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Angeborene Fehlbildungen A.-K

Angeborene Fehlbildungen A.-K

Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

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6 Angeborene Fehlbildungen A.-K. Martini

6.1 Einleitung zu den angeborenen Fehlbildungen des Ellenbogens, des Unterarmes und der Hand 6.2 Fehlbildungen des Ellenbogens 6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke 6.4 Fehlbildungen der Hand Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

122 6 Angeborene Fehlbildungen

6.1 Einleitung zu den angeborenen Fehlbildungen des Ellenbogens, des Unterarmes und der Hand

Bei den angeborenen Fehlbildungen (Malformation) han- zeigt die wichtigsten und häufigsten Syndrome, bei delt es sich um einen primären Defekt aus einem lokali- denen die Fehlbildung der oberen Extremität ein wichtiges sierten Fehler der Morphogenese, der zum Zeitpunkt der Symptom darstellt (Tab. 6.1). Geburt vorliegt (Warkany u. Kalter 1961). Angeborene Die Handfehlbildung kann ein wichtiger Hinweis auf Anomalien manifestieren sich dagegen im Säuglings- und ein erst später erkennbares Syndrom sein. Die genaue Kleinkindesalter oder später und werden erst durch das Diagnose und Klärung der Ätiologie ist für die Betroffenen Wachstum auffällig. von großer Bedeutung, dabei gilt es, das Wiederholungs- Nach Conway u. Bowe (1956) hat eines von 626 Neu- risiko abzuschätzen und eventuell präventive Maßnahmen geborenen eine Fehlbildung an einer oberen Extremität. zu treffen. Eine genetische Beratung ist in solchen Fällen Die meisten sind geringfügig und bedürfen keiner Behand- zu empfehlen. Genetisch bedingte Gliedmaßenfehlbildun- lung, aber 1 von 10 dieser Fehlbildungen erfordert auf- gen können in 3 Gruppen unterteilt werden: monogene grund der Funktionsstörung oder des auffälligen Erschei- Erbleiden (autosomal-dominant, autosomal-rezessiv, nungsbildes eine spezielle Therapie (Birch-Jensen 1949) x-dominant, x-rezessiv), Chromosomenaberrationen und multifaktorielle Krankheiten. Eine Vielzahl experimenteller Untersuchungen haben 6.1.1 Ätiologie den Nachweis erbracht, dass manche Gliedmaßenfehlbil- dungen durch exogene Noxen hervorgerufen werden können. Die Wirkung eines teratogenen Faktors ist, wie Groß angelegte klinische Beobachtungen und tierexperi- Büchner (1958, 1959) betont, von der jeweiligen Entwick- mentelle Studien haben die Klärung der Ursachen man- lungsphase des Keimlings abhängig. Lenz u. Knapp (1962) cher Fehlbildungen (Thalidomid-Katastrophe) und des haben für die Thalidomid-Embryopathie als kritische Vererbungsmodus (Spalthand) ermöglicht. Trotzdem Phase die Zeitspanne vom 37. bis zum 50. Tag nach der bleibt die eindeutige Zuordnung einer Ursache für viele letzten Menstruation ermittelt. Im Tiermodell wurde eine Fehlbildungen der oberen Extremität unmöglich (Lang- Vielzahl von Noxen untersucht: Ionisierende Strahlen, Hy- mann 1989). Eine Vielzahl von Fehlbildungen an Hand per-, Hypo- und Avitaminosen, Hormone, Zytostatika, und Unterarm sind Teil eines genetisch bedingten Syn- Hypo- und Anoxie, Infektionen usw. (Literaturübersicht droms (Wynne-Davies u. Lamb 1985). Die Tabelle 6.1 u. a. bei Berry u. Poswillow 1975, Langmann 1989). Ogino

Tab.____ 6.1 Fehlbildungen und Vererbungsmodus (aus: Lamb u. Wynne-Davies 1998) Fehlbildungen Klinische Bilder Vererbungsmodus

Aplasien Radialdefekte: Fanconi-Anämie autosomal-rezessiv Thrombozytopenie/Radiusaplasie autosomal-rezessiv Hypoplastische Anämie, z.T. mit triphalangealem Daumen autosomal-rezessiv Holt-Oram-Syndrom (Herz-Hand-Syndrom) autosomal-dominant Duane-Syndrom autosomal-dominant

Hypoplasien Daumenhypoplasie: progressive Myositis ossificans autosomal-dominant Rubinstein-Taybi-Syndrom x-chromosomal-dominant Brachydaktylie: xo Pseudohypoparathyreoidismus Turner-Syndrom

Plusvarianten präaxiale (radialseitige) Polydaktylie z. T. autosomal-rezessiv postaxiale (ulnarseitige) Polydaktylie autosomal-rezessiv Laurence-Moon-Syndrom

Gigantismus: Neurofibromatose autosomal-dominant

Weichteildefekte Marfan-Syndrom autosomal-dominant kongenitale kontrakte Arochnodaktylie autosomal-dominant Scheie-Syndrom (u.a. Mucopolysaccharidosen) autosomal-rezessiv Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.1 Einleitung zu den angeborenen Fehlbildungen des Ellenbogens, des Unterarmes und der Hand 123

(1996) konnte durch Applikation des Zytostatikums Busul- 6.1.2 Klassifikation fan bei Ratten am 9. Schwangerschaftstag Ulnardefekte und am 10. Schwangerschaftstag Radialdefekte hervor- rufen. Bei verschiedenen Rattenstämmen zeigten sich un- Die Handfehlbildungen treten in sehr vielfältigen Formen terschiedliche Defekte. Bei diesen Experimenten traten auf, so dass die Unterbringung aller Deformitäten in einer Polydaktylie, Syndaktylie und Spalthand oft kombiniert Klassifikation kaum möglich ist. Manche Klassifikationen auf und es fand sich die gleiche kritische Periode zur Aus- richten sich nach der Morphologie, andere nach der tera- lösung dieser Fehlbildungen. tologischen Reihenfolge oder nach der Pathogenese. Keli- Eine Assoziation fand sich zwischen Symbrachydakty- kan (1974) gibt einen Überblick über die bekannten Klas- lie und transversalen Defekten, so dass die scharfe Tren- sifikationen in 21 Tabellen. Besondere Verbreitung fanden nung zwischen longitudinalen und transversalen Fehlbil- die Einteilungen von Kümmel (1895) in der Modifikation dungen nicht mehr möglich ist (Ogino 1996, Miura u. Mit- von Nigst (1927), Müller (1937) und von Frantz u. O’Rahil- arb. 1994, Luijsterburg u. Mitarb. 2000, Lamb u. Wynne- ly (1961). 1968 entwickelten Swanson u. Mitarb. eine um- Davies 1998). fassende Klassifikation, die nach den embryologischen Pri- Neue Untersuchungsergebnisse über die molekularen märschäden von Gliedmaßenteilen in Gruppen einteilt. Grundlagen der Embryologie des Skelettsystems werden Henkel u. Willert (1969) entwickelten eine Klassifikation die Bedeutung regulierender Gene und Transkriptionsfak- der Dysmelie in zwei Hauptgruppen: Transversale und toren verdeutlichen. Mundlos u. Olsen (1997) unterschei- longitudinale Defekte. Diese Einteilung ging auch in die den in diesem Zusammenhang nach dem Pathomechanis- Klassifikation von Swanson u. Mitarb. (1968) ein, ins- mus zwei Gruppen: Die Störung der Mesenchymverdich- besondere in der ersten Gruppe. tung und -differenzierung sowie die Störung der Knorpel- Die endgültige Klassifikation von Swanson (1976) proliferation und -reifung. So haben bei der ersten Gruppe wurde von der „American Society for Surgery of the Transskriptionsfaktoren der HOX-Familie (Homöbox-Ge- Hand“, von der „International Federation of Societies for ne), PAX-Gene (Paired-box-Gene) und BMPs (Bone mor- Surgery of the Hand“ und von der „International Society phogenic proteins) eine zentrale Bedeutung. Für einige for Prothetics and Orthetics“ angenommen und hat bis Fehlbildungen oder Syndrome sind die entsprechenden heute allgemeine Gültigkeit. Genloci identifiziert und in Tabelle 6.2 dargestellt. Diese umfasst die folgenden 7 Kategorien: Bei der Proliferation und Reifung des Knorpels während des Wachstums haben besonders GH (growth hormone), I. Fehlen der Bildung von Teilen: Wachstumsfaktoren, FGF (fibroblastic growth factor), FGFR A Transversale Defekte: (fibroblastic growth factor receptor) sowie das Parathor- 1. Amputationsdefekte: , Unterarm, Handgelenk, mon eine große Bedeutung. Auch in dieser Gruppe sind für Hand, Finger. einige Syndrome die Genloci mittlerweile bekannt B Longitudinale Defekte: (Tab. 6.3). 1. Komplett: proximal (Phokomelie), distal. 2. Kombiniert: radialer Defekt (radiale Klumphand). 3. Kombiniert: zentraler Defekt (Spalthand). Tab. 6.2 Störungen der Mesenchymverdichtung und die 4. Kombiniert: ulnarer Defekt (ulnare Klumphand). entsprechenden Genloci (aus: Mundlos u. Olsen 5. Hypoplasie distal: Finger. ____ 1997) Defekte der Mesenchymverdichtung Genloci II. Fehlen der Differenzierung (Separation) von Teilen: und -differenzierung A Synostosen: Ellenbogen, Unterarm, Karpus, Metakar- Synpolydaktylie HOX D-13 pus, Phalangen. B Luxation des Radiuskopfes. Greig-Syndrom GLI 3 C Symphalangie. Waardenburg-Syndrom PAX-3 D Syndaktylie: häutige Komplexe, als Teil eines Syn- droms. Holt-Oram-Syndrom 12 q 2 E Kontraktur: 1. Weichteile: , Pterygium, schnellender Finger, Fehlen der Strecksehnen, Daumenhypoplasie, Tab. 6.3 Störungen der Knorpelproliferation und -reifung Kamptodaktylie, Windmühlenflügeldeformität. ____ (aus: Mundlos u. Olsen 1997) 2. Knochen: Klinodaktylie, Kirner-Deformität, Deltakno- Syndrome Genloci chen.

Achondroplasie FGFR 3 III. Doppelbildungen: Apert-Syndrom FGFR 2 A Daumen-Polydaktylie (präaxial). B Dreigliedriger Daumen, Hyperphalangie. Pfeiffer-Syndrom FGFR 1 Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

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C Polydaktylie der Finger: zentrale (Polysyndaktylie), ul- macht und ist für die frühfunktionelle Entwicklung des nare Polydaktylie (postaxial). Kindes wertvoll. Die Indikation und der Zeitpunkt der D Spiegelbilddeformität. Operation werden von verschiedenen Kriterien bestimmt: ¼ Die gesamte Situation des Kindes muss berücksichtigt IV. Überentwicklung (Gigantismus) des ganzen Armes werden: Weitere Fehlbildungen an derselben Extremi- oder Teile des Armes: tät, an anderen Gliedmaßen oder Organen, die dringen- Makrodaktylie. der Behandlung bedürfen. Der geistige Entwicklungs- stand und der Intelligenzgrad des Kindes sind von ent- V. Unterentwicklung (Hypoplasie). scheidender Bedeutung, wenn Mitarbeit in der Nach- behandlungsphase benötigt wird. VI. Schnürfurchenkomplex. ¼ Beim Zeitfaktor ist zu berücksichtigen, ob im Laufe des Wachstums eine Zunahme der Deformität, Verschlech- VII. Generalisierte Skelettdeformitäten. terung der Funktion oder eher Korrekturverlust zu er- Madelung-Deformität. warten sind. ¼ Durch frühzeitige Korrektur und Gebrauch können sich Diese Klassifikation wurde von mehreren Autoren getestet, die anatomischen Strukturen in der weiteren Entwick- die ihre Praktikabilität bestätigten (Flatt 1970, De Smet u. lung anpassen. Mitarb. 1997, Cheng u. Mitarb. 1987). ¼ In der Regel ist man bestrebt, die Behandlung vor dem Außerdem bleiben Fehlbildungen übrig, die nicht zu Kindergarten- oder Schulalter abzuschließen. Sind einer Gruppe passen (Buck-Gramcko u. Ogino 1996, mehrere Eingriffe notwendig, so soll mit der Behand- Luijsterburg u. Mitarb. 2000). lung rechtzeitig begonnen werden. ¼ Geringe Fehlbildungen, die keine spontane Besserung erwarten lassen, können auch im frühen Kindesalter 6.1.3 Therapie beseitigt werden. ¼ Eingriffe am Skelettsystem verbieten sich solange, als daraus mit hoher Wahrscheinlichkeit Wachstumsstö- Die Geburt eines fehlgebildeten Kindes hat für die Eltern rungen resultieren würden. eine gravierende Schockwirkung. Fragen nach Ursache, Fä- ¼ Für ästhetisch begründete Korrekturen darf keine higkeiten, Weiterentwicklung und Vererbung beschäftigen Funktionseinbuße in Kauf genommen werden. sie und sollen möglichst bei der ersten Vorstellung umfas- ¼ Eine Operation mit ungewisser Funktionsverbesserung send besprochen und beantwortet werden. Ein Therapie- soll gegenüber den natürlichen Anpassungsvorgängen plan mit dem dafür notwendigen Aufwand und dem zu abgewogen werden (Blauth u. Schneider-Sickert 1976, erwartenden Ergebnis soll unter Berücksichtigung ver- Martini u. Suppelna 1982). schiedener Eventualitäten und Möglichkeiten erstellt und erklärt werden. Literatur Das Ziel jeglicher Therapie besteht darin, dem Kind so Berry, C.L., D.E. Poswillo (1975): . Trends and applica- früh wie möglich die Greiffunktion zu ermöglichen. Dies tions. Springer, Berlin fördert nicht nur die Selbständigkeit, sondern ist auch für Birch-Jensen, A. (1949): Congenital deformities of the upper extre- mities. Odense, Denmark. Andelsbogrykkeriet: 15 –16 die geistige Entwicklung des Kindes wichtig. Blauth, W., F. Schneider-Sickert (1976): Handfehlbildungen. Atlas Im Vordergrund der konservativen Therapie stehen ihrer operativen Behandlung. Springer, Berlin Schulung und Training der Greiffähigkeit unter Verwen- Buck-Gramcko, D., T. Ogino (1996): Congenital malformations of dung der fehlgebildeten Extremität, gleichzeitig Bewe- the hand: Non-classifiable cases. Hand Surg 1: 45 – 61 gungs- und Dehnungsübungen, um Kontrakturen zu lo- Büchner, F. (1958): Die Bedeutung peristatischer Faktoren für die ckern und Fehlstellungen zu korrigieren, eventuell mit Entstehung der Missbildungen und Missbildungskrankheiten. Verh Dtsch Ges Inn Med 64 Schienenversorgung, die auf keinen Fall die Aktivität des Büchner, F. (1959): Von der Entstehung menschlicher Missbildun- Kindes einschränken darf. Im Rahmen der Ergotherapie gen und Missbildungskrankheiten. Wien Klin Wschr 9: wird das Kind auch mit den nötigen Hilfsmitteln versorgt. 145 – 148 Fehlt die Hand, so kommt die Versorgung mit Greifhilfen Cheng, J.C.Y., S. K. Chow, P.C. Leung (1987): Classification of 578 und Handprothese schon im Kleinkindesalter in Betracht, cases of congenital upper anomalies with the IFSSH sys- um das „beidhändige“ Arbeiten zu ermöglichen. Armlose tem-a 10 years’ experience. J Hand Surg 12-A: 1055 –1060 Conway, H., J. Bowe jr. (1956): Congenital deformities of the hands. Kinder werden auch früh auf Greifen mit den Zehen und Plast Reconstr Surg 18: 286 –290 Arbeiten mit den Füßen geschult (Lamb u. Law 1987, Mar- DeSmet, L., G. Maltton, S. Monstrey, E. Cambier, G. Fabry (1997): quardt u. Mitarb. 1998). Application of the IFSSH (3) – classification for congenital ano- Die mikrochirurgische Operationstechnik mit den malies of the hand, results and problems. Acta Orthop Belg 63: entsprechenden feinen Instrumenten, dem feinen Naht- 182 – 188 material und der optischen Vergrößerung hat die Behand- Flatt, A.E. (1970): A test of a classification of anomalies of the lung fehlgebildeter Hände im Säuglingsalter möglich ge- upper extremity. Surg Clin N Amer 50: 509 –516 Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.2 Fehlbildungen des Ellenbogens 125

Frantz, C.H., R. O’Railly (1961): Congenital skeletal limb deficien- Müller, W. (1937): Die angeborenen Fehlbildungen der mensch- cies. J Bone Jt Surg 43-A: 1202 –1224 lichen Hand. Thieme, Leipzig Henkel, L., H.G. Willert (1969): Dysmelie. A classification and a Mundlos, S. , B.R. Olsen (1997): Heritable diseases of the skeleton. pattern of malformations in a group of congenital defects of Part I: Molecular insights into skeletal development-transcrip- the limb. J Bone Jt Surg 51-B: 399 – 414 tion factors and signaling pathways. FASEB J 11: 125 –132 Kelikan, H. (1974): Congenital deformities of the hand and fore- Mundlos, S. , B.R. Olsen (1997): Heritable diseases of the skeleton. arm. Saunders, Philadelphia Part II: Molecular insights into skeletal development. Matrix Kümmel, W. (1895): Die Missbildungen der Extremitäten durch components and their homeostasis. FASEB J 11: 227–233 Defekt, Verwachsung und Überzahl. Fischer, Kassel Nigst, P.F. (1927): Über kongenitale Missbildungen des mensch- Lamb, D.W., H.T. Law (1987): Upper-limb deficiencies in children: lichen Extremitätenskeletts mit Röntgenbildern. Schweiz Med prosthetic, orthetic and surgical management. Little Brown, Wschr 57: 7–18, 53–61, 81–91, 97–106 Boston Ogino, T., H. Kato (1993): Clinical and experimental studies on Lamb, D.W., R. Wynne-Davies (1998): Inheritance and other pos- teratogenic mechanismus of congenital absence of digits in sible causes of congenital deformities. In: Buck-Gramcko, D.: longitudinal deficiencies. Cong Anom 33: 187– 196 Congenital malformations of the hand and forearm. Churchill Ogino, T. (1996): Congential anomalies of the hand. Clin Orthop Livingston, London: 3–7 and Rel Research 323: 12–21 Langman, J. (1989): Medizinische Embryologie. 8. Aufl. Thieme, Swanson, A.B., A.J. Barsky, M.A. Entin (1968): A classification for Stuttgart congenital limb malformation. J Hand Surg 1: 8–22 Lenz, W., K. Knapp (1962): Die Thalidomid-Embryopathie. Dtsch Swanson, A.B. (1976): Classification of limb malformations on the Med Wschr 87: 1232 –1242 basis of embryological failures. Surg Clin N Amer 48: Luijsterburg, A.J.M., M.A. van Huizum, B.E. Implemans u. Mitarb. 1169 – 1179 (2000): Classification of congenital anomalies of the upper Tajima, T. (1996): A brief review and proposal for the classification limb. J Hand Surg 25-B: 3–7 of the congenital anomalies of the upper limb. Hand Surg 1: Marquardt, E., B. Fromm, G. Neermann-Klinkert (1998): Nonope- 63 –68 rative treatment. In: Buck-Gramcko, D.: Congenital malforma- Warkany, J., H. Kalter, (1961): Congenital malformations. New Engl tions of the hand and forearm. Churchill Livingston, London: J Med 265: 993 31–40 Wynne-Davies, R., D.W. Lamb (1985): Congenital upper limb ano- Martini, A.K., G. Suppelna (1982): Die funktionellen Fähigkeiten malies. An etiologic grouping of clinical, genetic and epidemio- der missgebildeten Hand. Orthop Praxis 18: 260 –265 logic data from 387 patients with „absence“ defects, constric- Miura, T., R. Nakamara, E. Horii (1994): The position of symbra- tion bands, polydaktylies and syndaktylies. J Hand Surg 10-A: chydactyly in the classification of congenital hand anomalies. J 958 –964 Hand Surg 11-B: 364 –371

6.2 Fehlbildungen des Ellenbogens

6.2.1 Aplasie des Ellenbogens Ätiologie

Humerus, Radius und Ulna werden etwa ab dem 37. Tag Sehr seltene Fehlbildung, die oft mit weiteren Veränderun- sichtbar, die Verknorpelung des Radius am 41. und der gen der betroffenen Extremität und anderer Körperteile Ulna am 44. Tag. Zu dieser Zeit sind alle 3 Knochen noch auftritt. Sie ist häufig ein Leitsymptom für Erkrankungen miteinander verbunden. Ausbleiben der Separation ist eines oder mehrerer Körpersysteme. eher dafür verantwortlich (O’Rahilly u. Gardner 1975, Smith 1982) als eine spätere Fusion (Wood 1998). Heredi- Synonyme tät und familiäres Auftreten sind für einige Fälle mit Si- cherheit nachzuweisen (Frankel 1944, Frostad 1940, Keu- Angeborene Ankylose, Humeroradialsynostose. tel u. Mitarb. 1970). Das Auftreten von Synostosen bei Ge- schwistern (Roth 1926, Storen 1946) oder in 2 oder 3 Ge- Definition nerationen (Mouchet u. Saint-Pierre 1931) werden be- schrieben. Blutsverwandtschaft bei den Eltern wird Das Ellenbogengelenk fehlt und damit auch die Beweg- manchmal festgestellt (Birch-Jensen 1949, Keutel u. Mit- lichkeit. Dafür sind Humerus und Radius, Humerus und arb. 1970, Megarbane u. Mitarb. 1998). Die Vererbung er- Ulna oder alle 3 am Gelenk beteiligten Knochen miteinan- folgt wahrscheinlich autosomal-dominant (Fuhrmann u. der verschmolzen. Mitarb. 1966), wenngleich andere Verfasser (Keutel u. Mit- arb. 1970, Say u. Mitarb. 1973) eine rezessive Vererbung für möglich halten. Sporadisches Auftreten wird auch be- obachtet (Hunter u. Mitarb. 1976). Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

126 6 Angeborene Fehlbildungen

Pathogenese Bildgebende Diagnostik

Zunächst liegt im Bereich des aplastischen Gelenks eine Im Frühkindesalter erscheint im Röntgenbild zwischen Synchondrose mit zunehmender Verknöcherung und Ver- den 3 Knochen noch eine Art „Gelenkraum“, der nach we- schmelzung vor (Fuhrmann u. Mitarb. 1966, Kéry u. Wou- nigen Monaten durch die zunehmende Verknöcherung ters 1970). Am häufigsten wird die Humeroradialsynosto- verschwindet. Der Humerus endet in Gabelform, die Elle se beobachtet, ihr folgt die Verschmelzung aller 3 Kno- kann fehlen oder hypoplastisch sein. Für eine frühzeitige chen, während die Humeroulnarsynostose am seltensten Diagnose im Säuglingsalter kann die Ultraschallunter- beobachtet wird (Winston 1972, Quasi u. Mitarb. 1979). suchung hilfreich sein. Die Aplasie des Humeroradialgelenks ist häufig mit einer Ulnahypoplasie kombiniert, ebenso sind weitere Hypopla- Klassifikation sien der Karpalknochen und der Finger häufige Begleit- erscheinungen. Hypoplasie des Schultergürtels ist auch Die Humeroradialsynostosen werden in 3 Formen unter- keine Seltenheit. Die Radiushypoplasie bei einer Humero- teilt (Pfeiffer u. Braun-Quentin 1994, Tonkin 1999) ulnarsynostose ist eher selten (Lehmann u. Löhr 1955, (Abb. 6.1a-c): Winston 1972). ¼ Aplasie des Ellenbogens im Rahmen generalisierter Fehlbildungen mit Synostosen, ¼ Epidemiologie Humeroradialsynostose mit Ulnadysplasie (eventuell Fibuladysplasie) ohne Oligodaktylie, Die Aplasie des Ellenbogens ist eine seltene Fehlbildung ¼ Humeroradialsynostose in Begleitung zu longitudina- (Murphy u. Hanson 1945). Weil berichtete 1982 über 101 len ulnaren Defekten mit Oligodaktylie. derartige Fälle aus der Literatur. Swanson u. Mitarb. be- richteten 1984 über 47 Arme mit Humeroradialsynostose Therapie bei ihren 104 Patienten mit 127 longitudinalen ulnaren Fehlbildungen (53%). In unserem Krankengut fanden sich Bei extremer Fehlstellung ist die Korrekturosteotomie 69 Ellenbogenankylosen durch humeroradiale oder hume- indiziert. Dabei wird der Unterarm in die Mittelstellung roradioulnare Synostosen bei 111 Patienten (43,7%) mit zurückgedreht und im Ellenbogenbereich eine Beugestel- ulnaren Defekten (Mattis 1995). Das männliche Ge- lung von ca. 20° gerichtet. Auf keinen Fall mehr Beugung, schlecht ist davon häufiger betroffen als das weibliche da der Arm in der Regel zu kurz ist. Dobyns (1985) emp- (Verhältnis 4 :3). Bei fast der Hälfte der Fälle ist die Aplasie fiehlt die Osteotomie in mehreren Ebenen mit der Fixation doppelseitig. mittels Steinmann-Nagel. Als Alternative kommt die Ver- sorgung mit Ringfixateur nach Ilisarovin Betracht. Diagnostik Bei bilateralem Befall wird nur eine Seite korrigiert und der andere Arm bleibt gestreckt. Versuche mit Wiederher- Klinische Diagnostik stellung der Beweglichkeit durch Interpositionsarthro- Der Arm ist verkürzt, das Ellenbogengelenk steht leicht plastik oder Gelenkersatz waren enttäuschend, da die gebeugt, wobei die Winkelstellung von 0–90° reichen Muskelfunktion fehlt (Kirmani 1967, Stranak u. Oberender kann. Die Muskulatur des betroffenen Armes ist erwar- 1971). tungsgemäß unterentwickelt. Öfter wird eine narbige Ein- ziehung auf der Rückseite des Ellenbogens beobachtet. Bei einer Humeroulnarsynostose bleibt die Unterarmdrehbe- 6.2.2 Dysplasie des Ellenbogens wegung möglich, während bei der häufigeren Humerora- dialsynostose die Beweglichkeit in allen Richtungen auf- und angeborene Luxation gehoben ist. Der Arm steht oft in einer extremen Pronati- des Radiuskopfes onsstellung. Wie bereits erwähnt, kommt die Aplasie des Ellenbogens meist im Rahmen von Syndromen wie Ant- ley-Bixler-, Apert-, Pfeiffer- u. Crouzon-Syndrom (Ander- Die angeborene Luxation des Radiuskopfes ist die häufigs- son u. Mitarb. 1998, Kitoh u. Mitarb. 1996) vor. Viele Au- te Anomalie im Bereich des Ellenbogens. Eine Dysplasie toren berichten über zusätzliche Fehlbildungen vorwie- des gesamten Ellenbogens als alleinige Fehlbildung ist au- gend an Händen und Füßen in Form von Hypo- und Apla- ßerordentlich selten, während Dysplasie des lateralen An- sien, Verschmelzungen von Hand- und Fußwurzelknochen teils häufig vorkommt (Fried 1973). Die angeborene Radi- sowie Flügelfellen (Frank 1937, Stranak u. Oberender uskopfluxation wurde zuerst von Dupuytren u. Loir (1830) 1971), Hüftdysplasien und Skoliosen (Keutel u. Mitarb. beobachtet (Bonnenberg 1893). Im englischen Sprachraum 1970, Kéry u. Wouters 1970, Leisti 1975), Kniegelenkver- wird die Veröffentlichung von Smith (1852) als Erst- änderungen, vor allem Patellaaplasie (Kéry u. Wouters beschreibung bezeichnet. 1970, Wood 1998). Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.2 Fehlbildungen des Ellenbogens 127

abc Abb. 6.1a–c Aplasie des Ellenbogens. a Humeroradialsynostose mit Ulnahypoplasie sowie Oligodaktylie. c Verschmelzung aller drei am Ellenbogen beteiligten Knochen b Humeroradialsynostose mit Ulnaaplasie, Oligodaktylie und mit Oberarmsporn. Verschmelzung des mittleren Strahles.

Definition Pathogenese

Fehlentwicklung des Ellenbogens mit Abflachung oder Die meisten Autoren sind der Ansicht, dass der primäre Fehlen des Capitulum humeri, Deformierung und Luxation Defekt das Capitulum humeri betrifft, das abgeflacht ist des Radiuskopfes und Bewegungseinschränkung des El- oder fehlen kann (Almquist 1969, Caravias 1957). Die Ver- lenbogengelenks. renkung kann nach dorsal, nach ventral oder zur Seite erfolgen. Luxationen nach vorn treten häufiger (66%) auf, Ätiologie wenn keine weiteren zusätzlichen Fehlbildungen vorhan- den sind (Weil 1982). Vererbbarkeit der Fehlbildung wird von vielen Autoren be- Nach Mardam-Bey u. Ger (1979) ist die dorsale Luxati- schrieben (Capecchi u. Casini 1955, Mordeja 1957, Belas on häufiger (65%), während die ventrale Luxation nur in 1967). Bei 40% der Fälle tritt die Radiuskopfluxation allein 18% der Fälle vorkommt. Miura (1990) gibt die Häufigkeit in Erscheinung. Ein autosomal- dominanter Erbgang wird der anterioren Luxation mit 53% und die der posterioren angenommen (Wynne-Davies 1973, Kelikan 1974), ins- Luxation mit 45% an. besondere bei der dorsalen Luxation (Reichenbach u. Mit- arb. 1995). Bei 60% der Fälle kommt diese Fehlbildung im Epidemiologie Rahmen eines Syndroms oder als Begleiterscheinung zu weiteren Fehlbildungen vor. Der Erbgang ist dominant Almquist u. Mitarb. (1969) fanden die Deformität bei 0,2% vom Phänotyp (Almquist u. Mitarb. 1969, Dobyns 1985, der 9000 Patienten, die die 3 Seattler Kliniken von Mardam-Bey u. Ger 1979, Menio u. Wenner 1992, van 1961 –1967 besucht haben. Gonzales-Ferre (1994 –95) be- Bever u. Mitarb. 1996, Dougall u. Gibson 1997) (Tab. 6.4). ziffert die Häufigkeit in seinem Krankengut mit 0,41%. Angaben über Geschlechtsverteilung schwanken, Männer sind aber bevorzugt betroffen (60–70%). Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

128 6 Angeborene Fehlbildungen

Tab. 6.4 Die Fehlbildungen der Radiuskopfluxation in Ver- daran gedacht werden, dass die angeborene Radiuskopf- bindung mit anderen Fehlbildungen luxation oft nur ein Leitsymptom für weitere Fehlbildun- ____ gen und Syndrome ist. Fehlbildungen und System- Syndrome mit möglicher erkrankungen mit Radius- Radiuskopfluxation Bildgebende Diagnostik kopfluxation Die Röntgenaufnahmen des Ellenbogens in 2 Ebenen zei- Hereditäre Osteochondro- Ellis-van-Creveld-Syndrom gen die oben beschriebenen Veränderungen. Sonographie dysplasie und MRT können Auskunft über den Knorpelbelag geben, Osteochondritis dissecans Patella-Nail-Syndrom aber auch über die umliegenden Weichteile (Tonkin 1999, (Morgan 1964, Wood 1998) Gonzales-Ferre 1994 –95) sowie Gelenkkapsel (Detzel Multiple Exostosen Ehlers-Danlos-Syndrom 1953, Brennan u. Mitarb. 1963). (v. Meel 1962)

Enchondrale Dysostosen Silvers-Syndrom Differenzialdiagnose (Hendelkens 1955) (Almquist 1969) Bei isolierter Luxation und besonders nach ventral ist es Humerospinale Dysostosen Larsen-Syndrom sehr schwierig, die angeborene von der geburtstraumati- (Cortina 1979) (Azimi 1974, Trigueros 1978) schen Verrenkung zu unterscheiden (Schubert 1965, Kleidokraniale Dysostosen Cornelia-de-Lange-Syndrom Lloyd-Roberts u. Bucknill 1977). (Falek 1966, Lee 1967) Für die Annahme einer kongenitalen Natur der Disloka- Arthrogrypose Holt-Oram-Syndrom tion stellte McFarland (1936) folgende Kriterien auf: ¼ (Gall 1966) Hypoplasie oder fehlendes Capitulum humeri, ¼ Längenunterschied beider Unterarmknochen, Flügelfell Nievergelt-Syndrom ¼ (Dubois 1970, Kassner 1976) domartige Form des Radiuskopfes, ¼ elongierter und verschmälerter Radiuskopf, Hemimelien Klinefelter-Syndrom ¼ konkave proximale Ulnakante, (Zaleski 1966) ¼ Hypoplasie der Trochlea, Radioulnare Synostosen Klippel-Feil-Syndrom ¼ Prominenz des ulnaren Epikondylus, (Gordon1948) ¼ Einbuchtung des distalen Radiusendes. Spastische Zerebralparese Apert-Syndrom (Pletscher 1976) (Pillay 1964) Als weitere Kriterien werden von Wood (1998) verlangt: Kein Trauma, die Luxation ist direkt nach der Geburt fest- Ulnadefekt Trisomie-8-Syndrom (Dougall 1997) stellbar und die Reposition entweder unmöglich oder nicht haltbar, außerdem bilaterales Vorkommen und das Karpale Synostosen Detenbach-Abrams-Syndrom Vorliegen einer familiären Häufung oder weitere Fehlbil- (van Bever 1996) dungen (Abb. 6.2a-c). Metokarpale Synostosen Rubinstein-Taybi-Syndrom Selbst die radiologischen Veränderungen nach den Kri- Transversale Fehlbildungen Carpenter-Syndrom terien von McFarland (1936) können sekundär entstehen. des Unterarmes Verkalkungen und Verknöcherungen können Hinweise auf (Menio u. Wenner 1992) das Trauma geben. Beim Vorliegen von multiplen Exosto- sen oder multipler Enchondromatose ist die Radiuskopf- Sprengel-Deformität luxation als sekundäre entwicklungsbedingte Deformität zu bezeichnen (Tokin 1999).

Therapie Diagnostik Aufgrund der geringen Funktionseinschränkung ist die Be- Klinische Diagnostik handlung oft unnötig. Je nach Patientenalter und Schwe- Die isolierte Radiuskopfluxation fällt kaum auf, da die äu- regrad der Deformität kommen folgende operative Verfah- ßere Form und die Funktion in der Regel lange Zeit regel- ren in Betracht: recht bleiben. Meistens ist die Unterarmdrehung mehr ¼ Offene Reposition ist im ersten und höchstens im oder weniger eingeschränkt. Dadurch ergibt sich ein auf- zweiten Lebensjahr indiziert, d. h. solange die knöcher- fälliges Verhalten beim Sport, in der Schule oder beim nen Veränderungen noch relativgering sind und sich Essen. Die Streckung des Ellenbogens kann bei dorsaler anpassen können (Almquist u. Mitarb. 1969, Brennan u. Luxation beeinträchtigt sein. Ebenso kann die Beugung Mitarb. 1963, Dobyns 1985, Mital 1976). Liegt eine Län- bei ventraler Luxation eingeschränkt sein. Der luxierte Ra- gendifferenz beider Unterarmknochen vor, erfolgt eine diuskopf kann in seiner abnormen Stellung sichtbar oder Verkürzungsosteotomie des Radius oder Verlängerung tastbar sein, ebenso ist die Valgusstellung auffällig. Es soll der Ulna (Hirayama u. Mitarb. 1987, Letts 1985). Letz- Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.2 Fehlbildungen des Ellenbogens 129

a c

Abb. 6.2 a–c Angeborene Luxation des Radiuskopfes mit den typischen Merkmalen: Hypoplasie des Radiuskopfes und des Ka- pitulums, Längenunterschied der Unterarmknochen und Verbie- gung des Radius. Verbiegung nach dorsal (a), nach ventral (b), nach lateral (c).

b

tere erfolgt durch Kallusdistraktion (Villa u. Mitarb. bleiben (Mardam-Bey u. Ger 1979). Im Laufe der Zeit 1990). Außerdem ist eine Rekonstruktion des Lig. anu- verschiebt sich der Radius nach proximal und ein rela- lare radii erforderlich, um eine Reluxation zu verhin- tiver Ulnavorschub entwickelt sich im Handgelenk mit dern (Bell Tawse 1965). Willey u. Mitarb. (1991) waren Impingement (Grill u. Altenhuber 1985, Tonkin 1999). von den Operationsergebnissen enttäuscht, während Deshalb empfiehlt sich die Implantation eines Ersatzes Futami u. Mitarb. (1992) über Besserung des Erschei- selbst im kindlichen Alter (Abb. 6.5). nungsbildes und der Funktion bei ihren Patienten be- richten (Abb. 6.3a-c). ¼ Resektion des Radiuskopfes darf erst nach Wachs- tumsabschluss erfolgen (Grill u. Altenhuber 1985) und ist bei zunehmenden Beschwerden, Bewegungsein- schränkung und eventueller Verschleißerscheinung an- gezeigt. Beim Weiterwachsen des Radius entsteht eine schmerzhafte Nearthrose mit dem Humerus (Abb. 6.4a u. b). Auch nach der Resektion kann der Funktionsge- winn wegen der Situation der Weichteile bescheiden Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

130 6 Angeborene Fehlbildungen

abc Abb. 6.3 a–c Radiuskopfluxation (a), Verlängerung der Elle und Reposition (b), stabile Situation (c).

Abb. 6.4 a u. b Angeborene Luxation des Radiuskopfes beidseits. a Zustand nach Resektion des Kopfes rechts mit der Bildung einer schmerzhaften Ne- arthrose. b Spontane Entwicklung links.

a b

6.2.3 Radioulnare Synostose Therapie

Die angeborene radioulnare Synostose (Arus) wurde 1793 nach von Sandifort in Leyden anhand einer anatomischen Stu- im Frühkindesalter Wachstumsabschluss die beschrieben.

offene Reposition Resektion des mit Radiuskopfes Definition

Verbindung beider Unterarmknochen durch eine am Ellen- bogen nahe gelegene Knochenbrücke mit Aufhebung der Verkürzung Verlängerung der Bandplastik des Radius Ulna Unterarmdrehbewegung und Blockierung in Pronations- stellung.

Abb. 6.5 Therapie der angeborenen Luxation des Radiuskopfes. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.2 Fehlbildungen des Ellenbogens 131

Ätiologie Tab. 6.5 Die angeborene radioulnare Synostose (Arus) in Verbindung mit anderen Anomalien und Syndromen Die Arus entsteht als Folge abnormer longitudinaler Seg- ____ Anomalien mit Arus Syndrome mit Arus mentation. Das präkartilaginäre Gewebe m Bereich der künftigen Gelenke verdichtet sich in der 6. embryonalen Daumenaplasie XXY Woche zunehmend. Durch physiologische Zellnekrosen Radiale Klumphand XXXY bilden sich in der 7. Woche Gelenkspalten (Lewis 1901, Sledge 1966). Bleibt die Resorption im proximalen Unter- Schnürfurchenkomplex XXXXY armbereich aus, entsteht eine umschriebene Synchondro- Karpale Synostosen Apert-Syndrom se, die später in eine Arus übergeht. Da der Unterarm in Symphalangie Arthrogrypose dieser Entwicklungsphase des Ellenbogens in Pronations- stellung in unterschiedlicher Ausprägung steht, bleibt Madelung-Deformität mandibulofaziale Dysostose diese Fehlstellung bestehen (Blechschmidt und Petersen Polydaktylie Thalidomid-Intoxikation 1967, Griffet u. Mitarb. 1986, Okrent u. McFadden 1986). Es handelt sich um eine Hemmungsfehlbildung, die spora- Syndaktylie akrofaziale Dysostose disch oder familiär auftreten kann. Davenport u. Mitarb. Hypoplasie des M. pectoralis Nivergelt-Pearlman-Syndrom beschrieben 1924 die Erblichkeit in 13 Familien. Sie sind major der Ansicht, dass die Vererbung dominant erfolgt (Cleary Klumpfuß Carpenter-Syndrom u. Omer 1985, Rizzo u. Mitarb. 1997). Cohen-Solal (1963) glaubt dagegen an einen rezessiven Erbgang (Hansen u. Angeborene Hüftluxation Williams-Syndrom Andersen 1970, Wynne-Davies 1973). Die Arus kommt Hydrozephalus Klinefelter-Syndrom im Rahmen von Erkrankungen mit Chromosomenaberra- Tarsale Koalition Holt-Oram-Syndrom tionen – besonders der X-Chromosomen, seltener der Au- tosomen – vor (Manouvier u. Mitarb. 2000, Franceschini u. Mitarb. 2000) (Tab. 6.5). liches Geschlecht etwa 3:2. Doppelseitigkeit ist häufiger Pathogenese als einseitiger Befall.

