„Hecker hoch! Dein Name schallet . . zum 100. Todestag am 24. März 1981 Ludwig Vögely,

Am 24. März 1981 ist ein Jahrhundert ver­ als Abgeordneter der II. badischen Kammer gangen, seit Friedrich Hecker in St. Louis in wäre einer gründlichen Erforschung, Zusam­ den USA verstorben ist. 100 Jahre liegen menfassung und Analyse wert. Dem Volks­ zwischen seinem Tode und dem Heute, und mann Hecker gelten also diese Zeilen des 133 Jahre sind es her seit jenen Revolutions­ Gedenkens. Zunächst aber ist ein Abriß sei­ tagen im April 1848, deren Mittelpunkt nes Lebens notwendig. Friedrich Hecker gewesen war. Ist das eine lange Zeit? Ja, wenn man die Bilanz der poli­ tischen Ereignisse seit 1848 zieht. Nein, 1. D er Beginn wenn man feststellt, wie Friedrich Hecker Friedrich Hecker wurde in Eichtersheim, diese Zeit im Bewußtsein des badischen Vol­ dem von barocken Reminiszenzen durch­ kes überstanden hat. Kein anderer Revolu­ wehten Dorf, das auch baulich von der tionär oder Politiker des Landes konnte sich Grundherrschaft, den Freiherren von Ven­ mit ihm in der Popularität messen. Er genoß ningen, unverkennbar geprägt wurde, im frü­ sie in weit höherem Maße als jeder andere, heren Landkreis Sinsheim a. d. Elsenz gebo­ in einem so hohen Maße, daß sie zumindest ren. Im Geburts- und Taufbuch der katholi­ in seiner Geburtsheimat im Kraichgau heute schen Pfarrei ist zu lesen: „Im Jahre 1811, noch lebendig ist. Kein anderer jener libera­ den 28. September, nachts V2 auf 11 Uhr len Führer oder Republikaner wurzelte so im wurde in Eichtersheim geboren Friedrich Bewußtsein der Menschen, und für keinen Karl Franz Hecker, Sohn des Fürstlich Pri­ anderen wurden so viele Lieder geschaffen matischen Herrn Hofrat, Grundherrlich von oder so oft der Stift des Lithographen, Karri- Venningschen Konsulates Josef Hecker und katuristen oder Satirikers in Tätigkeit ge­ seiner Gattin Wilhelmina geb. von Lüders, setzt. Friedrich Hecker wurde zum Typ des und wurde am 20. Oktober in der katholi­ Revolutionärs schlechthin. Woher kam das? schen Pfarrkirche dahier feierlich von mir Was machte Friedrich Hecker zu einem getauft. (Nach vorgegangener Nottaufe.) wahren Volksmann, zur Hoffnung der Ar­ Die Taufpatenstelle dabei hat übernommen men, Unterdrückten und demokratisch Ge­ Herr Baron Fritz von Venningen, ältester sinnten im Land? Und warum hielt die Hek- Sohn der Reichsfrau von Venningen. Zeugen kerbegeisterung auch noch lange nach dem dieser Geburt und dieser Beurkundung sind Scheitern der Revolution an und hing sein der hiesige Grundherrliche Herr Amtmann Bild in den Stuben der Bürger? Darüber su­ Christ und der hiesige Assistenzarzt Herr chen diese Zeilen Auskunft zu geben, und Doktor Schwarz, 25 Jahre alt, keiner ver­ deshalb soll dem Phänomen Hecker ein we­ wandt. Beurkundet Eichtersheim, den nig nachgespürt werden. Dabei ist es klar, 20. Oktober 1811. Kath. Pfarr- und bürgerli­ daß auf dem zur Verfügung stehenden Raum ches Standesamt, gez. Prior.“ nicht alle Komponenten dieser Persönlich­ Interessant, daß der später so vollsaftige keit erfaßt werden können. Seine Tätigkeit Mann die Nottaufe erhalten mußte und der

85 Geburtshaus Heckers mit Erinnerungstafel in Eichtersheim Foto: uvogely spätere Revolutionär so erlauchte Taufpaten gerichtsadvokat niedergelassen hatte. Mann­ hatte. Man weiß wenig über Heckers Kind­ heim wurde nun für 10 Jahre seine Heimat, heit und Jugend, aber es kann durchaus so und hier gründete er seine Familie. Bald gewesen sein, wie es Gustav Schieckmann wurde der junge temperamentvolle, redege­ schildert: „Es mag in dem gebildeten Hause, wandte Jurist weiteren Kreisen bekannt, so das vom gesunden Humor des Vaters durch­ daß er im Jahre 1842 im Wahlbezirk Wein­ weht war, an einer guten Erziehung und heim-Ladenburg als Abgeordneter in die Freiheit nicht gefehlt haben. Hier lockte der Zweite badische Kammer gewählt wurde. schöne Schloßgarten mit seinen herrlichen Die liberale Opposition erhielt mit ihm eine Bäumen und grünen Wiesen, drunten am ihrer interessantesten Persönlichkeiten, er­ Klettenberg der Weinberg des Vaters, Hek- fahren im Umgang mit einer Bürgerschaft, kerruhe genannt, mit seiner in die Felswand welche durch ihre Gesinnung die Stadt zu ei­ gegrabenen Weinberghütte.“ Kein Zweifel, ner „Vorreiterin“ revolutionärer Bemühun­ daß Hecker in Eichtersheim eine schöne gen machte. Kindheit hatte. Es ist auch nicht bekannt, wo Hecker später Jura studiert hat oder ob er 2. Die Jahre 1842 —1848 vielleicht, was naheliegend ist, Burschen­ schafter geworden ist. Auf jeden Fall muß er Wenige Jahre genügen oft im Leben eines fleißig gearbeitet haben, denn schon im Menschen, um ihn Aufstieg und Fall erleben Jahre 1838 finden wir Hecker in , zu lassen. Bei Friedrich Hecker waren es wo er sich als Mann von 27 Jahren als Ober­ sechs Jahre; in dieser Zeit entschied sich sein

