Fachorgan des Sanitätsdienstes der 62. Jahrgang - Heft 9 - 3. September 2018

Herausgegeben durch den Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e.V. AN HUM ITATI E • • P IA A T TR N IA Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. (DGWMP) IE E

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Kongresskalender

10.10.2018 15. Notfallsymposium, Westerstede 24.10.2018 3. Seminar „Sanitätsdienst - Weiterentwicklung - Beschaffungs- vorhaben“, Würzburg

25. - 27.10.2018 49. Kongress der DGWMP e. V., Würzburg

09. - 11.01.2019 Zahnmedizin in der Bundeswehr, Damp 23. - 25.01.2019 26. Jahrestagung ARCHIS, Neu-Ulm 13. - 15.03.2019 Wehrmedizinische Fortbildung, Damp 15. - 17.05.2019 3. Jahrestagung ARKOS (Arbeitskreis konservativ tätiger Sanitäts- Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin offi ziere), Hamburg und Wehrpharmazie e. V. 23. - 25.07.2019 5. Fachkolloquium Zahnmedizin, Kloster Banz/Bad Staffelstein Bundesgeschäftsstelle 10. - 12.10.2019 50. Kongress der DGWMP e. V., Leipzig Neckarstraße 2a 53175 Bonn

Telefon 0228 632420 Fax 0228 698533 E-Mail: [email protected] Näherewww.dgwmp.de Informationen unter:

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www.dgwmp.de Fortbildungsveranstaltung am 10. Oktober 2018 Personal im Rettungsdienst 15. Notfallsymposium

MEHR INFOS UNTER www.sanitaetsdienst-bundeswehr.de Zu dieser Veranstaltung sind Ärzte / Notärzte / Notfallsanitäter Notfallsanitäterinnen / Rettungsassistenten / Rettungsassistentinnen Rettungssanitäter / Rettungssanitäterinnen sowie alle weiteren Interessenten herzlich eingeladen. AB SEPTEMBER 2018 Robert Dannemann Forum Westerstede Veranstalter: Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. DEIN TIER Neckarstraße 2a • 53175 Bonn • Tel.: 0228 632420 • Fax 0228 698533 Veterinärwesen E-Mail: [email protected] • www.dgwmp.de Anmeldungen/Informationen: Oberstabsbootsmann Frank Lukoschus Vorsitzender Arbeitskreis Gesundheitsfachberufe in der DGWMP e. V. E-Mail: [email protected]

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Sehr geehrte Leserinnen Inhaltsverzeichnis und Leser, ISSN 0043 - 2156

in der Neuausrichtung der regionalen sani- Heft 9/62. Jahrgang September 2018 tätsdienstlichen Unterstützung und der Auf- stellung der 13 Sanitätsunterstützungszent- ren (SanUstgZ) mit den dazugehörigen Editorial Sanitätsstaffeln Einsatz (SanStff Eins) spie- gelt sich das Leitmotiv der Neustrukturie- Kalinowski A 297 rung „Starke Betreuung vor Ort“ wider. Dadurch wurde ein leistungsstarkes, fl ä- chen deckendes System einer integrierten medizinischen Versorgung „GANZ VORN“ geschaffen, das in der Zielstruktur angekommen ist. Die guten Erfahrungen der letzten Arbeitstagungen des Komman dos Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung (Kdo RegSan Ustg) 6. Arbeitstagung Kommando Regionale führten auch dieses Mal zur Wahl eines durchgehenden Leitthemas. Sanitätsdienstliche Unterstützung Durch die große Bedeutung als „force enabler“ beschäftigte sich die 6. Arbeitstagung des Kdo RegSanUstg mit der Rolle der regionalen Grußwort 298 sanitätsdienstlichen Einrichtungen und insbesondere der Sanitätsstaf- feln Einsatz „am scharfen Ende“ des Auftrages. Ich bin ganz vorn, weil … 299 Unter dem Tagungsmotto: 300 „GANZ VORN“ Tagungsbericht wurden aktuelle Erfahrungen aus unterschiedlichsten Blickwinkeln Kurzfassungen der Fachvorträge bzw. Rollen aufgegriffen und dargestellt, was diese Szenarien für die Angehörigen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr bedeuten und Gemeinsam ganz vorn 302 welche Kenntnisse und Fertigkeiten dafür erworben und ausgebaut werden müssen. Ganz vorn im Einsatz 307 „GANZ VORN“ im Alltag schilderten die Vortragenden eigene Er- fahrungen vor allem in der Erstversorgung von Soldatinnen und Sol- Ganz vorn im Alltag 312 daten. Beschrieben wurde, wie bei Unfällen oder Hitzeschäden auf einem Truppenübungsplatz vorgegangen wurde. Ganz vorn bei zivilmilitärischen Herausforderungen 318 „GANZ VORN“ im Einsatz wurden allgemeine Handlungsprozesse Ganz vorn bei gesellschaftlichen Entwicklungen 324 im Einsatz bis hin zu Terrorlagen und einsatzspezifi schen Erfahrun- gen von Soldatinnen/Soldaten vorgestellt. Ein Ausblick 329 „GANZ VORN“ mit den TSK: Spannend wurde hier die Refokussie- rung in den Teilstreitkräften und deren Erwartungshaltung an den Sanitätsdienst der Zukunft aufgezeigt. Dazu wurden durch die Abtei- lung Sanitätsdienst im Heer, als größten Truppensteller, Schnittstel- Aus dem Sanitätsdienst 330 len und Bereiche der aktuellen und künftigen Zusammenarbeit mit dem Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr aufgezeigt. Unmittel- bar und besonders betroffen hiervon sind die Sanitätsstaffeln Einsatz. „GANZ VORN“ bei zivilmilitärischen Herausforderungen und Wehrmedizinische Kurzinformationen „GANZ VORN“ bei gesellschaftlichen Entwicklungen eröffnen sich neue Aufgaben, wie beispielsweise die zivilmilitärische Zusammen- Etablierung von Antibiotic Stewardship in der Bundeswehr 331 arbeit anlässlich des G20-Gipfels. Tagungen und Kongresse Aber auch der gesellschaftlich spürbare Trend einer zunehmenden Ver- wendung von leistungssteigernden Substanzen und Nahrungsergän- 62. Fliegerarzttagung der Bundeswehr 2018 334 zungsmitteln sind für die Truppe ein Thema. „Hirn-Doping“, „smart drugs“ und „metabolische Verstärker“ sind nur wenige Schlagworte der heute schon gängigen chemischen Manipulation des Menschen. Internationale Zusammenarbeit „GANZ VORN“ bei unseren Partnern eröffnete schließlich den Blick über den Tellerrand hinaus zu unseren Kameradinnen und Ka- Aerospace Medical Association 89th Sceintifi c Meeting 2018 336 meraden des französischen Sanitätsdienstes und der Bundespolizei. Ich möchte Sie abschließend auch auf die Informationen und Berich- Aus dem Human Factors and Medicine Panel der NATO 337 te aus unserem Sanitätsdienst und aus dem Bereich der internationa- Science and Technology Organization len Zusammenarbeit in dieser Ausgabe hinweisen, die das breite fachliche Spektrum der Wehrmedizin erneut unter Beweis stellen. Ich wünsche Ihnen viel Freude und Inspiration beim Lesen „unse- Mitteilungen der DGWMP e.V. 344 rer“ Wehrmedizinischen Monatsschrift und freue mich auf Ihre An- regungen. Ihr Dr. Armin Kalinowski Titelbild: Der Auftrag des Kommandos Regionale Sanitätsdienstliche Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung Unterstützung „GANZ VORN“ bietet eine enorme Bandbreite an inte- Kommandeur ressanten Aufgaben, qualifi zierten Tätigkeiten und tagtäglichen Her- ausforderungen. (Bilder: PIZ SanDstBw)

Wehrmedizinische Monatsschrift 62 (2018), 9/2018 GANZ VORN

Liebe Kameradinnen und Kameraden, sehr geehrte Damen und Herren, wir freuen uns, mit der „6. Arbeitstagung Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung“ in Damp wieder einmal mehr eine spannende und in sanitätsdienstlichen Fachkreisen etablierte Veranstaltung fachlich-inhaltlich gestaltet zu haben. Das neue Format „Damp“, den Tagungen ein interdisziplinäres Leitthema zu geben, hat sich aufgrund Ihres individuellen Feedbacks sowie im Kontext der lebhaften Diskussionen mit Impulsen für die Weiterentwicklung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr ebenso bewährt wie die gemeinsame wissenschaftliche Leitung mit dem Bundeswehrkrankenhaus Hamburg. Wir haben das diesjährige Motto “GANZ VORN“ nicht nur ausgewählt, weil der Aspekt der Unterstützung kämpfender Verbände in Übung und Einsatz – auch vor dem Hintergrund der aktuellen Bereitschaften, u. a. für die NATO – eine herausragende Bedeutung hat. Gerade in den Regionalen Sanitätseinrichtungen beeindruckt darüber hinaus die Breite an Funktionen und Aufgaben, bei deren Wahrnehmung die Kommandoangehörigen dem Aspekt „GANZ VORN“ ein sehr engagiertes und persönliches Gesicht geben. Be- sonderer Dank gilt deshalb denjenigen, die uns zum Auftakt der Tagung an ihren persönlichen Erfahrungen aus diesen unterschied- lichen Blickwinkeln bzw. Rollen teilhaben ließen. Sie zeigten ganz konkret auf, was ihr individueller Beitrag zur sanitätsdienstlichen Auftragserfüllung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr bedeutet, welche Herausforderungen dafür zu bewältigen sind, wo Optimie- rungsbedarf besteht und welche Kenntnisse und Fertigkeiten sie dafür erworben haben, weiterentwickeln und ausbauen müssen. Für uns war es eine besondere Freude, dass im Auditorium alle Dienstgradgruppen und Funktionsträger aus den verschiedenen so vielfältigen Leistungsbereichen des Sanitätsdienstes vertreten waren; dieses ermöglichte eine lebhafte und umfassende interdiszipli- näre Diskussion. Die 6. Arbeitstagung Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung verdeutlichte, nicht zuletzt durch die vielfältigen Statements im Rahmen des Präludiums, mit welcher Vielfalt von Belastungssituationen insbesondere die Sanitätsstaffeln Einsatz und die Sanitätsversorgungszentren derzeit umgehen müssen. Die Veranstaltung hat approbationsübergreifend über viele fachliche Aspekte der Situation „GANZ VORN“ informiert, sei es im Einsatz, auf Truppenübungsplätzen, an der Schnittstelle zu den anderen militärischen Organisationsbereichen, bei der Patientenver- sorgung im Inland, in der zivilmilitärischen Zusammenarbeit oder im Kontext aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen. Die Vor- träge haben zur Diskussion angeregt, im Einzelfall auch betroffen gemacht, zu diversen Anregungen der Weiterentwicklung unserer bewährten Grundstruktur geführt und an vielen Stellen Fragen, Änderungs- und Priorisierungsbedarf aufgezeigt. Diese wichtigen Impulse sollen Ihnen allen mit dieser aktuellen Ausgabe der „WMM“ zur Verfügung gestellt werden. Besonders schön war es für uns, das Engagement vieler Kameradinnen und Kameraden aus allen Bereichen mit ihrer hohen Fach- kompetenz und Einsatzbereitschaft hautnah erleben zu dürfen. Wieder einmal mehr zeigte sich, dass unser Sanitätsdienst unverän- dert Weltspitze ist. Neben dem Blick über den Tellerrand seitens des Deutschen Roten Kreuzes mit einem Festvortrag, der die sozial/ethische Dimen- sion des „GANZ VORN“- Helfens refl ektierte, bot das Rahmenprogramm sowie die entspannende Umgebung des Kongresshotels hervorragende Möglichkeiten zu Pfl ege und Ausbau von Kameradschaft, Netzwerken und Geselligkeit.

