommunistischen Diktatur gewidmet. Anhand Als zusätzliches Angebot wurden in den Räu- von vier Einzelschicksalen erinnert sie an die men, in denen die Besucher die Einführung zur Geschichte der Kinder und Mütter aus dem Führung erhalten, 2005 drei Vitrinen ehemaligen Frauenzuchthaus Hoheneck. Nach aufgestellt. Die Vitrine in Raum C zeigt Objekte Auflösung der sowjetischen Speziallager in zum Thema "Haftalltag". Im Raum D werden Deutschland wurde ein Teil der dort inhaftierten Originalausgaben der Satirezeitschrift "Die Frauen 1950 an die DDR-Behörden übergeben. Tarantel" und historische Flugblätter gezeigt; an Zum Zweck der weiteren Strafverbüßung einem Tisch können die Besucher zusätzlich in mussten sie in die Strafvollzugsanstalt Hohen- laminierten Leseexemplaren lesen. Im Raum eck. Einige Frauen brachten in den Lagern oder 37/38 wurde ein Eckschrank zur Vitrine umge- im Zuchthaus Hoheneck Kinder zur Welt, die baut, in der ein Kalfaktorenkasten und weitere ihnen nach kurzer Zeit weggenommen wur- Objekte zum Thema "Hygiene im Strafvollzug" den. Als namenlose "Kinder der Landes- zu sehen sind. regierung" kamen sie in Kinderheime und sahen ihre Mütter meist erst Jahre später Darüber hinaus hat die Gedenkstätte das Ange- wieder. Die Ausstellung informiert über diese bot an Dauerausstellungen ausgebaut. Im Praxis der Kindesenteignungen, die für die Berichtszeitraum standen den Besuchern fol- Betroffenen nachhaltige seelische Folgen gende ständige Ausstellungen zur Verfügung: hatte. Dauerausstellung “Die Kinder von Hoheneck” im Garagentrakt 18 Ausstellungen

»Bilder einer Seele« formatigen Bild-Text-Tafeln sollen die Themen: Ausstellung der Gedenkstätte Haftort Hohenschönhausen, Verhaftung, Haft- Berlin-Hohenschönhausen (seit alltag, Verurteilung sowie ausgewählte August 2005) Häftlingsbiografien vorgestellt werden. Weit- ere Tafeln, die die allgemeine Überwachung Die Ausstellung im neu hergerichteten Raum durch den Staatssicherheitsdienst und das Sys- 37/38 zeigt Fotografien des ehemaligen Gefan- tem der kommunistischen Diktatur behandeln, genen Matthias Melster, auf denen er sich mit soll die Forschungs- und Gedenkstätte Nor- der Haftanstalt Berlin-Hohenschönhausen mannenstraße in der ehemaligen Stasi-Zen- Ausstellung “Bilder einer Seele” von auseinandersetzt. Die Bilder bieten eine unge- trale erarbeiten. Zur Abschätzung des Matthias Melster wohnte Sichtweise auf das schon oft doku- Finanzbedarfs hat die Gedenkstätte auf Bitten mentierte zentrale Untersuchungsgefängnis des Bezirks auch ein Kostenangebot eingeholt. des MfS. Sie spielen mit Kontrasten, Schärfe Da der Bezirk trotz eines einschlägigen und Unschärfe, Schwarz-Weiß-Motiven und Beschlusses der Bezirksverordnetenversamm- ausgesuchter Farbigkeit. Sie lenken den Blick lung die notwendigen Finanzmittel nicht bereit- des Besuchers auf die Objekte persönlicher gestellt hat, konnte die Wanderausstellung bis- Demütigung, existentieller Ausgeliefertheit lang nicht produziert werden. und strikter Isolation. Die Ausstellung ist auch eine Referenz an Matthias Melster, der seit Jahren Besuchergruppen durch die Wechselausstellungen Gedenkstätte führt.

Die Stiftung hat sich darum bemüht, auch Zusätzlich zum musealen Rundgang und den außerhalb eines Gedenkstättenbesuchs über Dauerausstellungen hat die Gedenkstätte in den Haftort Hohenschönhausen zu den vergangenen beiden Jahren zehn Wechsel- informieren. Zu diesem Zweck wurde das ausstellungen gezeigt. Aus personellen und Konzept einer Wanderausstellung entwickelt finanziellen Gründen musste die Stiftung dabei und im Beirat diskutiert. Als Kurator konnte der zumeist auf Fremdausstellungen zurück- Fernsehjournalist Helmuth Frauendorfer greifen, die in der Regel kostenfrei ausgeliehen gewonnen werden, der bereits den Ein- werden konnten. Aus denselben Gründen führungsfilm der Gedenkstätte erstellt hat. Das wurde teilweise auf eine repräsentative Eröff- Konzept sieht vor, in zwei "schwarzen Modulen" nungsveranstaltung verzichtet (vgl. Veranstal- (eine Zelle und ein Vernehmerraum) die Situa- tungen). Die Resonanz auf die Ausstellungen tion des Häftlings sinnlich nachvollziehbar zu war unterschiedlich. Vor allem die Medien Schüler vor einer Tafel der Ausstellung machen. In einem "Gang der Information" zeigten sich interessiert; für die Besucher stand “Mut und Zivilcourage”, 2005 sollen anschließend notwendige Hintergrund- hingegen der museale Rundgang durch das informationen geliefert werden. Nach Gefängnis im Vordergrund. Wie die Dauer- Möglichkeit soll, zumindest bei der Eröffnung, ausstellungen wurden auch die Wechsel- auch der Gefangenentransportwagen "W 50" ausstellungen meistens von Besuchern fre- gezeigt werden. Das "rollende Gefängnis" mit quentiert, die auf den Beginn einer Führung seinen sieben spindähnlichen Zellen ist nicht warteten. Nur vereinzelt kamen Besucher nur ein beeindruckendes mobiles Großobjekt, eigens in die Gedenkstätte, um sich eine der sondern macht die Situation der Häftlinge auch Ausstellungen anzusehen. unmittelbar anschaulich. Um die Herstel- lungskosten für die Wanderausstellung auf Da das ehemalige Gefängnis über keine mehrere Jahre zu verteilen, wurde 2006 größeren zusammenhängenden Flächen ver- zunächst das bauliche Grundgerüst in Auftrag fügt, konnten die Wechselausstellungen nur in gegeben. Der Förderverein beschloss, die den ehemaligen Fluren und Versammlungsräu- Gedenkstätte bei der Realisierung der Ausstel- men des Staatssicherheitsdienstes gezeigt lung finanziell zu unterstützen. werden. Um wenigstens eine kleinere Fläche für temporäre Ausstellungen zu schaffen, Auf Bitten des Bezirks Lichtenberg hat die wurde im Frühjahr 2006 eine dreitürige Garage Gedenkstätte das Konzept einer weiteren Wan- umgebaut. Auf Bitten der Gedenkstätte sorgte die Berliner Senatsbauverwaltung für die Über- Besucher vor dem Gefangenentransport- derausstellung erstellt, die in örtlichen Schulen wagen “W 50”, August 2006 gezeigt werden soll. Auf insgesamt fünf groß- arbeitung der Fußböden und Wände sowie für Ausstellungen 19

den Einbau von gläsernen Innentüren. Der Darüber hinaus schildert sie die gewaltsamen Raum, der am Ende des Rundgangs liegt und Enteignungen, Zwangsaussiedlungen und die vom Hof aus zu erreichen ist, bietet zusätzliche Zwangskollektivierung auf dem Lande. Anhand 85 Quadratmeter für die Präsentation von von Einzelschicksalen werden auch die Repres- kleineren Wechselausstellungen. sionen gegen Jugendliche in den 1960er Jahren beschrieben. Beispielhaft werden In den vergangenen beiden Jahren hat die zudem der Prozess der Zwangsvereinigung Gedenkstätte folgende Wechselausstellungen von SPD und KPD und die Gleichschaltung von gezeigt: CDU und LDP dargestellt. Weitere Teile der Ausstellung beschäftigten sich mit Fluchtver- suchen über die Ostsee und mit der Auflösung Graben für den Frieden? Die Bausol- des Staatssicherheitsdienstes im Herbst 1989. daten in der DDR Die Ausstellung wurde von der Außenstelle Eine Ausstellung des Archivs der Rostock der Stasi-Akten-Behörde erstellt. Bürgerbewegung Leipzig e.V. (15. November 2004 bis 13. Januar 2005) Mut und Zivilcourage in Deutschland Tafel der Ausstellung “Graben für den 1933-1989 Frieden? Bausoldaten in der DDR”, In der DDR gab es für Wehrpflichtige kein ver- Ausstellung der Bundesbeauftragten 2004/2005 fassungsmäßiges Recht auf Wehrdienstver- für die Stasi-Unterlagen, der weigerung. Eine Alternative für Kriegsdienst- Friedrich-Ebert-Stiftung und weit- verweigerer aus Glaubens- und Gewissens- erer Institutionen gründen war der Dienst in den waffenlosen (22. März bis 30. Juni 2005) Baueinheiten der Nationalen Volksarmee (NVA). Seit September 1964 konnten junge Die Ausstellung präsentiert auf 24 Tafeln Men- Männer aus religiösen oder ähnlichen Gründen schen verschiedener sozialer, politischer und den Dienst mit der Waffe ablehnen. Auf den religiöser Herkunft, die den Mut aufbrachten, Schulterstücken der so genannten Bausolda- den beiden totalitären Diktaturen in Deutsch- ten befand sich zunächst ein goldener, später land die Stirn zu bieten. Im ersten Teil geht es grauer Spaten, der den Verweigerern in der um die Zeit von 1933 bis 1945. Arbeiter, die auf- DDR ihren Namen gab. Im Unterschied zum munternde Worte an Flüchtlinge richteten oder Zivildienst der Bundesrepublik waren sie aller- den Hitlergruß verweigerten, Studenten wie dings trotzdem Teil der Armee. Doch allein die Sophie Scholl und ihre Freunde von der Weißen Weigerung, mit der Waffe in der Hand für den Rose, couragierte Bürger aus Politik und Kirche Sozialismus zu kämpfen, führte zu zahlreichen stehen stellvertretend für viele, die sich Diskriminierungen. Die Ausstellung zeichnet auflehnten. Im zweiten Teil geht es um die Zeit die Geschichte der Bausoldaten nach, die ein von 1945 bis 1989. Hier werden unter anderem wesentliches Element der DDR-Opposition streikende ostdeutsche Bauarbeiter während bildeten. Im Begleitprogramm zur Ausstellung des Volksaufstands im Juni 1953 vorgestellt, wurden Seminare für Zivildienstleistende Jugendliche in Ost-Berlin und Prag, die gegen durchgeführt. den Einmarsch in die Tschechoslowakei im August 1968 protestierten, sowie demonstrie- rende Bürger während der friedlichen Revolu- Stasi im Ostseeraum tion im Herbst 1989. Im Begleitprogramm der Ausstellung der Bundesbeauftragten Ausstellung wurde ein Seminar für Jugendliche für die Stasi-Unterlagen zum Thema "Mut und Zivilcourage" angeboten, (12. Januar bis 27. Februar 2005) das einen Ausstellungsrundgang, eine Zeitzeu- gendiskussion und eine Führung durch die Haft- Die Präsentation bietet Einblicke in die Arbeit anstalt einschloss. Eine Gruppierung namens des DDR-Staatssicherheitsdienstes in Ros- Antifa Hohenschönhausen nahm die Ausstel- tock. Anhand von Materialien aus der ehemali- lung zum Anlass, um mit wild geklebten Pla- gen MfS-Bezirksverwaltung in der Hansestadt katen und einer Demonstration vor der Gedenkstätte gegen die angebliche Gleichset- dokumentiert sie insbesondere die lückenlose Ausstellung “Mut und zivilcourage in zung von Nationalsozialismus und Kommunis- Überwachung der ostdeutschen Bevölkerung. Deutschland 1933-1989”, 2005 20 Ausstellungen

mus zu protestieren. Zwangsaussiedlung aus dem Grenzge- biet der DDR an der innerdeutschen Grenze 1952 - 1989 Die Botschaftsflüchtlinge auf ihrer Ausstellung der Gedenkstätte Fahrt von Prag nach Hof Deutsche Teilung Marienborn Ausstellung der Bundesbeauftragten (7. November 2005 bis 31. März 2006) für die Stasi-Unterlagen (12. August bis 30. September 2005) Nach der Abriegelung der innerdeutschen Grenze durch die DDR im Mai 1952 wurden Ausstellungsfoto “Die Botschaftsflücht- Hunderte DDR-Bürger besetzen im September innerhalb von zwei Wochen über 8000 Ost- linge auf ihrer Fahrt von Prag nach Hof”, 1989 die bundesdeutschen Vertretungen in deutsche aus dem neu geschaffenen Sperrge- 2005 Warschau, Prag und Ost-Berlin, um ihre Aus- biet gewaltsam ins Landesinnere umgesiedelt. reise in den Westen zu erreichen. Nach lang- Alle Bewohner, die als politisch unsicher galten, wierigen Verhandlungen der Bundesregierung wurden kurzerhand deportiert. Ausgangspunkt mit der Führung der DDR ließ SED-Chef Erich waren häufig Spitzelberichte über unliebsame Honecker die Prager Botschaftsflüchtlinge politische Äußerungen, Kritik an der Polizei schließlich ziehen, verlangte aber, dass sie mit oder das Hören westlicher Rundfunksendun- dem Zug über das Territorium der DDR aus- gen, aber auch Vermutungen des Staatssicher- reisten. Unter dem Jubel der Flüchtlinge heitsdienstes über illegale Grenzübertritte. verkündete der damalige Bundesaußenminis- Unmittelbar nach den Zwangsaussiedlungen ter Hans-Dietrich Genscher dieses Ergebnis begann der systematische Ausbau der Gren- vom Balkon der bundesdeutschen Botschaft in zanlagen. Nach dem Mauerbau am 13. August Prag. In der Nacht vom 30. September zum 1961 beschloss das Politbüro der SED weitere 1. Oktober 1989 rollten dann die ersten Züge Zwangsaussiedlungen und den "pioniertech- von Prag über Dresden, Karl-Marx-Stadt (heute nischen Ausbau" der Grenzanlagen. Am 3. Chemnitz), Reichenbach und Plauen in das Oktober 1961 wurden deshalb erneut über bayrische Hof. Dabei kam es in Dresden zu 3000 Menschen zwangausgesiedelt. Die schweren Auseinandersetzungen mit der Ausstellung informiert anhand von Polizei, als DDR-Bürger versuchten, auf die Einzelschicksalen und aussagekräftigen Objek- Züge aufzuspringen. Die Ausstellung zeichnet ten über dieses wenig bekannte Kapitel der die geheimen Aktivitäten des MfS nach, das für deutschen Teilung. die Ausweisung der Botschaftsflüchtlinge und Einladungskarte zur Eröffnung der die Streckensicherung verantwortlich war. Ausstellung “Zwangsaussiedlung aus Erschossen in Moskau... Die dem Grenzgebiet der DDR”, 2005/2006 deutschen Opfer des Stalinismus auf Bereits Gras über der deutsch- dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950 deutschen Grenze? Spurensuche ent- - 1953 lang des ehemaligen Grenzstreifens Ausstellung von Facts & Files und Fotoausstellung der Stiftung zur der Menschenrechtsorganisation Aufarbeitung der SED-Diktatur Memorial (5. Oktober bis 5. Dezember 2005) (31. März bis 2. Mai 2006)

Die Ausstellung zeigt auf 25 Tafeln Spuren der Zwischen 1950 und 1953 wurden annähernd ehemaligen innerdeutschen Grenzbefestigun- Tausend Deutsche von sowjetischen Militärtri- gen. Bis zum Herbst 1989 zogen sie sich als bunalen zum Tode verurteilt und anschließend kaum überwindbares Band durch Deutschland. in Moskau hingerichtet. Zu den Opfern zählten Der Ausstellung liegt eine Fotodokumentation unter anderem der liberale Rostocker Studen- zugrunde, die während einer Wanderung ent- tenführer Arno Esch, der Berliner Rechtsanwalt lang der ehemaligen Grenze angefertigt wur- Walter Linse sowie der Potsdamer Bürger- den. Die Fotografen haben im Sommer 2005 meister Erwin Köhler. Ihre Leichen verbrannte insgesamt 1378 Kilometer von Prex nach Pri- man im Krematorium des Moskauer Friedhofs wall zurückgelegt. Die Realisierung der Ausstel- Donskoje, die Asche wurde in einem ano- Tafeln der Ausstellung “Bereits Gras lung wurde von der Stiftung zur Aufarbeitung nymen Massengrab beigesetzt. Anhand zahlre- über der deutsch-deutschen Grenze”, der SED-Diktatur gefördert. icher Einzelschicksale beschreibt die Ausstel- 2005 Ausstellungen 21

lung, wie die Betroffenen verhaftet, verurteilt Ausland sowie mit Lobbyarbeit bei den Verein- und nach Moskau verschleppt wurden. Dort ten Nationen und der Konferenz für Sicherheit wurden sie im berüchtigten Butyrka-Gefängnis und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) setzten erschossen. Ein Begleitband enthält Kurzbi- sie sich für deren Freilassung ein. Für den ographien aller bislang bekannt gewordenen Staatssicherheitsdienst und das Politbüro der deutschen Opfer. Die Forscher konnten dafür in SED war amnesty international deshalb eine Russland zahlreiche unbekannte Akten einse- "Feindorganisation", die sich in die "inneren hen. Angelegenheiten der DDR" einmischte. Vertretern und Mitarbeitern von ai wurde die Einreise in die DDR verweigert, ihre Tätigkeit im Eröffnungsveranstaltung mit Schülern Studentischer Widerstand in Mit- westlichen Ausland vom MfS beobachtet. Die aus Berlin und Brandenburg zurAusstel- teldeutschland Ausstellung zeigt Möglichkeiten und Grenzen lung “Erschossen in Moskau”, April 2006 Ausstellung mitteldeutscher Uni- der Menschenrechtsorganisation, die SED- versitäten und Hochschulen Führung zur Einhaltung jener Prinzipien zu (17. Juli bis 31. Oktober 2006) bewegen, zu denen sie sich in internationalen Verträgen selber verpflichtet hatte. Die Ausstellung widmet sich dem Widerstand von Studenten gegen die erneute politische Gleichschaltung der Universitäten durch die Geschichts-codes: grenzenlos! SED nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Plakate des 4. Plakatwettbewerbs Nach der Wiedereröffnung der Hochschulen der Stiftung Aufarbeitung bildeten die Studentenräte, die als Form stu- (11. Dezember 2006 bis 2. März 2007) dentischer Selbstverwaltung gedacht waren, die Kulisse für heftige politische Auseinander- Am 13. August 1961 errichtete die SED- setzungen mit den von der Besatzungsmacht Führung eine Mauer aus Stein und Stachel- protegierten Kommunisten. Vor allem jüngere draht zwischen West- und Ost-Berlin, um den Studenten, die 1945 oder später ihr Abitur Bewohnern der DDR den letzten freien abgelegt hatten, engagierten sich hier für ihre Fluchtweg in den Westen abzuschneiden. Die demokratischen Ideale. Viele von ihnen wurden Mauer wurde alsbald zum Symbol der Teilung daraufhin von der sowjetischen Geheimpolizei , Deutschlands und der Welt in zwei ver- verhaftet. Für ihre politischen Überzeugungen feindete Blöcke. Die Ausstellung zeigt die und ihren Widerstand gegen die Errichtung prämierten Arbeiten des 4. Plakatwettbewerbs einer neuen Diktatur bezahlten sie oft mit dem der Stiftung Aufarbeitung. Die Teilnehmer Leben oder mit der Deportation in sowjetische waren aufgefordert, sich mit dem Mauerbau, Zwangsarbeitslager. Unter dem Druck der mas- dem Aus- und Aufbau der innerdeutschen siven politischen Verfolgung waren die Univer- Grenze und den Folgen der deutschen Teilung sitäten bald fest in der Hand der SED. Die zu beschäftigen. Die präsentierten Arbeiten Ausstellung porträtiert Studenten, die sich zeigen mit unterschiedlichen Mitteln die dieser Entwicklung entgegenstemmten. Auseinandersetzung mit den materiellen Über- resten der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer. Der Wettbewerb stand unter ai und die DDR der Schirmherrschaft von Bundespräsident Ausstellung von amnesty interna- Horst Köhler. tional (12. Oktober 2006 bis 31. Januar 2007)

Die Ausstellung widmet sich der Arbeit der Gefangenenhilfsorganisation amnesty interna- tional (ai) für die Respektierung der Menschen- rechte in der DDR. Von 1961 bis 1989 "adop- tierten" ai-Gruppen aus 30 Ländern mehr als

2000 politische Gefangene in der DDR. Mit Informationsblatt zur Ausstellung “ai und Briefen, Kampagnen und Appellen aus dem die DDR”, 2006/2007 22

Protestveranstaltung gegen Geschichts- klitterung im Abgeordnetenhaus zu Ber- lin am 4. April 2006

Veranstaltungen

Entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag hat der Berliner Innenstadt statt. Insbesondere die die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen Vertretung des Freistaates Thüringen beim zahlreiche Veranstaltungen durchgeführt, um Bund war häufig Kooperationspartner und zur Auseinandersetzung mit den Formen und stellte kostenlos ihre Räumlichkeiten zur Verfü- Folgen politischer Unterdrückung in der kom- gung. Auch bei Veranstaltungen auf dem munistischen Diktatur anzuregen. Mit 28 Ver- Gelände der Gedenkstätte wurde meist mit anstaltungen fand in den Jahren 2005/2006 verschiedenen Partnern kooperiert. Dadurch durchschnittlich etwa alle vier Wochen eine konnten nicht nur Finanzmittel gespart und die Zusammenkunft statt. Das Spektrum reichte Lasten der Vorbereitungsarbeit geteilt, sondern von aufwändig geplanten Ausstellungseröff- auch neue Zielgruppen angesprochen werden. nungen und Sonderveranstaltungen über Die Veranstaltungen stießen durchweg auf eine Vorträge und Buchvorstellungen bis hin zu eher gute bis sehr gute Resonanz. Insgesamt nah- kulturell orientierten Veranstaltungen mit men etwa zehntausend Menschen daran teil. Beiträgen aus Musik, Literatur oder Film. Auch die Medien wurden regelmäßig zur Große Bedeutung hatte auch das Opferge- Berichterstattung angeregt. denken, namentlich an historischen Jahresta- gen wie dem 17. Juni (Volksaufstand in der Die Veranstaltungen wurden jeweils profes- DDR), dem 13. August (Bau der Berliner Mauer) sionell beworben. Im Vorfeld wurden in der oder dem 9. November (Mauerfall). Vielfach Regel eigens gestaltete Einladungen ver- waren die Veranstaltungen mit einer Führung schickt, deren Auflagenhöhe sich, je nach durch das ehemalige Gefängnis verbunden. Bedeutung und anvisierter Zielgruppe, zwi- schen 500 und 2000 bewegte. Aus Kosten- Wegen der ungünstigen geografischen Lage gründen beschränkte sich der Versand bei der Gedenkstätte und der schlechten kleineren Veranstaltungen auf einen Adres- Verkehrsanbindung fand ein Teil der Veranstal- satenkreis zwischen 300 und 600 Personen. tungen nicht in Hohenschönhausen, sondern in Bei größeren wurden in der Regel zwischen Veranstaltungen 23

1000 und 1500 Einladungen verschickt. Zu allen Arnold Vaatz, der 1989 persönlich den drama- Veranstaltungen wurde außerdem noch in elek- tischen Ereignissen rund um den Dresdner tronischer Form eingeladen. Der gesamte Hauptbahnhof beiwohnte. Erstmals wurden Adressverteiler der Gedenkstätte wuchs im auch Fernsehbilder von den Polizeiübergriffen Berichtszeitraum um etwa ein Viertel auf über in Dresden gezeigt, die in Kooperation mit dem 5500 Adressen. Da die Kooperationspartner MDR und dem Deutschen Rundfunkarchiv zusätzlich ihre eigenen Verteiler bedienten, recherchiert worden waren. erreichten die Einladungen meist mehrere tausend Personen. Zudem versandte die Am 25. August 2005 wurde die Ausstellung Gedenkstätte entsprechende Presseinforma- "Bilder einer Seele" mit Fotografien des tionen und bestückte die Website mit Vor- oder früheren Hohenschönhausen-Häftlings Nachberichten. Matthias Melster feierlich eröffnet. Bei der Ver- anstaltung sprachen der Direktor der Eröffnungsveranstaltung “Bilder einer Die Durchführung der Veranstaltungen war Gedenkstätte, Hubertus Knabe, und der Leiter Seele. Fotografien von Matthias Mel- zum Teil mit einem erheblichen logistischen der Fotogalerie imago-fotokunst, Oliver ster” am 25. August 2005 mit Matthias Aufwand verbunden (AV-Technik, Veranstal- Scholten. Am 7. November 2005 fand die Eröff- Melster (li.) und Hubertus Knabe tungsmöblierung, Catering, Besucherbetreu- nung der Ausstellung "Zwangsaussiedlung aus ung, Fotodokumentation etc.). Ohne den Ein- dem Grenzgebiet der DDR an der satz von Hilfskräften und das große Engage- innerdeutschen Grenze 1952 - 1989" statt. An ment der ständigen Mitarbeiter wäre es nicht der Veranstaltung wirkten der damalige Bun- möglich gewesen, Großveranstaltungen wie destagsabgeordnete Günter Nooke, der Leiter die Lange Nacht der Museen oder den Tag des der Gedenkstätte Deutsche Teilung, Joachim offenen Denkmals so reibungslos zu organ- Scherrieble, und der Zeitzeuge Hans Georg isieren wie geschehen. Aus Kostengründen Niemietz mit. wurde in vielen Fällen auf den anderswo oft üblichen anschließenden Empfang verzichtet. Zum Auftakt der Ausstellung "Mut und Zivil- courage in Deutschland 1933-1989" fand am 21. März 2005 ein Seminar für jugendliche Ausstellungseröffnungen Besucher statt. An einen Ausstellungs- rundgang schlossen sich eine Zeitzeugen- In den vergangenen beiden Jahren fand in der diskussion und eine Führung durch die Haft- Eröffnung der Ausstellung “Die Bot- Gedenkstätte eine Reihe repräsentativer anstalt an. Am Ende präsentierten die schaftsflüchtlinge auf ihrer Fahrt von Ausstellungseröffnungen statt. Aufgrund der Jugendlichen eigene Arbeitsergebnisse zum Prag nach Hof” am 11. August 2005 mit begrenzten Haushalts- und Personalmittel Thema "Mut und Zivilcourage". der Bundesbeauftragten für die Stasi- wurde diese Veranstaltungsform jedoch auf Unterlagen, Marianne Birthler (Mitte) besonders aufwändig gestaltete Wechsel- ausstellungen beschränkt. Um dem Charakter Sonderveranstaltungen des Ortes Rechnung zu tragen, wurden dabei neben prominenten Gästen oder hochrangigen Die Gedenkstätte hat in den vergangenen bei- Politikern in der Regel auch Betroffene poli- den Jahren durch verschiedene Sonderver- tischer Verfolgung an exponierter Stelle be- anstaltungen öffentlichkeitswirksam zur Aus- teiligt. Als Alternative zu dieser Form von Eröff- einandersetzung mit der kommunistischen nung fanden wiederholt zielgruppenorientierte Diktatur angeregt. Dabei handelte es sich um Seminare statt, die sich dem jeweiligen Aus- aufwändig geplante Großveranstaltungen, zu stellungsthema widmeten. denen teilweise über tausend Besucher kamen. Im zeitlichen Umfeld zum 44.Jahrestag des Mauerbaus, am 11. August 2005, eröffnete die Zu den regelmäßig durchgeführten Sonderver- Gedenkstätte die Ausstellung "Die Botschafts- anstaltungen zählte die "Lange der Nacht der flüchtlinge auf ihrer Fahrt von Prag nach Hof". Museen", an der sich die Gedenkstätte zweimal Bei der gut besuchten Veranstaltung sprachen im Jahr beteiligte. Durch die intensive Bewer- Eröffnung der Ausstellung “Zwangsaus- u.a. die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unter- bung und ein spezielles Programmheft bietet siedlung aus dem Grenzgebiet der DDR” lagen Marianne Birthler und der ostpolitische die Veranstaltung die Chance, ein besonders am 7. November 2005 mit Günter Nooke Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion breites Publikum anzusprechen. Leider war die (4.v.li.) 24 Veranstaltungen

Gedenkstätte jedoch nicht jede Mal an das Bus- mals der Förderverein Gedenkstätte Berlin- Shuttle-System angeschlossen. Trotz der Hohenschönhausen dem Publikum vor. Auch in ungünstigen geografischen Lage, die vor allem dieser Nacht nahmen Hunderte Besucher an in der dunklen Jahreszeit ein Problem darstellt, einem Rundgang durch das ehemalige Gefäng- fanden teilweise über 1000 Besucher den Weg nis teil. in die Gedenkstätte. Von 18 Uhr bis zwei Uhr früh fanden laufend Führungen durch das ehe- An der 19. Langen Nacht am 28. Januar 2006 malige Gefängnis statt. Darüber hinaus wurde beteiligte sich die Gedenkstätte mit einem Pro- ein spezielles Kultur- und Informationspro- gramm, das den Erfahrungen ausländischer Wolfgang Welsch, ehemaliger Fluchthel- gramm geboten, das sich am jeweiligen Thema Häftlinge in der DDR gewidmet war. Anlass war fer und Autor des Buches “Ich war der Langen Nacht orientierte. das Motto der Museumsnacht "Kulturelle Staatsfeind Nr.1”, während der 17. Vielfalt". Der chinesische Journalist Xing-Hu Langen Nacht der Museen am 29. Im Mittelpunkt der 17. Langen Nacht der Kuo las aus seinem Buch "Ein Chinese in Januar 2005 Museen am 29. Januar 2005 stand der spek- Bautzen", in dem er auch über Diskriminierun- takuläre Fall des ehemaligen Fluchthelfers gen wegen seiner nicht-deutschen Herkunft Wolfgang Welsch. Der Staatssicherheitsdienst berichtet. Der iranische Journalist Hossein verübte auf ihn mehrere Mordanschläge, die er Yazdi stellte den Dokumentarfilm "Der ver- nur knapp überlebte. Ein Inoffizieller Mitarbei- botene Händedruck" über seine Zeit in DDR- ter, der ihn mit vergifteten Buletten umbringen Gefängnissen vor. Die Künstlerin Katharina Bek wollte, wurde später zu einer Gefängnisstrafe sorgte mit einer "singenden Säge" für die verurteilt; der zuständige MfS-Offizier verübte musikalische Umrahmung des Abends. Das nach seiner Verhaftung Selbstmord. Welsch ungewöhnliche Instrument sollte darauf stellte in der Langen Nacht den Film "Der Stich anspielen, dass sich ein Häftling nichts so sehr des Skorpions" vor, der sein Buch "Ich war wünschte wie eine Säge. Darüber hinaus Staatsfeind Nr. 1" zur Grundlage hat. Er las aus wurde der Film "Sonnenbrand im Bruderland" dem Buch, in dem er über seine lebensge- gezeigt, der die Überwachung von DDR-Bürg- fährliche Zeit als Fluchthelfer berichtet. ern beim Urlaub in Bulgarien thematisiert. Anschließend fand eine rege Diskussion im Zusätzlich fanden Sonderführungen durch das vollbesetzten Vortragssaal statt. Trotz des plötz- ehemalige Haftkrankenhaus und die Bedien- lichen Wintereinbruchs kamen in dieser Nacht steten-Sauna statt, die normalerweise für Lesung mit dem Schriftsteller Erich mehr als tausend Besucher in das ehemalige Besucher nicht zugänglich sind. Loest bei der 18. Langen Nacht der Stasi-Gefängnis. Museen am 27. August 2005 In der 20. Langen Nacht am 26. August 2006 In der 18. Langen Nacht am 27. August 2005 las stellten die Autoren Ines Geipel und Joachim der Schriftsteller Erich Loest aus seinem Walther unbekannte Texte inhaftierter DDR- Roman: "Durch die Erde ein Riß". In dem auto- Schriftsteller vor. Schauspielstudenten lasen biografischen Werk schildert er unter anderem die eindrücklichen Texte, die aus dem neu die Nachkriegszeit in Ostdeutschland. Loest, gegründeten Archiv unterdrückter Literatur in der in der DDR zu siebeneinhalb Jahren der DDR stammen. Nach der Lesung fand eine Zuchthaus verurteilt worden war, betrat zum rege Diskussion im vollbesetzten Saal statt. ersten Mal wieder ein ehemaliges DDR- Unter dem Motto "Die Beobachtung der Gefängnis. Nach seiner Haftentlassung hatte er Anderen" zeigte die Gedenkstätte außerdem es abgelehnt, jemals wieder die Stadt Bautzen Schulungsfilme des Ministeriums für oder das dortige Gefängnis aufzusuchen. Die Staatssicherheit. Einblicke in die Objektsamm- Veranstaltung fand unerwartet große Reso- lung der Gedenkstätte und Führungen durch nanz in den Medien, weil ein freier Mitarbeiter ausgewählte Depots ergänzten das Programm. der Gedenkstätte dem Schriftsteller das Origi- nal-Schloss zur Kirchentür im Zuchthaus Die Gedenkstätte beteiligte sich auch am "Tag Bautzen schenkte. Im Rahmen des Programms des offenen Denkmals", der jedes Jahr im Sep- wurde auch die kurz zuvor fertiggestellte Doku- tember stattfindet. Die gut beworbene Ver- Der ehemalige Häftling und Schriftsteller mentation "Schicksal Fünfeichen" vorgestellt. anstaltung führt immer wieder Hunderte Xing-Hu Kuo (li.) und der iranische Der Film behandelt das sowjetische Spezial- Besucher in das ehemalige Stasi-Gefängnis. Publizist Hossein Yazdi bei einer Lesung lager bei Neubrandenburg, in dem fast 5000 2005 bot die Stiftung -- entsprechend dem anlässlich der 19. Langen Nacht der Menschen starben. Zudem stellte sich erst- diesjährigen Motto "Krieg und Frieden" -- Son- Museen am 28. Januar 2006 Veranstaltungen 25