Die Synostose kann faserknorpelig bis vollkommen spon- Klassifikationen giös knöchern sein (Wilkie 1914, Hansen u. Andersen 1970, Cleary u. Omer 1985 Griffet u. Mitarb. 1986). Die Verknö- Für die Klassifikation der angeborenen radioulnaren Syn- cherungszone variiert von wenigen Zentimetern bis zur ostose gibt es die folgenden Klassifikationen: vollkommenen Verschmelzung beider Unterarmknochen ¼ Einteilung nach Wilkie (1914): (Blauth u. Rothkirch 1989). Die fibröse Verbindung mit – Typ I: 3–6 cm lange, proximal gelegene knöcherne Deformierung des Radiuskopfes wird als leichte Form der Verbindung. Der Radiuskopf fehlt, ist deformiert, in Arus betrachtet (Cleary u. Omer 1985). Der Radiuskopf der Synostose verschmolzen. kann mit der Ulna verschmolzen bzw. nach ventral oder – Typ II: Die knöcherne Verbindung ist geringer und dorsal luxiert sein. Fehlt der Radiuskopf, so scheint das schließt den Radiuskopf nicht ein. Dieser ist nach Capitulum humeri dysplastisch. Der Radiusschaft ist ver- ventral oder dorsal disloziert. krümmt und das Unterarmskelett im Vergleich zur gesun- ¼ Einteilung von Cleary u. Omer (1985): den Seite geringfügig verkürzt. Der M. supinator kann feh- – Typ I: fibröse Synostose, Radiuskopf leicht dysplas- len oder sehr atrophisch sein, ähnliche Veränderungen zei- tisch. gen der M. pronator teres u. M. pronator quadratus. Die – Typ II: knöcherne Synostose, keine weitere Deformi- Membrana interossea ist fibrös und verdickt. tät. – Typ III: knöcherne Synostose, Radiuskopf hypoplas- Epidemiologie tisch und disloziert nach dorsal. – Typ IV: wie III aber mit ventraler Dislokation, Kopf Die Arus ist selten. Zirka 350 Fälle wurden bisher ver- ist pilzartig verbreitert. öffentlicht. Albrecht (1967) fand bei 124 Patienten mit ¼ Einteilung von Blauth u. Rothkirch (1989) Unterarmfehlbildungen 7 radioulnare Synostosen. Zwei (Abb. 6.6a-d): Drittel der Fälle kommen als alleinige Anomalie vor (Ton- – I. Grad: Dysplasie des proximalen radioulnaren Ge- kin 1999, Simmons u. Mitarb. 1983). Angaben über die lenks mit Einschränkung der Unterarmdrehbewe- Geschlechtsverteilung schwanken. Bei Davenport u. Mit- gung. arb. (1924) ist das männliche Geschlecht zweimal so häu- – II. Grad: proximale Synostose. fig als das weibliche betroffen. Auch bei Griffet u. Mitarb. – III. Grad: breite oder zweiteilige Synostose. (1986) überwiegt das männliche Geschlecht. Bei Blauth u. – IV. Grad: nahezu vollständige Verschmelzung beider Rothkirch (1989) ist das Verhältnis weibliches zu männ- Unterarmknochen (selten!). Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

132 6 Angeborene Fehlbildungen

abc Abb. 6.6 a–d Verschiedene Formen der radioulnaren Synostose: Grad I (a), Grad II (b), Grad III (c), Grad IV (d).

d

Die Ausdehnung der Synostose kann erst nach Wachs- der Synostose können bestimmt werden. Bei fibröser oder tumsabschluss endgültig beurteilt werden. unvollständiger Synostose ist die CT oder MRT angezeigt.

Diagnostik Differenzialdiagnose

Klinische Diagnostik Posttraumatische Synostosen entstehen bei Fraktur bei- Die Unterarmdrehbewegung ist aufgehoben. Der Unter- der Unterarmknochen oder auch bei der Monteggia-Frak- arm ist proniert. In wenigen Ausnahmen besteht eine Su- tur, sowohl nach konservativer als nach operativer Be- pinationskontraktur. Die aufgehobene Supination wird handlung. Die Anamnese ist eindeutig. Die Unterarmstel- durch die Schulter und Hypermobilität des Handgelenks lung ist unterschiedlich und der Funktionsverlust ist auf- kompensiert und wird deshalb erst spät von Eltern oder fällig. Die Arus ist in vielen Fällen nur ein Leitsymptom Lehrern entdeckt. Die Beugefähigkeit des Ellenbogens ist für weitere Fehlbildungen, nach denen gefahndet werden in der Regel frei. Ein Streckdefizit kann auf eine Dislokati- soll. on des Radiuskopfes hinweisen. Sowohl als auch valgus werden beobachtet. Der Unterarm ist dünner Therapie und kürzer als bei der gesunden Seite. Die Einschränkung der Unterarmdrehbewegung bei der Bildgebende Diagnostik Arus kann durch Ausgleichsbewegungen im Schulter- Die Röntgenaufnahmen des Ellenbogens und des Unter- und Handgelenk kompensiert werden, so dass kein Be- armes zeigen die Synostose, Verdrehung der Unterarm- handlungsbedarf besteht (Cleary u. Omer 1985, Blauth u. knochen gegeneinander und die Verbiegung des Radius. Rothkirch 1989, Lescault u. Mitarb. 2000). Form und Lage des Radiuskopfes sowie die Ausdehnung Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.2 Fehlbildungen des Ellenbogens 133

dialis-Faszienlappens in einem Fall einer distal gelegenen Operative Therapie posttraumatischen Synostose. Sugimoto u. Mitarb. ver- Die meisten Autoren sehen die Operationsindikation als wendeten 1996 bei einer proximalen posttraumatischen individuell an, die vom Schweregrad der Fehlstellung, der Synostose einen A.-interossea-posterior-Insellappen. Ka- Behinderung, den Bedürfnissen des Patienten im Alltag naya u. Mitarb. haben erstmals 1996 einen freien Faszien- sowie den Hobbys und dem Berufswunsch abhängt. Eine Fett-Lappen aus dem lateralen Oberarm bei Arus mit Ge- abwartende Haltung wird zunächst empfohlen und wenn fäßanastomose eingesetzt. Kanaya u. Ibaraki berichteten eine Operation indiziert ist, dann frühestens im Schulalter. 1998 über die Erfahrungen bei 7 Kindern mit Arus, Als Operationsverfahren kommen die Wiederherstellung wobei es nach 4 Jahren kein einziges Rezidivgab und die der Drehbewegung und die Drehosteotomie infrage. erreichte Unterarmdrehfähigkeit im Durchschnitt 71° be- trägt. Diese Operationsmethode ist die einzige, die die Wiederherstellung der Drehbewegung. Die Wiederher- Wiederherstellung der Unterarmdrehbewegung bei der stellung der Drehbewegung kann in verschiedenen opera- Arus ermöglicht und gilt als die Methode der Wahl. Des- tiven Verfahren erfolgen: halb wird die Operationstechnik genauer beschrieben (Abb. 6.7): Den Zugang bilden ein dorsaler und ein ven- 1. Resektion der Synostose: Diese führt zum schnellen traler Schnitt. Ausgiebige Resektion der Synostose und der Rezidiv. Auch die Interposition von Faszie, Fett, Dura, Mus- Kortikalis, des Radius und der Ulna mit Bildung einer kon- kulatur, Silikon und anderen Materialien konnte die Refu- kaven Fläche. Der Radiuskopf wird zurechtgeformt. Ver- sion nicht verhindern (Dal Monte u. Mitarb. 1987, Miura u. kürzungsangulationsosteotomie des Radius mit Entnahme Mitarb. 1984, Sachar 1994, Poureyron u. Mitarb. 1996). eines trapezförmigen Segments von 3– 22 mm. Nach Re- position des Kopfes und Drehen des Unterarmes in die 2. Pseudarthrosenbildung: Die Pseudarthrosenbildung Neutralstellung erfolgt die Osteosynthese mittels einer Ti- im Radius distal der Synostose mit Einsetzen eines Dreh- tanplatte. Naht der Gelenkkapsel und des Lig. anulare ra- gelenkes (Kelikan u. Doumanian 1957) schlug fehl. Später dii. Die Bizepssehne wird am dorsalen Rand des Radius wurde die Operation erweitert und modifiziert (Kelikan reinseriert. Der M. anconeus wird zwischen den Unter- 1974). Andere Autoren haben keinen Erfolg mit dieser Me- armknochen nach ventral verlagert und an der Vorderseite thode gehabt (Dobyns 1993). der Ulna fixiert. Der M. supinator wird wegen der Blut- versorgung des proximalen Radiusendes nicht abgelöst. 3. Synostosenresektion und Interposition eines vaskula- Ein Fett-Faszien-Lappen mit einem schmalen Hautstreifen risierten Faszien-Fett-Lappens: Braun u. Mitarb. be- wird vom ipsilateralen Oberarm mit der A. collateralis ra- schrieben 1995 die Interposition eines retrograden A.-ra- dialis posterior, der A. profunda brachii und den begleiten-

Abb. 6.7 Operationsskizze nach ab Kanaya. A. profunda brachii et Vv. brachiales

A. recurrens c radialis et Vv. radiales

Sehne des Ulna M. biceps

Platte

dorsal Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

134 6 Angeborene Fehlbildungen

den Venen entnommen. Der Lappen soll etwa 1–2 cm grö- 1970, Ogino u. Hikino 1987, Lin u. Mitarb. 1995). Um Kom- ßer als die knöcherne Lücke sein. Der Lappen wird zwi- plikationen zu verhindern werden mehrere Methoden ver- schen beide Unterarmknochen platziert und mit dem wendet: Hautstreifen wird die dorsale Wunde verschlossen. Gefäß- ¼ Entnahme eines Knochenzylinders zur Entspannung anastomose mit den Empfängergefäßen. Immobilisation der Weichteile (Wood 1998). im Oberarmgips für 4 Wochen. ¼ Bifokale Osteotomie distal der Synostose und 10 Tage Der Lappen kann sicher als Insellappen am Gefäßstiel später Stellungskorrektur in Allgemeinnarkose und mobilisiert werden, ebenso ist die Verwendung eines A.- Gips (Lin u. Mitarb. 1995). interossea-posterior-Insellappens ohne Gefäßnaht mög- ¼ Zunehmende und kontinuierliche Stellungskorrektur lich (Sugimoto u. Mitarb. 1996, Zancolli u. Angrigiani mittels Ilisarov-Ringfixateur (Bolano 1994). 1986). ¼ Längsspaltung der Synostose und Stellungskorrektur Bell u. Benger berichten 1999 über gute Ergebnisse bei mittels Etappengips innerhalb von 4 Wochen (Gaulrapp zwei posttraumatischen Synostosen nach Resektion und u. Heimkes 1997). Interposition des M. anconeus als vaskularisierter Lappen. ¼ Keine interne Osteosynthese, höchstens nur axialer Steinmann-Nagel, damit im Falle von Durchblutungs- Drehosteotomie. Diese ist zur Korrektur einer extremen störung das Zurückdrehen des Unterarmes möglich Pronationsfehlstellung indiziert. Die Idealposition bei ein- bleibt und Tage später wieder in die richtige Korrektur- seitiger Synostose ist in 10– 20° Supination. Bei beidseiti- stellung gebracht werden kann (Wood 1998). gem Befall ist die funktionsgünstigste Stellung am domi- nanten Arm bei 20–40 ° Pronation und am nicht domi- Wir führen die Korrekturosteotomie quer durch die Synos- nanten Arm 40° Supination (Green u. Mital 1979, Griffet u. tose mit Entnahme eines Knochenzylinders von 1– 1,5 cm Mitarb. 1986, Ogino u. Hikino 1987, Lin u. Mitarb. 1995). und fixieren die Fragmente mit K-Draht und interossärer Die Osteotomie erfolgt im Bereich der Synostose Drahtnaht oder mit einer Platte. Wir haben bei 1 Kind (von (Abb. 6.8). 6 Fällen) eine ischämische Kontraktur erlebt. Dieser Eingriff ist mit einer hohen Komplikationsrate behaftet, wie z.B. Rerotation mit Korrekturverlust, aber vor allem Gefäß- und Nervenschäden (Griffet u. Mitarb. 6.2.4 Weitere Fehlbildungen 1986, Simmons u. Mitarb. 1983, Hansen u. Andersen des Ellenbogens

Angeborene Dislokation

Die angeborene Dislokation ist eine extrem seltene Fehl- bildung. Die Fehlstellung der ellenbogenbildenden Kno- chen kann sehr unterschiedlich sein. McGavin beschrieb 1913 einen Neugeborenen, bei dem die Ulna mit dem Ca- pitulum humeri und der Radiuskopf mit der Trochlea ar- tikulierte. Mead u. Martin berichteten 1963 über eine Mutter und ihre drei Kinder, bei denen folgende Verände- rungen vorlagen: Aplasie der Trochlea mit Dislokation des proximalen Ellenendes mit einer Diastase zwischen Radi- us und Ulna. Häufiger wird die habituelle Luxation beob- achtet, wobei die angeborenen von geburtstraumatischen oder posttraumatischen Fällen schwer zu trennen sind. Als Anhaltspunkte für die kongenitalen Genesen gel- ten: kein Trauma in der Vorgeschichte, familiäres oder doppelseitiges Vorkommen, zusätzliche Deformitäten und allgemeine Bandlaxität mit Hypermobilität der Gelen- ke (Milch 1936, Kapel 1951, Rüther 1951, Madgwich u. Maudsley 1967). Für die Pathogenese werden folgende Faktoren ange- nommen: Hypoplasie oder Teilaplasie der Trochlea, des abProcessus coronoideus und des Olekranon mit Abflachung Abb. 6.8 Drehosteotomie mit Entnahme einer dünnen Scheibe der Incisura trochlearis, dazu noch Band- und Kapsellaxi- und Fixation mit K-Drähten. zität. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.2 Fehlbildungen des Ellenbogens 135

Therapie mit aufgehobener Unterarmdrehbewegung vor. Neff u. Schonert (1976) berichten über einen Fall mit Ulnaverdop- Operative Therapie pelung und ebenfalls Unmöglichkeit der Umwendbewe- Folgende operative Verfahren sind beschrieben: gung des Unterarmes. Der oberflächliche Kopf des M. pro- ¼ Operation nach Milch (1936): Bei Hypoplasie des Kro- nator teres entspringt vom Struthers-Ligament und be- nenfortsatzes empfiehlt sich die Aufstockung desselben deckt den N. medianus. Bei den Dysmelie-Fällen dient durch einen kortikospongiösen Block. der Oberarmsporn als Ansatz für die Bizepssehne. ¼ Operation nach Reichenheim (1947) in der Modifikati- on von King (1953): Die Bizepssehne wird von ihrem Diagnostik Ansatz abgelöst und am proximalen Ellenende in Höhe des Kronenfortsatzes refixiert. Wood (1998) kombiniert Der tastbare Befund ist aufgrund der Knorpelschicht auf- die beiden Verfahren. fälliger als der radiologische. Schmerzen, Parästhesien und ¼ Operation nach Kapel (1951): Die Retention erfolgt mit Paresen im Medianus- aber auch im Ulnarisbereich kön- zwei gegenläufigen Sehnenzügeln aus der Bizeps- und nen auftreten (Fragiadakis u. Lamb 1970, Mumenthaler u. Trizepssehne. Schliak 1993, Mimoun u. Mitarb. 1986). Bei voller Stre- ¼ Operation nach Osborne u. Cotterill (1966): Straffen des ckung oder Überstreckung des Armes mit Pro- oder Supi- medialen Kollateralbandes durch Verlagerung des me- nation kann der Radialispuls durch Kompression der A. dialen Epikondylus nach proximal und ventral. brachialis verschwinden (Delahaye u. Mitarb. 1976, Mital ¼ Bandrekonstruktion durch freies Sehnentransplantat: u. Gupta 1978, Talha u. Mitarb. 1987, Al-Naib 1994). Operation nach Jobe (Zitat bei Tullos u. Mitarb. 1981). Therapie Oft ist die Kombination mehrerer Verfahren erforderlich. Die Indikation und Art der Operation soll immer individu- Die operative Abtragung des Sporns ist die Therapie der ell gewählt werden. Wahl.

Oberarmsporn Pterygium cubitale

Synonyme Synonyme

Processus supracondylicus, Tuberculum supratrochleare, Flügelfell, Flughaut, congenital webbed elbow, cutaneus Humerussporn, Humeral supracondylar spur. web.

Definition Definition

Es handelt sich um einen knöchernen Vorsprung unter- Angeborene Schwimmhaut in der Ellenbeuge mit Streck- schiedlicher Form und Größe an der vorderen ulnaren hemmung, die meist ein Teil von weiteren Fehlbildungen Seite des distalen Humerusendes, ca. 6–7 cm proximal ist. Scott (1969) prägte die Bezeichnung „Pterygium Syn- des Gelenkspaltes. Er ist mit dem Epicondylus ulnaris drome“. durch ein Ligament verbunden (Struthers-Ligament). Durch den so entstehenden Canalis supracondylicus zieht Ätiologie der N. medianus und die A. brachialis. Erstbeschreibung geht auf den Anatomen Tiedemann (1822) zurück. Für die Entstehung des Flügelfells gibt es bis heute keine eindeutige Erklärung. Ebstein (1924) vertrat die Ansicht, Epidemiologie dass die Flügelfellbildung als Folge einer intrauterinen Störung entsteht. Kopits (1937) glaubte an die Gelenkkon- Diese Anomalie wird in etwa 1 –2% der Bevölkerung be- traktur als primäre Deformität. Heinz u Gropp (1968) be- obachtet und kann auch beiderseitig vorkommen (Kessel fürworten die Ullrich-Wanderblasentheorie. Familiäres 1972). Vorkommen und Vererblichkeit können vorliegen, auto- somal-dominanter (Kieser 1939, Kopits 1937, Shun-Shin Ätiologie 1954) sowie rezessiver Erbgang (Elias u. Mitarb. 1978, Gil- lian u. Pryse-Davis 1976, Ullrich 1949) wird angenommen. Ascher u. Engelmann (1928) erwähnen familiäres und ver- Das Pterygium wird bei der Arthrogrypose und weiterer erbliches Auftreten. Schöllner (1969) beschreibt 4 ver- Syndrome beobachtet, z.B. Bonnevie-Ullrich-Syndrom, schiedene Formen des Sporns, den er bei 25% der Patien- Turner-Syndrom, Cornelia-de-Lange-Syndrom und Möbi- ten mit Dysmelie-Syndrom festgestellt hat. Bei diesen Pa- us-Syndrom. Zu den begleitenden Fehlbildungen am Arm tienten lag eine Radiusaplasie oder radioulnare Synostose zählen: Ulnahypoplasie, Syndaktylie, Oligodaktylie, Kamp- Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

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6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke 139

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6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke

6.3.1 Angeborene Pseudarthrose sammen. Nur bei 16 der Fälle gab es keinen Hinweis für eine familiäre Belastung mit Neurofibromatose. Craigen u. des Unterarmes Clarke berichten 1995 über eineiige Zwillinge mit Café-au- lait-Flecken, aber nur ein Kind zeigt eine Ulnapseudar- throse. Boyd u. Sage (1958) unterscheiden 2 Typen der Sehr seltene Fehlbildung des Unterarmes. Die Pseudar- angeborenen Pseudarthrose: throse kann einen oder beide Unterarmknochen betreffen ¼ Typ I: Entspricht eher der fibrösen Dysplasie, beginnt und mit Bewegungseinschränkung sowie Verkürzung und mit einer Zyste und führt über eine pathologische Frak- Verbiegung des Unterarmes einhergehen. tur zur Pseudarthrose. ¼ Typ II: Defektpseudarthrose wird eher bei Neurofibro- Ätiologie matose beobachtet.

Die Verbindung der angeborenen Pseudarthrose mit der Pathogenese Neurofibromatose und mit der fibrösen Dysplasie ist bekannt. Etwa 5% der Patienten mit Neurofibromatose zei- Nur in wenigen Fällen gelang der Nachweis von neurofi- gen eine Pseudarthrose und etwa 50% der Pseudarthro- bromatösem Gewebe im Pseudarthrosenspalt (Brown u. senträger haben ein Merkmal der Neurofibromatose Mitarb. 1977). Johnson (1972) führt die Pseudarthrosen- (Crawford 1978, Wood 1999). Bei der Revision der eng- bildung auf Schädigung der Blutversorgung zurück. Aeger- lischen Literatur stellten Witoonchart u. Mitarb. (1999) ter (1950) nimmt als Ursache für die mangelhafte Ent- 60 Fälle mit angeborenen Unterarmpseudarthrosen zu- wicklung und Reife der Knochen eine Störung der nervalen Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

140 6 Angeborene Fehlbildungen

Versorgung an. Eine Entwicklungsstörung der mesoderma- Differenzialdiagnose len Struktur in der 5. Woche wird auch vermutet, die so- wohl die knöcherne als auch neurologische Reife betrifft Bei der Unterscheidung von einer geburtstraumatischen (Bayne 1985). Die Ulna wird häufiger betroffen als der oder posttraumatischen Pseudarthrose sind folgende Radius oder beide Knochen. Ein bilateraler Befall wurde Merkmale zu beachten: Hautsymptome der Neurofibro- nicht beobachtet. Die Pseudarthrose liegt in der Regel in matose und familiäres Vorkommen, mangelhafte Kallus- der distalen Hälfte. bildung trotz Ruhigstellung und die typischen Verände- rungen im Röntgenbild. Diagnostik Therapie Klinische Diagnostik Der Unterarm ist verkürzt, verbogen und hypoplastisch. Kommt die operative Behandlung aus irgendeinem Grund Sind beide Unterarmknochen betroffen, so ist dieser insta- nicht in Betracht, so kann der Unterarm mit einem Hül- bil. Die Beweglichkeit des Ellenbogens und des Hand- senapparat stabilisiert werden. Für die Ulnapseudarthrose gelenks ist meist frei. Die Umwendbewegung des Unter- wird die operative Behandlung im Frühkindesalter emp- armes und insbesondere die Supination ist eingeschränkt. fohlen, um die sekundäre Veränderung des Radius und des Neurofibrome und Hautflecken treten auf. Humeroradialgelenks zu verhindern (Cheng u. Mitarb. 1994). Die Behandlung der Radiuspseudarthrose ist erfolg- Bildgebende Diagnostik reicher bei älteren Kindern ab 8 Jahren, wenn die Radius- Das Röntgenbild zeigt folgende typische Veränderungen: basis groß genug ist (Wood 1999). Breiter Defekt, die Knochenenden sind spitzförmig, das Für Typ I gilt es, die Zyste auszuräumen, anschließend distale Fragment ist hypoplastisch, der proximale Teil ist erfolgt eine Spongiosaplastik. sklerotisch und ohne Markraum. Ist nur die Ulna betrof- Bei Typ II wird die Pseudarthrose großzügig reseziert, fen, kommt es durch das Weiterwachsen des Radius zur die Knochenlücke überbrückt und die Fragmente stabili- Verbiegung derselben, zur Subluxation des Kopfes und/ siert. Als Operationsverfahren wurden 20 Methoden ver- oder Hypoplasie des Capitulum humeri (Abb. 6.10). sucht (Wood 1999), z.B. Knochentransplantation, ver-

Abb. 6.10 Angeborene Ulnapseudarthrose mit Instabilität und Verbiegung des Unterarmes. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke 141

schiedene Osteosyntheseverfahren und die Verbindung oder den Unterarm zu verlängern, kann ein gefäßge- der Elle mit der Speiche. Die erfolgversprechendsten stieltes Fibulatransplantat eingeschaltet werden (Allieu Operationen sind: u. Mitarb. 1999). Nachteilig bei dieser Operationsme- 1. Die gefäßgestielte Fibulatransplantation: Gilt als die thode ist die Aufhebung der Unterarmdrehung. Methode der Wahl. Seit dem Erstbericht von Allieu u. 3. Ilisarov-Technik: Bei der Behandlung der angeborenen Mitarb. (1981) haben zahlreiche Autoren diese Opera- Tibiapseudarthrose konnten mit der Distraktion im tionsmethode immer mehr befürwortet (Gilbert 1998). Ringfixateur gute Erfolge erzielt werden. Auch mit der Die 17 Fälle in der Literatur zeigen im Vergleich zu an- Segmentverschiebung nach Resektion der Pseudarthro- deren Methoden schnelle und sichere Heilung (Über- se können solche Defekte verschlossen werden. Bei der sicht und Vergleich bei Witoonchart u. Mitarb. 1999). Unterarmpseudarthrose sind die Erfahrungen noch be- Die Spätergebnisse (Allieu u. Mitarb. 1999) zeigen volle grenzt, aber anscheinend ein Erfolg versprechendes Integration und Anpassung des Transplantates sowie Verfahren (Fabry u. Mitarb. 1988). Verbesserung der Armfunktion. Allieu u. Mitarb. emp- fehlen bei der Unterarmpseudarthrose die zweizeitige Fibulatransplantation. Zunächst wird die Ulna stabili- 6.3.2 Radiusdefekt – siert und 6–8 Monate später erfolgt die zweite Trans- plantation mittels einer End-zu-Seit-Anastomose und radiale Klumphand eines Venentransplantates. 2. Die Verbindung des proximalen Ulnafragmentes mit dem distalen Radiusanteil (one bone forearm): Die Die wahrscheinlich erste Beschreibung von beidseitigen Operation ist bei der Pseudarthrose beider Unterarm- Radiusdefekten in Form von Klumphänden findet sich in knochen mit Hypoplasie des distalen Ulnafragmentes einem Autopsiebericht von Petit (1733). und evtl. mit Dislokation des Radiuskopfes indiziert (Abb. 6.11). Um eine starke Verkürzung zu vermeiden Synonyme

Radial club hand, radial deficiencies, radial ray defekt, ra- dial , radial dysplasia, main bote.

Definition

Hemmungsfehlbildung der radialseitigen (präaxialen) Teile der oberen Extremitätenanlagen mit Verkürzung des Unterarmes und radialer Deviation der Hand (Manus vara). Zwischen der Radiusaplasie und der radialen Strahlen- aplasie besteht nach Birch-Jensen (1949) sowie Willert u. Henkel (1969) eine pathogenetische Identität. Diese bei- den Formen lassen sich unter dem Begriff des radialen Defektes zusammenfassen.

Ätiologie

Die Fehlbildung tritt meistens sporadisch auf. Über selte- nes familiäres Vorkommen sind einige wenige Berichte bekannt (Aschner u. Engelmann 1928, Goldberg 1948, For- bes 1938, Blauth u. Sönnichsen 1986). Wir haben, wie die meisten Autoren, keine erblichen Klumphände gesehen (Wynne-Davies 1973, Flatt 1977). Exogene Noxen werden angenommen. Im Rahmen der Thalidomid-Embryopathie Anfang der 60-er Jahre kam es zu einer sprunghaften Häu- fung der radialen Klumphände. Lenz (1963) konnte die sensible Phase ermitteln. Sie lag zwischen dem 43. u. 45. Tag nach der letzten Menstruation. Ogino (1996) konn- te durch Applikation des Zytostatikums Busulfan bei Rat- ten am 9. Schwangerschaftstag Ulnardefekte und am 10. Schwangerschaftstag Radialdefekte erzeugen. Andererseits kommt die radiale Klumphand im Rah- Abb. 6.11 One-bone-forearm-Operation. men bekannter Syndrome und in Verbindung mit anderen Deformitäten vor. Die meisten Begleiterkrankungen be- Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

142 6 Angeborene Fehlbildungen

Tab.____ 6.6 Die wichtigsten Syndrome mit Radialdefekt Syndrome Defekte Erbgang Literatur

Holt-Oram-Syndrom – Radiusaplasie autosomal-dominant Holt, Oram (1960) – proximale Radioulnarsynostose – Daumenhypoplasie – proximaler Humerusdefekt – Vorhof-Septum-Defekt

TAR-Syndrom – bilaterale Radiusaplasie autosomal-rezessiv Schoenecker (1984) – Humerushypoplasie oder -aplasie – Ulnahypoplasie oder -aplasie – Mesobrachyphalangie – Klinodaktylie – Thrombozytopenie

Nager-Syndrom – Radiushypo- oder -aplasie autosomal-dominant und sporadisch Lowry (1977) – Daumenhypo- oder -aplasie (akrofazial-dysostosis) – triphalang. Daumen – Synostosen – Mandibulahypoplasie – kleine Ohren

VATER-Assoziation – Radiushypoplasie unbekannt Quan (1973) – Skoliose – Analatresie – Tracheoösophageal-Fistel – Nierenanomalie – Herzfehler

Fanconi-Syndrom – Radiushypo- oder -aplasie unbekannt Fanconi (1967) – Daumenhypo- oder -aplasie Riordan (1965) – Doppeldaumen – Anämie – polymorphe Leukozyten – Thrombopenie – kardiale und renale Fehlbildungen

treffen das Herz (Holt-Oram-Syndrom) sowie Thrombozy- defekt steht bei der radialen Klumphand im Mittelpunkt. topenie (TAR-Syndrom), Panzytopenie (Fanconi-Anämie) Dabei kann der Radius vollständig oder teilweise fehlen und VATER-Assoziation. Seltener sind Skelettanomalien oder hypoplastisch angelegt sein. Die komplette Radius- als Begleitfehlbildungen (Tab. 6.6). aplasie kommt am häufigsten vor (48% bei James u. Mit- arb. 1999, 54,2% bei Martini 1992), gefolgt von der Radius- Pathogenese hypoplasie (27% bei James u. Mitarb. und 37,3% bei Marti- ni) und der partiellen Radiusaplasie (13% bei James u. Mit- Pathogenetisch können Skelettdefekte die Folge von Fehl- arb. und 8,4% bei Martini). Bei der letztgenannten Form differenzierungen der zugehörigen Arterien (Poznanski fehlt die distale Epiphyse. Eine proximale partielle Radius- 1974), Fehler bei der Induktion der Extremitätenknospe, aplasie ist sehr selten und eine Klumpstellung der Hand Störung des Wachstums der Gliedmaßenelemente (Cotta kann dabei fehlen (Steindler 1936). Anstelle des fehlenden u. Rauterberg 1982), Defekte spezifischer Neurotome der Radius kann ein derber fibröser Strang vom Epicondylus Neuralrohranlage (McCredic 1976) oder Schädigung der humeri radialis oder von einem Radiusrudiment zur Hand- fibrösen oder knorpeligen Extremitätenknochenanlage wurzel ziehen und Teilen der Muskulatur als Ursprung mit nachfolgendem Entwicklungsstillstand (Rupprecht u. und Ansatz dienen (Barsky 1958, Lamb 1977, Skerik u. Manitz 1973, Duraiswami 1952) sein. Die verschiedenen Flatt 1969). Die Ulna kann verkürzt, verplumpt oder nach Bilder lassen sich in einer teratologischen Reihe ordnen radial verbogen sein. Auch am proximalen Ulna- und dis- (Abb. 6.12). talen Humerusende kommen Dysplasien vor, die zusam- Die leichteste Form ist der dreigliedrige Daumen oder men mit Anomalien der Gelenkkapsel und der Muskulatur die Daumenhypoplasie. Die Reihe setzt sich mit zuneh- zur Streckkontraktur des Ellenbogens führen. Humerus- mender Defektbildung des Radius und Humerus bis zur dysplasien sind häufig (34% in unserem Krankengut). Der Extremform fort, bei der nur ein Finger angelegt ist und Schweregrad der Humerusfehlbildung nimmt mit dem eine Hypoplasie des Schultergürtels auftritt. Der Radius- Schweregrad der Radiusfehlbildung zu. Die Handwurzel- Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke 143

Abb. 6.12 Teratologische Reihe der radialen Fehlbildungen (aus: Henkel, H.L., Willert, H.G., Grass- mann, U.C. [1978]: Arch orthop traum Surg 93: 1). radial ulnar

zentral

karpal

metakarpal

phalangeal

1, 2, 3, 4, 5,

knochen sind hypoplastisch, teilweise nicht angelegt oder partieller Radiusaplasie in etwa 50% und bei Radiushypo- miteinander verschmolzen. Vor allem ist die radiale Hand- plasie in etwa 30% der Fälle. Es kommen aber auch poly- wurzel betroffen. O’Rahilly (1951) hat z.B. ein Fehlen des daktyle, dreigliedrige, syndaktyle Daumen sowie Doppel- Skaphoids in 81%, des Trapeziums in 85%, des Lunatums in daumen vor. Die übrigen Finger zeigen oft Hypoplasie und 10% und des Trapezoids in 14% nachgewiesen. Synostosen Kamptodaktylie. Die Veränderungen nehmen von radial werden in der ulnaren Handwurzel beobachtet (Hippe nach ulnar ab. Der Kleinfinger ist in der Regel gut aus- 1970). Oft erfolgt die Ossifikation der Handwurzel und gebildet, kräftig und mobil. des Radiusrudiments verzögert. Das Handgelenk zeigt Auch die Weichteile sind betroffen. Die Muskeln zei- eine radiale Deviation. Bei der Radiusaplasie ist der Karpus gen Hypo- oder Aplasie. Am häufigsten sind betroffen: nach radial luxiert und artikuliert mit der Radialseite des Mm. brachioradialis, flexor carpi radialis, extensor carpi distalen Ulnaendes. Das Handgelenk ist instabil. Nur bei radialis brevis und longus, extensor pollicis longus und gering gradiger Radiushypoplasie oder bei extrem kom- brevis, supinator, pronator teres und quadratus, extensor binierter Aplasie bleibt die Hand gerade (Martini 1992). digitorum communis, die Daumenballenmuskulatur, Bi- Der Daumen kann hypoplastisch sein oder fehlen. Bei zeps- und Deltahypoplasie mit Instabilität des Schulterge- Lamb (1977), Manske u. McCarroll jr. (1998) und James u. lenks. Die A. radialis fehlt oder ist hypoplastisch, ein oder Mitarb. (1999) war der Daumen bei allen Fällen fehlgebil- beide Hohlhandbögen können fehlen, aber auch die radial- det. Heikel (1959) fand 2 normale Daumen bei 38 Radius- seitige Arterie des Zeigefingers kann bei der Daumenapla- aplasien. Bayne u. Klug (1987) zählten 15 normal gebildete sie fehlen (Gefahr bei der Pollizisation). Der N. radialis Daumen bei 67 Radiusaplasien. Nach Heikel (1959) fehlt kann in Höhe des Ellenbogens enden. Der N. medianus der Daumen bei kompletter Radiusaplasie in etwa 60%, bei liegt oberflächlich radialseitig (Schöllner 1972). Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

144 6 Angeborene Fehlbildungen

Epidemiologie Karpal-, Mittelhand- und Fingerknochen sowie Dysplasie des Ellenbogens und das Vorliegen einer Synostose. Es Die Häufigkeit der radialen Klumphand beträgt 1 :30 000 empfiehlt sich die Röntgenkontrollen mit Messband (Birch-Jensen 1949) bis 1: 100 000 (Flatt 1977) der leben- durchzuführen, um das Wachstum genau beurteilen zu den Geburten. Wir stellten eine auffällige Häufung in den können. ersten 4 Monaten des Jahres sowie Überwiegen der weib- lichen gegenüber den männlichen Patienten (41 :30) fest. Klassifikation Zum gleichen Ergebnis kommt auch Straub (1972). Ganz im Gegensatz dazu stehen die Angaben von Birch-Jensen Bayne (1982) differenziert 4 Typen der Radiusveränderun- (1949), Blauth (1969) und Buck-Gramcko (1981). Gehäuf- gen (Abb. 6.13a-e) und geht davon aus, dass die Hand- tes Auftreten der Beidseitigkeit haben wir beobachtet deformität parallel zum Radiusdefekt verläuft: (58%) ebenso Kato (1924), Hopf (1959), Bayne u. Mitarb. ¼ Typ I: Verkürzung des distalen Radius: Die distale Epi- (1970) und Lamb (1977). Nach Lewin (1917) und Buck- physe ist vorhanden, angedeutete Radialdeviation, Gramcko (1985) ist die Einseitigkeit häufiger als die Beid- Daumenhypoplasie, normale Ellenbogenfunktion. seitigkeit. ¼ Typ II: Radiushypoplasie: Beide Epiphysen sind vor- handen, aber das Wachstum ist eingeschränkt. Der Un- Diagnostik terarm ist verkürzt und die Ulna verbogen. ¼ Typ III: Partielle Radiusaplasie: Die Ulna ist kurz, ver- Klinische Diagnostik dickt und verbogen. Das Handgelenk ist instabil. Der Arm ist insgesamt verkürzt, insbesondere der Unter- ¼ Typ IV: Totale Radiusaplasie: Die Ulna ist wie bei Typ arm. Die Hand zeigt eine mehr oder weniger ausgeprägte III verändert. Das Handgelenk ist instabil. radiale Deviation, das Handgelenk ist instabil und die ak- tive Streckung sehr schwach. Der Daumen ist hypoplas- James und Mitarb (1999) unterscheiden 6 Typen, wobei tisch oder nicht angelegt und die übrigen Finger können die Daumen- und Karpusveränderungen mehr berücksich- verkürzt, hypoplastisch oder kontrakt sein. Der Kleinfinger tigt werden (Tab. 6.7). ist meistens normal und gut beweglich. Die Unterarm- drehbewegung ist oft eingeschränkt oder aufgehoben Differenzialdiagnose und das Ellenbogengelenk zeigt eine Beugehemmung bis zur Streckkontraktur. Die Hypermobilität des Handgelenks Radiale Klumphandstellung mit Verkürzung des Radius ersetzt die Bewegungseinschränkung des Ellenbogens und kann durch Schädigung der Wachstumsfugen entstehen. der Fingergelenke. Ein Klemmgriff zwischen der offenen Die Ursachen dafür können verschieden sein, z.B. Fraktu- Hand und dem Unterarm ersetzt den Grobgriff. Der Klein- ren, Bestrahlungsschäden, ischämische Kontraktur der ra- finger ersetzt den Daumen beim Präzisionsgriff. Bei ein- dialseitigen Muskulatur oder Vernarbung der Haut. Die seitigem Befall können Fehlbildungen der anderen Seite Anamnese gibt Hinweis auf die Ätiologie, außerdem fehlen beobachtet werden, die vor allem den radialen Strahl be- die Begleitveränderungen der Hand. treffen, z.B. Daumenhypoplasie oder Doppeldaumen (Rot- man u. Manske 1994). Bei bilateralem Befall sind die Ver- Therapie änderungen auf beiden Seiten selten symmetrisch. Konservative Therapie Bildgebende Diagnostik Die konservative Therapie soll so früh wie möglich erfol- Röntgenaufnahmen des Armes zeigen alle Veränderungen, gen bevor die Fehlstellung kontrakt wird. Sie besteht in die unter der klinischen Diagnostik beschriebenen wur- der passiven Redression und der Versorgung mit Klump- den: Hypo- oder Aplasie des Radius, Verbiegung der handschienen. Ziel ist die Verbesserung der Beweglichkeit Ulna, Luxation des Handgelenks, Zahl und Zustand der und die Vorbeugung einer zunehmenden Fehlstellung.