Almut Nolte Dr. Joachim Hoitz Generalarzt Kommando Regionale Sanitäts- Bundeswehrkrankenhaus Hamburg dienstliche Unterstützung Kommandeur und Ärztlicher Stellvertretende Komman deurin Direktor Ich bin ganz vorn, weil …. … die unterschied- … ich liche Arbeitsweise einer jeden Tag mit Sanitätsstaffel in einer Stabilisie- großartigen, höchst … man als rungsoperation gegenüber einem motivierten und kompetenten Schießarzt direkt auf den Gefecht mit vielen zu erwartenden Menschen zusammenarbeiten Schießbahnen im Rahmen von Verwundeten mich in Planung und darf und eine ausgezeichnete Gefechtsschießen verbundener Übung fordert und eine interessan- Ausbildung genießen Waffen im Alltag auch mal te Herausforderung ist. konnte. „rauskommt“. … ich als Notfallsanitäter mit den Zusatzqualifi katio- … ich nen des Medizinischen ABC- … ich zusammen mit Schutzes und ABCAbwDstFw bei bei Staatsbesuchen einem Kraftfahrer die der Räumung von Kampfmitteln und Protokolleinsätzen sogenannte „Crash Crew“ stelle, der beiden Weltkriege dabei … ich in Berlin zur Stelle die im Falle einer Luftnotlage oder war. als Kompaniechef bin. eines Flugunfalles immer „ganz in der SanStaffel Eins vorn“ zum Einsatz kommt. VJTF HQ Brig mit einer Bereitschaftszeit von fünf Tagen als einer der ersten am Ort des Geschehens eingreifen muss. … mich meine Einsätze vor große Heraus- … ich als Geschäfts- … ich forderungen stellten, welche ich zimmersoldat sehr viele als Taucherarzt mit Schwerpunkt im vorbeugenden Einblicke in die Abläufe des bei der Ausbildung auf Gesundheitsschutz absolvierte. Der Sanitätsdienstes, in die moderne einem Taucherschulboot spannendste Einsatz war die Stabsdienstarbeit und in den unterstütze. humanitäre Hilfe Südostasien Tagesdienst von Sanitätsoffi - … ich in Banda Aceh. zieren gewinnen konnte. im letzten Einsatz in Afrika im 5. EinsKtg MINUSMA/Gao die … ich als erstes Aufgaben als Kommandant Glied einer funktionieren- eines BAT übernahm. den Rettungskette „Gewehr bei … ich Fuß“ stehe, denn ich muss in meine Arbeit im einer schwierigen und möglicher- Auslandseinsatz (AFG) weise auch unübersichtlichen aufgrund meiner guten Ausbildung Situation immer den Überblick … ich behalten. und durch den Rückhalt meiner bei der Öffentlich- … ich Familie mit höchstem Anspruch keitsarbeit im Rahmen von in Rukla (Litauen) erledige. Meine größte Herausforde- Girls'Days, Berufsmessen oder als Boxer-Kommandant und rung ist die Sehnsucht nach meiner zivilen Praktika die Jugendlichen mit meiner Crew für meine Familie. betreue, die sich für eine Kameraden der kämpfenden Verwendung im Sanitäts- Truppe da bin. dienst interessieren.

… ich bei der ersten … ich großen internationalen Übung direkt beim ersten „IRON WOLF I“ in Litauen … ich Bereitschaftsdienst in Gao verantwortlich für die Planung des infanteristisch bei einer scharfen MedEvac- Sanitätspersonals, Sanitätsmate rials und taktisch zur Beratung Mission fünf Schwerstverwundete sowie den Betrieb einer Rettungs- des Kompaniechefs sowie nach einem IED-Anschlag station war. medizinisch auf höchstem versorgen musste. Niveau ausgebildet sein muss.

Zu Beginn der Tagung schilderten 18 Soldatinnen und Soldaten aller Dienstgradgruppen eindrucksvoll ihren Beitrag zur sanitäts- dienstlichen Auftragserfüllung und die Herausforderungen, denen sie persönlich im Dienstalltag begegnen. (Hintergrundbilder: PIZ SanDstBw; die abgebildeten Personen stehen nicht im Zusammenhang mit den Zitaten) 300 6. Arbeitstagung des Kommandos Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung vom 7. – 9. März 2018 in Damp

Eine Standortbestimmung

6. Arbeitstagung des Kommandos Regionale Sanitäts- dienstliche Unterstützung vom 7. – 9. März 2018 in Damp „Ganz vorn“ – eine Standortbestimmung lieferte Dr. Armin Kalinowski, zu diesem Zeitpunkt noch im Rang Generalarzt, zum Auftakt der sechsten Arbeitstagung für Sanitätsoffi ziere, die das Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstüt- zung (Kdo RegSanUstg) vom 7. - 9. März im Kongresszentrum Damp mit rund 250 Teilnehmenden durchführte. Die Referen- tinnen und Referenten skizzierten mit einem breiten fachlichen Spektrum Situationen im militärischen Alltag und im Einsatz sowie das eigene Rollenverständnis im Sanitätsdienst der Bun- deswehr als Bestandteil der internationalen Gemeinschaft. „Wir müssen sehen, dass wir vor der Welle bleiben!“ Mit die- sen Worten drückte Dr. Michael Tempel, Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, seine Vorstel- lung für das Kommando aus Diez und den gesamten Sanitäts- dienst aus. „Ganz vorn ist ein schönes Motto, beinhaltet aber Generaloberstabsarzt Dr. Michael Tempel berichtet aus der Führung außer dem Anspruch auch eine riesige Erwartungshaltung. des Sanitätsdienstes Diesen Spagat kriegen wir hin!“, sagte er und betonte die inter- national anerkannte Führungsposition des Sanitätsdienstes. Der inzwischen zum Generalstabsarzt beförderte Kommandeur des Kdo RegSanUstg, Dr. Armin Kalinowski, fokussierte auf … sich der Rolle bewusst sein die Leistungen der Angehörigen seines Kommandobereiches. Mit seiner Eröffnung der Tagung hatte Generalarzt Dr. Kalinowski am 7. März 2018 seine Sicht als Kommandeur des … Stellung beziehen Kdo RegSanUstg erläutert: „Wir sind ganz vorn, weil die Un- Mit den Worten: „Als Rettungsassistent bin ich ganz vorn, wenn terstützung kämpfender Verbände im Einsatz und bei Übungen ich auf dem Truppenübungsplatz zu einem Unfall gerufen wer- eine herausragende Bedeutung hat.“ de!“, startete ein . Als Einstimmung in die fach- liche Weiterbildung gaben er und 17 weitere Soldatinnen und Schließlich sei das Personal der Sanitätsstaffeln Einsatz sowie Soldaten ein persönliches Statement ab. der Sanitätsversorgungszentren die erste sanitätsdienstliche An- sprechstelle für die Soldatinnen und Soldaten: präventiv, aus- Es folgten zahlreiche sanitätsdienstliche Aspekte. Hier schilder- bildend und kurativ. Diese Rolle solle im Fokus stehen. Des- ten die Vortragenden eigene medizinische Erfahrungen vor al- halb wurden die 250 Teilnehmenden in sechs Fortbildungsblö- lem in der Erstversorgung. Sie beschrieben ihre Lösungswege, cken aufgefordert, über ihr persönliches „Ganz vorn“ mitzudis- wie bei Unfällen oder Hitzeschäden auf einem Truppenübungs- kutieren. platz, aber auch die Herausforderungen, vor denen sie täglich

Mehr als 250 Teilnehmende aus ganz Deutschland waren zur Fortbildung angereist.

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Spannend waren auch die Darstellungen zur Refokussierung in den Teilstreitkräften und deren Erwartungshaltung an den Sani- tätsdienst der Zukunft. Dazu beschrieb z. B. Dr. Susanne Firnkes aus der Abteilung Sanitätsdienst des Kom- mandos Heer in Strausberg ein mögliches Zusammenwirken mit dem Heer als größtem Truppensteller. Hiervon sind gerade die Sanitätsstaffeln Einsatz unmittelbar betroffen, da sie vor al- lem gemeinsam mit den landgebundenen Streitkräften zum Ein- satz kommen.

… im Blick behalten Herausforderungen ganz neuer Art ergeben sich für die Streit- kräfte und die sanitätsdienstliche Versorgung auch durch die zunehmende Verwendung von leistungssteigernden Substanzen und Nahrungsergänzungsmitteln in der Gesellschaft und damit voraussichtlich auch in der Truppe. „Hirn-Doping“, „Smart Drugs“ und „Metabolische Verstärker“ sind dabei nur einige Aspekte der heute schon möglichen chemischen Manipulation des menschlichen Körpers. Auch die „Non-Target-Analytik“ von unbekannten oder nicht vermuteten Fremdstoffen in Le- bensmitteln, Trink- und Abwasser, wie sie von Oberstapotheker Dr. Klaubert für den Fipronil-Nachweis in Hühnereiern vorge- stellt wurde, bekommt mit Einsätzen in Ländern mit problema- tischer Wassergewinnung (wie Mali) unmittelbare Einsatzrele- vanz. Dr. Christian Fürlinger präsentierte Beispiele vom Alltag auf dem Truppenübungsplatz. Als Festredner hatten die Organisatoren Wolfgang Kast, Leiter für Gesundheitlichen Bevölkerungsschutz und Rettungsdienst beim Deutschen Roten Kreuz (DRK), eingeladen. Er richtete stehen. Das Publikum, insbesondere die sanitätsdienstlichen den Blick auf die Zusammenarbeit des DRK mit dem Sanitäts- Verantwortungsträger, folgten den lebhaften Darstellungen mit dienst der Bundeswehr bei der Landes- und Bündnisverteidi- großem Interesse. gung.