derführungen an, bei denen das sowjetische Dieter Glietsch im Rosenhof der Gedenkstätte Speziallager im Mittelpunkt stand. Ein Vortrag statt. Die Veranstaltung wurde in Kooperation des Historikers Peter Erler über das Lager mit der Berliner Polizei, der Friedrich-Ebert- sowie Führungen durch das Gefängnis und den Stiftung, dem Tagesspiegel und dem SPD- so genannten Grotewohl-Express komplet- Arbeitskreis ehemaliger politischer Häftlinge tierten das Programm. Auch im Folgejahr wur- der SBZ/DDR durchgeführt. Der Fraktions- und den Sonderführungen angeboten. Dabei konn- Landesvorsitzende der Berliner SPD Michael ten Bereiche, die sonst nicht zugänglich sind, Müller sprach ein Grußwort. besichtigt werden. Insbesondere die einstige Gefängnisküche, aber auch das frühere Auf Anregung der Gedenkstätte fand am 4. Anzeigentafel im Abgeordnetenhaus zu Haftkrankenhaus und die Objektsammlungen April 2006 im Berliner Abgeordnetenhaus eine Berlin während der Protestveranstaltung der Gedenkstätte zogen das Interesse der viel beachtete Lesung mit ehemaligen Häftlin- gegen Geschichtsklitterung am 4. April Besucher auf sich. Darüber hinaus wurden gen des DDR-Staatssicherheitsdienstes statt. 2006 Führungen in das frühere Sperrgebiet rund um Der Präsident des Abgeordnetenhauses von das Gefängnis angeboten. Berlin, Walter Momper, hatte dazu unter dem Motto "Zeichen setzen -- Schauspieler und ehe- Gelegenheit zu einem übergreifenden malige Häftlinge des MfS lesen Zeitzeugen- Erfahrungsaustausch bot das internationale berichte" in den Plenarsaal eingeladen. Das Par- Symposium "Urbane Erinnerungskulturen: lament reagierte damit auf eine Diskussions- Berlin und Buenos Aires" vom 21. bis 23. Juni veranstaltung des Bezirksamts Lichtenberg 2005. Die Veranstaltung stand unter der und der Berliner Kulturverwaltung am 14. März, Schirmherrschaft des Regierenden Bürger- auf der frühere Stasi-Mitarbeiter die politische meisters von Berlin, Klaus Wowereit, und des Verfolgung in der DDR gerechtfertigt und die Regierungschefs der Stadt Buenos Aires, Opfer verhöhnt hatten. Die Haftberichte wur- Aníbal Ibarra. Die Gedenkstätte beteiligte sich den teils von Betroffenen, teils von dem 1985 daran mit einem Vortrag über die Geschichte aus der DDR geflüchteten Schauspieler Udo des Haftortes Hohenschönhausen. Bei der Schenk gelesen. Sie straften die Äußerungen Organisation der Konferenz kooperierte die der Offiziere über die angeblich so guten Stiftung mit dem Ibero-Amerikanischen Insti- Haftbedingungen in Hohenschönhausen an- tut, der Europäischen Akademie, der Heinrich- schaulich Lügen. Auch die frühere Bürgerrecht- Der ehemalige litauische Präsident Böll-Stiftung, der Landeszentrale für politische lerin Vera Lengsfeld und der Musiker Christian Vytautas Landsbergis beim internationa- Bildung, der Stiftung zur Aufarbeitung der SED- Kunert von der in der DDR verbotenen Klaus len Workshop “Wenn das Unrecht Diktatur, dem Haus der Wannsee-Konferenz Renft Combo beteiligten sich an der Veranstal- verblasst. Die Kommunistische Diktatur und der Bundesbeauftragten für die Unterlagen tung, an der mehr als 500 Menschen teilnah- in den Museen Europas”, 17. November des Staatssicherheitsdienstes. men, darunter viele Landespolitiker. Der Ple- 2006 narsaal und die Tribüne waren bis auf den letz- Mit einem eigenen Symposium erinnerte die ten Platz besetzt. Gedenkstätte am 3. November 2005 an den ersten Nachkriegskommandanten der Vom 17. bis 18. November 2006 lud die Berliner Schutzpolizei, Karl Heinrich. Der Gedenkstätte zu einem internationalen Work- Sozial-demokrat, der wegen seines Wider- shop mit Vertretern europäischer Gedenkstät- stands gegen den Nationalsozialismus jahre- ten und Kommunismus-Museen statt. Unter lang in Haft gesessen hatte, war nach dem dem Motto "Wenn das Unrecht verblasst. Die Ende des Krieges von der sowjetischen kommunistische Diktatur in den Museen Besatzungsmacht in die Berliner Polizeispitze Europas" trafen sich Praktiker der musealen berufen worden. Weil er sich ihren politischen Vermittlungsarbeit aus Russland, Polen, Vorgaben widersetzte, wurde er im August Ungarn und dem Baltikum erstmals in Berlin zu 1945 erneut verhaftet. Noch vor seiner einem Erfahrungsaustausch. Zur Eröffnung Verurteilung starb er -- vor genau 60 Jahren -- sprachen der frühere litauische Präsident im November 1945 im Krankenrevier des Vytautas Landsbergis und der ehemalige sow- Kranzniederlegung mit dem Berliner Lagers Berlin-Hohenschönhausen. Im Rahmen jetische Dissident Wladimir Bukowsky. An der Polizeipräsidenten Dieter Glietsch und der Veranstaltung fanden mehrere Vorträge, ein abschließenden Podiumsdiskussion, die auch Innensenator Ehrhart Körting (Mitte) Zeitzeugengespräch und eine Kranznieder- vom Deutschlandfunk ausgestrahlt wurde, nach der Gedenkveranstaltung zu Ehren legung mit dem Berliner Polizeipräsidenten nahmen die Direktorin des Hauses des Terrors Karl Heinrich am 3. November 2005 26 Veranstaltungen

in Budapest, Mária Schmidt, der Direktor des und vom 1. bis 3. September statt; sie waren Zeitgeschichtlichen Forums in Leipzig, Rainer alle ausverkauft. Eckert, Professor Karol Sauerland von den Uni- versitäten Warschau und Thorn sowie der Leit- Mit einer ähnlichen Veranstaltung wurde am 3. er der Gedenkstätte, Hubertus Knabe, teil. Die September 2005 an den 100. Geburtstag des Veranstaltung wurde unterstützt von der Kon- ungarisch-jüdischen Schriftstellers Arthur rad-Adenauer-Stiftung, der Stiftung zur Aufar- Koestler erinnert, der zu den weitsichtigsten beitung der SED-Diktatur, dem Deutschland- Kritikern totalitärer Herrschaft gehörte. Der funk und dem Osteuropazentrum Berlin. Autor und Filmemacher Helmuth Frauendorfer Theaterstück “Krokodil im Nacken” nach erstellte eine Bühnenfassung nach Koestlers dem gleichnamigen Roman des Schrift- Roman "Sonnenfinsternis", der die perfiden Vor- stellers und Hohenschönhausen- Historische Jahrestage bereitungen für einen Schauprozess gegen Häftlings Klaus Kordon, 12. August 2006 einen einst führenden Kommunisten in der An wichtige historische Jahrestage hat die Sowjetunion schildert. Unter dem Titel "Das Stiftung in der Regel mit einem speziellen Pro- Verhör" wurden die gespenstischen Dialoge gramm erinnert. Aufgrund der erhöhten zwischen dem Häftling und dem Vernehmer in öffentlichen Aufmerksamkeit im zeitlichen einer szenischen Lesung nachgespielt. Die Umfeld bestimmter Jubiläen hat es sich Lesung mit kargem Bühnenbild fand quasi am bewährt, an solche Daten anzuknüpfen. Am 13. Ort des Geschehens statt: im ehemaligen Kel- August (Mauerbau) und am 9. November lergefängnis der zentralen sowjetischen Unter- (Mauerfall) fanden jeweils Kranzniederlegun- suchungshaftanstalt für Ostdeutschland, wo gen, Filmvorführungen und Sonderführungen man Anfang der fünfziger Jahre ähnliche statt. Schauprozesse vorbereitet hatte. Der Text wurde von den Schauspielern Udo Schenk, Mit Unterstützung der Gedenkstätte führte der Max Volkert Martens und Sven Riemann vor- Förderverein zum Jahrestag des Mauerbaus getragen, die durch Auftritte im Fernsehen und am 13. August 2005 eine öffentlichkeitswirk- Engagements an Berliner Bühnen bekannt same Aktion am Potsdamer Platz durch. Dabei geworden sind. Die Veranstaltung war bis auf konnte auch der Gefangenentransportwagen den letzten Platz ausverkauft und mit einer W 50 besichtigt werden. Viele Passanten wur- intensiven Vor- und Nachberichterstattung der den auf diese Weise erstmals darauf aufmerk- Medien verbunden. sam gemacht, dass im Zusammenhang mit dem DDR-Grenzregime rund 72 000 Men- Wenig später, am 5. Oktober 2005, fand unter Szenische Lesung “Das Verhör” im “U- schen ins Gefängnis kamen. dem Motto "Stasi raus" eine Veranstaltung Boot” zum 100. Geburtstag des Schrift- statt, die an die Schließung der Untersuchungs- stellers Arthur Koestler, 3. September Mit einer Veranstaltungsserie erinnerte die haftanstalt in Hohenschönhausen vor 15 2005 Gedenkstätte im Jahr darauf an den Bau der Jahren erinnerte. Die Berliner Bürgermeisterin Berliner Mauer vor 45 Jahren. Im ehemaligen und Justizsenatorin Karin Schubert, die Anfang Konferenzsaal des Gefängnispersonals wurde der 1990er Jahre maßgeblich zum Aufbau am 12. August 2006 ein Theaterstück nach dem rechtsstaatlicher Strukturen in Ostdeutschland Roman von Klaus Kordon "Krokodil im Nacken" beigetragen hatte, sprach über das Ende der uraufgeführt. In dem autobiografischen Roman Haftanstalt vor 15 Jahren. Die ehemalige Bürg- setzt sich der vielfach ausgezeichnete Kinder- errechtlerin Vera Lengsfeld, die 1988 in Hohen- und Jugendbuchautor mit seiner Haftzeit in der schönhausen inhaftiert war und sich zwei Jahre DDR auseinander. Nach einem gescheiterten später als demokratisch gewählte Volkskam- Fluchtversuch war Kordon ein Jahr im Stasi- merabgeordnete für die Belange der Häftlinge Untersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschön- in der DDR engagierte, las anschließend aus hausen. Die Aufführung stand unter der ihrer Autobiografie "Mein Weg zur Freiheit". Auf Schirmherrschaft des Berliner Schulsenators einfühlsame Weise schildert sie darin ihre

Justizsenatorin Karin Schubert (re.) und Klaus Böger. Die Inszenierung der "drehbühne Haftzeit beim Staatssicherheitsdienst. Für das die Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld bei berlin" entstand in Zusammenarbeit mit der musikalische Rahmenprogramm sorgte der der Gedenkveranstaltung “Stasi-Raus -- Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und Musiker Stephan Krawczyk, der ebenfalls in 15 Jahre Schließung der Haftanstalt der Bundeszentrale für politische Bildung. Hohenschönhausen einsaß. Hohenschönhausen”, 15. Januar 2005 Weitere Aufführungen fanden am 13. August Veranstaltungen 27

Auch an den 15. Jahrestag der Erstürmung der wurden die Schüler durch das ehemalige Stasi-Zentrale in der Berliner Normannen- Gefängnis in Berlin-Hohenschönhausen ge- straße erinnerte die Gedenkstätte mit einem führt, in das damals zahlreiche Streikführer und eigenen Programm. Am 14. Januar 2005, dem Demonstranten eingeliefert worden waren. Vortag des Jubiläums, fand eine Sonder- Der SPD-Arbeitskreis ehemaliger politischer führung durch das frühere Sperrgebiet Berlin- Häftlinge der SBZ/DDR, die Frauen-Union Hohenschönhausen statt, in dem früher viele Berlin-Tempelhof und ein Zusammenschluss wichtige Stasi-Abteilungen befanden. Anders ehemals im Zuchthaus Hoheneck inhaftierter als die Zentrale des Staatssicherheitsdienstes Frauen legten im Rosenhof Kränze nieder. wurde der Geheimkomplex 1990 nicht von Buchvorstellung “Orte des Terrors -- Bürgerrechtlern besetzt, so dass viele Spuren GPU-Keller in Berlin” mit Zeitzeugen, 6 verwischt werden konnten. In einer Veranstal- Vorträge und Buchvorstellungen März 2006 tung stellten der Direktor der Gedenkstätte Hubertus Knabe und der Historiker Peter Erler In einer lockeren Reihe führte die Gedenkstätte ein neues Buch über den "verbotenen Stadtteil" auch eine Reihe von Vortragsveranstaltungen vor. Der ehemalige Hohenschönhausen- und Buchvorstellungen durch. Die Stiftung Häftling Mike Fröhnel, der den Mauerfall hinter bemühte sich dabei, über den Kreis der ohne- Gittern erlebt hatte, berichtete, wie sich der hin am Thema Interessierten hinaus auch Men- Sturz der SED-Diktatur auf die DDR-Gefäng- schen anzusprechen, die sich bislang nicht oder nisse auswirkte. nur am Rande damit beschäftigten. Aus diesem Grunde fanden die Veranstaltungen meist in Zum 60. Jahrestag des Kriegsendes veranstal- Kooperation mit anderen Institutionen statt. tete die Gedenkstätte vom 29. April bis zum Die Abendveranstaltungen boten den Besu- 3. Mai 2005 ein internationales Seminar mit chern die Gelegenheit, mit Experten, Buchau- Schülern aus Ungarn, Polen, Tschechien und toren und Zeitzeugen ins Gespräch zu kom- Berlin. Im Rahmen der hochkarätig besetzten men. Veranstaltung diskutierten unter anderem die Schriftsteller Peter Schneider und Inge Am 8. März 2006 fand im Berliner Magnus- Deutschkron mit den angereisten Schülern. Haus eine gut besuchte Buchvorstellung mit Der ehemalige Häftling Horst Jänichen, der anschließendem Zeitzeugengespräch statt. Abschlussdiskussion mit Prof. Dr. Rainer nach dem Ende des Krieges als 15-jähriger vom Unter dem Titel: "Orte des Terrors -- GPU-Keller Eckert, Prof. Dr. Maria Schmidt, Dr. sowjetischen Geheimdienst verhaftet und nach in Berlin" stellte der Historiker Peter Erler eine Henning von Löwis, Prof. Dr. Karol Hohenschönhausen verbracht worden war, Broschüre vor, die erstmals beschreibt, in Sauerland, Dr. Hubertus Knabe (v.l.n.r.) beim internationalen Workshop “Wenn berichtete über seine Erfahrungen. Zum Pro- welchen Berliner Gebäuden sich nach dem das Unrecht verblasst” am 17./18. gramm gehörten auch ein Besuch des ehema- Krieg sowjetische Kellergefängnisse befanden November 2006 ligen Konzentrationslagers Sachsenhausen -- nicht nur in Ost-, sondern bis Juli 1945 auch und eine Führung durch die Gedenkstätte in West-Berlin. Nach dem Ende des Zweiten Berlin-Hohenschönhausen. Weltkrieges hatte die sowjetische Besatzungs- macht über 200 000 deutsche Zivilisten in Haft Ein ähnliches Seminar, allerdings nur für Ber- genommen. Auch in Berlin verschwanden liner Schüler, veranstaltete die Gedenkstätte Tausende in den Gefängnissen und Lagern der am 17. Juni 2005, um an den Volksaufstand in sowjetischen Geheimpolizei. Der Veranstal- der DDR vor 52 Jahren zu erinnern. Zwei Teil- tungsort, an dem heute u.a. Alt-Bundespräsi- nehmer des Aufstandes, Gerhard Kucharzews- dent Richard von Weizsäcker sein Büro hat, war ki und Horst Hertel, berichteten von ihren nicht zufällig gewählt, denn auch das Magnus- damaligen Erlebnissen. Kucharzewski arbeit- Haus war früher ein solches Kellergefängnis. ete im Juni 1953 als Schlosser für das bestreik- Mehrere Zeitzeugen, die in verschiedenen te Reichsbahnausbesserungswerk in Berlin- Berliner Häusern inhaftiert waren, berichteten Friedrichshain und wurde dort nach einer auf der Veranstaltung von ihren Erlebnissen. Denunziation verhaftet. Hertel war als Jugendlicher dabei, wie Demonstranten in Im Anschluss an einen ganztägigen workshop Berlin ein Regierungsauto umstürzten, und über sowjetische Haftorte in Berlin und Bran- Veranstaltung “Justizmorde in der wurde deshalb zu acht Jahren Zuchthaus denburg wurde am 30. Mai 2006 in einer Vor- frühen DDR -- Berliner Opfer des verurteilt. Im Anschluss an die Veranstaltung tragsveranstaltung das in der Öffentlichkeit Stalinismus”, 30. Mai 2006 28 Veranstaltungen

wenig beachtete Thema der politisch derveranstaltungen oder Ausstellungseröff- motivierten Justizmorde in der frühen DDR nungen. Auf diese Weise war es möglich, die behandelt. Die Veranstaltung erinnerte ins- für Nicht-Betroffene nur schwer nachvoll- besondere an Menschen aus Berlin und Bran- ziehbare Erfahrung politischer Verfolgung denburg, die damals hingerichtet wurden. anschaulich zu machen und neue Zielgruppen Sowjetische Militärtribunale (SMT) und ost- anzusprechen. deutsche Gerichte verurteilten insgesamt mehr als 1000 Menschen zum Tode. Eine zentrale Im Sommer 2005 beteiligte sich die Rolle spielten dabei auch die Mitarbeiter des Gedenkstätte erstmals am Internationalen Li- Filmvorführung “Das kurze Leben des Staatssicherheitsdienstes, die die Betroffenen teraturfestival Berlin. Im Rahmen des Festivals Robert Bialek” mit der Regisseurin und häufig ans Messer lieferten. Der Moskauer His- fand am 7. September eine Lesung mit dem DDR-Bürgerrechtlerin Freya Klier, toriker Nikita Petrov und die Berliner Wis- aus Rumänien stammenden Schriftsteller 8. Dezember 2005 senschaftler Frank Drauschke und Falco Richard Wagner statt. Im kommunistischen Werkentin stellten ihre Forschungsergebnisse Ceausescu-Regimes war er jahrelang von der zum Thema vor. Der Zeitzeuge Peer Lange, der Geheimpolizei drangsaliert worden. Nach von einem Militärtribunal zum Tode verurteilt einem Arbeits- und Publikationsverbot reiste er und später begnadigt worden war, berichtete - zusammen mit Herta Müller und weiteren anschließend von seinen Erfahrungen. Die Ver- Autoren - 1987 in die Bundesrepublik aus. Seit- anstaltung fand in Kooperation mit der Koordi- dem lebt er als freier Schriftsteller in Berlin und nationsstelle des Projektverbunds Zeit- erhielt zahlreiche Preise und Literaturstipen- geschichte Berlin-Brandenburg statt. dien. In seinem Roman "Habseligkeiten" beschreibt er die Geschichte einer Familie im Mitarbeiter der Stiftung wurden darüber hinaus rumänischen Banat. Die Eingliederung häufig als Referenten zu Vorträgen und Ver- Rumäniens in den sowjetischen Machtbereich anstaltungen außerhalb der Gedenkstätte ein- bedeutete für die Banater Schwaben eine geladen. Das Spektrum reichte dabei von wis- schroffe Zäsur, in deren Folge die jahrhun- senschaftlichen Fachvorträgen über Seminare dertealte deutschsprachige Kultur fast voll- der politischen Bildung und bis hin zur Teil- ständig ausstarb. 5. Internationales Literaturfestival Berlin nahme an Podiumsdiskussionen und Anhörun- 2005 -- ("Putins Russland" ) mit dem gen. Eine Reihe ehemaliger Häftlinge, die für Unter dem Titel "Das kurze Leben des Robert Schriftsteller Richard Wagner, die Gedenkstätte als Besucherreferenten tätig Bialek" fand am 8. Dezember 2005 eine 7. September 2005 sind, wurde von Schulen oder anderen Einrich- Filmvorführung mit der Regisseurin Freya Klier tungen zu Zeitzeugengesprächen eingeladen. statt. Der Tod des ehemaligen Spitzenfunk- Der Direktor der Gedenkstätte, Dr. Hubertus tionärs des kommunistischen Jugendverban- Knabe, referierte aus Anlass des 50. des FDJ ist bis heute nicht aufgeklärt. Der aus Jahrestages der Kapitulation im Frühjahr 2005 einer sozialdemokratischen Familie stam- mehrfach über den Verlauf des Kriegsendes in mende Bialek wurde 1935 wegen Widerstands Ostdeutschland. Feste und freie Mitarbeiter gegen den Nationalsozialismus zu fünf Jahren der Gedenkstätte bestritten in den vergan- Zuchthaus verurteilt. Nach dem Krieg machte genen beiden Jahren im Bundesgebiet mehr er in der SED Karriere, überwarf sich jedoch mit als dreißig derartige Veranstaltungen, die häu- den Machthabern und flüchtete nach West- fig von der lokalen Presse aufgegriffen wurden. Berlin. Von dort entführte ihn der Staatssicher- heitsdienst, danach verliert sich seine Spur. Die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Freya Klier, die Literatur und Film 1988 in Hohenschönhausen inhaftiert war, hat das kurze Leben des Robert Bialek in einem Die Gedenkstätte hat auch durch verschiedene ergreifenden Dokumentarfilm nachgezeichnet. kulturelle Angebote zur Auseinandersetzung Rund 120 Besucher folgten der Einladung der mit der kommunistischen Diktatur in Ost- Gedenkstätte und der Vertretung des Frei-

Veranstaltung “Tod eines Fussballers” deutschland angeregt. Lesungen und Filmvor- staates Thüringen beim Bund, mit der Autorin aus Anlass der Fußball-Weltmeister- führungen bildeten eine wichtige Ergänzung zu über ein nahezu unbekanntes Stück deutscher schaft mit Dr. Hanns Leske, Dr. Heribert den eher faktenorientierten Vortrags- und Zeitgeschichte zu diskutieren. Schwan, Robert Ide, Mario Weinkauf Diskussionsveranstaltungen. Oftmals waren (v.l.n.r.), 28. Juni 2006 kulturelle Beiträge auch Bestandteil von Son- Aus Anlass der Fußball-Weltmeisterschaft erin- Veranstaltungen 29

nerte die Gedenkstätte am 28. Juni 2006 an organisiert. Neben Vertretern des Bezirks- den ehemaligen Spieler der DDR-Nationalelf amtes und der Bezirksverordnetenversamm- Lutz Eigendorf. Unter dem Titel "Tod eines Fuß- lung nahmen daran in erster Linie ehemalige ballers. Warum die Stasi den ‚Beckenbauer der Häftlinge und ihre Angehörige sowie Vertreter DDR' liquidieren wollte" fand im vollbesetzten der Verfolgtenverbände teil. Abgesandte ein- Saal der Vertretung des Freistaats Thüringen schlägiger Institutionen -- von der Stiftung beim Bund eine Filmvorführung mit an- Aufarbeitung über das Cold War Museum in schließender Podiumsdiskussion statt. Eigen- den USA bis zum Haus am Checkpoint Charlie dorf hatte sich 1979 bei einem Freund- -- waren mit Kränzen vertreten. Die seit zehn schaftsspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern in Jahren durchgeführte Veranstaltung hat Kranzniederlegung anlässlich des die Bundesrepublik abgesetzt. Der Minister für maßgeblich dazu beigetragen, die Erinnerung Volksaufstandes in der DDR am 17. Juni Staatssicherheit befahl daraufhin die Verfol- an die über 800 Toten des Lagers wach zu hal- in der Gedenkstätte Hohenschönhau- gung des "Verräters". Am 7. März 1983 starb der ten. Im Rahmen des Gedenkens sprachen u.a. sen,17. Juni 2006 Fußballer an den Folgen eines schweren der Direktor der Gedenkstätte Hubertus Knabe, Verkehrsunfalls, der vermutlich vom Staats- der ehemalige Lager-Häftling und Gedenkstät- sicherheitsdienst inszeniert worden war. Im tenführer Horst Jänichen sowie die Bezirks- Anschluss an einen Dokumentarfilm von bürgermeisterin Christina Emmrich. Heribert Schwan über den Fall Eigendorf disku- tierte der Autor mit dem Präsidenten des BFC Auch der 17. Juni 2005 war, wie erwähnt, Dynamo, Mario Weinkauf, und dem Politikwis- Anlass für mehrere Kranzniederlegungen in der senschaftler Hanns Leske, Verfasser des Buch- Gedenkstätte, um an die Opfer des Volksauf- es "Erich Mielke, die Stasi und das runde standes zu erinnern. Am 9. November 2005, Leder". Die Veranstaltung fand in Kooperation dem Jahrestag des Mauerfalls, legte der mit der Vertretung des Freistaats Thüringen Bevollmächtigte des Saarlands beim Bund, Jür- beim Bund und dem Tagesspiegel statt. gen Lennartz, einen Kranz am Gedenkstein nieder. Zu den Jahrestagen fanden in beiden Jahren zusätzlich Schülerseminare und Son- Opfergedenken derführungen mit Zeitzeugen statt. Im Novem- ber 2006 legte auch Bundespräsident Horst Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen Köhler einen Kranz nieder. Wegen Bauarbeiten ist nicht nur ein Ort der Information, sondern im Rosenhof musste der Kranz vor einer Zelle Kranzniederlegung im Rosenhof durch auch des Gedenkens und der Trauer. im ehemaligen Kellergefängnis aufgestellt wer- den Bevollmächtigten des Saarlandes Regelmäßig fanden deshalb Gedenkveranstal- den. beim Bund, Jürgen Lennartz, tungen für die Opfer der kommunistischen 11. September 2005 Gewaltherrschaft statt. Sie waren in der Regel mit einer Kranzniederlegung am Gedenkstein verbunden, der nach der Schließung des Gefängnisses im so genannten Rosenhof errichtet wurde. Auf dem nahegelegenen Fried- hof an der Gärtnerstraße befindet sich seit 1998 zudem ein sogenannter DenkOrt, der an die Toten des sowjetischen Speziallagers in Hohenschönhausen erinnert. 1995 und 1999 wurden hier die sterblichen Überreste von 259 Inhaftierten, die in der Nähe des Lager ver- scharrt worden waren, nachbestattet.

Jeweils am 24. Oktober -- dem Tag der Umbet- tung der ersten aufgefunden Gebeine -- fanden auf dem Friedhof Gärtnerstraße feierliche Kranzniederlegungen statt; im Anschluss daran wurde zu einem Empfang eingeladen. Die Ver- Gedenkfeier für die Opfer des sowjeti- anstaltung wurde vom Stadtbezirk Lichtenberg schen Speziallagers auf dem Friedhof Gärtnerstraße in Hohenschönhausen, in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte 24. Oktober 2006 30

Forschung

Es versteht sich von selbst, dass die der einzige feste Wissenschaftlerstelle ist im so Gedenkstätte aufgetragene Vermittlungsarbeit genannten Zeitzeugenbüro angesiedelt, das ein wissenschaftlich gesichertes Grundwis- den Kontakt zu den einst Inhaftierten halten sens voraussetzt. Trotz umfangreicher Be- soll. Drei weitere ursprünglich geplante Stellen mühungen um die Aufarbeitung der politischen wurden bei Gründung der Stiftung aus Justiz in der Sowjetischen Besatzungszone finanziellen Gründen gestrichen. Eine gewisse und der DDR ist die Geschichte des Haftortes Verbesserung der Situation ist nur dem Berlin-Hohenschönhausen jedoch immer noch Umstand zu verdanken, dass der Bund im unzureichend erforscht. Gesicherte Angaben Berichtszeitraum eine halbe Stelle für eine über Geschlecht, Alter und sozialer Herkunft zusätzliche Fachkraft finanziert hat, die mit dem der Gefangenen, über Repressionswellen, Historiker Peter Erler besetzt wurde. Seit dem Haftgründe und Haftzeiten liegen bis heute 1. März 2005 ist er mit 30 Wochenstunden in nicht vor. Die Entwicklung des Haftregimes und der Stiftung beschäftigt und unterstützt die der Vernehmungsmethoden wurden bislang pädagogische Arbeit durch wissenschaftliche ebenso wenig systematisch für alle Perioden Recherchen. untersucht wie sich eine ortsbezogene Täter- forschung entwickelt hätte. Selbst Fragen nach Mangels eigener Forschungskapazitäten baulichen Veränderungen an den Gebäuden musste sich die Gedenkstätte im wesentlichen können vielfach nicht präzise beantwortet wer- darauf beschränken, Quellen zu recherchieren, den. zu erschließen und für die Zukunft zu sichern. Darüber hinaus hat sie über Werkverträge und Die Gedenkstätte hat an dieser Situation nur Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen eine Reihe wenig ändern können. Sie hat zwar den gesetz- kleinerer Forschungsvorhaben gefördert sowie lichen Auftrag, die Geschichte der Haftanstalt verschiedene externe Projekte unterstützt. Hohenschönhausen in den Jahren 1945 bis Forschungsprojekte im Umfeld der 1989 zu erforschen, doch für eine systema- Gedenkstätte wurden, wann immer möglich, tische Forschung fehlt ihr das Personal. Die ideell begleitet und zum Teil durch die Vermitt- Forschung 31

lung von Finanzierungsmöglichkeiten obwohl seit mehreren Jahren Anträge zu über befördert. 250 Personen gestellt und auch die notwendi- gen Einwilligungserklärungen vorgelegt wur- Im Zuge der Quellenrecherchen wurde im den. Berichtszeitraum u.a. im Archiv der Berliner Außenstelle des DRK-Suchdienstes, im Lan- Unbefriedigend blieb auch der Zugang zu den desarchiv Berlin und in den Berliner Heimat- bisher unausgewerteten Beständen des museen Mitte und Spandau nach Unterlagen Untersuchungsausschusses freiheitlicher aus der Zeit der sowjetischen Verwaltung des Juristen (UfJ) und seiner Nachfolgeorganisatio- Haftortes (1945 bis 1951) geforscht. Im Lan- nen (Bestand Gesamtdeutsches Institut - Bun- desarchiv wurden zum Beispiel umfangreiche desanstalt für gesamtdeutsche Aufgaben) im Materialbestände der ostdeutschen Polizei, die Bundesarchiv Berlin. Die umfangreichen bei Verhaftungen durch die sowjetische Ge- Bestände enthalten u. a. die Häftlingskartei des heimpolizei oft als Hilfsorgan fungierte, aus- UfJ, Häftlingsberichte von über zehn laufenden gewertet. Für die Erstellung eines "Toten- Metern, Zeugenaussagen über Gefangene, Ehemaliger Hohenschönhausen-Häftling buches" mit den Namen der verstorbenen Angaben über einzelne Haftanstalten und die Polizeimajor Karl Heinrich Lagerhäftlinge wurde im Sommer 2005 beim Häftlingsaustauschaktionen seit 1964. Für die DRK-Suchdienst in München mit Hilfe einer Erforschung des Haftortes Berlin-Hohenschön- studentischen Hilfskraft in dort lagernden per- hausen sind diese Quellen von großer Bedeu- sonenbezogenen Unterlagen (u.a. Karteikarten tung. Auf den Antrag der Gedenkstätte auf des russischen Geheimdienstes FSB und Akteneinsicht teilte das Bundesarchiv jedoch Anfragen beim Suchdienst) recherchiert. In mit, dass eine systematische Auswertung einer speziellen Datenbank wurden die Daten wegen der Datenschutzbestimmungen nur mit von 573 Verstorbenen erfasst. Sukzessive einer Vollmacht der (meistens unbekannten übersandte Quellenbelege des Suchdienstes oder verstorbenen) Betroffenen möglich sei. wurden gesammelt und mit den bereits vorhandenen Verlegungslisten nach Sachsen- 2005 erfolgte eine intensive Quellenrecherche hausen abgeglichen. zum Lebensweg des Berliner Polizeimajors Karl Heinrich, der, wie erwähnt, am 3. November Über die Zeit zwischen 1951 und 1990, als das 1945 im Speziallager in Berlin-Hohenschön- Sperrgebiet Hohenschönhausen unter MfS- hausen starb. Neben den o.g. Archiven wurden Verwaltung stand, wurden im Archiv der Bun- dafür auch die Polizeihistorische Sammlung desbeauftragten für die Stasi-Unterlagen und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand (BStU) Sachakten eingesehen und konsultiert. Wesentliche Teile der sowjetischen anschließend Kopien bestellt. Hauptsächlich Untersuchungsakte konnten erstmals ausge- handelte es sich dabei um Unterlagen der zen- wertet werden. Die Materialien dienten zur Vor- tralen Ermittlungs- und Gefängnisabteilung bereitung der Gedenkveranstaltung zu seinem (Hauptabteilung IX und Abteilung XIV) sowie 60. Todestag. 2006 entstand daraus ein um Abschlussarbeiten, die an der MfS- umfassendes Manuskript für eine Biographie Hochschule in Potsdam geschrieben wurden. des prominenten Hohenschönhausen- Leider hat sich die unbefriedigende Situation Häftlings. bei der Bereitstellung personenbezogenen Unterlagen im Berichtszeitraum nicht geändert, Eine wichtige Rolle bei der Sicherung his- sondern sogar weiter verschlechtert. Im Okto- torischer Quellen über den Haftort Hohen- ber 2005 wurde der Gedenkstätte mitgeteilt, schönhausen spielt die Erschließung von dass wegen des bevorstehenden Ausschei- Häftlingserinnerungen. Dafür ist das Zeitzeu- dens des bislang zuständigen Mitarbeiters bis genbüro der Gedenkstätte zuständig. Für ehe- auf weiteres keine personenbezogenen malige Häftlinge oder deren Angehörige, die Recherchen mehr durchgeführt werden kön- sich mit Fragen, Hinweisen oder Wünschen an nten. Trotz sofortiger Intervention bei der die Gedenkstätte wenden, fungiert es als erste Behördenleitung kam die Aktenherausgabe Anlaufstelle. Zeitzeugen, die sich melden, wer- erst Ende 2006 wieder in Gang. Kopien von Ver- den gebeten, einen Fragebogen über ihr Mitarbeiterin des Landeskriminalamtes folgungsakten ehemaliger Häftlinge wurden so Schicksal auszufüllen. Das Büro hat die Auf- Berlin bei der Spurensuche in der gut wie überhaupt nicht mehr herausgegeben, gabe, seinerseits Kontakte zu ehemals Gummizelle, 2006 32 Forschung