Tab.____ 6.7 Klassifikation des Radiusdefekts nach James u. Mitarb. (1999) Typ Daumen Karpus Distaler Radius Proximaler Radius

N Hypo- oder Aplasie normal normal normal

0 Hypo- oder Aplasie Hypo- oder Aplasie oder Synostosen normal normal/Synostose

1 Hypo- oder Aplasie Hypo- oder Aplasie oder Synostosen 4 2 mm Verkürzung normal/Synostose

2 Hypo- oder Aplasie Hypo- oder Aplasie oder Synostosen Hypoplasie Hypoplasie

3 Hypo- oder Aplasie Hypo- oder Aplasie oder Synostosen keine dist. Epiphyse Hypoplasie

4 Hypo- oder Aplasie Hypo- oder Aplasie oder Synostosen Aplasie Aplasie Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke 145

ab cd

e e

Abb. 6.13a–e Die verschiedenen Formen des Radiusdefektes. c Partielle Aplasie des Radius. a Radiushypoplasie ohne Fehlstellung der Hand. d Seltene proximale Radiusaplasie mit Geradstellung der Hand. b Radiushypoplasie mit Daumenaplasie, Hypoplasie des 2. Strah- e Radiusaplasie. les und Klumphandstellung. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

146 6 Angeborene Fehlbildungen

Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Schiene und des M. flexor carpi radialis (FCR) werden durch- nicht die Luxation fixiert. Vor der Schienenversorgung trennt, soll die Reposition durch Traktion und Redression erfolgen – Einstellen des distalen Ellenendes in Karpus und (Marquardt u. Martini 1982). Die Schiene wird tagsüber Fixation mit K-Draht, abgenommen, um die Bewegungsfreiheit zu fördern – Naht der Gelenkkapsel ulnarseitig, die Sehne des M. (Lamb 1977, Flatt 1977). extensor carpi ulnaris (ECU) wird gerafft, die Sehne des M. flexor carpi ulnaris (FCU) wird mit der Ex- Operative Behandlung tensorsehne vernäht, Die meisten Kinder mit Klumphänden entwickeln eine – Korrekturosteotomie der Ulna falls erforderlich, 6–8 große Geschicklichkeit und kommen gut zurecht. Das Er- Wochen Oberarmgips, Materialentfernung, Unter- scheinungsbild lässt die Eltern nach Korrektur drängen. armschienen Tag und Nacht bis zum 6. Lebensjahr Die Operation ist kontraindiziert bei Streckkontraktur des und nur für die Nacht bis zum Wachstumsabschluss Ellenbogens. Die Geradestellung der Hand bringt in die- (Watson u. Mitarb. 1984). sem Fall Funktionseinbußen, da die Hand nicht mehr zum – Die Ergebnisse waren z.T. enttäuschend (Hippe u. Gesicht geführt werden kann. Indikation, Zeitpunkt und Blauth 1979). Neben dem Bewegungsverlust kam Art der operativen Behandlung waren lange Zeit umstrit- es zur Schädigung der Epiphysenfuge mit weiterer ten. Für Blauth (1986) und Marquardt (1982) bleibt die Verkürzung des Unterarmes, Rezidivund Verbie- Operation für wenige bestimmte Fälle indiziert. Buck- gung der Ulna. Gramcko (1985) und die meisten angloamerikanischen ¼ Zweizeitige Zentralisation der Elle. Um das Operati- Autoren empfehlen die operative Behandlung und zwar onstrauma zu reduzieren wird seit geraumer Zeit emp- so früh wie möglich, im 2. –6. Lebensmonat (Riordan fohlen, die operative Korrektur zweizeitig vorzuneh- 1955, Lidge 1969, Lamb 1977). Zahlreiche Operationsver- men. fahren wurden praktiziert und verlassen, da sie zur Ver- – Reposition durch Traktion: steifung des Handgelenkes und Verkürzung des Unter- Mittels Fixateur externe erfolgt die langsame Trakti- armes führten. Übersicht bei Schöllner (1972). Die zur on der Weichteile bis die Handwurzel einen Ab- Zeit gültigen Verfahren sollen hier entsprechend der Fehl- stand zum distalen Ellenende von mehreren Zenti- bildung beschrieben werden. metern erreicht (Kessler 1989, Nanchahal u. Tonkin 1996, Smith und Green 1995) danach erfolgt: Radiushypoplasie. Bei der Radiushypoplasie oder partiel- – Zentralisation oder die Radialisation: len Aplasie ist die Verlängerung des Radius durch Kallus- Eine Resektion des Gelenkknorpels oder des Os distraktion die Methode der Wahl. Die Operation soll lunatum ist nicht mehr erforderlich. Kessler (1989) wegen der Anpassungsfähigkeit bei der Bildung des dis- fixiert das Handgelenk in Mittelstellung mittels K- talen Radioulnargelenks, im Alter von 2– 3 Jahren erfol- Draht nach geschlossener Reposition. Buck-Gramcko gen, auch unter der Gefahr die Operation im Laufe des (1985) empfiehlt eine Ruhepause von 2 Wochen Wachstums wiederholen zu müssen. Es empfiehlt sich da- nach Beendigung der Traktion, anschließend Entfer- bei, das proximale Radiusfragment an der Ulna mittels nung des Fixateurs und offene Reposition, wobei das proximaler Stifte zu fixieren, um eine Luxation des Radius- distale Ellenende unter die radiale Handwurzel kopfes zu verhindern. Blauth u. Sönnichsen (1986) emp- gestellt wird (Radialisation) und Verpflanzung der fehlen die Verkürzung der Elle als „einfache Lösung“. Muskelsehnenansätze des ECR und FCR auf die Ellenseitige Handwurzel, Korrekturosteotomie der Totale oder subtotale Radiusaplasie. Bei dieser Fehlbil- Ulna und Fixation des Handgelenkes und der Ulna dung sind verschiedene Wege möglich. mit einem axialen K-Draht für 6 Wochen. Die Über- ¼ Zentralisation der Elle: Ziel der Operation ist es, die korrektur und Sehnenverlagerumg sollen die Balan- Handwurzel auf und um das distale Ellenende herum ce des Handgelenkes besser halten und Rezidive in Funktionsstellung der Hand zu stellen, wobei die verhindern (Abb. 6.14). Ankylose angestrebt wird. ¼ Weitere Eingriffe: Riordan (1995) empfiehlt die Operation im 2. –3. Mo- – Knöcherne radiale Abstützung: Albee (1928) ver- nat, Bayne (1982) im 6. Monat und Blauth (1976) im pflanzte ein Stück Fibula in die Ulna. Starr (1945) 3. –4. Lebensjahr. Die Operationstechnik wurde 1893 verwendete das Fibulaköpfchen mit der Epiphyse. von Sayre beschrieben und ist von Blauth (1969) und Das Wachstum blieb aus und die Abstützung war von Bayne (1982) modifiziert worden und galt für viele nur vorübergehend. Mehrere Autoren haben diese Jahre als die gängigste Methode. Die wichtigsten Idee mit mikrochirurgischer Technik verbessert (Sa- Schritte sind: waizumi u. Mitarb. 1991). – Ablösung der Kontrakturstränge, Eröffnung der Ge- – Transplantation des 2. Os metatarsale: Vilkki lenkkapsel und Mobilisation des Ellenendes, ein Teil (1998) transplantierte das 2. Os metatarsale, das der mittleren Handwurzel wird entfernt und eine MT-Gelenk und die Grundphalanx als eine Einheit Mulde gebildet, die Sehnen des M. brachioradialis mit mikrovaskulärem Anschluss und konnte ein Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke 147

Abb. 6.14 Die Radialisation der Ulna.

ausreichendes Wachstum beider Epiphysenfugen beobachten. 3 von 6 Fällen hatten schwere Kompli- kationen mit Rezidiv. ¼ Verlängerung der Ulna durch Kallusdistraktion: Das Wachstum der Ulna ist bei der Radiusaplasie einge- schränkt und erreicht etwa 50– 75% (Heikel 1959) bzw. 60% (Bora u. Mitarb. 1981) der gesunden Seite. Die Operation kann frühestens im Alter von 6 Jahren durchgeführt werden. Die Osteotomiestelle soll mög- lichst in der Metaphyse liegen. Die Verlängerungsge- schwindigkeit beträgt ca. 1 mm/Tag und die Konsolidie- rung dauert etwa doppelt so lang wie die Verlänge- rungszeit. Wir verwenden den Ringfixateur. Eine Ver- längerung von 60–94% der Ulnalänge ist möglich (Rai- mondo u. Mitarb. 1999), dabei kann eine gleichzeitige Achskorrektur erfolgen (Kawabata u. Mitarb. 1998) (Abb. 6.15). Eine zweite Verlängerung im Alter von 12– 14 Jahren ist möglich (Paley u. Herzenberg 1998).

Abb. 6.15 Verlängerung der Ulna durch Kallusdistraktion mit dem Ringfixateur. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

148 6 Angeborene Fehlbildungen

Beim Erwachsenen wird die Indikation zur Operation sammengetragen und fügte diesen noch einen von ihm selten gestellt, da die Patienten in der Regel an die De- beobachteten Fall hinzu. formität adaptiert sind und keine funktionellen Defizi- te beklagen. Wird die Operation aus ästhetischen Grün- Synonyme den gewünscht, so muss erst noch sicher gestellt wer- den, dass die Begradigung der Hand keinen Funktions- Begriffe wie ulnare Klumphand, ulnar clubhand, manus verlust mit sich bringt. In diesem Falle empfiehlt sich valga, Pseudoklumphand beschreiben jeweils die Fehlstel- die radiokarpale Arthodese (Martini 1980) oder die lung der Hand bei ulnaren Defekten. Begriffe wie kon- Korrekturosteotomie nach Gardemin (1964) oder mit- genitaler Ulnadefekt, congenital absence of the ulna, tels Kallusdistraktion (Paley u. Herzenberg 1998). ulnar deficiency, ulnar dysplasia, paraxial ulnar hemime- lia, ulnar agenesis nehmen Bezug zur Pathologie. Bezeich- Komplikationen nungen wie ulnarer Strahldefekt, defects of the ulnar ray beschreiben Defekte der ulnaren Finger. Die Zerstörung der Wachstumsfuge des distalen Ellen- endes – verursacht durch die ausgiebige Freilegung und Definition Mobilisation oder durch Druck nach der Reposition – führt zur weiteren Verkürzung und/oder Verbiegung der Hemmungsfehlbildung mit vorwiegendem Befall der ul- Ulna. narseitigen (postaxialen) Teile der oberen Gliedmaßen- Die Komplikationen bei der Verlängerung sind: Bohr- anlage. Diese longitudinale Fehlbildung kann von der Hy- drahtkanalinfektion, verzögerte Kallusbildung, Verbiegung poplasie eines ulnaren Fingers bis zur Aplasie der Ulna mit und/oder Bruch des neu gebildeten Knochens nach Entfer- den entsprechenden hypoplastischen Begleiterscheinun- nung des Fixateurs, Zunahme der Kontrakturen des Ellen- gen des Ellenbogens und sogar der Schulter reichen. bogens und der Fingergelenke. Die Komplikationsrate ist relativhoch (Raimondo 1999, Catagani u. Mitarb. 1993, Ätiologie Hülsebergen-Krüger u. Mitarb. 1998, Kawabata u. Mitarb. 1998). Im Hinblick auf die veränderte Anatomie können Ulnafehlbildungen treten sporadisch auf, in Einzelfällen Nervenschäden iatrogen oder durch die Traktion entstehen. wird Erblichkeit diskutiert (Roberts 1886, Müller 1939, Wierzejewski 1910). Im Krankengut von Buck-Gramcko Ergebnisse (1997), Bayne (1988) sowie in unserem (Mattis 1995) war kein familiäres Vorkommen zu beobachten. Abnorme Unsere Erfahrungen, sowie in den meisten Veröffent- Chromosomen wurden beobachtet (McKusick 1966). Auch lichungen, zeigen, dass die Ästhetik und Akzeptanz nach exogene „Agenzien“ wurden als Ursache angenommen. Im der Operation gut sind (Grill u. Mitarb. 1996). Die Beweg- Tierversuch an Ratten konnten ulnare Defekte bei Gabe lichkeit des Handgelenks nimmt deutlich ab. Bora u. Mit- von Cyclophosphamid am 12. Embryonaltag erzeugt wer- arb. (1981) fanden nach Zentralisation eine durchschnitt- den (Jeyasselan u. Singh 1984). Ebenfalls wurden bei Rat- liche Beweglichkeit des Handgelenks von 30°, ähnliche ten Ulnadefekte durch Gabe von Myleran (Busulfan) in der Ergebnisse von 20–25° erreichte Watson u. Mitarb. sensiblen Phase zwischen dem 9. und 10. Tag hervorgeru- (1984). Bei Buck-Gramcko (1985) konnte nach der Radia- fen. Diese Zeit fällt mit der Phase der höchsten Embryo- lisation eine Flexion von 40–90° erreicht werden, jedoch mortalität zusammen, was eine Erklärung für das wesent- keine aktive Extension. Im Laufe der Zeit kommt es zu lich seltenere Vorkommen des Ulnadefektes im Vergleich zunehmender Verkürzung und Verbiegung der Ulna auch zum Radiusdefekt sein könnte (Ogino u. Kato 1988). In den ohne Schädigung der Wachstumsfuge (Bora u. Mitarb. 60er Jahren wurde ein starker Anstieg der radialen Fehl- 1981, Manske u. Mitarb. 1981, Lamb u. Mitarb. 1997). bildungen durch die Thalidomid-Medikation beobachtet, Auch Rezidive kommen vor (4 von 21 bei Lamb u. Mitarb.), aber keine Häufung der ulnaren Defekte verzeichnet. trotz Sehnenraffung und Fixation des Handgelenks mit Ulnare Ektromelie kommt bei mehreren erblichen Syn- dickem K-Draht bis zu einer Dauer von 13 Jahren. dromen vor. Klinisch bedeutsam, weil am häufigsten, sind: das Femur-Fibula-Ulna-(FFU-)Syndrom (Kühne u. Mitarb. 1967, Lenz u. Mitarb. 1993), das Cornelia-de-Lan- 6.3.3 Ulnadefekt – ulnare Klumphand ge-Syndrom (Wiedemann u. Mitarb. 1989, Pfeiffer u. Cor- rell 1993, Goldberg1987), das Weyers-Oligodaktylie-Syn- drom (Weyers 1957, Elejalde u. Mitarb. 1985, Lungarotti Der Ulnadefekt ist nach der Humerusaplasie der zweitsel- u. Calabro 1993, Turnpenny u. Mitarb. 1992), das Schinzel- tenste Defekt der langen Knochen überhaupt (Laurin u. Syndrom (Temtamy u. McKusick 1978, Schinzel u. Mitarb. Farmer 1959). Nach der Erstbeschreibung durch Göller 1987), die ulnafibularen Dysplasien (Burck u. Mitarb. 1980, im Jahre 1698 folgten bis Ende des 19. Jahrhunderts ein- Henssge u. Engelke 1970, Langer jr. 1967, Reinhardt u. zelne Fallbeschreibungen. Kümmel hat 1895 zwölf Be- Pfeiffer 1967, Saito u. Mitarb. 1989) und das Pillay-Syn- schreibungen von ulnaren Defekten aus der Literatur zu- drom (Pillay 1964). Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke 149

Pathogenese anomalie. Außerdem sind oft Aplasien, Hypoplasien und Insertionsanomalien der Mm. triceps, biceps, palmaris Überwiegend kommt die Ulnateilaplasie mit Fehlen des longus, anconeus, supinator, extensor carpi ulnaris, exten- distalen Teiles vor (ca. 60%). Es folgen totale Ulnaaplasie sor digiti quinti, extensor digiti communis, flexor digiti und Ulnahypoplasie (Johnson u. Omer jr. 1985, Buck- profundus und flexor carpi ulnaris (Pardini 1967, Blauth Gramcko 1997). Ulnateilaplasien mit Defekten des pro- u. Schneider-Sickert 1976). Hypoplasien des Oberarmes ximalen Teils sind ausgesprochen selten (Werthemann und der Schulter kommen bei schweren Fällen vor (Mas- 1952, Künzel 1973). Die Ossifikation bei Ulnateilaplasie son u. Mitarb. 1995). Kardiorespiratorische, gastrointe- ist immer verspätet (Laurin u. Farmer 1959, Buck-Gramcko stinale und hämatopoetische Begleitfehlbildungen kom- 1997), so dass auf frühen postpartalen Röntgenaufnahmen men beim Ulnadefekt wesentlich seltener als beim Radi- der Eindruck einer kompletten Ulnaaplasie entsteht (Brou- usdefekt vor (Goldberg 1987, Bayne 1988). dy u. Smith 1979, Lausecker 1954). Bei Ulnateilaplasie und Ulnaaplasie mit humeroradialer Synostose kann eine fi- Epidemiologie brokartilaginäre Anlage gefunden werden (Flatt 1991, Bayne 1988). Diese zieht vom Ulnarest oder dem Humerus Die Angaben der Inzidenz ulnarer Defekte schwankt zwi- zur distalen Radiusepiphyse und/oder zum ulnaren Karpus schen 1 :100 000 (Birch-Jensen 1949) über 7:100 000 (Ogden u. Mitarb. 1976 u. 1978). Diese kann zur Verbie- (Czeizel u. Mitarb. 1993) bis 11: 100 000 Lebendgeburten gung des Radius und sogar zur Subluxation des Radius- (Bod u. Mitarb. 1983). Daraus ergibt sich ein Verhältnis kopfes führen (Carroll u. Bowers 1977, Riordan 1978, Wat- zwischen radialer zu ulnarer Klumphand von 3 :1 über son u. Bohne 1971). Das Ellenbogengelenk bleibt nur sel- 10:1 bis 18: 1. In unserem Krankengut von 111 Patienten ten unverändert und nur bei der Ulnahypoplasie. Dyspla- mit ulnaren Defekten waren 47 weiblich (42,3%) und 64 sie des Ellenbogens ohne Radiuskopfluxation wurde von männlich (57,7%). Davon waren 47 Patienten beiderseits uns bei 37 Extremitäten (23,4%) beobachtet. Eine Radius- betroffen (42,3%). In der Literatur schwanken die Angaben kopfluxation bestand an 28 Extremitäten (17,7%), (bei über den bilateralen Befall von 22% (Buck-Gramcko 1997) Buck-Gramcko 32%) und eine Aplasie des Ellenbogens über 40% (Blauth u. Hippe 1990) bis 60% (Ohnesorge durch radiohumerale oder radiohumeroulnare Synostose 1987). fanden wir bei 69 Extremitäten (43,7%), (bei Buck-Gram- cko 16%). Das Handgelenk ist in der Regel stabil und die Klassifikation Ulnadeviation beträgt nur selten mehr als 30° (May u. Littler 1990). Die älteste Klassifikation von Kümmel (1895) berücksich- Am Karpus fehlen häufig ulnare Handwurzelknochen, tigt nur den Ellenbogenbefund. Lausecker hat 1954 die vor allem das Os triquetrum, Os capitatum, Os hamatum morphologischen Veränderungen der Unterarmknochen, und Os pisiforme, oder es liegen Karpalknochensynosto- Hand- und Fingerbereiche in den Mittelpunkt seiner Ein- sen vor (30–40%). Da die Extremität von proximal nach teilung gestellt. Er unterscheidet 7 Schweregradtypen. distal determiniert wird, sollten nach Tschumi (1957) mit Pingel u. Rompe haben 1971 weitere Unterklassen defi- Defekten der Unterarmknochen stets auch Defekte der niert. Hand verbunden sein. Tatsächlich aber findet man bei Ul- Ogden u. Mitarb. (1976) teilten die Ulnadefekte in 3 nadefekten in ca. 11% eine normal ausgebildete Hand (May Schweregrade: Ulnahypoplasie mit vorhandener distaler u. Littler 1990). In über 50% bestehen Daumenfehlbildun- Epiphyse, distale und totale Ulnaaplasie. gen in Form von Hypoplasie, Aplasie oder Doppeldaumen Swanson u. Mitarb. (1984) unterteilen den Ulnadefekt (Broudy u. Smith 1979). Häufig fehlen der 4. und 5. Strahl in 4 Klassen (Abb. 6.16): zusammen, weil sie einen gemeinsamen Seitenfortsatz ¼ Typ I: Hypoplasie oder Teilaplasie der Ulna, Radius- haben dürften (Christ 1990, Werthemann 1952). Auch kopfluxation aber gute Ellenbogenfunktion, alle 3 ulnaren Finger können fehlen. Der Zeigefinger fehlt ¼ Typ II: Totale Ulnaaplasie, Flexionskontraktur des Ellen- fast nie (Himmele 1986, O’Rahilly 1951). bogens mit Radiuskopfluxation, Die vorhandenen Finger zeigen häufig ossäre oder ku- ¼ Typ III: Teil- oder Totalaplasie der Ulna mit humerora- tane Syndaktylien (30– 40%), Symphalangien, Klinodakty- dialer Synostose, lien, Kampto- und Brachydaktylien. ¼ Typ IV: Ulnadefekt mit Amputation im Handgelenkbe- Nach unserer Untersuchung (Mattis 1995) lag eine Pa- reich. rallelität zwischen der Schwere des Ulnadefektes und der Dysplasie der Hand vor. Bei der Fingerlosigkeit und der Riordan (1978) unterteilt den Ulnadefekt je nach Zustand einstrahligen Hand überwiegt die Ulnaaplasie. der Ulna und Vorhandensein einer radiohumeralen Synos- Die Fehlbildung beschränkt sich nicht auf das Skelett- tose in 3 Typen. system, vielmehr sind begleitende Weichteilanomalien Bayne (1988) unterscheidet 4 Typen: die Regel. Die A. ulnaris fehlt meistens, teilweise auch ¼ Typ I: Ulnahypoplasie (Ogden-Typ I): leichte ulnare die A. radialis, man findet eine persistierende zentrale Ar- Deviation, Hypoplasie des ulnaren Fingers bis zur fin- terie. Der N. ulnaris kann fehlen oder zeigt eine Verlaufs- gerlosen Hand, Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

150 6 Angeborene Fehlbildungen

Abb. 6.16a–d Ulnadefekte nach der Swanson-Klassifikation: Typ I (a), Typ II (b), Typ III (c), Typ IV (d).

a b

c d

¼ Typ II: Partielle Ulnaaplasie (Ogden II, Riordan II): Eine neue Klassifikation von Cole u. Manske (1997) stellt stabiler Ellenbogen, deutliche ulnare Deviation, Anlage die Veränderungen des radialen Strahles und der ersten vorhanden, Radiuskopf kann luxiert sein, Zwischenfingerfalte (ZFF) in den Mittelpunkt. ¼ Typ III: Totale Ulnaaplasie (Ogden III, Riordan I): keine Weitere Klassifikationen wurden entwickelt von Ströer ulnare Anlage, Radius nicht verbogen, keine ulnare De- (1938), Frantz u. O’Rahilly (1971), Kay u. Mitarb. (1975), viation, Ellenbogen instabil, Radiuskopf luxiert, Bod u. Mitarb. (1983), Miller u. Mitarb. (1986), Lovell u. ¼ Typ IV: Radiohumerale Synostose (Riordan III): ulnare Winter (1986), Ogino u. Kato (1988). Anlage ist vorhanden, Radius verbogen und ulnare De- viation. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke 151

Diagnostik

Klinische Diagnostik Der Arm ist verkürzt, die Hand zeigt eine ulnare Deviation, der Unterarm ist nach ulnar verbogen und nach innen rotiert (Abb. 6.17). Je nach Ausprägungsgrad ist der Ellen- bogen deformiert und zeigt Bewegungseinschränkungen, eine vollständige Ankylose oder Instabilität. Die ulnaren Finger sind hypoplastisch oder fehlen, außerdem Syndak- tylie und Kamptodaktylie der übrigen Finger.

Bildgebende Diagnostik Die Röntgenaufnahmen zeigen die Skelettveränderungen: Ulnahypo- oder -aplasie, Zustand des Handgelenks, des Radius, des Ellenbogens und der Hand. Die Veränderungen und Kombinationsmöglichkeiten sind vielfältig (Tab. 6.8).

Therapie

Konservative Therapie Das Kind entwickelt spontan Kompensationsbewegungen Abb. 6.17 Das klinische Bild der ulnaren Klumphand. um Ausfälle auszugleichen. Bei extremem Befall mit Arm- verkürzung und Unbeweglichkeit des Ellenbogens können Hilfsmittel angepasst werden, z.B. Anziehhaken, Toiletten- Tab. 6.8 Die Differenzialdiagnose der ulnaren hilfe und Einsteckvorrichtung für Essbesteck, Schreibuten- ____ Klumphand im Vergleich zur radialen silien und ähnliches. Die Wirkung der redressierenden Ulnare Klumphand Radiale Klumphand Schienen ist umstritten und nicht nachgewiesen (Johnson Ulnare Deviation: Manus valga Radiale Deviation: Manus vara u. Omer jr. 1985). Handfläche zeigt zum Körper Handrücken zeigt zum Körper Operative Therapie Handgelenk ist stabil Handgelenk luxiert Als Kriterien der Operationsindikation gelten die ungüns- tige Unterarmstellung, die Radiuskopfluxation, die Ulna- Ellenbogen ist instabil/ankylo- Ellenbogen stabil tisch verkürzung und vor allem die Handfehlbildung. Wir kor- rigieren im 1. Lebensjahr die Handdeformität, um die Fingerdefekte ausgeprägt, überwiegend Daumendefekt, Greiffunktion zu ermöglichen. Die meisten Eingriffe sind: insbesondere die ulnaren Fin- ulnare Finger sind vollkom- Syndaktylietrennung, Rotationsosteotomie, Entfernung ger, aber auch die radialen men normal von rudimentären knöchernen Anteilen, Pollizisation und Distale Teilaplasie der Ulna Radiusaplasie überwiegt Phalangentransfer, um Defekte der Mittelhandknochen überwiegt auszugleichen. Mit den Eingriffen an Ellenbogen und Un- Begleitende Fehlbildungen Begleitfehlbildungen betref- terarm warten wir ab und kontrollieren die Entwicklung betreffen das Skelettsystem fen das kardiorespiratorische und die Funktion. Die Indikation wird individuell gestellt. und die Muskeln und gastrointestinale System Folgende Eingriffe kommen in Betracht.

Exzision der fibrokartilaginären Ulnaanlage. Eine Reihe von Autoren empfiehlt die frühzeitige Resektion (Bayne Resektion mit Verlagerung der Sehnen der Muskeln ECU 1988, Carroll 1998), um einer weiteren Verbiegung des und FCU nach radial – falls vorhanden! Radius und der Radiuskopfluxation entgegenzuwirken. Die Existenz der Ulnaanlage ist jedoch im frühen Kindes- Radius-pro-Ulna-Fusion (one bone forearm). Das Prinzip alter nicht sicher diagnostizierbar (MRT mit Narkose). ist von Vitale (1952) definiert: „The ulna makes the elbow, Selbst intraoperativist sie nicht immer zu finden (Ogden the radius makes the wrist.“ Die Indikation liegt bei einer u. Mitarb. 1976). Der Vorteil dieser Operation ist auch Ulnateilaplasie mit instabilem Ellenbogen und stark einge- nicht gesichert. Es liegen sowohl Berichte vom Rezidiv schränkter Pro- und Supination vor (Bora 1986). Der distale der Ulnadeviation nach der Resektion vor (Marcus u. Radiusteil wird mit der Hand versetzt und mit dem pro- Omer jr. 1984) und auch über Stillstand der Deformität ximalen Ulnateil fusioniert (Murray 1955). Smith u. Green ohne Resektion (Johnson u. Omer jr. 1985, May u. Littler (1995) bringen den luxierten Radiuskopf durch Traktion 1990, Mattis 1995). Buck-Gramcko (1997) kombiniert die zum Ulnaende und verlängern dadurch den Unterarm. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

152 6 Angeborene Fehlbildungen

Durch die Radius-pro-Ulna-Fusion entsteht ein stabiler Ätiologie Unterarm mit Kraft und anhaltendem guten Längenwachs- tum, da sich an beiden Enden eine Wachstumsfuge findet. Die Ulnaverdoppelung tritt in der Regel sporadisch und In unserem Krankengut haben wir diese Operations- einseitig ohne Kombination mit anderen Anomalien auf. methode bei 4 Patienten (von 111) mit Erfolg durch- Einige Fälle mit Fibulaverdoppelung als vererbte Fehlbil- geführt. Die Ellenbogenbeweglichkeit konnte sogar im dung wurden beschrieben (Laurin u. Mitarb. 1964, San- Vergleich leicht verbessert werden (Mattis 1995). drow u. Mitarb. 1970). Als Ursache für diese Fehlentwick- lung wird eine Fehlaktivität der Zellen in der Polarisati- Ulnaverlängerungsosteotomie. Der Eingriff ist bei Ulna- onszone der Extremitätenknospe beschuldigt. Tierexperi- hypoplasie und bei leichter distaler Ulnaaplasie indiziert. mentelle Untersuchungen an Hühnerembryos bestätigen Die Kallusdistraktion ist dafür die Methode der Wahl. diese Theorie (Wolpert 1978, Tickle u. Wolpert 1981). (Cheng 1991, Wagner 1992, Paley u. Herzenberg 1998). Nach Dwight (1892) handelt es sich um Fusion doppelt Das Wachstum der Ulna bleibt oft zurück im Verhältnis angelegter Extremitäten. Pol (1958) sieht diese Fehlbil- zum Radius, so dass eine erneute Operation notwendig dung als einen höheren Grad hypermelischer Bildungspro- werden kann (Abb. 6.18). zesse an, wobei die Hyperdaktylie am Anfang dieser tera- tologischen Reihe steht. Korrekturosteotomie des Radius. Ziel ist die Begradigung und die Korrektur der Supinationsfehlstellung des Unter- Pathogenese armes. Die erste anatomische Beschreibung stammt von Jackson Radiuskopfresektion. Dieses Verfahren kann bei einer (1853). Das Präparat befindet sich im anatomischen Mu- Einschränkung der Unterarmdrehbewegung durch eine seum der Harvard University. Barton u. Mitarb. (1986) be- Radiuskopfluxation angewendet werden. Die Funktions- schrieben dieses Präparat und weitere zwei Fälle. Das verbesserung ist aber nur für kurze Zeit. Hauptmerkmal ist die symmetrische Duplikation der Kno- chen und der Weichteile. Kein Radius aber Ulnaverdoppe- Umstellungsosteotomie des synostosierten Ellenbo- lung, kein Daumen aber Duplikation der ulnaren Finger, gens. Bei ungünstiger Streckstellung oder Hyperextension ebenso symmetrische Duplikation der ulnarseitigen Hand- mit Verkürzung des Armes ist die Korrekturosteotomie wurzel und Fehlen der radialen. Das proximale Ulnaende indiziert, um die Hand zum Mund bringen zu können. ist verdreht, so dass die Incisura trochlearis etwas seitlich Die angestrebte Stellung beträgt zwischen 60 und 90°. mit dem distalen Humerusende artikuliert, das Capitulum Wir haben diese Operation bei 7 Patienten vorgenommen humeri fehlt (Abb. 6.19). und dadurch die Gebrauchsfähigkeit des Armes verbessert Eine Gelenkverbindung zwischen den Unterarmkno- (Mattis 1995, Winston 1972). chen fehlt und die Unterarmdrehbewegung ist stark einge- schränkt. Die ulnarseitige Muskulatur ist doppelt angelegt und gut entwickelt, die übrigen Muskeln fehlen, sind dys- 6.3.4 Ulnaverdoppelung plastisch oder zeigen Fehlinsertion. Der N. ulnaris ist an beiden Seiten vorhanden. Der N. medianus versorgt die (mirror hand) zentralen Finger. Zwei ulnare Arterien und zwei weitere dünne Aa. medianae stammen aus der A. brachialis. Ein Handbogen liegt nicht vor (Zwierzchowski u. Komorowski Synonyme 1982).

Diplocheirie, Dicheirie, ulnar dimelia, Spiegelbild-Defor- Epidemiologie mität der Hand. Die Ulnaverdoppelung ist sehr selten. Das Vorkommen Definition wird auf weniger als 1: 100 000 geschätzt (Lamb u. Wynne-Davies 1998). Spiegelbildliche Verdoppelung ulnarer Anteile, wobei die einander zugewandten radialen Anteile unterdrückt sind. Diagnostik Die Verdoppelung der Ulna zählt zu den Hypermelien hö- heren Grades. Diese Plusvariante zeigt eine Mehrzahl von Klinische Diagnostik Fingern (7 –9), aber keinen Daumen. Neben der doppelten Die Deformität ist in der Regel unilateral und ohne weitere Ulnaanlage kann ein Radius entweder in Synostose mit Begleitfehlbildungen. Die Hand hat 7 Finger, einen Zeige- einer Ulna oder als selbstständige Anlage erscheinen (Pe- finger in der Mitte und je 3 ulnare Finger medial und terfey u. Jona 1942, Barton u. Mitarb. 1986). lateral davon, symmetrisch angeordnet und leicht gegen- über den anderen gestellt. Das Handgelenk zeigt eine Beu- gekontraktur mit einer seitlichen Deviation und ist breiter Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke 153

a b

Abb. 6.18 a–c Ulnahypoplasie mit Verbiegung des Radius und Subluxation des Radiuskopfes (a). Verlängerung der Ulna mittels Kallusdistraktion (b). Wiederherstellung der Länge und Achse des Unterarmes (c).

c Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

154 6 Angeborene Fehlbildungen

Abb. 6.19 Ulnaverdoppelung (mirror hand) mit den typischen Veränderungen im Bereich von Ellenbogen, Handgelenk und Hand.

als die gesunde Seite. Der Unterarm ist verkürzt und die Nach Al Qattan u. Mitarb. (1998): Umwendbewegung ist aufgehoben. Der Ellenbogen ist ver- 1. Ulna dimelia: multiple Finger mit Ulnaverdoppelung: dickt und zeigt eine Bewegungseinschränkung. – TYP A: vollständige Formation der Ulna, – TYP B: die laterale Ulna ist hypoplastisch. Bildgebende Diagnostik 2. Übergangstyp: multiple Finger mit 3 Unterarmkno- Skaphoid und Trapezium fehlen. Bei Kleinkindern kann chen. der Processus styloideus ulnae fehlen und später erschei- 3. Übergangstyp: multiple Finger mit Ulna und Radius: nen, die distalen Ellenenden sind verbreitert. Diese Anpas- – TYP A: normaler Radius, sung kann jedoch nur einseitig erfolgen (Chinegwundoh u. – TYP B: hypoplastischer Radius. Mitarb. 1997). Das distale Humerusende ist dysplastisch 4. Als Teil eines Syndroms: multiple Finger, Syndaktylie, und artikuliert seitlich mit der Ulna. Doppelbildung des Fußes, Nasaldefekt, Tibiaaplasie: – TYP A: Sandrow-Syndrom: Ulnaverdoppelung, Differenzialdiagnose – TYP B: Martin-Syndrom: Ulna und Radius sind vor- handen Die echte Spiegelbild-Deformität ist zu unterscheiden von 5. Handverdoppelung: zwei Daumen und normaler Un- der Polydaktylie, wobei ein Radius vorhanden ist und die terarm. Finger asymmetrisch sind. Die Polydaktylie kann in Form einer doppelten Hand erscheinen. Hier ist die Hand spie- Therapie gelbildlich verdoppelt, oft mit einer kleinen Lücke zwi- schen beiden Händen und der Unterarm ist normal. Barton Das groteske Aussehen und die mangelhafte Opposition u. Mitarb. (1986) beschrieben einen Fall mit 8 Fingern und und die dadurch bedingte Funktionseinschränkung recht- 3 Unterarmknochen. Die Übergänge können fließend sein. fertigen die operative Behandlung. Das Operationsprinzip besteht in der Bildung eines Daumens und der Amputa- Klassifikation tion der überflüssigen Finger. Bereits Mau (1922) bildete durch Rotationsosteotomie des Mittelhandknochens einen Nach Weil (1923): daumenähnlichen Finger. Entin (1959) hielt die Oppositi- 1. Die Veränderungen beschränken sich auf die Hand. onsstellung des rotierten Fingers mittels eines Knochen- 2. Mitbeteiligung der Unterarmknochen: spanes aus den amputierten Fingern. Man führt jetzt eine – mit Radiusdefekt, Pollizisation mit Verkürzungs- und Rotationsosteotomie – mit Ulnaverdoppelung. des Mittelhandknochens und Muskelverlagerung durch. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke 155

Der kräftigste und beweglichste Finger wird dafür gewählt 6.3.5 Transversale Fehlbildungen – und die übrigen Finger werden geopfert (Buck-Gramcko Peromelie 1964, Kelly 1962, Gropper 1983) (Abb. 6.20). Cornacchia (1950) fusioniert zwei Finger um einen kräftigen Daumen zu bilden. Folgende weitere operative Synonyme Verfahren werden angewendet: Transverse deficiencies, congenital amputations. Korrektur der Beugefehlstellung und der Deviation des Handgelenkes. Resektion der überflüssigen Handwurzel- Definition knochen oder der proximalen Handwurzelreihe, beugesei- tige Kapsulotomie und Sehnenverlagerung. Hierfür können Amputationsartige Fehlbildung des Armes, wobei kleinere auch Sehnen der amputierten Finger verwendet werden. Reste am Stumpf – „Fingerbürzel“ –vorhanden sein kön- nen. Die Aplasie von Radius und Ulna ist immer kom- Verbesserung der Beweglichkeit des Ellenbogens. Re- biniert mit Defekten im Handbereich. Die Gradausprägung sektion des proximalen Endes der lateralen Ulna, dadurch reicht von der Aphalangie im Fingerbereich bis zur Amelie soll auch die Unterarmdrehung verbessert werden (Sante- (Armverlust) über Adaktylie (fingerlose Hand), Acheirie ro 1936, Tsuyuguchi u. Mitarb. 1982). Berichte über Spät- (Handverlust), partielle oder totale Hemimelie (Unterarm- ergebnisse fehlen. verlust).

a b

c d

Abb. 6.20 a–d Pollizisation eines Fingers und Amputation der restlichen zusätzlichen Finger. a Mirrorhand. b Operationssitus: Freipräparation. c Pollizisation: Operationssitus nach Amputation der lateralen d Zustand nach Pollizisation. Finger. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

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Ätiologie Epidemiologie

Lange Zeit wurde die exogen-amniogene Entstehung an- Nach Birch-Jensen (1949) ist die Peromelie eine häufige genommen. Nach Petersen (1970) handelt es sich um hä- Fehlbildungsform der oberen Gliedmaßen, die in einem modynamisch bedingte Koriumschnürungen der früh- Verhältnis von 1:20 000 Lebendgeburten für den Unter- embryonalen Gliedmaßenanlage. Diese Theorie wird un- arm und 1: 270 000 für den Oberarm auftritt. Nach Lamb terstützt durch die auffällige Häufung der Peromelie bei u. Wynne-Davies (1998) sind es 0,4 beim Unterarm und Nikotin- oder Alkoholabusus der Mütter (Czeizel u. Mit- 0,6 bei der Acheirie sowie 5,8 bei der Adaktylie per 10 000 arb. 1994, Forster u. Baird 1992), Chorionzottenbiopsie Lebendgeburten. Petersen (1964) fand eine Häufigkeit von (Firth u. Mitarb. 1991) oder Gefäßverschluss (Hoyme u. 1: 12 369, dabei waren 85,6% Unterarmperomelien, hier- Mitarb. 1982). von 2/3 linksseitig und 1/3 rechtsseitig.