… auf das Ziel ausgerichtet … Wahrnehmung und Wertschätzung Oberstarzt Dr. Christian Fürlinger vom Sanitätsversorgungs- Herausforderungen bei der allgemein- und notfallmedizini- zentrum (SanVersZ) Hammelburg erläuterte zum Beispiel die schen Erstversorgung im In- und Ausland, im Bereich der zivil- weitere Versorgung eines verunfallten Soldaten mit einer Hä- militärischen Zusammenarbeit bis hin zu Terrorlagen und As- maturie. Im Rahmen einer Sonografi e hatte er eine Ruptur am pekte der Wertschätzung von Personal und Fähigkeiten in der linken oberen Nierenpol festgestellt. Der alarmierte Rettungs- regionalen sanitätsdienstlichen Versorgung wurden zum Ab- hubschrauber brachte den Soldaten in die Universitätsklinik schluss der dreitägigen Fortbildung diskutiert. „Unser Sanitäts- Würzburg, wo er erfolgreich behandelt wurde. dienst ist weltspitze. Er bleibt ein wesentliches Attraktivitäts- merkmal der Bundeswehr. Wir müssen dafür sorgen, dass die so leistungswilligen Menschen, die diesen Status garantieren, wahrgenommen und gegen Anfeindungen von außen geschützt werden!“, lautete der Appell des Kommandeurs Kdo RegSanUstg.

Fazit Die 6. Arbeitstagung des Kdo RegSanUstg stellte hohe Anfor- derungen sowohl an die Organisatoren als auch an die Vortra- genden und alle Teilnehmenden. Es war vor allem die Einbin- dung aller und die eingeforderte und eingebrachte aktive Mitar- beit, die wichtige Impulse für die Zukunft gaben. Insofern wur- de das Motto der Tagung richtig gewählt. Die in dieser Ausgabe der Wehrmedizinischen Monatsschrift veröffentlichten Kurzfassungen von Vorträgen sollen den Lese- rinnen und Lesern, die nicht in Damp dabei sein konnten, einen Eindruck von den Inhalten der Tagung vermitteln.

Aufmerksames Zuhören und Mitwirken waren gefordert. Text und Bilder: Pressestelle Kdo RegSanUstg

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Gemeinsam ganz vorn tenden Sofortmaßnahmen durch Selbst-und Kameradenhilfe in vielen Fällen eine qualifi zierte sanitätsdienstliche Versorgung durch die in Form beweglicher Arzttrupps/Rettungstrupps inte- Nur gemeinsam zum Erfolg grierten Sanitätskräfte (SanKr) unmittelbar am Ort der Verwun- Heer und Sanitätsdienst dung durchgeführt wurde und nicht erst mit Übergabe am Ver- wundetennest erfolgte. Susanne Firnkes Kommando Heer, Strausberg Diese Bilder der sanitätsdienstlichen Versorgung in den StabOp waren dem Einsatzszenario und den damit verbundenen tak- Ein gemeinsamer Ansatz in Ausbildung und Übung, auch als tisch-operativen Einsatzbedingungen geschuldet, lassen sich Kohäsion bezeichnet, ist sowohl beim Heer als auch beim Sani- aber keinesfalls so auf ein Szenario „LV/BV“ übertragen. tätsdienst der Bundeswehr (SanDstBw) Gegenstand zahlreicher Diskussionen. Bei näherer Betrachtung lässt sich jedoch fest- Zusätzlich fi nden sich Unschärfen in der Verwendung von Be- stellen, dass insbesondere unter den geänderten militärischen griffen und deren Bedeutung. Dies ist z. B. am Begriff Verwun- Herausforderungen – Stichwort: Landes- und Bündnisverteidi- detennest festzumachen, der auch als Synonym für Casualty gung (LV/BV) ein Teilstreitkraft/Organisationsbereich (TSK/ Collection Point (CCP) bzw. Holding Area verwandt wird. Es MilOrgBer)-übergreifendes Grundverständnis für Kohäsion kommt immer wieder vor, dass die Truppe diese Begriffe nutzt, nicht uneingeschränkt existiert. Dennoch gilt nach wie vor in ohne zu hinterfragen bzw. zu wissen, welche Verfahren in wel- Grundbetrieb und Einsatz: Jeder muss zu jedem Zeit- cher Zuständigkeit dort Anwendung fi nden. punkt an jedem Ort seinen Auftrag sicherstellen. Und dies setzt eine funktionierende Kohäsion voraus. Warum also nur gemeinsam zum Erfolg? Für das Erreichen eines übergreifenden Grundverständnisses In Bezug auf die sanitätsdienstliche Versorgung fi nden sich von Kohäsion ist es deshalb erforderlich, den eigenen Standort zahlreiche „Player“ mit unterschiedlichen Hauptaufgaben auf zu bestimmen und sich die Voraussetzungen für ein erfolgrei- dem Gefechtsfeld. Auf der einen Seite steht das Sanitätsperso- ches gemeinsames Handeln vor Augen zu führen. nal (SanPers), dessen Hauptaufgabe die Durchführung der sani- tätsdienstlichen Maßnahmen ist. Auf der anderen Seite fi nden sich die „Laien“, das Nicht-Sanitätspersonal (NichtSanPers), das diese Maßnahmen im Rahmen der Selbst- und Kameraden- hilfe nur als Nebenaufgabe wahrnimmt. Zudem steht dem Einsatz des Heeres mit einem breiten Spek- trum möglicher Operationen in komplexen und dynamischen Einsatzszenarien eine sanitätsdienstliche Unterstützung mit teilweise sehr großen Entfernungen, überdehnten Einsatzräu- men oder Dislozierung der eigenen Kräfte im Raum gegenüber. Insbesondere an der Schnittstelle von NichtSanPers zu SanPers ist dieses System sehr vulnerabel. Es ist deshalb von größter Bedeutung, dass die Voraussetzungen für ein gemeinsames er- folgreiches Wirken nicht nur geschaffen, sondern vielmehr si- chergestellt und gelebt werden müssen. Dazu braucht es klare

Abb. 1: Unterschiedliche Operationen erfordern eine jeweils angepasste Form der sanitätsdienstlichen Versorgung. (Bilder: Gefechtsübungszentrum Heer, Medienarchiv 2013)

Standortbestimmung – wer und wo ist „ganz vorne“? Ganz vorne darf der SanDstBw nicht sein, sonst würde er etwas falsch machen und es müsste noch ein ganz, ganz vorne geben. Ganz vorne befi ndet sich das Heer, mitten in Gefechtshandlun- gen unterschiedlicher Einsatzszenarien. In diesen Einsatzszena- rien kommt es unweigerlich zu komplexen und lebensbedrohli- chen Verletzungs- und Verwundungsmustern. Die getroffenen Erstmaßnahmen, wenn sie frühzeitig, verzugslos und fachge- recht auch unter Gefechtsbedingungen durchgeführt werden, sind für das Überleben des/der Betroffenen bzw. das Behand- lungsergebnis von entscheidender Bedeutung und leisten einen direkten Beitrag zur Effi zienz der Rettungskette. Aus den Erfahrungen und Berichten von Einsätzen im Rahmen Abb. 2: Die Schnittstelle der Rettungskette: Ein „Verwundeter“ wird von Stabilisierungsoperationen (StabOp), z. B. in Afghanistan, im Rahmen einer Übung nach Versorgung durch EH an das Sanitäts- zeigt sich jedoch, dass bei einer Verwundung neben lebensret- personal übergeben. (Bildquelle: Gefechtsübungszentrum Heer, 2017)