Inhaftierten aufzunehmen, zu pflegen und ihre suchung. persönliche Haftgeschichte zu dokumentieren. Dazu sammelt es amtliche Unterlagen, per- Für die Erstellung des erwähnten Totenbuches sönliche Haftberichte, Veröffentlichungen, reichte die Gedenkstätte einen Förderantrag Fotos und illustrierende Objekte. bei der Stiftung zur Aufarbeitung der SED ein, der im Dezember 2006 bewilligt wurde. Wegen Das Zeitzeugenbüro führt außerdem Inter- der schwierigen Quellenlage überschreitet das views, die anfangs als Audio-Ton, inzwischen Vorhaben die personellen Möglichkeiten der meist als digitales Video dokumentiert werden. Gedenkstätte. Mit den eingeworbenen Mitteln Aufnahme der Haftanstalt Hohenschön- In den vergangenen beiden Jahren wurden soll eine qualifizierte Hilfskraft die Recherchen hausen, Oktober 1990 mehr als 30 mehrstündige Video-Interviews vor Ort im Archiv des DRK-Suchdienst in mit ehemaligen Gefangenen durchgeführt. 16 München durchführen. davon fertigte der Dokumentarfilmer Dirk Jung- nickel im Auftrag der Gedenkstätte an. Die Die Entwicklung entsprechender Förder- Interviews sollen nach und nach verschriftet anträge ist mit erheblichem Aufwand verbun- werden. Ingesamt liegen zur Zeit rund 220 den, der neben der laufenden Arbeit geleistet Interviews vor, von denen etwa 100 transkri- werden muss. Ob er sich lohnt und der Antrag biert wurden. Sie stehen im Zeitzeugenarchiv bewilligt wird, ist unsicher und hängt oftmals als Quelle für historische Forschungen sowie von Zufällen ab. So fördert die Deutsche als Ausgangsmaterial für Ausstellungen und Forschungsgemeinschaft (DFG) ein For- Publikationen zur Verfügung (vgl. Sammlun- schungsprojekt am Zentrum für Zeithistorische gen). Forschung (ZZF) in Potsdam "MfS-Unter- suchungshaft -- Aufbau und Wandel eines DDR- Im April 2006 gab die Senatskulturverwaltung Repressionsinstrumentes am Beispiel der eine Evaluation der Arbeit des Zeitzeugenbüros Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschön- durch die Fernuniversität Hagen in Auftrag. hausen". Dem Bearbeiter wurde Zugang zu Dabei wurde eine Reihe von fachlichen Proble- allen notwendigen Unterlagen gewährt. Die men sichtbar. Als unbefriedigend wurde auch Förderung eines ähnlichen Vorhabens beim herausgestellt, dass nicht der Direktor der Forschungsverbund SED-Staat der Freien Uni- Gedenkstätte, sondern der Stiftungsratsvor- versität Berlin, an dessen Konzipierung die sitzende Dienstvorgesetzter der Leiterin des Stiftung mitgewirkt hatte, lehnte die DFG indes Zeitzeugenbüros ist. Zusätzlich erschwerte es ab. Forschungsaufruf auf der Homepage der die Situation, dass das Zeitzeugenbüro Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen krankheitsbedingt seit März 2006 nicht mehr Die Gedenkstätte hat sich deshalb bemüht, www.stiftung-hsh.de besetzt war. Nur durch die Abordnung eines Studenten und junge Wissenschaftler zu anderen Mitarbeiters konnte der Betrieb in motivieren, sich selbständig mit dem Haftort dieser Zeit aufrechterhalten werden. Hohenschönhausen und den hier Inhaftierten zu beschäftigen. Zu diesem Zweck findet sich Durch die Mobilisierung externer Ressourcen auf der Homepage ein entsprechender Aufruf hat die Stiftung versucht, eine Verbesserung mit konkreten Themenvorschlägen. Den der Forschungssituation herbeizuführen. So Interessierten wird dort auch eine Unter- wurden bei restauratorischen Untersuchungen stützung durch die Gedenkstätte angeboten. der Wände in den Zellen und Fluren des Aus diesem Angebot hat sich eine regelmäßige Neubaus Einritzungen im Kalkanstrich ent- Beratungstätigkeit entwickelt, die die Stiftung deckt. Die Gedenkstätte veranlasste daraufhin teilweise bereits an ihre personellen Grenzen die Kartierung der Inschriften. Auf Vermittlung brachte (Hilfe bei der Themenfindung, Fachkon- des Berliner Polizeipräsidenten erklärte sich die sultationen, Nutzung der Archivalien und der Abteilung Wissenschaftliche Kriminaltechnik Bibliothek, Vermittlung von Zeitzeugen etc.). beim Landeskriminalamt bereit, die Inschriften Intensiver wurden im Berichtszeitraum jeweils mit den Mitteln professioneller Spuren- ein Dissertationsvorhaben am Zentrum für Zei- sicherung zu dokumentieren und nach thistorische Forschung (ZZF) Potsdam, an der Möglichkeit zu entschlüsseln. Schriftsachver- Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, ständige, Serologen, Physiker und Chemiker an der Technischen Universität Berlin sowie Einritzungen in der Gummizelle: 14 Tage beteiligten sich seit Ende 2006 an der Unter- eine Magisterarbeit an der Freien Universität Forschung 33

Berlin betreut. Stalinistisch Verfolgter (BSV) eine illustrierte Publikation zu diesem Thema herauszugeben. Darüber hinaus unterstützte die Gedenkstätte Einzelne Arbeitsergebnisse wurden im Medienvertreter, Institutionen und Einzelper- Deutschland Archiv und in der Zeitschrift des sonen, die sich mit Anfragen an die Stiftung Forschungsverbundes SED-Staates publiziert. wenden. So wurde dem Hygienemuseum in Die Homepage der Gedenkstätte wurde um 17 Dresden im Zusammenhang mit einer Sonder- Kurzbiographien ehemaliger Häftlinge erwei- ausstellung zum Thema "Schlaf" Material über tert. Schlafentzug als Foltermethode aus dem Zeitzeugenarchiv zur Verfügung gestellt. Für die Darüber hinaus wurde damit begonnen, die vom Bezirk Lichtenberg und der Berliner Kul- Unterlagen des Zeitzeugenbüros für die Arbeit turverwaltung geplante Markierung des ehe- der Gedenkstätte auszuwerten, um Material maligen MfS-Sperrgebietes in Hohenschön- für die Qualifizierung der Führungen und für hausen mit zusätzlichen Informationstafeln zukünftige Ausstellungen zu erarbeiten. Aus schlug die Gedenkstätte 14 Standorte vor, ent- den Texten sollen die oft widersprüchlichen Broschüre über sowjetische Kellerge- warf Erläuterungstexte und begleitete den Angaben zu einzelnen Sachverhalten (Verhaf- fängnisse in Berlin Gestaltungswettbewerb für die Tafeln. tungsgrund, Einlieferung, Haftbedingungen, Vernehmungspraxis etc.) herausgefiltert, quel- Im Rahmen ihrer Möglichkeiten hat die lenkritisch bewertet und in Überblicksdarstel- Gedenkstätte auch den von Berlin und Bran- lungen zu einzelnen Phasen zusammengefasst denburg finanzierten Projektverbund Zeit- werden. Bisher wurden Berichte von rund 40 geschichte unterstützt; ihr Direktor ist Mitglied Gefangenen gesichtet, die im Zeitraum von des wissenschaftlichen Beirates. Für die Arbeit 1951 bis 1960 im "U-Boot" inhaftiert waren. der Stiftung ergaben sich aus dem Verbund, der zur besseren Vernetzung von Gedenkstätten Ein weiteres Dokumentationsprojekt betraf die und Forschung gegründet worden war, bislang statistische Erfassung aller Untersuchungs- keine Vorteile. So hat die Gedenkstätte im häftlinge des MfS in Berlin-Hohenschönhausen August 2005 in Abstimmung mit dem Verbund von 1951 bis Ende Anfang 1990. Dieses einen umfangreichen Förderantrag ("Flucht, Vorhaben ist von besonderer Dringlichkeit, da Ausreise und Inhaftierung in Deutschland. Die bis heute nicht genau bekannt ist, wie viele Verfolgung von Grenzdelikten in der DDR am Häftlinge hier inhaftiert waren. Als Quellen- Beispiel der Untersuchungshaftanstalt Berlin- grundlage dienen Kopien der offiziellen Ein- Karteikarte des sowjetischen Geheim- Hohenschönhausen") vorgelegt und bei der lieferungs- und Abgangslisten. Aufgrund der dienstes (MGB) über einen in Berlin- Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur ein- forschungsfeindlichen Bestimmungen des Hohenschönhausen verstorbenen gereicht; der Antrag wurde jedoch abgelehnt. Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG) wurden die Internierungslagerhäftlings, 1950 Zwar konnte eine junge Wissenschaftlerin Listen durch die BStU alle anonymisiert. dafür gewonnen werden, das Thema zum Wegen der Schwärzung der Namen ist lediglich Gegenstand ihrer Dissertation zu machen, eine zahlenmäßige Erfassung möglich, doch ihr Antrag auf ein Promotionsstipendium während genauere biographische Angaben wurde von der Stiftung Aufarbeitung inzwis- (Alter, Geschlecht, Nationalität) nicht fest- chen ebenfalls abgelehnt. gestellt werden können. Bei einer Anhörung zur Novellierung des StUG im Oktober 2006 hat Die Möglichkeiten zu eigenständiger sich der Direktor der Gedenkstätte, Hubertus Forschung sind angesichts der gegebenen Knabe, deshalb für eine Lockerung der gesetz- Voraussetzungen gering. In Zusammenarbeit lichen Vorschriften eingesetzt. Nachdem der mit Nikita Petrov von der Moskauer Men- Bundestag diesem Vorschlag gefolgt ist, kann schenrechtsorganisation Memorial setzte die die Gedenkstätte in Zukunft auch Gedenkstätte die Erfassung und Erforschung ungeschwärzte Listen auswerten, erhält aller- der sowjetischen Arrestlokale und Unter- dings keine Kopien davon. suchungsgefängnisse in Berlin fort. Mittler- weile konnte die Existenz von über 80 so Zur Beförderung des wissenschaftlichen Aus- genannten GPU-Kellern eruiert werden. Von 30 tausches veranstalteten die Gedenkstätte Dr. Gunther Dilling (re.), ehemaliger Gebäuden wurden Fotos aufgenommen. Es ist Berlin-Hohenschönhausen, das Zentrum für Häftling (Streikführer 1953) bei er vorgesehen, gemeinsam mit dem Bund Zeithistorische Forschung Potsdam und die Erläuterung des Sperrgebietes, 2005 34 Forschung

Koordinationsstelle des Projektverbundes Zeit- geschichte Berlin-Brandenburg am 30. Mai 2006 einen internationalen Workshop zum Thema "Haftorte in der sowjetischen Besatzungszeit". Auf der eintägigen Konferenz diskutierten russische und deutsche Historiker, Mitarbeiter von Gedenkstätten und Vertreter von Aufarbeitungsinitiativen den aktuellen Forschungsstand, wiesen auf vorhandene Desiderate hin und berieten über Schwerpunk- te der künftigen Arbeit.

Russisches Verhörprotokoll des ehemali- gen Hohenschönhausenhäftlings Klaus Skillas 35

Fachgerechte Aufbewahrung von Sammlungsobjekten

Sammlungen

Zur Erfüllung des Stiftungszwecks unterhält die ihrer Gründung auch zahlreiche auf dem Gedenkstätte eine Reihe von Sammlungen und Gelände befindliche Gegenstände überlassen. Archiven. Darin werden unterschiedliche Mate- Dazu gehörten insbesondere Kleidung, rialien gesammelt, die über die Geschichte des Geschirr, Küchengeräte, Möbel und diverse Haftortes Berlin-Hohenschönhausen und das technische Apparaturen (Telefone, System der politischen Justiz in der DDR Überwachungskameras etc.) aus dem Gefäng- Auskunft geben. Die Materialien werden nach nisbetrieb. Ein erheblicher Teil musste 2001 Maßgabe der personellen und finanziellen aufgrund von Bauarbeiten ausgelagert werden. Möglichkeiten der Gedenkstätte erschlossen Ein anderer Teil, der nach der Übernahme des und für verschiedene Nutzungen zugänglich Gefängnisses durch die Senatsverwaltung für gemacht. Justiz in die Justizvollzugsanstalt Plötzensee verbracht worden war, kehrte im Frühjahr 2003 Der größte Bestand ist die Objektsammlung, in zurück. Darüber hinaus wurden der der zahlreiche Gegenstände aus dem Bereich Gedenkstätte immer wieder Erin- der Untersuchungshaft und angrenzenden The- nerungsstücke von ehemals Inhaftierten men aufbewahrt werden. Darüber hinaus ver- übergeben. Schließlich hat die Stiftung selber fügt die Gedenkstätte über ein Fotoarchiv, ein in bescheidenem Maße historische Gegen- Zeitzeugenarchiv und ein Dokumentenarchiv. stände angekauft oder anderweitig beschafft. Schließlich gehören eine Bibliothek und eine All diese Objekte geben auf anschauliche Mediathek zur Ausstattung. Die verschiedenen Weise Auskunft über das kommunistische Sammlungen wurden im Berichtszeitraum Haftregime und sind insbesondere für künftige weiter ausgebaut und über moderne Daten- Ausstellungen von hohem Wert. banken erschlossen. Im Berichtszeitraum ist die Sammlung muse- aler Objekte entsprechend weiter angewach- Objektsammlung sen. Die Sammlung von Zellentüren wurde ausgebaut, so dass die Stiftung mittlerweile Neben den Gebäuden der einstigen Unter- über Exponate aus nahezu allen größeren suchungshaftanstalt bekam die Stiftung bei DDR-Gefängnissen verfügt. Neuzugänge gab 36 Sammlungen

es vor allem durch ehemalige Häftlinge oder Bei einem Gang durch die provisorischen De- deren Angehörige, die der Stiftung mit der pots wird spürbar, dass vielen Gegenständen Haftzeit verbundene Gegenstände zur Verfü- eine besondere Aura anhaftet. Mit dem allmäh- gung stellten. So übergab der Sohn eines La- lichen Verschwinden von dreidimensionalen gerhäftlings der Gedenkstätte kleine Schmuck- Objekten, die anderswo an das System der gegenstände aus Metall, die der Vater heimlich politischen Justiz in der DDR erinnern, wird der im sowjetischen Arbeitslager angefertigt hatte. Wert der Sammlung in den nächsten Jahren Ein anderer Angehöriger schenkte der weiter zunehmen. Gedenkstätte den Nachlass seines Vaters, der Schmuckgegenstände aus Metall, in den 1950er Jahren im Zuchthaus Bautzen Die Pflege der Sammlung, einschließlich der angefertigt in sowjetischer Gefangen- und im Lager X in Berlin-Hohenschönhausen fachgerechten Lagerung, Restaurierung sowie schaft inhaftiert war. Dazu gehört u.a. ein Photo- Inventarisierung der Objekte, ist mit einem album, ein während der Haftzeit benutzter erheblichen Aufwand verbunden. So musste Stoffbeutel sowie eine Korrespondenz aus 96 die Gedenkstätte in den Erhalt einzelner Objek- Briefen, die während des Strafvollzugs zwi- te zum Teil umfangreiche Mittel investieren. schen dem Häftling und seiner Frau entstanden Allein die Restaurierung des Gefangenen- war. Der SED-kritische Liedermacher Salli Sall- Barkas kostete mehr als 10 000 Euro. Noch mann stellte der Stiftung einen Original-DDR- teurer war die Errichtung eines Schutzdaches Jugendmodeanzug zur Verfügung, den er 1977 über dem Gefangenensammeltransportwag- aus den Effekten der Haftanstalt erhalten hatte. gon (GSTW). Dieses war erforderlich, um den Da man ihn während seiner Armeezeit ver- Waggon vor stehender Nässe und direkter haftet hatte, aber nicht in Uniform in die Bun- Sonneneinstrahlung zu schützen. Nach der desrepublik ausreisen lassen wollte, war er bei Überführung und Restaurierung des Fahrzeugs seiner Entlassung damit eingekleidet worden. war der im Mai 2006 erfolgte Dachbau der Der Ost-Berliner Rechtsanwalt Wolfgang Vogel letzte Schritt für den Erhalt dieses einmaligen übergab als Dauerleihgabe das Schild seiner Großobjektes. Um die zahlreichen Objekte Anwaltskanzlei und eine Tasche, in der er lagern zu können, hat die Gedenkstätte in während der von ihm betreuten Freikaufaktio- Gesprächen mit der Senatsverwaltung für nen die Akten der Häftlinge transportiert hatte. Stadtentwicklung erreicht, dass diese 2007 im Keller des Vernehmertraktes entsprechende Ankunft des restaurierten Orginal-DDR-, In besonderer Weise machte sich der frühere Depots fertiggestellt. Gefangenentransporter Barkas 1000, Hohenschönhausen-Häftling Mike Fröhnel bei Dezember 2006 der Beschaffung von Gegenständen aus dem Alle Objekte werden über eine spezielle Daten- DDR-Haftalltag verdient. Zahlreiche Objekte im bank erschlossen. Die Verzeichnung ist eine Bestand der Sammlung sind ihm zu verdanken. unverzichtbare Vorarbeit für alle künftigen Im Frühjahr 2006 machte er nach langem Nutzungen. Jeder einzelne Gegenstand muss Suchen auch einen Original-Gefangenentrans- dafür mit einer Inventarnummer versehen wer- portwagens vom Typ Barkas 1000 ausfindig. den, wodurch er als Eigentum der Das stark heruntergekommene Fahrzeug, das Gedenkstätte ausgewiesen ist und jederzeit die Gedenkstätte mit Hilfe des Fördervereins identifiziert werden kann. In der Datenbank erwerben konnte, wurde im Berichtszeitraum werden die Exponate dann unter Nennung des fachgerecht restauriert und anschließend in der Standorts und unter Einbindung einer digitalen einstigen Schleuse aufgestellt. 2005 hatte die Fotografie verzeichnet. Da ein Objekt ohne Gedenkstätte bereits ein ähnliches Fahrzeug Informationen über seinen Ursprung und rekonstruieren lassen, damit die Besucher seinen Verwendungszweck weitgehend wert- einen möglichst authentischen Eindruck von los ist, müssen zusätzliche Angaben zur der Häftlingseinlieferung bekommen. Dieser Herkunft und Bedeutung mit aufgenommen zweite Wagen steht nun für Straßenaktionen, werden. Bei vielen Objekten sind dazu Filmaufnahmen oder pädagogische Projekte aufwändige Recherchen erforderlich. zur Verfügung. Schließlich werden die Objekte bestimmten Objekt- und Sammlungsbereichen zugeordnet Errichtung des Schutzdaches für den Die Gedenkstätte verfügt damit über die bun- und verschlagwortet. Auf diese Weise ist es Gefangenensammeltransportwaggon desweit vermutlich größte Sammlung von möglich, zielgenaue Recherchen durch- (GSTW), 2006 Exponaten zum Haftregime in Ostdeutschland. zuführen und ohne großen Aufwand geeignete 37 Sammlungen 37

Exponate aus dem Bestand herauszufiltern. gen), Vitrinen mit ausgewählten Exponaten Wie alle Datenbanken der Stiftung ist die aufgestellt. Zudem kamen die Objekte bei der Objektdatenbank von allen wichtigen Arbeits- Ausstattung des musealen Rundgangs zum plätzen einsehbar, was bei Recherchen eine Einsatz. Im künftigen Info-Center ist dann ein erhebliche Zeitersparnis bedeutet. größerer Ausschnitt aus der Sammlung zu sehen. Aufgrund der geringen Personalausstattung mussten für die Erfassung der Objekte stu- dentische Hilfskräfte eingesetzt werden. Vor Fotoarchiv allem im Haftkrankenhaus und in den beiden Selbstgefertigtes Messer und Löffel des Gefängnisküchen, die sich teilweise in einem Die Gedenkstätte verfügt über ein umfang- Hohenschönhausen-Häftlings Hermann chaotischem Zustand befanden, wurde der reiches Fotoarchiv, das in den letzten Jahren Becker aus einem sowjetischen Arbeits- Bestand geordnet, gesichert und inventarisiert. erheblich ausgebaut wurde. Es setzt sich aus lager Die exakte Bestimmung der Laborausrüstun- einem physischen und einem elektronischen gen und medizintechnischen Geräte war oft- Archiv zusammen. Ein großer Bestand an mals nicht einfach. Auch Fundstücke, die Fotografien existiert zudem über die von der während der laufenden Bauarbeiten gefunden Gedenkstätte gesammelten Objekte (vgl. wurden, hat die Gedenkstätte erfasst. Das- Objektsammlung). selbe gilt für Objekte ehemaliger Häftlinge, die diese der Stiftung überließen. Im Berichts- Das physische Archiv umfasst über 1000 zeitraum erhöhte sich die Zahl der Datensätze Fotografien. Dabei handelt es sich unter dadurch von 3500 auf 4600 -- ein Zuwachs von anderem um historisch wertvolle Innen- und mehr als 30 Prozent. Die Zahl der erfassten Außenaufnahmen des Haftortes, die diverse Objekte liegt aber noch höher, da bei gleichen Ansichten und Details zum Inhalt haben. Die Objekten (z.B. Pipetten) jeweils nur ein Daten- meisten dieser Fotografien stammen aus der satz angelegt wird. Wegen des Umfangs der Zeit unmittelbar nach Schließung der Haft- Sammlung werden die Inventarisierungsarbeit- anstalt. Aufgrund der strengen Abschirmung en noch geraume Zeit in Anspruch nehmen. liegen dagegen so gut wie keine Bilder vor, die über den Haftalltag der Gefangenen Auskunft In der praktischen Arbeit hat die Datenbank geben. Trotz entsprechender Recherchen konn- Schulungsfoto des Staatssicherheits- bereits vielfach Früchte getragen. Bei der ten im Berichtszeitraum kaum neue Aufnah- dienstes Ausstattung des erwähnten Info-Centers und men vom früheren Zustand des Haftortes aus- der geplanten Wanderausstellung konnten auf findig gemacht werden. Die vorhandenen diese Weise systematisch passende Objekte Fotografien wurden digitalisiert und im elektro- ermittelt werden. Auch für die beiden Theater- nischen Fotoarchiv abgespeichert. projekte "Das Verhör" und "Krokodil im Nacken" erwies sich die digitale Suche nach his- Das elektronische Archiv umfasst mittlerweile torischen Ausstattungsgegenständen als über 7100 Bildmedien. Dazu gehören auch außerordentlich hilfreich. Da die Gedenkstätte zahlreiche Fotografien, die die Arbeit der Ge- zudem immer wieder Leihanfragen von außen denkstätte dokumentieren. So wurden von erhielt, konnte die Suche nach Objekten und nahezu allen Veranstaltungen, Ausstellungen die Registrierung ihrer Ausleihe mit der Daten- und prominenten Besuchern digitale Aufnah- bank erheblich vereinfacht werden. Die men angefertigt. Bis Ende 2006 nahm der Be- Abwicklung des Leihverkehrs ist zwar mit stand um über 5000 Einheiten zu. Technische einigem Aufwand verbunden, doch die Auslei- Probleme und fehlende personelle Kapazitäten he stellt eine gute Möglichkeit dar, auch anders- führten dazu, dass die geplante Erschließung wo auf die Arbeit der Gedenkstätte aufmerk- mit einer speziellen Archivierungssoftware sam zu machen. noch nicht vollständig abgeschlossen werden konnte. Auch das Bildmaterial, das im Zeitzeu- Solange die geplante Dauerausstellung in der genarchiv bei den Unterlagen ehemaliger Gedenkstätte nicht realisiert wird, kann den Häftlinge archiviert ist, muss noch erfasst wer- Besuchern allerdings nur ein kleiner Teil der den. Umstrukturierung und Einordnung der Objektsammlung gezeigt werden. In drei Räu- physischen Fotos in die neuen Aufbe- men wurden, wie erwähnt (vgl. Ausstellun- Eine Reihe von Fotografen bat die wahrungskartoons, 2005 38 Sammlungen

Gedenkstätte um Genehmigung, umfang- neben historischen Unterlagen auch der Kon- reichere Fotoserien anzufertigen. Im Regelfall takt zur Gedenkstätte sowie eventuelle Veröf- wurde diesen Anträgen nach einer Einzelfall- fentlichungen dokumentiert werden. prüfung zugestimmt; sachfremde Anträge, zum Beispiel zur Anfertigung von Modefo- Im Berichtszeitraum wurde die Sammlung per- tografien, wurden hingegen abgelehnt. Die sonenbezogener Unterlagen auf das in Hohen- Gedenkstätte hat sich in der Regel ausbedun- schönhausen beschäftigte Dienstpersonal aus- gen, dass sie Belegexemplare erhält und die geweitet. Zu diesem Zweck beantragte die angefertigten Fotografien für Bildungszwecke Gedenkstätte bei der Stasi-Akten-Behörde die kostenlos nutzen darf. Herausgabe der Kaderakten der Mitarbeiter der MfS-Vernehmerabteilung. Auch die Doktor- Das Fotoarchiv kann nach vorheriger Termin- und Diplomarbeiten mit Bezug zum Haftort vereinbarung auch von Außenstehenden Hohenschönhausen wurden angefordert. Bis- Jugendmodeanzug des ehemaligen genutzt werden. Bilddateien können nach lang wurde der Gedenkstätte jedoch nur ein Häftlings Salli Sallmann Klärung der Rechte und gegebenenfalls kleiner Teil der beantragten Unterlagen heraus- entsprechenden Honorarabsprachen in den gegeben. gängigen Formaten zur weiteren Bearbeitung auch elektronisch versandt werden. Insbeson- Da der Gedenkstätte dafür das Personal fehlt, dere bei Recherchen für Presseveröffentlichun- konnten die personenbezogenen Bestände bis- gen, Bildvorträge, Publikationen und lang nicht professionell erschlossen werden. Forschungsvorhaben leistete das Fotoarchiv Insbesondere auf eine Verschlagwortung und hilfreiche Dienste. die Wiedergabe des Akteninhalts musste verzichtet werden. Die Ablage der Unterlagen erfolgte überwiegend durch Praktikanten oder Zeitzeugenarchiv andere Hilfskräfte. Die Bestände sind aller- dings in einer Datenbank erfasst, die die Für die Archivierung und Erschließung per- wichtigsten Angaben zu den erfassten Person- sonenbezogener Unterlagen ist das Zeitzeu- en enthält. Dadurch sind personenbezogene genarchiv zuständig; es ist dem Zeitzeugen- Recherchen vergleichsweise schnell und ein- büro der Gedenkstätte angeschlossen. Die fach durchzuführen. Über die Datenbank kön- Sammlung umfasst Fragebögen, Interviews, nen auch mehr als 100 transkribierte Inter- Aktenauszüge, Erinnerungsberichte, Briefe, views von jedem Intranet-Arbeitsplatz aus Börse vom Workuta-Häftling Edith Schulz Fotos, Rehabilitierungsunterlagen, Veröffent- abgerufen werden. mit aufgestickter Inschrift außen und lichungen und weitere Dokumente zu etwa Nachricht auf dem Innenfutter, 1500 Personen. Neben den transkribierten Entsprechend der Ausweitung des Samm- "Spatz te quter o ganz unsagbar!" Interviews mit ehemaligen Gefangenen sind lungsgegenstandes wurde die so genannte insbesondere die Auszüge aus den Unter- Zeitzeugendatenbank im Juli 2005 erweitert suchungsvorgängen des Staatssicherheits- und in Personendatenbank umbenannt. Sie dienstes von Bedeutung, die der Gedenkstätte umfasst nun auch ehemalige MfS-Mitarbeiter, von den Betroffenen überlassen wurden. Häftlinge anderer Haftanstalten, Angehörige Durch den Kontakt zu ehemaligen Gefangenen von Inhaftierten und ähnliche Personengrup- oder deren Angehörigen hat die Stiftung aus pen. Zugleich wurde die Eingabetätigkeit er- Privatbesitz zahlreiche Archivalien, zumeist in heblich verstärkt. Die Zahl der Datensätze Kopie, erhalten. Mitunter wurden der Stiftung wuchs im Berichtszeitraum von gut 1000 auf auch Originaldokumente, Gegenstände und mehr als 25 000 an. Alle Angaben von ehema- Nachlässe aus dem Familienbesitz übereignet. ligen Häftlingen und deren Angehörigen, die Der Sohn eines Lagerhäftlings übergab zum das Zeitzeugenbüro der Gedenkstätte kontak- Beispiel Kopien russischsprachiger Verhörpro- tiert haben, wurden darin erfasst -- gegenwär- tokolle, Fotos und sieben Kassiber, die sein tig gut 1000 Datensätze. Darüber hinaus wurde Vater im Juni 1945 aus dem Kellergefängnis der damit begonnen, die Angaben in der Daten- sowjetischen Geheimpolizei in der Große bank mit den Unterlagen des Zeitzeugenbüros Seestraße/Ecke Lemgoer Straße in Berlin- abzugleichen. Fehlerhafte oder unvollständige Selbstangefertigte Brosche mit Bildern Weißensee schmuggeln konnte. Zu jedem Einträge wurden ergänzt, berichtigt, aktual- des Kindes (li.) und der Ehefrau (re.) Zeitzeugen wird eine Akte geführt, in der isiert und gegebenenfalls neu vorgenommen. Sammlungen 39

Zudem wurden zahlreiche Personen neu reg- Datenbank verzeichnet. istriert, die in veröffentlichten und unveröf- fentlichten Quellen als Gefangene (über 1300) In der Prozessdatenbank kann nach Gerichts- oder MfS-Mitarbeiter (965) am Haftstandort terminen, Gerichtsstandorten, Gerichtsarten, Berlin-Hohenschönhausen ausgewiesen sind. Angeklagten, Richtern, Anklägern und Verteidi- Ein erheblicher Fortschritt konnte bei der gern recherchiert werden. Auch Anklagepunk- namentlichen Registrierung der Insassen des te, Verurteilungsparagraphen und Strafhöhen sowjetischen Speziallagers und des benach- können als Suchkriterium eingegeben werden. barten kleinen Haftarbeitslagers erreicht wer- Registriert sind ferner Hinweise auf den je- den. Durch Auswertung der handschriftlich und weiligen Haftort in Hohenschönhausen (Unter- Früheres Praxisschild des Rechtsanwal- in kyrillischer Schrift abgefassten Transportlis- suchungsgefängnis, Lager X oder Haftkranken- tes und DDR-Chefunterhändler Wolfgang ten von und nach Hohenschönhausen konnten haus), auf Einflussnahmen oberster SED- Vogel über 20 000 neue Datensätze in die Personen- Gremien, auf Veröffentlichungen in den Medien datenbank eingegeben werden. Die Gedenk- (Zeitungsberichte, DDR-Dokumentarfilme, Ver- tätte kann dadurch vergleichsweise einfach öffentlichungen des Obersten Gerichts) sowie Anfragen von Angehörigen nach dem Verbleib auf Darstellungen in anderen Publikationen. einzelner Personen beantworten. Großzügig Die Prozessdatenbank ist mit der Personen- unterstützt wurde die Datenerhebung von der datenbank verknüpft, so dass auch die Berliner Außenstelle des DRK-Suchdienstes, Bestände des Zeitzeugenarchivs mit abgefragt die ihr Archiv für Recherchen zur Verfügung werden können. stellte und die Anfertigung von Kopien ermöglichte; bislang wurden dort 152 Die Materialien des Zeitzeugenarchivs dienen Aktenordner gesichtet. Nach Abschluss der der Gedenkstätte vor allem als Grundlage für laufenden Arbeiten verfügt die Gedenkstätte künftige Forschungen, Publikationen und über eine komplette Dokumentation aller Ausstellungen. Sie kamen aber auch bei der Häftlingsbewegungen zwischen den beiden Beantwortung von Anfragen verschiedener Lagern in Hohenschönhausen und den anderen Landesämter bei der Klärung von Renten- Speziallagern in der SBZ von 1945 bis 1949. ansprüchen und Wiedergutmachungsforderun- gen zum Einsatz. Unter Berücksichtigung des Neben der Personendatenbank wurde im Datenschutzes wurden sie auch externen Wis- Herbst 2005 noch eine so genannte Prozess- senschaftlern, Journalisten, Pädagogen und datenbank eingerichtet. Sie enthält Angaben zu anderen Interessierten zur Verfügung gestellt, Abhöranlage der Staatssicherheit zur ca. 3300 politischen Prozessen, die in der DDR die sich mit dem System der politischen Justiz Bespitzelung der Gefangenen in MfS- zwischen Oktober 1949 und Oktober 1989 in der DDR befassten. Gefängnissen stattfanden. Die Angaben beruhen auf Veröf- fentlichungen, Angaben des Zeitzeugenbüros und weiteren zugänglichen Quellen. Nach Dokumentenarchiv heutigem Erkenntnisstand sind in der Daten- bank sämtliche Prozesse mit prominenten Neben dem Zeitzeugenarchiv führt die Angeklagten, nahezu alle erstinstanzlichen Ver- Gedenkstätte noch ein Dokumentenarchiv, in fahren vor dem Obersten Gericht sowie jeder dem Sachakten über den Haftort Hohenschön- Prozess, der mit einem Todesurteil endete, hausen gesammelt und erschlossen werden. verzeichnet. Weitere Schwerpunkte bilden Das Spektrum der hier archivierten Dokumente Prozesse gegen Teilnehmer des Volksauf- reicht von der so genannten Haftraumordnung standes im Juni 1953, Mitglieder der CDU, Stu- mit genauen Verhaltensregeln für Inhaftierte denten, Zeugen Jehovas, Mitarbeiter des Ost- über Schulungsmaterial für Gefängnisbedien- büros der SPD, der Kampfgruppe gegen stete bis hin zu Unterlagen über Baumaßnah- Unmenschlichkeit (KgU) und des Unter- men in der Haftanstalt. Der Bestand setzt sich suchungsausschusses freiheitlicher Juristen überwiegend aus Kopien von Akten des Minis- (UfJ), vermeintliche und tatsächliche Spione, teriums für Staatssicherheit (MfS) zusammen, Bürgerrechtler, Fluchtwillige und kriminalisierte die die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unter- Ausreisewillige. Auch Prozesse gegen NS- lagen (BStU) zur Verfügung gestellt hat. In Postkarte von der Zeitzeugin Irmgard Täter, die ab etwa 1965 nur noch in Hohen- geringerem Umfang sind auch Kopien aus Nitz aus russischer Gefangenschaft, 16. schönhausen eingesessen haben, sind in der anderen Archiven abgelegt, etwa aus dem Bun- September 1954 40 Sammlungen

desarchiv, dem Berliner Landesarchiv, dem antiquarisch verfügbare Bücher. Wie in den Archiv für soziale Demokratie und dem Jahren zuvor konnten zudem wieder Dubletten Bauarchiv des Bezirks Lichtenberg. aus der Bibliothek der Stiftung Aufarbeitung und anderen Einrichtungen kostenlos über- Das Dokumentenarchiv konnte im Berichts- nommen werden. Weitere Schenkungen erfol- zeitraum trotz der erwähnten Schwierigkeiten gten durch ehemalige politische Häftlinge, ins- bei der Aktenherausgabe durch die BStU um besondere durch den Journalisten Dieter mehrere Hundert Blatt Kopien aus Akten des Rieke. Er überließ der Stiftung eine Sammlung Staatssicherheitsdienstes erweitert werden. mit mehr als 300 Titeln. Insgesamt wurden im Kennzeichung der Bibliotheksbestände Neu hinzu kamen insbesondere Dissertationen Berichtszeitraum für mehr als 7000 Euro Büch- der Gedenkstätte durch Folierung und Diplomarbeiten ehemals in Hohenschön- er oder Zeitschriften angeschafft und über 1000 hausen beschäftigter MfS-Mitarbeiter. Der Titel neu verzeichnet. Zugleich wurde zweimal Aktenbestand ist dadurch auf etwa zehn eine umfassende Inventur vorgenommen. laufende Regalmeter angewachsen. Die Unter- lagen wurden von Hilfskräften nach Personen, Aufgrund fehlenden Personals, der abgelege- Sachverhalten und Institutionen verschlag- nen Lage der Gedenkstätte und der Existenz wortet und in einer eigenen Datenbank erfasst. ähnlich ausgerichteter Bibliotheken im Zentrum Die Zahl der Datensätze erhöhte sich dadurch Berlins arbeitet die Bibliothek nicht als Leih-, im Berichtszeitraum von 650 auf 875 Einträge. sondern als Präsenzbibliothek. Sie dient vor Die Dokumentendatenbank ist von jedem allem der Arbeit und der Qualifizierung der fes- wichtigen Arbeitsplatz abrufbar und wurde ten und freien Mitarbeiter, kann aber auch von auch von externen Wissenschaftlern für anderen Interessierten und bei Seminaren oder Recherchen genutzt. Projekttagen genutzt werden. Der Buchbe- stand ist in einer elektronischen Datenbank erfasst. Die Nutzer können sich vor Ort über Bibliothek alle Titel durch eine übersichtliche Eingabe- maske informieren. Die Datenbank ist von allen In der zweiten Etage des Hauptgebäudes ver- vernetzten Arbeitsplätzen in der Gedenkstätte fügt die Gedenkstätte über eine gut ausgestat- aus nutzbar, was bei Recherchen eine erheb- tete Fachbibliothek. Schwerpunkte des Be- liche Zeitersparnis bedeutet. Die Zahl der Ein- standes bilden Darstellungen und Unter- träge stieg im Berichtszeitraum von 4300 auf suchungen zum Haftort Hohenschönhausen, über 5400. Mehr als zwei Drittel der Bücher zur Geschichte der politischen Justiz in der wurden elektronisch verschlagwortet. Un- Neuerscheinung aus dem Bestand der DDR, zu Opposition und Widerstand sowie zur gelöst ist nach wie vor das Problem der gerin- Bibliothek Tätigkeit des Ministeriums für Staatssicherheit. gen Tragfähigkeit der Decken im Hauptge- Ein besonderer Stellenwert kommt biograf- bäude, die eine Aufstellung der Bücher nur an ischen und autobiografischen Schriften über den Zimmerwänden erlaubt. Ein umfang- ehemals in Hohenschönhausen Inhaftierte zu. reicher Bestand aus älteren Veröffentlichungen Zunehmend zählen Darstellungen zur DDR- sowie überwiegend propagandistischen Titeln Geschichte, zur Nachkriegsentwicklung in aus der DDR muss deshalb in Nebenräumen Deutschland sowie zu den Ost-West-Beziehun- aufbewahrt werden. gen zum Bestand. Darüber hinaus sammelt die Bibliothek aber auch grundlegende Werke über Die Bibliothek steht den Nutzern von Montag das Phänomen politischer Verfolgung in bis Freitag zwischen 10 und 16 Uhr zur Verfü- anderen Diktaturen, insbesondere in der gung. Neuerscheinungen und aktuelle Zeit- Sowjetunion, in Osteuropa und im National- schriften werden an herausgehobener Stelle sozialismus. Fachliteratur zur Gedenkstättenar- präsentiert. Ein Computer-Arbeitsplatz und ein beit und allgemeine Nachschlagewerke vervoll- Besprechungstisch erlauben weitergehende ständigen die Bibliothek. Nutzungen, zum Beispiel für die Arbeit in Klein- gruppen. Nutzer und Interessierte können dort Seit Gründung der Stiftung wurde die Biblio- nicht nur in den Bibliotheks- und Media-theks- thek laufend um einschlägige Publikationen Datenbanken der Gedenkstätte suchen, son- erweitert. Erworben wurden nicht nur Neuer- dern auch im Internet recherchieren oder Film- Bibliothek der Gedenkstätte scheinungen, sondern auch ältere, nur noch und Tondokumente abspielen. 41 Sammlungen 41