86 persönliches und politisches Schicksal. Aus bei. Er machte, wenn man so will, aus dem diesen sechs Jahren, das ist beinahe unglaub­ Radikalen einen Revolutionär. Struve und lich, denn diese Zeitspanne ist nur ein Wim­ Hecker bildeten ein Tandem der Gegen­ pernschlag in der Geschichte des Landes, er­ sätze: körperlich, geistig, in der Wirkung auf wuchs seine große Volkstümlichkeit, sie andere. Während Struve trocken, grüble­ machten aus ihm „den Hecker“. Der Eintritt risch, Theoretiker und ein schlechter Redner in die berühmte Kammer brachte ihn sehr war, lag Hecker Kampf mehr als Reflexion, bald ins Licht des öffentlichen Interesses. die Nutzung des Augenblicks mehr als die Seine leidenschaftliche Argumentation und Vorbereitung. Schon in der äußeren Erschei­ Rednergabe, sein Geschick, dankbare The­ nung waren die Männer grundverschieden. men zu finden, ließen aufhorchen, so z. B. Hier der kraftvolle Hecker, dort Struve mit seine Rede vom 6. 1. 1845 gegen die beab­ dem „gelbgalligen Kalmückengesicht“, wie sichtigte Verschmelzung Schleswig-Hol­ Hans Blum, der Sohn des in Wien erschosse­ steins mit Dänemark. Schon Mitte der 40er nen Robert Blum, übertrieben und böse Jahre also galt Hecker neben Sandner, Bas­ sagte. Hier der Systematiker Struve, der den sermann, Welcker, v. Itzstein als einer der unbekümmerten Hecker mit seiner Wirkung Hauptvertreter des badischen Liberalismus. auf das Volk als Umsetzer der sozialisti­ Ein wenig Märtyrerruhm kam ibm zu, seine schen, revolutionären Ideen in die politische Beliebtheit erhöhend, als er auf einer Reise Praxis brauchte. Denker, Ideologe hier, aus­ nach Tilsit, zusammen mit dem großen libe­ führender Arm da, das wäre zu viel gesagt, ralen Oppositionsführer v. Itzstein unter­ damit würde man der geistigen Potenz Hek- nommen, am 23. Mai 1845 in Berlin des Lan­ kers sicher Unrecht tun. Aber ebenso sicher des verwiesen wurde. Dieser junge „Linke“ war den preußischen Behörden ein zu ge­ fährlicher Mann, als daß man ihn im Lande Friedrich Hecker wissen wollte. War sich die Opposition von Reproduktion mit freundl. Genehmigung des Bad. Generallandes­ Hecker bis Welcker einig in der Bekämpfung archivs Karlsruhe. des Ministeriums von Blittersdorff, so än­ derte sich dies in der Haltung dem Ministe­ rium Bekk-Dusch gegenüber. Diese spaltete die Opposition, die nach den Neuwahlen ge­ stärkt und kampfeslustiger zurückkam, die so lange gemeinsam gekämpft hatte, endgül­ tig. An der Frage, ob konstitutionelle Monar­ chie oder Republik, schieden sich die Gei­ ster. Die konst. Liberalen versagten sich der Regierung nicht und unterstützten deren Re­ formprogramm, die Linken aber (Hecker, Struve, Brentano usw.) fanden keinen Weg mehr zu einer Regierungsform, die in ihren Augen total versagt hatte. Dies ist nun die Stelle, wo auf den Einfluß Gustav von Struves auf Hecker wenigstens mit einem Wort eingegangen werden muß, denn ohne Zweifel war Struve Gehilfe des Heckerschen Schicksals und trug zu dessen fortschreitender Radikalisierung wesentlich ist, daß nach dem Tode Sands, der Hecker nicht weniger als die Errichtung einer deut­ persönlich und politisch hart traf, kaum je­ schen Republik. Die radikale „Bombe“ ging mand mehr da war, außer vielleicht Itzstein, hoch und versetzte die würdige Versamm­ der den Feuerkopf bremsen und in geordne­ lung in Angst und Schrecken. Der Antrag ten Bahnen halten konnte. Struve tat nichts Struves wurde natürlich abgelehnt, ebenso dergleichen, er war die im Hintergrund stets der von Hecker, welcher die Permanenz des gegenwärtige, treibende Kraft und Hecker, Vorparlamentes beinhaltete. Hecker wollte das muß der Ehrlichkeit wegen gesagt wer­ haben, daß das Vorparlament beisammen den, in Freundschaft zugetan. Fanatiker wa­ bleiben sollte, um bis zum Zusammentritt ei­ ren beide, jeder auf seine Weise. ner Nationalversammlung die Leitung der Die Ereignisse schritten nun schnell voran, deutschen Bewegung in der Hand zu behal­ sie spitzten sich in beinahe lawinenartiger ten. Es ist hier nicht der Ort, die Arbeit des Geschwindigkeit zu. Die Offenburger Ver­ Vorparlamentes zu qualifizieren, aber was sammlung vom September 1847, mit von sich da an Phrasendrescherei und Phantaste­ Hecker einberufen, verlangte die Wiederher­ reien bezüglich des „Deutschen Vaterland“ stellung und Weiterentwicklung der Verfas­ tat, war schon enorm. „Gegen all diese rosa­ sung, ein zentrales Problem der Opposition. farbene Träumerei konnten Heckers schnei­ Die Märzstürme 1848 brausten über das dende Beredsamkeit, Struves kalte Logik, Land und verursachten die ersten politischen Blums warnende Stimme nicht mehr aufkom- Erfolge. Heckers große Stunde schlug am men.“ (Bios, a. a. O. S. 180.) Mit 79 Gesin­ 1. März 1848, als der Petitionssturm der ba­ nungsgenossen traten Struve und Hecker dischen Städte an die Türen der II. Kammer maßlos enttäuscht aus dem Vorparlament brandete. Im vollen politischen Tempera­ aus. Ob das klug war, mag dahingestellt blei­ ment formulierte er die alten liberalen Forde­ ben, denn später durften die Ausgetretenen rungen und verlangte deren sofortige An­ nicht wieder eintreten. nahme durch die Kammer, so die Gunst der Nach der Rückkehr aus Frankfurt häuften Stunde nutzend. Es folgte die Offenburger sich bei Hecker Briefe, Aufmunterungen, Versammlung vom 19. März 1848, welche Deputationen, die zum Losschlagen auffor­ die Bildung der Volksvereine brachte und derten. Hinzu kam, daß sich Hecker persön­ damit ein schlagkräftiges Instrument der ra­ lich nicht mehr sicher fühlte. Schon nach der dikalen Linken schuf. Hecker wurde ihr Ob­ Volksversammlung im September 1847 in mann. Dies war im Grunde eine durchaus Offenburg waren gegen die Anführer Ver­ revolutionäre Versammlung, an der Spitze fahren angestrengt worden. Die Unsicherheit standen Republikaner. Aber noch erschien vermehrte sich, als Joseph Fickler, der radi­ Hecker eine „Schilderhebung“ verfrüht, kale Führer des Seekreises, von wo der Auf­ noch schien ihm die Zeit nicht ganz reif und stand losbrechen sollte, der große Agitator in noch setzte er große Hoffnungen auf das seinen „Seenblättern“, von Karl Mathy auf sich auf Einladung des Heidelberger Siebe­ dem Bahnhof zu Karlsruhe verhaftet wurde. ner-Ausschusses bildende Vorparlament, in Diese Verhaftung Ficklers war ein schwerer das er und Struve einzogen. Aber welch ein Schlag für Hecker, und er schloß weiter dar­ politisch buntes Bild boten die 511 Männer! aus, daß er selbst nun das nächste Opfer sein Tiefe Enttäuschung gerade unter den Demo­ würde. Er fuhr am 9. April von Mannheim ab kraten und Republikanern, wenn sie mit ge­ und erreichte — vorsichtigerweise auf der mischten Gefühlen auf die vielen Professoren elsässischen und Schweizer Seite reisend — und auf die vielen Stützen vormärzlicher Konstanz, wo alle anderen führenden Revo­ Staatsmacht blickten. Struve ging die Sache lutionäre schon versammelt waren. Was nun rücksichtslos an. In 15 Punkten forderte er folgte, ist bekannt: die „Schilderhebung der Hecker auf der Scheideck Reproduktion mit freundl. Genehmigung des Bad. Generallandesarchivs Karlsruhe

deutschen Republik“, der Heckerputsch. Optimismus. Und so führte ihn sein Weg im Dieses Unternehmen zeigt eine Seite Hek- zwangsläufigen und unentrinnbaren Ablauf kers ganz deutlich, nämlich, daß er immer auf die Scheideck, wo die hessischen und ba­ glaubte, was er wünschte. Häusser bemerkte dischen Soldaten am 20. April 1848 den dazu ganz richtig: „Wenn Hecker das Volk Traum von der Republik wie eine Seifenblase aufforderte, ihm zu folgen, wenn er es zur platzen ließen und Hecker zwangen, seine Hilfe rufe, so gehört eben wieder die ganze Heimat für immer zu verlassen und in der Illusion der Hecker’schen Individualität Schweiz, in Muttenz bei Basel, Zuflucht zu dazu, um aus dem Beifallruf vieler Tausende suchen. Damit verschwindet Hecker von der die bewaffnete und tätige Hilfe vieler Tau­ badischen politischen Bühne, er hat sie nie sende von bereitwilligen Kämpfern zu schlie­ mehr betreten. Merkwürdigerweise hat das ßen. Die unermeßliche Mehrzahl dachte Gefecht bei Kandern die magische Kraft von nicht daran, daß ein solcher Ruf zum Streite Heckers Namen nicht zerstört. Im Gegenteil, einem republikanischen Putsch gelte . . der Heckernimbus nahm immer mehr zu, (Häusser, a.a.O.S. 121.) Und er fügt hinzu, und der geschlagene Revolutionär wurde daß die Frage, welche Form Deutschland in zum „Abgott des Volkes: er sei der aus dem Zukunft haben solle, nicht in einem südwest­ Kyffhäuser gekommene Kaiser Rotbart, ei­ lichen Winkel Deutschlands entschieden nes Tages werde er wieder erscheinen, wie werden könne. Bewundernswert bleibt aber ein Messias, sagten die Bauern . . . “ (Valen­ der Mut Heckers und sein unerschütterlicher tin, a.a.O.II. S. 170.)