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Defi nitionen von Begriffen, das taktisch richtige Verhalten des 72 Stunden ermöglicht. Hierzu ist zukünftig geplant, qualifi - SanPers, um das Gefecht nicht zu behindern, und letztlich im ziertes NichtSanPers CFR D schon im Grundbetrieb bei den Endeffekt „blindes Vertrauen“ aufeinander. Nur so kann ge- Einsatzkräften der SpezKr auf Zugebene auszubringen und mit meinsames Handeln von Heer und SanDstBw zum Erfolg füh- einer uneingeschränkten Wahrnehmung der sanitätsdienstli- ren. Aus Heeressicht heißt das, den Auftrag erfüllen und das chen Versorgung der Ebene 1, beschränkt auf den Einsatz, zu Gefecht führen; aus Sicht des SanDstBw ist es die Sicherstel- beauftragen. Derzeit wird diese Fähigkeitslücke durch die Aus- lung einer qualifi zierten sanitätsdienstlichen Versorgung. bildung von ausgewählten SpezKr zu Rettungsassistenten und anschließend zum Special Operations Medical Sergeant (Aus- Welche Voraussetzungen sind dazu notwendig? bildung bei den amerikanischen Streitkräften) gedeckt. Gesetzliche und konzeptionelle Vorgaben begründen den An- Abbildung 3 zeigt die Kenntnisse und Fertigkeiten der SanAusb spruch unserer Soldatinnen und Soldaten auf eine sanitäts- über die verschiedenen Fähigkeitsprofi le auf. Allen gemeinsam dienstliche Versorgung, die auch im Auslandseinsatz in einem sind die 4 Kernkompetenzen (Blutstillung, Atemwegssiche- Behandlungsergebnis mündet, welches qualitativ dem fachli- rung, Wundversorgung und Schmerztherapie), auf denen sich chen Standard in Deutschland entspricht. Dabei ist es völlig alles Weitere aufbaut. unstrittig, dass der Anspruch auf die Qualität der Versorgung auch bei LV/BV uneingeschränkt besteht. Die NATO verein- heitlicht diesen Anspruch im Bündnis durch die Vorgaben ent- sprechender Timelines und quantitativer sowie qualitativer Hinterlegung von Fähigkeiten. Durch die Erfahrung aus den Einsätzen mit ihrer steigenden In- tensität an Anschlägen und Kampfhandlungen unter gleichzeiti- ger Bedrohung durch irreguläre Kampfweisen und den daraus resultierenden komplexeren Verletzungsmustern wurde und wird die Sanitätsausbildung angepasst. Der „Helfer im SanDst“ mit Sanitätstasche war schon lange nicht mehr zeitgemäß und wurde durch den Einsatzersthelfer (EH A) ersetzt. Diese Neu- ordnung der Ausbildung des NichtSanPers war eine Vorausset- zung für den Erfolg und hat sich im Einsatz bewährt. Dieser Erfolg wurde und wird nicht dem Zufall überlassen, son- dern baut aufeinander auf. Folgende Fähigkeiten „ganz vorne“ Abb. 3: Von den 4 Kernkompetenzen (oberere Reihe) ausgehend werden durch NichtSanPers erbracht: erfolgt die weitergehende Ausbildung in den verschiedenen Fähig- keitsprofi len (Quelle: Kdo H IV 3 (1), April 2018) • Die SanAusb zum EH A ist die sanitätsdienstliche Mindest- qualifi kation aller Soldatinnen und Soldaten (TSK/MilOrg- Ber-unabhängig) für Grundbetrieb und Einsatz. Die Zahlen des ausgebildeten NichtSanPers innerhalb der Hee- • Eine darauf aufbauende erweiterte SanAusb umfasst neben reskräfte, aufgeteilt in die verschiedenen Ausbildungshöhen dem Einsatzersthelfer B (EH B) für festgelegtes Einzelperso- (ausgenommen CFR D), sind in Tabelle 1 dargestellt. nal der Truppe den Combat First Responder (CFR) für defi - niertes Personal der Spezialkräfte (SpezKr) und Spezialisier- Tab. 1: Umfänge an ausgebildetem NichSanPers im Heer, Stand ten Kräfte (SpezlKr) der Bundeswehr. Frühjahr 2018 (Quelle: Kdo H III und DSK G 3, März 2018) Die CFR Ausbildung ist in erster Linie auf die speziellen tak- Qualifi kation Anzahl tisch-operativen Besonderheiten dieser Kräfte und die Bedin- gungen der sanitätsdienstlichen Unterstützung ausgerichtet. EH A 65 000 Sowohl EH B als auch CFR sind nur für den Einsatz autorisiert EH B 1 800 und qualifi ziert, lebensrettende Sofortmaßnahmen im Rahmen CFR A 1 000 der erweiterten Selbst- und Kameradenhilfe unter Gefechtsbe- CFR B 620 dingungen bzw. Bedrohungssituationen durchzuführen, wenn kein SanPers verfügbar ist. Sie handeln dabei eigeninitiativ CFR C 140 oder im Rahmen der Notkompetenz. EH und CFR sind – unab- hängig von den einzelnen fachlichen Ausbildungsinhalten – kein Aber wo liegt nun die Herausforderung? Sanitätspersonal. Wie häufi g sind es Detailfragen, die hier zu den größten Her- Als zusätzliche Qualifi kation wird zukünftig der CFR D ausge- ausforderungen führen. Zum einen besteht ein Ungleichgewicht bracht. Einsätze, die keine unmittelbare Einsatzunterstützung zwischen der Verwundetenausfallrate und den zur Verfügung durch SanPers im jeweiligen Einsatzelement der SpezKr zulas- stehenden SanKr Ebene 1. Abbildung 4 symbolisiert diese Dis- sen und eine Versorgungsdauer von über 36 Stunden bis zur krepanz durch unterschiedliche Zahnradgrößen. Das große Übergabe an eine qualifi zierte sanitätsdienstliche (Folge-)ver- Zahnrad steht für das grundsätzliche Planungsrational der Ab- sorgung erwarten lassen, übersteigen die Kompetenzen CFR C. teilung Planung im Bundesministerium der Verteidigung (Quel- Hierfür ist eine weiterreichende Befähigung notwendig, die le: BMVg Plg I 1 vom 18.08.2017) mit 240 verletzten/verwun- eine alleinverantwortliche präklinische Versorgung bis zu deten Soldatinnen/Soldaten pro Tag auf Brigadeebene im LV/

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BV-Szenario. Das kleine Zahnrad, das den im Vergleich dazu verlegt und zu welchem Zeitpunkt die einsatzvorbereitende geringeren Umfang an SanKr der Ebene 1 symbolisiert, nutzt Ausbildung geplant ist. LV/BV hingegen lässt keine planbaren sich durch die höhere „Umdrehungszahl“ deutlich schneller ab. gemeinsamen Ausbildungssequenzen zu, so dass ein regelmä- Zum anderen liegt die Herausforderung dort, wo die zwei Zahn- ßiges gemeinsames Üben im Grundbetrieb unerlässlich ist und räder mit all ihren sich dahinter verbergenden Kräften ineinan- zwingend erfolgen muss. Die Ausbildungseinrichtungen des dergreifen. Dort ist eine zu 100 % korrespondierende Verzah- Heeres sind dazu schwerpunktmäßig zu nutzen. nung zwingend erforderlich, um ein Weiterdrehen des großen Aber nicht nur in der Ausbildung besteht deutlich sichtbarer „Getriebes“ sicherzustellen. Genau diese Schnittstelle stellt Optimierungsbedarf. Aus Heeressicht sind die derzeitigen Heer und SanDstBw in der Realität vor die größten Herausfor- Strukturen SanDstBw quantitativ nicht dafür ausgelegt, das derungen! Heer der Zukunft mit der Ausrichtung auf 3 Divisionen (2032) sanitätsdienstlich zu versorgen. Aus diesen Gründen sind fol- gende Forderungen an die zukünftige sanitätsdienstliche Ver- sorgung zu stellen: • Ein deutlicher Aufwuchs von SanKr Ebene 1 ist zwingend erforderlich, damit sie in ausreichender Quantität und Qualität zur Verfügung stehen und eine gemeinsame Ausbildung im Grundbetrieb erfolgen kann. • Die Fähigkeit Forward Air Medevac (FAM) ist quantitativ zu verbessern.

Wie kann aus Sicht des Heeres dieses Defi zit beseitigt werden, um zu real funktionierenden Lösungen zu kom- men? Die Bereitstellung von SanKr, die gleichzeitig Schlüsselperso- nal in den Bundeswehrkrankenhäusern sind oder oder als Ange- hörige der Reserve beordert werden, dürfen nicht als Rational Abb. 4: Die Schnittstelle zwischen der Selbst- und Kameradenhilfe für eine messbare Quantitätssteigerung dienen. Neben der fach- und der Ebene 1 stellt Heer und SanDstBw vor die größten Heraus- lich hohen Expertise ist es vor allem die Verfügbarkeit von forderungen. (Quelle: Kdo H IV 3 (1), April 2018) SanKr, die eine angemessene Versorgung der Soldatinnen und Soldaten auf dem Gefechtsfeld sicherstellt. Man muss sich vor Augen halten, dass die Übergabe eines ver- wundeten oder verletzten Soldaten am Verwundetennest über- Die Forderungen des Heeres stellen Mindestanforderungen an wiegend innerhalb der Kampfzone und unter Gefechtsbedin- den Grundbetrieb dar, um die Zukunftsaufgaben gemeinsam gungen stattfi ndet. Hier sind Geschwindigkeit, blindes Ver- bewältigen zu können. Hiernach bedarf es eines deutlichen ständnis und sicheres Bewegen im taktischen Umfeld von her- Aufwuchses der SanKr Ebene 1 im Hinblick auf LV/BV und ausragender Bedeutung. Doch Erfahrungen aus Übungen zei- der Aufstellung von 3 Heeresdivisionen bis 2032. Darüber hin- gen deutlich auf, dass gerade in diesen Situationen der taktische aus gilt es, sich Gedanken über die Qualität und Quantität der Führer vor Ort oft nicht weiß, wie der RettTrp einzusetzen ist SanAusb des NichtSanPers zu machen. bzw. wer ihn führt. Die SanKr wiederum kennen nicht durch- Auch ist die Fähigkeit FAM nicht außer Acht zu lassen, da sie gängig die Grundzüge der Einsatztaktik „ihrer“ kämpfenden für die Motivation und Einsatzbereitschaft der Truppe, insbe- Truppe – eine Grundvoraussetzung, um sich angemessen tak- sondere auch bei den sicher nicht weniger werdenden verschie- tisch zu verhalten. denen Stabilisierungseinsätzen, zwingende Voraussetzung für Auch befi ndet sich der taktische Führer in einem Zwiespalt: Er eine erfolgreiche sanitätsdienstliche Versorgung ist und deutli- trägt Sorge um die Versorgung des Verwundeten/Verletzten, ches Verbesserungspotenzial aufweist. Es muss doch nachdenk- darf aber seine Kampfkraft nicht schwächen. Diese Gratwande- lich stimmen, dass uns bereits FAM für die UN Mission rung zwischen Auftragserfüllung und Fürsorge gilt es zu verste- MINUSMA nach wenigen Monaten an Grenzen bringt. hen und zu beherrschen, um nach den lebensrettenden Sofort- Im Endeffekt wird die sanitätsdienstliche Versorgung für die maßnahmen der EH oder CFR eine nahtlose Folgeversorgung Truppe derzeit an zwei Punkten besonders spürbar, nämlich durch SanKr sicherzustellen. • in erster Linie bei der Versorgung auf dem Gefechtsfeld und Dafür notwendige Voraussetzungen sind: dann • gegenseitiges Kennen der Hauptaufgaben, • bei Hunderttausenden von Truppenarztkontakten im Jahr. • gemeinsame Ausbildung und In Anbetracht der zukünftigen Entwicklungen liegt es an Heer • Vertrauen in die Stärken des jeweils anderen. und Sanitätsdienst gemeinsam, die Herausforderungen an der Dieses Zusammenwirken von Heer und SanDstBw darf nicht Schnittstelle der sanitätsdienstlichen Versorgung „ganz vorne“ erst in der einsatzvorbereitenden Ausbildung erfolgen, die es zu bestehen. für LV/BV in dieser Form nicht gibt. Im Kontingentsystem von Stabilisierungseinsätzen hat der einzelne Soldat mitunter 1 Jahr Oberfeldarzt Dr. Susanne Firnkes im Voraus Kenntnis, mit welchen Kameraden er in den Einsatz E-Mail: susannefi [email protected]

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Gemeinsam: und Zentraler Sanitäts- dienst der Bundeswehr Taktischer Patientenlufttransport für Westafrika Matthias Thorolf Kohl Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Fürstenfeldbruck Hintergrund „Any time – Any place – Any mission – Day or night – Help is on the way“ ist das Motto des Aeromedical Evacuation (AirMedEvac) Teams am Lufttransportstützpunkt (LTStp) in Niamey, der Hauptstadt des Niger. Hauptauftrag des LTStp ist die Bereitstellung einer 24/7 Tactical-Aeromedical-Evacuation (TacAE)-Bereitschaft, vornehmlich für die deutschen Einheiten der Einsätze UN-MINUSMA und EUTM in Mali, aber auch – im Rahmen freier Kapazitäten – für alliierte Streitkräfte und den Bereich Westafrika. TacAE ist der sekundäre Lufttransport von bereits (an-)behandelten Patienten zu anderen medizini- schen Behandlungseinrichtungen innerhalb eines Einsatzgebie- tes oder zum Zugang zum strategischen Patientenlufttransport (StratAE) am LTStp Niamey, wo die Übergabe an den Airbus A-310 MEDEVAC erfolgt.