Mediathek mentieren sie den Prozess der öffentlichen Aufarbeitung nach dem Ende der SED-Diktatur. Die Gedenkstätte verfügt über eine eigene Vor allem aber stehen sie für Seminare, Ver- Mediathek mit über 700 Ton- und Bildträgern anstaltungen und Recherchen nach Bild- und zum Themenkreis DDR-Geschichte und polit- Tonmaterial, beispielsweise für Ausstellungs- ische Verfolgung in der kommunistischen Dik- zwecke, zur Verfügung. tatur. In den vergangenen beiden Jahren kamen mehr als 200 Medieneinheiten neu Die Ton- und Bildträger bestehen aus den hinzu. Zum Bestand gehören u.a. Dokumenta- gängigen Formaten DVD, CD-Rom, VHS und tionen über einschlägige geschichtliche Audio-Kassetten. Aufgrund der besseren Halt- Blick in die Mediethek der Gedenkstätte Ereignisse, Zeitzeugenberichte, themenbezo- barkeit werden die VHS- und Audiokassetten gene Spielfilme und Diskussionsrunden sowie sukzessive auf CD und DVD überspielt. Fernsehberichte über das MfS und die SED- Sämtliche Medien sind in einer elektronischen Diktatur. Ein erheblicher Teil der Neuzugänge Datenbank erfasst, so dass Recherchen von basierte auf der Ablieferungspflicht von allen Intranet-Arbeitsplätzen der Gedenkstätte Fernsehsendern und Produktionsfirmen, die in aus möglich sind. In der Mediathek steht auch der Gedenkstätte eine Drehgenehmigung die notwendige Technik zur Verfügung, damit beantragt hatten. Darüber hinaus wurden durch Mitarbeiter und Referenten die Beiträge eigene Medienbeobachtung einschlägige auswerten oder Veranstaltungen und Seminare Filme im Fernsehen aufgezeichnet. Zudem vorbereiten können. Interessierte Besucher, wurden die Mitschnitte von Veranstaltungen Lehrer und Schüler können die Mediathek nach der Gedenkstätte (Ausstellungseröffnungen, vorheriger Terminabsprache von Montag bis Lesungen, Gedenkveranstaltungen, Lange Freitag zwischen 10 und 16 Uhr nutzen. Nacht der Museen etc.) auf DVD gebrannt. Die ehemaligen Hohenschönhausen-Häftlinge Dieter Rieke und Dieter von Wichmann über- ließen der Gedenkstätte etwa 130 Videokas- setten, die nach und nach auf DVD überspielt werden. Filmbeitrag mit dem ehemaligen Hohenschönhausenhäftling Matthias Zu den herausragenden neuen Titeln gehört Melster auf den 55. Internationalen zum Beispiel der Dokumentarfilm "Der irra- Filmfestspielen Berlin, 2006 tionale Rest" von Thorsten Trimpop, der 2005 auf der Berlinale uraufgeführt wurde. Er stellt das Schicksal des ehemaligen Hohenschön- hausen-Häftlings Matthias Melster dar. Eine andere Dokumentation mit Zeitzeugen und Mitarbeitern der Gedenkstätte war die Fernsehproduktion "Diplomatie im Mauer- schatten - Bonns Filiale in Ostberlin". Der Fernsehfilm behandelt die "Ständige Vertre- tung" der Bundesrepublik in der DDR. Auch ein Mitschnitt des skandalösen Auftritts ehema- liger MfS-Mitarbeiter im März 2006 wurde in den Bestand aufgenommen.

Die in der Mediathek aufbewahrten Fernseh-, Film- und Hörfunkproduktionen belegen nicht nur die in den letzten Jahren geleistete Arbeit der Stiftung. Sie stellen auch für die Zukunft wichtige Zeitzeugnisse dar, insbesondere

wenn darin Verfolgte, die nur noch eine “Zersetzung der Seele” -- ein Film über begrenz-te Zeit befragt werden können, über die psychologische Zersetzungmaßnah- ihre Hafterfahrungen berichten. Zugleich doku- men der Staatssicherheit 42

Drehaufnahmen zu dem Dokumentarfilm “What Really Happened: Berlin Wall”, 2006

Öffentlichkeitsarbeit

Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen Mitarbeitern der Gedenkstätte. Bei einigen Ver- war in den vergangenen beiden Jahren Gegen- anstaltungen wurde mit ausgewählten Medien stand eines enormen Medieninteresses. (Deutschlandfunk, Tagesspiegel) auch eine Zugleich hat sie selbst eine rege Öffentlich- feste Medienpartnerschaft eingegangen. keitsarbeit betrieben. Das ehemalige Unter- suchungsgefängnis ist dadurch zum vermutlich Vor allem der mehrfach preisgekrönte Film bekanntesten Ort in Deutschland geworden, "Das Leben der Anderen" sowie die öffentlichen an dem an das Unrecht der vierzigjährigen SED- Auftritte ehemaliger Stasi-Mitarbeiter im Früh- Diktatur erinnert wird. jahr 2006 rückten die Gedenkstätte in den Fokus der Öffentlichkeit. Zeitweise wurde sie Zwischen Januar 2005 und Dezember 2006 mit ihrem kleinen Stamm an Mitarbeitern der erschienen mehr als 1300 Berichte, in denen Fülle der Anfragen kaum noch Herr. Zu den die ehemalige Untersuchungshaftanstalt oder Schwerpunkten der Berichterstattung ge- die Gedenkstätte Erwähnung fanden. Allein hörten die Diskussionen über das Mauer- durch eigene Medienbeobachtung wurden opfergedenken in Berlin, über die Vorschläge mehr als 1100 Artikel und 131 Fernseh- und zur Schaffung eines DDR-Geschichtsverbun- Radiobeiträge registriert. Im Durchschnitt be- des, über die wachsenden Wissensdefizite zur richteten die Medien damit fast zweimal pro SED-Diktatur in der jungen Generation, über Tag. Dabei sind die zahlreichen Veranstaltungs- die Aufstellung von Informationstafeln im und Programmhinweise in den Berliner Tages- früheren MfS-Sperrgebiet und über die Novel- und Wochenzeitungen und den Stadtillustri- lierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes im erten "Tip" und "Zitty" sowie die in der Ge- Herbst 2006. Immer wieder wurden auch denkstätte entstandenen Dokumentarfilme einzelne in Hohenschönhausen Inhaftierte oder Fotoserien noch nicht mitgerechnet. Das porträtiert, darunter eine Reihe von Besucher- Spektrum reichte von Berichten über Ver- referenten der Gedenk-stätte. Ein weiterer anstaltungen oder Ausstellungseröffnungen Höhepunkt des Medieninteresses war der über längere themenbezogene Beiträge bis hin Besuch von Bundespräsident Horst Köhler im zu Interviews und Veröffentlichungen von November 2006, über den deutschlandweit in Öffentlichkeitsarbeit 43

allen großen Nachrichtensendungen berichtet aktueller Vorgänge im Kontext des SED- wurde. Unrechts. Neben einem fachlichen Urteil geht es ihnen dabei auch um ein Urteil aus der Per- Die Gedenkstätte ist für viele Medienvertreter spektive der Verfolgten. inzwischen zu einem der wichtigsten Ansprechpartner geworden, wenn es um DDR- Darüber hinaus erhielt die Gedenkstätte zahl- Geschichte und den Staatssicherheitsdienst reiche Anfragen, bei denen der historische Ort geht. Sie wird nicht nur bundesweit, sondern im Mittelpunkt stand. Im Berichtszeitraum wur- zunehmend auch international um Informatio- den dazu mehr als 100 Film-, Radio- und nen und Einschätzungen gebeten. Neben den Fotoanfragen gezählt. Um einen Missbrauch Präsentation der Gedenkstätte bei einer Berliner Medien (u.a. Tagesspiegel, Berliner der Gedenkstätte als reine Filmkulisse, etwa Schulaufführung des Films “Das Leben Zeitung, Berliner Morgenpost, RBB-Abend- für Krimis oder Komödien, zu vermeiden, der Anderen” im Kion Delphi mit dem schau, TV-Berlin) beteiligten sich zahlreiche mussten die Anträge jeweils genau geprüft Bildungssenator Klaus Böger (2.v.re.), überregionale Fernsehsender (u.a. ARD, ZDF, werden. Anfragen, die keinen Bezug zur poli- 3. April 2006 MDR, WDR, N-TV, N24) und Printmedien (u.a. tischen Verfolgung in der DDR erkennen ließen Spiegel, Focus, Die Zeit, Die Welt, Süd- oder die die Gefühle ehemaliger Häftlinge ver- deutsche Zeitung, FAZ, FAS, Bild) an der letzen könnten, wurden abgelehnt. Die Krite- Berichterstattung. Ausländische Medien (u.a. rien, nach denen eine Drehgenehmigung erteilt BBC, The Guardian, ABC Australia) pro- wird, können im Internet auf Deutsch und duzierten Reportagen über das frühere Stasi- Englisch nachgelesen werden. Gefängnis, und Journalisten aus Großbritan- nien, Japan, Polen, Finnland, Norwegen, In den vergangenen beiden Jahren wurden Italien, Frankreich und Spanien porträtierten mehr als 70 Drehgenehmigungen erteilt. ehemalige Inhaftierte. Darüber hinaus Während der Dreharbeiten stellte die erschienen im Internet (u.a. Spiegel-Online, Gedenkstätte den Filmteams in der Regel Focus-Online, Welt-Online, tagesschau.de, einen Mitarbeiter als Ansprechpartner und heute.de) zahl-reiche Berichte. Betreuer an die Seite. In den meisten Fällen vereinbarte sie mit den Produzenten die Zahlung einer Spende oder einer Motivmiete Medienbetreuung sowie die Erstattung der Personalkosten. Ko- pien der Beiträge wurden in der Mediathek

Die Gedenkstätte verfolgt den Anspruch, Anfra- archiviert. Medienbericht der Zeitschrift “aktuell” gen von Journalisten qualifiziert und zeitnah zu über den Besuch des Bundespräsiden- beantworten. Das serviceorientierte Auftreten Die Stiftung regte ihrerseits die Medien zur ten Horst Köhler, 20. November 2006 der Stiftung hat dazu beigetragen, dass sich die Berichterstattung an. Durch Einladungen und Zahl der Medienanfragen ständig erhöht hat. Presseinformationen machte sie regelmäßig Viele Journalisten wissen inzwischen, dass sie auf Veranstaltungen, Jahrestage oder aktuelle in Hohenschönhausen "gut bedient" werden. Ereignisse aufmerksam. Pressemitteilungen informierten beispielsweise über die Freischal- Ein wichtiger Ansprechpartner ist die tung der englischen Website, die Aufstellung Gedenkstätte vor allem, wenn es um die Ver- von Informationstafeln im früheren Sperrge- mittlung von Zeitzeugen geht. Vielfach fre- biet oder das 10-jährige Bestehen der Ge- quentiert wurde in diesem Zusammenhang die denkstätte im Dezember 2005. Insgesamt wur- Zeitzeugenbörse auf der Homepage der den im Berichtszeitraum etwa 70 Pressemit- Stiftung, wo Journalisten die Biografien von teilungen überwiegend elektronisch ver- ehemals Inhaftierten finden und selber nach schickt. Der entsprechende email-Verteiler um- passenden Gesprächspartnern recherchieren fasst über 350 Adressaten, von denen etwa können. Nach Rücksprache mit den Betroffe- zehn Prozent ausländische Medien vertreten. nen vermittelt die Gedenkstätte den Kontakt zu Im April 2005 wurde der 2. Tätigkeitsbericht der ihnen. Allein in den Jahren 2005/06 erschienen Stiftung im Rahmen einer eigenen Pressekon- mit Hilfe der Stiftung mehr als 60 Beiträge, in ferenz vorgestellt. Pressekonferenz zur Vorstellung des 2. denen frühere Hohenschönhausen-Häftlinge Tätigkeitsberichtes der Gedenkstätte mit interviewt oder porträtiert wurden. Oftmals bit- Die Presseinformationen der Gedenkstätte fan- dem Kultursenator Thomas Flierl ten die Medien auch um eine Bewertung den zumeist eine gute bis sehr gute Resonanz. (Bildmitte), 27. April 2005 44 Öffentlichkeitsarbeit

In der Regel wurden sie von allen großen Gedenkstätte einen monatlichen Press- Nachrichtenagenturen weiter verbreitet, was espiegel. ein wichtiger Indikator für ihre Wahrnehmung ist. Bei vielen Ausstellungseröffnungen und Im Januar 2005 erschien im Jaron-Verlag das Veranstaltungen kam es bereits im Vorfeld zu mit zahlreichen Illustrationen versehene "Buch Anfragen oder Vorberichten. Meist waren zum Ort", das sich vorrangig an die Besucher Vertreter von Presse, Rundfunk oder Fernse- der Gedenkstätte wendet (Peter Erler/Huber- hen vor Ort und berichteten anschließend tus Knabe: Der verbotene Stadtteil. Stasi-Sper- darüber. In der Regel erhielten sie dabei rgebiet Berlin-Hohenschönhausen). Nicht Aufstellung der Informationstafeln im Pressemappen mit thematisch abgestimmtem zuletzt aufgrund des erschwinglichen Preises früheren Sperrgebiet Hohenschönhau- Informationsmaterial. Bei Bedarf wurden sie (9,95 Euro) war die Auflage von 5000 Exem- sen mit der Geschäftsführerin der zusätzlich durch die Vermittlung von Interview- plaren bereits nach neun Monaten so gut wie Stiftung Aufarbeitung Anna Kaminsky, partnern oder die Bereitstellung von Doku- ausverkauft, so dass im September weitere 21. Juli 2006 menten oder Fotos unterstützt. Auch wenn 9000 Exemplare gedruckt wurden. Das Buch prominente Besucher das Gefängnis wurde nicht nur über den Buchladen der besichtigten, sorgte die Gedenkstätte für eine Gedenkstätte, sondern auch über den Berliner professionelle Medienbetreuung. Veranstaltun- Buchhandel, insbesondere im touristischen gen wie die szenische Lesung zum 100. Bereich, vertrieben. Im April 2005 kam der Geburtstag von Arthur Koestler, die Würdigung aufwändig gestaltete 2. Tätigkeitsbericht der der Gefängnisschließung vor 15 Jahren, das Stiftung in einer Auflage von 2000 Exemplaren Symposium zum 60. Todestag von Karl Heinrich heraus. Er wurde aus Kostengründen erstmals oder die Uraufführung des Theaterstücks in der Gedenkstätte layoutet und an etwa 500 "Krokodil im Nacken" sowie der Besuch von Institutionen und interessierte Einzelpersonen Bundespräsident Horst Köhler fanden auf verschickt. diese Weise eine breite Würdigung. Ein immer wichtiger werdendes und verhält- nismäßig kostengünstiges Medium stellt der Publikationen Internet-Auftritt der Gedenkstätte dar. Die Web- site enthält alle wesentlichen Informationen Interview mit Hubertus Knabe für das Aufgrund der knappen personellen und zum historischen Ort, zum Aufbau der Stiftung ZDF-Magazin “Frontal”, 5. Mai 2006 finanziellen Ressourcen konnte die und zur Arbeit der Gedenkstätte. Sie werden Gedenkstätte in den vergangenen beiden laufend erweitert und aktualisiert. Durch ein Jahren nur wenige eigene Publikationen her- neues Redaktionssystem können Texte und ausgeben. Der größte Teil des veröffentlichten Bilder über eine einfach zu bedienende Materials bestand aus kleineren, vielfach Eingabemaske von den Mitarbeitern direkt anlassbezogenen Falt- und Informationsblät- online gestellt oder bearbeitet werden. Zu den tern. Je nach Verwendungszweck und Kosten- meisten Ausstellungen und Veranstaltungen situation wurden diese unterschiedlich findet man Vorankündigungen, Nachberichte aufwändig gestaltet und hergestellt. Bei allen und Fotos. Auch praktische Informationen für Veröffentlichungen wurde ein einheitliches, den Besuch der Gedenkstätte sowie die von einem Gestalter entwickeltes Grundlayout erwähnte Zeitzeugenbörse sind dort einseh- gemäß der Corporate Identity zugrunde gelegt. bar. Seit 2006 ist die gesamte Homepage auch Das Gedenkstätten-Faltblatt, von dem jährlich auf Englisch abrufbar. mehrere Zehntausend Exemplare verteilt wur- den, wurde auch auf Französisch, Spanisch und Viele Journalisten, Besucher, Schüler und Italienisch gedruckt, um der wachsenden Zahl andere Interessierte nutzen die Website, um ausländischer Besucher Rechnung zu tragen. sich selbständig zu informieren. Eine wach- Auch eine tschechische Übersetzung wurde sende Zahl von Internet-Nutzern verwendet die angefertigt. Außerdem wurde ein Faltblatt mit Seite auch zur persönlichen Kontaktaufnahme den Angeboten zur Politischen Bildung oder zur Anmeldung von Besuchergruppen. gedruckt, das -- zum Teil mit Hilfe der Berliner Die virtuellen Besucher kamen nicht nur aus Broschüre “Der verbotene Stadtteil. Schulverwaltung -- an mehr als 1000 Schulen Deutschland, sondern auch aus vielen Stasi-Sperrgebiet Berlin-Hohenschönhau- und Bildungseinrichtungen geschickt wurde. europäischen Ländern und zunehmend aus sen” Für den internen Gebrauch erstellte die anderen Kontinenten wie USA, Israel, Japan 45 Öffentlichkeitsarbeit 45

oder Thailand. Aufgrund eines Fehlers des Logo der Gedenkstätte, was insbesondere im Providers konnte im Berichtszeitraum leider Fall von Fernsehaufzeichnungen von Bedeu- nur ein Teil der Zugriffe statistisch erfasst wer- tung ist. den. Allein von April bis Oktober 2005 wurden jedoch mehr als 29 000 Besucher registriert, Im Oktober 2005 hat die Gedenkstätte erst- was einen Anstieg von etwa zehn Prozent mals mit einer öffentlichen Werbekampagne gegenüber 2004 bedeutet. Von Mai bis Okto- auf sich aufmerksam gemacht. Zum 15. Jahres- ber kamen über die Homepage fast 3200 Anfra- tag der Gefängnisschließung erinnerten in gen, und das von der Gedenkstätte entwickelte Berlin 500 Großplakate daran, dass mit dem Unterrichtsmaterial wurde über 4600mal Beitritt der DDR zur Bundesrepublik auch in Von der Firma Ströer gesponsertes heruntergeladen (2004: ca. 1000 downloads) . Ostdeutschland der Rechtsstaat Einzug hielt. Großplakat “Seit 15 Jahren geöffnet”, Das Plakat, das am 4. Oktober am Branden- Vorstellung auf dem Pariser Platz, burger Tor den Medien vorgestellt wurde, 4. Oktober 2005 Werbung zeigte den ehemaligen Zellentrakt des Gefäng- nisses mit geöffneten Zellentüren und der Aus Kostengründen hat die Gedenkstätte auf Textzeile "Seit 15 Jahren geöffnet". Die Kam- den Einsatz kommerzieller Werbemittel fast pagne, deren Medialeistung einen Wert von gänzlich verzichtet. Auch die zahlreichen Anfra- 75 000 Euro hatte, wurde durch die Unter- gen kommerzieller Anbieter von Tourismus- stützung mehrerer Firmen möglich, die sich als suchmaschinen und Reisezieladressen wurden Sponsoren betätigten. So stellte die Firma abschlägig beschieden. Angesichts der ohne- Ströer durch die Vermittlung von Wiesbaden hin beständig wachsenden Besuchernachfrage nicht nur die Werbeflächen kostenlos zur Ver- und des erheblich gestiegenen Bekanntheits- fügung, sondern übernahm auch die grades der Gedenkstätte erschien diese Plakatierungs- und Präsentationskosten. Eine Zurückhaltung verantwortbar. Zudem ist die weitere Firma sponserte den Druck. Von der Firma Wall AG gesponsertes Gedenkstätte inzwischen in diversen deut- Plakat “Hier wurden Sekunden zu schen und englischsprachigen Reiseführern Im Februar 2006 kam es zu einer ähnlichen Stunden”, Janaur 2006 kostenfrei vermerkt. Einzig das Gedenkstätten- Kampagne in Zusammenarbeit mit der Firma Faltblatt wurde in den besucherschwachen Wall AG. Eine Woche lang erinnerten in Berlin Monaten gegen Gebühr an drei Berliner Touris- 500 so genannte City-Light-Plakate an die mus-Büros ausgelegt. menschenunwürdigen Zustände in dem einsti- gen Stasi-Gefängnis. Auf den Plakaten war Statt dessen wurden vor allem kostenlose eine Zelle des U-Bootes zu sehen, über der der Möglichkeiten der Werbung genutzt. Die Satz zu lesen war: "Hier wurden Sekunden zu Berliner Terminzeitschriften und die Tages- Stunden". Zugleich wurde auf die Gedenkstätte presse wurden frühzeitig über alle Veranstal- und deren Internet-Adresse hingewiesen. Die tungen, Ausstellungen und Sonderführungen Wall AG stellte nicht nur die Werbeflächen informiert. In der Regel kündigten sie diese kostenlos zur Verfügung, sondern übernahm entsprechend an. Darüber hinaus wurden bei auch die Plakatierungs- und Präsentation- anderen Gedenkstätten, Verwaltungseinrich- skosten. Die gesponserte Medialeistung hatte tungen und Kooperationspartnern Informa- einen Wert von über 100 000 Euro. tionsblätter, Plakate und Veranstaltungshin- weise ausgelegt oder angebracht. Bei einigen Veranstaltungen wurden auch Flyer der Gedenkstätte verteilt.

An den Außenmauern der Gedenkstätte wiesen zwei wetterbeständige Banner auf aktuelle Ausstellungen und die Öffnungszeiten hin. Weitere Werbemittel waren transportable Aufsteller mit Kurzinformationen, die bei Ver- anstaltungen oder zur Besucherbetreuung zum Einsatz kamen. Ein dreiteiliger roll-up-Ständer zeigt bei Veranstaltungen im Hintergrund das Französischer Flyer der Gedenkstätte 46

Schulklasse mit dem Zeitzeugen Dieter Drewitz

Besucherbetreuung

Die Gedenkstätte hat den gesetzlichen Auftrag, nicht nur das Gelände kurz in Augenschein am Beispiel der ehemaligen Untersuchungs- genommen, sondern durchweg an einem min- haftanstalt über das System der politischen destens zweistündigen Programm aus Ein- Justiz in der DDR zu informieren. Im Mit- führung und gesprächsorientierter Führung telpunkt der Arbeit steht daher die qualifizierte teilgenommen. Dass die gestiegenen Be- Betreuung der Besucher, die das Gefängnis sucherzahlen ohne Qualitätsverlust und ohne besichtigen wollen. größere Zwischenfälle bewältigt werden kon- nten, ist eine besonders hervorhebenswerte Mit einer gleich bleibenden Zahl fest angestell- Leistung der Stiftung. ter Mitarbeiter hat die Gedenkstätte in den letz- ten Jahren einen ständig wachsenden Besuch- Die Besichtigung der weitläufigen Gefäng- erstrom zu bewältigen gehabt. Seit Gründung nisanlage ist nur im Rahmen eines geführten der Stiftung im Juli 2000 haben sich die Rundgangs möglich (vgl. Musealer Rundgang). jährlichen Besucherzahlen mehr als verdrei- Wegen der Auflagen der Versammlungsstät- facht. Allein zwischen 2004 und 2006 sind sie tenverordnung wäre eine freie Begehbarkeit um ein gutes Drittel gewachsen -- von 130 000 nur nach massiven baulichen Eingriffen auf 172 000 Personen. Mit mehr als 23 000 statthaft. Im so genannten Neubau müsste Besuchern verzeichnete die Gedenkstätte im zum Beispiel die Statik der Decken verstärkt Oktober 2006 ein neues Allzeithoch. Ein Ende werden, was umfangreiche Veränderungen des Wachstums oder ein abflauendes Inte- notwendig machen würde. In allen Gebäuden resse ist derzeit nicht abzusehen. wären zudem Fluchtwege, Brandschutzmaß- nahmen, Ausschilderungen und Videoüber- Seit Beginn der Zählungen im Jahr 1994 haben wachung erforderlich, wodurch das Gesicht der fast eine Million Menschen das ehemalige Anlage massiv verändert werden würde. Die Untersuchungsgefängnis des DDR-Staats- Gedenkstätte bräuchte auch erheblich mehr sicherheitsdienstes besucht. Sie haben dabei Personal, um das etwa 18 000 Quadratmeter 47 Besucherbetreuung 47

große denkmalgeschützte Areal mit vielen oder gegen Unkostenerstattung der Personal- empfindlichen historischen Details zu kosten auch länger geöffnet. Die Größe der bewachen. Gruppen schwankte, lag sie im Durchschnitt bei etwa 20 Teilnehmern. Größere Gruppen wur- Im Mittelpunkt der Besucherbetreuung stehen den vom Besucherdienst geteilt. die Interessen der Gäste. Die Gedenkstätte ist darum bemüht, ihren Wünschen soweit wie Ein wachsender Teil der Besucher kam ohne möglich Rechnung zu tragen. Aus diesem Voranmeldung. Der Anteil der Einzelbesucher Grund hat die Stiftung im Berichtszeitraum ihre am Besucheraufkommen stieg von 12 (2005) Besucherangebote weiter diversifiziert. Neben auf 16,9 Prozent (2006). Wegen der Zunahme Hinweisschilder an der Autobahn der Standardführung von 90 Minuten, zuzüglich der Besucherzahlen fiel der Ausschlag in 30 Minuten Einführungsfilm, werden auch absoluten Zahlen noch deutlicher aus: von Kurzführungen (60 Minuten), thematische Son- 16 900 (2005) auf 29 200 (2006). Da ein großer derführungen, Seminare und Projekttage ange- Teil der Spontanbesucher am Wochenende boten. Jeden Donnerstag ist im Rahmen des kam, wurden am Samstag und Sonntag zu öffentlichen Rundganges um 13 Uhr der Gefan- jeder vollen Stunde Führungen angeboten. An genensammeltransportwaggon (GSTW) zu Werktagen wurde in den besucherstarken besichtigen. Darüber hinaus werden zu beson- Monaten zusätzlich zu den Führungen um 11 deren Anlässen (historische Jahrestage, Tag und 13 Uhr ein weiterer Rundgang um 15 Uhr des offenen Denkmals) auch Bereiche gezeigt, angeboten. Einzelbesucher oder Kleingruppen, die die Besucher sonst nicht besichtigen kön- die außerhalb dieser Zeiten erschienen, wur- nen (Sauna, Gefängnisküchen, Haftkranken- den nach Möglichkeit organisierten Gruppen- haus). Probleme mit der Tonqualität des Ein- führungen zugeteilt. Insgesamt fanden im führungsfilmes, die gelegentlich zu Klagen der Berichtszeitraum rund 11 500 Führungen statt. Besucher geführt hatten, wurden vom Mit- teldeutschen Rundfunk durch eine neue Die wachsende Besucherzahl führte zu einem Abmischung beseitigt. weiteren Anstieg der Kosten für die Führungen (vgl. Haushalt). Das von der Gedenkstätte aus- Zugleich wurde die Zahl der Angebote zur indi- gezahlte Honorar für eine 90-minütige Führung viduellen Nutzung vergrößert. Im Berichts- beträgt 39 Euro, die Gesamtausgaben für die zeitraum erhöhte sich die Zahl der ständigen Honorare beliefen sich im Berichtszeitraum auf Besuchergruppe mit dem Zeitzeugen Ausstellungen von zwei auf drei; außerdem 597 000 Euro. Die Gedenkstätte hat deshalb Charlie Rau (Bildmitte), 2005 war immer mindestens eine Wechselausstel- von den Besuchern einen Kostenbeitrag für die lung zu sehen. Durch die Eröffnung eines Führung in Höhe von drei Euro (ermäßigt 1,50 neuen Ausstellungsraumes in den Garagen Euro) erhoben. Schüler und Auszubildende wuchsen zudem die Möglichkeiten, kleinere wurden kostenlos geführt. Zudem gab es ein- Teile der Anlage selbständig zu betreten. mal in der Woche einen eintrittsfreien Tag für Darüber hinaus wurde das Angebot an Infor- Einzelbesucher, um auch sozial Schwachen die mationstafeln im Freigelände vergrößert (vgl. Möglichkeit zur Besichtigung zu geben. Die Ausstellungen). Schließlich stand den Besu- Mehrkosten für die kostenlosen Führungen chern während der Öffnungszeiten der Ge- aufgrund der stark gestiegenen Schülerzahlen denkstätte eine gut ausgestattete Buchhand- mussten durch Mittel aus anderen Bereichen lung mit dazugehörigem Café zur Verfügung. aufgefangen werden. Letztlich subven- Auf diese Weise hat die Stiftung vor allem für tionierten die kostenpflichtigen Besucher die Spontanbesucher das Angebot bis zur näch- Schüler-Führungen mit. Der eintrittsfreie Tag für sten Führung optimiert. Einzelbesucher wurde 2006 von Mittwoch auf Montag verlegt, da die Besuchernachfrage an Die meisten Besucher kamen im Rahmen einer diesem Tag am schwächsten ist. angemeldeten Gruppenführung (vgl. Besucher- forschung). Die Führungen begannen täglich zwischen 9 und 16 Uhr zu jeder vollen oder hal- Besucherdienst ben Stunde, in Spitzenzeiten auch im Viertel-

stundentakt. Die Gedenkstätte war jeden Tag Zuständig für die Betreuung der Besucher ist Zeitzeugin Edda Schönherz mit Besuch- von 9 bis 18 Uhr, bei Abendveranstaltungen der Besucherdienst. Er empfängt nicht nur die ern 48 Besucherbetreuung