89 3. In der Schweiz und in den USA überholte ihn. Als Hecker in Straßburg die Die Schweiz wurde zum Asyl der geschlage­ dortigen Freischaren inspizieren wollte, nen Revolutionäre aus dem badischen Auf­ mußte er die Stadt binnen 24 Stunden verlas­ stand. Diese wurden trotz des Einspruchs der sen. Die Schwierigkeiten und Enttäuschun­ bad. Regierung und der Nationalversamm­ gen häuften sich, und da faßte er den ra­ lung von den Schweizer Behörden an der schen Entschluß, allem aus dem Wege zu ge­ Grenze geduldet und bildeten so eine per­ hen und in die USA auszuwandern. Auch das manente Gefahr. Hecker blieb nicht untätig ist Hecker! und versuchte durch Drohungen gegen die Niemand konnte ihn abhalten, selbst der alte Nationalversammlung, die Aufregung wach Itzstein nicht. Nachdem er seine Rechtferti­ gungsschrift „Die Erhebung des Volkes in zu halten. Er war — und das ist erstaunlich — Baden für die deutsche Republik im Früh­ für Tiengen in die Nationalversammlung ge­ wählt worden und wollte trotz seines Auf­ jahr 1848“ verfaßt hatte, verließ er Straßburg standes seinen Sitz einnehmen. Auch dieser und schiffte sich am 20. September in South­ V unsch ging mit den Realitäten nicht zu­ ampton nach den USA ein. In seinem Aufruf sammen. Heckers Aufnahme wurde abge­ vor seinem Abschied vom deutschen Volke lehnt, die Nationalversammlung konnte und hieß es: „Wir standen auf, und wir unterla­ wollte ihn nicht amnestieren. Auch in einer gen, weil bei dem Volke der Mut zur Tat Ersatzwahl wählten ihn die Tiengener noch nicht dem Mut des Wortes gleich kam . . . einmal vergeblich. Das machte Hecker voll­ helfen kann nur die gewaltige Tat, die revo­ ends zum Märtyrer im Auge des Volkes. lutionäre Volkstat, nicht das Hoffen und Harren, nicht papierene Adressen und Peti­ Auch Heckers Zeitung, der „Volksfreund“ tionen, nicht Festschmäuse und Toaste, nicht kam massenhaft nach Baden, und man griff das Singen von Heckerliedern und anderen gern nach „der gepfefferten Speise.“ Er per­ Gesängen ... Ja, ich will diese Reise unter­ sönlich litt in Muttenz keine Not, seine Po­ nehmen zu jenem gewaltigen Bürgervolke, pularität bewahrte ihn davor. Immer wieder welches den Völkern der alten Welt zuerst erhielt er erhebliche Geldsendungen, im Ge­ das Licht der Freiheit angezündet und der gensatz zu vielen seiner Freunde, denen es republikanischen Freiheit die Weltherrschaft nicht so gut ging. Zu Hunderten pilgerten sichern wird, ich will nicht in verzehrender Gesinnungsfreunde aus Baden und dem übri­ Untätigkeit oder eitler Projektemacherei an gen Deutschland nach Muttenz, das zum den Grenzen Deutschlands müßig liegen und Mekka der Republikaner wurde. Aber die zerrütten an Geist und Leib, kein verkom­ Einigkeit der Flüchtlinge selbst bekam Risse. mender und verkommener Flüchtling sein Der Gegensatz Hecker—Struve, vom ge­ oder werden. Ich will mit eigenen Augen meinsamen Wollen der Erzwingung der Re­ sehen und erforschen die Einrichtung jenes publik überdeckt, brach nun auf. Auch mit größten und freiesten aller Völker, ich will dem radikalen Heinzen, ebenfalls ein führen­ und hoffe dorten tätig sein und wirken zu der Kopf, brach Hecker. Er war ein schlech­ können für das Land, aus welchem wir repu­ ter Verlierer, auch das war eine seiner blikanischen Flüchtlinge ausgestoßen liegen Charaktereigenschaften, verlegte sich aufs im Exil . . . Sie werde, die deutsche Repu­ Verdächtigen und Schimpfen und wurde bit­ blik!“ (Blum, a.a.O, vor S. 241.) ter. Eine eigene Schuld sah Hecker nicht. Friedrich Hecker kaufte sich in der Gegend Viele seiner einstigen Freunde, auch Struve, von St. Louis in der Nähe von Belleville im schwenkten ab, und er wurde von den Ge­ Staate Illinois eine Präriefarm, die er fleißig sinnungsgenossen als Leiter neuer Unterneh­ bewirtschaftete. Er und alle die Auswande­ mungen nicht mehr vorgesehen. Die Zeit rer, die sich dort dem Ackerbau widmeten,

90 betrachteten St. Louis als ihre Metropole und einem niedrigen, mit einem Büffelfell be­ bildeten einen starken und einflußreichen deckten Ruhebett. „Hallo“, rief er mit heise­ Bevölkerungsteil. Sie entfalteten eine uner­ rer Stimme, „da sind Sie endlich! Was in al­ müdliche Tätigkeit, um Geld zusammenzu­ ler Welt führt Sie in dies verdammte Land?“ bringen. Hecker selbst hielt viele Versamm­ „Finden Sie wirklich dieses Land so lungen ab. Konzerte und Basare wurden ver­ schlimm?“ fragte ich. „Nein, nein, es ist kein anstaltet, republikanische Arbeitsausschüsse schlechtes Land“, sagte er, „es ist gut genug, gebildet, um der deutschen Volksbewegung aber der Teufel hole das Wechselfieber! Se­ zu helfen. Mit nie erlahmendem Interesse hen Sie mich nur an. “ Damit stand er auf verfolgte Hecker die Vorgänge in der Hei­ und fuhr fort, in den heftigsten Ausdrücken mat. Als es 1849 tatsächlich ernst wurde in über das Wechselfieber zu schimpfen. Und Baden und man wirklich von Revolution wirklich, als er so dastand, ein Mann nur we­ sprechen konnte, rief die provisorische badi­ nig über Vierzig, bot er einen kläglichen An­ sche Regierung Hecker zurück. Aber als er blick. Als junger Advokat in Mannheim und mit einer Anzahl amerikanischer Offiziere in als Abgeordneter . . . hatte er sich durch die Straßburg ankam, war auch dieser Traum Eleganz seiner Kleidung ausgezeichnet. Jetzt von der Republik zerronnen. Mit welchen trug er ein grauwollenes Hemd, lose, abge­ Gefühlen muß Hecker in die neue Heimat tragene Beinkleider und ein Paar alte Filz­ zurückgereist sein! Aber auch dort gab es für pantoffeln. Frau Hecker, die meine erstaun­ den alten Revolutionär noch einmal eine ten Blicke beobachtete, flüsterte mir mit ei­ große Zeit, der amerikanische Bürgerkrieg nem Seufzer zu: „Seit wir hier leben, kann brachte ihn erneut in Erinnerung. Keine ich ihn nicht mehr dazu bewegen, etwas auf Frage, daß die deutschen Republikaner so­ sein Außeres zu geben.“ Ich hatte immer ge­ fort Partei waren. Im Kampf gegen die Süd­ hört, daß Hecker ein schöner Mann sei. Er staaten und die Sklaverei führte Hecker dem hätte es noch sein können mit seiner Adler­ General Fremont ein Regiment zu, wie ein nase, seinen klaren, blauen Augen, den fein­ Magnet hatte sein Name die Männer ange­ geschnittenen Zügen und seinem blonden zogen. Wie gewohnt, schlug er sich persön­ Haar und Bart. Aber jetzt sah sein Gesicht lich tapfer, an Mut hat es ihm nie gefehlt, eingefallen, blaß und müde aus; sein einst so und er wurde in einem der ersten Gefechte elastischer Körper war wie gebrochen, als ob verwundet. Aber Hecker besaß keine Eig­ er sich kaum noch aufrecht halten könne. nung zum Kommandeur. Er, der selbst nie „Ach“, sagte er, „Sie sehen, was aus einem gehorchen gelernt hatte, war nicht in der alten Revolutionär werden kann, wenn er Lage, die Männer militärisch zu führen. Mit von Chininpillen leben muß.“ Weiter heißt es seinem Temperament und oft cholerischem, in dem Bericht: „Ich wurde eingeladen, zum kantigem Wesen war er ein schwieriger Vor­ Mittagessen zu bleiben, was ich gern an­ gesetzter und ein unangenehmer Untergebe­ nahm. Es war eine sehr einfache aber gute ner. In seinem Regiment brach eine Meuterei Farmersmahlzeit. Frau Hecker hatte sie zu­ aus, und es mußte 1861 aufgelöst werden. bereitet und half auch bei der Aufwartung. Später stand Hecker noch einmal als Oberst Zwei ziemlich rauh aussehende Männer in an der Spitze einer Brigade. Auch da bekam Hemdsärmeln, die Farmarbeiter, saßen mit er solche Schwierigkeiten, daß er das Kom­ uns bei Tisch. Das war, wie Hecker mich be­ mando niederlegte und sich auf seine Farm lehrte, die Regel des Hauses. „Freiheit, zurückzog. Dort besuchte ihn auch Carl Gleichheit, Brüderlichkeit“, sagte er. Aber Schurz, der in seinen Erinnerungen erzählt, diese Brüderlichkeit verhindert ihn nicht in welcher Verfassung er den kranken und daran, nach Tisch, in meiner Gegenwart, ei­ übellaunigen Hecker antraf: „Hecker saß auf nen der Arbeiter, der auf irgendeine Weise