Technik und Crew Die C-160 Transall MEDEVAC ist ausgestattet mit zwei Pati- ententransporteinheiten (PTE), auf denen intensivpfl ichtige Pa- tienten adäquat versorgt werden können, und einem „Litter Kit“ (Tragen-Bereich), in dem weitere sieben leicht- bis mittel- schwer Verletzte bzw. Erkrankte liegend transportiert werden können. Abb. 1: Fliegende Besatzung (oben: Anfl ug auf den Flughafen Gao/ Mali) und Medical Crew (unten: Aufnahme eines (Üb-)Patienten auf Die Medical Crew auf der C-160 Transall besteht aus insgesamt die PTE) bilden gemeinsam das von einem Fliegerarzt geleitete 12 Soldaten: AirMedEvac-Team (Bilder: Norman Moeller/Bundeswehr) – 1 Medical Director (MD, Fliegerarzt), zuständig für Organi- sation und Führung des Einsatzes und Bindeglied zwischen Cockpit-Besatzung und Sanitäts-Crew, vierte und im Grundbetrieb nicht ständig für diese Rolle assig- niert ist. – 1 Medical Crew Chief (MCC, Rettungsassistent/Notfallsani- täter) zur Unterstützung des MD, Teamgedanke steht im Vordergrund – 1 Facharzt/Fachärztin für Anästhesie, vornehmlich für die Da am Boden die truppendienstliche und fachdienstliche Füh- Führung des PTE-Bereiches medizinisch zuständig, rung des ZSanDstBw-Anteils dem Leiter der Sanitätseinsatz- – 1 Fachpfl egekraft für Anästhesie und Intensivmedizin im staffel (SanEinsStff) obliegt, diese jedoch im Flugdienst auf PTE-Bereich, den Medical Director übergeht, besteht ein „außergewöhnli- ches“ Unterstellungsverhältnis. Dieses könnte im alltäglichen – 1 Medizingerätetechniker (MedTech) mit ergänzender luft- Dienst möglicherweise zu Verwicklungen führen, stellt aber in fahrzeugtechnischer Ausbildung und der Realität kein Problem dar, da durch Professionalität, Team- – 7 Rettungsassistenten/Notfallsanitäter mit spezieller Ausbil- gedanke und auch durch die Ausbildung in Crew-Resource- dung für AE. Management die Einsatzerfüllung für alle im Vordergrund steht. Ab dem Augenblick der Aktivierung aus der Bereitschaft her- Die Luftwaffe (Lw) stellt mit dem MD und dem MedTech nur aus arbeiten alle Beteiligten, ob fl iegerische Crew oder Boden- einen kleinen, der Zentrale Sanitätsdienst der Bundeswehr personal, hoch motiviert an der erfolgreichen Erfüllung des (ZSanDstBw) den Hauptanteil der Medical Crew. Aufgaben Einsatzes, denn jeder weiß: Es geht um die Gesundheit und und Arbeitsumfeld der Medical Crew erfordern im Vorfeld eine möglicherweise das Leben von Kameradinnen und Kameraden. intensive Hochwertausbildung inklusive eines luftfahrzeugspe- zifi schen fl ugmedizinischen Trainings. Fazit Mit der Neuordnung der fl ugmedizinischen Ausbildung für im Die Zusammenarbeit von Lw und ZSanDstBw beim taktischen Patientenlufttransport eingesetztes Sanitätspersonal wird die- Verwundetenlufttransport ist ein gutes Beispiel für eine funk- sem Umstand seit 2017 noch stärker als bisher Rechnung getra- tionierende Symbiose zum Wohle der Patientinnen und Patienten. gen. Dies ist aus fl ugmedizinischen und Flugsicherheitsaspek- ten umso wichtiger, als dass meist etwa die Hälfte der jeweili- Oberfeldarzt Matthias Thorolf Kohl gen Medical Crew ihren ersten Einsatz in dieser Aufgabe absol- E-Mail: [email protected]

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Alte Fähigkeiten – neues Denken Marinesanitätsdienst und regionale Sanitätseinrichtungen Matthias Beste Marinekommando, Rostock Hintergrund Das vorläufi ge Fähigkeitsprofi l der Bundeswehr rückt die Lan- des- und Bündnisverteidigung (LV/BV) neben dem Heimat- schutz wieder in den Fokus der Betrachtung. Für den Sanitäts- dienst der Bundeswehr ergibt sich daraus die Notwendigkeit, vorhandene Fähigkeiten zu überdenken.

Sanitätsdienstliche Fähigkeiten der Marine In den Konzepten des Marinesanitätsdienstes (MSanDst) sind in den letzten 30 Jahren sanitätsdienstliche Fähigkeiten immer angepasst an die aktuelle sicherheitspolitische Situation nach Ende der Ost-West-Konfrontation beschrieben worden. Heute ist der MSanDst in seinen Stützpunkten mit den regionalen Sa- nitätseinrichtungen kolloziert. Hieraus ergeben sich Koordinie- rungserfordernisse im Hinblick auf die Ausgestaltung neuer Fähigkeiten.

Sanitätsdienstliche Unterstützung im maritimen Umfeld Die sanitätsdienstliche Unterstützung im maritimen Umfeld umfasst die Bereiche Individualmedizin und Kollektivmedizin (Katastrophen- bzw. Einsatzmedizin). Die folgende Betrach- tung bezieht sich auf die Einsatzmedizin: Abb. 2: Der Anlandepunkt ist die Schnittstelle See/Land der sanitäts- An Bord von seegehenden Einheiten führen Treffer durch Flug- dienstlichen Versorgung in See. (Symbolbild) körper, Torpedos oder Minen zu unterschiedlichen Verletzungs- mustern. Insbesondere Treffer von Flugkörpern und Torpedos gehen dabei mit einer hohen Anzahl an Toten und Verwundeten Schnittstelle: Anlandepunkt einher. Zur Anlandung einer hohen Anzahl von Verwundeten müssen Die erste sanitätsdienstliche Versorgung muss an Bord erfolgen, die Stützpunkte der Marine in der Landes- und Bündnisvertei- die weitere Behandlung in seegestützten oder landgebundenen digung über bestimmte sanitätsdienstliche Fähigkeiten verfü- Role 2-Einrichtungen. Die Verlegung einer großen Anzahl von gen. Dies gilt bei der Unterstützung von Kräften der Marine behandelten Verwundeten zurück nach Deutschland kann, auf ebenso wie bei Bündnistruppen. Grund der Kapazitäten, nicht ausschließlich per Flugzeug erfol- Die Anlandepunkte sind als Schnittstelle SEE/LAND von zen- gen. Eine Verlegung über See oder auf dem Landweg muss des- traler Bedeutung für die Rettungskette in See. Die sich daraus halb wieder neu in Betracht gezogen werden. ergebenden Anforderungen sind in den vergangenen 30 Jahren nicht mehr betrachtet worden, weil dies nicht mehr notwendig erschien. Die hier er- forderlichen Fähigkeiten sind aber ihrerseits in den Konzepten aus der Zeit der Ost- West- Konfrontation beschrieben worden. Es gilt, diese in neue Situationen – wie hybride Be- drohungen – zu transferieren.

Fazit Im Rahmen der LV/BV müssen die Fähig- keiten zur Anlandung von Verwundeten, die Patienten-Koordination, der Weitertransport sowie sanitätsdienstliche Unterstützungs- leistungen innerhalb der Anlandepunkte bzw. Stützpunkte neu betrachtet werden – und zwar in einem Org-Bereich übergrei- fenden konzeptionellen Ansatz.

Flottillenarzt Dr. Matthias Beste E-Mail: [email protected] Abb. 1: Rettungskette in See im LV/BV-Szenar

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Ganz vorn... Sestokai, Sanitätseinsatzkräfte der MN MedCoy ab- bzw. bei- ... im Einsatz zustellen waren. Fast im Wochentakt erfolgten darüber hinaus Besuche von hochrangigen Delegationen aus Deutschland und der NATO, ROLE 1 - Möglichkeiten und Grenzen die sich ein Bild vom Aufwuchs der eFP BG LTU machten. „enhanced Forward Presence Battlegroup Lithuania“ Static und dynamic Displays veranschaulichten dabei die Mög- lichkeiten der eingesetzten Truppe. Zudem fanden sich Kräfte Martin Beyer der MN MedCoy bei öffentlichen Veranstaltungen in Litauen, Kommando Heer, Strausberg wie z. B. am Unabhängigkeitstag (16. Februar) in Vilnius, wie- Einleitung der. Am Beispiel der sanitätsdienstlichen Versorgung der enhanced Unter Leitung des LSO MN MedCoy wurden sehr zeitnah – Forward Presence Battlegroup Lithuania (eFP BG LTU) sollen nach dem Eintreffen in Rukla – die litauischen Krankenhäuser die Möglichkeiten und Grenzen einer multinationalen ROLE und Gesundheitseinrichtungen im Nahbereich des Stationie- 1-Sanitätseinrichtung vorgestellt werden. rungsortes erkundet, um Möglichkeiten der Zusammenarbeit abzusprechen und ein sanitätsdienstliches Absicherungskon- Aufstellungsphase zept für die Truppenübungsplätze Rukla, Pabrade (rund 150 km Am 01.Februar 2017 begann mit dem Eintreffen der deutschen ostwärts) und Kazla Ruda (etwa 80 km südwestlich) im Detail Hauptkräfte die Aufstellung der eFP BG LTU in Rukla (Litau- zu erarbeiten. Eine adäquate medizinische Versorgung setzt en). Der deutsche Beitrag setzte sich aus zwingend eine enge Zusammenarbeit mit dem Gesundheitssys- • einem Anteil am multinationalen (MN) Stab, tem der Host Nation Litauen voraus. • einer Stabs- und Versorgungskompanie, Die öffentlich-rechtlichen Aufgaben wurden mit Unterstützung • einer Kampfkompanie, temporär der eFP BG LTU zur Verfügung gestellter Spezialisten aus den Bereichen Arbeitsmedizin, Hygiene, Veterinärwesen • einem Anteil an der MN Combat Service Support Company und Gesundheitsaufsicht wahrgenommen. (Versorgungskompanie), • Anteilen am MN Feldjägerzug und • der MN Medical Company (MN MedCoy) zusammen. Temporär – in der Regel zu Übungen – wurde die eFP BG LTU durch Verstärkungskräfte unterstützt. Zu den Ver- stärkungskräften zählten eine Aufklärungskompanie und eine Artilleriebatterie sowie beispielsweise Pionier- und Flugab- wehrkräfte.