Pathogenese Diagnostik

Das „Amputationsniveau“ liegt vorwiegend in Gelenknähe. Das klinische Bild ist eindeutig, ein Teil des Unterarmes Am Unterarm ist es also meist proximal ellenbogennah samt der Hand fehlt. Es ist nicht immer einfach, transver- oder distal handgelenknah lokalisiert. Der Stumpf ist in sale von kombinierten longitudinalen Fehlbildungen zu der Regel gut gepolstert bis wulstig und zeigt im Bereich unterscheiden. Bei den letzten resultiert eher eine flossen- der Spitze grübchenförmige Einziehungen oder kleine Bür- ähnliche Phokomelie und die Dysplasie reicht weit nach zelchen. Die Sehnen reichen bis zur Stumpfspitze und be- proximal bis zur Schulter. wegen die wulstige Weichteilmasse. Der Unterarmstumpf ist hypoplastisch mit Atrophie der Muskulatur. In der Therapie Regel ist die Peromelie einseitig und ohne weitere beglei- tende Fehlbildungen. In seltenen Fällen wurden Hydroze- Konservative Therapie phalus, , Meningomyelozele, Klumpfuß, Radi- Im Säuglings- und Frühkindesalter gilt es die Greif- und uskopfluxation und radioulnare Synostose beobachtet (Ba- Tastfunktion des Stumpfes zu fördern und zu schulen. Das ker u. Rudolph 1971, Field u. Krag 1973, Temtamy u. McKu- Kind soll durch Anreize beim Spielen, Robben und ähn- sik 1978). lichen Aktivitäten den Stumpf einsetzen und Gebrauch

Abb. 6.21 Transversale Fehlbildung mit Handverlust (Acheirie) und Fingerbürzel. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke 157

davon machen. Vorhandene oder drohende Kontrakturen sollen durch Dehnungs- und Bewegungsübungen ange- gangen werden. Im Alter von 1,5–2 Jahren empfiehlt sich die Versorgung mit einem Hook, um die Beidhändigkeit beim Feingriff zu ermöglichen. Karpal- oder Metakarpal- stümpfe können mit einem Greifwiderlager oder einer Of- fenendprothese versorgt werden (s. Kap. 3.1). Im Alter von 3– 4 Jahren kommt die Versorgung mit einer myoelektri- schen Prothese in Betracht (Lamb u. Law 1987, Sorbye 1977, Marquardt u. Mitarb. 1998). Die Kinder lernen in der Regel schnell die Prothese zu bedienen. ECU als Flexor brevis Operative Therapie Abgesehen von kleineren Eingriffen wie die Entfernung von Fingerbürzeln oder der Weichteilreduktion ist die operative Behandlung selten indiziert. Bei beidseitigem BR als EPL als Lumbricalis Befall soll dem Kind auf der dominanten Seite eine sensi- ulnarer Interosseus ble Greiffähigkeit ermöglicht werden. Die Bildung einer ECRL FDS als primitiven Greifzange ist mit der Krukenberg-Plastik mög- Extension durch ECRB Flexor longus lich (s. Kap. 4.4). Dieser Eingriff bei Kindern wird von Swanson (1964) sowie von Chan u. Mitarb. (1984) emp- Abb. 6.22 Operation nach Vilkki: Zehentransplantation zum fohlen. Am besten eignet sich dafür ein langer Unterarm- distalen Unterarmende. stumpf. Als Alternative dafür kommt die Zehentransplan- tation in der Technik nach Vilkki (1985) in Betracht. Diese Operationsmethode ist besonders bei dem Karpalstumpf Ätiologie wertvoll (Abb. 6.22). Als Transplantat eignet sich am besten die Großzehe Die Ätiologie der Madelung-Deformität (MD) ist noch wegen der breiten Greiffläche (Furnas u. Achauer 1983). nicht geklärt. Madelung vermutete, dass die Wachstums- Die Entnahmestelle ist entstellend. Bei extrem kurzen Un- störung des Radius durch ein Ungleichgewicht zwischen terarmstumpf kann eine Verlängerung den direkten Ein- Ernährung und Belastung des Knochens zustande kom- satz des Stumpfes verbessern, obwohl die prothetische men. Versorgung in solchen Fällen problemlos ist. Exner (1998) Abadie (1903) stellte 4 verschiedene Theorien vor: transferiert im ersten Schritt den Radiusstumpf auf die 1. Muskuläre Theorie: überwiegen der Beuger gegenüber Elle mit Umdrehung um 180°, so dass der Radiuskopf das den Streckern (Anton u. Mitarb. 1938) oder abnorme freie distale Stumpfende bildet. Im zweiten Eingriff nach Insertion des M. pronator teres am Skaphoid (Linscheid der knöchernen Konsolidierung führt er eine Verlängerung 1979). (Kallusdistraktion) durch. 2. Ligamentäre Theorie: Laxizität der Ligamenta, aber auch abnorme Band- und Kapsel-Strukturen auf der Beugeseite des Karpus (Ezaki 1999, Vickers und Nielsen 6.3.6 Madelung-Deformität 1992). 3. Nervale Theorie: Übererregbarkeit (Golding u. Black- burne 1976). Im Jahre 1878 beschrieb Madelung unter dem Titel: „Die 4. Trauma: Fraktur, Dislokation der Epiphyse oder Schä- spontane Subluxation der Hand nach vorne.“ eine angebo- digung der Epiphysenfuge (Henry u. Thorburn 1967). rene Fehlbildung der oberen Extremität und ihre charak- teristische Merkmale. Nach Stehr (1938) handelt es sich um ein endogenes Lei- den, das in direktem Erbgang über mehrere Generationen Definition beobachtet worden ist (Marti 1940, von Verschner 1959). Eine Agenesie des anteromedialen Epiphysenanteils ist für Genetisch bedingte Wachstumsstörung des Fugenknorpels Martini-Benkeddache u. Banslama (1979) sowie für Man- am distalen Radiusende und dadurch bedingte Subluxati- sat u. Mitarb. (1979) der Grund für die Entstehung der on des Karpus, Verbiegung des Radius und Hervortreten Deformität. Eine Wachstumsstörung aufgrund von Min- des Ellenkopfes, die im Laufe des Wachstums auffällig derdurchblutung der Radiusepiphyse wird von Mansat u. wird. Mitarb. (1979) und Cahuzac (1973) vermutet. Einige Auto- ren sehen pathogenetische Ähnlichkeiten zwischen MD und aseptischen Knochennekrosen (Langer 1965). Lichten- stein u. Mitarb. (1980) sind der Meinung, dass die Anoma- Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

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lie durch Geschlechtshormone oder durch das X-Chromo- som in utero begünstigt werden könne und stützen ihre These durch die Tatsache, dass bei Patientinnen mit Gona- dendysgenesien, wie dem Ullrich-Turner-Syndrom mit er- höhten Gonadotropinwerten im Plasma, gehäuft MD zu finden sind. Einige Autoren klassifizieren die isolierte bi- laterale MD als Abortivform des Léri-Weill-Syndroms (Ra- nawat u. Mitarb. 1975, Nielsen 1977, Christ 1981). Außer den bereits genannten Erkrankungen wird die MD gehäuft bei folgenden Syndromen und Erkrankungen beobachtet: ¼ Exostosenkrankheit (Anton u. Mitarb. 1938, Nielsen 1977, Zapfe 1981), ¼ Achondroplasie (Nielsen 1977, Mohan u. Mitarb. 1984), ¼ Morbus Ollier (Langer 1965, Mohan u. Mitarb. 1984), ¼ Osteoonychondrodysplasie (Golding u. Blackburne 1976), ¼ Turner-Syndrom (Necic u. Grant 1978, Cleveland u. Mitarb. 1985), ¼ Onycho-Osteodysplasie-Syndrom, Nail-Patella-Syn- drom (Ioan u. Mitarb. 1992).

Pathogenese Abb. 6.23 Das klinische Bild der Madelung-Deformität. Als Ursache für die MD wird eine Wachstumsstörung der distalen Radiusepiphyse angenommen und zwar im pal- maren ulnaren Bereich. Dadurch kommt es zu einer extre- men Neigung der radialen Gelenkfläche nach palmar und Diagnostik ulnar sowie zu einer relativen Verkürzung des Radius. Der Klinische Diagnostik Ellenkopf scheint prominent nach dorsal und distal. Der Radius verbiegt sich ulnarwärts und das distale Radio- Die Deformität wird je nach Schweregrad in unterschied- ulnargelenk verbreitert sich. Zwischen den distalen lichem Alter klinisch manifest, meist erst mit dem Wachs- Enden der Unterarmknochen sitzt das Lunatum als Spitze tumsschub um die Pubertät. Auffällig und ästhetisch stö- einer Pyramide. Das Handgelenk erscheint bajonettförmig rend ist ein hervorstehender Ellenkopf und bei ausgepräg- und verbreitert. Beim seltenen “Typus inversus“ der MD ter Form der Deformität noch eine Bajonettstellung des scheint die distale Radiusgelenkfläche retrovertiert, der Karpus dazu (Abb. 6.23). distale Radius im Sinne einer beugeseitigen Konvexität Andererseits treten bewegungs- und belastungsabhän- verkrümmt und der Karpus nach dorsal verlagert. Der El- gige Schmerzen im Handgelenk auf. Die Schmerzintensität lenkopf erscheint in der Handgelenksbeuge. Mau zeigte scheint in keinem festen Verhältnis zum Ausmaß der De- 1958 fließende Übergänge von normaler zur MD und be- formität zu stehen (Kelikan 1974). Der Schmerz lässt in der zeichnete sie als “Abortivformen“. Dazu zählen die fe- Regel nach, um bei schwereren Formen der Deformität dernde Elle und der Konsolenradius. wieder im Alter von 40– 50 Jahren aufzutreten, bedingt durch die arthrotischen Veränderungen des Handgelenks. Epidemiologie Die Bewegungseinschränkung ist unterschiedlich aus- geprägt und steht selten im Vordergrund der Beschwerden. Von 1000 angeborenen Fehlbildungen der oberen Extre- Die Ruptur von Strecksehnen wurde auch beobachtet (Du- mitäten waren 7 Fälle der MD im Patientengut von Ogino cloyer u. Saffar 1991, Godwin 1979, Harvey u. Harvey 1989). u. Mitarb. (1986). Das weibliche Geschlecht ist etwa 4-mal häufiger betroffen als das männliche (Anton u. Mitarb. Bildgebende Diagnostik 1938). In unserem Krankengut war das Verhältnis von Dannenberg u. Mitarb. (1939) haben 12 Kriterien zur Di- männlichen/weiblichen Patienten 7:24, das entspricht agnosestellung ausgearbeitet, die auch heute noch gültig einer Verhältniszahl von 1:3,4. Bei 24 Patienten war die sind (Abb. 6.24): Deformität bilateral und bei 7 Patienten einseitig (Schwö- A Veränderungen am Radius: bel 1988). Henry u. Thorburn (1967) sowie Golding u. 1. Krümmung der Radiusdiaphyse mit Konvexität nach Blackburn (1976) bezweifeln das Vorkommen der idio- dorsolateral, pathischen isolierten MD bei den Männern. 2. Radiusverkürzung, 3. Dreiecksform der distalen Radiusepiphyse, Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

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Tritt die MD im Rahmen einer Dyschondrosteose auf, wird zusätzlich eine Verdickung des proximalen Radius und eine dorsale Subluxation des Radiuskopfes beschrieben (Gelberman u. Bauman 1980). Im Alter von über 40 Jahren sind arthrotische Veränderungen des Handgelenks zu fin- den (Henry u. Thorburn 1967, Necic u. Grant 1978).

Differenzialdiagnose

Ähnliche Deformierungen des distalen Radiusendes kön- nen posttraumatisch oder infolge einer Infektion auftre- ten, auch mit Verformung des Handgelenks. Die übrigen radiologischen Kriterien fehlen, insbesondere die dreieck- förmige Stellung der Handwurzelknochen und die Radius- verbiegung. Der Konsolenradius (Schneck 1931) zeigt eine vermehrte Abwinkelung der distalen Gelenkfläche nach palmar und ulnar mit verstärkter Gelenklippe beugeseitig.

Therapie

Konservative Therapie Schmerzen treten oft periodisch auf und können durch medikophysikalische Maßnahmen positivbeeinflusst wer- den.

Operative Therapie Die Indikationen für eine operative Behandlung sind sel- ten (Lamb 1988, Schwöbel 1988, Tachdjian 1990). Anhal- tende Schmerzen und Funktionsstörungen sowie starke Fehlstellung als präarthrotische Deformität machen eine operative Intervention erforderlich. In Betracht kommen: ¼ Verkürzungsosteotomie der Ulna, Resektion des dista- len Ellenendes oder OP nach Kapandji (Darrow u. Mit- Abb. 6.24 Die typischen Veränderungen im Röntgenbild beider arb. 1985, Ranawat u. Mitarb. 1975, Nielsen 1977, Mi- Unterarmknochen und des Karpus. nami 1987, Angelini u. Mitarb. 1996). ¼ Korrekturosteotomie des Radius: Bogenförmige Osteo- tomie zur Korrektur der palmaren und ulnaren Verkip- 4. vorzeitiger Schluss der ulnaren Hälfte der distalen pung. Zuvor sollen die festen Ligamente beuge- und ul- Epiphysenfuge, narseitig durchtrennt werden (Carter u. Mitarb. 2000, 5. eine Zone verminderter Knochendichte auf der ul- Ezaki 1999) oder als offene Korrekturosteotomie mit naren Seite der distalen Radiusepiphyse, Verlängerung im Sinne der Kallusdistraktion nach Ilisa- 6. kleine Exostose auf der ulnaren Seite des distalen rov(Lacher u. Mitarb. 1994, Houshian u. Mitarb. 2000). Radius, ¼ Korrekturosteotomie mit Ulnaverkürzung (Salon u. 7. Erweiterung des Raumes zwischen Radius und Ulna, Mitarb. 2000), oder Resektion des Ellenkopfes (Dobyns 8. verstärkte Neigung der distalen Gelenkfläche nach 1993) oder mit Teilresektion des Ellenkopfes (Watson ulnar und palmar. u. Mitarb. 1993). Die Korrekturosteotomie soll mög- B Veränderungen der Ulna: lichst kurz vor oder kurz nach Wachstumsabschluss 1. Subluxation bzw. Luxation des distalen Ellenendes durchgeführt werden. Eine Neuorientierung des Kar- nach dorsal, pus, des Radiokarpalgelenks und des distalen Radioul- 2. Auftreibung und trabekulare Verdichtung des Ellen- nargelenks wird erfolgen. Es kann nicht vorausgesagt kopfes. werden, ob die neue Anpassung problemlos geschieht. C Veränderungen des Karpus: ¼ Im Sinne der Prophylaxe, der Ursachenbeseitigung und 1. Pyramidenform der Ossa carpi mit dem Lunatum an Ausnutzung der Anpassungsfähigkeit wachsender Ske- der Spitze, lette empfiehlt Vickers u. Nielsen (1992) die Epiphysio- 2. Fortsetzung der dorsalen Radiuskrümmung durch lyse mit Resektion des beugeseitigen abnormen ulnora- die Ossa carpi. dialen Ligaments. Schwierig ist es sicher, die richtige Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

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Patientenauswahl zu treffen, bevor die Deformität aus- 1933, Zimmer 1936, Dederich 1955). Eine Erblichkeit der geprägt ist. Auch die Eltern von der Notwendigkeit und Synostosierung wird beobachtet, jedoch nicht zu einer be- Erfolgsaussicht der Operation zu überzeugen, wird stimmten anatomischen Lokalisation (Mestern 1934, Hoh- nicht problemlos sein. mann 1949, Albrecht 1969). ¼ Weitere Eingriffe wie die Denervation und die Arthro- dese des Handgelenks mit der Resektion des Ellenkop- Pathogenese fes kommen in Betracht. Die Tendenz zur Synostosierung in der queren Richtung ist Alle Autoren berichten über gute Erfolge bei Anwendung etwa 3-mal größer als in der Längsrichtung. Die zweite ihrer Methoden. Ernstzunehmende Komplikationen wur- Form kommt selten als alleinige Fehlbildung vor, sondern den nicht beobachtet. Wir haben 6 (von 31) Patienten meist im Rahmen einer globalen Fehlbildung der Extre- nach unterschiedlichen Methoden operiert, so dass es mität wie Poly- oder Oligodaktylie, Brachydaktylie, longi- sich fast um einzelne Beobachtungen handelt, wobei wir tudinaler radialer, ulnarer und zentraler Fehlbildung oder das Handgelenk immer teildenerviert haben (Schwöbel im Rahmen eines Syndroms, z.B. Nievergelt-, Pearlman-, 1988). Apert-, Holt-Oram-, Turner-, Ellis-van-Creveld- und Corne- lia-de-Lange-Syndrom. Alle möglichen Kombinationen der Verschmelzung wurden beschrieben. Eine Synostose zwi- 6.3.7 Synostosen der schen zwei Karpalia ist häufiger als zwischen mehreren Handwurzeln. Die häufigste Form ist die Synostose von Handwurzelknochen Lunatum und Triquetrum (Anderson 1883, Temtamy u. McKusick 1978) mit einer Inzidenz von 0,7% (Wethering- ton 1961) bis 9,5% (Cockshott 1963) mit deutlich vermehr- Synonyme ter Häufigkeit bei der schwarzen Rasse (Delaney u. Eswar 1992). Die zweithäufigste Koalition ist zwischen Kapita- Karpale Koalition. tum und Hamatum (Carlson 1981, Resnick u. Mitarb. 1986) zu finden. Seltener ist die Verschmelzung um Ska- Definition phoid und Lunatum, die dem „Skapholunatum“ im Tier- reich entspricht (Bogart 1932, Albrecht 1969) Zusammenschmelzen von zwei oder mehreren Karpalkno- (Abb. 6.25 a-c). Zielenski u. Gunther (1981) berichten chen. über 7 Fälle von skaphotrapezialer Fusion in der Literatur. Ingram u. Mitarb. (1997) haben einen einmaligen Fall mit Ätiologie Verschmelzung aller 4 radialen Knochen beschrieben. Ver- schmelzungen der Handwurzelknochen mit Mittelhand- Es handelt sich um mangelhafte Differenzierung der knochen werden auch beobachtet, insbesondere Synosto- Handwurzelknochen zwischen der 4. und 8. embryonalen sen zwischen Trapezoid und Metakarpale II (Cotta u. Rau- Woche (O’Rahilly 1953, McCrediec 1975, Carlson 1981, terberg 1982) sowie zwischen Kapitatum und Metakarpale Weinzweig u. Mitarb. 1997). Die Assimilationstheorie von III (Gomez u. Robledo 1998) verbunden mit einer Synos- Pfitzner (1900) scheint unwahrscheinlich zu sein (Behr tose der Metakarpalia IV und V und Brachydaktylie.

abc

Abb. 6.25 a–c Synostosen der Handwurzelknochen: Synostose sowie Trapezium und Trapezoid (b) und sämtlicher Handwurzel- von Lunatum und Triquetum (a), von Kapitatum und Hamatum knochen bis auf das Pisiforme bei Oligodaktylie (c). Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

Literatur 161

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6.4 Fehlbildungen der Hand 167

6.4 Fehlbildungen der Hand

Gefäß-Nerven-Bündel zeigen bei der kutanen Syndaktylie 6.4.1 Differenzierungsstörungen in der Regel keine Anomalien. Bei der ossären Syndaktylie und insbesondere bei der komplexen Form können Streck- und Beugesehnen fehlgebildet sein, Nerven und Gefäße Syndaktylie zeigen distale Aufteilung aber auch Aplasien.

Die Syndaktylie ist die häufigste Handfehlbildung. Unter Epidemiologie diesem Begriff wird eine Gruppe von ätiologisch, pathoge- netisch und morphologisch uneinheitlichen Fehlbildungen Die Syndaktylie kommt einmal bei 2000–2500 Lebend- der Hand zusammengefasst, deren gemeinsames Merkmal geburten vor (McCollum 1940), wobei eine Erblichkeit in die angeborene Fingerverschmelzung ist. 20–40% besteht. In der Geschlechtsverteilung überwiegt das männliche, die Angaben variieren zwischen 56 und Ätiologie 84% (Davis u. German 1930, McCollum 1940, Kettelkamp u. Flatt 1961, Buck-Gramcko 1981). Die Syndaktylie tritt sporadisch auf, trotzdem wird ein familiäres Vorkommen zwischen 10% (Flatt 1977) und Klassifikation 40% (Dao u. Mitarb. 1998) beobachtet. Zahlreiche erbliche Formen sind bekannt (Kelikan 1974, McKusick 1975). Der Grundsätzlich können aus morphologischen und pathoge- Erbgang kann autosomal-dominant erfolgen oder mit in- netischen Gesichtspunkten 2 Grundformen der Syndakty- kompletter Penetranz und variabler Expressivität (Ger lie unterschieden werden: die isolierte und die komplexe 1998). Neuere Untersuchungen über die molekularen oder kombinierte Form, die sich wiederum unterteilen. Grundlagen der Embryologie des Skelettsystems verdeut- Daraus ergibt sich die folgende Einteilung. lichen die Bedeutung regulierender Gene und Transkripti- onsfaktoren bei der Entstehung der Syndaktylie (Mundlos A Isolierte Syndaktylie (Abb. 6.26a u. b): u. Olsen 1997, Tsai u. Mitarb. 1999, Bosse u. Mitarb. 2000). 1. Kutane Syndaktylie. Es wird zwischen primären und sekundären Syndakty- 1a Partielle kutane Syndaktylie: Die Schwimmhautfalte lien unterschieden. Bei der ersten Gruppe handelt es sich reicht in der Regel bis zum Mittelglied. um eine Differenzierungsstörung der Weichteilmäntel um 1b Komplette kutane Syndaktylie: Die Hautverschmel- die Knochenstrahlen. Während die Skleroblastome für die zung geht bis zum Endglied. Strahlen bei der Normalentwicklung erheblich divergie- 1c Akrosyndaktylie auch sekundäre oder Brückensyn- ren, bleiben sie bei der S9/S9-Mutante annähernd parallel daktylie genannt. Diese kommt meist im Rahmen und haben die Tendenz, distal zu verschmelzen (Grünberg des Schnürfurchenkomplexes vor. Im proximalen u. Huston 1965). Die sekundäre Form entsteht durch Dif- Teil findet sich ein Kanal oder eine Hauteinziehung ferenzierungs- und Wachstumsstörung des bereits geglie- mit akralen Defekten. derten Skleroblastoms, wie bei der Poly- und Oligodakty- 2. Ossäre Syndaktylie: Verschmelzung der Endglieder. Die lie, der Brachydaktylie und insbesondere der Symbrachy- extreme Form bildet die Löffelhand beim Apert-Syn- daktylie. Die Syndaktylie tritt als fakultatives oder obliga- drom. tes Symptom bei einer Vielzahl von Fehlbildungssyndro- men auf. Als wichtigste gelten: Poland-Syndrom, Apert- B Kombinierte (komplexe) Syndaktylie: Syndrom und andere Formen der Akrozephalosyndaktylie 1. Teil einer Handfehlbildung, z.B. bei der Poly- oder Oli- (ausführlich bei Dao 1998, Ezaki 1999). godaktylie, Spalthand, Klumphand, Symbrachydaktylie, Schnürfurchenkomplex usw. (Abb. 6.27). Pathogenese 2. Teil eines Syndroms, z. B. Akrozephalosyndaktylien, Down-, Poland-, Carpenter-. Holt-Oram-, Pierre-Robin-, Die häufigste Lokalisation der primären Syndaktylie ist der Klippel-Feil-Syndrom u. a. (Abb. 6.28). Raum zwischen DIII und DIV (40– 50%), gefolgt von DIV/ DV (25– 28%) und am seltensten zwischen DI/DII (7 –9%) Diagnostik (Cocchi 1964, Light 1996, Lösch 1970, Flatt 1974, Ger 1998). Grundsätzlich wird zwischen kutaner und ossärer Die verschiedenen Formen der Syndaktylie sind äußerlich Syndaktylie unterschieden. Bei der ersten Form ist der auffällig und können weitgehend durch die Inspektion dif- Zwischenfingerraum durch eine Hautbrücke ersetzt. Die ferenziert werden. Ein Nagelband weist auf eine ossäre Cleland-Ligamente durchflechten sich zu einer septum- Verbindung hin. Die Akrosyndaktylie ist gekennzeichnet artig nach palmar „aufsteigenden“ bindegewebigen Trenn- durch die amputationsähnliche periphere Hypoplasie der schicht, um dort in der Haut zu inserieren. Sehnen und Finger. Im Vergleich zur Symbrachydaktylie sieht man hier Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

168 6 Angeborene Fehlbildungen

Abb. 6.26 a u. b Kutane komplette Syn- daktylie ungleich langer Finger mit Beuge- kontraktur und Torsion des Ringfingers (a). Ossäre Syndaktylie sämtlicher Finger (b).

ab

Abb. 6.27 Komplexe Syndaktylie bei Oligo- daktylie.

kein Nagelrudiment. Die Deformität ist doppelseitig und Syndaktylie die proximalen Fingeranteile sind defektfrei. Bewegungs- einschränkung, Achsenfehlstellung sowie nummerische Variationen sind äußere Zeichen für eine kombinierte isolierte Syndaktylie kombinierte Syndaktylie oder komplexe Form der Syndaktylie. Sie geben Anlass für weitere Untersuchungen der gesamten Extremität auf kutane ossäre Teil eines Handfehlbildung weitere Merkmale eines Syndroms. Syndaktylie Syndaktylie Syndroms Die Röntgenaufnahme ist bei der ossären und kom- plexen Form erforderlich, um weitere Fehlbildungen wie partielle komplette Akrosyndaktylie versteckte Polydaktylie, Hypo- oder Aplasien schon im Syndaktylie Syndaktylie Frühkindesalter festzustellen.

Abb. 6.28 Schema zur Klassifikation der Syndaktylien. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 169

Differenzialdiagnose ben: zwei dreieckförmige Lappen, ein dorsaler und ein palmarer (Norton 1881, Cronin 1956), palmarer oder dor- Sekundäre Syndaktylien können durch Verbrennung der saler mörtelblattförmiger Lappen (Blauth 1972), dorsaler Hand entstehen und sind narbenbedingt. Weitere Hand- Lappen mit drei distalen Zacken (Ekerot 1996) oder dorsa- fehlbildungen oder Fehlbildungssyndrome beeinflussen ler Omegalappen (D’Arcangelo u. Mitarb. 1996). Die Behandlungsart und Prognose. Schnittführung erfolgt dorsal und beugeseitig zickzack- förmig. Die Schnitte gehen über die Mittellinie hinaus. Therapie Trennung der Bindegewebeschicht bis zu den Grundgelen- ken, Vorsicht ist auf der Beugeseite geboten, hier sollen die Die Behandlung der Syndaktylie ist operativ. Die Ziele der Gefäß-Nerven-Bündel dargestellt und geschont werden. Operation sind: die Funktion zu verbessern, Fehlwachs- Liegt die Gefäß-Nerven-Gabel weit distal, so wird der ge- tum zu verhindern und der Hand ein normales Erschei- meinsame Nervinterfaszikulär längs getrennt, die dünne- nungsbild zu geben. re und weniger wichtige Arterie wird geopfert. Eröffnung Die Syndaktylietrennung ist kontraindiziert beim Feh- der Blutleere und Blutstillung. Hautnähte, die zurück- len des Knochengerüstes oder bei Gefahr der Nekrose auf- gebliebenen Hautdefekte an beiden Fingerseiten werden grund mangelhafter Blutversorgung. mit Vollhauttransplantaten gedeckt. Die Transplantate Zeitpunkt der Operation: Wir sind bestrebt die Be- entnehmen wir aus der Leiste. Die Entnahmestelle kann handlung vor dem Kindergartenalter abzuschließen. Bei in der Regel primär verschlossen werden. Die Vollhaut- der Trennung zwei gleich großer Finger oder bei partieller transplantate bleiben im Vergleich zur Spalthaut elastisch Syndaktylie kann die Operation auch im Schulalter erfol- und neigen nicht zur Schrumpfung. Kompressionsverband gen. Ossäre Syndaktylien und ungleich große Finger erfor- mit Fettgaze und Gipsverband für 10 Tage. dern wegen der Tendenz zum Fehlwachstum die frühzei- Ekerot (1996) konnte durch seine Schnittführung die tige Operation. Ebenso wird bei Verwachsungen mehrerer Finger mit örtlicher Haut bedecken und auf jegliche Haut- Finger im 1. Lebensjahr operiert, damit die Greiffähigkeit transplantation verzichten. Andere Autoren dehnen die verbessert wird. Beim Befall beider Hände operieren wir Haut vor der Trennung mittels Silikonexpander (Argenta nur eine Hand und lassen die andere frei zum Spielen und 1986, Ashmead u. Smith 1995, Takagi u. Mitarb. 2000) Greifen. Andere Autoren empfehlen die gleichzeitige Ope- oder Fixateur externe (Paley u. Herzenberg 1998). Raus ration beider Hände durch 2 Teams (Ger 1998, Dao 1998). (1984) führte die Syndaktylietrennung bei Neugeborenen in Lokalanästhesie mit einem geraden Schnitt und ohne Operationstechnik Hautransplantat erfolgreich durch. Robinson u. Mitarb. Trennung der Langfinger (Standardtechnik). Für den (1995) trennten die Finger bei der Ratte im Experiment Operationserfolg sind 2 Kardinalpunkte maßgebend: intrauterin mit mäßigem Erfolg. 1. Bildung einer tiefen, breiten und narbenfreien Kommis- Bei Syndaktylien zwischen mehreren Fingern darf ein sur. Finger wegen der Blutversorgung nicht an beiden Seiten 2. Spannungsfreie Deckung der korrespondierenden seit- gleichzeitig operiert werden. Bei einer ossären Syndakty- lichen Wundflächen der Finger und Vermeidung von lie mit einem gemeinsamen Fingernagel wird der Nagel längs verlaufenden Narben, da diese im Laufe des unter Entnahme eines 2 mm breiten Streifens (Nagel, Na- Wachstums zur Deviation führen. gelbett und Nagelwurzel) halbiert. Zur Bildung einer run- den und gut gepolsterten Fingerkuppe werden 2 Hautlap- Zur Kommissurbildung verwenden wir einen trapezför- pen durch ein „Z“ nach Buck-Gramcko (1988) gebildet migen proximal gestielten dorsalen Lappen (Flatt 1974) (Abb. 6.30). (Abb. 6.29). Verschiedene Lappenformen wurden beschrie-

Abb. 6.29 Operationsskizze der Syndaktylietrennung. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

170 6 Angeborene Fehlbildungen

Abb. 6.30 Schnittführung und Lappenbildung zur Trennung der Fingerkuppen (aus Buck-Gramcko 1988).

A B

A B

Diese Technik hat sich bewährt (Dao 1998, Golash u. Streckdefizit des Ellenbogens mit und Ab- Watson 2000). Als Alternativmethode kommt die Anwen- duktionseinschränkung der Schulter sowie Intelligenzde- dung eines Thenarlappens in Betracht (Johanson 1982). fekt. Bei einem Rezidivoder partieller Syndaktylie ist eine An den Händen sind folgende Merkmale vorhanden: freie Hauttransplantation in der Regel nicht erforderlich. Totale Syndaktylie DII–DIV mit Verwachsungen der Finger- Die Schnittführungen bestehen in Z-Plastiken, Schmetter- kuppen, Akrosynostosen und durchgehendem Nagelband. lings- und andere Formen der Verschiebelappen (Dao Weiterhin tritt eine partielle Syndaktylie des Kleinfingers 1998). und des Daumens auf (Abb. 6.31 a u. b). Muskeln sind in der Regel normal angelegt, Nerven und Blutgefäßabzwei- Bildung der ersten Zwischenfingerfalte. Die Trennung gungen sind nach distal verlagert, Sehnen können falsch des Daumens soll früh im Säuglingsalter erfolgen um inserieren oder verschmolzen sein. Die Finger zeigen Deviation des Zeigefingers zu verhindern und die Greif- Kampto- und Brachydaktylie mit ossären Symphalangien. funktion der Hand wiederherzustellen. Der 1. MHK muss Nach Blauth (1976) können 3 Typen unterschieden wer- ausreichend mobilisiert werden um größtmögliche Ab- den: spreizbarkeit zu erreichen. Hierfür muss das Lig. metacar- ¼ Typ I: partielle Syndaktylie des Kleinfingers und des pale transversum superficiale durchtrennt und eventuell Daumens. Der Daumen ist verkürzt, verbreitert und die Muskulatur eingekerbt werden. Für die Kommissur- nach radial deviiert. deckung verwendet Buck-Gramcko (1981) einen Rotati- ¼ Typ II: „ Geburtshelferhand“. Der kleine Finger ist durch ons-Schwenk-Lappen vom Handrücken, Blauth u. Schnei- straffe komplette kutane Syndaktylie mit den anderen der-Sickert (1976) empfehlen einen Rundstiellappen, der Langfingern verbunden. mehrere Eingriffe benötigt und ästhetisch nicht schön ist. ¼ Typ III: „Löffelhand“. Komplette Syndaktylie aller Finger Wir verwenden einen Schwenklappen aus der Streckseite (Abb. 6.32 a u. b). des Zeigefingers. Weitere Variationen der Akrozephalosyndaktylien sind bei Akrosyndaktylie. Die Hautverschmelzungen können anderen Syndromen beschrieben: Carpenter-, Pfeiffer-, schmal oder breit sein. Der Hautkanal liegt in der Regel Chotzen-, Noak-, Waardenburg-, Summitt-, Hermann- distaler als eine normale Fingerkommissur, die Finger er- Opitz-Syndrom (Blauth u. Falliner 1998). scheinen überkreuzt und verklumpt, so dass eine genaue Mit den Operationen soll schon im Säuglingsalter an- Differenzierung der einzelnen Finger sehr schwer ist. Hier gefangen werden. Wir trennen die Finger einer Hand in 2 soll die operative Trennung so früh wie möglich erfolgen. Sitzungen mit Abstand von mindestens 6 Monaten. In der Beim ersten Schritt werden alle Finger distal der sondier- 1. Sitzung trennen wir DI/II und DIII/IV und in der 2. Sit- baren Hautkanäle getrennt und später können die Kom- zung DII/III und DIV/V. Zwischen beiden Sitzungen kann missuren dann vertieft werden. Die kleinen Hautdefekte auch die andere Hand operiert werden. Notwendige Kor- heilen oft spontan. rekturosteotomien werden gleichzeitig vorgenommen. Je nach knöcherner Fehlform können einzelne Fingerstrahlen Löffelhand (Apert-Syndrom). Apert beschrieb 1906 das entfernt werden (van Heest u. Mitarb. 1997, Hovius u. Mit- nach ihm genannte Syndrom mit ausgeprägter Syndakty- arb. 2000). Das funktionelle Ergebnis ist vom Ausmaß der lie an allen 4 Extremitäten sowie Veränderungen des Schä- Fehlbildung abhängig. Spätere Korrekturen können erfor- dels (Turmschädel, Exophtalmus und Stellungsanomalien derlich sein. der Zähne bei hohem Gaumen). Außerdem besteht ein Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 171

Abb. 6.31 a u. b Löffelhand vor (a)und nach der Trennung (b).

a

b

Die Fehlerquellen: ¼ Die Fingertrennung und Vertiefung der Kommissur sind nicht ausreichend, vielleicht wegen der distal ge- legenen Gefäß-Nerven-Gabelung. ¼ Falsche Schnittführung, die Lappen zur Kommissurbil- dung und zur Deckung der Seitenfläche sind zu kurz, zu dünn oder zu schmal, sie werden unter starker Span- nung vernäht und dadurch teilnekrotisch. Sekundäre Heilung führt zu Vernarbung! ¼ Gerade oder nur wellenförmige seitliche Schnitte füh- ren zur Narbenkontraktur und Beugefehlstellung.

Die Verletzung der palmaren Gefäß-Nerven-Bündel kön- ab nen zur Fingernekrose führen. Unterbundene Gefäße im Abb. 6.32 a u. b Komplette Löffelhand vor (a) und nach der OP-Bericht angeben und niemals einen Finger an beiden Trennung (b). Seiten gleichzeitig operieren!

Ergebnisse Komplikationen Je komplexer die Syndaktylie ist, desto schlechter ist das Die häufigsten Komplikationen sind: Rezidive mit Nach- funktionelle Ergebnis und eine Nachoperation wird erfor- wachsen der Schwimmhaut und Narbenkontrakturen. Die derlich. In zahlreichen Nachuntersuchungen wurde zur Ursache dafür wurde in dem frühzeitigen Operieren gese- Schnittführung und kommissurbildenden Lappenform hen. Wir sind mit Buck-Gramcko (1981) der Meinung, dass sowie zum OP-Zeitpunkt (Alter des Patienten) und zu die OP-Technik dafür verantwortlich ist. Hauttransplantaten Stellung genommen (Kettelkamp u. Flatt 1961, Meissl u. Mitarb. 1975, Neff u. Mitarb. 1978, Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

172 6 Angeborene Fehlbildungen

Johne 1985, Dingler 1986). Unsere Nachuntersuchungen Abgrenzung von den peripheren Hypoplasien und trans- zeigen, dass die OP-Technik und die Erfahrung des Opera- versalen Defekten nicht einfach. Die mehr oder weniger teurs die Hauptrolle spielt. gute Erhaltung der Endphalangen ist für die Symbrachy- daktylie charakteristisch. Eine Brachymesophalangie kann an einem Finger oder Symbrachydaktylie an allen Langfingern vorkommen. Verzögerte Ossifikation und fehlende Wachstumsfugen können beobachtet wer- Diese Bezeichnung geht auf Pol (1921) zurück. Er definier- den. Das Mittelglied kann vollkommen fehlen, oder seine te damit eine Handfehlbildung mit Brachydaktylie und Reste können mit dem End- oder Grundglied verschmel- Syndaktylie, die einseitig auftritt und manchmal in Kom- zen (Biphalangie). Die Grundphalangen können auch ver- bination mit gleichseitigem Brustmuskel- oder Brust- kürzt sein mit Deformierung des Köpfchens. Die trapezför- wanddefekt. Die Erstbeschreibung solcher Deformität mige Deformierung des Mittelgliedes sowie die Schräg- stammt von Poland (1841), der den Defekt der Pektoral- stellung der Gelenkfläche des Grundgliedes führen zur muskeln in den Vordergrund stellte. seitlichen Abweichung des Fingers (Klinodaktylie). Die Die von Müller (1937) erstellte teratologische Reihe Endphalangen weichen zur Mittellinie der Hand ab. Die reicht von der Hand mit Verkürzungen und syndaktylen Syndaktylie ist entweder nur häutig, partiell oder kom- Fingern bis zur Handlosigkeit. plett, wobei die Endglieder gut geformt mit einzelnen Fin- gernägeln erscheinen und selbst bei kompletter Form eine Synonyme lockere Schwimmhaut zeigen. Die nächste höher gradige Defektbildung umfasst die mittleren Mittelhandstrahlen Brachysyndactylism, Poland-Syndrom, primäre skeletoge- mit Hypoplasie, partieller oder totaler Aplasie. Häufig ver- ne Ektrodaktylie, atypical cleft hand. bleiben nur noch nageltragende Bürzel zurück. Die Hand- wurzelknochen zeigen ebenso Hypo- wie Aplasien sowie Ätiologie Verschmelzungen. Der Daumen ist in solchen Fällen auch hypoplastisch mit Klinodaktylie und Rotationsfehlstellung. Die Ätiologie der Symbrachydaktylie ist bis jetzt unbe- Die Fingersehnen zeigen eine atypische Insertion. In den kannt. Sie tritt sporadisch auf. Pol (1921) sprach sich für Fingerbürzeln können feine Sehnenzügel beobachtet wer- exogene Entstehungsursachen aus. Chromosomenanoma- den. Die Flexorsehnen können bei starkem Grad der Re- lien konnten bei 4 Patienten von Blauth u. Gekeler (1973) duktion im Bereich des Handgelenks miteinander ver- ausgeschlossen werden. Hierfür spricht auch die Beobach- schmolzen sein. Je stärker der knöcherne Defekt im Fin- tung von Stevens u. Mitarb. (2000), dass bei echten Zwil- gerbereich, desto schwieriger ist es zwischen oberflächli- lingen nur bei einem ein Poland-Syndrom vorlag. Anderer- cher und tiefer Beugesehne zu differenzieren (Kay u. Wi- seits konnten Erbeinflüsse sowohl bei der Brachydaktylie berg 1996). Der N. medianus ist hypoplastisch oder kann (Cocchi 1965) als auch bei der Syndaktylie (Barsky 1958, fehlen. Die A. radialis ist meist vorhanden. Lösch 1970), bei Brustwanddefekt (Stucke 1948) sowie beim Poland-Syndrom (Velez u. Moreno 2000) beobachtet Epidemiologie werden. Diskutiert wird eine Unterbrechung der Blutver- sorgung der Extremitätenknospe (De Smet u. Fabry 1998). Die Symbrachydaktylie kommt in Dänemark im Verhältnis Eine kontrollierte Studie von Martinez-Frias u. Mitarb. 1: 40 000 Geburten vor (Birch-Jensen 1949). In Brasilien (1999) zeigte ein erhöhtes Vorkommen des Poland-Syn- fanden Freire-Maia u. Azevedo (1977) ein Vorkommen im droms, wenn während der Schwangerschaft geraucht wur- Verhältnis von 0,34 pro 10 000 Geburten. Sugiura (1976) de. Imagawa (1980) konnte Symbrachydaktylie bei Mäu- berechnet eine Inzidenz von 1:10 000. Das männliche Ge- sen durch Gabe von 5-Fluorouracil am 11. Schwanger- schlecht überwiegt im Verhältnis 3: 2. In der Regel ist die schaftstag erzeugen. Symbrachydaktylie einseitig, wobei die linke Seite über- wiegt. Doppelseitigkeit kommt beim Hanhart-Syndrom Pathogenese vor. Bilateraler Befall wurde von Blauth u. Gekeler (1973) in 6,9% von Senuri (1984) in 1,6% beobachtet. Primär liegt eine Reduktion der knöchernen Anlage vor. Die Weichteilplatte ist normal angelegt, kann sich aber Klassifikation nicht weiter entwickeln (Müller 1937). Die Reduktion be- trifft die Mittelphalangen und kommt vorwiegend an den Aufgrund der von Müller (1937) aufgestellten teratologi- 3 mittleren Strahlen vor. Sie breitet sich nach ulnar- aber schen Reihe nahmen Blauth u. Gekeler (1971) eine Klassi- auch zentralwärts fortschreitend bis zum völligen Hand- fikation in 4 Gruppen (Abb. 6.33a-d und 6.34) vor: defekt aus. In solchen Fällen ist die Differenzierung und ¼ Typ I (Kurzfinger-Typ): Brachymesophalangien und/ oder Fehlen einer oder mehrerer Mittelphalangen. ¼ Typ II (Spalthand-Typ): Fehlen eines Fingers oder meh- rerer mittelständiger Handstrahlen. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 173

Abb. 6.33 a–d Symbrachydaktylie: Kurzfinger-Typ (a), Spalthand-Typ (b), monodaktyler Typ (c), peromeler Typ (d).

a

b

d

c Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

174 6 Angeborene Fehlbildungen

Kurzfinger-Typ Spalthand-Typ Monodaktyler Typ Peromeler Typ

Abb. 6.34 Die teratologische Reihe bei der Symbrachydaktylie mit Übergangstypen (aus Buck-Gramcko 1991).