Gäste am Eingang, sondern nimmt auch tele- Häftlinge, die aus eigenem Erleben über das fonische oder schriftlichen Anmeldungen ent- System der politischen Verfolgung im SED- gegen, teilt die Referenten für die Führungen Staat berichten können. Die überwiegende ein und koordiniert die Terminplanung. Er Mehrheit war selbst in Hohenschönhausen bestätigt schriftlich die vereinbarten Besuchs- inhaftiert. Zum Stamm der Besucherreferenten termine und sorgt für die Rechnungslegung bei gehören aber auch Historiker, die nicht persön- kostenpflichtigen Besuchen. lich betroffen sind. Hinzu kommen gelegentlich festangestellte Mitarbeiter des Hauses und, in Der Besucherdienst steht den Besuchern auch seltenen Fällen, externe Partner, etwa aus der Studenten bei der Arbeit im Besucher- als Ansprechpartner für spezielle Wünsche Forschungs- und Gedenkstätte Normannen- dienst oder Fragen zur Verfügung. Spontanbesucher strasse, mit der eine langjährige Kooperation erhalten Auskunft, wann und wo die nächste besteht. Führung stattfindet oder werden auf die ver- schiedenen Ausstellungen hingewiesen. Grup- Zu den Besucherreferenten zählen Vertreter pen oder Einzelbesucher, die den Einführungs- aller Häftlingsgenerationen. Sie repräsentieren film sehen möchten, werden in die unterschiedliche Verfolgungsperioden und entsprechenden Räume geleitet. Für Haftgründe, so dass sie über die verschiedenen unvorhergesehen große Gruppen oder Men- Formen und Ursachen der politischen Repres- schen, die nicht gut hören können, steht ein sion in der DDR kompetent Auskunft geben Audiosystem zur Verfügung. Die Besucher können. Noch sind alle zeitlichen Perioden des bekommen dann einen Funkempfänger mit Haftortes von 1945 bis 1989 im Kreis der Re- Kopfhörer ausgehändigt, so dass sie den ferenten vertreten. Vom Besucherdienst kön- Gedenkstättenführer, der in Zimmerlautstärke nen die Gedenkstättenführer deshalb speziell spricht, gut hören können. Dieses System hat auf die Bedürfnisse der Gruppen hin ausge- sich besonders in besucherstarken Zeiten sucht werden. Schülergruppen werden bei- bewährt, um gegenseitige akustische Störun- spielsweise meist von jüngeren Mitarbeitern gen der Gruppen zu vermeiden. Der Besucher- geführt, Erwachsene hingegen eher von dienst betreut außerdem Journalisten und älteren. Zu einer grünen Jugendgruppe "passt" Filmteams, die sich auf dem Gelände bewe- am besten ein Aktivist der DDR-Umweltbewe- gen. In Zusammenarbeit mit der Haustechnik gung. Dieses Prinzip kann aber auch achtet er schließlich darauf, dass sich die umgekehrt angewandt werden - mit manchmal Anlage in einem sauberen, ordentlichen Zu- verblüffenden Ergebnissen. Audioguide für Besucherführungen stand befindet. Die Besucherreferenten leisten durchschnitt- Zum Besucherdienst gehören zwei fest an- lich etwa 17 Führungen pro Monat, wobei die gestellte Mitarbeiter sowie mehrere Honorar- Zahl im Jahresverlauf erheblich schwankt. Auch kräfte, bei denen es sich überwiegend um stu- zwischen den einzelnen Referenten gibt es dentische Hilfskräfte handelt. Er hat seinen Sitz beträchtliche Unterschiede, da manche nur im Eingangsbereich der Gedenkstätte, von wo gelegentlich, andere häufiger Besuchergrup- aus er den Besucherstrom kontrolliert und das pen führen. Einige ältere Zeitzeugen haben im Gelände überwacht. Bei der Verwaltung und Berichtszeitraum ihre Tätigkeit stark reduziert Koordination der zahlreichen Besucheranfra- oder standen aus gesundheitlichen Gründen gen, Termine und Referenteneinsätze sowie gar nicht mehr zur Verfügung. Um der gestiege- zur Pflege der Kontakte zu ständigen Koopera- nen Besuchernachfrage Rechnung zu tragen, tionspartnern stützt er sich auf ein Daten- hat die Gedenkstätte acht neue Besucherrefe- banksystem, das im Berichtszeitraum weiter renten gewonnen, unter denen sich auch die ausgebaut wurde. ehemalige Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld befindet. Aufgrund der zunehmenden Zahl aus- Die Führungen wurden von bis zu vierzig Ho- ländischer Besucher wurden in das Team drei norarreferenten durchgeführt. Sie haben sich junge Historiker für fremdsprachige Führungen intensiv mit der Geschichte der Haftanstalt aufgenommen. beschäftigt und wurden von der Gedenkstätte

Zeitzeuge Mario Röllig (li.) mit Besuchern kontinuierlich weitergebildet. Meist handelt es Zur Weiterbildung der Besucherreferenten fan- im U-Boot, 4. Juli 2006 sich bei ihnen um ehemalige politische den regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen 49 Besucherbetreuung 49

statt. Sie dienten auch der Auswertung der Mehrbelastung des Besucherdienstes. Da aus Fragebögen, die die Gedenkstätte an die Haushaltsgründen die Ausgaben für Aushilf- Besucher verteilte, sowie der Verbesserung der skräfte weitgehend eingefroren werden rhetorisch-didaktischen Arbeit. Darüber hinaus mussten, konnte die Stiftung den Mehrauf- erhielten die Referenten Artikel mit aktuellen wand nur durch strenge Rationalisierungsauf- Erkenntnissen zur Verfügung gestellt. Neue lagen auffangen. Auch für die fest angestellten Besucherreferenten durchliefen eine intensive Mitarbeiter erhöhte sich der Arbeitsaufwand Schulung mit Hospitationen und Probe-Führun- entsprechend. In manchen Zeiten konnte die gen. Gedenkstätte der Fülle der Aufgaben kaum mehr Herr werden. Bundespräsident Horst Köhler mit seiner Die Besucherreferenten kamen etwa jedes Frau Eva Köhler und dem Leiter der Vierteljahr zu einer Art Dienstversammlung Gedenkststätte Hubertus Knabe (v.r.n.l.), zusammen. Diese Besucherreferententreffen Prominente Besucher 14. November 2006 dienten dem Erfahrungsaustausch und der Lösung aktueller Probleme. Auch der Arbeits- Zu den Besuchern der Gedenkstätte zählten kreis, in dem sich ein Teil der Besucherref- zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen erenten zusammengeschlossen hat, tagte Lebens. Höhepunkt war zweifellos der Besuch mehrfach. Einer der beiden Referentensprech- von Bundespräsident Horst Köhler am 14. er hat im Berichtszeitraum sein Amt nieder- November 2006. Während eines Rundgangs gelegt, eine jüngere Kollegin wurde zur stell- mit dem Direktor, Hubertus Knabe, und dem vertretenden Referentensprecherin gewählt. ehemaligen Hohenschönhausen-Häftling Die Sprecher arbeiten eng mit dem Referenten Dieter von Wichmann, legte das deutsche für politische Bildung als Fachaufsicht des Staatsoberhaupt im Kellergefängnis des Besucherdienst zusammen. Staatssicherheitsdienstes ("U-Boot") einen Kranz für die Opfer nieder. Im Anschluss an die Für die meisten Besucherreferenten ist die Führung fand ein etwa einstündiges Gespräch Gedenkstätte nicht nur eine Arbeitsstelle, son- mit ehemaligen Verfolgten und Mitarbeitern dern eine Institution, in der sie aus Überzeu- der Gedenkstätte statt. Gegenüber den zahl- gung mitarbeiten. Einige gründeten deshalb reichen anwesenden Medienvertretern erk- einen Arbeitskreis "Spurensuche", der Kontakt lärte der Bundespräsident, der bei dem Besuch zu Schulen und Lehrern aufnahm. Andere von seiner Frau begleitet wurde, in Anspielung organisierten Vorträge an Schulen oder in auf die öffentlichen Auftritte ehemaliger Stasi- Bundestagsvizepräsident Hermann Otto öffentlichen Einrichtungen. Wieder andere Mitarbeiter: "Wir haben einer Sache nicht die Solms (Bildmitte), 1. Mai 2005 arbeiteten ehrenamtlich in der Opferberatung. nötige Aufmerksamkeit geschenkt: Die Erin- Nicht selten zog die Führung einer Gruppe auch nerungen an das SED-Regime dürfen nicht eine Einladung zum Vortrag in deren Heimat- verblassen." Die Opfer dürften nicht in die stadt nach sich. Viele Besucherreferenten setz- Defensive geraten und sich fragen müssen, ten sich zudem bei Veranstaltungen, in Briefen, wer sie eigentlich vor dem Geschichtsrevisi- in Gesprächen mit Politikern oder in den Opfer- onismus der MfS-Offiziere schütze. verbänden aktiv für die Belange der kommunis- tisch Verfolgten ein. Im Berichtszeitraum besuchten auch zahlreiche andere Politiker und Repräsentanten die Die Qualität der Führungen wurde durch eine Gedenkstätte. Am 1. Mai 2005 ließ sich Bun- Vielzahl von Stichproben und Hospitationen destagsvizepräsident Hermann Otto Solms überprüft. Die meisten Referenten verstehen (FDP) das ehemalige Stasi-Gefängnis zeigen. es ausgesprochen gut, den Besuchern Formen John Cloud, Stellvertretender US-Botschafter und Folgen politischer Verfolgung in der DDR in Berlin, war im Juli zu Gast, am 2. November am Beispiel der Untersuchungshaftanstalt informierte sich der hessische Justizminister nahe zu bringen. Als vorteilhaft hat sich dabei Christean Wagner (CDU) auf einem Rundgang erwiesen, die eigenen Hafterfahrungen eher über die Haftbedingungen. Eine Delegation des zurückhaltend einzubringen und das Gewicht ANC aus Südafrika besichtigte am 19. Januar vor allem auf die objektiven Fakten zu legen. 2006 die ehemalige Untersuchungshaftanstalt. Delegation des ANC aus Südafrika mit Die Anstieg der Besucherzahlen um mehr als Am 9. Februar besuchte Hessens Innenminis- dem Zeitzeugen Hans-Eberhard Zahn, 30 000 Menschen führte zu einer erheblichen ter Volker Bouffier das Gelände, am 27. März 19. Januar 2006 50 Besucherbetreuung

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus, der Gedenkstätte teil. Von herausgehobener am 6. April der Thüringer Justizminister Harald Bedeutung war nicht zuletzt der Besuch des Schliemann (CDU). Der Spitzenkandidat der früheren litauischen Präsidenten Vytautas CDU für die Wahlen zum Berliner Abgeord- Landsbergis und des ehemaligen sowjetischen netenhaus, Friedbert Pflüger, stattete der Dissidenten Wladimir Bukowsky im November Gedenkstätte am 24. März einen Besuch ab. 2006. Der Gesandte der Botschaft des Staates Israel in Berlin, Ilan Mor, informierte sich am 11. April über den ehemaligen Haftort. Der Gene- Gedenkstättenpädagogik Der Spitzenkandidat der CDU für die ralsekretär der SPD, Hubertus Heil, legte am 9. Berliner Abgeordnetenhauswahl, Mai gemeinsam mit Vertretern der Lichten- Etwa die Hälfte der Besucher sind Schüler. Friedbert Pflüger, bei einem Besuch der berger SPD einen Kranz nieder. Am 12. Mai Allein im Rahmen angemeldeter Gruppenbe- Gedenkstätte, 24. März 2006 besuchte die damalige Fraktionsvorsitzende sucher kamen im Berichtszeitraum mehr als von Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abge- 163 000 junge Leute. Während 2004 etwa ordnetenhaus Sibyll Klotz, zusammen mit der 55 000 Schüler und Studenten die Gedenk- Spitzenkandidatin für die bevorstehende Abge- stätte besuchten, waren es 2005 bereits ordnetenhauswahl Franziska Eichstädt-Bohlig 69 000 und 2006 über 88 000. Da viele Schüler und weiteren Grünen-Politikern die nur über ein geringes oder gar kein Vorwissen Gedenkstätte. Als Reaktion auf die öffentlichen verfügen, bedarf es besonderer pädagogischer Auftritte ehemaliger MfS-Mitarbeiter kam am Anstrengungen, das System politischer Verfol- 12. Juni 2006 der Landesvorstand der CDU- gung in der kommunistischen Diktatur ver- Brandenburg in der Gedenkstätte zu einer ständlich zu machen. Sitzung zusammen, an der auch der stell- vertretende brandenburgische Ministerpräsi- Die Betreuung der Schüler erfolgt nach einem dent Jörg Schönbohm und die brandenburg- abgestimmten didaktischen Konzept. Je nach- ische Kulturministerin Johanna Wanka teilnah- dem wie viel Zeit die Gruppen mitbringen, kön- men. Von Bundesebene war insbesondere der nen sie zwischen Führungen, Seminaren oder Besuch der CDU-Fraktionsvorsitzenden Volker Projekttagen wählen. Da die Schülergruppen in Kauder und seines Stellvertreters Arnold Vaatz der Regel über ein verhältnismäßig geringes Der Landtagspräsident von Niedersach- von Bedeutung. Im Oktober ließ sich der neue Zeitkontingent verfügen, entscheiden sich die sen Jürgen Gansauer, der Zeitzeuge US-Botschafter William Timken mit seiner Frau meisten für die so genannte Standardführung. Thomas Raufeisen, der Niedersächsi- und Freunden der Familie durch die ehemalige Dabei lernen sie sowohl die verschiedenen sche Kultusminister Bernd Busemann Haftanstalt führen. Landtagspräsident Jürgen Haftepochen seit 1945 als auch die wichtigsten und der politische Referent der Gedenk- Gansäuer (CDU) und Kultusminister Bernd Stationen eines politischen Gefangenen in der stätte Siegfried Reiprich (v.r.n.l.), Busemann (CDU) aus Niedersachsen be- DDR kennen (vgl. Musealer Rundgang). In der 1. Dezember 2006 sichtigten am 1. Dezember das Gelände. Regel werden sie von einem ehemaligen Häftling durch das Gefängnis geführt, wodurch Im Rahmen von Veranstaltungen konnte die der Rundgang besonders anschaulich und Stiftung ebenfalls zahlreiche Prominente nachvollziehbar wird. Davon zeugen nicht zu- begrüßen. Im Oktober 2005 hielt die damalige letzt die vielen Briefe und Emails, die Schüler Berliner Bürgermeisterin und Justizsenatorin nach ihrem Besuch an die Gedenkstätte ge- Karin Schubert (SPD) in der Gedenkstätte eine richtet haben (vgl. Anhang: Besucherstimmen). Ansprache. Im November sprach der Fraktions- Neben der Standardführung werden auch the- und Parteivorsitzende der Berliner SPD, matische Sonderführungen angeboten. Michael Müller bei einer Gedenkveranstaltung. Weitere Redner waren u.a. die Bundesbeauf- Außer den Führungen hat die Gedenkstätte ver- tragte für die Stasi-Unterlagen Marianne Birth- schiedene Seminartypen entwickelt, die ler, der ostpolitische Sprecher der CDU/CSU- Schülern eine weitergehende Beschäftigung Bundestagsfraktion Arnold Vaatz und der mit dem Thema erlauben. In der Regel gehört heutige Menschenrechtsbeauftragte der Bun- dazu ein ausführliches Gespräch mit einem desregierung Günter Nooke (CDU). Auch die Zeitzeugen, der über seine Erfahrungen in der Der Generalsekretär der SPD, Hubertus Autoren Inge Deutschkron, Peter Schneider, DDR, die Gründe seiner Verhaftung und seinen Heil, im Gespräch mit dem Zeitzeugen Erich Loest, Richard Wagner, Ines Geipel und weiteren Lebensweg berichtet. Darüber hinaus Horst Jänichen, 5. September 2006 Joachim Walther nahmen an Veranstaltungen werden Kontextinformationen vermittelt und, 51 Besucherbetreuung 51

je nach Aufbau des Seminars, auch Texte und Berliner Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums im Medien eingesetzt. Auf besonderes Interesse Frühjahr 2005 realisierten. Die Schüler setzten stieß das Seminar "Politische Verfolgung in der nach einer Führung und einem Zeitzeugenge- DDR". Neben einer Einführung und dem spräch ihre Eindrücke musikalisch um und pro- Rundgang durch das Gefängnis beinhaltet es duzierten daraus eine eigene CD. ein ausführliches Seminargespräch mit einem Zeitzeugen oder Historiker, bei dem das Zum pädagogischen Angebot der Erfahrene vertieft wird. Das Seminar "Politische Gedenkstätte gehört darüber hinaus die Durch- Justiz im Staat der SED" soll vornehmlich führung von Projekttagen. Der Projekttag jugendliche Besucher aus den alten und neuen "Gelebte Geschichte. Politische Verfolgung in US-Botschafter S.E. William Timken Bundesländern zu einem Ost-West-Er- unterschiedlichen Perioden der DDR- (Bildmitte), 24. Oktober 2006 fahrungsaustausch über den Umgang mit der Geschichte" richtet sich an alle Altersgruppen. SED-Diktatur anregen. Durch Auswahl ent- Ein anderer - "Haftbedingungen in der Unter- sprechender Zeitzeugen knüpften die Semi- suchungshaftanstalt Berlin-Hohenschön- nare teilweise an Jahrestage wie dem 8. Mai hausen" - wurde speziell für Schüler konzipiert. 1945, den 17. Juni 1953 oder den 9. November Die Schüler durchlaufen dabei einen Lernzirkel, 1989 an. bei dem sie sich das Wissen im Wege eines forschenden Lernens weitgehend selbst erar- Im Mai 2005 und 2006 organisierte die beiten können. Am Ende des Projekttages Gedenkstätte zwei internationale Schülersemi- steht in der Regel eine selbstständige Präsen- nare. 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten tation des Gelernten. Ausländische Schüler- Weltkriegs beschäftigten sich etwa 20 Schüler gruppen werden nach Möglichkeit in ihrer aus Berlin und Osteuropa mehrere Tage lang Heimatsprache oder in Englisch betreut. Die mit dem Übergang von der nationalsozialist- Seminare und Projekttage wurden -- außer bei ischen zur kommunistischen Diktatur. Das mit der telefonischen Anmeldung -- über die Web- hochrangigen Referenten besetzte Seminar site der Stiftung und einem 2005 erstellten (u.a. wirkten die jüdische Autorin Inge Flyer mit den Pädagogischen Angeboten der Deutschkron und der Schriftsteller Peter Gedenkstätte beworben. Der Flyer wurde über Schneider mit) trug den Titel "Von Hitler zu Stal- die Schulverwaltung und durch die Gedenk- in - das Kriegsende in Mittelosteuropa". Im stätte an alle Berliner Oberschulen und alle darauffolgenden Jahr ging es um die 50 Jahre Hauptseminare verteilt. Zudem schreiben die zurückliegenden Aufstände gegen das kom- neuen Berliner Rahmenlehrpläne für das Fach munistische Regime in Posen und Ungarn. Das Geschichte seit 2005 vor, Gedenk- und Er- Seminar 2006 trug den Titel "1956: Die ‚Welt innerungsstätten als außerschulische Lernorte von Jalta' nach Stalins Tod - ‚Tauwetter' und verstärkt in den Unterricht einzubeziehen. Viele Befreiungsversuche". Bei diesem Seminar Schulklassen nutzten auch ihren Wandertag Flyer der Gedenkstätte mit den pädago- wurde erstmals ein Theaterpädagoge einge- oder ihre Klassenfahrt nach Berlin, um das ehe- gischen Angeboten setzt, der mit den Schülern Szenen ein- malige Stasi-Gefängnis zu besichtigen. studierte. Die Durchführung wurde von der deutschen UNESCO-Kommission, der Bun- Im Berichtszeitraum nahm die Zahl der Semi- deszentrale für politische Bildung und vom nare und Projekttage ab, da die dafür gezahlten Förderverein der Gedenkstätte unterstützt. Zuschüsse der Bundeszentrale für politische Bildung gekürzt wurden. Aus formalen Grün- Im Januar 2005 fand ein Seminar "Schüler den -- Zuständigkeit der Länder für den Bil- unterrichten Schüler" statt, bei dem drei dungsbereich -- konnten für Schülergruppen in Schüler des Berliner Max-Reinhardt-Gymnasi- der Regel schon vorher keine Zuschüsse in ums nach entsprechender Vorbereitung und Anspruch genommen werden. Insgesamt fan- Befragung eines Zeitzeugen selber eine den in den vergangenen beiden Jahren 466 Führung durch die Gedenkstätte durchführten. Seminare und 17 Projekttage statt. Im Jahres- Anschließend präsentierten sie ihre Erkennt- durchschnitt wurde damit alle ein bis zwei Tage nisse über die Behandlung politischer Häftlinge ein Projekttag oder ein Seminar durchgeführt. im ehemaligen Gefängnis Berlin-Hohenschön- Seit August 2004 hat der Berliner Senator für Internationales Schülerseminar “Die hausen. Ungewöhnlich war auch ein Projekt, Bildung, Jugend und Sport, wie erwähnt, zwei Welt nach Jalta 1945 -- Tauwetter und das Schüler eines Grundkurses Musik des Gymnasiallehrer mit jeweils 50 ihrer Arbeitszeit Befreiungsversuche”, Mai 2006 52 Besucherbetreuung

an die Gedenkstätte abgeordnet. Unter An- über die pädagogischen Angebote informiert; leitung der Stiftung betreuen sie eine Päda- einzelne Teilnehmer wurden auch bei der gogische Arbeitsstelle, die Besuche, Seminare Abfassung ihrer Abschlussarbeit zum Staats- und Projekttage vorbereitet und begleitet. examen unterstützt. Zudem präsentierte sich Darüber hinaus unterstützen sie die kritische die Arbeitsstelle auf mehreren Lehrer-Fachkon- Auseinandersetzung mit der kommunistischen ferenzen und verschickte wiederholt Rund- Diktatur durch Unterrichtsmaterial, Fachlite- mails an über 400 Schulen und Bildungsein- ratur und multimediale Angebote. Schließlich richtungen in Berlin und Brandenburg. werden Fortbildungsseminare für Lehrer und Zeitzeuge Horst Jähnchen (re.) im Lehramtsanwärter organisiert. Auf Initiative der Gedenkstätte machten ver- Gespräch mit Schülern schiedene Handreichungen für Lehrer auf die Da die Behandlung des Themas DDR in den pädagogischen Angebote aufmerksam. So Berliner Schulen 2005 von der zehnten in die wurde im Fachbrief für Geschichte und Politik- neunte Klasse vorverlegt wurde, nahm der wissenschaft, den alle Berliner Fachlehrer Anteil jüngerer Schüler an den Besuchern deut- erhalten, ausführlich über die Arbeitsstelle und lich zu. Probeweise nahmen sogar erstmals ihre Aktivitäten informiert wird. Zudem konn- zwei Grundschulklassen an einer Führung teil. ten nicht nur Geschichtslehrer, sondern auch Weil sich in der Praxis gezeigt hat, dass jüngere Lehrer der Fächer Kunst, Musik und Psycholo- Schüler teilweise nicht die für das Thema gie für gemeinsame Projekte in Hohenschön- notwendige Aufmerksamkeit aufbringen, hatte hausen interessiert werden. Ein Lehrer aus die Gedenkstätte lange Zeit eine Altersgrenze Kempten absolvierte in der Gedenkstätte ein von 16 Jahren für Besucher festgesetzt. Im Be- mehrwöchiges Praktikum. Die von der richtszeitraum wurde diese jedoch gelockert, Gedenkstätte und dem Berliner Landesinstitut um zu vermeiden, dass Schulklassen, die das für Schule und Medien (LISUM) entwickelten ehemalige Stasi-Gefängnis besuchen wollten, Unterrichtseinheiten zur Geschichte des abgewiesen werden mussten. Ein weiteres Haftortes, die von der Homepage der Stiftung Argument für die Lockerung war, dass man heruntergeladen werden können, verzeich- Gedenkstättenlehrer Karsten Harfst (re.) Jugendliche -- ähnlich wie beim Thema Rechts- neten monatlich etwa 300 Nutzer. Das Mate- mit Schülern radikalismus -- möglichst bereits dann mit der rial wurde durch eine einführende Unterrichts- Realität der kommunistischen Diktatur kon- einheit zur Geschichte von SBZ und DDR frontieren sollte, bevor sich politische Einstel- ergänzt. Auf Bitten des Berliner Schulsenators lungen verfestigt haben. Die Gedenkstätte hat erstellte die Stiftung schließlich eine Liste mit deshalb in der Regel mit den Lehrern jüngerer ehemaligen politischen Häftlingen, die bei Schulklassen schon vor dem Besuch Kontakt Bedarf auch in die Schulen eingeladen werden aufgenommen und auf eine angemessene Vor- können. Die Liste wurde 2006 allen Schulen bereitung hingewirkt. Seminare und Projekt- zugeschickt, ohne allerdings zu einer sicht- tage wurden altersgerecht gestaltet. baren Resonanz zu führen.

Eine wichtige Rolle spielte auch die Zusam- Die Pädagogische Arbeitsstelle machte auch menarbeit mit Lehrern, die durch Unterrichts- Schülern das Angebot, sie bei ihren Prüfungen material, Fortbildungsseminare und gezielte zu unterstützen. Für die am Ende der 10. Klasse Beratung unterstützt wurden. In Zusammenar- und im Abitur geforderte Präsentationsprüfung beit mit der Rahmenlehrplan-Kommission für stand sie 2006 einer größeren Anzahl von die Fächer Geschichte und Politische Wis- Schülern beratend zur Seite und stellte ihnen senschaft erarbeitete die Pädagogische Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung. Als Arbeitsstelle Vorschläge für die neu in die Abdeckung der neuen fünften Prüfungskom- Abiturordnung aufgenommene 5. Prüfungs- ponente im Abitur führte die Gedenkstätte im komponente. Ferner führte sie drei Fortbil- Schuljahr 2005/06 zudem einen Seminarkurs dungsveranstaltungen für Berliner Lehrer mit dem Schwerpunkt DDR-Geschichte durch. durch mit Informationen zu den neuen Prü- Schüler aus drei Berliner Schulen arbeiteten in fungsformen im Abitur und beim mittleren Hohenschönhausen und anderen Gedenkstät- Initiative “Zeitzeugen im Unterricht” der Schulabschluss am Ende der 10. Klasse. Zehn- ten. Der Kurs, bei dem sich die Schüler an Gedenkstätte in Zusammenarbeit mit mal wurden Gruppen von Lehramtsanwärtern jedem zweiten Sonnabend mit der SED-Dik- dem Berliner Schulsenator und Studienreferendaren in der Gedenkstätte tatur beschäftigten, umfasste insgesamt 66 Besucherbetreuung 53

Semesterstunden; die Ergebnisse der Ab- ders Einzelbesucher sind an weiterführender schlussarbeiten werden in das Abitur einbezo- Literatur interessiert, während Gruppenbe- gen. sucher wegen ihres engen Terminplans weniger Zeit für einen Besuch im Laden haben. Die Pädagogische Arbeitsstelle hat darüber Schülergruppen wollen nach der Führung häu- hinaus mit verschiedenen Partnern Kooperatio- fig noch Riegelware oder Erfrischungsgetränke nen entwickelt. Eine enge Zusammenarbeit kaufen. Der Laden, der praktisch die Funktion fand u.a. mit den Berliner UNESCO-Projek- eines Museumsshops und eines Museums- tschulen statt. Ehemalige politische Häftlinge cafés wahrnimmt, wird nicht nur von zahlrei- berichteten zum Beispiel im Dezember 2006 chen Besuchern aufgesucht. Auch die meisten beim jährlichen UNESCO-Seminar "Menschen- Besucherreferenten nutzen ihn als Warte- und rechte im 21. Jahrhundert" im Berliner Aufenthaltsraum. Jagdschloss Glienicke; Teilnehmer des Semi- nars besuchten auch die Gedenkstätte. Mit der Im Berichtszeitraum hat der Buchladen in den Landeszentrale für politische Bildung in Bayern besucherstarken Zeiten pro Monat über 1500 und der Villa Ten Hompel, einer Bildungsein- Bücher verkauft. Etwa ein Drittel des Umsatzes richtung in Münster/Westfalen, wurde eine wurde mit Veröffentlichungen von oder über Seminarbericht ein Internationales regelmäßige Zusammenarbeit bei der Betreu- Zeitzeugen gemacht. Besonders gefragt war Schülerseminar, 2006 ung von Schülergruppen verabredet. Im mit mehr als 3500 verkauften Exemplaren das Dezember 2006 richteten die Menschenrecht- Buch von Peter Erler und Hubertus Knabe "Der sorganisationen Amnesty International und verbotene Stadtteil. Stasi-Sperrbezirk Berlin- Human Rights Watch in der Gedenkstätte Hohenschönhausen". Weitere Spitzentitel einen Ausstellungsraum ein, in dem über Men- waren u.a. "Die Schleife an Stalins Bart" von schenrechtsverletzungen in kommunistischen Erika Riemann, "Stasiland" von Anna Funder und post-kommunistischen Staaten informiert und der im Stasi-Gefängnis Hohenschön- wird. In einem angeschlossenen Seminarraum hausen spielende Roman "Krokodil im Nacken" finden sich weitere Materialien der Organisa- von Klaus Kordon. tionen zu diesem Thema. Im Gegensatz zu anderen Gedenkstätten, die den Buchverkauf in Eigenregie durchführen, ist Buchhandlung die Stiftung durch die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen nicht selbst mit dem per- Ein wichtiger Anlaufpunkt für die Besucher ist sonalintensiven Verkauf von Informationsmate- die Buchhandlung der Gedenkstätte. Dem rial belastet. Der Laden wickelt auch den Ein- Laden ist ein Café angegliedert, das nach dem trittskartenverkauf für Einzelbesucher ab. 2006 Faschismus- und Kommunismuskritiker Arthur hat er zusätzlich die Ausgabe von Audioguide- Buchhandlung `89 im Werkstatthof der Koestler benannt ist. Das wirtschaftlich selb- Geräten an die Besucher übernommen. Gedenkstätte ständige Unternehmen, dessen Name "Buch- Darüber hinaus stellte er für die meisten Ver- handlung '89" an die friedliche Revolution von anstaltungen der Gedenkstätte themenbezo- 1989 erinnert, bietet ein umfangreiches Sorti- gene Büchertische zusammen. Durch den ment an Veröffentlichungen zur DDR- angeschlossenen Kaffeeausschank erfüllt der Geschichte und verwandten Fragestellungen. Buchladen nicht zuletzt eine wichtige kommu- Das Angebot reicht von biographischer Liter- nikative Funktion. Allerdings sind die Räum- atur über populärwissenschaftliche Darstellun- lichkeiten, die sich in einer umgebauten Garage gen zum Staatssicherheitsdienst oder zur SED im ehemaligen Werkstatthof befinden, sehr bis hin zu Fachbüchern mit speziellen Fragestel- beengt und viel zu klein. lungen. Auch die Publikationen der Stiftung sind hier erhältlich. Besucherreaktionen Das Angebot der Buchhandlung stößt bei den Besuchern auf reges Interesse. Viele haben Die meisten Besucher ließ die Besichtigung das Bedürfnis, sich nach dem Rundgang des ehemaligen Stasi-Gefängnisses nicht Gästebucheintrag des Bundespräsiden- genauer zu informieren oder bestimmte unberührt. Fast immer endete der Rundgang ten Horst Köhler vom 14. November Sachverhalte zu Hause nachzulesen. Beson- damit, dass die Besucher am Schluss Beifall 2006 54 Besucherbetreuung

klatschten. Tausende bedankten sich persön- Mitunter erinnerten auch Zeitzeugen oder lich bei dem Gedenkstättenführer und entwick- deren Angehörige an vergangenes Unrecht elten oft noch ein starkes Gesprächsbedürfnis. und Leid. "Nie wieder" war ein immer Zugleich verzeichnete die Gedenkstätte zahlrei- wiederkehrendes Motiv zahlreiche Äußerun- che Spenden, die die Besucher zusätzlich zum gen. Eine Reihe von Besuchern berichtete Führungsentgelt aufbrachten. So erhöhte sich auch, dass sie zum wiederholten Male eine das Spendenaufkommen 2005 von 25 000 auf Führung absolviert und dabei immer wieder 35 000 Euro -- ein Anstieg von beinahe fünfzig Neues gelernt hätten. Viele versicherten Prozent. 2006 stieg es erneut an auf nunmehr zudem, die Besichtigung der Gedenkstätte Marie Borkowski-Foedrowitz (re.), 48 000 Euro. Da die Spendenbox mit dem Hin- anderen weiter empfehlen zu wollen -- 1971/72 in Hohenschönhausen weis versehen ist, dass die Gelder direkt der möglicherweise eine Ursache für den anhal- inhaftierte, bei ihrem Besuch in der Gedenkstätte zukommen, kann die Spenden- tenden Anstieg der Besucherzahlen. Die Gedenkstätte, 2006 bereitschaft auch als indirekter Indikator für die öffentlichen Auftritte ehemaliger MfS-Offiziere Wertschätzung ihrer Arbeit betrachtet werden. im Frühjahr 2006 führten schließlich zu einer regelrechten Welle von Reaktionen: Zahlreiche Die Gedenkstätte registrierte zudem eine Briefschreiber erklärten sich solidarisch mit der ungewöhnlich hohe Anzahl schriftlicher Reak- Gedenkstätte, empörten sich über die tionen. Viele Besucher trugen sich nicht nur am Dreistigkeit der alten Funktionäre und Ende der Führung in das am Ausgang liegende forderten deren Bestrafung. Viele kritisierten Gästebuch ein, sondern schrieben auch von zu auch die Rolle der PDS, das Verhalten des Hause noch Emails oder Briefe. Im Berichts- Berliner Kultursenators Thomas Flierl und die zeitraum wurden über 2500 Gästebucheintra- Politik der Bundesregierungen, die die Opfer gungen und Anschreiben vermerkt. Sie wurden der SED-Diktatur stiefmütterlich behandelt und alle in einer Datenbank erfasst, die mittlerweile die Verantwortlichen für das Unrecht privi- 4600 Datensätze umfasst. In 99 Prozent der legiert hätten (vgl. Anhang: Besucherstimmen). Fälle brachten die Besucher schriftlich zum Aus- druck, wie sehr sie der Besuch der Gedenk- Zu den Besuchern gehörte auch eine Reihe stätte berührt hätte. Nur sehr vereinzelt wur- ehemaliger politischer Häftlinge. Manchmal den ablehnende Äußerungen registriert, meist kamen sie nach Jahren oder Jahrzehnten zum wegen technisch-organisatorischer Probleme ersten Mal an den Ort ihrer Haft zurück oder oder wegen einer anderen politischen Meinung wollten ihren Angehörigen zeigen, was ihnen über die DDR-Vergangenheit. hier widerfahren war. Vielfach kamen auch Menschen, die auf andere Weise vom Anlass für einen Großteil der schriftlichen Staatssicherheitsdienst geschädigt wurden. Äußerungen war, dass sich die Besucher bei Zudem nahmen viele früher Verfolgte "ihrem" Besucherreferenten noch einmal für die regelmäßig an den Veranstaltungen der Führung bedanken wollten. Offenbar wirkte bei Gedenkstätte teil, die für sie offenbar ein vielen die Besichtigung noch lange nach. So wichtiger Anlaufpunkt ist. Zahlreiche Betrof- berichteten viele, dass sie oft noch tagelang in fene wandten sich auch schriftlich an die der Familie oder mit Freunden über den Besuch Gedenkstätte und baten diese um Rat. Es ver- in der Gedenkstätte gesprochen hätten. Meist steht sich von selbst, dass die Opfer der SED- lobten die Besucher die sachliche Zurückhal- Diktatur von den Mitarbeitern der Stiftung mit tung des Referenten, die angesichts seiner per- besonderem Respekt behandelt und nach sönlichen Verfolgungsgeschichte besonders Möglichkeit individuell geführt und betreut bewundernswert sei. Ost- wie Westdeutsche werden. Darüber hinaus werden sie auf das betonten zudem häufig, dass ihnen durch den Zeitzeugenbüro aufmerksam gemacht und zur Besuch in Hohenschönhausen der Wert der Kontaktaufnahme ermutigt. Eine psy- Freiheit wieder bewusst geworden sei. Viele chosoziale Betreuung oder eine Beratung in Alt-Bundesbürger zeigten sich erleichtert, dass Rehabilitierungs- und Entschädigungsfragen sie in einer Demokratie aufwachsen durften, kann die Gedenkstätte mangels entsprechen- während ehemalige DDR-Bürger bekannten, dem Personal jedoch ebenso wenig leisten wie dass ihnen die in der Gedenkstätte die Aufklärung der vielfältigen Verfolgungs- Besucherfragebogen zur Evaluierung der geschilderten Sachverhalte nur unzureichend maßnahmen des Staatssicherheitsdienstes. Führungen oder gar nicht bekannt gewesen seien. Besucherbetreuung 55