Sanitätsdienstliche Versorgung ROLE 1 Die Kräfte des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr (ZSanDstBw) aus dem Bereich des Kommandos Regionale Sa- nitätsdienstliche Unterstützung (Kdo RegSanUstg) bildeten den Kern der MN MedCoy. Eine Ergänzung/Verstärkung vor Ort erfolgte aus den Ländern Belgien, den Niederlanden und Nor- wegen. Zudem standen in Deutschland weitere Sanitätseinsatz- kräfte (SanEinsKr) als Verstärkung auf Abruf bereit. Abb 1: GTK Boxer BAT auf der Fahrt durch das Übungsgelände in Unter Führung eines deutschen Kompaniechefs und Leitenden Rukla (Foto: Bundeswehr) Sanitätsoffi ziers (LSO) – beide Aufgaben waren in Personaluni- on wahrzunehmen – lag der sanitätsdienstliche Fokus in den Großübungen ersten rund acht Wochen zunächst auf der Etablierung einer Das Übungsgeschehen der Battle Group lief mit Beginn des truppenärztlichen Sprechstunde und der Sicherstellung einer Monats April 2017 an. Das erste große Übungsvorhaben in Pab- Notfallversorgung am Standort Rukla. Hinzu kam der Aufbau rade, welches die MN MedCoy in vollem Umfange forderte, einer funktionierenden Versorgung mit Sanitätsverbrauchsma- fand im Mai 2017 statt. Hier verlegte der Hauptanteil der eFP terial (EVG San) und Sanitäts-Nichtverbrauchsgütern (NVG BG LTU auf den Übungsplatz und führte ein „Schießen verbun- San). dener Waffen mit Panzerhaubitzen und Hubschraubern“ durch. Die Truppenarztsprechstunde stand allen Soldatinnen und Sol- Die sanitätsdienstliche Absicherung des Übungsgeschehens daten der beteiligten Nationen zur Verfügung. Hier wurden alle (einschl. einer 24/7-Truppenarzterreichbarkeit und Sprechstun- gängigen allgemeinmedizinischen Krankheitsbilder behandelt. de) forderte den Einsatz aller Angehörigen der MN MedCoy. Darüber hinaus musste die MN MedCoy von Beginn an die sa- Im Folgemonat Juni stand dann die Übung IRON WOLF 2017, nitätsdienstliche Sicherstellung für Aufgaben der eigentlichen die im Übungsverlauf einen Gewässerübergang über den Fluss Kampftruppe gewährleisten. Hierunter ist zu verstehen, dass Neris bei Jonava vorsah. Auch hier wurde das gesamte Team regelmäßig zu Ausbildungs- und Übungsvorhaben auf dem der MN MedCoy eingesetzt, um die sanitätsdienstliche Real- Standortübungsplatz in Rukla, aber auch zum Zwecke der versorgung zu gewährleisten und eine Einbindung von San- Bahnentladungen von Großgerät im etwa 150 km entfernten EinsKr als Übungstruppe zu ermöglichen.

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Fazit Mit dem ursprünglich ausgeplanten Kräfteansatz der MN Med- Coy war im Grundbetrieb eine ROLE-1-Versorgung der eFP BG LTU realisierbar. Ein Kräfteaufwuchs der eFP BG LTU und die Erfahrungen vor Ort aus dem täglichen Dienstbetrieb machten eine Anpassung des sanitätsdienstlichen Konzeptes notwendig.

NH 90 Hubschrauber vor der UN Flagge am Himmel von Mali

Das Team Das medizinische Team besteht aus einem SanStOffArzt mit der Befähigung Rettungsmedizin sowie einem Rettungsassis- tenten/Notfallsanitäter. Im abgesessenen Einsatz am Boden werden diese beiden von zwei Feldjägern (mit der Zusatzquali- Abb. 2: Deutsche Notfallsanitäter übergeben einen Übungspatienten fi kation Luftsicherungsfeldwebel) als Nahsicherer begleitet. an niederländisches Sanitätspersonal auf dem Übungsplatz Rukla Die dort eingesetzten Ärztinnen und Ärzte mussten und müssen (Foto: Bundeswehr) immer wieder mit MASCAL Situationen von teilweise schwerstverwundeten Soldaten/zivilen UN Angestellten umge- Die MNMedCoy war eine multinationale Einheit mit Heraus- hen. Neben der gegebenen eigenen Bedrohungslage stellen die forderungen in der täglichen Zusammenarbeit – bei unter- klimatischen Umgebungsbedingungen sowie immer wieder schiedlichen nationalen Regeln und Gepfl ogenheiten in einer auftretenden Sprachbarrieren (nicht alle Soldaten der verbünde- Kompanie. Diese erste multinationale Einheit auf Ebene einer ten UN Truppensteller sprechen Englisch) eine zusätzliche He- ROLE-1 verdeutlichte aber auch die Chancen, die sich aus Sy- rausforderung dar. nergieeffekten ergeben, welche zu einer fruchtbaren Kooperati- on geführt haben und die allgemein- und notfallmedizinische Versorgung der eFP BG LTU seit Februar 2017 sichergestellt haben.

Oberfeldarzt Dr. Martin Beyer E-Mail: [email protected]

Forward Air MedEvac Gao Persönliche Einsatzerfahrungen einer Ärztin im Rettungs- dienst Katrin Bender Bundeswehrkrankenhaus Hamburg Die medizinische Besatzung des NH 90 bewegt sich unter dem Schutz Hintergrund der Feldjäger zum anfordernden Truppenteil – hier bei einer Übung. Die Tätigkeit als Sanitätsstabsoffi zier (SanStOffz) Arzt auf ei- nem NH 90 Hubschrauber im Rahmen des Forward Air Mein Einsatz MedEvac in Gao/Mali ist für einen eine fordernde Der Einsatz im 5. Einsatzkontingent MINUSMA in Gao/Mali Verwendung, handelt es sich doch aktuell um den gefährlichs- wurde für mich und die sich zur selben Zeit vor Ort befi ndenden ten Einsatz der Vereinten Nationen. Kameradinnen und Kameraden durch ein besonderes Ereignis Aufgabe der NH 90 MEDEVAC Besatzung ist es, geprägt, als am 26. Juli 2017 ein Kampfhubschrauber des Typ Tiger in Nordmali abstürzte und zwei deutsche Piloten dabei • die notfallmedizinische Erstversorgung am Unfall-/An- den Tod fanden. War der Hinfl ug zur Unfallstelle noch mental schlagsort, den Vorbereitungen einer eventuell notwendigen Notfallnarko- • die Stabilisierung des/der Patienten und se für zwei Patienten gewidmet, konnte vor Ort nur noch der • deren Verbringung zur höheren Versorgungebene für UN Sol- Tod der beiden Kameraden festgestellt werden. daten und verbündete Truppenteile Auch im Inland berühren uns der Tod oder das Leid unserer sicherzustellen. Patienten. Dies ist jedoch nicht vergleichbar mit dem Gefühl,

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Erachtens – eine hervorragende Arbeit geleistet und stand uns von Einzel- bis zu Gruppengesprächen mit einem niedrig- schwelligen Angebot zur Verfügung.

Was nehme ich mit? Zurück im Heimatland waren es Familie und Freunde, aber auch die Angehörigen der Dienststelle, welche ehrliches Inte- resse und Anteilnahme zeigten, und der fortwährende Kontakt zu den Kameradinnen und Kameraden aus dem Einsatz, welche halfen, das Erlebte einzuordnen. Ich bin davon überzeugt: Der Sanitätsdienst gehört zwingend „GANZ VORN“ in den Einsatz. Auf dem Boden des tödlichen Absturzes sollten wir uns jedoch auch einmal mehr bewusst machen, dass nicht alle Kameradinnen und Kameraden aus ei- nem Einsatz wieder gesund nach Hause zurückkommen und dass im Einsatz Er- oder Durchlebtes die Menschen verändern kann. Daher ist es meines Erachtens wichtig, dass wir unsere Kame- radinnen und Kameraden bewusst in den Einsatz verabschieden und sie nach diesem auch wieder bewusst aufnehmen, dass wir die Zeit und ein Ohr für sie haben und damit wertschätzen, was von ihnen im Einsatz geleistet wurde.

Bilder: Gusenburger, PAO 5. EinsKtg MINUSMA Dr. Katrin Bender E-Mail: [email protected]

Sarg eines der verunglückten deutschen Piloten mit deutscher Flagge Schnittstellenproblematik bei der Patientenüber- und UN Helm gabe mobiler an stationäre Kräfte im Auslands- Kameraden im Einsatz zu verlieren. Kameraden, welche nicht einsatz nur die gleiche Uniform trugen, sondern die man persönlich Jens Harrs kannte, die vor Ort in der gleichen Einheit ihren Dienst verrich- Bundeswehrkrankenhaus Hamburg teten, mit denen man täglich Kontakt hatte, gemeinsam beim Sport war, erzählt und gelacht hat. Hintergrund Allgemeines Problem jeder Patientenübergabe ist ein gewisser Informationsverlust, welcher im Rahmen von Auslandseinsät- Ist die Kameradschaft im Einsatz sowieso anders oder „tiefer“ zen durch zahlreiche Faktoren potenziert wird. Viele Studien als im Heimatland, führte das gemeinsam Erlebte zu einer In- haben gezeigt, dass standardisierte Übergaben und Training im tensivierung dieser Kameradschaft, welche von vielen von uns Bereich Crew Resource Management diesen Verlust minimie- als sehr tröstlich empfunden wurde. Auch das psychosoziale ren können. Im Rahmen der Auslandseinsätze sind zusätzliche Netzwerk vor Ort hat im Anschluss an den Absturz – meines Faktoren vorhanden, welche wir aus unserer täglichen Praxis nicht gewohnt sind und die die Informationsweitergabe zusätz- lich erschweren. Dazu gehören unter anderem: • Die Patientenübergabe ist in multinationalen Einsätzen in Englisch vorzunehmen. • Das aufnehmende Team sowie das örtliche Setting sind in vie- len Fällen nicht bekannt. • Je nachdem, welche Versorgungseinrichtung für die Patien- tenversorgung ausgewählt wurde, trifft man auf verschiedene Nationalitäten, Arbeitsweisen und Versorgungskapazitäten.