¼ Typ III (Monodaktyler-Typ): Sämtliche Finger fehlen, Differenzialdiagnose nur der Daumen ist erhalten. ¼ Typ IV (Peromeler-Typ): Sämtliche Finger fehlen. Die Abgrenzung der Symbrachydaktylie Typ I von der Syn- daktylie ist dadurch möglich, dass bei der Symbrachydak- Erweiterungen und Modifikationen dieser Klassifikationen tylie keine ossäre oder Akroform vorkommt, sie ist grund- wurden publiziert (Yamauchi u. Tanabu 1998, Miguella- sätzlich einseitig und die Familienanamnese ist leer. Die Sola u. Cabrera-Gonzales 1998, Foucher u. Mitarb. 2000). Spalthand ist vererbbar mit vorwiegend dominantem Erb- gang. Sie tritt doppelseitig und oft symmetrisch auf. Da Diagnostik die Spalthand auf einer Störung der Weichteilplatte be- ruht, sind weder Fingerbürzel noch Fingernägel in der Klinische Diagnostik Spalte vorhanden. Die Spalthand breitet sich nach radial Für die Diagnostik ist das Vorhandensein der Endglieder aus. oder ihrer Rudimente mit Fingernägeln oder Nagelresten Die distalen Hypoplasien und transversalen Defekte sehr wichtig. Die mittleren Finger sind am stärksten befal- weisen wie die Symbrachydaktylien keine Erblichkeit auf, len. Die Syndaktylie breitet sich nach radial aus und der zeigen aber eine Gesetzmäßigkeit in der Lokalisation und Knochendefekt nach ulnar und zentral. Die Interphalange- Ausbreitung. alfurchen setzen sich an syndaktylen Fingern über die Handbrücken fort. Eine quere Furche (sog. Affenfurche) Therapie findet sich etwas proximal der MP-Gelenke. Beim Typ I kann die Fingerbeugung und die Daumenopposition ein- Konservative Therapie geschränkt sein. Beim Typ II zeigen die vorhandenen Fin- Versorgung mit Prothesen und Hilfsmitteln bei extremen ger Hypoplasie, Symphalangie und Klinodaktylie. Der Dau- Formen. Ein Greifwiderlager geben wir bei Typ 3 und 4 bis men liegt im Niveau der Langfinger, so dass die Funktion zum Prothesenalter, falls keine Operation gewünscht wird der Hand bei diesem Typ deutlich eingeschränkt ist. oder in Betracht kommt.

Bildgebende Diagnostik Operative Therapie Die Röntgenuntersuchung zeigt Hypo- und/oder Aplasie Die Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad der der Phalangen, Metakarpalia und Handwurzelknochen. Fehlbildung (Tab. 6.9): Synostosen, Fehlformen und das Vorliegen von Wachs- tumsfugen sind für die Prognose wichtig. Mit Sonographie Typ I. Die Korrekturen betreffen: Partielle Syndaktylien, können die Sehnen dargestellt und verfolgt werden. Adduktionskontraktur des Daumens, Hypo- oder Aplasie der Mittelglieder mit Instabilität der Interphalangealge- lenke. Die Syndaktylietrennung und Bildung der ersten Kommissur erfolgt nach den bekannten Richtlinien (siehe Kap. 6.4.1) Zunächst werden die gut gebildeten randstän- Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 175

Tab.____ 6.9 Operative Therapie der Symbrachydaktylie Typ I Typ II Typ III Typ IV

1. Syndaktylietrennung u. 1. Exstirpation der mittleren Aufbau eines Gegengreifers Herstellung einer Greifzange Vertiefung der 1. Kommissur Fingerrudimente u. Vertiefung durch: durch: des ZF-Raumes – Verlängerung – Zehentransplantation – Aufstockung – Krukenberg-Plastik – Zehentransplantation – Phalangentransfer

2. Drehosteotomie MHK 1 u. 2. Aufbau des Kleinfingers 5 u. Opponensplastik durch: – on top plasty – Phalangentransfer – Verlängerung

3. Arthrodesen

digen Finger getrennt. Die Trennung der mittleren Finger Der Vorteil dieser Transplantate im Vergleich zum Becken- mit Knochendefekten soll erst später – wegen der Ossifi- kammspan ist das Weiterwachsen durch Erhaltung der kationsstörung – erfolgen. Fehlt einem Finger die knöcher- Wachstumsfuge. Liegt ein Fingerrudiment in der Nähe ne Stütze und erscheint er funktionslos, so wird dieser der Endphalanx, so kann dieser auf den 5. Fingerstumpf nicht getrennt. Wenn kein Spitzgriff zustande kommt, gefäßgestielt übertragen werden (on top plasty). Die Ope- empfiehlt sich die Drehosteotomie des 1. und 5. MHK mit ration soll im ersten Lebensjahr erfolgen. Bei partieller Muskelverlagerung im Sinne der Opponensplastik. Insta- Aplasie kann der MHK mittels Kallusdistraktion oder bile und fehlstehende Gelenke bedürfen einer Arthrodese, durch Knochentransplantat in seiner Mitte verlängert wer- die erst ab dem 10. Lebensjahr unter Erhaltung der Wachs- den. tumsfuge durchgeführt werden kann. Typ III. Hier gilt es, ein Gegenlager für den Daumen auf- Typ II. Sind die randständigen Finger durch die Weichteil- zubauen. Die Operation hängt vom Befund ab: verschmelzung beeinträchtigt, so ist die Resektion der Fin- ¼ Ist ein MHK und ausreichende Weichteildecke vorhan- gerrudimente mit gleichzeitiger Vertiefung und Erweite- den, so kann dieser verlängert werden (Abb. 6.35). rung der Spalte mittels Z-Plastik angezeigt. ¼ Ist kein MHK vorhanden oder nur ein kleiner Rest und die Weichteildecke zu knapp, so kann der Aufbau mit Aufbau des Kleinfingers: Bei kompletter oder partieller Verschiebelappenplastik und Knochentransplantat er- Aplasie des 5. MHK und der Phalangen ist die Knochen- folgen. Die Verwendung ortständiger Haut zum Finger- transplantation erforderlich. Als Transplantat kann ein aufbau ist wegen der Sensibilität besser als der Stiel- funktionsloser MHK oder ein Zehengrundglied dienen. lappen.

Abb. 6.35 Aufbau eines Gegen- greifers durch Kallusdistraktion. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

176 6 Angeborene Fehlbildungen

Abb. 6.36 a u. b Symbrachydakty- lie adaktyler Form (a) und Zustand nach Phalagentransfer (b). Daumen- aufbau ist vorgesehen.

ab

¼ Ist der Daumen zu kurz und wenig beweglich, so muss ¼ Transplantation von 2 oder 3 Zehen am Stumpfende. der Gegengreifer gut beweglich sein, damit ein Spitz- ¼ Krukenberg-Plastik (s. Kap. 4.4). griff zustande kommen kann. In diesem Fall ist die ¼ Bei der Vielfältigkeit der Symbrachydaktylie soll die Transplantation der 2. Zehe mit Gefäß- und Nervenan- Behandlung individuell gewählt und den Eltern anhand schluss angezeigt (Kay u. Wiberg 1996, Foucher u. Mit- von Beispielen nahe gebracht werden. arb. 2000). Die Ergebnisse sind sehr gut und die Mor- bidität am Fuß ist sehr gering. ¼ Bei Kleinkindern bis 18 Monate führen wir Phalangen- Spalthand transfer an allen 3 ulnaren MHK durch, die später ver- längert werden können (Abb. 6.36au.b). Je nach Bedarf Synonyme können Grund- oder Mittelphalangen der 2. und 3. Ze- he entnommen werden. Es ist wichtig, das Periost in- Longitudinaler distaler zentraler Defekt, Krebsschere, takt mitzunehmen. Ein Teil der Gelenkkapsel wird ver- Hummerschere, Ektrodaktylie, Cleft-hand, Split-hand, wendet um das Transplantat im Lager zu befestigen. Lobster clow, Carb clow, Pincer, Central longitudinal defi- Die vorhandenen Sehnen werden am Transplantat be- ciency, Pince de homard, main en fourche. festigt. Je früher die Transplantation erfolgt, desto bes- ser ist die Chance für das Weiterwachsen. Die Trans- Definition plantate werden mit K-Drähten gesichert. Die Zehe ver- kürzt sich um wenige Millimeter und bleibt vollkom- Zusammengefasste Fehlbildungen mit keilförmigem De- men funktionsfähig (Carroll u. Green 1975, Goldberg u. fekt der zentralen Strahlen der Hand und der Tendenz Watson 1982, Buck-Gramcko 1990, Hou 1992, Radocha der Defektausbreitung nach zentral und radial, wobei die u. Mitarb. 1993). erhaltenen Finger defektfrei bleiben. Die Bezeichnung „Spalthand“ geht auf Meller (1893) zurück. Typ IV: Bei kurzer fingerloser Mittelhand oder Handwur- zelstumpf entwickeln die Kinder eine begrenzte Greif- Ätiologie fähigkeit zwischen dem Stumpf und Unterarm und kön- nen so „bimanuell“ arbeiten. Später ist die Prothesenver- Der dominante Erbgang der Spalthand ist nachgewiesen sorgung angezeigt (s. Kap. 3.2). Hilfsmittel wie Greifwider- (Grebe 1958, Kelikan 1974). Dies trifft besonders für die lager, Ess- und Schreibmanschetten sind hilfreich. Bei der symmetrischen Formen der Spalthände und Spaltfüße zu. Indikationsstellung zur Operation ist zu bedenken, dass Eine einseitige Spalthand tritt sporadisch auf (Vogel 1958). das Kind auf der anderen Seite eine völlig gesunde Hand Die Ektrodaktylie (Split-Hand-/Split-Foot-Malformati- hat und das ästhetische Resultat nicht der Vorstellung der ons = SHFM) ist eine genetische heterogene Störung, Eltern entspricht. wobei bisher mindestens 2 Genloci bestimmt werden Die operativen Möglichkeiten sind: konnten: Der erste Locus auf Chromosom 7 (7 q21) wird ¼ Zehtransplantation zum Radius nach Vilkki (1985), als als SHFM 1, der zweite Locus (X-Chromosomal auf Xq26) aktiver Greifer gegenüber dem Handstumpf (Abb. 6.37 wird als SHFM 2 bezeichnet. Nunes u. Mitarb. (1995) fan- a u. b). den in der Region 10 (10q25) als einen weiteren Locus für Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 177

ab Abb. 6.37a u. b Symbrachydaktylie monodaktyler Form (a) und Zustand nach Transplantation der Großzehe zum distalen Radiusende und Stabilisierung des hypoplastischen Fingers (b).

Ektrodaktylien und bezeichnen ihn als SHFM 3. Durch Un- Pathogenese tersuchungen an einer großen türkischen Familie konnten Ozen u. Mitarb. (1999) diesen letzten Locus weiter ein- Von der Spaltbildung sind bevorzugt die Binnenstrahlen grenzen. Nach Müller (1937) entsteht die Spalthand betroffen, in erster Linie der 3. Strahl. Der keilförmige De- durch einen umschriebenen keilförmigen Defekt des fekt mit einer peripher gelegenen Basis und nach proximal Weichteilblastoms. Aufgrund des Raummangels im Be- gerichteten Spitze breitet sich radialwärts aus. Dabei wer- reich des Defektes sollen sich Differenzierungsstörungen den knöcherne Anteile verlagert, Weichteile verschmelzen an den prospektiven knöchernen Anteilen sekundär ent- und Differenzierungsprozesse werden unterdrückt. Die wickeln. Diese manifestieren sich in Form von Verschmel- verlagerten knöchernen Anteile können am benachbarten zungen und Störung der Längendifferenzierung. Werthe- Knochen angelagert oder mit ihnen verschmolzen sein. mann (1952) ist der Meinung, dass der Defekt auch die Andere werden quer gelagert und artikulieren mit den ektrodermale Apikalisleiste betrifft. Diese Vorstellung Nachbarknochen in Dreieckform. Sie werden von Müller wird nach neueren tierexperimentellen Untersuchungen (1937) als „Transversalknochen“ bezeichnet und sind für bestätigt. Ogino (1996) konnte bei Ratten durch Gabe des die Spalthand typisch. Es handelt sich meistens um abge- Zytostatikums Busulfan sowohl Polydaktylie als auch Syn- drängte Grundphalangen, oft mit 2 Wachstumsfugen, daktylie und Spalthand erzeugen und fand die gleiche kri- wobei die Endphalangen fehlen oder mit den Nachbarkno- tische Periode zur Auslösung dieser Fehlbildungen. Er chen verschmolzen sind. Beuge- und Strecksehne des feh- stellte teratologische Reihen auf, an deren Ende sich die lenden Fingers vereinigen sich über dem Köpfchen des Spalthand als Produkt eines Zusammenwirkens von Syn- Mittelhandknochens, und wenn dieser fehlt, so liegt die daktylie und Polydaktylie fand (Abb. 6.38). Verbindung im Karpalbereich. Anomalien der Blutgefäße Das P63-Gen, ein homologes, den Zellzyklus regulie- wurden auch beobachtet. Die Hohlhandbögen können rendes Gen ist für die Entstehung und Differenzierung eine atypische Lage aufweisen. Die randständigen Finger der apikalen Ektodermalleiste von entscheidender Bedeu- zeigen oft Syndaktylie oder inkomplette Polydaktylie, be- tung. Ianakievu. Mitarb. (2000) konnten in 2 Familien mit sonders am 1. Strahl. Spalthänden und -füßen Mutationen im P63-Gen identifi- zieren. Eine zentrale Polydaktylie oder Spalthand wird entstehen, wenn die Längsfurche etwa den Mittelfinger trifft anstatt seitlich des Fingers zu liegen (Yasuda 1971 u. 1975, Ueba 1998) (Abb. 6.39). Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

178 6 Angeborene Fehlbildungen

Syndaktylie- grad Polydak- S-0 S-1 S-2 S-3 S-4 tyliegrad

P-0

P-1

P-2

P-3

P-4

Abb. 6.38 Spalthandbildung aufgrund von Polysyndaktylie (aus Ogino 1990).

Epidemiologie Klassifikation

Die Häufigkeit des Vorkommens beträgt nach Birch-Jensen Klassifikationen wurden nach unterschiedlichen Stand- (1949) 1 auf 90 000 Geburten, während atypische Spalt- punkten vorgenommen. Aus ätiologischen Gründen unter- hand 1-mal bei 150 000 Geburten vorkommt. Blauth u. scheiden Birch-Jensen (1949) und Barsky (1964) zwischen: Falliner (1986) fanden bei 303 Fällen aus der Literatur ¼ Typischer Spalthand: vererbbar, doppelseitig mit und bei 35 eigenen Fällen bei 48% Bilateralität und unila- Spaltfüßen (Abb. 6.40a u. b): terale Spalthände (atypisch) bei 41%, bei einem Drittel a mit zentralem Defekt, lagen auch Spaltfüße vor. Das männliche Geschlecht ist b mit radialem Defekt (monodaktyler Typ). doppelt so häufig betroffen wie das weibliche Geschlecht. ¼ Atypische Spalthand: sporadisch, einseitig und ohne Spaltfuß. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 179

normale Hand

apikaler ektodermaler Kamm

Spalthand

39. Tag

Syndaktylie

Polydaktylie

41. Tag 51. Tag

Abb. 6.39 Pathogenese der Spalthand sowie der Poly- und Syndaktylie (aus Ueba 1998). Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

180 6 Angeborene Fehlbildungen

a

Abb. 6.40 a u. b Spalthände bei Mutter und Kind (a). Spalthand und Spaltfuß (b).

b

Müller (1937) und Stroer (1938) haben eine teratologische Weitere Klassifikationen berücksichtigen die begleitende Reihe aufgestellt: Sie beginnt bei V-förmigen Binnenstrah- Polydaktylie und ossäre Syndaktylie (Tada u. Mitarb. lendefekten mit zunehmender Reduktion bis zur ulnaren 1981, Sandzen 1985, Glicenstein u. Mitarb. 1995). Monodaktylie. Nach formalen Gesichtspunkten differenzierten Blauth Diagnostik u. Schneider-Sickert (1976) 2 Gruppen : 1. Mediantyp mit Defekt von Binnenstrahlen, Klinische Diagnostik 2. Medioradialer Typ, bei dem die Keilspitze mehr zum Flatt (1977) beschrieb die Spalthand als „funktionell aus- 1. MHK hin gerichtet ist. gezeichnete und soziale Katastrophe“. Die Hand ist äußer- lich auffällig durch die Spalte. Diese kann von unter- Blauth u. Falliner (1986) unterscheiden 3 Typen: schiedlicher Ausprägung sein. Die randständigen Finger ¼ Typ I: Spalthände mit knöchernen Defekten (Aplasie), können schmal erscheinen und normale Funktion zeigen. ¼ Typ II: Spalthände mit ossären Syndaktylien (Synosto- Bei größeren Defekten findet man Veränderungen, z. B. sen), Syndaktylien oder knöcherne Verschmelzungen, ebenso ¼ Typ III: Spalthände mit knöchernen Defekten und häufig findet sich radialseitig eine unvollständige Polydak- gleichzeitigen Synostosen, tylie. Der Ringfinger zeigt bei Syndaktylie mit den Klein- ¼ Evtl. Typ IV: Spalthände mit zentraler Polydaktylie. fingern oft eine Beugekontraktur des Mittelgelenks (Kamptodaktylie). Defekte der radialen Strahlen können Manske u. Halikis (1995) stellten aus funktionellen Grün- über eine Zweifingerhand zu einer monodaktylen Hand den die Veränderungen der 1. Zwischenfingerfalte (ZFF) in führen. Bei dieser extremen Form zeigt die Hand eine Ul- den Vordergrund (Abb. 6.41a-d): nardeviation aufgrund muskulärer Imbalance. Als assozi- ¼ Typ I: normale ZFF, ierte Fehlbildungen sind in erster Linie Spaltfüße, Lippen- ¼ Typ II: Einengung der 1. ZFF: IIa mäßige Einengungen, Kiefer-Gaumen-Spalten und triphalangealer Daumen. Sel- IIb massive Einengungen, tener sind Tibiaaplasie, Riesenwuchs, radioulnare Synosto- ¼ Typ III: 1. ZFF verschlossen = Syndaktylie DI und DII, sen, Ulnaaplasie, Mikrognathie. ¼ Typ IV: Spalte reicht zur 1. ZFF, DII fehlt, ¼ Typ V: der Daumen fehlt. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 181

a b

c d

Abb. 6.41 a–d Spalthände unterschiedlicher Ausprägung: a Typ IIa b Typ III c links: Typ III mit Synostose der Grundglieder; rechts: Typ IV d Typ V.

Bildgebende Diagnostik Bei tief reichenden Spalten treten Deformierung und Verschmelzung des Os capitulum und Os hamatum auf. Das Röntgenbild zeigt die Ausdehnung des Defektes aber auch die Synostosen und die Transversalknochen. Differenzialdiagnose Außerdem liegen die Zeichen der Synostosierung vor, d.h. knöcherne Syndaktylie, Verbreiterung eines Knochens Zur Abgrenzung der Spalthand von der Symbrachydaktylie als Folge der Verschmelzung auf der gesamten Länge sind die in Tabelle 6.10 aufgeführten Merkmale wichtig. sowie der Deltaknochen, der mit einem verdickten Kno- chen artikuliert. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

182 6 Angeborene Fehlbildungen

Tab. 6.10 Abgrenzung der Spalthand von der Symbrachy- mit dem 1. palmaren Interosseus. Osteosynthese mit daktylie der Basis des 4. MHK. Zur Rekonstruktion des Lig. me- ____ tacarpale transversum werden die Ringbänder A2 abge- Spalthand Symbrachydaktylie löst und zusammengenäht (Saito u. Mitarb. 1978, Ogino vererbbar kein Erbgang 1990). Die Snow-Littler-Methode ist anspruchsvoll, vor allem ist die Lappenplanung und Präparation wich- oft bilateral immer einseitig tig, um die Blutversorgung zu sichern. Miura u. Koma- oft mit Spaltfüßen Füße nicht beteiligt da (1979) vereinfachten die Schnittführung (Abb. 6.43). keilförmiger Knochendefekt U-förmiger Defekt Nach Versetzen des Zeigefingers nach ulnar wird die und glatte Begrenzung des 1. Kommissur durch Z-Plastik und Hauttransplantat ge- Weichteildefektes bildet. Diese OP-Technik eignet sich eher für den Typ Transversalknochen Symbrachyphalangie IIa. Weitere Modifikation von Ueba (1998) achtet da- rauf, dass die neue Kommissur zwischen DII und DIV mehr distale Defekte Fingerbürzel-Endgliedreste narbenfrei bleibt. Ausbreitung des Defektes Ausbreitung ulnarwärts radialwärts Bei extremer Fehlbildungsform, wie z. B. der Monodakty- Synostosen Hypoplasien der restlichen lie, gelten die Indikationen und OP-Methoden, die in den Knochen vorherigen Kapiteln bereits besprochen wurden (Symbra- chydaktylie, Peromelie)

Komplikationen Therapie Als Komplikationen, die auftreten können, sind zu nen- Konservative Therapie nen: Konservative Maßnahmen kommen nicht in Betracht. 1. Durchblutungsstörung und Teilnekrose des Lappens oder des versetzten Zeigefingers, Operative Therapie 2. Verletzung des tiefen Astes des N. ulnaris, Ziel der operativen Behandlung ist die Verbesserung des 3. Dreh- oder Achsenfehlstellung des versetzten Zeigefin- Erscheinungsbildes und der Handfunktion. Die Operati- gers, onsart richtet sich nach dem Befund. Die Eingriffe können 4. Narbenkontraktur bei nicht korrekter Schnittführung. ein- oder mehrzeitig, einzeln oder in Kombination erfol- gen. Ergebnisse ¼ Syndaktylietrennung: Diese erfolgt nach den bereits beschriebenen Prinzipien und Techniken. Bei Beachtung der Gefahrstellen und subtiler OP-Technik ¼ Entfernung von sperrenden Transversalknochen. können gute Ergebnisse sowohl nach ästhetischen als ¼ Korrektur der Beugekontraktur (Kamptodaktylie) auch funktionellen Gesichtspunkten erzielt werden (Ma- oder Korrekturosteotomie bei Fehlstellung oder um lek 1971, Miura u. Komada 1979, Rider u. Mitarb. 2000). den Spitzgriff zu ermöglichen. ¼ Beseitigung der Spalte: Eine einfache Spalthandform und fehlender Mittelfinger (Typ I nach Manske u. Hali- Schnürfurchensyndrom kis 1995) kann durch Weichteilresektion, Entfernung des 3. MHK, Verlagerung des 2. MHK auf die Basis Synonyme MHK 3 und Fixation mit 2 gekreuzten K-Drähten besei- tigt werden. Fehlt der 3. MHK, so kann der 2. MHK nach Schnürringkomplexe, Amniogene, intrauterine Amputatio- ulnar verschoben werden und an den 4. MHK mit nen, Perodaktylien, Congenital constriction ring-syndrom, einem Sehnentransplantat gefesselt werden. Annular grooves, Amnion discription, Annular constriction Bei Typ II und III (nach Manske u. Halikis 1995) ist rings, Streeter’s dysplasie. neben der Beseitigung der Spalte, die Bildung einer tie- fen und breiten Daumenkommissur erforderlich. Die Definition meist angewandte Technik nach Snow-Littler (1967) er- laubt die Erweiterung der 1. ZFF durch Verlagerung Angeborener Fehlbildungskomplex mit folgenden mor- eines palmar gestielten Hautlappens aus der Spalte phologischen Veränderungen: Schnürringe und -furchen (Abb. 6.42 a-c). mit polsterartigen Verdickungen der dorsalen Weichteile Die Syndaktylie zwischen DI/DII wird durch Zickzack- distal davon, periphere Defekte, Teilamputationen und Schnitt getrennt, das straffe Bindegewebe wird gespal- Syndaktylien mit z. T. Verklumpungen der Finger. Diese ten. Der M. interosseus dorsalis I wird abgelöst. Osteo- Veränderungen können einzeln oder in Kombination auf- tomie des 2. MHK basisnah und Verlagerung nach ulnar treten. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 183

Abb. 6.42 a–c Skizze der Operati- a onstechnik von Snow-Littler für Spalthände Typ IIa (a) und ein kli- nisches Beispiel einer Spalthand Typ III, wobei der Schwenklappen dorsal gestielt war (b u. c).

Fortsetzung ᭤

1 dorsal 2 palmar

II II I IV I IV

34 II III III

56dorsal palmar Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

184 6 Angeborene Fehlbildungen

Zeitpunkt, wenn die Kondensation der Fingerstrahlen ab- geschlossen ist. Genetische Ursache oder familiäres Vor- kommen konnten nicht nachgewiesen werden. Einige Mütter geben Blutungen und hormonelle Behandlung während der Schwangerschaft sowie frühzeitigen Frucht- wasserverlust an. Einige Autoren berichten über häufiges Vorkommen bei erster Schwangerschaft (Moses u. Mitarb. 1979) oder beim fortgeschrittenen Alter der Eltern. Es besteht kein Zusam- menhang mit der Einnahme von Medikamenten oder Rau- chen (Miura 1984).

Pathogenese

Im Bereich des Schnürrings fehlt das subkutane Fettgewe- be vollkommen und die Haut ist sehr dünn. Die Schnür- furchen können oberflächlich oder tief bis zum Knochen reichend sein. Im Bereich des Unterarmes kann dadurch eine radioulnare Synostose vorkommen, während im Fin- gerbereich keine knöchernen Verschmelzungen, aber De- fektpseudarthrosen der Fingerglieder entstehen. Nerven und Gefäße können Defekte im Ringbereich zeigen. Pro- ximal des Ringes sind Knochen und Weichteile normal, b distal davon finden sich Lymphödeme und dorsale Finger- polster aus induriertem verdicktem Subkutangewebe. Zir- kuläre Schnürringe im endständigen Fingerbereich führen oft zu knospenartigen Fingerresten, die mit dem Finger nur mittels eines dünnen Weichteilstiels verbunden sind. Besonders charakteristisch ist auch die Akrosyndakty- lie. Die Finger bzw. die Fingerreste zeigen Weichteilver- schmelzungen mit schmalen Kanälen proximal davon, die auf die Kommissur hinweisen, jedoch distaler als die rich- tige Kommissur liegen. Die Finger können verklumpt sein, so dass die Differenzierung der einzelnen Finger kaum möglich ist.

Epidemiologie

Die Fehlbildung kommt etwa im Verhältnis 1 :15 000 Ge- burten vor (Patterson 1961, Pillay 1964). Die Veränderun- gen sind häufig doppelseitig, aber nicht symmetrisch aus- c geprägt und oft mit ähnlichen Veränderungen an den Füßen verbunden (Miura 1984). Die Schäden betreffen Abb. 6.42 b u. c meist die mittelständigen Finger und die Großzehe (Light u. Ogden 1993).

Ätiologie Diagnostik

Seit der Erstbeschreibung von Montgomery (1832) werden Klinische Diagnostik Amnionabschnürungen für diese Defektfehlbildung ver- Die Finger zeigen bei leichten Fällen dorsalseitige Schnür- antwortlich gemacht. Histologische Untersuchungen an furchen oder Schnürringe. Tiefe Schnürringe können un- Feten führen immer mehr dazu, endogene Entstehungs- terschiedlich breit sein und führen zu Schwellung und mechanismen zu vermuten (Buck-Gramcko, 1981). Stree- trophischen Störungen der distal gelegenen Weichteile ter (1930) zeigte fokale dysplastische Bezirke im mesoder- und zu Bildung von Weichteilpolstern. Der distale Finger- malen und subkutanen Gewebe. Kino (1975) konnte anteil kann bis zu einem Anhängsel reduziert sein. Nach Schürringschäden experimentell bei Ratten durch Amnio- der Geburt können ballonartige Schwellungen oder Nekro- zentese erzeugen. Die Fehlbildung entsteht zum späteren sen der distalen Fingerabschnitte vorkommen. Teilampu- Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 185

12

II IV M. adductor pollicis

I M. interosseus dorsalis III

3 4

IV II

I

III II

Abb. 6.43 Operationstechnik nach Miura und Komoda.

tationen in verschiedenen Höhen sind häufig, wobei die Differenzialdiagnose Weichteilpolsterung des Stumpfes sehr unterschiedlich sein kann (Abb. 6.44). Weichteilverschmelzungen können Die Abgrenzung des Schnürfurchensyndroms von der in Form von häutigen Brücken (Akrosyndaktylie) erschei- Symbrachydaktylie sowie von der peripheren Hypoplasie nen oder zu Verklumpungen der Finger führen. Diese Ver- ist nicht immer einfach. Die Merkmale dieser Fehlbildun- änderungen können einzeln oder in Kombination vorkom- gen werden in der Tabelle 6.11 aufgestellt. men, wobei die Schäden die mittelständigen Finger wahl- los betreffen: Daumen und Kleinfinger bleiben verschont Klassifikation oder zeigen Schnürringe (Abb. 6.45a u. b). Finger mit Schnürringen zeigen hypoplastische und langsam wach- Nach Patterson (1961): sende Nägel. Weitere Schnürfurchen finden sich auch im Typ I: nur Schnürring. Bereich des Unterarmes und der unteren Extremitäten. Typ II: Schnürring mit Akrosyndaktylie. Neurologische Störungen wurden vereinzelt beschrieben. Typ III: Schnürring mit Akrosyndaktylie und Teilamputati- Begleitende Fehlbildungen kommen bei etwa 40% der on. Fälle vor (Emmett u. Morris 1998) in Form von Lippen- Kiefer-Gaumen-Spalten, Klumpfuß und weiteren Fußver- änderungen, die durch die Schnürringe entstehen. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

186 6 Angeborene Fehlbildungen

Abb. 6.44 Schnürring mit Teilamputation DI–III und Akrosyn- daktylie DII/III.

Abb. 6.45 a u. b Akrosyndaktylie und Verklumpung der mittelständi- gen Finger.

ab

Tab. 6.11 Differenzialdiagnostische Merkmale des Schnürfurchensyndroms, der Kamptodaktylie und der peripheren Hypoplasie ____ aller Finger Schnürfurchen-Syndrom Kamptodaktylie Periphere Hypoplasie aller Finger

Lokalisation 2.– 4. Finger 2. u. 3. Finger alle Finger

Ausbreitung keine Regel nach ulnar keine

Klinik Schnürring, Ödem, Weichteilpolster u-förmiger Defekt mit Fingerbürzel querverlaufende Fingerstümpfe mit und Fingernägeln Kamptodaktylie

Defekt amputationsartig amputationsartig amputationsartig

Syndaktylie Akrosyndaktylie vollständige Syndaktylie partielle Syndaktylie

Röntgen Defektpseudarthrose Symphalangie, Biphalangie erhaltene Teile normal

Befall überwiegend doppelseitig einseitig einseitig Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 187

Nach Al Quattan (2000): a) Beseitigung der Schnürringe aus ästhetischem Typ I: Proximale Amputation. Grund und um eine evtl. Lymphstauung und Ödem- Typ II: Finger-Teilamputation mit Weichteilverschmelzung bildung zu beseitigen. Die dünne und narbige Haut und Verklumpung. wird in toto samt der Faszie reseziert. Die zirkuläre Typ III: Finger-Teilamputation (ohne Verklumpung). Narbe wird durch fortlaufendes „Z“ unterbrochen. Dicke streckseitige Weichteilpolster werden durch Therapie Entfernung des indurierten Fettgewebes beseitigt. b) Syndaktylietrennung und Kommissurvertiefung: Die Die Therapie ist operativ. Sie richtet sich nach der Schwere Syndaktylietrennung erfolgt nach den bekannten der Fehlbildung und hat das Ziel sowohl die Funktion als Richtlinien (s. Syndaktylie). Die Trennung soll weit auch das Erscheinungsbild zu verbessern. Wir klassifizie- proximal erfolgen, da die Finger zu kurz sind. ren die möglichen Behandlungsverfahren in 4 Stufen: c) Defektpseudarthrosen wichtiger Fingerphalangen 1. Dringliche Eingriffe: Stauungserscheinungen mit der werden mittels Knochentransplantation beseitigt. Gefahr der Nekrose erfordern eine operative Entlastung Als Transplantat kann eine funktionslose Fingerpha- in den ersten Lebenstagen (Emmett u. Morris 1998). lanx, eine Zehengrund- oder -mittelphalanx oder ein Der tiefe Ring wird reseziert mit gleichzeitiger Z-Plas- Beckenkammspan dienen. Ist die Haut im Bereich tik. Lymph- und Blutzirkulation bessern sich schnell. der Pseudarthrose narbig und dünn, so muss sie Bereits nekrotische Anteile werden reseziert. durch Lappenplastik ersetzt werden. 2. Hände mit verklumpten oder überkreuzten Fingern d) Daumenbildung bei Teilverlust mit funktionslosem sind funktionslos. Die Finger sollen möglichst früh in kurzem Stumpf: An erster Stelle kommt hier die den ersten Lebensmonaten getrennt werden, um Fehl- Aufstockung durch Transposition eines Finger- stellungen und Lymphödeme zu beseitigen und den stumpfes auf neurovaskulärem Stiel (on top plasty) Fingern die Chance zu geben, gerade weiter zu wach- mit Vertiefung der Kommissur infrage sen. Es werden die Hautbrücken distal der Kanäle ge- (Abb. 6.46 a-c). In seltenen Fällen kann ein Finger- trennt und die entstandenen Defekte mit Vollhaut- stumpf mit mikrochirurgischem Gefäß- und Ner- transplantaten gedeckt. Die Kommissurvertiefung er- venanschluss von der anderen Hand verwendet folgt später. Ein knospenartiges Endglied, das nur an werden. Die Verlängerung des 1. MHK durch Kallus- einem Weichteilstiel hängt, soll auch frühzeitig stabili- distraktion setzt eine ausreichende Länge des siert werden. Der dorsalseitige Schnürring wird rese- 1. MHK voraus, um den Fixateur unterbringen zu ziert. Durch die breite Wundnaht wird die Verbindung können, außerdem eine gute Weichteildecke, vor mit dem Finger und die Überlebenschance verbessert. allem im Bereich der Stumpfspitze. Bei extremen 3. Wiederherstellende Maßnahmen: Die Eingriffe kön- Fehlbildungen kommt die Zehtransplantation in Be- nen im Alter von 2–3 Jahren oder später vorgenom- tracht. men werden. Oft werden mehrere Verfahren in einer 4. Korrektureingriffe: Spätere Korrekturen können im Sitzung durchgeführt. Laufe des Wachstums notwendig werden, z. B. erneute

abc Abb. 6.46 a–c Aufstockung des Daumens mittels Zeigefingerstumpfes. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

188 6 Angeborene Fehlbildungen

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190 6 Angeborene Fehlbildungen

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Abb. 6.47 Bild der Skelettgabel bei Doppelung und Verschmel- zung von Strahlen (aus Müller, W. 1937). Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 191