Angriffe von MfS-Mitarbeitern Schulen und Bildungsminister in Deutschland. In einem Begleitbrief behauptete die GRH über Im Berichtszeitraum kam es, wie erwähnt, die Gedenkstätte: "Was hier vor allem jungen erstmals zu massiven öffentlichen Angriffen Menschen an lügnerischen Behauptungen ehemaliger MfS-Mitarbeiter auf die über unmenschliche Behandlungen, Folter und Gedenkstätte. Mehrfach schlichen sich Tod vermittelt wird, spottet jeder Beschrei- führende Ex-Offiziere in Führungen ein, um bung". In einer Rezension warf die Zeitung der nach Fehlern zu suchen. Im Sommer 2005 Linkspartei.PDS im Berliner Bezirk Marzahn- gaben sich mehrere von ihnen -- darunter die Hellersdorf der Landesregierung im Dezember früheren stellvertretenden Minister für 2005 sogar vor, in den Umbau der Gedenk- Wolfgang Schwanitz (re.), Generalleut- Staatssicherheit Wolfgang Schwanitz und Ger- stätte Berlin-Hohenschönhausen in eine nant des MfS, mit anderen ehemaligen MfS-Offizieren bei einem Besuch der hard Neiber -- sogar als sächsische Historiker "'Geschichtsfälscherwerkstatt' zum Zwecke Gedenkstätte, links Zeitzeuge Mario Röl- aus und ließen heimlich ein Tonbandgerät mit- der Volksverhetzung rund 19 Mio. Euro" lig, Juni 2005 laufen. In verschiedenen Publikationen wurde investiert zu haben, um anschließend zu fra- später Hohn und Spott über die Gedenkstät- gen, warum die Staatsanwaltschaft gegen tenführer ausgeschüttet, deren Leidens- deren Leiter "noch kein Verfahren gemäß geschichten zu Phantasieprodukten erklärt Grundgesetz wegen Volksverhetzung einge- wurden. Manchmal provozierten einschlägig leitet" habe. vorbelastete Besucher auch schon während der Führung und forderten von den ehemaligen Am 14. März 2006 kam es bei einer Bürger- Häftlingen "Beweise" für deren Beschreibun- versammlung über die Aufstellung der erwäh- gen. Damit man ihre Spuren nicht zurückverfol- nten Informationstafeln in Hohenschönhausen gen kann, beschwerte sich jemand sogar beim zu neuerlichen Ausfällen gegen die Ge- Berliner Datenschutzbeauftragten, dass die denkstätte. Ein Referatsleiter der ehemaligen Gedenkstätte bei Gruppenführungen einen Ermittlungsabteilung fragte, warum "Nazi- und Ansprechpartner notiert. Kriegsverbrecher" zu Opfern der kommunistis- chen Diktatur gemacht würden, und der Die Agitation fand ihren vorläufigen Höhepunkt langjährige Gefängnischef beklagte sich über in einer Broschüre, die im Sommer 2005 unter die Gedenkstättenführer, "die immer wieder, dem Titel "Das Gruselkabinett des Dr. Hubertus immer wieder, und das ist leider so, immer Knabe(lari)" erschien. Ein ehemaliger Dozent wieder sich als Opfer darstellen und wir als der Pädagogischen Hochschule in Dresden ließ ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für sich in der 128 Seiten starken Kampfschrift in Staatssicherheit als Täter deklariert werden." Kampfschrift gegen die Gedenkstätte abfälliger Weise über die Gedenkstätte und die Ein weiterer MfS-Offizier und Sprecher eines Aufarbeitung des SED-Unrechts aus. Unter so genannten Insiderkomitees erklärte, Hohen- anderem kritisierte er, dass "zeitgeistgemäß" schönhausen sei "eine gute Adresse" gewesen als Zeitzeugen "ausschließlich sogenannte und Häftlinge aus der ganzen DDR hätten sich Opfer" gelten würden, "selbst wenn sie als darum beworben, "wegen der guten Haftbe- kriminelle Verbrecher gegen geltendes Recht dingungen hierher zu kommen". Für die ehe- der DDR oder Völkerrecht verstoßen haben". maligen Häftlinge waren diese Ereignisse sehr Den Bericht eines früheren Häftlings, der 1947 schmerzhaft, weil sie sich dadurch von den Ver- mehrere später rekonstruierte Folterzellen ein- antwortlichen zum zweiten Mal ins Unrecht bauen musste, erklärte er für "offenkundige gesetzt sahen. Geschichtsfälschung".

Die Broschüre wurde im Oktober 2005 unweit Besucherforschung der Gedenkstätte auf einer Veranstaltung der Gesellschaft zur rechtlichen und humanitären Die Gedenkstätte erhebt seit mehreren Jahren Unterstützung (GRH) vorgestellt, ein Verein, umfangreiche soziodemografische Daten über der vor allem aus ehemaligen MfS-Mitarbei- die Zusammensetzung der Besuchergruppen. tern, Grenztruppenoffizieren und Angehörigen In einer zentralen Datenbank werden u.a. der DDR-Justiz besteht. Anschließend orga- Angaben über die Größe der Gruppen, das Der ehemalige Gefängnischef von Hohenschönhausen Siegfried Rataizick nisierte man weitere Buchvorstellungen und Alter der Teilnehmer, ihre regionale Herkunft bei einer Bürgerversammlung im März schickte die Veröffentlichung an verschiedene und den Anmelder der Gruppe gespeichert. Bei 2006 56 Besucherbetreuung

den Rundgängen für Einzelbesucher kann nur (2006). Gelegentlich führten auch Hausmitar- die Anzahl der Teilnehmer erfasst werden, da beiter. Die meisten Besucher nahmen an einer diese nicht näher befragt werden. so genannten Standardführung (90 Minuten Führung plus 30 Minuten Einführungsfilm) teil. Die Zahl der Besucher ist im Berichtszeitraum Dass 2006 weniger als drei Prozent der weiter gewachsen. Waren es im Jahre 2004 Besucher an Seminaren und Projekttagen teil- noch 128 000 Interessierte, kamen 2005 rund nahmen (2005: vier Prozent) zeigt nicht nur, 141 000 -- eine Steigerung von 9,9 Prozent. dass die meisten Besucher eine ein- bis 2006 stieg die Zahl auf nahezu 173 000 Besu- zweistündige Besichtigung des Gefängnisbaus cher, was einen sprunghaften Anstieg von etwa bevorzugten, sondern war auch eine Folge der 23 Prozent bedeutet (Abb. 1). Vermutungen, erwähnten Mittelkürzungen durch die Bun- dass sich die zweistelligen Zuwachsraten deszentrale für politische Bildung. früherer Jahre allmählich abflachen würden, haben sich demnach nicht bestätigt. Zum über- durchschnittlichen Wachstum der Besucher- zahlen trug wahrscheinlich auch die 2006 wieder aufgeflammte Stasi-Debatte mit bei. Die Hetze ehemaliger MfS-Mitarbeiter gegen die Gedenkstätte hat eher das Gegenteil des Beabsichtigten bewirkt, nämlich noch mehr Besucher in die Gedenkstätte geführt. Seit Beginn der Führungen im Jahr 1994 hatten damit bis Ende 2006 mehr als 940 000 Men- schen das ehemalige Stasi-Gefängnis be- sichtigt -- der größte Teil (84 Prozent) seit Grün- Abb. 2: Durchschnittliche Stärke der angemeldeten und der in Führungen aufgeteilten Gruppen dung der Stiftung im Juli 2000.

Die Besucherzahlen unterlagen weiterhin starken saisonalen Schwankungen. Die meis- ten Besucher kamen im Frühling oder im Herbst, während die Sommer- und Winter- monate deutlich geringere Besucherzahlen verzeichneten (Abb. 3). Mit dem absoluten Anstieg der Besucherzahlen prägten sich auch die jahreszeitlichen Ausschläge weiter aus. Diese Entwicklung korrespondiert mit den Besucherzahlen anderer Einrichtungen und liegt vor allem an der bevorzugten Reisezeit Abb. 1: Anstieg der jährlichen Besucherzahlen organisierter Berlin-Besucher. Aber auch Einzelbesucher kommen eher im Frühling und Mit dem Anstieg der Besucherzahlen hat sich Herbst als im Hochsommer oder im Dezember naturgemäß auch die Zahl der Führungen und Januar. Versuche der Gedenkstätte, erhöht. Meldeten sich 2004 noch 5200 Grup- diesem Trend entgegenzuwirken, blieben weit- pen an, so waren es 2005 bereits mehr als gehend erfolglos, weil die Gruppen bei der 5400. 2006 lag die Zahl sogar bei fast 6100. Da Anmeldung der Führungen ihre Reisezeit in der größere Gruppen geteilt werden, stieg die Zahl Regel bereits fest geplant haben. der organisierten Führungen von 7100 im Jahr 2005 auf 8300 im Jahr 2006. Die Zahl der Teil- Das Jahr 2006 wich bezüglich der saisonalen nehmer pro Führung lag im Durchschnitt zwi- Schwankungen von den Vorjahren erheblich ab. schen 20 und 21 (Abb. 2). Der überwiegende Anders als sonst verzeichnete die Teil der Gruppen wurde durch ehemalige Gedenkstätte von März bis Mai ein steiles Häftlinge geführt (2005: 86 Prozent; 2006: 83 Anwachsen der Besucherzahlen. Wahrschein- Prozent). Der Anteil der Führungen mit His- lich war dies eine direkte Folge der Auftritte torikern betrug zwölf (2005) bzw. 15 Prozent ehemaliger Stasi-Mitarbeiter im März und April Besucherbetreuung 57

sowie des Kinostarts von "Das Leben der Anderen" im April. Im Juni fielen die Zahlen dann ungewöhnlich stark ab, was vermutlich mit der Fußballweltmeisterschaft zusammen- hing. Im Juli erholte sich das Besucherinter- esse jedoch wieder und die Zahlen stiegen -- zum ersten Mal in der Geschichte der Gedenkstätte -- zum Sommer wieder an. Mit mehr als 16 000 erreichten sie ein Niveau, das in früheren Berichtszeiträumen einem Rekord- monat entsprochen hätte. Auch im August Abb. 4: Verteilung der Besucher auf Wochentage 2006 kamen, trotz "Sommerloch", ungewöhnlich (Einzelbesucher und Gesamtzahl) viele Besucher: fast 60 Prozent mehr als im Vor- jahr. Im September stieg die Besucherzahl wie mensetzung der Gruppen oft nicht homogen erwartet deutlich an, aber das Herbstmaximum ist, wird die Einteilung lediglich nach den Inter- trat erst im Oktober ein. Mit mehr als 23 000 vallen bis 25 Jahre, 26 bis 60 Jahre sowie über Interessierten übertraf er alle bisherigen 60 Jahre vorgenommen. Nur etwa ein Prozent Monatszahlen (plus 59 Prozent gegenüber der Gruppenbesucher war über 60 Jahre alt. 41 2005). Auch die Novemberzahl war erstmals Prozent waren zwischen 26 und 60 Jahren. Die deutlich zweistellig, und erst im Dezember nor- Mehrzahl der Besucher -- 55 Prozent -- war malisierte sich die Nachfrage wieder. jedoch 25 Jahre und jünger. Dieser Befund deckt sich mit der Verteilung der Besucher auf verschiedene, von der Gedenkstätte erfasste gesellschaftliche Gruppen (Abb. 5). 2006 stell- ten danach Schüler und Studenten mit knapp 51 Prozent die Mehrzahl aller aus Deutschland kommenden angemeldeten Besucher. Gegenüber dem letzten Bericht bedeutete dies ein Anstieg um fast acht Prozent (2004: 43 Prozent; 2005: 49,7 Prozent).

Abb. 3: Jahresgang der Besucherzahlen 2004 bis 2006

Die Gedenkstätte hat die Besucherzahlen auch in höherer zeitlicher Auflösung (wöchentlich oder täglich) analysiert, um den Ressourceneinsatz weiter zu optimieren. So zeigt die Verteilung der Besucher auf die einzel- nen Wochentage (Abb. 4), dass die Nachfrage in der Wochenmitte am stärksten war, so dass entsprechend viele Führungen angeboten wer- Abb. 5: Besucherverteilung nach gesellschaftlichen Grup- den mussten. Betrachtet man die Zusam- pen 2006 mensetzung des Besucheraufkommens für die einzelnen Tage zeigt sich, dass am Wochen- An vielen Tagen besuchte mehr als ein Dutzend ende fast doppelt so viele Einzelinteressierte Schulklassen das ehemalige Stasi-Gefängnis. kamen wie an Werktagen. Aus diesem Grund Hinzu kommen noch junge Einzelbesucher und bietet die Gedenkstätte, wie oben berichtet, jugendliche Teilnehmer ausländischer Gruppen, am Samstag und Sonntag zu jeder vollen insbesondere aus Skandinavien, so dass 2006 Stunde einen öffentlichen Rundgang an. mehr als 90 000 junge Leute das ehemalige Gefängnis besucht haben dürften. Die Die Gedenkstätte versucht, auch das Alter der Gedenkstätte hat sich damit zur vermutlich Besucher festzustellen. Da die Alterszusam- bedeutendsten Bildungseinrichtung in 58 Besucherbetreuung

Deutschland entwickelt, in der junge Men- Jahr 2004 auf zwölf Prozent im Jahr 2006). schen über den Unrechtscharakter des SED- Staates aufgeklärt werden.

In die Gedenkstätte kamen auch zahlreiche Besucher, die von Abgeordneten des Deutschen Bundestages eingeladen wurden. Viele Parlamentarier betrachten es mittlerweile geradezu als "Ehrensache", Besuchergruppen aus ihren Wahlkreisen nach Hohenschön- hausen zu schicken. Nach einer Auswertung von Ende 2005 hatten von den etwa 600 Mit- gliedern des 15. Deutschen Bundestages mehr als 400 Besuchergruppen nach Hohenschön- Abb. 6: Ost-West-Verteilung der Besucher 2006 hausen entsandt. Manche Abgeordnete ließen es sich auch nicht nehmen, persönlich an dem Die Zahl der ausländischen Gruppenbesucher Besuch teilzunehmen. Diese Besuchergruppen hat sich im Berichtszeitraum mehr als verdop- werden von der Gedenkstätte in der Kategorie pelt. Kamen 2004 mehr als 8500 Gäste aus "Parteien, Kirche und Politik" erfasst, an der sie anderen Staaten, waren es 2005 fast 11 000 den größten Anteil stellen. Während die Zahl und 2006 sogar über 19 000. Die meisten von dieser Besucher in etwa konstant blieb, sank ihnen kamen aus Norwegen und Dänemark ihr Anteil am gesamten Besucheraufkommen (Abb. 7). Eine wesentliche Rolle dürften dafür von 23 (2004) auf 17,4 Prozent (2006) -- eine die dänischen und norwegischen Führungen Folge des starken Anstiegs der anderen Berei- des ehemaligen Hohenschönhausen-Häftlings che. Auch der Anteil der Gruppen aus dem Mike Fröhnel gespielt haben. Er war nach Bereich "Militär, Polizei, Feuerwehr und Justiz" seiner Haftentlassung Ende 1989 für ein Jahr ist aus diesem Grund von sechs (2003/2004) nach Dänemark gegangen, wo er Dänisch auf fünf Prozent (2005/2006) zurückgegangen. lernte und sich später auch Norwegisch In absoluten Zahlen ist aber auch die Zahl aneignete. Seine Führungen lösten einen regel- dieser Besucher mit rund 7500 Personen pro rechten Schneeballeffekt aus, den die Gedenk- Jahr leicht gewachsen. Dasselbe gilt für stätte nur mit Hilfe Englisch sprechender His- Besucher aus Gewerkschaften, freien Bil- toriker bewältigen konnte. Auf Platz drei der dungsträgern, Reise- und Privatgruppen, deren Länder-Rangliste lagen die Niederlande (einige Anteil mit ein bis vier Prozent ungefähr gleich Referenten sprechen etwas Holländisch), blieb. gefolgt von Großbritannien, der Schweiz, Frankreich, den USA, Schweden und Belgien. Die Gedenkstätte hat, wie in den Vorjahren, Obwohl die Gedenkstätte auch Führungen in auch die regionale Herkunft der Besuchergrup- französischer und spanischer Sprache anbietet, pen registriert (ohne Einzelbesucher). Eine haben sich nach Frankreich und Spanien bislang Auswertung der letzten beiden Jahre ergab, keine vergleichbaren Beziehungen wie nach dass der starke Anstieg der Besucherzahlen im Skandinavien entwickelt. Allerdings hat sich -- Berichtszeitraum im wesentlichen durch west- den fremdsprachigen Einträgen im Gästebuch deutsche und internationale Gruppen bewirkt zufolge -- auch bei den Rundgängen für wurde. Die Zahl der aus Berlin und Ost- Einzelbesucher der Anteil ausländischer Gäste deutschland kommenden Gruppenbesucher erhöht; statistisch können sie jedoch nicht blieb dagegen konstant. Der Anteil der ost- erfasst werden. deutschen Besucher am gesamten Besucher- aufkommen war sogar rückläufig. Er sank von 2006 hat die Gedenkstätte erstmals eine elf Prozent im Jahr 2004 auf nur noch neun umfangreiche Besucherbefragung durchge- Prozent im Jahr 2006 (Abb. 6). Auch der Anteil führt. Die Besucher wurden gebeten, einen der Gruppenbesucher aus Berlin -- wegen der Fragebogen auszufüllen, auf dem man Lob und zunehmenden Vermischung wird bei ihnen Kritik "loswerden" konnte. Die Gedenkstätte nicht mehr zwischen Ost und West unter- entwickelte dazu einen Fragenkatalog, der schieden -- ging leicht zurück (von 14 Prozent im schnell und leicht zu beantworten war. Er ori- Besucherbetreuung 59

entierte sich an einem Fragebogen, der vom Führung die Noten "sehr gut" oder "gut", zwei Museumspädagogischen Dienst in Berlin seit Drittel (60,4 %) urteilten sogar ausschließlich Jahren erfolgreich eingesetzt wird. Der Frage- mit "sehr gut". Lediglich fünf Prozent fanden bogen enthielt acht Fragen. Nach der Ein- den Gedenkstättenbesuch dagegen "befriedi- gangsfrage (Was hat Ihnen besonders gefall- gend" bis "mangelhaft", und nur zwei der en?) fordern die nächsten vier Fragen Kritik her- befragten Besucher vergaben ein "ungenü- aus (Was hat Ihnen nicht gefallen? Was war gend" (Abb. 8). Der Rest (drei Prozent) machte uninteressant? Was hat gefehlt? Was war über- keine Angaben. Insgesamt benoteten die flüssig?). Antworten standen nicht zur Besucher die Führung mit einer Durch- Auswahl, sondern die Fragen sollten in freier schnittsnote von 1,4, also mit "sehr gut". Assoziation beantwortet werden. An- schließend wird um eine Gesamtnote der Führung (von 1 bis 6) gebeten. Schließlich wer- den einige statistische Angaben erfragt (Bun- desland, ggf. Berliner Stadtbezirk, Alter etc.). Am Ende können die Besucher eigene Bemerkungen und Vorschläge zu Papier brin- gen (Frage Nr. 7). Durch die Befragung sollten auch zurückhaltendere Besucher zu einer Mei- nungsäußerung ermutigt werden. Auch diejeni- gen, die unter dem Eindruck des Besuchs keine Kritik äußern mochten, sollten animiert wer- den, ein Urteil abzugeben. Ziel war es, ein Abb. 8: Benotung der Führungen möglichst objektives Bild von den Eindrücken der Besucher zu bekommen. Zur ersten Frage (Was hat Ihnen besonders gefallen?) machten 96 Prozent konkrete Angaben. Vierzig Prozent äußerten sich positiv darüber, dass sie von Zeitzeugen geführt wor- den waren. 29 Prozent gefiel die Führung im All- gemeinen, acht Prozent lobten die Kompetenz des Besucherreferenten und sechs Prozent das Gedenkstättenkonzept. Zwölf Prozent nannten weitere Aspekte, die sich schwer kate- gorisieren lassen.

Auf die zweite Frage (Was hat Ihnen nicht gefallen?) schrieben fast 800 Besucher, ihnen Abb. 7: Ausländische Besucher 2006 nach Ländern (links: habe alles gefallen. 62 Prozent strichen das Norwegen, Dänemark, Niederlande, Großbritannien) Feld demonstrativ durch, und 14 Prozent erklärten, es gäbe nichts, was ihnen nicht Von März bis November 2006 wurden die gefallen hätte. Mit kritischen Hinweisen Bögen im Eingangsbereich der Gedenkstätte reagierten 388 Befragte (33 Prozent). 13 Pro- ausgelegt. Die Besucher wurden ermuntert, zent von ihnen beklagten die Akustik und zwölf ihn anonym auszufüllen und anschließend in Prozent die Länge des Einführungsfilmes. eine Plexiglasbox zu werfen. Insgesamt wur- Diese Kritik nahm aber zum Ende des Befra- den bis Ende Oktober 1183 Fragebögen zurück- gungszeitraums deutlich ab, da der Film, wie gegeben oder per Post an die Gedenkstätte erwähnt, vom MDR neu abgemischt wurde. geschickt. Die Antworten auf den Fragebögen Neun Prozent der kritischen Hinweise bezogen wurden in eine Datenbank eingegeben, statis- sich auf die Länge des Rundganges, acht Pro- tisch ausgewertet und die Ergebnisse grafisch zent auf die Didaktik des Referenten. Weitere aufbereitet. Entgegen den Erwartungen zeigte acht Prozent fanden, dass zu viele Führungen sich bei der Auswertung kein signifikant parallel liefen, weil die Gedenkstätte auch in anderes Bild als bei den spontanen Äußerun- den stark frequentierten Monaten keine gen der Besucher: 92 Prozent vergaben für die Besucher abgewiesen hat. Die Hälfte der 388 60 Besucherbetreuung

Äußerungen zur zweiten Frage wurde bei der oder gelegentlich als polemisch empfundene Auswertung nicht in Kategorien zusammenge- Äußerungen beklagt. Manche Äußerungen fasst. Einige klagten über zu wenig Zeit, Fotos ließen jedoch auch aus bestimmten DDR- zu machen, andere vermissten eine Raucher- Biographien resultierende Befindlichkeiten pause, Witzbolde monierten, dass das Wetter erkennen, etwa wenn gefordert wurde, die hätte besser sein können. DDR nicht schlecht zu machen oder wenn der "Kalte Krieg" für die Menschenrechtsverletzun- Zur dritten Frage (Was war uninteressant?) gen durch den Staatssicherheitsdienst verant- erklärte die überwältigende Mehrheit der wortlich gemacht wurde. Der von einigen Befragten, dass nichts uninteressant gewesen Besuchern geäußerte Wunsch, den Rundgang sei (1077 von 1183). 21 Prozent ließen das Feld mit Informationstafeln auszustatten, deckt sich einfach unausgefüllt, 59 Prozent strichen es mit entsprechenden Plänen der Gedenkstätte demonstrativ durch, 20 Prozent schrieben aus- (vgl. Ausstellungen). drücklich, nichts sei uninteressant bzw. alles sei interessant gewesen. Nur neun Prozent erk- lärten einige Aspekte der Führung für uninter- essant, wobei mehr als die Hälfte davon auf die Kritik des Einführungsfilmes entfiel (58 von 1183 Befragten; fünf Prozent aller Fragebögen).

Ähnlich war die Reaktion auf die vierte Frage (Was hat gefehlt?). 874 Befragte schrieben, dass nichts gefehlt habe. 58 Prozent hatten das Feld kurzerhand durchgestrichen, während 17 Prozent explizit schrieben, dass alles erwähnt worden sei und nichts gefehlt habe. 309 Per- Abb. 9: Veränderungswünsche von Besuchern sonen (26 Prozent) nannten Dinge, die sie ver- misst hätten. Sie schrieben zum Beispiel, sie Mit Hilfe des Frageabschnitts Nr. 7 wurden hätten gern noch mehr Teile des weiträumigen sozio-demographische Daten erhoben. 96 Geländes gesehen, mehr Zeit für die Besichti- Prozent der Befragten kamen danach aus gung gehabt oder sich eine noch ausführlichere Deutschland. Ausländer hatten sich -- vermut- Führung gewünscht. Manche vermissten lich aufgrund von Sprachproblemen -- nur sel- Sitzgelegenheiten, eine Ausstellung zum Ort ten (vier Prozent) an der Befragung beteiligt. 64 oder eine stärkere historische Kontextu- Prozent der Befragten waren unter 25 Jahre alt. alisierung (Abb. 9). 44 Besucher meinten, ihnen Diese leichte statistische Verzerrung gegen- habe der Film gefehlt, der aus Zeitgründen (z.B. über dem Besucheraufkommen lag wahr- bei Verspätungen) in wenigen Fällen nicht scheinlich daran, dass Lehrer die Fragebögen gezeigt werden konnte. Auf die Frage Nr. 5 gern mitnahmen und zur Nachbereitung des (Was war überflüssig?) antworteten dagegen Gedenkstättenbesuches benutzten. Rund 19 etwa gleich viele Besucher (54), der Film sei Prozent waren 25 bis 50 Jahre alt und 13 überflüssig gewesen. Insgesamt machten Prozent über 50. Was die regionale Zusam- lediglich 105 Personen (weniger als neun mensetzung anbetrifft, so kamen am meisten Prozent) zu diesem Punkt Angaben, die sich mit Besucher (268 Personen) aus Bayern, gefolgt den bereits erwähnten Kritikpunkten deckten. von Nordrhein-Westfalen (180), Berlin (148), Die überwältigende Mehrheit der Besucher Baden-Württemberg (135) und Hessen (106). (1078 Befragte oder 84 Prozent) betonte, dass Die Länder Sachsen (29), Thüringen (13) und nichts überflüssig gewesen sei. Sachsen-Anhalt (7) waren nur schwach vertreten. Berücksichtigt man freilich die unter- Die Ergebnisse der Befragung wurden in zwei schiedliche Bevölkerungsstärke der Länder, Weiterbildungsveranstaltungen mit den dann haben sich aus Berlin am meisten Besucherreferenten ausgewertet, um Besucher an der Befragung beteiligt. Diese Schlussfolgerungen für eine weitere Verteilung entspricht ungefähr der auch sonst Verbesserung der Arbeit zu ziehen. So hatten gemessenen regionalen Zusammensetzung sich einige Besucher über zuviel Sarkasmus der Besucher. 61

Aushebung des Erdreiches am Altbau, November 2006

Bautätigkeit

Das Land Berlin hat der Stiftung Gedenkstätte vorschriften der Bundesrepublik entsprach: Es Berlin-Hohenschönhausen zur Wahrnehmung gab -- was kaum verwundert -- weder ihrer Aufgaben die Grundstücke und Gebäude Fluchtwege für den Gefahrenfall, noch in der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt in existierten ausreichende Vorkehrungen für den der Genslerstrasse 66 unentgeltlich zur Brandschutz. Die gesamte Elektrik des Nutzung überlassen. Für die Stiftung ergibt sich Gefängnisses musste abgeklemmt werden, daraus die Verpflichtung, die denkmal- weil sie nicht den VDE-Normen entsprach. geschützte Anlage zu erhalten, zu pflegen und Selbst die Statik der Wände und Decken wider- für die Sicherheit von Besuchern und Mitar- spricht größtenteils bundesdeutschen Sicher- beitern Sorge zu tragen. Verantwortlich für Pla- heitsvorschriften. Aus der Umwidmung zur nung, Durchführung und Finanzierung der Gedenkstätte resultierte schließlich ein völlig notwendigen Baumaßnahmen ist die Senats- neuer Raumbedarf: Statt Zellen und verwaltung für Stadtentwicklung. Die Ge- Vernehmerräumen sind Besuchertoiletten, denkstätte ist zwar Nutzer der Gebäude, aber Seminarräume oder Räumlichkeiten für Buch- nicht Herr des Verfahrens. handlung und Caféteria erforderlich.

Die Gebäude der Untersuchungshaftanstalt Zur Lösung der drängendsten Bauprobleme befanden sich bei ihrer Übernahme durch die wurden zwischen 1995 und 2004 rund 18 Mil- Gedenkstätte in einem maroden Zustand. Nach lionen DM oder 9 Millionen Euro investiert. Die mehrjährigem Leerstand in unbeheiztem Zu- Bundesregierung beteiligte sich an den Kosten stand war die Bausubstanz teilweise stark in mit etwa 2,5 Millionen Euro. Nach einem im Mitleidenschaft gezogen. Wasser- und Ab- Sommer 2002 verhängten Baustopp kamen wasserleitungen waren meist nicht mehr funk- die Bauarbeiten weitgehend zum Erliegen. tionsfähig, Dächer und Fenster dringend Während die Arbeiten bis dahin als Bauunter- reparaturbedürftig, Heizkörper zerplatzt. Hinzu halt betrachtet wurden, musste nunmehr zwis- kam, dass die Anlage in keiner Weise den Bau- chen Maßnahmen der Bauunterhaltung und 62 Bautätigkeit

investiven Baumaßnahmen unterschieden 2007 zu beginnen und diesen bis Juni 2009 werden. Zugleich wechselten bei der Senats- abzuschließen, ist deshalb nicht mehr einzuhal- verwaltung für Stadtentwicklung die Zu- ten. Bund und Land haben vor, die Mittel ab ständigkeiten, und ein neuer Architekt wurde dem Jahr 2008 in den öffentlichen Haushalten beauftragt. Der dadurch ins Stocken geratene einzuplanen, so dass mit der Eröffnung der Umbauprozess ist im Berichtszeitraum glück- Dauerausstellung frühestens 2011 gerechnet licherweise wieder in Gang gekommen. Die werden kann. Nachdem die jeweiligen Planung des Umbaus (investive Maßnahmen) Regierungen ihre entsprechenden Haushalt- und die Sanierung der maroden Bausubstanz sentwürfe beschlossen haben, steht noch die Freigelegtes Fundament des Altbaus (Unterhaltsmaßnahmen) konnten weitgehend Zustimmung der Parlamente aus. Insgesamt abgeschlossen werden. sind 16,23 Millionen Euro eingeplant, verteilt auf die Jahre 2008-2011.