91 sein Mißfallen erregt hatte, derartig abzu­ niemals Schlagworte, sondern Ideale, für die kanzeln, mit einer solchen Geläufigkeit und er sich ein Leben lang mit seiner ganzen Per­ solchem Reichtum an Kraftausdrücken, wie sönlichkeit eingesetzt hat. Am 24. März 1881 ich es kaum für möglich gehalten, hätte ich setzte der Tod den Schlußpunkt hinter sein es nicht selbst gehört.“ (Schurz, a.a.O. von Unruhe, vielen Hoffnungen, vielen Ent­ S. 317/318). Das war nun auch wieder Hek- täuschungen, Kampf und Arbeit geprägtes ker. Die Brüderlichkeit gelang ihm auf seiner Leben. Ein Denkmal hält heute noch in Farm scheinbar nicht immer. St. Louis sein Andenken wach. Aber Hecker blieb weiterhin ein scharfer Be­ obachter der Entwicklung in Deutschland. 4. Versuch der Zusammenfassung Als nach dem Kriege 1870/71 das Kaiser­ reich gegründet wurde, hielt er in St. Louis Charakter und Wesen eines Menschen zu er­ eine begeisterte Festrede. Diese Begeiste­ gründen, ist ein schwieriges Unterfangen. rung, die von Hecker spontan Besitz ergrif­ Ihn einfach nach Plus und Minus einzuteilen, fen hatte, sollte bald vergehen. 1873 besuchte kann der Vielschichtigkeit eines Menschen er wieder Deutschland, 25 Jahre nach seiner nicht Rechnung tragen. Und doch muß dies Auswanderung, mit Jubel von den Demokra­ in unserem Fall geschehen, um nach all dem ten empfangen. Hecker, gewohnt scharf zu Gesagten, die Person Friedrich Heckers ei­ beobachten, gefiel an dem neuen Reiche ner — wenn auch lückenhaften — Wertung manches nicht, und bald machte er in der zu unterziehen und die Frage nach seiner un­ Manier des früheren Volksredners aus sei­ geheueren Beliebtheit zu beantworten. nem Herzen keine Mördergrube. Seine alte Zunächst sollen seine „Schattenseiten“ fest­ Liberalität und Freisinnigkeit brachen durch. gestellt werden. Hecker war ein Mann, der Die oft vorgebrachte Meinung, Hecker sei mit wenig Geduld ausgestattet war. Er vor allem deshalb mit dem Reich unzufrie­ brachte sie nicht auf zum Vorbereiten und den gewesen und habe nach seiner Rückkehr Überlegen, und so ging ihm politisch man­ in die USA deshalb so scharfe Kritik geübt, ches durcheinander. Der Augenblick hatte weil er keinen Anteil an dessen Entstehung deshalb sein Vertrauen, jeder Kampf war hatte, wird sich wohl kaum halten können. ihm willkommen. Hecker glaubte an seine Das wäre zu klein von ihm gedacht, und er Berufung, wenn er auch wohl kaum sich tie­ selbst hatte nicht mehr daran gedacht, aktiv fere Gedanken darüber machte, wohin er in die deutsche Politik eingreifen zu können. ging. Das Vorwärtsstürmen schloß Reflexio­ Sicher ist natürlich auch, daß das Kaiserreich nen aus, und es ist wohl sicher, daß im Falle seinem Ideal von der „roten“ Republik eben eines Erfolges ihn andere, kühlere Politiker keinesfalls entsprach, das Werden des Rei­ ausgespielt hätten. Er war ein guter Jurist, ches hatte sich nicht auf seinem Wege voll­ das ist unbestritten. Ansonsten hatte er viel zogen. gelesen, ohne zu ruhiger Besinnung und Klä­ Hecker ist in den letzten Jahren seines Le­ rung der eigenen Ansichten zu kommen. Es bens nicht mehr besonders hervorgetreten. fehlte ihm das umfassende Wissen. Auch in Er besaß viele Freunde und genoß hohes An­ dieser Beziehung ist also ein Manko festzu­ sehen nicht nur bei den Deutschen in Ame­ stellen, das für eine hohe politische Stellung rika. Er gehörte in Amerika zu den besten hinderlich gewesen wäre. Ein Staatsmann Vertretern des Deutschtums und war ein nie wäre Hecker wohl nie geworden. Hecker erlahmender Verfechter geistiger Freiheit. war weiterhin ein Mann mit Launen und ei­ Seine „Reden und Vorlesungen“ geben ein nem gehörigen Eigensinn, den man nicht un­ Bild seiner Bemühungen um Freiheit und gestraft reizen durfte. In seinen Anfangsjah­ Recht. Freiheit und Gleichheit waren für ihn ren als Glückskind verwöhnt, ertrug er

92 schwer Kritik und war überhaupt kein Freund von „Parteidisziplin.“ Er war, wer es verstand, leicht bei seiner Eitelkeit zu fassen. Wenige, außer Sander und v. Itzstein mit sei­ ner überlegenen Ruhe, konnten mit Hecker gut fertig werden, geschweige ihn lenken. So schoß sein politisches Ungestüm oft zügellos dahin und oft weit über das Ziel hinaus. Sein Zorn loderte schnell auf. Dies machte ihn selbst in den Reihen der Opposition zu ei­ nem unbequemen Mann. Ob man seine Art, in einem deftigen Kraftdeutsch seine Gedan­ ken zu äußern, Fraktur zu reden und zu schreiben ihm anlasten soll, ist zweifelhaft. Dies kann genau so gut zu seinen Pluspunk­ ten zählen, was noch zu beweisen ist. Die ganze Anlage seiner Persönlichkeit zeigt ei­ nen nach außen rauhen Mann mit starker in­ nerer Sensibilität und leicht verletzlich. Ein Mann, der an hohe Ideale glaubte, den Rea­ litäten nicht den gebührenden Stellenwert zumaß und so oft zu einem Illusionisten wurde. Die vielen guten Eigenschaften Heckers, die Dr. Friedrich Hecker am 20. April 1848 ihn zum Volksmann werden ließen, sind Reproduktion mit freundl. Genehmigung des Heimatmuseums leicht anzuführen: Prachtvolle, männliche Kandern. Schönheit, kraftvolle Erscheinung mit einer faszinierenden Wirkung auf die Menge. Ein d. Verf.) ist Hecker, und dem Volke, dem Mann mit Selbstgefühl, erfüllt mit Lebens­ sinnlichen näher. Das ist ein Fleischesser und hunger, ein geborener Führer, ein geborener ein vollsaftiger, gesunder Mensch, wenn er Held. Eine blendende Figur mit unbeküm­ auftritt und sein langes braunes Haar aus merter Wucht und mit dem Glauben an das dem Gesicht schüttelt und mit einer kräftigen Wunder in außerordentlichen Zeiten. Hek- Baritonstimme zu reden beginnt. Man spürt ker, ein Mann, der stürmisch, schlagfertig, es sofort, daß hier einer redet, der nicht aus frisch und gewandt auf seine Gegner lösfuhr. der Schreibstube, nicht vom Studium des Ein Mann, der sich treu und opferfreudig an Contrat social herkommt, sondern aus dem die Dinge hingab, die ihm teuer waren. Die Kreise rüstiger Leute, welche eine tüchtige Tiefe seines Gemütes und seiner Leiden­ Veränderung wollen im Staatsleben ... Er schaft verliehen seinen öffentlichen Reden begründet viel mehr im Vorübergehen sein einen hinreißenden Schwung, der durch die Bedürfnis nach Bewegung und Wechsel, als kraftvolle Sprache unterstützt wurde. Hek- daß er sein System begründen wollte. Sein ker, ein Mann ohne Falsch, ein treuer und Angriff ist poetisch und nicht eigentlich so­ ehrlicher Freund, ein Mann, in dem sich zialistisch; er stammt aus der ganzen wohl ein Rest jugendlicher Abenteuerlust er­ menschlichen Regung, nicht aber aus den halten hatte. Heinrich Laube, der Hecker gut unabweislichen Bedingungen einer Lehre. gekannt hat und dessen Urteil gültig ist, sagt Man sieht voraus, daß dieser Mann des un­ von ihm: „Ganz anders (als Struve, Anm. gestümen Kampfes leicht genötigt werden