Polydaktylie Epidemiologie

Definition Genaue Zahlen sind schwer zu ermitteln, da einerseits schwache Formen nicht immer erfasst und andererseits Mehr als 5 Finger an einer Hand (oder Fuß), die durch kleine Anhängsel gleich nach der Geburt abgetragen wer- übermäßige embryonale longitudinale Segmentierung den. Nach Flatt (1994) kommt eine Polydaktylie bei entstehen. Die Bezeichnung „Polydaktylie“ geht auf Kerck- Schwarzen in einer Frequenz von 1:300, bei Weißen und ring (1670) zurück. Asiaten von 1:3000 vor. Bei Schwarzen überwiegt die ul- nare und bei Weißen die radiale Polydaktylie. Ätiologie In Mitteleuropa liegt die Häufigkeit bei 5: 10 000 Ge- burten (Harnack 1987). Das männliche Geschlecht über- Die Polydaktylie zeigt in der Mehrzahl der Fälle einen au- wiegt im Verhältnis 2: 1,5 (Buck-Gramcko u. Behrens tosomal-dominanten Erbgang mit gelegentlich vorkom- 1989). Die Verdoppelung der randständigen Finger ist we- mendem Überspringen von Generationen (Gruber 1958, sentlich häufiger als die der zentralen Finger (Castilla u. Seyhan u. Mitarb. 1998). Radhakrishna u. Mitarb. (1997) Mitarb. 1996). fanden bei einer breit angelegten Untersuchung von 5 Ge- nerationen einer indischen Familie mit ulnarer Polydakty- Klassifikation lie Markergene auf den Chromosomen 7 p15-q11.23. Ein Locus konnte bei der radialen Polydaktylie auf das Früher wurde zwischen „präaxialer“ und „postaxialer“ Po- Chromosom 7q36 kartiert werden (Heus u. Mitarb. 1999, lydaktylie unterschieden. Diese Bezeichnungen gelten auf Zugricas u. Mitarb. 1999). Das Vorkommen der Polydakty- Beschluss der „International Federation of Societies for lie wird auch in Zusammenhang mit fortgeschrittenem Surgery of the Hand“ seit dem Jahre 1995 nicht mehr, da Alter der Mutter und hohem Testosteronspiegel während sie nicht exakt sind. Man unterscheidet zwischen: ulnar der Schwangerschaft gebracht (James 1998). Polydaktylien (betrifft den Kleinfinger), radial (betrifft den Daumen) und kommen bei zahlreichen Syndromen vor, z.B. Bardet- zentral (betrifft den 2. – 4. Strahl). Diese Aufteilung geht Biedl-Syndrom (Beales u. Mitarb. 1999), Ellis-van-Crevelt- auf Pol (1958) zurück und hat jetzt allgemeine Gültigkeit. Syndrom (Krakow u. Mitarb. 2000), Carpenter-Syndrom, Bei der Einteilung der Polydaktylie in Längsrichtung Trisomie-13- und Meckel-Syndrom. Beim Down-Syndrom sind mehrere Klassifikationen bekannt geworden, wobei kommt überwiegend die Daumenverdoppelung vor (Cas- jeweils Bezug auf Daumen- oder Kleinfingerverdoppelung tilla u. Mitarb. 1998). Das Triphalangial-Daumen-Polysyn- genommen wird (Buck-Gramcko u. Behrens 1989, Schra- daktylie-Syndrom und das Tibial-Hemimelie-Polysyndak- der 1991). Buck-Gramcko u. Behrens (1989) entwickelten tylie-Triphalangeal-Syndrom sind nach Kantaputra u. Cha- eine umfassende Klassifikation, die auf die Klassifikation lidapong (2000) identisch. der Fußpolydaktylie von Blauth und Olason (1984) auf- baut. Die befallenen Strahlen werden von radial nach Pathogenese ulnar mit römischen Ziffern nummeriert und die Stelle der Verdoppelung bezeichnet. Die einfache Verdoppelung Für die Störung der Separation ist eine abnorme Wechsel- wird in 10 Typen unterteilt, außerdem werden Sonderfor- wirkung zwischen apikaler Ektodermalleiste und dem Me- men wie Triphalangie, rudimentäre Formen und dreifache soderm verantwortlich (Yasuda 1975, Scott u. Mitarb. 1977, Bildung extra klassifiziert. Nogami u. Oohira 1980). Die kraniokaudale Asymmetrie Schrader (1991) erweiterte die Klassifikation von Tem- soll die Ursache dafür sein, dass die Polydaktylie an den tamy u. McKusick (1978) mit Berücksichtigung der Ätiolo- oberen Extremitäten häufiger als an den unteren Extre- gie und Veränderungen der Weichteile. mitäten auftritt (Miura 1980, Nogami u. Oohira 1980). Die teratologische Reihe der Polydaktylie fängt mit Ver- Diagnostik breiterung der Endphalanx an und führt über die Verdop- pelung bis zur Verdreifachung kompletter Fingerstrahlen. Das klinische Bild ist auffällig. Genaue Form und Höhe der Eine Sonderstellung nimmt die Handverdoppelung ein (s. Verdoppelung werden anhand des Röntgenbildes genau mirror hand). Der zusätzliche Finger kann als Anhängsel identifiziert, dabei ist die verspätete Ossifikation zu be- mit oder ohne Phalangen erscheinen oder als kompletter rücksichtigen. Bereits in der 14.– 16. Schwangerschafts- Finger mit verschiedenen Übergängen. Eine echte Verdop- woche kann die Polydaktylie mit der Sonographie fest- pelung ist selten, oft ist der zusätzliche Finger hypoplas- gestellt werden (Zimmer u. Bronshtein 2000). tisch und deformiert. Die Bildung von Sehnen und Mus- keln verläuft parallel zum Knochenstatus. Beide Partner können verschiedene Formen der Hypoplasie zeigen. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

192 6 Angeborene Fehlbildungen

Radiale Polydaktylie Strecksehne vom zusätzlichen zum verbliebenen Daumen. Die abgelösten Daumballenmuskeln werden reinseriert (Daumenverdoppelung) und falls eine Achsdeviation vorliegt, erfolgt eine Korrek- turosteotomie. Ist der 1. Zwischenfingerraum zu eng, so Die radiale Polydaktylie ist eine der häufigsten Fehlbildun- kommen Z-Plastiken, Rotations- oder Schwenklappen in gen der Hand, wenn nicht die Häufigste (Ogino u. Mitarb. Betracht, wobei die dorsalseitige Haut des zusätzlichen 1996, Ikuta 1998). Daumens verwendet wird (Ogino u. Mitarb. 1996). Beim Typ V ist in der Regel die Verbindung des zusätz- Klassifikation lichen Strahles zum Karpus besser als der ulnare Daumen, der peripher gut ausgestattet ist. Deshalb wird in diesem Die am meisten verbreitete Klassifikation von Wassel Fall der ulnare Daumen auf die radiale MHK-Basis ver- (1969) richtet sich nach Höhe der Duplikation und berück- lagert. sichtigt nicht die Anhängsel oder Dreigliedrigkeit des Dau- Die Bilhaut-Cloquet-Operation ist indiziert bei gleich- mens (Abb. 6.48). großen hypoplastischen Partnern. Das mediale Drittel Erweiterungen und Ergänzungen von Tuch u. Mitarb. wird jeweils reseziert und die Knochen werden mittels (1977), Wood (1978) und Horii u. Mitarb. (1997) beschäf- Zerklage mit resorbierbaren PDS-Fäden fusioniert tigen sich mit Form, Gliederzahl und Art der Verbindung (Abb. 6.49 a u. b). beider Daumen. Es ist wichtig, die Gelenkflächen stufenfrei zu gestal- Am häufigsten ist: ten. Nagelbett und Nagelfalz sollen in mikrochirurgischer ¼ Typ IV: Doppeldaumen in Höhe des MP-Gelenks und Technik adaptiert werden. Trotzdem können Bewegungs- ¼ Typ II: Verdoppelung des Endgliedes (Ogino u. Mitarb. einschränkung, Fehlwachstum und auffällige Narben im 2 1996). Fingernagel zurückbleiben. Falls der Fingernagel etwa /3 der Größe des normalen Daumennagels hat, wird der zu- Diagnostik sätzliche reseziert. Um eine breite Daumenkuppe zu be- kommen, wird nur eine schmale dorsalseitige Weichteil- Das klinische Bild reicht von einem verbreiterten Endglied strecke reseziert (Masuda u. Mitarb. 2000). Bei Dreiglied- bis zur Bildung von 2 oder sogar mehreren Daumen (Ata- rigkeit wird das Mittelglied reseziert. Bei Dreifachbildung bay u. Mitarb. (1997), Mennen 1999). Die Daumen können wird der beste Finger pollizisiert (s. mirror hand). zwei- oder dreigliedrig sein. Der zusätzliche Daumen kann ein kleines funktionsloses Anhängsel oder ein voll gebil- Komplikationen deter Daumen mit den dazugehörigen Sehnen und Mus- keln sein. Bewegungseinschränkungen, Achsdeviationen und eine Gelenkinstabilität kommen oft vor und sind z.T. durch Therapie inadäquate Operation bedingt (Townsend u. Mitarb. 1994). Mangelhafte Oppositionsfähigkeit kann aufgrund Dyspla- Die Behandlung ist operativzur Verbesserung der Funk- sie des Daumensattelgelenks entstehen. Nageldeformie- tion und der Ästhetik. Das beste Operationsalter liegt zwi- rung entsteht nach schlechter Adaptation des Nagelbettes schen dem 8. und 12. Monat. In diesem Alter können die oder bei ungleichem Nagelpaar. knöchernen Strukturen auch unter Berücksichtigung der verzögerten Ossifikation gut beurteilt werden (Ikuta Ergebnisse 1998, Ogino u. Mitarb. 1999). Grundsätzlich wird der hy- poplastische und der radial gelegene Daumen entfernt. Nachkorrekturen sind oft erforderlich (Del Bene u. Mitarb. Zahlreiche zusätzliche Korrekturen sind erforderlich: Ver- 2000). Das Ergebnis hängt nicht nur von OP-Technik ab, schmälerung des Köpfchens, Reposition und Reinsertion sondern von der Schwere der Deformität. Bei Duplikatio- des Seitenbandes, Fixation mit K-Draht, Verlagerung der nen von Typ III, IV und V sowie triphalangeale Daumen

Abb. 6.48 Die Klassifikation des Doppeldaumens von Wassel (1969).

I II III IV V VI VII Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 193

Abb. 6.49 a u. b Die originale Bil- haut-Technik hinterlässt eine auffäl- lige Narbe im Nagel (a). Modifikati- on nach Masuda (b).

a

b

ergeben sich schlechtere Resultate (Ogino u. Mitarb. 1996). reichen von Verbreiterung des Endgliedes mit einem brei- Auch die Art der Verbindung der Gelenke bei Typ IV spielt ten oder doppelt angelegten Fingernagel bis zur Doppel- eine Rolle (Horii u. Mitarb. 1997). Je größer der zu resezie- bildung aller 3 Phalangen und sogar des MHK. Gabelungen rende Daumen ist, desto schlechter das Ergebnis. der Phalangen und MHK, Deltaphalangen und Synostosen finden sich häufig. Die Abgrenzung zur ossären Syndakty- lie und zur Spalthand ist oft schwierig (Blauth u. Falliner Zentrale Polydaktylie 1986), was für die gemeinsame Ätiologie spricht (Ogino, (Synpolydaktylie) 1979, Tanabu 1985). Manske (1983) berichtet über eineiige Zwillinge, die eine Spalthand auf der einen und eine zent- Eine Doppelbildung der mittelständigen Strahlen ist we- rale Polydaktylie auf der anderen Seite zeigten. sentlich seltener als die der randständigen und kommt Die Verdoppelung des Ringfingers ist die häufigste meist in syndaktyler Form als „verdeckte syndaktyle Poly- Form, gefolgt von der Verdoppelung des Mittel- und am daktylie“ vor (Schatzki 1934). seltensten Zeigefingers. Die Gabelung findet sich meist in Metakarpalhöhe beim Mittelfinger und distal davon beim Ätiologie Ringfinger (Buck-Gramcko 1998).

Die Synpolydaktylie tritt oft bilateral auf und ist eine auto- Klassifikation somal-dominant vererbte Fehlbildung mit inkompletter Penetranz und variabler Expressivität. Der Gendefekt Die Klassifikation von Stelling (1963) und Turek (1967) konnte als Mutation im Homöoboxgen-Cluster HOX-D13 wurde von Tada u. Mitarb. (1982) erweitert: identifiziert werden (Mundlos u. Olsen 1997, Goodman u. ¼ Typ I: Anhängsel ohne Skelettverbindung, Mitarb. 1997, Johnson u. Mitarb. 1998). Die Veränderungen Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

194 6 Angeborene Fehlbildungen

Abb. 6.50 a u. b Zentrale Polydaktylie mit Verdoppelung des Ringfingers und Syndak- tylie des Mittelfingers mit beiden Ringfin- gern.

ab

¼ Typ IIA: Doppelbildung eines oder Teil eines Fingers, Ulnare Polydaktylie der von einer Phalanx oder einem Mittelhandknochen abgeht, Diese häufigste Handfehlbildung kommt oft bilateral vor ¼ Typ IIB: wie Typ IIA aber mit Syndaktylie (Abb. 6.50a u. mit einem autosomal-dominanten Erbgang. Sie tritt 9-mal b), häufiger bei der schwarzen als bei der weißen Rasse auf ¼ Typ III: vollständiger Doppelfinger mit eigenem Mittel- (Woolf 1973). handknochen. Klassifikation Therapie Stelling (1963) unterscheidet 2 Typen: Die Operation wird im 1. oder 2. Lebensjahr empfohlen, ¼ Typ A: Doppelfinger mit knöcherner Verbindung zum um einer Deviation und Kontraktur entgegenzuwirken. Kleinfinger, Mehrere Eingriffe sind oft notwendig (Wood 1971). ¼ Typ B: Anhängsel mit Weichteilverbindung zum Klein- Grundsätzlich wird die Syndaktylietrennung mit Resekti- finger. on der zusätzlichen Knochen vorgenommen. Schwierig- keiten bilden Gabelungen im Bereich des Mittel- oder Ein kleiner Knochenkern und ein Fingernagel können vor- Grundgelenks mit Deltaknochen. Nach Entfernung der zu- kommen. Die Verbindung zum Kleinfinger besteht aus sätzlichen Knochen kann eine Gelenkinstabilität entste- Haut und Gefäß-Nerven-Bündel. Der zusätzliche Finger hen, in solchen Fällen soll ein Seitenband rekonstruiert (Typ A) ist in der Regel voll ausgebildet mit Streck- und werden. Achsfehlstellung bedarf einer Korrekturosteoto- Beugesehne sowie 2 Gefäß-Nerven-Bündeln. Das Mittel- mie. Zwei hypotrophe Partner können miteinander nach glied ist zu kurz und der Finger ist funktionslos. Die Dup- Bilhaut-Cloquet fusioniert werden. Bei starker Deformie- likation liegt meistens in Höhe des MP-Gelenks. Oft liegt rung kommt auch die Resektion beider Partner in Betracht. eine Syndaktylie beider Finger vor (Abb. 6.51a–c). Eine (Wood 1971, Flatt 1994). komplette Duplikation mit Verdoppelung des MHK ist äu- ßerst selten (De la Torre u. Simpson 1998). Weitere beglei- Komplikationen tende Fehlbildungen sind Poly- und Syndaktylie der Zehen sowie Doppeldaumen. Die ulnare Polydaktylie kommt im Eine Durchblutungsstörung mit nachfolgender Nekrose Rahmen von zahlreichen Syndromen vor: Ellis-van-Cre- kann aufgrund abnormer Gefäßverteilung entstehen. Ge- veld-Syndrom, Laurence-Moon-Bardet-Biedl-Syndrom, Tri- lenkinstabilität, Bewegungseinschränkung, Achsfehlstel- somie-13-Syndrom, Carpenter-Syndrom, Grebe-Syndrom, lung und Wachstumsstörung sind häufig und erfordern Mohr-Syndrom u.a. (Light 1999). Nachoperationen. Therapie Ergebnisse Flottierende Anhängsel werden oft kurz nach der Geburt Oft sind mehrere Eingriffe und Nachkorrekturen erforder- ligiert und fallen ab. Die Abtragung eines zusätzlichen lich. Buck-Gramcko (1998) berichtet über einen Fall mit 19 Fingers ist aus ästhetischen Gründen indiziert. Sie wird Operationen und schlechtem Ergebnis. Gute Ergebnisse nach den Regeln der Amputation vorgenommen. Um spä- werden bei proximaler und distaler Duplikation erreicht. tere Komplikationen zu verhindern, empfiehlt sich das ul- Duplikationen in Höhe des MP-Gelenks mit Deltaknochen nare Seitenband aus einem Teil der Gelenkkapsel zu bil- oder Verschmelzungen ergeben schlechtere Ergebnisse. den, den Ansatz des M. abductor digiti minimi abzulösen und an der Basis des Kleinfingergrundgliedes zu reinserie- Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 195

abc Abb. 6.51 a–c Hexadaktylie: Typ A (a), Typ B mit Symphalangie DIII (b u. c).

ren. Ist der Mittelhandkopf zu breit oder dachförmig ge- die Aplasie des 4. und 5. Strahles beobachtet (Abb. 6.52a u. bildet, so soll er verschmälert und umgestellt werden. Die b). Der verbleibende MHK weist eine Gabelungstendenz Ergebnisse sind bei regelrechter Operationstechnik gut. auf. Im Bereich der Binnenstrahlen zeigen sich Synostosen zwischen dem 1. und 2. Strahl, oder dem 3. und 4. Strahl mit Gabelungstendenz. Fehlformen und Verschmelzungen Oligodakytlie der Handwurzelknochen sowie Syndaktylie sind die häu- figsten Begleitfehlbildungen (Abb. 6.53). Die Rückbildung Definition des Daumens läuft nicht unter Verschmelzungen der Nachbarstrahlen ab, sondern als eine von zentral nach pe- Angeborene Minderung der Fingerzahl. Dazu zählen so- ripher fortschreitender Hypoplasie bis zur Aplasie. Eine wohl Aplasie als auch Hypoplasie der Fingerstrahlen. Das Sonderform stellt die Oligosyndaktylie dar, wobei die komplette Fehlen eines oder mehrerer Finger als alleinige schmale löffelartige Hand multiple Koaleszensen benach- Deformität ist selten. Oft ist diese Rückbildung mit wei- barter Strahlenteile mit Aplasie des I. Strahles zeigt. Die teren Fehlbildungen an Hand und Unterarm gekoppelt. Oligodaktylie kommt in Begleitung von weiteren Fehlbil- dungen vor: Radioulnare Synostose, Dysplasie oder Aplasie Ätiologie des Ellenbogens, Skoliose, Tibiaaplasie (Sener u. Mitarb. 1990) und Robin-Sequenz (Robinow u. Mitarb. 1986). Das Fehlen von Fingern tritt in der Regel sporadisch auf. Es gibt jedoch Beobachtungen von Familien mit dominanter Epidemiologie Erblichkeit (Lehmann 1953, Wulfsberg u. Mitarb. 1993, Sener u. Mitarb. 1990). Neuere Untersuchungen ergaben, Diese Minusvariante ist gegenüber der Polydaktylie selte- dass das Ausmaß der HOX-D13-Expression entlang des ner zu beobachten. Sie tritt meist einseitig auf. distalen Randes der Extremitätenknospe mitentscheidend für die Anzahl der sich entwickelnden Finger ist (Moribe u. Differenzialdiagnose Mitarb. 2000). Nach Zakany u. Mitarb. (1997) besteht eine Wirkungsbeziehung zwischen der Dosis von HOX-Gen- Die Oligodaktylie ist abzugrenzen von den Fehlbildungen Produkten einerseits und der Größe und Zahl der Finger mit partiellen Defekten bei Schnürringkomplex, Spalthand andererseits, schrittweise Reduktion der Dosis dieser Gen- und Symbrachydaktylie. Produkte führt zunächst zu Ektrodaktylie, Oligodaktylie und dann zu Adaktylie. Therapie

Pathogenese Die Aplasie von ulnaren Fingern bedarf bei sonst normalen Fingern keiner Behandlung. Die Rückbildungsformen des Die Rückbildung verläuft nach der teratologischen Linie Daumens werden wegen ihrer besonders nachteiligen von Müller (1937) in entgegen gesetzter Richtung zur Po- funktionellen Folgen gesondert abgehandelt. Bei den ande- lydaktylie und kann in allen Schweregraden der Reduktion ren Formen richtet sich die Behandlung nach der Defor- vorkommen. Die Rückbildung der randständigen Strahlen mität. tritt oft in Begleitung einer Hypo- oder Aplasie der Ulna oder des Radius auf. Bei der ulnaren Oligodaktylie wird Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

196 6 Angeborene Fehlbildungen

In Betracht kommen (Abb. 6.54 a u. b): ¼ Syndaktylietrennung, ¼ Trennung von Metakarpalsynostosen, ¼ Drehosteotomie und Sehnenverlagerung zur Bildung einer Greifzange bei der Löffelhand.

Hypoplasie und Aplasie des Daumens

Die Daumenhypoplasie ist eine heterogene und komplexe angeborene Fehlbildung. Im Patientengut von Flatt (1994) kommt die Daumenhypoplasie in 3,5% und die Aplasie in 1,4% der Fälle vor. Sie tritt häufig doppelseitig auf, als alleinige Fehlbildung oder im Zusammenhang mit wei- teren Malformationen und Syndromen (Kleinmann 1990). In erster Linie kommt der Radiusdefekt als Begleitfehlbil- dung vor (59% bei James u. Mitarb. 1996, s. radiale Klump- a hand). Fehlformen und Synostosen der radialen Handwur- zelknochen (Morris u. Jones 1990) sind häufig. Weitere begleitende Anomalien wie radioulnare Synostosen, Meta- karpalsynostose IV und V und Doppeldaumen auf der kontralateralen Seite (Lister 1991, Rotmann u. Manske 1994) sind nicht selten.

Rückbildung des Daumens

Die Rückbildung umfasst Knochen und Weichteile und geht von leichter Verkürzung und Verschmächtigung bis zum totalen Fehlen des Daumens.

b Klassifikation

Abb. 6.52 a u. b Oligodaktylie beidseits: rechts mit Syndaktylie, Zur Klassifikation erstellte Müller (1937) bei der Rückbil- partieller Aplasie des MHK und Ulnahypoplasie, links mit Synos- dung des radialen Randstrahles eine teratologische Reihe tose der Handwurzelknochen. mit 4 Schweregraden. Blauth (1967) erweiterte diese auf 5 Stufen. Im Hinblick auf die Therapie wurde die Blauth- Klassifikation von Manske u. Mitarb. (1995) modifiziert, indem der Typ III in 2 unterschiedliche Stufen unterteilt wurde (Abb. 6.55). Diese Modifikation ist die am meisten verbreitete: ¼ Typ I: geringe Verkürzung und Verschmälerung, leichte Atrophie der Mm. abductor pollicis brevis und oppo- nens, ¼ Typ II: Adduktionsstellung des hypoplastischen I. MHK, partielle Syndaktylie, Instabilität des MP-Gelenkes und deutliche Hypo- oder Aplasie der Thenarmuskulatur, ¼ Typ IIIA: wie bei Typ II mit Fehlinsertion, Hypo- oder Aplasie des M. EPL und des M. FPL (Pollex abductus nach Bayne 1982), ¼ Typ IIIB: wie bei Typ IIIA mit partieller Aplasie des I. MHK, ¼ Typ IV: totale Aplasie von Metakarpale I, Trapezium und Skaphoid, rudimentäre Anlage des Daumengrund- und -endgliedes (Pendeldaumen), Abb. 6.53 Zentrale Oligodaktylie beidseits mit Akrosynostosen ¼ Typ V: Daumenaplasie. und Gabelungstendenz rechts. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 197

a b Abb. 6.54 a u. b Oligosyndaktylie. Nach Trennung beider Finger und Drehosteotomie ist ein Spitzgriff möglich.

Therapie Grund- und Endglied. Die Sehnen müssen in einen richtigen Verlauf gebracht und zentriert werden. Zur Die Therapie der Fehlbildung wird entsprechend des Typs Sicherung der Sehnenlage werden Ringbänder aus ört- vorgenommen: lichen Strukturen rekonstruiert (Graham u. Louis ¼ Typ I bedarf in der Regel keiner Behandlung. 1998). Hypoplastische Sehnen können ersetzt werden ¼ Typ II: Zur Behandlung dieser Fehlbildung sind mehrere durch Verlagerung der Indicis-proprius-Sehne als Stre- Schritte erforderlich. cker und der oberflächlichen Beugesehne des Ringfin- – Beseitigung der Adduktionskontraktur: Syndakty- gers als Beuger (Manske 1997). Bei guter Funktion des lietrennung, Erweiterung der ersten Kommissur M. flexor pollicis brevis (FPB) und insbesondere bei zu durch Z-Plastik oder Schwenklappenplastik (s. Syn- kurzem Daumen empfiehlt sich die Arthrodese des daktylie), Myotomie bzw. Spaltung der fibrösen Endgelenks. Strukturen und Kapsulotomie des CM-Gelenks. ¼ Typ IIIB: Die meisten Autoren bevorzugen die Amputa- – Stabilisierung des Grundgelenkes: Rekonstruktion tion und den Ersatz durch die Pollizisation des Zeige- des ulnaren Seitenbandes mittels Sehnen oder Fas- fingers. Die Rekonstruktion des Daumens ist relativ ziestreifen. Wird die oberflächliche Beugesehne des aufwendig und mit Komplikationen behaftet. Insbeson- Ringfingers für die Opponensplastik verwendet, so dere japanische Autoren berichten über gute Ergebnis- kann ein Zügel zum Seitenbandersatz herangezogen se (Nishjima u. Mitarb. 1995, Shibata 2000). In der ers- werden. Bei extremer Instabilität kommt die Arthro- ten Sitzung erfolgt die Erweiterung der ersten Kommis- dese in Betracht, wobei die Epiphysenfugen ge- sur, Opponensplastik durch Verlagerung des M. ab- schont werden sollen (Kowalski u. Manske 1988, ductor digiti minimi mit einem Hautinsellappen. Ein Neviaser 1979). Silikonstab wird als Platzhalter für die spätere Rekons- – Opponensplastik: Entweder durch Verlagerung der truktion der Daumenbeugesehne eingelegt. 6 Monate oberflächlichen Beugesehne des Ringfingers oder später erfolgt die 2. Sitzung: Transplantation des PIP- durch Transfer des M. abductor digiti minimi (OP oder MP-Gelenks der 2. Zehe mit dem dazugehörigen nach Huber 1921). Die Sehnenverlagerung bringt Anteil der Streckaponeurose mit mikrochirurgischem mehr Kraft, während der verlagerte Muskel mehr Gefäßanschluss. Die oberflächliche Beugesehne des Füllungsmasse für den Daumenballen bringt (Mans- Ringfingers wird als Beuger und vom Mittelfinger als ke u. McCarroll jr. 1978). Strecker zum Daumen verlagert. Die Sehne des M. ab- ¼ Typ IIIA: Zusätzlich zu den in Typ II angezeigten Maß- ductor pollicis longus (APL) wird mit der Zehenstreck- nahmen kommen in diesem Falle Eingriffe zur Korrek- sehne vernäht. Nach 4 Wochen erfolgt die Materialent- tur der langen Beuge- und Strecksehnen dazu. Die nahme und Krankengymnastik. Die Wachstumsfuge Sehne des FPL verläuft radialseitig, ist hypoplastisch des Zehengrundgliedes sorgt für Weiterwachstum des und kann gespalten sein, mit mehreren Ansätzen am Daumens. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

198 6 Angeborene Fehlbildungen

Als Alternative zur Gelenktransplantation kommt die Verlängerung des 1. MHK in Betracht, vorausgesetzt das 1. Os metacarpale weist eine ausreichende Länge nach. Nachteilig ist das Fehlen einer Gelenkverbindung zum Karpus und die Notwendigkeit die Verlängerung zu wiederholen. ¼ Typ IV und V: Versuche des Aufbaus eines Daumenan- hängsels haben weder die ästhetischen noch die funk- tionellen Erwartungen erfüllt. Die Therapie der Wahl ist die Pollizisation. In der Regel wird dazu der Zeige- finger verwendet. Es können aber auch andere Finger dafür genommen werden. Die Pollizisation wurde zu einer sicheren und wertvollen Methode entwickelt. Die Pollizisation basiert auf dem Verfahren von Hilgen- IIIfeld (1950), Gosset (1949) sowie Littler (1953) und wurde von Buck-Gramcko (1968, 1971) verfeinert. Der Zeigefinger wird mit einem neurovaskulären Stiel ver- lagert und durch Muskelplastik stabilisiert. Die Sensi- bilität bleibt erhalten. Ein Daumenballen und die erste Kommissur werden gebildet und dadurch ist die Form und die Funktion des neuen Daumens wiederherge- stellt. Die einzelnen Schritte der Operation sind bei Blauth (1967) genau beschrieben. Die Schnittführung ermöglicht die Bildung einer breiten Kommissur ohne Hauttransplantation (Abb. 6.56 a-c). Die beugeseitigen Gefäß-Nerven-Bündel werden bis zur Hohlhand freige- ABlegt. Die Gefäße zur radialen Seite des Mittelfingers werden ligiert und durchtrennt. Der gemeinsame Nerv III wird längs gespalten. Der Metakarpalknochen wird ge- kürzt und mit dem Karpus in Abduktions- und Oppo- sitionsstellung verbunden. Das Metakarpalgelenk wird zum neuen Daumensattelgelenk. Um spätere Überstre- ckung zu verhindern, soll das Köpfchen in Flexionsstel- lung fixiert werden. Die wichtige Muskelstabilisierung erfolgt duch Verkürzung der Sehne des M. extensor in- dicis (EI), Fixation der ED-Sehne an der Basis des neuen Mittelhandknochens als Abductor pollicis longus. Der M. interosseus dorsalis I wird mit dem radialen Seiten- zügel vernäht und übernimmt die Opponensfunktion. Der M. interosseus palmaris I wird mit dem ulnaren Seitenzügel der Strecksehne vernäht und wird zum Ad- duktor des neuen Daumens. Postoperativerfolgt die Ruhigstellung zunächst in einer Gipsschiene zur Beob- IV V achtung der Durchblutung. Nach Entfernung der Drai- nagen wird ein geschlossener Unterarmgips evtl. unter Abb. 6.55 Klassifikation der Daumenhypoplasie nach Blauth- Korrektur der Daumenposition angelegt. Nach 3 –4 Manske. Wochen Freigabe und Krankengymnastik mit Greif- übungen (Abb. 6.57 a – d). Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 199

Abb. 6.56 a–c Pollizisation des Zeigefingers: Schnittführung nach Blauth (a), Teilresektion des MHK (b), Muskelstabilisierung (c).

a

b

c

2 Kirchner-Dracht b

a

M. interosseus 3 palm. M. ext. indic. propr. M. ext. dig. M. interosseus comm. dorsalis

Reste der Daumen- ballenmuskulatur M. ext. poll. brev. M. ext. poll. long. 1 Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

200 6 Angeborene Fehlbildungen

Abb. 6.57a–d Daumenhypoplasie beid- seits: rechts Typ IV und links Typ I (a u. b). Zustand nach Pollizisation des Zeigefingers rechts (c u. d).

Fortsetzung ᭤

a

b

Komplikationen Ergebnisse

Sie sind bei vorsichtigem Vorgehen selten. In erster Linie Das funktionelle und ästhetische Ergebnis hängt in erster kommt die Teilnekrose des Hautlappens vor. Linie von der Beschaffenheit des Zeigefingers und dem Weitere Komplikationen sind: Nekrose des Metakarpal- Vorliegen von weiteren Fehlbildungen ab. Wird die Opera- köpfchens, Lähmung des M. interosseus und Funktionsstö- tion im Frühkindesalter durchgeführt, so passen sich Kno- rung der Beuge- oder Strecksehne. chen und Muskel an. Der pollizisierte Zeigefinger ent- wickelt sich zu einem kräftigen Daumen. Nachoperationen können bei Klumphänden erforderlich werden, vor allem Opponensplastik oder Stellungskorrektur (Buck-Gramcko 1998). Von anderen Autoren wird die Transplantation der 2. Zehe (Nyarady u. Mitarb. 1983) oder der Großzehe (O’Brien u. Mitarb. 1978) empfohlen. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 201

Abb. 6.57 c u. d

c

d

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Mitarb. 19-A: 973 – 976 2000). Es gelang kürzlich das Gen für die Daumendrei- Tuch, B.A. u. Mitarb. (1977): A review of supernumerary thumb gliedrigkeit bei betroffenen Familienstämmen auf Chro- and its surgical management. Clin Orthop 125: 159 –167 mosom 7q zu lokalisieren. Kopplungsversuche zeigten Turek, S. L. (1967): Orthopedic principles and their application. Lippincott, Philadelphia Kupplung mit unterschiedlichen Markern auf dem Chro- Wassel, H.D. (1969): The results of surgery for polydactyly of the mosom 7 q36 (Radhakrishna u. Mitarb. 1996, Balci u. Mit- thumb. Clin Orthop 64: 175–193 arb. 1999, Kantaputra u. Chalidapong 2000, Dobbs u. Mit- Wood, V.E. (1971): Treatment of central polydactyly. Clin Orthop arb. 2000). Andererseits wurde eine deutliche Häufung 74: 196 –205 dieser Deformität im Rahmen der Thalidomid-Embryo- Wood, V.E. (1978): Polydactyly and the triphalangeal thumb. J pathie beobachtet, wenn die Einnahme des Medikaments Hand Surg 3: 436 –444 Woolf, C.M., N.C. 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Proc Natt Acad Sci drom und bestimmte Anämieformen (Qazi u. Kassner USA 94: 13695 – 13700 1988). Es wird angenommen, dass der Gendefekt auch Zimmer, E.Z., M. Bronshtein (2000): Fetal polydactyly diagnosis für begleitende Herzfehler verantwortlich ist (Lenz u. Mit- during early pregnancy: clinical applications. Am J Obstet Gy- arb. 1964). necol 183: 755 –758 Zugricas, J. u. Mitarb. (1999): Clinical and genetic studies on 12 preaxial polydactyly families and refinement of the localisation Pathogenese of the gene responsible to a 1.9 cM region on chromosome 7q36. J Med Genet 36: 32 –40 Die Diskussion über die Pathogenese ist noch nicht abge- schlossen. Für die Form mit dem vollständigen Mittelglied (Fünffingerhand, Dolichophalangie) wird eine Verdoppe- lung des Zeigefingers bei Daumenaplasie angenommen Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

204 6 Angeborene Fehlbildungen

Abb. 6.58 Pathogenese der Dau- Defekt mendreigliedrigkeit von brachyme- sophalanger Form (Ogino 1994).

Interposition

Fusion

(Joachimsthal 1900, Hopf 1959). Die Studie über den Haut- Die Klassifikation nach Cocchi (1952) teilt in 2 Formen ein, linienverlauf der Daumenbeere unterstützt diese Theorie diese Klassifikation wird auch von Swanson u. Brown (Shiono u. Ogino 1984). Auch für die brachymesophalange (1962) verwendet: Form wird eine unvollständige Doppelanlage des Daumen- ¼ Brachymesophalange Form: keilförmige Mittelpha- endgliedes mit Teilfusion diskutiert (Ogino u. Mitarb. lanx, Daumen oppositionsfähig, 1994) (Abb. 6.58). Eine weitere Erklärung gibt die Assimi- ¼ Dolichophalange Form: Fünffingerhand, keine Opposi- lationshypothese von Pfitzner (1898). tionsfähigkeit. Das Os metacarpale I zeigt bei der Daumendreiglied- rigkeit meistens Doppelepiphysen und abnorme Länge. Grobelnik (1951) unterscheidet ebenfalls 2 Typen: Das Auftreten überzähliger Epiphysen ist nicht zwangsläu- ¼ oppositionsfähig, fig mit Überschussformen in der Längendifferenzierung ¼ oppositionsunfähig. verbunden (Wood u. Mitarb. 1994). Erst das Vorliegen einer kernhaltigen Epiphyse mit verlängertem Strahlen- Diese Einteilung wird heutzutage auch verwendet (Ogino segment entspricht nach Müller (1937) der Plusvariante. u. Mitarb. 1994). Die Atrophie der Daumenballenmuskulatur nimmt mit der Länge des Mittelgliedes zu. Selbst bei der extremen Form, Die Klassifikation nach Wood (1976) basiert auf die Eintei- der Dolichophalangie, konnten Überreste der Thenarmus- lung von Hilgenreiner (1907): kulatur gefunden werden (Koebke 1980). Mit Verlaufsano- ¼ Deltaphalanx: Schaltknochen zwischen Grund- und malien der Nerven und Gefäße muss gerechnet werden. Endglied, ¼ viereckige Phalanx: rudimentäre Mittelphalanx, ¼ Epidemiologie vollständige Mittelphalanx: Fünffingerhand.

Die Häufigkeit des Auftretens eines dreigliedrigen Dau- Klassifikation nach Buck-Gramcko (1998) (Abb. 6.59): mens beträgt nach Flatt (1977) 1:25 000. Die brachyme- ¼ Typ I: rudimentäre Dreigliedrigkeit = kleiner dreiecki- sophalange Form tritt oft unilateral auf, während die Do- ger Schaltknochen ohne Gelenkverbindung zum End- lichophalangie mehr doppelseitig vorkommt (Buck-Gram- glied, cko 1998). ¼ Typ II: kurze dreieckige Mittelphalanx = brachymeso- phalangeale Form, ¼ Klassifikation Typ III: trapezoidförmige Mittelphalanx = intermediate Form, Für die metrischen Überschussformen stellte Müller ¼ Typ IV: rechteckige mittellange Phalanx = dolichopha- (1937) eine teratologische Reihe auf, sie reicht von einer langeale Form, kleinen dreieckigen bis zur vollständigen Mittelphalanx. ¼ Typ V: hypoplastischer dreigliedriger Daumen, Folgende Einteilungen sind in der Literatur gebräuch- ¼ Typ VI: dreigliedriger Daumen mit/ohne Polydaktylie. lich: Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 205

Abb. 6.59 Klassifikation der Drei- gliedrigkeit des Daumens nach Buck-Gramcko (1998).

I II III IV V VI

Diagnostik

Klinische Diagnostik

Beim Daumen mit kurzer dreieck- oder trapezoidförmiger Mittelphalanx erscheint das Endglied verlängert und zeigt eine ulnare Deviation, ansonsten ist der Daumen frei be- weglich. Mit zunehmender Ausprägung der Mittelphalanx verliert der Daumen seinen Charakter zum normalen Fin- ger, er wird schmäler und länger, hat zwei Interphalange- algelenke mit Beugefalten, weist eine zunehmende Atro- phie der Thenarmuskulatur auf und verliert die Opponier- barkeit (Abb. 6.60a u. b). Der Daumen steht im Niveau der anderen Langfinger und die 1. Kommissur ist verengt und nach distal verschoben. a Bildgebende Diagnostik Die Röntgenaufnahme zeigt die Größe und Form der Mit- telphalanx. Bei brachymesophalanger Form zeigt die a.-p. Aufnahme oft eine verschmolzene Verdopplung des End- gliedes mit einem kleinen Hohlraum. Bei dolichopha- langer Form ist der 1. MHK verlängert und zeigt meistens Doppelepiphysen, gelegentlich ist die proximale nur als Pseudoepiphyse angelegt, die Mittelphalanx scheint regel- recht mit selbständig ossifizierender Epiphyse. Ein Sattel- gelenk ist nicht angelegt, die radialen Handwurzelkno- chen sind hypoplastisch oder können fehlen.

Differenzialdiagnose b

Daumenhypoplasie mit Dreigliedrigkeit (Typ V nach Buck- Abb. 6.60 a u. b Dolichophalangie beidseits. Gramcko) kommt vor allem im Bereich des longitudinalen Radiusdefektes mit radialer Klumphand vor. Der Daumen ist in diesem Fall kurz, hypoplastisch und funktionslos, die miger oder viereckiger Phalanx fällt kaum auf und beein- Gelenke sind instabil mit partieller oder totaler Syndakty- trächtigt die Handfunktion nicht (Zguricas u. Mitarb. lie mit dem Zeigefinger. 1998). Bei Brachymesophalangie mit auffälliger Deviation Therapie kommen folgende Eingriffe in Betracht: ¼ Arthrodese des Endgelenks unter Entnahme eines Kei- Die leichten Fälle bedürfen keiner Behandlung. Ein kleiner les, dreieckiger Schaltknochen mit ulnarer Deviation kann ¼ Korrekturosteotomie des Mittel- oder Grundgliedes, bei Kleinkindern bis zum 6. Lebensjahr entfernt werden, ¼ Vertiefung der 1. Kommissur mit Ablösung der Mm in- die Gelenkflächen passen sich problemlos an (Cotta u. terosseus dorsalis I und adductor pollicis (s. Syndakty- Jäger 1965, Miura 1976). Der lange Daumen mit trapezför- lie), Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

206 6 Angeborene Fehlbildungen

a b Abb. 6.61a u. b Beidseits dreigliedriger Daumen: rechts mit dreieckigem Schaltknochen, links dolichophalageale Form (a). Zustand nach Pollizisation des dreigliedrigen Daumens links (b).