Schlüsselrolle „Dokumentation“ Als wesentlicher Faktor für einen Informationsverlust zeigte sich die fehlende oder lückenhafte Dokumentation im Einsatz- land. Dies ist der Komplexität der Rettungskette mit zahlrei- chen Patientenübergaben und der taktischen Situation geschul- Flagge auf Halbmast am Eingang zum Camp Castor det. In der sich an den Vortrag anschließenden Diskussion wur-

Wehrmedizinische Monatsschrift 62 (2018), 9/2018 310 6. Arbeitstagung des Kommandos Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung vom 7. – 9. März 2018 in Damp de berichtet, dass ein digitales Dokumentationssystem auf Tab- Truppenarzt/Truppenärztin, dafür häufi gere Einsätze als Ret- let-Basis zur Verfügung stehen würde und gegebenenfalls in tungsmediziner/in im Auslandseinsatz) wurde dabei als eine solchen Situationen erprobt werden sollte. Nach meiner Erfah- sinnvolle Innovation angesehen, um durch Veränderung von rung in zahlreichen Einsätzen halte ich es allerdings für frag- Stehzeit und einsatzvorbereitender Ausbildung dieses Problem lich, ob eine solche Dokumentation in taktischen Situationen zu entschärfen. umzusetzen ist. Eine videobasierte Dokumentation, welche nach Abschluss des Rettungseinsatzes standardisiert verschrift- Informationsverluste minimieren licht wird, wäre nach meiner Auffassung wahrscheinlich suffi - In der intensiven Diskussion wurden auch mögliche Strategien zienter und praktikabler – auch wenn sie teils kontrovers disku- erörtert, mit denen diese Informationsverluste minimiert oder tiert wird. Im Sinne von Qualitätskontrolle, beim Debriefi ng verhindert werden können. Dazu gehört unter anderem auch die und letztlich insbesondere zur Ausbildung wäre sie nach meiner Patientenübergabe in der einsatzvorbereitenden Ausbildung in Auffassung sehr gut zusätzlich nutzbar. Englisch durchzuführen, getreu dem Konzept “train as you fi ght“. Weiterer Schwerpunkt sollte die Schulung des Personals in der Umsetzung der Leitsätze des Crew Resource Manage- ments sein. So können Kommunikationsstrategien und Abläufe wie ein “hands-off-hand-over“ verinnerlicht werden. Positiv zu sehen ist, dass Algorithmen basierte Behandlungskonzepte nach dem ABCDE-Schema mittlerweile fester Bestandteil der Ausbildung sind, da dieses Schema auch bei der Patientenüber- gabe ein hilfreiches und international verwendetes Mittel ist.

Fazit Zusammenfassend kann man sagen, dass eine fokussierte algo- rithmenbasierte Übergabe auf Grundlage der Leitsätze des Crew Resource Managements den Informationsverlust deutlich verringern kann und damit die Patientensicherheit steigert. Gute Kenntnisse in Medical English sind essenziell und müssen regelmäßig trainiert werden. Eine adäquate Form der lückenlo- Abb. 1: Deutsche Sanitätskräfte übergeben Verwundete an die sen Dokumentation über die gesamte Rettungskette sollte eta- Besatzung eines US-amerikanischen Blackhawk-Hubschraubers in bliert werden. Eine Erfahrung als eigenverantwortlicher Not- Kunduz/Afghanistan im Jahre 2013. Eine effektive Patientenübergabe arzt im Heimatland sollte Voraussetzung für einen Einsatz als – und damit Informationsweitergabe – fi ndet in dieser Situation nicht präklinischer Rettungsmediziner im Einsatzland sein. statt. Dieses ist keine Kritik – man muss sich dessen nur bewusst sein. (Bild: Fernandez, US Army) Oberfeldarzt Jens Harrs E-Mail: [email protected] Erfahrung als Notarzt unabdingbar Die Weitergabe der notwendigen Informationen setzt auch vor- Dynamische versus statische Lagen aus, dass auf beiden Seiten der Schnittstelle hinreichende Er- Was bedeutet das für unser Vorgehen? fahrung in der Notfall- und Rettungsmedizin besteht. Gerade zu dieser Frage entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Sani- Andreas Schwartz tätsstabsoffi ziere (Arzt), die als Rettungsmediziner im bewegli- Bundeswehrkrankenhaus Hamburg chen Arzttrupp (BAT) eingesetzt sind, verfügen alle über die sogenannte „ATN Rettungsmedizin“1. Deren Erwerb schließt Hintergrund zwar Einsätze als Notarzt ein, allerdings nicht zwingend in ei- In der Rettungsmedizin eingesetztes Personal ist in erster Linie genverantwortlicher leitender Funktion. Hierzu ist der Erwerb darauf trainiert, nach notfallmedizinischen Algorithmen patien- der zivil anerkannten Zusatzbezeichnung Notfallmedizin erfor- tenorientiert zu handeln. Dieses setzt voraus, dass die zu Verlet- derlich, was mit einer längeren Ausbildungsdauer verbunden zungen einer oder mehrerer Personen führenden Ereignisse ab- ist. geschlossen sind (z. B. bei einem schweren Verkehrsunfall). Was aber ist, wenn z. B. bei einem Terroranschlag die Lage un- In der Diskussion zeigte sich, dass es dadurch immer wieder klar ist, weitere Ereignisse bis zur Gefährdung des Rettungsper- vorkommen kann, dass der erste eigenverantwortliche Notarzt- sonals selbst drohen? Wie beeinfl ussen solche „dynamischen“ einsatz dann im Einsatzland stattfi ndet. Der hier zweifellos vor- Lagen unser Handeln? handene Optimierungsbedarf wurde umfassend diskutiert. Der sogenannte „BAT-Pool“ (Verwendung in der Klinik statt als Statisch versus dynamisch Um die Frage zu klären, ob die sanitätsdienstliche Vorgehens- 1 Für den Erwerb des Ausbildungs- und Tätigkeitsnachweises (ATN) weise bei dynamischen im Gegensatz zu statischen Lagen an- Rettungsmedizin ist ein Ausbildungsgang zu durchlaufen, der inhalt- ders ist, muss man die Spezifi ka beider Lagen beleuchten. lich im Wesentlichen auch für den Erwerb der zivilen Fachkunde Ret- tungsdienst zu absolvieren ist bzw. war. Letztere wird allerdings nicht Bei statischen Lagen kann die Patientenversorgung unter den mehr in allen Bundesländern verwendet, sondern wurde durch die vertrauten Gesichtspunkten algorithmusorientiert und leitlini- Fachkunde Notfallmedizin abgelöst. engerecht verlaufen. Die Lage ist gelöst, nach Kontaktaufnah-

Wehrmedizinische Monatsschrift 62 (2018), 9/2018 6. Arbeitstagung des Kommandos Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung vom 7. – 9. März 2018 in Damp 311 me mit der Einsatzleitung (Leitender Notarzt/organisatorischer die versorgenden Kräfte hier auf eine rasche Lageänderung im Einsatzleiter) werden die Patienten nach der primären Sichtung Sinne einer plötzlich akuten Bedrohung einstellen müssen. Hier am Schadensort direkt oder am eingerichteten Behandlungs- werden Patienten erneut gesichtet und gemäß dem A-B-C- platz (Verwundetensammelstelle) notfallmedizinisch versorgt D-E Schema weiterversorgt. und in die für den Patienten am besten geeignete Klinik ver- Der sichere Bereich kann mit der Phase „tactical evacuation bracht. care“ verglichen werden. Hier fi ndet eine weitergehende Re- Bereits bei herkömmlichen dynamischen Lagen, wie sie bei- evaluation und problemorientierte Behandlung, ggf. auch auf spielsweise aus der alpinen Rettung bekannt sind, stößt diese dem Transport in die Erstversorgende Klinik (EVK) im Sinne Vorgehensweise an ihre Grenzen. Die Lage ist möglicherweise von „en route care“ statt. Die Einrichtung von Behandlungs- noch nicht gelöst, die Kontaktaufnahme mit der Einsatzleitung plätzen ist hier nicht zweckmäßig, vielmehr sollten die vorhan- gestaltet sich unter Umständen schwierig und die Einrichtung denen logistischen und materiellen Ressourcen des Rettungs- eines Behandlungsplatzes ist nicht immer zweckmäßig. Die Pa- dienstes und des Katastrophenschutzes in die EVK verlagert tientenversorgung sollte weiterhin algorithmusorientiert, aber werden, um diese zu unterstützen. auch situationsadaptiert, erfolgen. Eigenschutz gewinnt zuneh- mend an Bedeutung.