Investive Maßnahmen Als vorgezogene investive Baumaßnahme begann im November 2006 die Errichtung von Für die Arbeit der Gedenkstätte ist eine Reihe Depoträumen im Keller des Vernehmertraktes. größerer Umbauten erforderlich: Nachdem in Die Stiftung entwickelte dazu eine Konzeption, früheren Jahren bereits mehrere Seminar- die die Schaffung von ca. 500 qm Lagerfläche räume und eine moderne Toilettenanlage zur zentralen Lagerung der Objektsammlung geschaffen wurden, geht es jetzt vor allem der Gedenkstätte vorsieht. Im Rahmen der darum, Flächen für die geplante Dauerausstel- Bauarbeiten müssen in dem Keller des Ver- lung zu schaffen. Zu diesem Zweck soll die nehmertrakts eine horizontale Wassersperre frühere Halle der Großküche, die der DDR- eingezogen, die Heizungs- und Elektroanlagen Staatssicherheitsdienst zu Lagerräumen erneuert, Tischler- und Malerarbeiten ausge- umfunktioniert hatte, zu einer Ausstellungs- führt, für Lichtschutz gesorgt sowie Brand- und halle umgebaut werden. Ferner sind neue Einbruchmeldeanlagen eingebaut werden. Räumlichkeiten für Bibliothek, Archive und Ver- Nach Abschluss der Arbeiten sowie Einbau der anstaltungen sowie ein Foyer, eine Caféteria, notwendigen Lagertechnik stehen ca. 1,8 ein Museumsshop und ein Erste-Hilfe-Raum Regalkilometer Lagerfläche zur Verfügung. Fundamentisolierung am Altbau vorgesehen. Das renommierte Bonner Haus der Geschichte (HdG) hat dazu einen entsprechenden Vorschlag entwickelt. Unterhaltsmaßnahmen

Auf der Basis des im September 2003 verab- Wie in der Vergangenheit wurde im Berichts- schiedeten Raumprogramms wurde 2005 eine zeitraum eine Reihe von Baumaßnahmen zum Kostenschätzung vorgelegt und von der Sen- Erhalt des Gebäudes durchgeführt. So konnte atsverwaltung für Stadtentwicklung geprüft. die Sanierung der maroden Elektrik im soge- Danach sind Investitionen in Höhe von 13,1 Mil- nannten U-Boot 2006 zum Abschluss gebracht lionen Euro für die Herrichtung des Hauptge- werden. Ferner wurde der Keller des Altbaus bäudes erforderlich. Für die Erstausstattung vor dem Eindringen von Feuchtigkeit und die Ausstellungsarchitektur wurden 2,7 geschützt. Dazu mussten die Fundamente run- Millionen Euro veranschlagt, für den Auszug dum freigelegt und isoliert werden. Die Maß- der Gedenkstättenverwaltung während der nahmen zum Erhalt des ehemaligen Bauzeit 420 000 Euro. Alles in allen werden die Haftkrankenhauses, vor allem die Sanierung Kosten auf 16,23 Millionen Euro veranschlagt. der Heizung in den historischen Innenräumen sowie die Instandsetzung der Hofgangzellen, Im Berichtszeitraum wurden die Mittel in den wurden vorbereitet, ferner die Installierung Haushalten des Landes Berlin und des Bundes eines Blitzschutzsystems und die Nutzung der nicht etatisiert. Dadurch gerieten alle darauf sogenannten Regenwasserrigolen, in denen basierenden Maßnahmen wie die Ausschrei- das Niederschlagswasser gesammelt wird. Die bung eines Wettbewerbs, Vertragsabschlüsse Arbeiten wurden von der Gedenkstätte in für die Planungen und die Aufstellung von Pla- Zusammenarbeit mit dem Architekten, der Bauarbeiten im Hof der Gedenkstätte vor dem Eingang zum “U-Boot” (re.) und der nungsunterlagen ins Stocken. Der ursprüng- unteren Denkmalschutzbehörde und der Se- Fahrzeugschleuse (links oben) liche Zeitplan, mit dem Bau im September natsverwaltung für Stadtentwicklung vorge- Bautätigkeit 63

plant, betreut und in den laufenden Besucher- der Beschädigungen analysieren und Emp- betrieb eingepasst. fehlungen für den Erhalt des denkmalge- schützten Interieurs geben sollte. An aus- Im Rahmen des Bauunterhalts hat die Se- gewählten Stellen wurde getestet, wie die natsverwaltung für Stadtentwicklung im Tapeten gesäubert, dauerhaft befestigt und Berichtszeitraum auch verschiedene Reno- restauriert werden könnten. Zentrales Ergeb- vierungsmaßnahmen durchgeführt. So wurde nis des im Frühjahr 2006 fertiggestellten der ehemalige Vorführraum der Staatssicher- Gutachtens war, dass zuallererst die enormen heit (Raum 38/39) zu einer Ausstellungsfläche Temperaturschwankungen in dem Gebäude hergerichtet; er kann zugleich als Seminarraum eingedämmt werden müssen, die die Tapeten Vorbereitende Aushubmaßnahmen zur für Besuchergruppen genutzt werden. Drei stark in Mitleidenschaft ziehen. Dazu müsste Erneuerung der Versorgungsleitungen, 2005 ehemalige Garagen wurden, wie erwähnt, so jedoch die Heizungsanlage erneuert werden, umgebaut, dass eine 85 Quadratmeter große was wiederum erhebliche bauliche Eingriffe zur Fläche für Wechselausstellungen entstand. Die Folge hätte. Eine zufriedenstellende Lösung für marode Eingangstür zum Gefängnis wurde das Problem wurde bislang nicht gefunden. Die originalgetreu erneuert. Im Wege von Restaurierung der bereits geschädigten Schadensmeldungen wurden zudem Repara- Flächen ist dem Gutachten zufolge mit erheb- turen an der KfZ-Schleuse und an den Gitter- lichen Kosten verbunden. Deshalb wird toren im Eingangsbereich vorgenommen geprüft, ob die Tapeten in den betroffenen sowie für Beleuchtung in der KfZ-Schleuse und Bereichen möglicherweise vollständig ersetzt in ausgewählten Zellen gesorgt. oder maschinell entsäuert werden können, ohne den optischen Gesamteindruck des Gebäudes zu verändern. Grundsätzlich soll Denkmalschutz jedoch möglichst viel des originalen Materials erhalten werden. Die Gebäude der ehemaligen Untersuchungs- haftanstalt des DDR-Staatssicherheitsdienstes Damit die ehemalige Haftanstalt auch von wurde 1992 komplett unter Denkmalschutz außen möglichst authentisch erscheint, hat gestellt. Nachdem die äußeren Schutzmaßnah- sich die Gedenkstätte im Berichtszeitraum men durch Sanierung der Fenster im Neubau gegen eine vom Bezirk Lichtenberg beab- sowie der Dächer und die Isolierung der Fun- sichtigte Asphaltierung der Pflasterstraße vor Umbau von Garagen zu Ausstellungs- damente weitgehend abgeschlossen wurden, dem ehemaligen Gefängnistor gewandt. Unter flächen, Mai 2006 bereitete der Stiftung im Berichtszeitraum vor Berufung auf den so genannten Umgebungss- allem der Erhalt der historischen Innenflächen, chutz nach dem Berliner Denkmalschutzgesetz insbesondere im so genannten Neubau, Sor- konnte erreicht werden, dass zumindest ent- gen. lang der alten Gefängnismauer der ursprüngliche Zustand der Straße erhalten Das Gebäude zeichnet sich durch eine typische blieb. Der Vorschlag der Gedenkstätte, die MfS-Atmosphäre aus, die von den Fußboden- Asphaltdecke an der früheren Außengrenze belägen aus PVC, dem schlichtem Anstrich der des MfS-Sperrgebietes enden zu lassen, Zellen und Zellenflure und den grün-beige wurde jedoch nicht berücksichtigt. gemusterten Tapeten in den Vernehmerbüros geprägt wird. Diese historischen Oberflächen stehen unter Denkmalschutz, weisen jedoch, insbesondere in den durch den musealen Rundgang erschlossenen Bereichen, durch Alterung, Witterungseinflüsse, Atemluft und den Besucherabrieb bereits erhebliche Schä- den auf.

Im Frühjahr 2005 wurde eine erste Bestands- aufnahme vorgenommen. Auf Anregung der Gedenkstätte gab die Senatsbauverwaltung ein Fachgutachten in Auftrag, das die Ursachen Aufriss des Werkstatthofs, Frühjahr 2005 64

Zählung der Besuchereinnahmen

Haushalt

Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen und Medien die Überdachung des Gefan- ist eine selbständige Stiftung öffentlichen genenwaggons auf dem Gelände der Gedenk- Rechts des Landes Berlin. Sie gehört zum Kreis stätte mit einer projektgebundenen Zuwen- der so genannten institutionellen Zuwen- dung von 13 000 Euro; die übrigen Kosten in dungsempfänger. Zur Erfüllung ihrer gesetz- Höhe von 30 000 Euro wurden aus Spenden lichen Aufgaben erhält sie eine regelmäßige der Besucher aufgebracht. Die Stiftung zur staatliche Unterstützung aus dem Berliner Lan- Aufarbeitung der SED-Diktatur finanzierte deshaushalt, an deren Finanzierung sich die Kosten in Höhe von 7500 Euro für die Aufstel- Bundesrepublik Deutschland zur Hälfte lung der erwähnten Informationstafeln im ehe- beteiligt. Auf Landesseite ressortiert sie beim maligen MfS-Sperrgebiet Berlin-Hohenschön- für kulturelle Angelegenheiten zuständigem hausen. Die Bundeszentrale für politische Bil- Mitglied des Berliner Senats (bis Dezember dung beteiligte sich im Berichtszeitraum mit 2006: der Senator für Wissenschaft, Forschung 26 000 Euro an der Durchführung von Semi- und Kultur Dr. Thomas Flierl); auf Bundesseite naren und Projekttagen. Erhebliche Einnahmen beim Beauftragten der Bundesregierung für flossen nicht zuletzt durch private Spenden Kultur und Medien (bis November 2005: (83 300 Euro) und durch die Erhebung einer Staatsministerin Christina Weiss, dann Motivmiete für Filmaufnahmen (3600 Euro). Staatsminister Bernd Neumann). Hinzu kamen materielle Zuwendungen im Wege des Sponsorings zweier Werbekampag- Seit Gründung der Stiftung im Jahr 2000 be- nen, die einer Medialeistung von über 175 000 trugen die jährlichen Zuwendungen in etwa Euro entsprachen. gleichbleibend gut eine Million Euro. Hinzu kamen Eigeneinnahmen und Drittmittel in Die Ausgaben der Stiftung gliederten sich in Höhe von rund 300 000 Euro. So unterstützte Personalausgaben, sächliche Verwaltungsaus- der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur gaben sowie Zweckausgaben und sonstige 65 Haushalt 65

Bewirtschaftungskosten für Grundstück und Beschluss des Stiftungsrates angehoben. Seit- Gebäude. Der größte Teil der Ausgaben -- mehr dem muss jeder erwachsene Besucher drei als 900 000 Euro pro Jahr -- entfiel auf das Per- statt früher zwei Euro zahlen (ermäßigt 1,50 sonal, also auf die Gehälter der fest angestell- Euro, Schüler frei). Gleichwohl konnte der Kos- ten Mitarbeiter sowie auf die Löhne der Hono- tenanstieg für die Führungshonorare nur teil- rarkräfte, Zeitarbeitskräfte und Aushilfen. weise aufgefangen werden. Nach der Knapp 400 000 Euro flossen in die unter- Erhöhung des Besucherentgeltes stiegen die schiedlichsten Sachkosten, von der Reinigung Einnahmen daraus von 93 000 Euro im Jahr des Gebäudes bis zu den Telefongebühren. Die 2003 auf 166 000 Euro in 2004. Im Berichts- Ausgaben erhöhten sich von 1,27 Millionen zeitraum erhöhten sie sich leicht von 170 000 Euro im Jahr 2004 auf 1,39 Millionen Euro im im Jahr 2005 auf 194 000 Euro im Jahr 2006. Jahr 2006. Die teilweise erheblichen Kosten für Der Zuwachs von 28 000 Euro ging vor allem die Baumaßnahmen in der Gedenkstätte sind auf die größere Zahl von Einzelbesuchern zu- nicht bei der Stiftung, sondern bei der Berliner rück, die an einem öffentlichen Rundgang teil- Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nahmen. Insbesondere die wachsende Zahl etatisiert, so dass sie in diesem Bericht keine von Schülern führte jedoch dazu, dass sich die Berücksichtigung finden. Nettokosten für die Führungen gegenüber 2004 fast verdoppelten. Sie stiegen im Be- Der Haushalt der Stiftung muss jährlich nach richtszeitraum um rund 63 000 Euro (2004: den haushaltsrechtlichen Bestimmungen der 72 000 Euro; 2005: 129 000 Euro; 2006: Zuwendungsgeber aufgestellt werden. Das 135 000 Euro). bedeutet, dass die Gedenkstätte wie eine öffentliche Einrichtung nach kameralistischen Im Haushaltsjahr 2005 wurde die Gedenkstätte Grundsätzen wirtschaftet. Der Haushalt darf von den Zuwendungsgebern mit insgesamt nicht überzogen werden, und Überschüsse 1 065 000 Euro unterstützt. Das Land Berlin müssen, soweit sie nicht übertragen werden brachte davon 520 000 Euro auf. Darüber hin- können, zurückgegeben werden. Temporäre aus ordnete es zwei Lehrer zu jeweils 50 Haushaltssperren führen zum vorübergehen- Prozent ihrer Arbeitszeit an die Gedenkstätte den Stopp aller nicht gesetzlich vorgeschriebe- ab, um die Betreuung von Schülern und nen Ausgaben. Gemäß Stiftungsgesetz wird Lehrern zu unterstützen. Der hälftige Zuschuss die Rechnungslegung der Stiftung jährlich von des Bundes betrug demgemäß 545 000 Euro. einem Wirtschaftsprüfer geprüft. Darüber hin- Hinzu kamen mehr als 260 000 Euro Eigenein- aus haben Landes- und Bundesrechnungshof nahmen, die vor allem aus dem Besucherent- ein Prüfungsrecht. gelt für die Führungen sowie aus Spenden resultierten. Die Gesamteinnahmen im Jahr Die Bewirtschaftungskosten für das aus- 2005 betrugen damit 1 347 000 Euro. Die Aus- gedehnte Gelände der ehemaligen Haftanstalt gaben beliefen sich im selben Jahr auf sind im Berichtszeitraum um fast 20 Prozent 1 321 000 Euro. Mit 908 000 Euro stellten die angestiegen. Lagen sie 2004 bei rund 160 000 Personalausgaben dabei den größten Posten Euro betrugen sie 2006 annähernd 190 000 (im Unterschied zu den Vorjahren wurden die Euro. Aufgrund der stark gestiegenen Führungshonorare seit 2005 nicht mehr als Ver- Besucherzahlen nahmen in den letzten Jahren anstaltungskosten, sondern als Personalaus- auch die Kosten für die Führungen weiter zu (in gaben gebucht). Über 180 000 Euro machten Anlehnung an die Honorarordnung des Landes allein die Bewirtschaftungskosten für Grund- Berlin wurden die Referenten mit einem Stun- stück und Gebäude aus. densatz von rund 26 Euro honoriert). Gegenüber 2004 (238 000 Euro) erhöhten sie Haushaltsjahr 2005 sich im Berichtszeitraum um mehr als 91 000 Euro oder 38 Prozent (2005: 299 000 Euro; Einnahmen 2006: 329 000 Euro). Im Unterschied zu Zuwendung (Bund + Land) 1.065.000,00 Euro anderen Gedenkstätten war die Gedenkstätte Besuchergruppenerlöse 169.848,30 Euro deshalb gezwungen, für die Teilnahme an einer Spenden 35.212,39 Euro Führung eine Kostenbeteiligung zu erheben. Sonstige 77.322,04 Euro Im Februar 2004 wurde der Kostenbeitrag auf Summe 1.347.382,73 Euro 66 Haushalt

Ausgaben Spenden 48.113,77 Euro Personalausgaben 609.105,38 Euro Sonstige 88.585,30 Euro Sächliche Summe 1.417.989,43 Euro Verwaltungsausgaben 144.187,27 Euro Honorare Führungen 298.651,30 Euro Ausgaben Zweckausgaben 59.390,15 Euro Personalausgaben 611.428,83 Euro Sonst. Bewirtschaftungskosten Sächliche für Grundstück und Gebäude 181.134,43 Euro Verwaltungsausgaben 158.448,37 Euro Ausgaben im Zusammenhang- Honorare Führungen 329.267,30 Euro mit Spenden und zweckge- Zweckausgaben 53.218,80 Euro bunden Zuwendungen 28.162,38 Euro Sonst. Bewirtschaftungskosten nicht verausgabte Mittel 0,00 Euro für Grundstück und Gebäude 189.866,25 Euro Summe 1.320.630,91 Euro Ausgaben im Zusammenhang- übertragbarer Haushaltsrest 26.751,82 Euro mit Spenden und zweckge- bunden Zuwendungen 48.114,78 Euro nicht verausgabte Mittel 0,00 Euro Summe 1.390.344,33 Euro übertragbarer Haushaltsrest 27.645,10 Euro

Erlöse und Aufwendungen nach Monat 2005

Erlöse und Aufwendungen nach Monat 2006

Prozentuale Verwendung der Zuwendungen 2005

Im Haushaltsjahr 2006 stiegen die Gesamtein- nahmen der Stiftung auf 1 417 989 Euro. Der Prozentuale Verwendung der Zuwendungen 2006 Bund erhöhte seine Zuwendung auf 570 000 Euro, während der Zuschuss des Landes Berlin in etwa gleich blieb. Die Einnahmen aus dem Führungsentgelt der Besucher wuchsen um mehr als 23 000 Euro gegenüber 2005, die aus Spenden um über 12 000 Euro.

Haushaltsjahr 2006

Einnahmen Zuwendung (Bund + Land) 1.087.750,00 Euro Besuchergruppenerlöse 193.540,36 Euro 67 67

Die Mitarbeiter der Gedenkstätte im Rosenhof

Personal

Die Stiftung verfügt laut Stellenplan über einen 1 Mitarbeiter für Bibliothek / Personalbestand von zwölf Planstellen. Neben Archiv / Öffentlichkeitsarbeit dem Direktor gehören dazu eine wis- 1 Hausmeister / Handwerker senschaftliche Mitarbeiterin, ein Referent für 3 Mitarbeiter im Besucherdienst politische Bildung, ein Verwaltungsleiter, eine 12 Gesamt wissenschaftliche Assistentin und sieben niedriger eingruppierte Beschäftigte. Letztere Die zwölf festangestellten Mitarbeiter der kommen vor allem in der Besucherbetreuung Stiftung konnten im Berichtszeitraum nur die und in der Verwaltung der ehemaligen Gefäng- wichtigsten Grundfunktionen der Gedenkstät- nisanlage zum Einsatz. Obwohl sich die Zahl tenarbeit wie Besucherdienst, Verwaltung, der Besucher seit Gründung der Stiftung im Juli Hausorganisation, politische Bildung, Zeitzeu- 2000 mehr als verdreifachte, hat sich der Stel- genbüro, Öffentlichkeitsarbeit sowie Ausstel- lenplan nicht verändert: lungsbetreuung und Sammlungen abdecken. Wichtige Arbeitsbereiche -- zum Beispiel die Der Stellenplan der Stiftung gliedert sich wie Beziehungen zu vergleichbaren Gedenkstätten folgt: in Osteuropa oder die systematische Erforschung des Haftortes Hohenschönhausen Stellen -- konnten nicht mit der gebotenen Intensität anzahl Funktion entwickelt werden. Durch die knappe Person- 1 Wissenschaftlicher Direktor aldecke wurden die Mitarbeiter im Bericht- 1 Verwaltungsleiter szeitraum oft über Gebühr belastet. Viele Auf- 1 wissenschaftliche Mitarbeiterin gaben mussten zudem durch Teilzeit-, Honorar- 1 Referent für politische und Hilfskräfte erledigt werden, die ebenfalls Bildungsarbeit der Einweisung und der Betreuung bedurften. 1 Fremdsprachensekretärin Für die Arbeit mit Schülern stellte der Senator 1 Personal- und Haushaltssach- für Bildung, Jugend und Sport, wie erwähnt, bearbeiterin seit August 2004 zwei Lehrer zur Verfügung, 1 wissenschaftliche Assistentin die mit jeweils 50 Prozent ihrer Arbeitszeit an die Gedenkstätte abgeordnet wurden. Der 68 Personal

Bund finanzierte im Gegenzug eine dritte halbe Stelle, die mit einem Historiker besetzt wurde.

Um den Stamm des festangestellten Person- als zu erweitern, wurde im Rahmen des gel- tenden Stellenplanes seit Frühjahr 2005 eine zusätzliche Mitarbeiterin für den Ausstellungs- bereich eingestellt. Dies wurde dadurch möglich, dass der Verwaltungsleiter auf eige- nen Wunsch seine Vollzeitstelle auf 28,5 Std./Woche reduzierte und eine Vollzeitstelle im Besucherdienst im Rahmen einer Neube- setzung auf 25 Std./Woche verringert wurde. Durch beide Maßnahmen wurden zusätzliche Stellenanteile von 23,5 Wochenstunden für eine Teilzeitkraft frei, mit deren Hilfe zeit- aufwändige Projekte wie das neue Info-Center oder ein Besucherleitsystems realisiert werden konnten.

Außer dem im Stellenplan ausgewiesenen Per- sonal beschäftigte die Gedenkstätte im Berichtszeitraum zeitweise - 9 Zeitzeugen und Historiker als Besucherreferenten für die Führungen durch die Gedenkstätte, - rund zehn studentische Aushilfskräfte vor allem im Besucherdienst, - jährlich mehrere Praktikanten in den verschiedenen Arbeitsgebieten, - zwei Mitarbeiter auf Werkvertrags- basis, - einen Zivildienstleistenden, - zwei Gymnasiallehrer und einen Historiker in der "Pädagogischen Arbeitsstelle", - eine Museologin als Teilzeitkraft im Ausstellungsbereich, - mehrere Mitarbeiter in sog. MAE- Maßnahmen (1-Euro-Jobs).

Im Jahr 2006 wurde die Personalsituation der Gedenkstätte durch krankheitsbedingte Aus- fälle mehrerer Mitarbeiter zusätzlich belastet. Das Zeitzeugen-Büro war ein dreiviertel Jahr lang nicht besetzt. Auch in anderen Bereichen kam es zu wochen- bzw. monatelangen Aus- fällen, so dass im November 2006 zeitweise nur noch 60 Prozent des Stammpersonals anwesend waren. Da die Gedenkstätte durch ihre wachsende Bekanntheit auch immer mehr mit externen Anfragen, Wünschen und Proble- men konfrontiert wurde, konnte sie die Fülle der Aufgaben zeitweise kaum mehr bewälti- gen. Stiftungsorgane 69

Stiftungsorgane

Gesetzliche Organe der Stiftung sind der Stiftungsrat, der Vorstand und der Beirat.

Der Stiftungsrat beschließt alle Angelegenheit- en von grundsätzlicher oder besonderer Bedeu- tung und den Haushaltsplan. Vorsitzender ist laut Gesetz das für kulturelle Angelegenheit zuständige Mitglied des Berliner Senats. Darüber hinaus gehören ihm ein Vertreter der Senatsverwaltung für Justiz, ein Vertreter des für Angelegenheiten der Kultur zuständigen Mitglied des Bundesregierung sowie der Vor- sitzende und ein weiteres Mitglied des Beirats der Stiftung an. Im Zusammenhang mit den Bundestagswahlen 2005 und den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus 2006 kam es zu mehreren Neubesetzungen (vgl. Anhang: Gremienmitglieder).

Der Vorstand ist der Direktor der Gedenkstätte und wird vom Stiftungsrat bestellt. Er führt die laufenden Geschäfte der Stiftung und ist dabei an die Beschlüsse und Weisungen des Stiftungsrats gebunden. Es ist seit Dezember 2000 der Historiker Hubertus Knabe.

Der Beirat berät den Stiftungsrat sowie den Vor- stand in allen inhaltlichen und gestalterischen Fragen. Ihm gehören Vertreter von Gedenkstät- ten, Einrichtungen, Gruppen und Initiativen, Wissenschaftler sowie sonstige qualifizierte Persönlichkeiten an, die mit dem Stiftungszweck befasst sind. Die Mitglieder werden vom Vorsitzenden des Stiftungsrates im Einvernehmen mit dem für Angelegen- heiten der Kultur zuständigen Mitglied der Bun- desregierung für die Dauer von drei Jahren berufen. Aufgrund des plötzlichen Todes des langjährigen Beiratsmitgliedes Harald Strunz wurde 2006 der Vorsitzende der Union der Opferverbände kommunistischer Gewalt- herrschaft (UOKG), Horst Schüler, nachberufen. 70 Förderverein

Förderverein

Zur Unterstützung der Stiftung haben Ende Auf Beschluss des Vorstands hat der 2003 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Förderverein im Berichtszeitraum insbeson- den "Förderverein Gedenkstätte Berlin-Hohen- dere zwei Projekte der Gedenkstätte finanziell schönhausen" gegründet. Zu den 19 Grün- unterstützt. So wurden die Kosten für die dungsmitgliedern zählen unter anderem Bun- Anschaffung eines Original-Gefängnistrans- deskanzler a.D. Dr. Helmut Kohl (CDU), Bun- porters "Barkas B 1000" übernommen (vgl. deswirtschaftminister Michael Glos (CSU), der Objektsammlung). Darüber hinaus finanzierte ehemalige Staatssekretär Stephan Hilsberg der Verein einen Theaterpädagogen, der in der (SPD), Bundestagsvizepräsident Hermann Gedenkstätte ein internationales Schülersemi- Otto Solms und der Fraktionsgeschäftsführer nar gestaltete. Maßgeblich unterstützt hat der von Bündnis 90/Die Grünen, Lukas Beckmann. Förderverein auch die Fotoausstellung Vorsitzender des als gemeinnützig anerkann- "Inhaftiert. In der Untersuchungshaftanstalt für ten Vereins ist der MDR-Redakteur Dr. Jörg Staatssicherheit" der Fotografin Franziska Vu, Kürschner, der selbst in Hohenschönhausen zu der auch ein zweisprachiges Begleitbuch Das vierteljährlich erscheinene inhaftiert war. erschien. “Nachrichteninfo” des Fördervereins

Der Verein hat im Berichtszeitraum insbeson- Dem Förderverein gehörten Ende 2006 55 Mit- dere zwei Ziele verfolgt: Es galt, die Außen- glieder an. Aufgrund seiner gewachsenen wirkung des verhältnismäßig jungen Vereins zu Bedeutung und der steigenden Zahl seiner Mit- erhöhen und zugleich die Binnenkommunika- glieder erscheint seit Ende 2005 vierteljährlich tion unter den Mitgliedern zu verbessern. Mit ein "Nachrichteninfo". Es informiert Mitglieder Unterstützung der Gedenkstätte hat der und Freunde des Fördervereins über die Arbeit Förderverein deshalb am 13. August 2005 am des Vorstands. Die Resonanz war so groß, dass Potsdamer Platz an den Bau der Berliner Mauer das Heft inzwischen auch in der Buchhandlung vor 44 Jahren erinnert. Die Passanten konnten der Gedenkstätte gegen eine Spende erhältlich dort u.a. den Gefangenentransporter W 50 ist. Die Auflage der Zeitschrift liegt derzeit bei besichtigen. Der Förderverein wollte mit der 400 Exemplaren. Zur Herstellung arbeitet der Aktion darauf aufmerksam machen, dass mehr Vorstand mit einer Grafikerin und einer als 72 000 Menschen wegen des DDR-Gren- Grafikdesignerin zusammen, die auch die zregimes in Haft kamen, darunter viele in das Website des Vereins (www.foerderverein- frühere zentrale Untersuchungsgefängnis des hsh.de) betreuen. Anfang 2005 hat der Vor- Mitglieder des Förderverein erinnern am Ministeriums für Staatssicherheit in Berlin- stand einstimmig die Stiftung eines Preises zur Potsdamer Platz dem Mauerbau vor 44 Jahren, 13. August 2005 Hohenschönhausen. Außerdem beteiligte sich Förderung der kritischen Auseinandersetzung der Förderverein regelmäßig an der "Langen mit der kommnistischen Diktatur beschlossen. Nacht der Museen", um die Besucher über die Ziele des Fördervereins zu informieren. Der Verein hat folgendes Spendenkonto: Commerzbank Berlin, Vereinsmitglieder haben verschiedene Persön- Konto-Nr. 622 622 900, lichkeiten des öffentlichen Lebens durch die BLZ 120 400 00. Gedenkstätte geführt. Dadurch ist es gelun- gen, eine Reihe von Bundes- und Landespoli- tikern für eine Mitgliedschaft im Förderverein zu gewinnen. Auf diese Kontakte ist zurück- zuführen, dass der Förderverein von Fraktionen des Deutschen Bundestages zu Anhörungen geladen wurde, bei denen es um die Aufar- beitung des SED-Unrechts ging. Auch bei der Bezirksverordnetenversammlung in Berlin- Lichtenberg im April 2006, bei der es um die Aufstellung von Informationstafeln in der Fördervereinsvorsitzender Dr. Jörg Umgebung der Gedenkstätte ging, erhielten Kürschner mit Besuchern der Gedenkstätte zwei Mitglieder des Fördervereins Rederecht. 71 71

Anhang

Chronologie

14. Januar 2005 3.September 2005 Der verbotene Stadtteil. Stasi-Sperrbezirk Das Verhör Hohenschönhausen Szenische Lesung zum 100. Geburtstag von Buchpräsentation mit Dr. Hubertus Knabe und Arthur Koestler. Mit Udo Schenk, Sven Rie- Peter Erler mann und Max Volkert Martens

29. Januar 2005 5. September 2005 17. Lange Nacht der Museen Stasi raus Buchpräsentation mit dem ehemaligen Stasi- Veranstaltung zur Schließung des zentralen Häftling Wolfgang Welsch; Ausstellungen, Füh- Stasi-Gefängnisses vor 15 Jahren rungen und Einblicke in die Objektsammlung der Gedenkstätte 7. September 2005 5. Internationales Literaturfestival Berlin 29. April bis 2.Mai 2005 2005 Von Hitler zu Stalin - Das Kriegsende in Lesung und Gespräch mit dem Berliner Mittel-Osteuropa Schriftsteller Richard Wagner Internationales Schülerseminar mit Zeitzeugen 10. bis 11. September 2005 9. Mai 2005 Tag des Offenen Denkmals: Krieg und Frie- Besuch des SPD-Generalsekretärs Huber- den tus Heil Schwerpunktführungen zum sowjetischen Kranzniederlegung im Rosenhof Speziallager und Vorträge

17. Juni 2005 24. Oktober 2005 Schüler fragen, Zeitzeugen antworten Gedenkfeier für die Toten des sowjetischen Schülerseminar mit Zeitzeugen und Kranznie- Speziallagers derlegung Kranzniederlegung am DENKORT auf dem Friedhof Gärtnerstraße 21. bis 23. Juni 2005 Urbane Erinnerungskulturen: Berlin und 7. November 2005 Buenos Aires Zwangsaussiedlungen aus dem Grenzge- Internationales Symposium im Berliner Rat- biet der DDR an der innerdeutschen Grenze haus und in der Europäischen Akademie Berlin 1952-1989 Ausstellungseröffnung 11. August 2005 Die Botschaftsflüchtlinge auf ihrer Fahrt 9. November 2005 von Prag nach Hof 16. Jahrestag des Mauerfalls Ausstellungseröffnung Schwerpunktführungen zum Thema Flucht und Inhaftierung; Filmvorführung und Kranz- 13. August 2005 niederlegung 44. Jahrestag des Mauerbaus Schwerpunktführungen zum Thema Republik- 28. Januar 2006 flucht 19. Lange Nacht der Museen Führungen, Vorträge und Podiumsdiskussion; 25. August 2005 musikalisches Rahmenprogramm Bilder einer Seele Ausstellungseröffnung 8. März 2006 Orte des Terrors - GPU-Keller in Berlin 27. August 2005 Buchvorstellung und Zeitzeugengespräch im 18. Lange Nacht der Museen Berliner Magnus-Haus Lesung mit Erich Loest; Führungen, Ausstel- lungen und Filmdokumentationen 72 Anhang

4. April 2006 Schwerpunkt- und Sonderführungen Zeichen setzen. Schauspieler und ehemali- ge Häftlinge des MfS lesen Zeitzeugenbe- 24. Oktober 2006 richte Gedenkfeier für die Toten des sowjetischen Lesung im Plenarsaal des Berliner Abgeordne- Speziallagers tenhauses unter der Schirmherrschaft von Kranzniederlegung am DENKORT auf dem Walter Momper Friedhof Gärtnerstraße

4. bis 9. Mai 2006 9. November 2006 Die "Welt von Jalta" nach Stalin - "Tauwet- 17. Jahrestag des Mauerfalls ter" und Befreiungsversuche Schwerpunktführungen zum Thema Flucht Internationales Schülerseminar und Inhaftierung, Filmvorführung, Ausstellun- gen 30. Mai 2006 Justizmorde in der frühen DDR - Berliner 14. November 2006 Opfer des Stalinismus Besuch von Bundespräsident Horst Köhler Vortragsveranstaltung und Zeitzeugenge- spräch 17. bis 18. November 2006 Wenn das Unrecht verblasst - Die kommu- 16. Juni 2006 nistische Diktatur in den Museen Europas 53. Jahrestag des DDR-Volksaufstandes Internationaler Workshop mit Gedenkstätten "Schüler fragen, Zeitzeugen antworten" und Kommunismusmuseen aus Mittel- und Seminar mit Zeitzeugen Osteuropa

17. Juni 2006 53. Jahrestag des DDR-Volksaufstandes Kranzniederlegung und Führungen

28. Juni 2006 Tod eines Fußballers. Warum die Stasi den "Beckenbauer der DDR" liquidieren wollte Filmvorführung und Podiumsdiskussion in der Vertretung des Freistaats Thüringen beim Bund

12. und 13. August Krokodil im Nacken Aufführungen eines Theaterstücks nach dem gleichnamigen Roman von Klaus Kordon

13. August 2006 45. Jahrestag des Mauerbaus Schwerpunktführungen zum Thema Republik- flucht

1. bis 3.September 2006 Krokodil im Nacken Aufführungen eines Theaterstücks nach dem gleichnamigen Roman von Klaus Kordon

26. August 2006 20. Lange Nacht der Museen Lesung und Diskussion mit Ines Geipel und Joachim Walther; Führungen, Einblick in die Objektsammlung, Filmangebot

9. bis 10. September 2006 Tag des offenen Denkmals Anhang 73

Stiftungsgesetz 74 Anhang

Stiftungsgesetz 75 Anhang 75

Gremienmitglieder (Stand: 30. Oktober 2006)

Stiftungsrat Beirat

Vorsitzender Vorsitzender Dr. Thomas Flierl Dr. Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Berlin Stellvertretender Vorsitzender Dipl.-Psych. Hans-Eberhard Zahn Stellvertretende Vorsitzende Barbara Kisseler Mitglieder Staatssekretärin der Senatsverwaltung für Marianne Birthler Wissenschaft, Forschung und Kultur des Dr. Gabriele Camphausen Landes Berlin, Bereich Kultur PD Dr. Rainer Eckert Gerhard Finn Mitglieder Martin Gutzeit Christoph Flügge Prof. Dr. Klaus-Dietmar Henke Staatssekretär der Senatsverwaltung für Dr. Anna Kaminsky Justiz des Landes Berlin Silke Klewin Prof. Dr. Volkhard Knigge Prof. Hermann Schäfer Prof. Dr. Günter Morsch Ministerialdirektor beim Beauftragten Harald Strunz (am 4. April 2006 verstorben) der Bundesregierung für Kultur und Medien Prof. Dr. Manfred Wilke