93 könnte, nach errungenem Sieg gegen seine Einfällen, in beinahe barocker Art der ver­ systematischen Genossen aufzutreten, weil er haßten Bürokratie an den Hals fuhr. Das Freiheit und nicht System will, weil er ober­ Volk spürte Heckers redlichen Willen im flächlich im Constituieren und nachsichtig Kampf um die Freiheit. Man konnte sich mit gegen sich und andere im Leben sein würde. ihm identifizieren. Kurzum, er war ein Er erscheint gutmütiger, sorgloser, mit einem Mann, zu dem man aufsah, von dem man die Worte studentischer. An den Studenten erin­ große Wende erwartete. Als die Reaktion nert er ganz und gar, wie lange er auch Hecker zu Fall brachte, blieb mit ihm noch schon in der badischen Kammer sitzt; und Jahrzehnte der Traum von der Republik un­ daraus erklärt sich, abgesehen von allem üb­ auflöslich verknüpft. Freiheit und die alten rigen, seine ermunternde Einwirkung auf die Forderungen des Volkes bildeten im Be­ jungen Männer des westlichen Deutsch­ wußtsein der Bürger mit Hecker eine Ein­ lands.“ (Laube, a.a.O.S. 23/24.) Mit Veit heit. Und so lange diese Forderungen nicht Valentin sollen die Stimmen aus der maßge­ erfüllt waren, blieb Hecker das Symbol der benden Literatur abgeschlossen sein: „Hek- Hoffnung und damit lebendig. Realpolitisch ker war ein Illusionist, aber er war sehr mu­ aber ging der Stern Heckers mit dem ster­ tig; er war ein sozialrevolutionärer Träumer, benden Biedermeier unter. er arbeitete nur mit anständigen Mitteln, beinah mit zu anständigen. Er lehnte jeden Terror ab, tat nichts gegen notorische 5. Die Heckerlieder Spione, verhandelte mit allen Beamten güt­ Wenn man die Literatur der Revolutions­ lich und friedlich, litt unter Geldmangel und jahre 1848/49 überblickt, wird einem rasch wußte sich nicht zu helfen, befahl, nur gegen bewußt, in welch hohem Maße die Bürger Barzahlung von der Bevölkerung etwas zu propagandistisch unter Druck gesetzt wur­ nehmen, ließ gefangene Soldaten samt ihren den. Es gab eine Unmenge Beschlüsse, For­ Pferden großmütig wieder frei und hoffte derungen, Aufrufe, politische und satirische durch all das die Herzen zu gewinnen. Es Lieder, welche mittels Flugblätter unter das war ja seine Eigentümlichkeit, Anhänger und Volk gebracht wurden. Und es sind beson­ nun gar begeisterte Frauen und Mädchen, ders die Heckerlieder, welche den Gang der die mehr für seine Sache übrig hatten wie die Ereignisse begleitet haben und mit Vorliebe Männer, schlechter zu behandeln als Gegner. gesungen wurden. Sie sind zum einen Grad­ Er war eben doch kein Räuberhauptmann, er messer der Popularität Friedrich Heckers ge­ war kein blutiger, sondern ein humaner Re­ worden, zum ändern freilich auch Beweise volutionär — er war im Grunde nicht viel für sich wandelnde Gesinnungen, vielleicht mehr als ein Rechtsanwalt mit einem golde­ unter dem Druck der äußeren Verhältnisse, nen Herzen und einem langen Bart.“ (Valen­ und der Weg von den Hoffnungen, die man tin, a.a.O.S. 496.) an Hecker knüpfte, bis zum Spott und zur Ein Gesichtspunkt muß abschließend noch Satire wegen des mißlungenen Putsches war hinzugefügt werden. Eine Natur wie Hecker nicht weit. Es besteht also ein gravierender mußte in einer Welt des Spießertums doppelt Unterschied zwischen den Liedern vor und wirksam werden. Sich entwickelnd in der während der Revolution und denjenigen, die Welt des Biedermeier, wo dem Bürger das nach deren Scheitern erschienen sind. Den Denken und Reden abgewöhnt und abge­ Liedern, welche vor Heckers Fall gemacht nommen wurde und die ihn im häuslichen worden sind, eignet das für jene Zeit charak­ Bereich festband, mußte ein Mann wie Hek- teristische hohe Pathos, sie sind ernst und ker weite Beachtung finden. Da war ein feierlich, aber auch sie lassen die Widersprü­ Kerl, der in genialischen Reden, zündenden che zwischen Ideal und Wirklichkeit erken­

94 nen. Viele Lieder jener Zeit sind ausgespro­ der ähnlichen, aber doch verschiedenen Ver­ chene Agitationsgedichte. Sie wendeten sich sionen besungen. Das von Glock (a.a.O. direkt an das Volk und erzielten eine enorme Nr. 84, aus Riedlingen) mitgeteilte Lied Wirksamkeit. Die Lieder, die man nach dem stehe als Beispiel dafür, wie sich das Hecker­ Scheitern des Putsches verfaßte, nahmen die bild nach dessen Niederlage in der Sicht der erfolglosen Revolutionäre aufs Korn, mach­ beteiligten Soldaten bietet. Hier wird schon ten sie lächerlich und sind voll des Spottes. genug Hohn und Spott auf ihn gehäuft. Das geht hin bis zu den Kinderversen. Die nun folgende Auswahl an Heckerliedern er­ Das Treffen bei Kandern hebt natürlich keinen Anspruch auf Vollzäh­ ligkeit. Hört’ Leute, was ich euch erzähl', Das Gedicht „An den edlen Volksfreund Vom Hecker, dem Räuber, dem meineid’gen Hecker“ ist der Schwur, Hecker in den Kerl. Kampf zu folgen und der bedingungslosen Treue. Als Hecker ist kommen in Schwarzwald hinein, An den edlen Volksfreund Hecker Der Kaiser von Deutschland, das wollt’ er (Meid: Der Freiheit eine Gasse) gleich sein. Du edler Volksfreund, wackrer Mann, Den Szepter, die Krön, das hätt’ er gern g’habt, Du Stolz der deutschen Gauen, Da haben’s die Soldaten ihn gleich halt ertappt. Führ Du uns jetzt zum Kampfe an, Daß wir die Freiheit schauen. Den Zweck zu erreichen schickt’ er sein' Wir folgen kühn und mutig Dir, Adjutant, Geschart um unsre Fahnen: Der gab als Verräter dem General die Hand. Tod oder Freiheit! rufen wir, Ganz würdig unsrer Ahnen. Als Hecker ist kommen zu seiner freien Rott, Da schossen die Lumpen den General tot. Zum Kampf, ihr Männer, seid gerüst’t, Die Freiheit zu erringen! Da kamens die Hessen und Nassauer in Wut, Zeigt, wer derselben würdig ist, Sie kämpften wie die Löwen, das Blut fließen Ob ihr das Schwert könnt schwingen. tut. Die Zeit der Bitten ist vorbei, Dadurch ward nichts gewonnen, Da liefen die Freischärler alsbald in die Flucht, Mit Lanzen, Schwertern und mit Blei Und sie warfen die Gewehre hinein in die Werd’ ernst der Kampf begonnen. Schlucht. Gelt Hecker, gelt Hecker, das Blatt hat sich Wir schwören Dir mit Gut und Blut, g ’wendt, Vom Kampf nicht abzulassen, Du hast dir bei Kandern den Schnurren Bis daß die ganze Herrscherbrut verbrennt. Die Throne hat verlassen. Dann rufen wir: es lebe hoch Den Schnurren verbrennt und die Sensen Die deutsche Republik! verlor’n, In Freiheit, Gleichheit, Brüderschaft Gelt Hecker, gelt Hecker, dich haben sie Liegt nur des Deutschen Glück. geschor’n. Das für Hecker schicksalhafte Treffen bei Ihr Fürsten, Herr Kaiser, mit dem Hecker ist’s Kandern am 20. April 1848 wurde in einan­ aus!