¼ Verkürzung und Rotation der 1. MHK in Oppositions- (1966) bevorzugt, konnte sich aber nicht durchsetzen. Die stellung (Jennings u. Mitarb. 1992). Bei Bestimmung Anomalie wird in der Literatur unter Brachydaktylie er- der Metakarpuslänge wird das Verhältnis zu den Pha- fasst und wird von Bell (1951) als Typ C bezeichnet. langen und zu den anderen Fingern berücksichtigt (Zguricas u. Mitarb. 1997). Ätiologie

Bei der Dolichophalangie ist die Handfunktion stark be- Bei dieser Plusvariante ist der autosomal-dominante Erb- einträchtigt, da funktionell der Daumen fehlt (Fünffinger- gang nachgewiesen. Gunal u. Mitarb. (1996) berichten hand). Die Pollizisation des radialen Fingers ist angezeigt über 42 Fälle in 6 Generationen einer Familie. Diese Fehl- (Abb. 6.61 a u. b). Wenn der M. interosseus auf der radia- bildung trat bei beiden Geschlechter gleich auf. len Seite fehlt, so kann die überflüssig gewordene ober- flächliche Beugesehne für die Opponensplastik verwendet Pathogenese werden. Ein hypoplastischer dreigliedriger Daumen ist in der Der Ersatz einer kernlosen Epiphyse durch eine kernhalti- Regel funktionslos. In solchen Fällen empfiehlt sich die ge oder Pseudoepiphyse entspricht nach Müller (1937) der Amputation und die Pollizisation des Zeigefingers (s. Dau- Plusvariante. Pol (1921) spricht von einer sekundären Epi- menhypoplasie Typ IIIA u. B). physe an der Basis der primären proximalen Epiphyse der Grundphalanx. Die zusätzliche proximal gelegene Phalanx Komplikationen ist meist dreieck- oder trapezförmig, die Mittelphalanx sämtlicher Finger ist verkürzt (Brachymesophalangie). So- Bei Entfernung eines relativgroßen Mittelgliedes und bei wohl die zusätzliche Phalanx als auch die Mittelphalanx älteren Kindern bleibt das Gelenk instabil. Die Komplika- des benachbarten Fingers können als Deltaknochen er- tionen bei Pollizisation sind bereits beschrieben. scheinen. Im Laufe der Zeit kommt es zur Fusion der 2 proximalen Phalangen. Folgende begleitende Anomalien werden beobachtet: Hyperphalangie der Finger ¼ an derselben Hand: Klinodaktylie, insbesondere des Kleinfingers und Brachymetakarpie, vor allem des Hyperphalangismus ist eine seltene angeborene Anomalie 1. Strahles, mit einem zusätzlichen Fingerglied zwischen den Pha- ¼ am Fuß: Klumpfuß und Brachyphalangie sowie Hüft- langen eines Fingers (Wood u. Flatt 1977). Die Erst- dysplasie (Gunal u. Mitarb. 1996). beschreibung stammt von Le Boucq (1896). Da die Hyper- phalangie mit einer Verkürzung des betroffenen Fingers Die Hyperphalangie ist ein Bestandteil des Catel-Manske- auftritt, bezeichnete Pol (1921) diese Fehlbildung als Bra- Syndroms (Bernd u. Mitarb. 1990) (Abb. 6.62a u. b). chyhyperphalangismus. Diese Bezeichnung wurde auch von Schinz (1943) verwendet und von Hai-Lan u. Mitarb. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 207

a b Abb. 6.62 a u. b Hyperphalangie des Zeigefingers bei Catel-Manske-Syndrom.

Epidemiologie Bildgebende Diagnostik

Die Hyperphalangie ist sehr selten. Bis 1996 umfasst die Die a.-p. Aufnahme der Hand zeigt die typischen Verände- Literatur etwa 100 Fälle und 16 weitere Fälle des Catel- rungen: vier Phalangen des Zeige- und Mittelfingers, Manske-Syndroms. wobei der gesamte Finger so lang wie der Daumen ist. Die proximale Phalanx ist dreieckig oder trapezförmig, Klassifikation der Gelenkspalt des MP-Gelenks verläuft schräg und der Finger zeigt eine ulnare Deviation. Verkürzung und Ver- Pol (1914) unterscheidet 3 Grade der Segmentation: formung des 1. MHK. Vorliegen von Deltaknochen mit ab- ¼ Grad I: latente Hyperphalangie: die radiale Seite der normer Epiphyse. Bei älteren Kindern können die 2 pro- Basis der proximalen Phalanx ist verdickt, ximalen Phalangen fusioniert sein. Die Mittelphalanx ist ¼ Grad II: rudimentäre Hyperphalangie mit inkompletter verkürzt, manchmal bis zu einer Scheibe. Die frühzeitige Separation (Pseudoepiphyse), Fusion der Phalangen und die geringe Funktionsstörung ¼ Grad III: komplette Hyperphalangie. sind wahrscheinlich Grund für die scheinbare Seltenheit dieser Fehlbildung. Diagnostik Differenzialdiagnose Klinische Diagnostik Verkürzung des Zeige- und Mittelfingers mit ulnarer De- Die Abgrenzung von der Brachydaktylie ist möglich, wenn viation. Ebenso können Daumen und Kleinfinger verkürzt alle weiteren Merkmale außer der Fingerverkürzung vor- sein. Nur der Ringfinger ist normal lang. Klinodaktylie des handen sind. Kleinfingers. Bewegungseinschränkung der IP-Gelenke des Zeige- und Mittelfingers. Eine zusätzliche Beugefalte kann Therapie auf der Beugeseite des Mittelfingers erscheinen. Der Zei- gefinger kann über den Mittelfinger reiten. Typisch ist der Eine Korrekturosteotomie ist aus ästhetischen und funk- bilaterale Befall. tionellen Gründen angezeigt, wenn die ulnare Deviation zu stark ist und der Zeigefinger über den Mittelfinger rei- tet. Wegen der Fingerverkürzung wird die Aufrichtungs- osteotomie der zusätzlichen Phalanx mit Knochentrans- plantat (Buck-Gramcko 1998) angeraten. Mit dieser Me- Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

208 6 Angeborene Fehlbildungen

thode hat Wood (1999) schlechte Erfahrungen gemacht, daktylie, Spalthand, Synostosen und Syndaktylie (s. Sym- deshalb empfiehlt er die geschlossene Osteotomie mit Kei- brachydaktylie). lentnahme. Neben isoliertem Auftreten sind Brachydaktylien ein Weitere Eingriffe sind: häufiges Begleitsymptom bei einer Vielzahl von Syndro- ¼ Verlängerungsosteotomie des 1. MHK, men. Eine wesentliche Bedeutung haben Down-, Rubin- ¼ Verkürzung des Grundgliedes D IV oder Epiphysiodese. stein-, Taybi-, Turner- und Holt-Oram-Syndrom sowie en- chondrale Dysostosen, Pseudohypoparathyroidismus, Hy- pochondroplasie, Mucopolysacharidose und Morbus Ol- Brachydaktylien lier. Zusammenstellung sind bei Gupta u. Scheker (2000) zu finden. Definition Pathogenese Selektiver Minderwuchs eines Strahlenelementes an einem oder mehreren Fingern. Erste Publikation und Na- Die Brachydaktylie entsteht durch eine mangelhafte Anla- mensgebung geht auf LeBoucq (1896) zurück. ge der Knorpelkerne oder degenerative Ausdifferenzierung Bei der Brachyphalangie wird die Lokalisation der Ver- (Grüneberg u. Lee 1973). Die Disposition der Segmente kürzung folgendermaßen bezeichnet: Brachytelopha- eines Strahles zur Verkürzung ist um so größer, je später langie, Brachymesophalangie und Brachybasophalangie in der Embryonalzeit ihre enchondrale Ossifikation eintritt für die Verkürzung der End-, Mittel- und Grundphalanx (Fürst 1900). Primäre Ossifikationszentren treten an den (Abb. 6.63 a u. b) und Brachymetakarpie für die Verkür- Strahlenabschnitten in der zeitlichen Reihefolge: Endpha- zung des MHK. langen, Metakarpalia, Grundphalangen und Mittelpha- Die Brachydaktylie ist ein Sammelbegriff für die Kurz- langen auf. Deshalb sind die Mittelphalangen am häufigs- fingrigkeit unterschiedlicher Genese und Morphologie. ten betroffen. Die betroffene Phalanx ist verkürzt und zeigt keine Epiphyse, sie ist verformt, erscheint viereckig Ätiologie oder trapezförmig mit Deviation des Fingers zum zentra- len Strahl (Klinodaktylie). Die Phalanx kann als Deltakno- Brachydaktylien treten genetisch als fixierte, autosomal- chen mit einer bogenförmigen längsverlaufenden Epiphy- dominante Formen mit wechselnden Formenvarianten senfuge erscheinen. auf (Farabee 1903, Bell 1951). Bei der Brachydaktylie Typ B wurde eine Genmutation festgestellt, die auf dem Chro- Klassifikation mosom 9q22 lokalisiert ist (Oldridge u. Mitarb. 1999, Afzal u. Mitarb. 2000). Nach Schwabe u. Mitarb. (2000) handelt Bell (1951) untersuchte 1336 Patienten mit Brachydakty- es sich um eine Mutation des Tyrosinekinase-Rezep- lien in 124 Stammbäumen und stellte ihre Klassifikation torgens ROR2. Die Brachydaktylie kommt in Verbindung auf, die geringfügig von Temtamy und McKusick (1978) mit anderen Fehlbildungen derselben Hand vor, z. B. Poly- modifiziert wurde:

Abb. 6.63 a u. b Brachydaktylie DII–V (a) und DII (b).

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6.4 Fehlbildungen der Hand 209

¼ Typ A: Brachymesophalangie: Weitere Formen der Brachydaktylie, die aufgrund von As- – A1 (Farabee-Typ): Verkürzung der Mittelphalanx similationshypophalangie (Symphalangie) oder von Ver- II–V evtl. Fusion mit der distalen Phalanx. Verkür- mehrung der Einzelglieder (Brachypolyphalangie) entste- zung der Grundglieder des Daumens und der Groß- hen, werden in dieser Klassifikation nicht berücksichtigt. zehe, – A2 (Mohr-Wriedt-Typ): Verkürzung der Mittelpha- Diagnostik lanx DII, evtl. als Deltaphalanx, – A3 (Bauer-Typ): Verkürzung der Mittelphalanx DIV, Die Fingerverkürzung ist oft augenfällig, insbesondere in evtl. als Deltaphalanx (Klinodaktylie), Verbindung mit Achsabweichung. Bei ausgeprägten Fällen – A4 (Temtamy-Typ): Verkürzung der Mittelphalanx kann die Handfunktion gestört sein. Die Verkürzung des DII und DV evtl. DIV mit Klinodaktylie, Mittelhandknochens fällt beim Faustschluss auf. Nach – A5 (Bass Typ): Aplasie der Mittelphalanx DII–DV, weiteren Anomalien im Fußbereich sowie weiteren Symp- hypoplastische Fingernägel und Verdoppelung der tomen eines Syndroms muss gefahndet werden. Die a.-p. Endphalanx DI. Röntgenaufnahme zeigt die einzelnen Veränderungen. ¼ Typ B = Mackinder-Typ: Verkürzung der Mittelphalanx und Aplasie der Endphalanx DII–DV, hypoplastische Therapie oder fehlende Fingernägel, breites Daumenendglied (Kolbendaumen). Die Indikationen für eine operative Behandlung sind: ¼ Typ C = Drinkwater-Typ: Verkürzung der Mittelpha- ¼ Ästhetik: bei größerer Deformierung oder bei deutli- lanx DII und DIII evtl. mit Hyperphalangie und Klino- cher Verkürzung, daktylie. ¼ Funktion: bei starker Deviation. ¼ Typ D = Breitenbecher-Typ: Verkürzung der Mittelpha- lanx DV, evtl. als Deltaphalanx, Hyperphalangie DII und In Betracht kommt die Korrekturosteotomie der betreffen- DIII mit Deviation DII. den Phalanx oder die Verlängerungsosteotomie des Mittel- ¼ Typ E = Bell-Typ: Kurzes und breites Daumenendglied handknochens. Eine Verlängerung von etwa 1 cm kann mit Verkürzung eines oder mehrerer Mittelhand- und akut mit Knochentransplantat erfolgen, für eine längere Mittelfußknochen. Strecke ist die Kallusdistraktion angezeigt (Abb. 6.64 a u. ¼ Die Brachymetakarpie: b). Sie kommt bei zahlreichen Syndromen vor (Wood 1999). Das Os metacarpale IV ist am häufigsten betrof- fen und kann mit einer Brachybasophalangie am selben Strahl kombiniert sein.

Abb. 6.64 a u. b Brachymetakarpie (a). Verlängerung mittels Kallusdis- traktion (b).

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210 6 Angeborene Fehlbildungen

Symphalangie Epidemiologie

Synonyme Die Angaben über die Häufigkeit variieren von 0,3% von allen Fehlbildungen der oberen Extremitäten bei Flatt Assimilationshypophalangie, Biphalangie, Brachyhypo- (1977) bis 0,4% bei Ogino (1998). Die Symphalangie phalangie, Aplasie der Interphalangealgelenke, phalangea- kommt in erster Linie bei der weißen Rasse vor, weniger le Anarthrose, angeborene Ankylose, Orthodaktylie. bei Asiaten und selten bei Schwarzen. Die Mittelgelenke werden häufiger befallen als die Endgelenke, beide Ge- Definition schlechter werden gleich betroffen.

Angeborene Fusion von 2 Phalangen. Cushing (1916) ver- Klassifikation wendete diese Bezeichnung für die Aplasie des Mittelglie- des, sie wird aber auch für die angeborene Aplasie des Mestern (1934) unterscheidet 4 Stufen: End- und sogar des Grundgelenks verwendet. ¼ Gelenkhypoplasie 1. Grades: geringe Bewegungsein- schränkung. Röntgenbild: Gelenkspaltverschmälerung Ätiologie und Verbreiterung der Epiphyse (Abb. 6.65a), ¼ Gelenkhypoplasie 2. Grades: fibröse Steife (Syndesmo- Die Anomalie kommt als isolierte Erscheinung sowohl se), sporadisch als auch familiär gehäuft mit autosomaler Do- ¼ Gelenkhypoplasie 3. Grades: knöcherne Überbrückung minanz vor (Drinkwater 1917, Bell 1951, Moumoumi u. (Phalanxsynostose) (Abb. 6.65b), Mitarb. 1991, Castle u. Mitarb. 1993). Eine Genmutation, ¼ Gelenkaplasie: beide Phalangen bilden eine Einheit. lokalisiert auf dem Chromosom 17q21 –22, wurde bei der Symphalangie sowie den multiplen Synostosen identifi- Klassifikation nach Flatt und Wood (1975): ziert (Polymeropoulos u. Mitarb. 1995, Krakow u. Mitarb. 1. echte Symphalangie, 1998). Gong u Mitarb. (1999) konnten den Mechanismus 2. Symbrachydaktylie, der genetischen Störung genauer analysieren, sie fanden in 3. Symphalangie und Syndaktylie. beiden Krankheiten Mutationen des Noggin-Proteins, das bestimmte Knochenwachstumsfaktoren antagonisiert. Die Symphalangie kommt bei nicht erblichen Anomalien vor, z.B. Symbrachydaktylie, Apert- sowie Poland-Syndrom und in Kombination mit Brachydaktylie, Syn- und Poly- daktylie, Synostosen der Hand- und Fußwurzelknochen, radioulnaren und humeroulnaren Synostosen, angebore- ner Radiuskopfluxation sowie Taubheit infolge Stapes- Synostose.

Pathogenese

Eine Differenzierungsstörung wird angenommen, daher auch die enge Beziehung zu anderen Segmentierungsstö- rungen des Skleroblastems (multiple Synostosen). Sistie- ren nach vorausgegangener Ausbildung intermediärer Querstreifen, die den embryonalen Gelenkanlagen ent- sprechen, die Differenzierungsprozesse für die Ausbildung von Gelenkkapseln, Bändern und Sehnen, aber auch die Spaltungsprozesse, dann entwickelt sich eine Hypo- bzw. Aplasie der Fingergelenke. Fischel (1909) fand bei Fingern ohne Mittelgelenk die oberflächliche Beugesehne an der Mittel- und Grundphalanx angeheftet. Andere Autoren ab führen die Fusion auf mangelhafte Bewegung in der em- Abb. 6.65 a u. b Gelenkhypoplasie: 1. Grades (a) und 3. Grades bryonalen Phase zurück (Blechschmidt u. Petersen 1967, (b). Steinberg u. Reynolds 1948, Drachmann 1969). Die geringe Disposition des radialen Strahles wird auf dessen frühe Entwicklung zurückgeführt. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 211

Die operierten Fälle sind gering und Spätergebnisse fehlen. Diagnostik Wir haben schlechte Erfahrung mit der Koriumplastik. Es Klinische Diagnostik ist zu bedenken, dass die Beuge- und/oder Strecksehne oft fehlgebildet ist. Die Anomalie erscheint oft beidseitig und symmetrisch. Das Mittelgelenk ist in Streckstellung versteift, der Finger ist hypoplastisch und die beuge- und streckseitigen Ge- Klinodaktylie lenkfalten in der Haut fehlen. Der Faustschluss ist nicht möglich, obwohl die benachbarten Gelenke hypermobil Definition sind. Die seltene distale Symphalangie betrifft in überwie- gender Linie den Klein- und Zeigefinger. Seitliche Abwinklung eines Fingers oder des Daumens. Erstbeschreiber ist Tamplin im Jahre 1846. Am häufigsten Bildgebende Diagnostik ist der Kleinfinger betroffen, mit radialer Deviation im Mit- Im Kindesalter kann ein Gelenkspalt röntgenologisch telgelenk. Der Daumen weicht im Grundgelenk nach radial sichtbar sein, die Epiphyse ist verbreitert, der Gelenkspalt und bei Dreigliedrigkeit im Endgelenk nach ulnar ab. verschmälert und verformt. Bei Gelenkaplasie erscheint nur eine verlängerte Phalanx anstelle von zwei. Bei Assi- Ätiologie milationshypophalangie lassen beide Segmente – selbst bei knöcherner Verschmelzung – Hinweise auf den ur- Die Kleinfingerklinodaktylie ist eine familiäre Anomalie sprünglichen Gelenkspaltbereich erkennen. Die Synosto- mit autosomal-dominantem Erbgang und variabler Ex- sierung hypoplastischer Gelenke entwickelt sich im Laufe pression (Hersh u. Mitarb. 1953, McKusick 1968, Pozanski des Wachstums. u. Mitarb. 1969). Sie tritt bilateral auf. Folgende Typen wurden differenziert: Als Begründung für das häufige Auftreten an der Mit- ¼ Typ Cushing: häufigste Form, Fusion der PIP-Gelenke, telphalanx wird angegeben, dass sie zuletzt verknöchert evtl. Synostose der Hand- und Fußwurzelknochen, (Flatt 1977). Die anderen Klinodaktylieformen treten iso- ¼ Typ Drey: DIP II und V sind steif mit Hypo- oder Apla- liert, aber meist als Teil vieler Syndrome auf, z. B. die ra- sie der Nägel, diale Abwinklung des Daumens beim Apert-Syndrom oder ¼ Typ Kirmisson: Aplasie der Endglieder und Fingernägel die ulnare Deviation bei Dreigliedrigkeit und die ulnare aller Finger, Fusion des Mittelgelenks und instabiles Abwinkelung des Zeigefingers bei der Hyperphalangie im Grundgelenk, massive Ankylose der Fußwurzel mit Va- Catel-Manske-Syndrom. Weitere Syndrome mit Klinodak- russtellung, tylie sind: Down-, Turner-, Trisomie-18-, Holt-Oram-, Car- ¼ Typ Fuhrmann: Symphalangie mit radioulnarer, karpa- penter- und Poland-Syndrom. Die Klinodaktylie kommt ler, tarsaler Synostose, Brachymetakarpie, Brachytelo- bei zahlreichen Handfehlbildungen vor, z.B. bei Polydak- phalangie und Brachymesophalangie, tylie, Spalthand, Syndaktylie und multiplen Synostosen. ¼ WL-Symphalangie-Brachydaktylie-Syndrom: proxi- Mehrere Deltaknochen können bei komplexer Fehlbildung male oder distale Symphalangie mit Schwerhörigkeit, an einer Hand vorkommen. breiter Nase und Klumpfüßen. Pathogenese Therapie Die betroffene Mittelphalanx V ist verkürzt und trapezför- Die funktionelle Beeinträchtigung ist in der Regel sehr mig (Brachymesophalangie). Die abgeschrägte Gelenkflä- gering, so dass eine operative Behandlung kaum indiziert che führt zu der Fehlstellung (Abb. 6.66a u. b). Eine wei- ist (Flatt u. Wood 1975). Bei der proximalen Symphalangie tere Ursache, insbesondere im Bereich des Daumens, ist kommt im Kindesalter die Interpositionsarthroplastik in das Vorliegen einer „Deltaphalanx“ (Abb. 6.66c u. d). Betracht: Das Grundgliedköpfchen wird geformt und an- Die Bezeichnung stammt von Jones (1964) und beschreibt schließend entweder mit Korium oder Faszie bzw. Rippen- eine dreieckige Phalanx mit einer bogenförmigen längs- knorpel umhüllt, oder es wird die freie Transplantation gerichteten Epiphyse. Die klammerartige Epiphyse verbin- eines Zehengelenks mit mikrochirurgischem Gefäß- det beide Gelenkanteile miteinander (Theander u. Carstam anschluss durchgeführt (Tsai u. Mitarb. 1982, Shibata 1974). Der betroffene Knochen ist deutlich verkürzt, und 2000). die Epiphysenfuge findet sich auf der konvexen Seite. Die Im Erwachsenenalter: Grundphalanx ist am meisten betroffen (Watson u. Boyes ¼ Umstellungsosteotomie und Fixation in leichter Beuge- 1967), aber auch die Mittelhandknochen (Cotta u. Jäger stellung, 1965). Watson u. Boyes (1967) sowie Ogino u. Mitarb. ¼ Arthroplastik: Silikonprothese (Palmieri 1980). (1994) sehen in der Deltaphalanx eine Vorstufe der Poly- daktylie. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

212 6 Angeborene Fehlbildungen

Abb. 6.66 a–d Klinodaktylie des Kleinfingers mit trapezförmigem Mittelglied (a u. b). Klinodaktylie des Daumens mit Deltaphalanx sowie Hyperphalangie D II und III (c u. d).

a b

c d

Epidemiologie Therapie

Die Häufigkeit der Klinodaktylie schwankt in der Literatur Schienenbehandlung ist nicht erfolgversprechend. Die OP- zwischen 1,5% (Rogala u. Mitarb. 1974) und 19,5% (Flatt Indikation ist bei starker Abwinklung gegeben. 1977). Wood u. Flatt (1977), fanden Deltaknochen bei 3,5% Folgende Eingriffe kommen in Betracht (Abb. 6.67a-d): der Patienten mit Fehlbildungen der oberen Extremitäten. ¼ Die Korrekturosteotomie unter Keilentnahme ist ein einfaches und sicheres Verfahren, die Fixation erfolgt Diagnostik anschließend mit einem oder zwei K-Drähten. Voraus- setzung dafür ist eine ausreichende Länge der Mittel- Die Fehlbildung ist augenfällig. Eine Abwinklung bis 10° phalanx. wird als normal betrachtet (Dudding u. Mitarb. 1967). Die ¼ Verlängerungsosteotomie: akut mit Knochentrans- Lokalisation und Pathogenese der Abwinkelung sowie die plantat (Carstam u. Theander 1975, Light u. Ogden begleitenden Veränderungen können radiologisch auf 1981), relativaufwendiges Vorgehen, da zusätzlich zur einer a.-p. Aufnahme identifiziert werden. Als Differenzial- Knochenentnahme eine Verlängerung der Weichteilde- diagnosen sind Fälle der Wachstumsstörung infolge von cke notwendig ist. Diese kann mittels Z-Plastik, herzför- Trauma, Vernarbung oder Gelenkentzündung abzugren- migem (Cerqueiro-Mosquera 2000) oder gefäßgestiel- zen. tem Lappen (Evans u. James 1992) bewältigt werden. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 213

Abb. 6.67a–d Korrekturmöglich- ab ckeiten der Delta-Phalanx: Keilent- nahme (a), Keilinterposition (b), Kombination beider Methoden (c), Resektion der Brücke und Fettinter- position (d).

d

¼ Eine Kombination beider Verfahren ist möglich: Die Metakarpale Synostosen Keilentnahme erfolgt auf der konvexen Seite und wird als Transplantat auf der konkaven Seite wieder einge- Definition setzt. ¼ Teilresektion der Epiphysenfuge und Fettinterpositi- Verschmelzung von 2 benachbarten Mittelhandknochen, on, um eine spontane Korrektur durch das Weiter- die unterschiedliche Ausdehnung aufweist. Erstbeschrei- wachstum zu erlangen (Vickers 1987). bung mit Zeichnung stammt von Seerig im Jahre 1827. ¼ Bei Daumendreigliedrigkeit kann ein kleiner dreiecki- ger Knochen reseziert werden. Bei Schrägstellung der Synonyme Gelenkfläche der Endphalanx ist die Arthrodese des Endgelenks angezeigt (Abb. 6.68) Syndaktylie Typ V, Aplasie des 5. Metakarapale.

Ätiologie

Nach der teratologischen Reihe von Müller (1937) für Operative Behandlung der Klinodaktylie Rück- und Überschussbildung der Fingerstrahlen stellt die Synostosis metacarpi die leichteste Form der Oligodak- tylie dar (Habighorst u. Albers 1965, Schneider-Sickert u. Brachymeso- Deltaknochen dreigliedriger Blauth 1977). Andere Autoren betrachten diese Anomalie phalangie Daumen als leichte Form des longitudinalen Ulnadefektes (Ogino u. Mitarb. 1978). Sie tritt meist sporadisch auf. Familiäres Keilosteotomie – Teilresektion der – Exstirpation Vorkommen ist aber auch bekannt (Habighorst u. Albers Epiphyse – Arthrodese – offene 1965) mit überwiegendem Befall des männlichen Ge- Korrekturosteotomie schlechtes (Holmes u. Mitarb. 1972) sowie mit autosomal- – Keilresektion dominantem Erbgang (Temtamy u. McKusick 1978). Die Anomalie kommt als alleinige Veränderung, aber häufiger Abb. 6.68 Übersicht zur operativen Behandlung im Rahmen von Handfehlbildungen und Syndromen vor, der Klinodaktylie. z.B. bei Syndaktylie, Apert-Syndrom, zentrale Polydakty- lie, Symbrachydaktylie, Oligodaktylie, ulnare Dysplasie, Brachymesophalangie, Spalthand und karpalen Synosto- sen. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

214 6 Angeborene Fehlbildungen

Pathogenese Klassifikation

Am häufigsten sind der 4. und 5. MHK betroffen, wesent- Die teratologische Reihe bei der mangelhaften Breitendif- lich seltener ist die radiale Lokalisation. Die Verschmel- ferenzierung schreitet von zentral nach peripher fort. Die- zung liegt proximal und kann sich nach distal ausdehnen ser Tatsache entsprechend ist die Klassifikation nach Buck- bis zur vollständigen Fusion. Mehrere Mittelhandknochen Gramcko u. Wood (1993) (Abb. 6.69): können verschmelzen. Die Ossa metacarpalia und Pha- Typ I: Fusion im Bereich des Basis-MHK, langen können verkürzt sein. Die Strecksehne kann eine Typ II: Fusion der proximalen Hälfte des MHK, entsprechende Gabelbildung zeigen. Der M. interosseus Typ III: Fusion mehr als der Hälfte, palmaris III kann fehlen oder hypoplastisch sein. Typ IIIA: mit separaten MP-Gelenken, Typ IIIB: mit gemeinsamen MP-Gelenk. Epidemiologie Diagnostik Die Angaben über die Häufigkeit schwanken von 1,75% (Buckwalter u. Mitarb. 1981) bis 7% (Ogino 1998). Bilateral Der Kleinfinger ist hypoplastisch, verkürzt und steht nach sind 60–80% der Fälle. ulnar abgewinkelt ab. Die Hypothenarmuskulatur ist atro- phisch. Die Beweglichkeit des Kleinfingers kann einge-

Abb. 6.69 a–d Metakarpale Sy- nostosen: Typ I mit dreigliedrigem Daumen und Symphalangie (a), Typ III A (b), Typ III B (c), Typ II (d).

a b

c d Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 215

schränkt sein. Bei Synostosen der mittleren MHK erscheint Folgende Eingriffe werden durchgeführt: der Zwischenfingerraum breit und bei Fusion des 1. und ¼ schräge Osteotomie des Blockes und des 5. MHK (Hoo- 2. MHK liegt der Daumen im Fingerniveau und die Abduk- per u. Lamb 1983), tion sowie Opposition sind aufgehoben. ¼ winkelförmige Osteotomie mit Abspreizung und Ver- längerung des 5. MHK mit Interposition eines kortiko- Therapie spongiösen Spans (Buck-Gramcko u. Wood 1993) (Abb. 6.70 a u. b), Der abstehende Finger kann stören und durch die Verkür- ¼ Spaltung der Synostose mit Interposition eines Silikon- zung kann eine vollkommene Funktionslosigkeit des blockes (Ueba u. Seto 1997), Kleinfingers entstehen. Ziel der Operation ist die Parallel- ¼ Winkelosteotomie und Kallusdistraktion (Horii u. Mit- stellung und die Verlängerung des Kleinfingers. arb. 1998) (Abb. 6.71).

Abb. 6.70 a u. b Metakar- pale Synostose vor (a) und nach der Trennung mit Endobon-Implantat (b).

a b

Abb. 6.71 Winkelosteo- tomie und Kallusdistraktion (Horii u. Mitarb. 1998).

Osteomie Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

216 6 Angeborene Fehlbildungen

Weitere flankierende Maßnahmen können erforderlich Versorgungsgebiet des N. medianus hervor und spricht sein, z.B. Ablösung des M. abductor digiti minimi, Sehnen- von „Nerve territory oriented macrodactyly“ (NTOM). verlagerung zum Ersatz der Strecksehne oder Rekonstruk- Histologische Untersuchungen zeigten eine Lipofibro- tion eines Seitenbands. matose der Nerven (Mikhail 1964, Ruppert u. Mitarb. Die operative Behandlung der Synostose des 1. und 1999) oder lipomatöses Hamartom (Emmett 1965). Der 2. MHK ist schwierig, weil sowohl das Sattelgelenk als Zusammenhang zwischen Makrodaktylie und Neurofibro- auch die Thenarmuskulatur fehlen. Drehosteotomie, Seh- matose wird immer betont (Brooks u. Lehman 1924, nenverlagerung und Lappenplastik zur Kommissurbildung Moore 1942). Edgerton u. Tuerk (1974) betrachten die Ma- können die Funktion verbessern. krodaktylie als eine Form der Fibromatose. Sicher trifft dieses für einen Teil der Fälle zu, aber nicht generell. Ergebnisse Ochi u. Mitarb. (1987) fanden im Bereich der Wachstums- fuge bei Makrodaktylie mehr Somatomedin-C-Rezeptoren Die Abduktionsstellung kann durch Lateralisation des als bei Polydaktylie. Somatomedin wird vom Wachstums- MHK sofort korrigiert werden, die Beweglichkeit des hormon synthetisiert und spielt eine Rolle bei Wachstum Kleinfingers bessert sich durch Wiederherstellung der Ba- und Differenzierung der Chondrozyten. lance der Intrinsic-Muskulatur. Pathogenese Komplikationen Die hyperplastische Veränderung betrifft in erster Linie Bewegungseinschränkung und Wachstumsstörung des den Knochen und das Fettgewebe. In vielen Fällen besteht Kleinfingers, auch aseptische Nekrose des Metakarpal- außerdem eine deutliche Verdickung und Verlängerung köpfchens wurden beobachtet. der palmaren Fingernerven und ihres gemeinsamen Ner- venstammes in der Hohlhand und sogar des N. medianus im Handgelenk. Histologische Untersuchungen zeigen Makrodaktylie eine Zunahme des endo- und perineuralen Bindegewebes, die Nervenfasern können dünn erscheinen mit schmaler Ein Sammelbegriff für Riesenwuchs der Finger und/oder Myelinscheide als Zeichen der Kompression (Moore 1942). Zehen mit unterschiedlicher Morphologie und Pathogene- Die Fingerarterie weist eine normale Wandstärke auf, hat se. Die Erstbeschreibung geht auf Klein (1824) zurück. aber ein erweitertes Lumen. Sowohl das enchondrale als auch das periostale Kno- Synonyme chenwachstum ist betroffen, und dadurch sind die Kno- chen länger und dicker als normal. Diese Veränderungen Partieller Riesenwuchs, Megalodaktylie, Hyperplasie, digi- nehmen von proximal nach distal zu. Außerdem scheint tal gigantism, giant fingers. die Knochenreifung beschleunigt zu sein, erkennbar an vorzeitigem Auftreten knöcherner Epiphysenkerne (Min- Definition kowitz u. Minkowitz 1965, Inglis 1950). Ben Bassat (1966) fand eine bandförmige Schicht von Fibroblasten oder Os- Angeborene keilförmige Vergrößerung eines oder mehre- teoblasten zwischen Periost und Kortikalis. rer Finger mit dem dazu gehörigen Teil der Hohlhand. Eine Sehnen, Muskeln und Haut sind lediglich entsprechend Massenvermehrung von mindestens 2 Geweben wird vo- der Knochenhyperplasie vergrößert. Die Verkrümmung rausgesetzt (Kehrer 1948). des Riesenfingers ist die Folge des asymmetrischen Wachstums. Tsuge (1967) fand bei solchen Fällen eine ein- Ätiologie seitige Hypertrophie eines palmaren Fingernerven. Auch eine einseitige Gefäßerweiterung wurde angiographisch Ein familiäres Vorkommen wird in der Literatur bis auf festgestellt (Ogino 1998). wenige Fälle verneint. Eine anlagebedingte Entwicklungs- störung mit lokal vermehrter Sensitivität auf Wachstums- Epidemiologie reize wird vermutet. Barsky (1967) nimmt eine Störung der wachstumshemmenden Faktoren in der betroffenen Die Makrodaktylie ist eine seltene Fehlbildung. Ogino Region an. Die meisten Autoren sprechen sich für einen (1998) zählte 165 Fälle in der Literatur. Die Geschlechts- kausalen Zusammenhang zwischen dem Riesenwuchs verteilung war ohne deutliche Bevorzugung. Bilaterales und der Nervenhypoplasie aus. Moore (1942) weist dem Vorkommen lag nur bei 10% der Fälle vor. Den Befall Nervensystem eine Kontrollaufgabe über das Organwachs- eines Fingers zeigten 30% der Fälle. Der Riesenwuchs von tum zu. So entspricht der Bezirk des Riesenwuchses 2 Fingern ist häufiger als der von 3 Fingern. Am häufigsten immer dem der Nervenveränderungen (McCarroll 1956, waren Zeige- und Mittelfinger betroffen und am seltens- Jäger 1967, Tsuge 1967). Kelikan (1974) hebt die Verbin- ten der Kleinfinger. dung zwischen Lokalisation des Riesenwuchses und dem Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 217

Klassifikation Bildgebende Diagnostik Temtamy und McKusick (1978) unterscheiden 2 Formen: Die Röntgenuntersuchung zeigt das Ausmaß der knöcher- ¼ Typ I: Makrodaktylie als isolierte Anomalie: nen Hypoplasie, das Vorliegen von Exostosen oder En- – IA = echte Makrodaktylie: mit Hyperplasie des chondrome und den Zustand der Wachstumsfugen (wich- Knochens, tig für die Therapie). Periartikuläre Verkalkungen oder – IB = Pseudomakrodaktylie: ohne Knochenhyper- zystische Aufhellungen können als Zeichen eines über- plasie, Weichteilgigantismus durch Hämangiome, stürzten Knochenumbaus vorliegen. Die MRT zeigt die arteriovenöse Fisteln, Lymphödem (Schnürringkom- Fettmasse und gibt Auskunft über Gefäße und Nerven plex). (Guthikonda u. Mitarb. 1994). ¼ Typ II: partieller Riesenwuchs als Teil eines Syn- droms: Morbus Recklinghausen (Neurofibromatose), Differenzialdiagnose Morbus Ollier (Enchondromatose), Mafucci-Syndrom, Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom, Proteus-Syndrom, Von der echten Makrodaktylie ist der Riesenwuchs abzu- Morbus Milory und im Rahmen einer Hemihypertro- grenzen, der von anderen Ursachen ausgeht. Die wichtigs- phie. ten Erkrankungen dafür sind: ¼ Fibrolipomatöses Hamartom: langsame Entwicklung Die echte Makrodaktylie wird nach De Laurenzi (1962) in des Tumors, überschüssiges Knochenwachstum nur ge- 2 Formen unterteilt: ring (Ruppert 1998), ¼ Statische Form: Die Makrodaktylie besteht seit der Ge- ¼ Neurofibromatose (Morbus Recklinghausen): kutane burt und sie nimmt proportional zum übrigen Körper- Neurofibrome und Café-au-lait-Flecken, wachstum zu, auch „einfacher Riesenwuchs“ genannt ¼ Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom: Hemihypertro- (Windholz 1931, Pearn u. Mitarb. 1986). phie, Hämangiome und Varikosis (McGrory u. Mitarb. ¼ Progressive Form: Die Makrodaktylie zeigt ein über- 1991), proportionales und fortschreitendes Wachstum mit ¼ Proteus-Syndrom: Hemihypertrophie, Exostosen, pig- Ausdehnung nach proximal. Diese Form kommt häufi- mentierte Naevi und subkutane Tumoren (Hagari u. ger vor und führt zur Verkrümmung des Fingers. Sie Mitarb. 1992, Reize u. Mitarb. 1997, Rink u. Mitarb. wird auch „Makrodystrophia lipomatosa progressiva“ 1997). genannt (Feriz 1926, Werthemann 1952). Therapie Dell (1985) unterscheidet 3 Typen: ¼ Typ I: mit lipofibromatösen Hamartomen der periphe- Da der Riesenfinger oft unbeweglich ist und eher störend ren Nerven, wirkt, soll bei Befall eines Fingers die Amputation mit der ¼ Typ II: mit Neurofibromatosen, Verschmälerung der Hand in die Diskussion mit einge- ¼ Typ III: mit ausgeprägten Hyperostosen: Keine nervale schlossen werden. Veränderungen, sondern blumenkohlartige, gelenknahe Folgende Eingriffe kommen in Betracht: Exostosen mit zunehmender Versteifung (Fritzsche ¼ Verödung der Epiphysenfugen (Clinford 1959): Diese 1955, Ben Bassat 1966, Kelikian 1974, Klein u. Mitarb. erfolgt während des Knochenwachstums, wenn der 1992). Riesenfinger die Größe des entsprechendes Fingers der Eltern erreicht hat (Abb. 6.72a-c). ¼ Diagnostik Reduktion der Weichteile (Fettmasse und Haut): Tsuyuguchi u. Mitarb. (1983) reseziert auch den verän- Klinische Diagnostik derten palmaren Nervaus kausalen Gründen und hofft Die Makrodaktylie ist augenfällig und bereits nach der auf Wachstumsstopp. Diese Hypothese konnte aber Geburt sichtbar, oder sie wird im Laufe des Wachstums nicht bestätigt werden (Ishida u. Ikuta 1998). Über auffällig und kann groteske Ausmaße annehmen. Das Kno- gute Sensibilität nach Nervenresektion wird berichtet chenwachstum endet gewöhnlich mit der Pubertät, wäh- (McCarroll 1950, Buck-Gramcko 1973, Kelikian 1974). rend das Weichteilvolumen weiter zunehmen kann ¼ Resektionsarthrodese (Barsky 1967): vor allem des (Tsuyuguchi u. Mitarb. 1983). Die Beweglichkeit der Fin- Endgelenks zur Fingerverkürzung und -begradigung gergelenke ist von proximal nach distal zunehmend einge- (Abb. 6.73 a). Tsuge (1967) reseziert die distale Phalanx schränkt. Sensibilitätsstörung und die Symptomatik eines bis auf eine dünne dorsale Scheibe mit dem Fingerna- Karpaltunnelsyndroms können vorliegen. gel, die dann mit dem Grundglied fusioniert wird. Die überschüssigen Weichteile reseziert er in einer 2. Sit- zung (Abb. 6.73 b). ¼ Resektionsosteotomie (Millesi 1966): Nicht nur zum Verkürzen, sondern auch zum Verschmälern der Phal- angen anwendbar (Abb. 6.73 c). Auch der MHK kann Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

218 6 Angeborene Fehlbildungen

abc Abb. 6.72 a–c Riesenwuchs des Zeige- und Mittelfingers vor (a u. b) und nach der Epiphysiodese (c).