Dr. Karl Wilhelm Fricke Beiratsvorsitzender

Privatdozent Dr. Rainer Eckert Beiratsmitglied

Vertreter Wolf-Dieter Krebs Abteilungsleiter in der Senatsverwaltung für Justiz des Landes Berlin

Dr. Michael Roik Ministerialrat beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien

Hans-Eberhard Zahn Stellvertretender Beiratsvorsitzender

Ulrike Poppe Beiratsmitglied 76 Anhang

Mitarbeiter Besucherreferenten

(Stand: 31. Dezember 2006) (Stand: 31. Dezember 2006)

Dr. Hubertus Knabe Reinhard Bernauer Direktor Michael Bradler Hans-Jürgen Breitbarth Mechthild Günther Rainer Dellmuth Stellvertretende Direktorin Hans Jürg Deschner Wissenschaftliche Mitarbeiterin Arno Drefke Dieter Drewitz Silke Bauer Gerhard Ehlert Assistentin für Öffentlichkeitsarbeit Robert Fissenewert Bibliothek/Archiv Mike Fröhnel Reinhard Fuhrmann Peter Erler Gilbert Furian Historiker Hans-Joachim Helwig-Wilson Horst Jänichen Wolfgang Hoffmann Eberhard Kaduk Hausorganisation Norbert Krebs Dr. Jörg Kürschner Enrico Jähn Vera Lengsfeld Besucherdienst Matthias Melster Alesch Mühlbauer Michaele Lampe Sigrid Paul Chefsekretärin/Direktionsassistenz Herbert Pfaff Gerhard "Charly" Rau Daniela Martinowa Thomas Raufeisen Wissenschaftliche Assistentin Bärbel Richter Hartmut Richter Gernot Mittag Mario Röllig Besucherdienst Werner Rösler Wolfgang Rüddenklau Siegfried Reiprich Peter Rüegg Referent für politische Bildung Hartmut Rührdanz Edda Schönherz Hartwig Sprotte Harry Santos Hausorganisation/Besucherdienst Maxi Siegmund Jessica Steckel Christiane String Dieter Walter Wissenschaftliche Assistentin Dieter von Wichmann Peter Wulkau Rainer Waldow-Buchmeier Hans-Eberhard Zahn Verwaltungsleiter (Rot: im Berichtszeitraum neu hinzugekom- Heidi Wedhorn men) Sachbearbeiterin für Haushalt und Personal 77 Anhang 77

Besucherstimmen Rückkehr ihre Begeisterung über das gelunge- ne Programm zum Ausdruck gebracht. Ausländische Besucher Konrad-Adenauer-Stiftung Madrid, Brief vom 25. August 2005

Thank you, Herr Röllig, for a marvelous tour ... Gestern das Holocaust-Denkmal, heute diese An American Admirer, Stätte menschlicher Grausamkeit. Ich danke Christoph Gott für Zeitpunkt + Ort meiner Geburt und Gästebucheintrag vom 2. Januar 2005 dafür, dass mir solche Geschehnisse erspart blieben, und hoffe, dass sie auch meinen Töch- Thank you for this magnetic day. tern erspart bleiben. Die Führung war sehr Emanuel S., Albania (Tirana) gut. Gästebucheintrag vom 9. Februar 2005 N.N., Caracas, Venezuela Gästebucheintrag vom 19. September 2005 It was the best tour ever! Thank you very much. It was very impressive! Gevin K. I admire the guides, who where leading us... Gästebucheintrag vom 8. März 2005 Elvira T., Holland Gästebucheintrag vom 13. Oktober 2005 Als Südamerikanerin, die schon seit 1969 in Deutschland lebt, und sehr oft in der Ex-DDR Ich möchte mich für die Deutlichkeit, Eindring- ist, hoffe ich, dass diese Institution noch lange lichkeit bedanken, mit der Sie uns und vor erhalten bleibt. Der Referent war sehr gut. allem meinen Schülern, die fern von jeglicher Gästebucheintrag vom 30. März 2005 Vorstellung der Freiheitsberaubung sind, vor Augen geführt haben, was das System der Wir hoffen, dass Sie diese Aktivitäten noch DDR bedeutet haben mag. Lange nach unse- lange fortsetzen können. Eine kleine Spende rem Besuch bei Ihnen und auch jetzt noch in dazu von unserer Schule. der Schule haben die Schüler von ihren Ein- CSG de Goudse Waarden, Gouda NL drücken erzählt, sie wirklich weiter verbreitet Brief vom 21. Mai 2005 und in ihrer Auswertung gerade diesen Pro- grammpunkt als den interessantesten, wich- Thank you for such an informative, eye-ope- tigsten und eindrucksvollsten beschrieben. ning insight into such a dark period in German Ihre Schilderungen zu übersetzen, war emotio- history. nal schwierig, der Besuch sehr notwendig und Angela R. das Ergebnis die Überzeugung, diesen Pro- Gästebucheintrag vom 12. Juni 2005 grammpunkt in weiteren Reisen zu wiederho- len, die Gedenkstätte finanziell zu unterstüt- Vielen Dank für die beste Führung unseres zen und im Geschichts- und Deutschunterricht Lebens. weiter aufzuklären auch hier oder gerade in Deutsche Schule Valencia Schweden, denn Freiheit ist ein hohes Gut. Gästebucheintrag vom 17. Juni 2005 Christina P., Sigtunaskolan Humanistiska Läro- verket, Sigtuna/Schweden Dieser Ort ist einer der Highlights all meiner email vom 14. Dezember 2005 Berlin-Aufenthalte. Jedesmal ist meine Begei- sterung groß, mit welcher Offenheit Berlin mit Im Namen der PAUCI-Stiftung und Freedom der Geschichte des 20. Jahrhunderts umgeht. House Serbien danke ich Ihnen und Ihren Kol- In Wien endet die Vergangenheitsbewältigung legen ganz herzlich für die Unterstützung bei leider mit dem Ende der Kaiserzeit, für das, den Vorbereitungen der Studienfahrt für die was danach war, gibt es nur großes Verges- serbisch-ukrainische Delegation und vor allem sen. für die Veranstaltung am 13. Dezember 2005, Maria Kohen, Wien/Österreich die in den Räumen der Gedenkstätte Hohen- email vom 30. Juli 2005 schönhausen stattfinden konnte. Wir glauben, dass die Informationen, die die Vom 23. bis 29. Juli 2005 nahmen 13 spani- serbischen und ukrainischen Experten wäh- sche Nachwuchspolitiker an einem Besuchs- rend der einwöchigen Studienfahrt sammeln und Informationsprogramm der Konrad-Ade- konnten, dazu beitragen, dass in Serbien und nauer-Stiftung in Berlin teil. Die Teilnehmerin- in der Ukraine die kritische Auseinanderset- nen und Teilnehmer haben uns nach ihrer zung mit den kommunistischen Regimes ver- 78 Anhang

tieft und die Kräfte gestärkt werden, die an Dass die Täter heute noch einfach so in der einer Offenlegung der Sicherheitsakten inter- Gesellschaft leben und nichts bereuen, ist für essiert sind. uns unglaublich. Tim B., Warsaw 00-382 Paul-Gerhardt-Schule, Dassel email vom 13. Dezember 2005 Gästebucheintrag vom 18. März 2005

Ich war hier schon in 2003, aber bin wieder Dass es sich gelohnt hat, bewies auch unsere beeindruckt. Nächste Viertelstunde will ich nur klasseninterne Umfrage, bei der die Besichti- auf einem Bank sitzen und nichts. gung von Hohenschönhausen mit großem Tim Kires, Amsterdam Abstand am besten abgeschnitten hat. Gästebucheintrag vom 6. Januar 2006 Klasse 12b, Fichte-Gymnasium Karlsruhe Brief vom 1. Mai 2005 A very interesting place. A very enthusiastic guide and very helpful staff. I wish I could Ich muss sagen, sie [die Führung] läßt mich speak german! Thank you so much. nicht mehr los! Ich habe auch schon die Timothy de G., Sydney, Australia Gedenkstätte Bautzen besucht. Jedoch ist Gästebucheintrag vom 8. Januar 2006 diese nicht so "lebendig", da man dort das Gebäude allein durchlaufen muß. Es erschlägt Sicherheitskräfte bedürfen einer strengen den Besucher, wenn man die Gedenktafeln rechtlichen und demokratischen Kontrolle. Sie ließt. Man fühlt sich allein. Ich bin heute 26 müssen über ihr Handeln immerzu Rechen- Jahre alt und habe die DDR als Kind erlebt. Es schaft ablegen. ist für meine Generation schwer, an Informa- Dominic S., Zürich tionen zu kommen. So ein Ort des Gedenken Gästebucheintrag vom 30. Januar 2006 hilft sehr dabei. Von meiner Seite werde ich einen Besuch all meinen Bekannten, Arbeits- It was enlightening to all who want a peaceful kollegen und Freunden weiterempfehlen. world. Doch selbst nach einer so langen Zeit stößt Bob & Wilma F., Maryland, USA man noch immer auf Mauern, die das Ganze Gästebucheintrag vom 30. März 2006 nicht wahr haben wollen. Mandy W., 03058 Kiekebusch Tak for en frenragende rundvisning, Mike! Brief an M. Melster vom 21. Juni 2005 (Danke für eine hervorragende Führung, Mike!) Für mich war diese Besichtigung das Wichtig- Hilsener fra, 8b, Greve Privatskole, Danmark ste auf der Berlin-Reise und ich hätte nicht im Gästebucheintrag vom 30. März 2006 Geringsten damit gerechnet. Carolin Das war ein gutes Erlebnis für Schüler und Gästebucheintrag vom 11. Juli 2005 Lehrer -- alle Schüler waren froh, dass dänisch gesprochen wurde. "Wir haben es im Verlauf langjähriger Berufser- Birthe J., Tjørnelyskolen in Greve, Dänemark fahrung noch nicht erlebt, dass Schülern eine email vom 26. April 2006 "historische Führung" durch ein "historisches Museum" dermaßen unter die Haut geht . Me pareció muy interessante. El guia fue muy Schülerreaktionen: tolerante y amable. [Es war für mich sehr - Zuerst konnte ich mir nicht so recht vorstel- interessant. Der Referent war sehr offen und len, was mich erwarten würde. Je mehr ich liebenswürdig.] jedoch von Herrn Röllig über dieses ehemalige Juan D., Pena B., Quito (Ecuador) Stasi-Gefängnis erfuhr, desto interessierter Gästebucheintrag im Juli 2006 wurde ich. - Da ich mir zuerst nicht viel unter dem Begriff "ehemaliges Stasi-Gefängnis" vorstellen konn- Schüler und junge Leute te, war ich sehr gespannt. Alle Vorstellungen, die ich mir gemacht habe, sind bei weitem übertroffen worden! Ich hätte nicht gedacht, Sie haben meine Bewunderung Herr Breit- wie bewegend und beeindruckend eine Füh- barth. Egal was Sie selbst sagen, Sie sind ein rung in einem "Museum" sein kann. Held. - In manchen Situationen standen mir Tränen André in den Augen und ich musste mich beherr- Gästebucheintrag vom 2. März 2005 schen, nicht wegzulaufen. 79 Anhang 79

- Vor dem Besuch war mir weder der Name Vor allem die ältere Generation verleugnet noch die Verwendung des Ortes bekannt. Mir immer noch die Existenz einer solchen Einrich- war zwar bewusst, dass die DDR nur dem tung. Wir finden es wichtig, dass noch viele Namen nach eine "Demokratie" war, dass dort die Chance haben, solch eine Führung mitzu- jedoch solche Zustände herrschten, hätte ich machen, solange man noch die Möglichkeit mir nie vorzustellen vermocht. hat die Geschehnisse von Zeitzeugen zu erfah- - Was mich in HSH am meisten schockiert hat ren. Man darf sich die Führung auch nicht wie war, dass damalige SED/Stasi-Funktionäre und eine "normale", für Jugendliche eher langweili- -mitarbeiter nicht für ihre Machenschaften ge Museumsführung vorstellen, sondern als bestraft wurden und teilweise auch heute viel eine emotionale Führung durch das Leben Einfluss haben. eines Zeitzeugen. Scheffel-Gymnasium, Lahr Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie sich Brief vom 28. Juli 2005 mit der Gedenkstätte Hohenschönhausen in Verbindung setzen und in der neuen Auflage Nach den "Erlebnisberichten" meines Großva- Ihres Reiseführers diese aufnehmen. ters, der, wie er heute berichtet, nicht zufrie- Vielen Dank und viele Grüße den war mit seiner Arbeit, kenne ich nun auch Franziska und Lena", Kornwestheim endlich einen Teil dessen, was mein Großvater email vom 3. November 2005 mir verschwiegen hat. Darüber bin ich sehr dankbar! Schockierend wie heutzutage einfach weiter- Anonym gelebt wird, als wäre nichts passiert! Tolle Füh- Gästebucheintrag vom 4. September 2005 rung! Julia, Jessica, Leonie, Katharina, Nicole 1, Ihre Führung durch das Stasi-Gefängnis hat Bastian, Kristina, Tobias, Nicole 2, Annika, uns allen gut gefallen. Ich denke, es hat uns Jens, M. Franke, R. Eickmeier, Jan. allen tiefe Einblicke in die schrecklich gut orga- Klasse 10a, Blomberg nisierte Stasi gewährt. Gästebucheintrag vom 28. März 2006 Marvin, Klasse 9b, Georg-Büchner-Oberschule email vom 26. Oktober 2005 Die beiden 11. Klassen der Isarnho-Schule Get- torf und die begleitenden Lehrkräfte möchten Brief zweier Schülerinnen an einen Reise- sich auf diesem Wege noch einmal herzlich führer-Verlag: bedanken für die hervorragenden Führungen. Wir sind zwei Schülerinnen aus Kornwestheim Damit auch künftig Schülerinnen und Schüler (nahe Stuttgart), 17 und 19 Jahre alt, und die Gelegenheit zur Besichtigung dieses spe- waren dieses Jahr über Silvester in Berlin. Wir ziellen Erinnerungsortes erhalten können, orientierten uns an Ihrem Reiseführer und fan- haben wir unter allen Beteiligten sowie den den uns so in unserer Hauptstadt gut zurecht Eltern gesammelt und überweisen Ihnen und besuchten viele Sehenswürdigkeiten. Von parallel zu diesem Schreiben eine Spende für Lenas Bruder hatten wir den Tipp bekommen, Ihre Arbeit. die Gedenkstätte Hohenschönhausen, etwas 36 Unterschriften außerhalb der "gewöhnlichen" Sehenswürdig- Silke S., Kiel keiten, zu besichtigen. Leider fanden wir diese Gästebucheintrag vom 19. Mai 2006 Attraktion nicht in Ihrem Reiseführer, dass wir sehr bedauerten. Selbst die Menschen in dem Die Gespräche werden uns in Erinnerung blei- Stadtteil Hohenschönhausen konnten oder ben. Auch aus diesem Grund hat der Klassen- wollten uns keine nähere Auskunft geben, wie rat nun beschlossen, den Erlös von 100 Euro wir zu dieser Gedenkstätte gelangen können. eines Standes unserer Klasse beim Schulfest Nach über einer Stunde hatten wir sie endlich der Gedenkstätte zu spenden. gefunden und machten eine der Führungen Andrea F. (Klassenlehrerin) i. A. der Klasse 9aR mit und waren sehr beeindruckt, fasziniert und der Waldschule Mannheim gleichzeitig aber auch geschockt: Ehemalige email vom 14. Juni 2006. Häftlinge dieses Stasigefängnisses führen Besucher durch die Anlage und erzählen von Danke für zwei Stunden eindringlichen ihrer Gefängniszeit und ihrer Zeit danach. Geschichtsunterricht, der uns deutlich Es ist Zeit, dass man sich, und vor allem die gemacht hat, dass Freiheit keine Selbstver- jüngere Generation, mit dem Thema auseinan- ständlichkeit ist und wir wachsam bleiben der setzt. Denn auch das ist ein Teil unserer müssen. deutschen Geschichte. Rhein-Wied-Gymnasium, Neuwied 80 Anhang

Gästebucheintrag vom 14. Juni 2006 bereits wusste, derer ich jedoch mir nie richtig bewusst war. Die PDS ist die Nachfolgepartei Der Mauerfall wurde im Geschichtsunterricht der SED und innerhalb von 15 Jahren kommt behandelt, nie aber die damit einhergehenden hier auch keine neue Generation nach. Den- persönlichen Schicksale. Gerade in einer Zeit ken Sie daran, in Deutschland darf nie wieder wie der heutigen ist meines Erachtens eine eine extreme (weder rechts noch links) Partei Einrichtung wie die Ihre wichtig. Wenn man eine Chance erhalten! Wählen Sie die SPD. nun vom sog. Insiderkomitee und ähnlichem Christian K. erfährt, wird einem Angst und Bange, dass Gästebucheintrag vom 8. Juli 2005 soviel geistige Starrheit auch noch heute vor- handen ist. Nach 40 Jahren habe ich den Ort besucht, wo Michael D. ich 3 Jahre verbracht habe. Hoffentlich verges- Brief vom 6. November 2006 sen wir dies nie. Anonym, Jena Bei der Nachbesprechung der Klassenfahrt Gästebucheintrag vom 21. August 2005 erklärten die Schüler einstimmig, diese Füh- rung sei das wichtigste Erlebnis der gesamten Meine Männer und ich haben beschlossen, Klassenfahrt gewesen. Besonders beein- dass die Sonderzuwendungen für unsere Poli- druckt waren wir alle von der Persönlichkeit tische Bildung in Berlin (ca. 500€) an die unseres Führers und seiner Art, die für uns Gedenkstätte Hohenschönhausen als Spende unvorstellbaren Verhältnisse und Zustände überwiesen wird. greifbar und durch die Berichte über seine Joachim H., Oberleutnant und Stabszugführer eigenen Erfahrungen nachfühlbar zu machen. Führungsunterstützungsbereich der Luftwaffe, Nicoletta R., Hans-Böckler-Berufskolleg, Marl Köln email vom 12. November 2006 email vom 27. August 2005

Allen aufrechten Bürgern, die dem Druck einer Erwachsene Besucher Diktatur widerstanden haben, gilt unsere Bewunderung. Das soll/muss ein Anreiz für die Jugend sein, dem nachzueifern. Wie haben das die "Läufer", also die Wärter, Heidi und Eberhard R., Worms die Vernehmer und anderen Bediensteten so Gästebucheintrag vom 12. September 2005 lange mitmachen können? Thomas L. Wir dürfen die Kapitel von Hass und Terror in Gästebucheintrag vom 7. Januar 2005 der Deutschen Geschichte niemals vergessen. Besonders aber müssen wir denen mutig und Nie wieder Gewalt, nie wieder Stasi. entschlossen entgegen treten, die unser Land Lot wieder in diese Richtung drücken möchten - Gästebucheintrag vom 8. Januar 2005 egal wie sie sich auch immer nennen mögen! Tobias M. Es ist erschreckend, dass wir beim Fragen Gästebucheintrag vom 24. September 2005 nach dem Weg hierher von 4 Personen total in die Irre geführt worden sind. Liebe Mitbürger, seht euch das hier genau an! Wolfgang O., Halle Auch Sachsenhausen... Und wenn Ihr das Gästebucheintrag vom 19. Februar 2005 nächste Mal die Verführung von REP, DVU oder PDS (WASG) verspürt, könnt Ihr ruhig ein Was ich nicht nur traurig, sondern beschä- paar weitere Gedanken über deren Befürwor- mend finde, ist, dass das wiedervereinigte tung "verschwenden"... Deutschland es bis heute nicht schafft, die Maximilian L. Geschichte der Diktatur DDR offen und Gästebucheintrag vom 2. November 2005 beherzt anzugehen und den Opfern in umfas- sender und würdiger Weise zu gedenken wie Mit zunehmendem zeitlichen Abstand wird es das bei den Opfern des 3. Reiches ja weitest- immer wichtiger, die Erinnerung an Diktatur gehend geschieht. und Teilung wach zu halten. Unseren Anwär- Peter W., Freising tern, die diese Zeit gar nicht mehr bewusst Gästebucheintrag vom 12. März 2005 erlebt haben, wird durch die praktische Anschauung, die gerade auch in Ihrer Gedenk- Ich habe hier Dinge erfahren, die ich zwar stätte vermittelt wird, eindrucksvoll vor Augen 81 Anhang 81

geführt, wie wichtig es ist, konsequent für die Ihrer Führungen mit meiner grünen Reisegrup- in unserer Verfassung niedergelegten Grund- pe (MdB Höhn) teilgenommen und war sehr werte einzustehen. bewegt von den Erläuterungen der Referentin. Michael C., Auswärtiges Amt, Berlin Die Gräueltaten der SED-Diktatur sind den Brief vom 17. Januar 2006 meisten West-Deutschen (wie mir) wahr- scheinlich in diesem Ausmaß gar nicht Aufgrund des umfangreichen Gebäudekom- bewusst - um so wichtiger ist Ihre Arbeit, die plexes, welches nur zum Zweck der Verhöre ich soeben mit einer Spende unterstützt habe. genutzt worden ist, verstehe ich heute auch, Ihre Arbeit schätze ich umso mehr, nachdem das es eine "Vollbeschäftigung" gab. Denn ich nach meiner Rückkehr die unsäglichen viele Mitarbeiter des MfS waren ja nur damit Anfeindungen und Dreistigkeiten der ehemali- beschäftigt, ihre Landsleute zu verhören bzw. gen Stasi-Offiziere und ihrer PDS-Handlanger sich gegenseitig zu bespitzeln. im Internet verfolgt habe. Helga R., Göttingen Bernd L., Gladbeck Brief vom 12. Februar 2006 email vom 9. Mai 2006

Unsere Eltern wurden beide in GPU-Gefäng- Das Konzept "Zeitzeugen statt Schaukästen nissen verhört und gequält. Im Sept. 49 ist und Infotafeln" überzeugt. Macht weiter so. dann unsere Mutter nach Freilassung sofort Thomas S., Ulm mit den 3 Kindern in den Westen geflohen. email vom 15. Juni 2006 Der Vater wurde hier in Hohenschönhausen 8 Monate verhört und gequält anschließend als Vielen Dank für die gute Gestaltung und für politisch Verurteilter zu 25 Jahren Zwangsar- die eindrucksvolle Führung durch das Gelände. beit nach Bautzen (gelbes Elend) gebracht. Die Uwe R., Göttingen (Mitarbeiter KZ-Gedenk- herrschende Clique der "DDR" ebenso wie stätte Moringen / Landkreis Northeim) Herr Modrow, Krenz und andere vergessen zu Gästebucheintrag vom 19. Juni 2006 gerne, dass sie Teil des Unterdrückungsappa- rates der Sowjet-Union waren. Niemals zuvor Vielen Dank für all das Engagement, das die wurden 17 Millionen Bürger in einem Land ehemaligen Häftlinge aufbringen. Für mich eingesperrt und festgehalten zur Zwangsar- war es die beeindruckendste und erschüttern- beit für die siegreiche Sowjet-Union. ste Führung seit derjenigen im KZ Auschwitz Frank u. Ingrid C. im April 1989. Gästebucheintrag vom 8 März 2006 Lars S., Hamburg Gästebucheintrag vom Juni 2006 Der Auftritt der MfS-Schergen hat mich abso- lut schockiert. Was ein Senator dieser Partei Unglaublich, dass die ehemaligen Stasi- dabei leisten kann, ließ sich eindrucksvoll Anhänger ungestraft davon kommen! beobachten. Er ist untragbar! Katja P. Manfred M., Erfurt Gästebucheintrag vom 7. Juli 2006 email vom 28. März 2006 Seit gestern haben meine Frau und ich nur ein Ich möchte Ihnen hiermit in Kenntnisnahme Gesprächsthema: Die Führung durch die des Artikels über die Störung Ihrer Räumlich- Gedenkstätte Hohenschönhausen. Mario (ich keiten durch Ex-Stasi-Leute meine volle Unter- bitte zu entschuldigen, dass mir der Nachna- stützung zusagen. Ich habe bereits im April me nicht mehr geläufig ist) hat uns an seinen 2003 Ihr Gelände besucht und es danach vie- Erfahrungen und Erlebnissen in einer äußerst len weiterempfohlen, mal eine Führung zu authentischen Art und Weise teilnehmen las- machen. Am 1.4. bin ich wieder bei einer Ihrer sen. Führungen, diesmal mit dem Bundestagsab- Steffen S. geordneten Christian Carstensen. Machen Sie email vom 6. August 2006 weiter so und lassen Sie sich nicht von so ein paar Alt-Stasi-Menschen stören. Ihre Aufgabe ist für die Bewältigung der deutschen Ich werde dafür kämpfen, dass das so viele Geschichte Gold wert. Menschen wie möglich erfahren und werde Sascha Schultz, Jusos, Hamburg wählen, damit das nie wieder passiert! Es ist email vom März 2006 eine Schande, was diese Verbrecher nun noch in Politik zu sagen haben! Am vergangenen Samstag habe ich an einer Michaela S. 82 Anhang

Gästebucheintrag vom 31. August 2006 von den Ausführungen über die Geschichte des Hauses sind. Renate Blank, MdB, Berlin Politiker Brief vom 9. November 2005

Die Nachdenklichkeit der Besucher zeigt jedes Der Besuch der Gedenkstätte Hohenschön- Mal, wie wichtig das Erinnern und Informieren hausen ist weiterhin eine gute Gelegenheit, ist. Dabei werden von den Besuchern insbe- die Bürgerinnen und Bürger aus Hamburg sondere die ehrlichen und bewegenden Füh- über die Methoden der SED Diktatur aufzuklä- rungen durch die ehemaligen Häftlinge gelobt. ren und ihnen somit die jüngste deutsche Ver- Maria Eichhorn, MdB, Berlin gangenheit näher zu bringen. Ich stimme Brief vom 11. November 2005 Ihnen zu, dass durch Ihre sehr wertvolle Arbeit zusammen mit Betroffenen die zum Teil Die Reaktion der Teilnehmer an Führungen erschreckende Unkenntnis über die jüngste durch die Anlage des ehemaligen Untersu- Vergangenheit abgebaut werden kann. chungsgefängnisses haben mir gezeigt, dass Johannes Kahrs, MdB, Berlin der Besuch einen ganz tiefen Nachhall findet Brief vom 26.Oktober 2005 und das Erlebte der dort Inhaftierten begreif- bar macht. Deshalb werde ich auch in der Gemeinsam mit Ihnen und vielen anderen neuen Legislaturperiode gerne Ihr hervorra- kämpfe ich gegen das Vergessen der Stasi- gendes Informationsangebot für meine Besu- Vergangenheit. chergruppen nutzen. Otto Bernhardt, MdB, Berlin Monika Brüning, MdB, Berlin Brief vom 27. Oktober 2005 Brief vom 11. November 2005

Ihre Führungen gehören für mich zum festen Freiheit und Demokratie bieten uns die Chan- Bestandteil unserer Besucher-Reisen. ce der Aufarbeitung dieser Diktaturvergangen- Bernd Scheelen, MdB, Berlin heit und wir müssen an die junge Generation Brief vom 27. Oktober 2005 dieses Wissen vermitteln. Den Opfern gilt mein besonderer Respekt. Ich kann nur bestätigen, dass die Besucher Dieter Althaus, Ministerpräsident des Freistaa- jedes Mal tief beeindruckt sind von der Bruta- tes Thüringen lität des "real existierenden Sozialismus". Gästebucheintrag vom 7. März 2006 Wolfgang Götzer, MdB, Berlin Brief vom 27. Oktober 2005 Der dreiste Versuch ehemaliger Stasi-Mitarbei- ter, unter einem Vereins-Tarnnamen Schulen Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer wichti- schriftlich aufzufordern, keine DDR-Gedenk- gen Arbeit. stätten mehr zu besuchen, darf nicht hinge- Volker Beck, MdB, Berlin nommen werden! Noch gut im Gedächtnis ist Brief vom 28. Oktober 2005 die jüngste Veranstaltung dort zur geplanten Dokumentation des ehemaligen Sperrgebiets, Schon mehrfach habe ich von Bürgern aus als ca. 200 Ex-Stasi-Beschäftigte offen in meinem Wahlkreis, die Ihre Gedenkstätte Erscheinung traten; ehemalige Häftlinge wur- besuchten, gehört, wie angetan diese von den von ihren damaligen Peinigern verbal ein- Ihrer Arbeit gewesen sind. Ihre Mitarbeiter geschüchtert - der anwesende Berliner PDS- und Sie leisten einen höchst wichtigen Beitrag Kultursenator schwieg. Die Vorfälle beweisen: zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und gegen die "grauen Herren" treten immer selbstbe- das Vergessen des von ihr so vielfältig began- wusster und ohne eine Spur von Unrechtsbe- genen Unrechts. wusstsein auf und bezeichnen Schilderungen Michael Luther, MdB, Berlin über den Stasi-Knast ungeniert als Lügen. Brief vom 2. November 2005 Abgesehen von politischen Konsequenzen, muss dieser Skandal dazu führen, dass die Als Mitglied des Ausschusses für Kultur und Gedenkstätte noch bekannter, die Aufarbei- Medien ist mir die Gedenkstätte Berlin-Hohen- tung noch mehr vorangetrieben wird. Ich schönhausen ein Anliegen. Ich biete vielen appelliere daher an alle Bundestagskollegen Selbstzahler-Gruppen aus meinem Wahlkreis sowie alle Vereine, Verbände, Kirchengemein- eine Führung in der Gedenkstätte an. Sie zah- den und insbesondere Schulen aus der len den Eintritt gerne, da sie sehr beeindruckt Region, sich nicht einschüchtern zu lassen und 83 Anhang 83

den Besuch in Hohenschönhausen in die Besuchsprogramme bei Berlin-Fahrten einzu- In Gedenken an Alfred Schwedersky geb. 23. planen! Wir dürfen 16 Jahre nach der Deut- Sept. 1888. Hier gestorben am 24. Sept. 1945. schen Einheit den Geschichtsfälschern, die Enkelsohn Dietmar S. sich im Zuge einer "Ostalgie-Welle" vermeint- Dietmar S. lich im Aufwind wähnen, nicht das Feld über- Gästebucheintrag vom 29. Juni 2005 lassen. Die Verbrechen der Stasi dürfen nicht unter den Teppich gekehrt werden! Ich hoffe, dass es auch für mich, als Tochter Renate Blank, MdB eines 1987 an der Berliner Mauer erschosse- Pressemitteilung vom 5. April 2006 "Kampf nen Flüchtlings, irgendwann die Möglichkeit der Stasi-Geschichtsfälschung!" gibt, Aufklärungsarbeit und Vergangenheitsbe- wältigung in der Öffentlichkeit zu betreiben. Wie wichtig mir der Kampf gegen Diktaturen Viktoria S., Dresden und den Extremismus von Rechts und Links email vom 14. November 2005 ist, wird auch dadurch deutlich, dass meine Besuchergruppen aus Hamburg sowohl das Nach dem 2. Weltkrieg ist mein Opa aus sei- Holocaustmahnmal als auch die Gedenkstätte ner Wohnung geholt worden, von der soge- Hohenschönhausen besuchen. Nach dem nannten Polizei damals 1945! Er war Finanzbe- schrecklichen rassistischen Überfall von Pots- amter und wurde denunziert. Ob er auch hier dam habe ich stets betont, dass auch Linksex- war? In Sachsenhausen war er und kam von tremismus und politischer Islamismus dort aus nach Buchenwald. Am 14.7.1947 ist er bekämpft werden muss. dort gestorben. Niels Annen, MdB, Berlin Ich sage nur: "Nie wieder"! Brief vom 9. Mai 2006 Klaus-D., Berlin Gästebucheintrag vom 2. Februar 2006 Obwohl die jährlich mehr als 200 Mitreisen- den aus den beiden mittelsächsischen Es ist alles genauso geschehen, nichts dazu Bundestagswahlkreisen entweder schon in "gedichtet". Man sollte solch eine Führung zur der DDR groß geworden sind oder wenig- Pflicht machen für alle ehemaligen DDR-Bür- stens etwas von diesem Staat gehört haben, ger, welche bewusst die DDR noch erlebt ist der Eindruck, den die Gedenkstätte hinter- haben, damit endlich Schluss ist mit dieser lässt, regelmäßig tiefgehend und löst stets erbärmlichen "Ostalgie". eine Reihe von Diskussionen aus. Das liegt Christa T., 1980/81 in Haft in Hohenschönhau- auch an den ausgesprochen guten Führungen sen, München und an den hervorragenden Referenten. Brief vom 15. März 2006 Dieter-Peter Jahr, MdB email vom 15. November 2006 Nach der Verabschiedung der Kids stand ich mit dem Besucher vor dem Haupttor. Dort brach er in einen Weinkrampf aus. Ich fragte Zeitzeugen ihn, was los ist. Er sagte: "Du wirst mich jetzt sicher hassen. Ich war hauptamtlicher Mitar- beiter. Ich wollte mich davon befreien und die Ich war hier, als Sohn von ehemaligen HA-MfS haben mich eingesperrt." Er konnte kaum [hauptamtlichen MfS-Mitarbeitern], die hier noch reden und weinte nur. Er bestätigte mir gearbeitet haben. War 1979-1980 in .... [im auch, das alles richtig war, was ich den Schü- Gefängnis], weil ich nicht an ihre "Welt" glaub- lern erzählte. Auch über den Film. Ich habe ihn te. Musste kommen, um ihre Arbeit zu sehen. einfach in den Arm genommen und er hat sich Ralf an mir festgehalten. Gästebucheintrag vom 10. Februar 2005 Jürgen Breitbarth, Besucherreferent Viele Wunden sind wieder aufgerissen! Brief vom 30. März 2006 Sigrid K. Gästebucheintrag vom 18. März 2005 Es ist für mich sehr bewegend, diese Zellen zu betreten, in denen ich 1976 sechs Monate Ich, als ehemaliger Häftling des MfS (Chem- meines Lebens verbracht habe, und die Riegel nitz), sage Danke für die überaus bewegende selbst von außen zu schließen! Ich danke allen Führung. Mitarbeitern und Förderern, die sich für die Andrej F. Erhaltung der Gedenkstätte einsetzen. Gästebucheintrag vom 11. Juni 2005 Jutta Sacher-W. 84 Anhang

Gästebucheintrag vom 10. April 2006

Es hat mich sehr bewegt, da ich selber von August 1986 bis Dezember hier eingesessen habe. Und anschließend nach Bautzen II gebracht wurde. Roswitha H., Düsseldorf Gästebucheintrag vom 17. Juli 2006 85 86 Bildnachweis

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