95 Was kriegen wir Soldaten, wann wir kommen Die Menge staunt’ und hörte, nach Haus ? Sie jubelte und schwärte; O wunder-wunderbar! Wir haben gestritten fürs deutsche Parlament, Du führtest mutig weiter Für des Vaterlands Ehren, von vielen ver­ Das Fähnlein deiner Streiter kennt. Entgegen der Gefahr. Nach Heckers Flucht in die Schweiz nach Doch als dich in den Bergen Muttenz bei Basel widmete ihm Georg Her- die königlichen Schergen wegh, die „eiserne Lerche“, der ihm mit sei­ Erdrückt in einer Schlacht; ner deutsch-französischen Legion zu Hilfe Da ist der Schwarm zerstoben, gekommen und bei Dossenbach entschei­ Um Gott, den Herrn, zu loben, dend geschlagen worden war, ein Lied, das Der alles wohlgemacht. Hecker hymnisch verherrlicht, ihm ein Denkmal setzt, aber aus dem auch die Bitter­ Schließlich kam Heckers Auswanderung keit des Verlierens spricht. (Nach Lauten­ nach Amerika. Das war ein Ereignis, das in schlager a. a. O.) Deutschland einen ungeheueren Widerhall fand, und viele hegten die Hoffnung, daß H ecker Hecker einst, wenn die Zeit reif sei, wieder­ kommen würde. Das Gedicht H. Sulzers ist Im Frieden deines Muttens ein Stimmungsgemälde des September 1848. Die große Seele Huttens, Es ist voll Zuversicht und Hoffnung auf eine Sie möge mit dir sein! bessere Zukunft, welche die Einheit bringen Wie er des Volkes Wecker, wird. So stehest du, o Hecker, Verlassen und allein. Abschied an Friedrich Hecker Die Stunde war gekommen, bei seiner Überfahrt nach Nordamerika im Du hast das Schwert genommen, September 1848 Du hast’s gewagt, gewagt! Im Dunkel ihrer Tannen Leb’, Hecker, wohl! ach, bitter sind die Worte Die träumenden Alemannen Für Deiner wahren Freunde blutend Herz; Zomsprühend aufgejagt. Du suchest Ruh’ an einem fernen Orte Und uns nur bleibt der gramerfüllte Schmerz. Heiß lag das Rächereisen, Die wahren Freunde werden um Dich trauern, In Frankfurt unsre Weisen, Denn Volksverrath hat uns allein getrennt; Sie schmiedeten es nicht; Doch sind Verräther stets nur zu bedauern, Sie schwankten, die Verzagten, Denn auf der Seele sie der Treubruch brennt. Sie tagten, ach! und tagten, Und nirgends ward es Ficht. Was bleibt uns nun, wenn Du Dich uns entziehest, Da kamen deine Schützen Da Du allein der Hoffnung Anker bist, Und warfen ihre Mützen Wenn Du dem feinen Preußen-Netz Und rüttelten den Thron; entfliehest, Du Herrlicher, du Treuer, Das uns umgarnt mit Trug und falscher List? Wie glühtest du vom Feuer Doch gilt es noch, die Zeit ist nicht vorüber, Der Revolution! Noch geht die Sonne ihren alten Lauf,

96 Ist sie am Abend manchmal etwas trüber, len, und die eingängigen Refrains erhöhen Geht sie am Morgen dennoch glänzend auf. die Wirkung des Gedichtes. Nach Ästhetik wird hier nicht gefragt. Der Irokesen Pfeile sind vergiftet, Die Mingo’s lauern schlau auf ihren Feind, Das Heckerlied Doch was die Natternbrut bei uns gestiftet, Ist selbst der Wilde Dir ein bess’rer Freund. Wenn die Roten fragen, Dich wollten sie an’s Marterkreuze schlagen, Lebt der Hecker noch, Weil Du die Wahrheit frei gestellt an’s Licht; Sollt ihr ihnen sagen, Du sollst für sie die Last des Kreuzes tragen, Ja, er lebet noch. Weil Kraft und Mut am rechten Ort gebricht. Er hängt an keinem Baume, Er hängt an keinem Strick, Doch nur Geduld, schon fängt es an zu gähren, Sondern an dem Traume Die Reaction gräbt selber sich ihr Grab; Der roten Republik. Der Preußen-König will es nicht gewähren, Will Deutschlands Ruhm nun brechen seinen Gebet nur, ihr Großen, Stab; Euren Purpur her, Der Däne sieht so lüstern nach dem Lande, Das gibt rote Hosen Wofür der Deutsche setzt sein Leben ein; Für der Freiheit Heer. Hoch lebe Holstein an der Ostsee Strande! Ja 33 Jahre Dies schwören deutsche Völker im Verein. Währt die Sauerei. Wir sind keine Knechte, Trotz Russen, die die Grenze stark umliegen, W ir sind alle frei. Die gerne seh’n, wenn Deutschland untergeht, Doch deutsche Völker sind nicht zu besiegen: Wenn in Flammen stehen Dein Name golden in dem Banner steht; Kirche, Schul und Staat, Ein jeder kämpfet dann mit jenem Muthe, Kasernen untergehen, Den Du dem deutschen Volke trugst voran; Dann blüht unsere Saat. Das Schlachtfeld sei gefärbt mit unserm Blute, Ja 33 Jahre Wir stehen fest, ein Jeder, Mann für Mann. Währt die Knechtschaft schon, Nieder mit den Hunden Nun lebe wohl, dies wünschen Deine Freunde, Von der Reaktion! Sei glücklich auf der Wellen leichtem Tand; Wir stehen fest trotz jenem preuß’schen Feinde; An den Darm der Pfaffen Denn jener steht schon an des Abgrunds Rand; Hängt den Edelmann, D’rum nimm die süße Hoffnung mit hinüber, Laßt ihn dran erschlaffen, Nimm sie mit hin nach Nordamerika: Hängt ihn drauf und dran. Bald sind vereint die treuen deutschen Brüder, Ja 33 Jahre usw. Dann, lieber Hecker, dann sei wieder da! (Blum, a. a. O.) Schmiert die Guillotine Mit Tyrannenfett, Reißt die Konkubine Ganz anders in Form und Ton ist ein Hek- Aus des Pfaffen Bett. kerlied, das bald nach der Auswanderung Ja 33 Jahre usw. Heckers entstanden sein muß. Das ist reinste Agitation und Demagogie, hier heiligt der Fürstenblut muß fließen, Zweck alle Mittel. Die Verse sind Schlagzei­ Fließen stiefeldick,