Abb. 6.73 a–c Teilresektion beim a b Riesenwuchs: nach Barsky (a), nach Tsuge (b) und nach Millesi (c).

c Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

Literatur 219

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222 6 Angeborene Fehlbildungen

6.4.4 Angeborene Kontrakturen Epidemiologie

Die Ermittlung der Häufigkeit ist wegen der möglichen Es handelt sich um Handfehlbildungen, die durch Anoma- Spontanheilung schwierig und weil viele Kinder an unter- lien der Muskeln und Sehnen verursacht werden, wobei schiedlichen Stellen in unterschiedlicher Art behandelt die Ätiologie uneinheitlich ist. werden. Ger u. Mitarb. (1991) geben die Häufigkeit in der größten Orthopädischen Kinderklinik in England mit 1: 2000 an. Flatt (1977) gibt die Häufigkeit in seinem Pa- Pollex flexus congenitus tientengut mit 2,2% an.

Angeborene Beugekontraktur des Daumenendgelenks, die Diagnose durch eine angeborene Tendovaginitis stenosans mit Ein- schnürung des Ringbandes in Höhe des Metakarpophal- Die Beugefehlstellung des Daumenendgelenks kann bei angialgelenks sowie spindelförmiger Auftreibung der lan- der Geburt vorliegen wird aber nicht immer wahrgenom- gen Daumenbeugesehne verursacht wird (congenital trig- men, sondern fällt erst später im 1. Lebensjahr auf. Am ger thumb). Auch die Langfinger können betroffen sein. Anfang und in wenigen Fällen kann ein „Schnellen“ des Das Verhältnis von Fingerbefall zu Daumenbefall liegt bei Daumens beobachtet werden. Mit dem Wachstum nimmt etwa 1: 10 (Cardon u. Mitarb. 1999). Das unangenehme die Kontraktur zu. Manchmal gibt der prominente Knoten Hin- und Herrutschen des Sehnenknotens unterhalb des auf der Beugeseite des Grundgelenks Anlass für den Arzt- verdickten Lig. anulare wird von den Kindern vermieden, besuch. Über den Spontanverlauf haben Dinham u. Meg- indem sie den Daumen gebeugt halten und nur in seltenen gitt (1974) folgende Beobachtung gemacht. Etwa 30% der Fällen strecken. bei der Geburt festgestellten Fälle bilden sich innerhalb des ersten Lebensmonats spontan zurück. Wird die Diag- Ätiologie nose erst zwischen dem 6. und 30. Lebensmonat fest- gestellt, verringert sich die Chance der Spontanheilung Die Ätiologie ist unbekannt (Chia u. Mitarb. 1996). Eine auf 12%. Andere Autoren verneinen die Spontanheilung genetische Prädisposition wird angenommen. Die Defor- (Ger u. Mitarb. 1991, Steenwerckx u. Mitarb. 1996). mität kann familiär gehäuft vorkommen (Weber 1979, Steenwerckx u. Mitarb. 1996, Vyas u. Sarwahi 1999) und Differenzialdianose wird bei Zwillingen beobachtet (Neu u. Murray 1983, Tho- mas u. Dodds 1999). Zweifel an der These, dass der Pollex Es gilt, die Beugekontraktur des Daumenendgelenks von flexus oder schnellender Finger eine angeborene Anomalie der seltenen Aplasie der Strecksehne abzugrenzen. Der ist, äußern Rodgers u. Waters (1994). Sie fanden bei 1046 tastbare Knoten und die sichtbare Strecksehne beim An- Neugeborenen keinen einzigen schnellenden Daumen, ge- spannen gegen Widerstand sind wichtige Hinweise. schweige denn den selteneren schnellenden Finger. Außer- dem sahen sie in ihrem Patientengut keinen jünger als 3 Therapie Monate. Konservative Therapie Pathogenese Die konservative Schienenbehandlung hat wenig Er- folgschancen und wird in der Regel von den Kindern nur Das Lig. anulare ist verdickt und verengt. Sampson u. Mit- in geringem Maße toleriert. Wenige Autoren führen vor arb. (1991) stellten bei Erwachsenen eine fibrokartilaginä- der Operation eine Schienenbehandlung für 9–10 Monate re Metaplasie des Ringbandes fest. Eine Anomalie der Se- durch (Tsuyuguchi u. Mitarb. 1985). sambeine wird diskutiert (Van Genechten 1982). Hueston u. Wilson (1972) machen die Beugesehne verantwortlich. Operative Therapie Diese hat eine lockere Struktur, die zur Fältelung der Seh- Die Operation ist einfach und mit bester Prognose, deshalb nenoberfläche und zur Entstehung des Sehnenknoten ist sie für uns die erste Wahl. Wir empfehlen die operative führt, der die Bewegungssperre bewirkt. Die meisten Au- Behandlung im 1. Lebensjahr. Das Ringband wird durch toren betrachen den Knoten als sekundäre Erscheinung Querschnitt dargestellt und gespalten. Bei schnellendem (Wood u. Sicilia 1972). Der Knoten bildet sich spontan Finger ist die Spaltung des A1-Ringbandes nicht ausrei- nach der Ringbandspaltung zurück. chend, oft ist die Resektion eines Zügels der oberflächli- chen Beugesehne oder Spaltung des A3-Ringbandes not- wendig (Cardon u. Mitarb. 1999, Tordai u. Engkvist 1999). Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 223

Komplikation Therapie

Die Verletzung des digitalen Nerves ist die häufigste Kom- Für die Behandlung dieser Deformität ist die genaue Pa- plikation (Lupenbrille!). thologie zu ermitteln, welche Strukturen sind krankhaft oder fehlen und welche weiteren Symptome liegen vor, Ergebnisse die für die Grunderkrankung sprechen. Beim Typ I wird die Schienenbehandlung für 1 Jahr Die Ergebnisse sind gut, Rezidive äußerst selten. empfohlen, kombiniert mit Dehnungsübungen und Sensi- bilitätstraining. Beim Typ II ist die operative Behandlung mit dem Ziel Der eingeschlagene Daumen angezeigt, die Adduktionskontraktur durch Myotomie oder Ablösung des M. interosseus dorsalis I und M. ad- Der „eingeschlagene Daumen“ ist eine extreme Form des ductor pollicis zu lösen. Die operativen Verfahren sind Z- schnellenden Fingers. oder Lappenplastik und Sehnentransfer zum Ersetzen der Daumenstrecker oder Chondrodese, insbesondere bei Ge- Synonyme lenkinstabilität. Einzelheiten der Operationstechnik sind in den entsprechenden Kapitel abgehandelt. Congenital clapsed Thumb, Pollex varus, Pollex adductus, Thumb-in-palm-deformity. Sehnenfehlbildungen Definition Die Sehnen können fehlen oder hypoplastisch sein, sie Der Daumen ist im Grundgelenk gebeugt und adduziert können falsch inserieren oder haben abnorme Verbindung. und in die Hohlhand eingeschlagen. Die Erstbeschreibung Außerdem kann der dazugehörige Muskel fehlen. geht auf Tamplin (1846) zurück. Anomalien der Beugesehnen. Die häufigste Form ist die Ätiologie abnorme Insertion der oberflächlichen Sehne im Rahmen der Kamptodaktylie. Bei der Linburg-Comstock-Anomalie Die Ursache ist eine Hypo- oder Aplasie der Daumenstre- besteht eine Verbindung zwischen der Sehen des M. flexor cker und möglicherweise des M. abductor pollicis longus. pollicis longus (FPL-Sehne) und der tiefen Zeigefingerbeu- Die Deformität tritt oft bilateral auf (Weckesser u. Mitarb. gesehne, so dass eine isolierte Beugung des Daumenend- 1968). Das männliche Geschlecht ist doppelt so häufig als gelenkes nicht möglich ist (Linburg u. Comstock 1979). das weibliche betroffen. Familiäres Vorkommen wurde in 1 etwa /3 der Fälle beobachtet (Tsuyuguchi u. Mitarb. 1985). Die Anomalien der FPL-Sehne lassen sich in 4 Gruppen Diese Deformität kommt isoliert vor, aber auch oft als Teil unterteilen: eines Syndroms oder einer Erkrankung, wie z.B. Arthro- 1. Aplasie der Sehne. Diese kann uni- oder bilateral gryposis, zerebrale Parese, Windmühlenflügel-Deformität, sowie familiär vorkommen. Der Daumen ist dünner Freeman-Sheldon-Syndrom, MASA- und Waardenburg- als normal und die Beugefalte des Endgelenkes fehlt, Syndrom. das Endgelenk kann aktivnicht gebeugt werden. Eine Erstbeschreibung stammt von Fromont (1895). Die Klassifikation Anomalie kann isoliert oder als Teil eines Syndroms auftreten (Usami 1987). Der Muskel kann auch fehlen McCarroll (1985) unterscheidet 2 Typen: oder es liegt eine dünne funktionslose Sehne vor, die ¼ Typ I: passive Korrektur möglich (die Strecker fehlen), im Bereich des Lig. carpi transversum (Retinaculum fle- ¼ Typ II: passive Korrektur nicht möglich (oft Teil eines xorum) endet (Miura 1981). Syndroms). 2. Fehlinsertion beim Pollex abductus. Die FPL-Sehne sitzt lateral und ist mit der Sehne des M. extensor pol- Weitere Klassifikationen von Weckesser u. Mitarb. und licis longus (EPL-Sehne) verbunden (Tupper 1969), sie Tsuyuguchi u. Mitarb. berücksichtigen die komplexe De- kommt bei Daumenhypoplasie oder Polydaktylie vor formität mit anderen Begleiterscheinungen wie Daumen- (Lister 1991). hypoplasie und Polydaktylie. 3. Linburg-Comstock-Deformität. 4. Komplexe Anomalie (Uchida u. Mitarb. 1985) mit Hy- Diagnose poplasie des Daumens und der Thenarmuskulatur.

Da für Neugeborene diese Daumenstellung normal ist, kann die Diagnose erst ab dem 3. Monat festgestellt wer- den. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

224 6 Angeborene Fehlbildungen

Die operative Behandlung der Sehnenaplasie ist ange- Bei den Anomalien der Fingerstrecker ist die Aplasie zeigt bei Instabilität oder bei komplexer Anomalie. In Be- als alleinige Fehlbildung selten (Schenck 1964). Tsunge tracht kommen: (1975) hat 5 Fälle beobachtet. Die Kombination mit Apla- ¼ Chondro- oder Arthrodese des Endgelenkes, sie der Daumenstrecker wird als familiäre Deformität mit ¼ Zweizeitige Wiederherstellung der Sehne. Bei der ers- autosomal-dominantem Erbgang und inkompletter Pene- ten Sitzung wird ein Sehnenkanal mittels Silikonstab tranz beschrieben (Weckesser u. Mitarb. 1968, McMurtry gebildet. In der zweiten Sitzung Monate später wird u. Jochims 1977). Die Hypoplasie der Fingerstrecker wird entweder ein Sehnentransfer (FDS, DIV) oder eine beobachtet (Crawford u. Mitarb. 1966). Die Extensor-digi- Transplantation der PL-Sehne (M.-palmaris-longus- ti-minimi-Sehne kann von der ECU-Sehne abgehen. Die Sehne) durchgeführt. Hypo- oder Aplasie des Mittelzügels – mit der Unfähigkeit das Mittelgelenk zu strecken – betrifft in der Regel einen Die Ergebnisse der Sehnenplastik sind bescheiden. Eine einzelnen Finger. Im Laufe der Zeit entwickelt sich eine Kooperation des Kindes ist erforderlich, deshalb ist die Ope- Beugekontraktur des Mittelgelenks. Diese Deformität ration erst ab dem 10. Lebensjahr angezeigt (Lister 1998). kann mit der Kamptodaktylie oder mit dem schnellenden Beim Pollex abductus wird die Beugesehne abgelöst, Finger verwechselt werden. mobilisiert, zentriert und reinseriert (Lister 1991), außer- Die Therapie erfolgt zunächst konservativ mit Schiene dem wird ein Ringband gebildet. und Dehnungsübungen, um der Kontrakturentwicklung Die Behandlung der komplexen Aplasie richtet sich entgegenzuwirken. Die Wiederherstellung aller Finger- nach dem hypoplastischen Daumen. strecker kann durch Verlagerung der oberflächlichen Beu- gesehne des Ringfingers nach dorsal durch die Membrana Die Anomalien der Fingerbeugesehnen kommen oft im interossea und Spaltung derselben in 4 Zügel erfolgen. Rahmen weiterer Fehlbildung, wie z.B. bei Symbrachydak- Fixation an der Streckhaube des MP-Gelenks oder an der tylie, Symphalangie oder Kamptodaktylie vor. Basis des Grundgliedes (Crawford u. Mitarb. 1966) Ohne weitere Fehlbildung zeigen die oberflächlichen (Abb. 6.74). Ein Handgelenksstrecker kann auch als Motor Beugesehnen Anomalien (Wood 1868, Baker u. Mitarb. 1981). Die Aplasie ist selten, häufiger wird die Hypoplasie beobachtet (Kaplan 1969) und am meisten kommt eine Verbindung oder gemeinsamer Stamm mit einer anderen superfizialen Sehne vor. Die Veränderungen werden meist im Bereich des Kleinfingers beobachtet. Die Anomalien der tiefen Beugesehne sind seltener, bekannt sind: ¼ gemeinsamer Ursprung der Sehne des FDP II mit FPL (Murkami u. Edashige 1980), ¼ Abgang der Sehne des FDP V von der oberflächlichen Beugesehne.

Die Behandlung richtet sich nach der Gesamtdeformität und dem Funktionsausfall, der in der Regel gering ist.

Anomalien der Strecksehnen. Diese sind selten, die häu- figste Anomalie ist die Hypo- oder Aplasie der Daumen- strecker. Die Anomalien der Daumenstrecker kommen als Teil eines Syndroms oder Erkrankung vor, z.B. beim Freeman- Sheldon-Syndrom oder der Arthrogrypose. Die EPL-Sehne kann fehlen, auch ohne weitere Fehlbildung (Zadek 1934). Wichtig ist die Abgrenzung vom Pollex flexus, bei dem ein Knoten beugeseitig des Grundgelenks sicht- und tastbar Retinaculum ist. Familiäres Vorkommen wurde dokumentiert (Koba- extensorum yashi u. Mitarb. 1976). Das Fehlen beider Strecksehnen führt zum eingeschlagenen Daumen (White u. Jensen oberflächliche 1952). Die Therapie besteht im Sehnentransfer, z.B. der Fingerbeugesehne Indizisplastik. Falls die Indizissehne fehlgebildet ist, wird die ECRL-Sehne (M.-extensor-carpi-radialis-longus-Sehne) mittels eines Transplantates verlängert und am Daumen- Abb. 6.74 Ersatz der Fingerstrecksehnen durch eine oberflächli- endglied knöchern fixiert. che Fingerbeugesehne (Crawford 1966). Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 225

Abb. 6.75 Wiederherstellung des Mittelzügels durch Verlagerung des Seitenzügel Seitenzügels des Nachbarfingers (Snow 1976).

dienen und durch Sehnentransplantat verlängert werden. hand, Pierre-Robin-Syndrom, Freeman-Sheldon-Syndrom, Die Rekonstruktion des Mittelzügels erfolgt durch Verlage- Silver-Russel-Syndrom, Trisomie-4 P-Syndrom, 48 XXYY- rung der oberflächlichen Beugesehne nach dorsal oder es Syndrom, Spondylo-Kamptodaktylie- und Kamptodakty- wird der Seitenzügel des Nachbarfingers verwendet (Snow lie-Arthropathie-Coxavara-Perikarditis-Syndrom (Lizcano- 1976) (Abb. 6.75). Gil u. Mitarb. 1995, Stoll u. Mitarb. 1999, Faivre u. Mitarb. 2000).

Kamptodaktylie Pathogenese

Synonyme Mehrere Theorien und unterschiedliche Befunde können nur einen Teil der Pathogenese erklären: Crooked little finger, hammer finger, doigt crochu. 1. Strukturelle oder funktionelle Schwäche der Streckapo- neurose über dem Mittelgelenk (Millesi 1968, Koman u. Definition Mitarb. 1990). 2. Fehlinsertion des M. lumbricalis, dadurch wird die Angeborene Beugekontraktur des Fingermittelgelenks. Die Gleitfähigkeit der FDS-Sehne behindert (Wilhelm u. Erstbeschreibung geht auf Tamplin (1846) zurück. Lan- Kleinschmidt 1968, McFarlane u. Mitarb. 1992, Minami douzy (1885) gab der Deformität ihre Bezeichnung als u. Sakai 1993, Inoue 1994, Frank u. Mitarb. 1996). Kamptodaktylie. 3. Anomalien der FDS-Sehne, z.B. Verkürzung, Insertions- anomalie und Verbindung zur Palmaraponeurose oder Ätiologie zum Retinaculum flexorum bei fehlender Muskulatur (Furnas 1965, Smith u. Kaplan 1968, Martini u. Neusel Ein autosomal-dominanter Erbgang mit unterschiedlicher 1985, Ogino u. Kato 1992, Hoogbergen u. Mitarb. 1996). Penetranz konnte nachgewiesen werden (Nowak 1937, 4. Abflachung der Gelenkflächen (Buck-Gramcko 1996). Stoddard 1939, Brites u. Mitarb. 1998). Die Kamptodaktylie 5. Multifaktorelles Geschehen, nicht nur Sehnen und Mus- tritt auch sporadisch auf und kommt bei zahlreichen De- keln sind beteiligt, sondern auch die Haut, Ligamente formitäten und Syndromen vor, wie z.B. radiale Klump- und das Bindegewebe (Smith u. Grobbelaar 1998). Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

226 6 Angeborene Fehlbildungen

Die meisten Autoren halten die Veränderungen der Haut, Diagnostik Knochen und Bindegewebe für sekundäre Erscheinungen. Am häufigsten ist der Kleinfinger betroffen, die Inzidenz Epidemiologie nimmt bei den übrigen Fingern von ulnar nach radial ste- tig ab. Mehrere Finger können betroffen sein. Die Beuge- Das Vorkommen der Kamptodaktylie wird mit weniger als kontraktur des Mittelgelenks kann angedeutet bis extrem 1% angegeben (Jones u. Mitarb. 1974). Bilateraler Befall in sein, beim letzten steht das Grundgelenk dann in Über- etwa 2/3 der Fälle (Courtemanche 1969). streckstellung. Die Beugung ist frei. Es besteht kein Schmerz und die funktionelle Beeinträchtigung ist gering Klassifikation (Musikspielen, Computer u.ä.). Die Beugekontraktur nimmt mit dem Wachstum zu. Die seitliche Röntgenauf- Nach dem Erscheinungsalter erfolgt eine Einteilung nahme zeigt manchmal bereits im Frühkindesalter eine (Adams 1891, Flatt 1977) in: Abflachung der Gelenke und eine Delle proximal des ¼ bei der Geburt, dabei tritt etwa gleiche Geschlechtver- Grundgliedköpfchens (Abb. 6.76 a u. b). teilung auf, ¼ späteres Auftreten, etwa im 2. Lebensjahr, davon sind Differenzialdiagnose überwiegend Mädchen betroffen. Es gilt die Abgrenzung zu: Arthrogryposis (oft mehrere Benson u. Mitarb. (1994) unterscheiden 3 Typen: Gelenke betroffen), Tendovaginitis stenosans (Knoten, ¼ Typ I: Kindliche Kamptodaktylie. Beuge- und Streckhemmung mit Schnapp-Phänomen), ¼ Typ II: Erwachsene Kamptodaktylie. Hypo- oder Aplasie der Strecksehne (Carneiro 1993). ¼ Typ III: Kamptodaktylie im Rahmen eines Syndroms. Beim Erwachsenen ist in erster Linie an die digitale Form einer Dupuytren-Kontraktur zu denken (Strang- und Kno- Je nach Grad der Beugefehlstellung (Frank u. Mitarb. tenbildung). 1996): ¼ Stadium I: Streckdefizit ohne oder mit geringer Haut- Therapie verkürzung, ¼ Stadium II: Beugekontraktur < 50°, Konservative Therapie ¼ Stadium III: Beugekontaktur > 50° mit mäßiger oder Als konservative Maßnahmen sind beim Kind Dehnungs- ausgeprägter Hautverkürzung. übungen und die Versorgung mit einer dynamischen und/ oder statischen Schiene möglich und können zum Erfolg führen (Siegert u. Mitarb. 1990, Goffin u. Mitarb. 1994, Benson u. Mitarb. 1994). Die Behandlung soll langfristig

Abb. 6.76a u. b Kamptodaktylie DIII und IV beim Kind (a). Verände- rung des Grundgliedköpfchens beim Erwachsenen (b).

a

b Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 227

für die Dauer von bis zu 20 Monaten durchgeführt werden Vorgehen bei Kamptodaktylie (Hori u. Mitarb. 1987, Miura u. Mitarb. 1992). Kind Jugendliche Operative Therapie (Veränderungen Eine operative Behandlung ist beim Versagen der konser- der Gelenkflächen) vativen Therapie und bei extremer Fehlstellung angezeigt. Streckdefizit Kontraktur Buck-Gramcko (1996) hatte die besten Ergebnisse bei den seltenen Fällen mit Fehlinsertion des M. lumbricalis an der oberflächlichen Beugesehne. In diesen Fällen ist eine akti- <50° >50° ve Streckung des Mittelgelenks beim Beugen des Grund- gelenks nicht möglich. Nach Entfernung des M. lumbrica- lis ist die Funktion wieder hergestellt. Bei den übrigen Versager Fällen rät er zur Zurückhaltung bei der Indikationsstellung zur Operation. Folgende Eingriffe kommen in Betracht, wobei die Ope- 6 Monate Lyse: Korrektur- Schienenbe- Z-Plastik, osteotomie ration nach Bedarf erweitert und kombiniert wird: handlung Tendoarthrolyse ¼ Verlängerung der beugeseitigen Haut durch Z- oder Lappenplastik. Abb. 6.77 Schema zum Vorgehen bei Kampodaktylie. ¼ Ablösung des Retinaculums cutis und der Septen (McCash 1975). ¼ Revision der Beugesehne und der M. lumbricalis: Ablö- sung und/oder Resektion bei abnormer Insertion, Ver- Windmühlenflügel-Deformität längerung der Beugesehne (Smith u. Grobbelaar 1998). ¼ Schrittweise Arthrolyse des Mittelgelenks: Eröffnung Synonyme der Sehnenscheide, Durchtrennung der Zügelbänder (check-rein), Inzision der palmaren Platte und evtl. Windblown hand, Windswept hand, en coup de vent, con- der Seitenbänder. genital ulnar drift, congenital cutaneous ulnar drift. ¼ Funktionstest des Mittelzügels der Strecksehne: in Beu- gestellung des Hand- und Grundgelenks geht das Mit- Definition telgelenk in Streckung (Smith u. Ross 1994). ¼ Bei voller Streckung Fixation mit Kirschner-Draht. Angeborene Beugekontraktur der MP-Gelenke mit ulnarer ¼ Verlagerung der oberflächlichen Beugesehne auf die Deviation der Langfinger und Adduktionskontraktur des Streckaponeurose, wie bei der Ulnarislähmung (Millesi Daumens. Erstbeschreibung 1897 von Boix, der die Be- 1968). Gupta u. Burke (1990) verwenden die Indizis- zeichnung: „Deviation des doigts en coup de vent.“ von sehne. Brissaud prägte. ¼ Bei ausgeprägter Gelenkkontraktur empfiehlt Saffar (1983) eine vollständige anteriore Tenoarthrolyse, Ätiologie und Pathogenese wobei die Beugesehne samt Sehnenscheide und Ge- lenkkapsel vom Periost als eine Einheit abgelöst wird Ätiologie und Pathogenese sind nicht bekannt. Die zahlrei- (Glicenstein u. Mitarb. 1995). Die Traktion mit einem chen Synonyme und die Analyse der Befunde und Patho- Fixateur externe hat versagt (Hulsbergen-Kruger u. logie in der Literatur lassen annehmen, dass mehrere Syn- Mitarb. 1998). Postoperative Ruhigstellung für 4 Wo- drome ähnliche Handfehlbildungen aufweisen. Wood chen, anschließend Krankengymnastik und Schienen- (1994) vermutet, dass in der Zukunft, durch mehr Erfah- versorgung für 4– 6 Monate (Magalon u. Mitarb. 1997). rung über die Pathogenese, die Deformität in mehrere Ka- Zeigt das Röntgenbild Veränderungen der Gelenkflä- tegorien aufgeteilt wird, oder es sind alle beschriebenen chen, so kommt die subkapitale Aufrichtungsosteoto- Typen nur eine „forme fruste of arthrogryposis“. mie oder die Arthrodese in Betracht. Wegen der Ähnlichkeit mit der Dupuytren-Kontraktur wurde die Fehlbildung als „angeborener Dupuytren“ ge- Ergebnisse deutet (Constantinescu u. Mitarb. 1938) bzw. als „retracti- on palmaire congenitale“ (Jorge 1926) oder „congenital Freie Beweglichkeit kann nur in Ausnahmefällen erreicht fibrous substrata“ (McCash 1975) bezeichnet. werden, aber nur wenn eine klare Pathologie vorliegt, die Zancolli u. Zancolli (1985) fanden bei ihren Patienten durch eine einzige Maßnahme beseitigt wird. Bei den üb- atypische, derbe, subkutane Faserzüge, vor allem auf der rigen Fällen wird der Bewegungsumfang nicht wesentlich ulnaren Fingerseite und klassifizieren die Deformität als vergrößert, sondern in Richtung Streckung verlagert. Nicht segmentale Arthrogryposis. Für Fisk u. Mitarb. (1974) stellt selten entsteht eher eine störende Ankylose (Buck-Gram- eine Hypo- oder Aplasie der Strecksehnen das Hauptmerk- cko 1996) (Abb. 6.77). mal dieser Fehlbildung dar. Sie erklären die ulnare Devia- Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

228 6 Angeborene Fehlbildungen

tion durch die Zugkraft der Beuger und muskuläre Imba- gerfurche. Im Laufe der Zeit kann es zur Überstreckung der lance. Mittelgelenke im Sinne der Schwanenhals-Deformität und Malkawi u. Tarawneh (1983) stellten anhand von Biop- Überstreckung des Daumenendgelenks kommen. Beim sien eine Kapselverdickung und Muskelatrophie fest, die Freeman-Sheldon-Syndrom stellt der kleine Mund Proble- sie für die Deformität verantwortlich machten. Ähnliche me bei der Nahrungsaufnahme dar. Der wie zum Pfeifen Befunde haben Vanek u. Mitarb. (1986) beobachtet und gespitzte Mund (Mikrosomie) ist auffällig bei domartig sprechen von einem separaten Typ einer myopathischen hohem Gaumen und breitem Philtrum. Das Gesicht ist Arthogryposis. So (1992) stellte eine bis jetzt einmalige starr (Abb. 6.78a u. b). Kombination vor: Windmühlenflügel-Deformität mit Hy- Weitere Veränderungen sind: Klumpfüße, Kleinwuchs pertrophie des Armes und abnormer Epiphyse an der Basis und Kyphoskoliose. des 2. MHK. Röntgenologisch kommen Synostosen der Handwur- Lanz u. Mitarb. (1994) fanden bei 3 Patienten mit ulna- zelknochen (Martini u. Banniza von Bazan 1982) oder der rer Deviation und Beugekontraktur der Grundgelenke ab- Metakarpalia (Wood 1994) vor. norme Muskelhyperplasien, jedoch keine Daumenbetei- ligung dieser einseitigen Deformität und keine familiäre Differenzialdiagnose Anamnese. Die Windmühlenflügel-Deformität ist Bestandteil meh- Die Abgrenzung von einer distalen Arthrogryposis kann rerer Syndrome. Das bekannteste ist das Freeman-Shel- sehr schwer sein, wenn weitere charakteristische Merk- don-Syndrom, das 1938 unter dem Titel „Cranio-carpo- male fehlen (Hall u. Mitarb. 1982). tarsale-Dystrophie“ veröffentlicht wurde. Das Syndrom wird charakterisiert durch einen typischen Gesichtsaus- Therapie druck „Whistling-face“, Klumpfüße, Unterbrechung der Kontinuität zwischen Schädelbasis und Os frontale sowie Die Schienenbehandlung wird allgemein als nicht erfolg- die typischen Veränderungen der Hand. Nachdem bereits versprechend bezeichnet. mehrfach familiäres Vorkommen beschrieben wurde, wird Die operative Behandlung wird frühzeitig empfohlen, von den meisten Autoren ein autosomal-dominanter Erb- bevor weitere anatomische Strukturen irreversibel ver- gang mit unterschiedlicher Penetranz angenommen (Mar- ändert werden (Wood u. Biondi 1990). Das Vorgehen er- tini u. Banniza von Bazan 1982, Grünert u. Brug 1991, Kay folgt stufenweise und in mehreren Sitzungen (Wenner u. 1999). Chromosomale Aberrationen ließen sich nicht nachweisen. Die Windmühlen-Deformität kommt auch beim Proteus-Syndrom vor (DeSmet u. Fryns 1994). Wei- tere Syndrome der Windmühlenflügel-Deformität wurden bekannt (Jaquemain 1966, Sallis u. Beighton 1972).

Klassifikation

In der Klassifikation nach Zancolli werden 3 Typen unter- schieden: ¼ Typ I: fasziokutane Veränderungen, ¼ Typ II: wie Typ I plus Verkürzung der Beugesehne, ¼ Typ III: wie Typ II plus Schrumpfung des Kapsel-Band- Apparates und knöcherne Veränderungen.

a Diagnostik

Die typische Windmühlenflügel-Deformität, insbesondere beim Freeman-Sheldon-Syndrom, ist bilateral und bereits nach der Geburt sichtbar. Der Daumen ist in die Hand eingeschlagen, die Hand zur Faust geschlossen und die Finger zeigen eine ulnare Deviation. Die Streckung der Finger ist passivwie aktiveingeschränkt, der Daumen lässt sich nicht abspreizen, die Schwimmhäute sind weit nach distal vorgewachsen (partielle Syndaktylie). Das Handgelenk steht meist in Überstreckstellung und die Be- weglichkeit ist eingeschränkt, ebenso ist die Unterarmdre- b hung beeinträchtigt. Thenar und Hypothenar sind flach Abb. 6.78 a u. b Die typischen Veränderungen des Gesichts und und atrophisch. Hautfältelungen sind atypisch mit Vierfin- der Hände beim Freeman-Sheldon-Syndrom. Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

6.4 Fehlbildungen der Hand 229

Shalvoy 1989). Im Vordergrund steht die Beseitigung der Ätiologie Beuge- und Adduktionskontraktur des Daumens (Mc Car- roll u. Manske 1992). Idiopatische Störung der Wachstumsfuge der Endphalanx. Zur Erweiterung und Vertiefung der ersten Kommissur Eine abnorme Insertion oder ein starker Zug der tiefen kann eine Z-Plastik oder ein Schwenklappen vom Zeigefin- Beugesehne an der Metaphyse des Endgliedes werden ger ausreichen, bei extremer Fehlstellung kann eine ge- dafür verantwortlich gemacht (Dubrana u. Mitarb. 1995). stielte Lappenplastik erforderlich sein (Martini u. Banniza Ein einfacher autosomal-dominanter Erbgang mit inkom- von Bazan 1982). Der M. adductor pollicis longus wird ein- pletter Penetranz wird angenommen. Die Deformität gekerbt und der M. flexor pollicis brevis wird nach pro- kommt als alleinige Fehlbildung oder mit weiteren mus- ximal verlagert, evtl. muss die Flexor-pollicis-longus-Seh- kuloskelettalen Veränderungen, wie z.B. Kyphose, Genu ne am Unterarm verlängert werden. Ebenso kann eine Kap- valgum, Radialdefekt, Klumpfuß und progressive Myositis sulotomie des Sattel- und Grundgelenks notwendig sein. ossificans vor. Außerdem kann die Deformität auch als Teil Bei Subluxationsstellung des Grundgelenks empfiehlt sich eines Syndroms in Erscheinung treten, z.B. beim Turner- die Arthrodese. In einer weiteren Sitzung wird die Sehnen- und Silver-Syndrom oder dem Cornelia-de-Lange-Syn- transposition vorgenommen, um Opposition und Stre- drom. ckung zu ermöglichen (s. Syndaktylie u. eingeschlagener Daumen). An den Langfingern werden zunächst sämtliche Pathogenese Stränge durchtrennt oder abgetragen (Zancolli u. Zancolli 1985, Kay 1999). Falls die Beugekontraktur dadurch nicht Histologische Untersuchungen zeigten eine Lockerung der behoben wird, erfolgt die Verlängerung der Beugesehnen Wachstumsfuge (Ezaki 1999). Dementsprechend erscheint am Unterarm. Die ulnare Deviation kann durch Zentrie- die Epiphysenfuge im seitlichen Röntgenbild erweitert, die rung der Strecksehnen korrigiert werden. Auch die sub- Epiphyse ist elongiert, die Metaphyse dünn und die Dia- kapitale Umstellungsosteotomie der Metakarpalia kommt physe verbogen. Das Endgelenk zeigt keine Veränderungen in Betracht (Kelikian 1974). Postoperativist die Versorgung (Abb. 6.79 a u. b). mit einer dynamischen und statischen Schiene erforderlich sowie Krankengymnastik und Ergotherapie. Epidemiologie

Ergebnisse Die Häufigkeit beträgt in Japan 0,15% (Sugiura u. Mitarb. 1961). David u. Burwood (1972) fanden eine Kirner-Defor- Eine Wiederherstellung der Handfunktion und des Er- mität bei 410 Patienten. Beide Geschlechter werden gleich scheinungsbildes ist bei dieser schweren und vielschichti- befallen. gen Deformität kaum möglich. Sowohl der Grob- als auch der Spitzgriff werden verbessert. Das Gesamtergebnis ist Klassifikation auch von der Grunderkrankung und vom Ausmaß der De- formität abhängig. Sugiura u. Mitarb. (1961) unterscheiden 3 Phasen des Ske- lettwachstums im seitlichen Röntgenbild bis zur Knochen- reife. Weitere angeborene Kontrakturen

Hierzu zählen folgende Grunderkrankungen: Arthrogrypo- sis multiplex congenita (Mertesdorf 1987, Büchler 1993) Arachnodaktylie, Marfan-Syndrom, Mucopolysaccharidose.

Therapie

Die Richtlinien der Therapie entsprechen den bereits be- schriebenen Vorgehensweisen.

Kirner-Deformität

Kirner beschrieb 1927 eine angeborene bilaterale Defor- mität des Kleinfingerendgliedes. Das Endglied ist nach palmar-radial verbogen und der Fingernagel schnabelför- ab mig geformt. Unilaterale Fälle (Adachi u. Mitarb. 1978) und ähnliche Veränderungen des Zeigefingerendgliedes Abb. 6.79 a u. b Kirner-Deformität. wurden beschrieben (Brailsford 1953). Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

230 6 Angeborene Fehlbildungen

Abb. 6.80 a u. b Operative Be- ab handlung der Kirner-Deformiät: Epi- physiodese (a) und mehrfache Querosteotomie und Aufrichten des Endgliedes (b).

Diagnostik Benson, L.S. u. Mitarb. (1994): Camptodactyly: classification and results of nonoperative treatment. J Pediatr Orthop 14: Die Deformität wird im Alter zwischen 8 und 14 Jahren 814 – 819 Blank, E., B.R. Girdany (1965): Symmetric bowing of the terminal auffällig. Patienten haben keine Beschwerden und keine phalanges of the fifth fingers in a family (Kirner’s deformity). Funktionsbeeinträchtigung, lediglich beim Gitarre spielen Am J Roentgenol 93: 367 –373 oder ähnlichen Tätigkeiten. Boix, E. (1897): Déviation des doigts en coup de vent et insuffisan- ce de l’aponeurose palmaire d’origine congénitale. Nouvelle Differenzialdiagnose Iconographie de la Salpetriére 10: 180– 194 Bosch, A.M., W.W. Hack, C.T. Schrander-Stumpel (1998): Congeni- Als Differenzialdiagnose soll an die Schädigung der tal camptodactyly associated with the 48 xxyy syndrome. Genet Cours 9: 19–21 Wachstumsfuge nach Trauma oder Infektion gedacht wer- Brailsford, J.F. (1953): The radiology of bones and joints. 5th ed., P. den. 64. Churchill Livingston, London Brites, M.M. u. Mitarb. (1998): Familial camptodactyly. Eur J Der- Therapie matol 8: 355 –356 Büchler, U. (1993): Arthrogryposis multiplex congenita im Bereich Eine Therapie ist selten erforderlich. Im Frühstadium kann der oberen Extemität. Handchir Mikrochir Plast Chir 25: 3 –11 Buck-Gramcko, D. (1996): Kommentar zur Arbeit von U. Frank, H. eine nächtliche Schienung die Deformität mildern (Dykes Krimmer, P. Hahn und U. Lanz: Operative Therapie der Kamp- 1978, Freiberg u. Forrest 1986). todaktylie. Handchir Mikrochir Plast Chir 29: 293 –296 Eine operative Behandlung erfolgt bei wachsendem Cardon, L.J., M. Ezaki, P.R. Carter (1999): Trigger finger in children. J Skelett durch die dorsale Epiphysiodese (Niederweiser u. Hand Surg 24-A: 1156 –1161 Segmüller 1979). Nach Wachstumsabschluss erfolgt die Carneiro, R.S. (1993): Congenital attenuation of the extensor ten- Korrekturosteotomie mit Entnahme eines Keils mit dorsa- don cental slip. J Hand Surg 18-A: 1004 –1007 Carstam, N., O. Eiken (1970): Kirner’s deformity of the little finger. ler Basis (Luppino u. Vaccari 1971). Carstam u. Eiken J Bone Jt Surg 52-A: 1663 –1665 (1970) empfehlen die mehrfache Querosteotomie der beu- Chia, J., R.W.H. Pho, R. Sinnah (1996): Congenital trigger thumb geseitigen Kortikalis und das Aufrichten der Endphalanx caused by intratendinous granulation tissue. J Hand Surg nach Nagelentfernung, dann Fixation mit einem K-Draht 21-B: 612 – 613 (Abb. 6.80 a u. b). Constantinescu, M., V. Tuchel, U. Corci (1938): Über einen Fall von angeborener doppelseitiger Dupuytren’schen Kontraktur. Zbl Literatur Chir 4: 191 –194 Courtemanche, A.D. (1969): Camptodactyly: Etiology and manage- Adachi, Y. u. Mitarb. (1978): Kirner’s deformity. Jpn J Plast Reconstr ment. Plast Reconstr Surg 44: 451 –454 Surg 21: 115–119 Crawford, H.H., C.E. Horton, J.E. Adamson (1966): Congenital apla- Adams, W. (1891): Congenital contraction of the fingers and its sia or hypoplasia of the thumb and finger extensor tendons. J association with „“ its pathology and treatment. Bone Jt Surg 48-A: 82 –91 Lancet II: 111–114 David, T.J., R.L. Burwood (1972): The nature and inheritance of Bahabri, S. A. u. Mitarb. (1998): The camptodactyly-arthropathy- Kirner’s deformity. J Med Genet 9: 430 –433 -pericarditis syndrome: clinical features and genetic DeSmet, L., J.P. Fryns (1994): Proteus syndrome and congenital mepping to human chromosome 1. Arthritis Rheum 41: windblown hand deformity. Am J Med Genet 1; 49 (1): 136 730 – 735 Dinham, J.M., B.F. Meggitt (1974): Trigger thumbs in children. A Baker, D.S. u. Mitarb. (1981): The little finger superficialis – clinical review of the natural history and indications for treatment in investigation of its anatomic and functional shortcomings. J 105 patients. J Bone Jt Surg 56-B: 153 – 155 Hand Surg 6: 374–378 Martini, Ellenbogen, Unterarm, Hand (ISBN 3131262117) © 2003 Georg Thieme Verlag

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