97 Und daraus ersprießen Das berühmteste Heckerlied ist ohne Zweifel Die rote Republik. „Das Guckkastenlied vom großen Hecker“ Ja 33 Jahre usw. von Karl Gottfried Nadler, dem unvergesse­ (Dreßen, a.a.O.S. 56/57) nen Pfälzer Dichter. Voller Humor, Witz und Überlegenheit schildert Nadler den Ab­ Das nun folgende Lied war sehr beliebt und lauf des Hecker-Putsches in all seinen Ein­ weit bekannt und wurde allenthalben gesun­ zelheiten. Das ist großartig gemacht, und die gen. Landauf, landab war es ein Dorn im pfälzische Satire tut nicht weh und verletzt Auge der Polizei, denn sie mußte denen nicht. Deshalb wurde das Lied in der Revolu­ nachjagen, welche dieses „staatsgefährliche“ tionszeit auch unbefangen und ohne bösen Lied sangen. Glock hat es aufgezeichnet, wie Unterton gegen Hecker gesungen. Genau so er es in Sinsheim a.d.E. gehört hat. Aus die­ treffend sind die Karikaturen, welche das sem Gedicht spricht die Gegenwärtigkeit Originalblatt zieren. Jenes bekannte, stili­ Heckers, lebte er auch gleich in den LISA. sierte Abbild Heckers mit dem Schlapphut Sein Geist war noch lebendig da, und sein und der Feder drauf, dem Bart, der Bluse, Beispiel gab Mut und Ansporn. den hohen Stiefeln, dem Schleppsäbel und dem Gewehr in der Hand in der ganzen ent­ Hecker hoch! schlossenen Haltung wurde zum Abbild ei­ nes Revolutionärs schlechthin und hat in sei­ Hecker hoch! Dein Name schallet nen vielen Formen mindestens ebensoviel zu An dem deutschen ganzen Rhein, seiner Popularität beigetragen als alle Lieder Deine Liebe, deine Treue und Schriften. Flößt uns all’n Vertrauen ein. Hecker, großer, deutscher Mann, Das Guckkastenlied vom großen Hecker Der für Freiheit sterben kann. Seht, da steht der große Hecker, Ach, so mancher tut’s nicht achten, Eine Feder auf dem Hut, Was dein Mund von Freiheit spricht. Seht, da steht der Volkserwecker, Erst, wenn sie in Fesseln schmachten, Lechzend nach Tyrannenblut; Dann erkennen sie dein Licht. Wasserstiefeln, dicke Sohlen, Hecker, großer, deutscher Mann, Säbel trägt er und Pistolen, Der für Freiheit sterben kann! Und zum Peter saget er: „Peter, sei du Statthalter!“ Bist du gleich im fernen Lande, Ist doch stets bei uns dein Geist. „Peter, “ sprach er, „du regiere Brechen müssen bald die Bande, Constanz un den Bodensee; W ie es uns dein M und verheißt. Ich zieh aus und commandiere Hecker, großer, deutscher Mann, Unsre tapfre Arimee; Der für Freiheit sterben kann! Mit Polacken und Franzosen Wird der Herwegh zu mir stoßen, Wenn dein Odem nicht mehr wehet Und der stirbt lebendig eh’r, Und dein blaues Auge bricht: Als daß er ein Hundsfott wär. “ Dann liest man auf deinem Grabe: Hecker starb und wankte nicht! Pflästerer und Schieferdecker, Hecker, großer, deutscher Mann, Alles, niederig und hoch, Komm und stoße mit uns an! Alles jauchzte unserm Hecker, (Glock, a.a.O. Nr. 76) Als er aus zum Kampfe zog.

98 Dno <ßtichfta|lcn-fif& m n oro^rn Archer.

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X u r* bie S a a r (bat man jrpt tranbrm, Saifrr, © ri«haar, Struroel, ‘JJft 91U bi« f*enen ©tabttanonen, Hub b«na* in'« © irf cnt * a I, 9Ur trifb man allbfrrit« fflrofj« ,§, Sirat bo* bir Republit! »Unb Pfrii«’ fonfLmrin’ Cb t« gut gtfit ob« ftt^inf.^ «. Unb Wabam bifg ifcn pertrif*rn • «gern »oQt parlamfniircn. 2 i* in *rtn treuen e*oo|, X » * ba« 18 ni<*( Ae der « Sri; Xenn er tonnt’ fein 'llulotr rir*tn, . 3 *» fbr«* fr, »foü rftirirm, Unb f« ging erf<*recfli<* io«; ,3 * mir meinem rotben S a rt'» ,‘ — © * im m tlp fe n n ig roarb «f»o*fn, 9 * ' nun borf man 2*üfie (naOtn, W an*e ©enft roarb jerbri*tn, ökunal (Magern fab man fallrn — Unb rrf*offen man*er Wann, Unb b« tapfre ^ » in d tlb fr —...... 'I nennen tami. ~ ’ 'i*rbf au* babei. _

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Unb al« W a g rrn rear gffaUtn, 9lfo ift’« in ®aben gangen; ging man Ifib« auf brm :KI>fin, © a« ni*t firi unb ni*l entgol», 3ut Sffümmftnip un« SUtn, fflarb rom Wilitdr gefangen, llniftn rbfln S lr u r e t l fin: üitgl ju ® ru*fal auf bem ©treh! - ■Man tbat ibn in (fiftn Itgtn, 3 * , tin cpiflmann bti btn A t f f t n , 9 b« ren bf« ^>r

99 Handwerksburschen, Literaten, „Hecker ist ein großer Mann, Tailleurs, Bauern, Advokaten, Der für Freiheit sterben kann. “ Alles folgte rasch dem Zug, Als er seine Trommel schlug. Und als dieses vorgefallen, Fing man leider auf dem Rhein, Rumbidibum, so hört man’s schlagen, Zur Bekümmernis von allen, Rumbidibum, Dumdumdumbum; Unsern edlen Struwel ein, Und bei Straf ließ Weishaar sagen Man tat ihn in Eisen legen, Rings im ganzen Land herum: Aber von des Heckers wegen „ Tut euch schnell zusammenraffen, Ließ der Oberamtmann Schey Gebt mir Mannschaft, Pferde, Waffen, Den Gefang’nen wieder frei. Oder ich bring alles um“; Rumbidibum, Dumdumdumbum. Kaiser, Weishaar, Struwel, Peter, Alle trieb man allbereits Und die reizende Frau Struwel Gleichsam als wie Übeltäter Warb mit ihrem Flammenblick In die schöne, freie Schweiz. Tausend Mann in diesem Trubel Doch der Peter, der kam wieder, Für die deutsche Republik. Legt’ die Statthalterschaft nieder, Gelder fand man in den Kassen, „Denn“, sprach er, „ich werde alt, Die man sieb tat öffnen lassen; Und verlier’ sonst mein Gehalt. “ Wein bracht' man aus jedem Haus Für die Republik heraus. Hecker, sag’, wo bist du Hecker? Legst die Hände in den Schoß? Durch die Baar tat man jetzt wandern, A uf nun, du Tyrannenschrecker, Und hernach ins Wiesental, Jetzt geht es a u f Freiburg los. Und daselbst stieß man bei Kandern Badner, Hessen und Nassauer Auf Soldaten ohne Zahl; Stehen dorten auf der Lauer; Edler Gagern, wackre Hessen, Doch wir kommen schon hinein, Wollt ihr euch mit Hecker messen? Denn neutral will Freiburg sein. Gagern, du kommst nicht zurück, Vivat hoch, die Republik! All’ die schönen Stadtkanonen, Großer Hecker, die sind dein: Gagern wollt’ parlamentieren, Und man ladet blaue Bohnen Doch das ist nicht Heckers Art; Nebst Kartätschen schnell hinein. „Ich“, sprach er, „soll retirieren, Langsdorf will recognosciren, Ich, mit meinem schönen Bart!?“ Läßt’ sich auf den Münster führen, Ach! Nun hört man Schüsse knallen, Und guckt durch den Perspectiv, Gen’ral Gagern sah man fallen — Ob es gut geht oder schief. Und der tapfre Hinkeldey Saß zu Pferde auch dabei. Oben her vom Güntherstale, Hinter Wald und Hecken vor, Hecker wollt’ nicht länger bleiben, Kam im Sturm mit einem Male „Rechtsumkehrt euch!“ donnert er; Sigels wildes, tapfres Corps. Und zur Eile ließ er treiben, Aber uns’re Hessenschützen Denn, er stürmte gar zu sehr. Ließen ihre Büchsen blitzen, Die Musik ließ er erklingen, Und das Corps zog sich zurück — Und sein Corps fing an zu singen: Aus war’s mit der Republik.

100 Denn hinein zu allen Toren Denn er könnt’ kein Pulver riechen, Stürmte jetzt das Militär, Und es ging erschrecklich los; Und die Freischar war verloren Schimmelpennig ward erstochen, Trotz der tapfren Gegenwehr. Manche Sense ward zerbrochen, Alle, die sich blicken ließen, Und erschossen mancher Mann, Tat das Militär erschießen; Die ich nicht all’ nennen kann. Alle Führer gingen durch, Und erobert war Freiburg. Hecker ging jetzt in die Fremde Und empfand den tiefsten Schmerz; Hecker stampfte auf den Boden, Denn in seinem Blusenhemde Da ihn, als dem Commandeur, Schlägt ein großes deutsches Herz. Reitende, expresse Boten Mußt er diesmal auch entspringen, Brachten diese Schreckensmär. Wird man dennoch von ihm singen: „W o sind“, rief er, „die Reserven? „Hecker ist ein großer Mann, Laßt sie ihre Sensen schärfen!“ Der für Freiheit sterben kann. “ Sprach’s, und blies in vollem Zorn In sein großes Messinghom. Aber so hat’s kommen müssen, Denn Jesaja, der Prophet, Und nun kamen Herweghs Scharen, Hat darauf schon hingewiesen Er und seine Frau kam nach, Weil allda geschrieben steht: Kamen in der Chais’ gefahren „Disteln tragen eure Äcker A uf dem Weg nach Dossenbach. Jed’ Kamel hat seinen Hecker. “ Doch zu ihrem großen Arger Folgt mithin aus dieser Red, Sah man dort die Württemberger; Daß es durcheinander geht. Hauptmann Lipp, der grobe Schwab’, Kam von einem Berg herab. Also ist’s in Baden gangen; — Was nicht fiel und nicht entfloh, Heckers Geist und Schimmelpennig Ward vom Militär gefangen, Machten da den Schwaben warm. Liegt zu Bruchsal auf dem Stroh. Herwegh sah’s, er fuhr einspännig, Ich, ein Spielmann bei den Hessen, Und es fuhr ihm in den Darm. Der kann Baden nicht vergessen, Unter seinem Spritzenleder Der den Feldzug mitgemacht, Forcht’ er sich vor’m Donnerwetter, Habe dieses Lied erdacht. Heiß fiel es dem Herwegh bei, (Dreßen, a.a.O.S. 70—75) Daß der Hinweg besser sei. Als Hecker im Wahlkreis Tiengen in das „Ach Madamchen“, tat er sagen, Frankfurter Parlament gewählt wurde und „Aus ist’s mit der Republik! sein Mandat nicht antreten durfte, weil ihn Soll ich Narr mein Leben wagen? die Nationalversammlung nicht amnestierte, Nein! Für jetzt nur schnell zurück! entstanden in Mannheim folgende Transpa­ Laß für meinen Kopf uns sorgen, rent-Inschriften anläßlich des allgemeinen Komm ich heut’ nicht, komm’ ich morgen. Reichsverweserfestes 1848: Ach wie kneipt’s mich in dem Leib, Wende um, mein liebes Weib!“ Johann, spann’ an! Gagern voran, Und Madam ließ ihn verkriechen Hecker hinne druff, Sich in ihren treuen Schoß; Halt euch nit uff!

101 oder: gehe, und dieser antwortet: „Ins Oberland! Der Gagern, der sitzt drauße, S’hat wieder ein Handwerksbursche den Der Schmerling, der sitzt drinn, Hecker hochleben lassen!“ Nicht nur im Der Beckerat mecht Flause, Oberland, der Schwarzwald wurde ja „Hek- Der Beucker hotts im Sinn. kerinsel“ genannt, hatten es die Behörden Doch Eener sitzt, ’s is schrecklich, schwer, auch sonst im Ländle hatten sie noch Weeß Gott nit drauß nit drinn, Jahre mit seinem Schatten schwer zu kämp­ Des is der Friedrich Hecker, fen. Derf nit nach Frankfurt hin. Auch heute noch ist Friedrich Hecker in sei­ (Glock, a.a.O. Nr. 89a) ner Heimat unvergessen. Emil Bader hat im „Rössel“ zu Eichtersheim eine Heckerstube Der Mythus vom Volkshelden Hecker hat eingerichtet. Mehr aber als diese ist ein sich noch Jahrzehnte nach den Revolutions­ Denkmal für ihn, wenn die Leute von einem jahren 1848/49 erhalten. Noch um die Jahr­ heftigen, mit einem raschen Temperament hundertwende — so berichtet Glock — haben begabten Menschen sagen: „Der isch emol im Breisgau sogar Kinder noch Spottverse heckerisch!“ auf die unglücklichen Revolutionäre gesun­ gen: Der Hecker und der Struve, Des sinn zwee luschtge Buwe, Di ridde dur de grüene Wald Literaturnachweis: un singe, daß menk Baum umfallt, Bios, Wilhelm „Die deutsche Revolution, Ge­ Der Struve fangt a z’hloose, schichte der deutschen Bewegung von 1848 und Der Hecker macht in d’Hose. 1849“, Stuttgart 1893, S. 185—206 Der Hecker nimmt das Chnöpflibrett Blum, Hans „Die deutsche Revolution 1848—49, 1897, S. 88, 89 Un schleet ’m Struve der Hindere wägg! Dreßen, Wolfgang, zusammengestellt von, (Glock, a.a.O. Nr. 32/33) 1848—1849, Bürgerkrieg in Baden, Chronik einer verlorenen Revolution, Berlin 1975, S. 39 Noch Jahre nach der Niederschlagung des Generallandesarchiv Karlsruhe, Hrsg. Baden, Land—Staat—Volk 1806—1871, Karlsruhe 1980, Aufstandes war es gefährlich, seine Sympa­ S. 127 ff. thien für Hecker zu zeigen, besonders wenn Glock, Joh. Philipp, Badischer Liederhort, Bd. 1, Amtspersonen oder Angehörige der preußi­ Karlsruhe 1910 S. 32 ff. Lieder und Sprüche aus schen Besatzungsmacht um den Weg waren. dem Elsenztal, Bonn 1897 Aber man wußte sich zu helfen, wie jener Hagenmeyer, Karl, Die Revolutionsjahre 1848—49, Karlsruhe 1899, S. 28, 29 Scherenschleifer, der in Sinsheim gesungen Häusser, Ludwig, Denkwürdigkeiten zur Ge­ haben soll: schichte der Badischen Revolution, „Hecker, Struve, Robert Blum, 1851, S. 121 Kommt und haut die Preußen rum!“ Hecker, Friedrich, Die Erhebung des Volkes in Baden für die deutsche Republik, Basel 1848 Landeszentrale f. pol. Bildung, Hrsg. Badische Ge­ Als er zur Rede gestellt wurde, meinte er, schichte vom Großherzogtum bis zur Gegenwart, das habe er nicht gesungen, sondern: Stuttgart 1979, S. 49 ff. „Hecker, Struve, Robert Blum, Laube, Heinrich, Das erste deutsche Parlament, Kommt und schiebt mein Schubkarch rum!“ Bd. 1, Neudruck der Ausgabe Leipzig 1849, Aalen 1978, S. 23-25 Lautenschlager, Friedrich, Volksstaat und Ein­ Und bekannt ist auch jene Karikatur, wo herrschaft, Dokumente aus der bad. Rev. 1848/49, ein Bürger einen Soldaten fragt, wo es hin­ Konstanz 1921, S. 65 ff.

102 Markgrafschaft, Die, Beiträge aus Geschichte, Struve, Gustav, Geschichte der drei Volkserhebun­ Kultur und Wirtschaft des Markgräflerlandes, gen in Baden 1848/1849, Veränderter Nachdruck Monatsschrift des Hebelbundes Müllheim, 19. der Ausgabe Bern 1849, Freiburg 1980 Jahrg. Heft 11, Nov. 1967, S. 10-13, 18. Jahrg. Valentin, Veit, Geschichte der deutschen Revolu­ Heft 3, März 1966, S. 2—10, 18. Jahrg. Heft 1, Ja­ tion 1848—1849, Köln u. Berlin 1970, Bd. I S. 160, nuar 1966, S. 13—15 482—498, Bd. II S. 170, 423, 433, 455, 571 Schieckmann, Gustav, Chronik der Gemeinde Vögely, Ludwig, Aus Offenburgs großer Zeit, die Eichtersheim, Eppingen 1948, S. 12—23 Offenburger Versammlungen von 1847—1849 in Schurz, Carl, Lebenserinnerungen, Berlin 1953, Bad. Heimat 60. Jahrg. 1980, Heft 3 S. 379—397 S. 316-318 Weech, Friedrich von, Hrsg., Badische Biogra­ Stiefel, Karl, Baden 1648—1952, Freiburg 1978, phien, 4. Teil, Karlsruhe 1891, S. 166—170 S. 272 ff.

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