Abb. 2: Der unsichere Bereich ist Verantwortungsbereich der Polizei. Abb. 1: In statischen Lagen bestimmt der Patient, in dynamischen Hier ist mit Patientenversorgung unter direkter Bedrohung zu Lagen die Lage das Handeln des Rettungspersonals. (Bildquelle: rechnen. Im teilsicheren Bereich fi ndet die Versorgung in unmittelba- links: Traumateam e. V., Ulm; rechts: Polizei Baden-Württemberg) rer Nähe der Bedrohung ohne direkte Täterwirkung statt. Der sichere Bereich stellt keine stationäre Größe dar. Hier fi ndet die Versorgung außerhalb der Bedrohung, ggf. auf dem Transport statt. Das Einrich- Besondere Herausforderung: Terrorlagen ten eines Behandlungsplatzes im herkömmlichen Sinn ist unzweck- Terrorlagen stellen die Maximalvariante einer dynamischen mäßig. In der Erstversorgenden Klinik werden die Patienten situa- Lage dar. Ausmaß und Verlauf des Anschlags sind unklar, die tionsadaptiert primärversorgt. Abkürzungen: gPA (geschützte Absicht der Täter und die resultierende Gefahrenlage sind un- Patientenablage), BHP (Behandlungsplatz), EVK (erstversorgende bekannt, durch „Lageänderung“ muss jederzeit mit einer Unter- Klinik) brechung der Rettungsmaßnahmen gerechnet werden. Nicht mehr der Patient, sondern die taktische Lage bestimmt die sani- tätsdienstliche Vorgehensweise. Fazit Erste Maßnahmen müssen ggf. unter Bedrohung getroffen wer- Die Phasen und Versorgungsschwerpunkte der taktischen Ver- den. Eine örtliche Bindung am Schadensort birgt vitale Gefah- wundetenversorgung im Gefecht sind gut auf die Vorgehens- ren für Rettungskräfte und Patienten, daher muss ein schnelles weise bei dynamischen Lagen, insbesondere in Terror-Szenari- Verlassen des Anschlagsortes unter Initiierung einer Primärthe- en, zu übertragen. rapie im Sinne von „stop the bleeding and clear the scene“ an- Um bei der permanent bestehenden „abstrakten“ Gefahr eines gestrebt werden. Hierbei hat Eigenschutz die höchste Priorität. terroristischen Anschlags im Ernstfall eine suffi ziente Patien- Die Patientenversorgung fi ndet lageabhängig analog der Pha- tenversorgung unter Vermeidung von Verlusten bei den Ret- sen der taktischen Verwundetenversorgung statt. tungskräften erzielen zu können, ist neben der gedanklichen Im zivilen Umfeld sind diese sogenannten „bedrohlichen La- Auseinandersetzung mit der Problematik und der Erarbeitung gen“ primär polizeiliche Lagen. Die Festlegung der Raumord- einer optimalen Vorgehensweise ein lückenloses Ineinander- nung in unsichere, teilsichere und sichere Bereiche obliegt der greifen sämtlicher Schnittstellen in der Praxis erforderlich. Einsatzleitung der Polizei. Dabei entspricht die Versorgung im Klare Kommunikation, Transparenz und Abstimmung, sowie unsicheren Bereich der Phase „care under fi re“, also unter di- das praktische Üben der jeweiligen spezifi schen Vorgehenswei- rekter Einwirkung durch den/die Täter, oder Bedrohung und ist sen aller beteiligten behördlichen, polizeilichen und rettungs- primär rein polizeiliche Aufgabe. Die medizinischen Maßnah- dienstlichen Kräfte sind unabdingbare Voraussetzungen, um men können sich hier nur auf ein absolutes Minimum beschrän- dieser drohenden Herausforderung kompetent zu begegnen. ken und sind von polizeilichen Kräften einzuleiten. Im teilsicheren Bereich können erweiterte Maßnahmen, ana- Oberstarzt Dr. Andreas Schwartz log der Phase „tactical fi eld care“ ergriffen werden, wobei sich E-Mail: [email protected]

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Ganz vorn...... im Alltag

Zwischen Knall- und Polytrauma Alltag auf dem Truppenübungsplatz Christian Fürlinger Sanitätsversorgungszentrum Hammelburg Hintergrund Eine Aufgabe des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr (ZSanDstBw) ist es, bei Ausbildungs- und Übungstätigkeiten auf Truppenübungsplätzen (TrpÜbPl) die Notfallversorgung verletz- ter Soldatinnen und Soldaten als erstes Glied der Rettungskette bis zum Eintreffen der zivilen (boden- und/oder luftgebundenen) Rettungsmittel sicherzustellen. Dieses erfordert einen kontinuier- lichen Einsatz von qualifi ziertem medizinischen Personal nicht nur während der Tagesdienstzeit (oftmals aus der truppenärzt- lichen Sprechstunde heraus), sondern regelmäßig auch zusätzlich zur Sicherstellung von Nachtschießen. Ausdehnung der Übungs- plätze, ihre Lage abseits von Ballungszentren mit entsprechender Klinikdichte und der Einsatz scharfer Munition im Rahmen des Übungsgeschehens sind dabei besondere Herausforderungen für das eingesetzte Sanitätspersonal. Der Sanitätsdienst auf Übungsplätzen Für die Sicherstellung der sanitätsdienstlichen Versorgung sind die Sanitätsstaffeln Einsatz (SanStffEins) zuständig, die ent- sprechende Rettungstrupps mit Krankenkraftwagen stellen und hierbei eng mit den Sanitätsversorgungszentren (SanVersZ) zu- sammenarbeiten. Letztere stellen – analog zum zivilen Notarzt- system im Rendezvous-Verfahren – den Schießarzt und einen Fahrer. Entscheidend ist immer das verzugslose Zusammenwirken aller Akteure (Sanitätskräfte, Truppenübungsplatzkommandantur, Abb. 1: Rettungskarte des TrpÜbPl Hammelburg: Der Kartenaus- zivile Rettungsleitstelle, zivile Rettungskräfte). Auf Grund der schnitt oben zeigt das Lager Hammelburg. (RP = Rettungspunkt; Ausdehnung und Lage der Übungsplätze garantiert letztlich die H = Hubschrauberlandeplatz) Verfügbarkeit von Rettungshubschraubern im lebensbedrohli- chen Notfall eine hohe Versorgungsqualität und damit das best- kräfte erfordern. Der Rettungstrupp führt in Zusammenarbeit mögliche Outcome für die/den Verletzte(n)/Erkrankte(n). mit dem Schießarzt die Erstversorgung vor Ort durch, der notärztliche Transport in das nächste geeignete Akutkranken- Informationsmanagement haus wird durch den zivilen Rettungsdienst sichergestellt. Auf- Ganz wesentlich für eine schnelle und effektive Notfallversor- grund der Geländebeschaffenheit und der Transportwege ist bei gung ist vor allem ein einheitliches und effi zientes Notruf- und potenziell lebensbedrohlichen Notfällen meist der Einsatz eines Informationsmanagement. Hierbei ist ein Informationschaos, Rettungshubschraubers notwendig. das heißt vor allem Redundanzen und teilweise widersprüchli- che Anforderungen von zivilen Rettungsmitteln von verschie- Abbildung 2 gibt eine Übersicht über die häufi gsten Behand- denen Seiten, unbedingt zu vermeiden. lungsfälle im Notfall. Besondere körperliche Anforderungen – Aus diesem Grund gehen auf den TrpÜbPl Hammelburg und oftmals verbunden mit einem erhöhten Unfallrisiko – werden Wildfl ecken sämtliche Notrufe nur bei der Leit- und Kontroll- an die Teilnehmer der Einzelkämpfer- und militärischen Nah- stelle (LuK) der TrÜbPl-Kommandantur ein. Auch bei der zivi- kampf-Lehrgänge gestellt. Insofern ist es nicht verwunderlich, len Rettungsleitstelle Schweinfurt vom TrÜbPl eingehende dass Verletzungen der Gelenke, des Schädels und der Wirbel- Notrufe werden von dieser an die LuK weitergeleitet, denn nur säule sowie Erschöpfungsyndrome und akute Kreislaufdekom- die LuK der TrÜbPl-Kommandantur kann die Aufnahme der pensationen insgesamt die Hauptdiagnosen sind. zivilen Rettungskräfte am Rettungspunkt organisieren (siehe Aber auch kardiovaskuläre Notfälle sind gar nicht mal so selten Abbildung 1) und insbesondere die Luftraumsicherheit beim bei den oftmals älteren Zivilangestellten der Bundeswehr, die in Einsatz von Rettungshubschraubern sicherstellen. allen Altersgruppen am VN Ausbildungszentrum als Angehöri- ge der Reserve eine Ausbildung in militärischen Grundfertig- Breites Spektrum an Notfällen keiten erhalten. Schießunfälle sind – auf Grund konsequenter Notfälle sind keine Seltenheit: Es kommt im Durchschnitt ein- Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen – seltene, wenngleich mal wöchentlich zu Ereignissen, die den Einsatz der Rettungs- meistens tödliche Ereignisse.

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1500 ml Ringer-Laktat, wodurch eine Kreislaufstabilisierung mit einem Blutdruck von 100/80 mmHg bei einer Pulsfrequenz von 100/min erzielt werden konnte. In der sonographischen Untersuchung zeigte sich das typische Bild einer frischen Rup- tur des linken oberen Nierenpols ohne Milzverletzung. Um ei- nen Organerhalt zu ermöglichen, wurde der Patient unverzüg- lich per Rettungshubschrauber in die urologische Universitäts- klinik Würzburg verlegt, wo die Blutung durch endovaskuläre Embolisation mittels Coiling gestoppt und das Organ erhalten werden konnte. Der Soldat absolvierte im nächsten Sommer er- folgreich den Offi zieranwärterlehrgang Teil 1 und studiert der- zeit an der Bundeswehruniversität in Hamburg.

Myokardinfarkt 15 Minuten vor Dienstschluss stellt sich ein 55-jähriger Reser- vedienst Leistender vor, der – nach Einbuchung für die Ausbil- dung über IAMS (Integriertes Ausbildungs-Management Sys- tem) - an der Ersthelfer A-Ausbildung der Offi zieranwärterlehr- gangs teilnahm. Er klagte über starke Brustschmerzen und Atemnot, war deutlich kaltschweißig mit auffallend fahler Ge-

sichtsfarbe. Bei einer peripheren 02- Sättigung von 97 % und Abb. 2: Übersicht über die häufi gsten Notfallursachen unauffälligem Auskultationsbefund der Lunge war der Blut- druck im normalen Bereich stabil (125/85 mmHg bei einer Herzfrequenz von 90/min), der Blutzucker lag bei 80 mg/dl. Im Ruhe-EKG zeigte sich ein Sinusrhythmus mit unauffälligem Stromkurvenverlauf, insbesondere der QRS Komplex, die ST-Strecke und die T-Welle zeigten keinerlei Hinweise auf ein ischämisches Ereignis. Anamnestisch war keine koronare Herz- krankheit bekannt, die orale Gabe von Nitrospray verbesserte die Schmerzsymptomatik nicht. Nachdem ein ziviler RTW angefordert worden war, um den Soldaten zur weiteren Diagnostik und Beobachtung des Verlau- fes in die nächstgelegene Klinik zu verbringen, nahm die Schmerzsymptomatik weiter zu, der Blutdruck fi el auf 90/65 mmHg, und es zeigten sich jetzt vereinzelte ventrikuläre Extrasystolen im Ruhe-EKG – aber nach wie vor keine eindeu- tigen Ischämiezeichen. Der Patient erhielt über einen intravenö-

sen Zugang ASS, Heparin und Morphin sowie O2 über Maske. Abb. 3: Der Rettungshubschrauber ist auf Grund der Größe und Lage Daraufhin besserten sich Schmerzsymptomatik, Atemnot und des TrÜbPl das erforderliche Rettungsmittel zur adäquaten Versor- Blutdruckwerte. Mittels nachgefordertem Rettungshubschrau- gung bei lebensbedrohlichen Notfällen. (Bild: M. Hannig, DRF-Luftrettung) ber wurde er in die Universitätsklinik Würzburg verbracht und der bestehende Nicht-ST-Hebungs-Infarkt (NSTEMI) bei ko- Fallbeispiele ronarer Herzkrankheit mittels Stent-Implantation versorgt. Unter den Ereignissen der letzten Zeit fanden sich unter ande- Der Fall zeigt, dass die körperliche Intensität des Trainings vom rem eine Nierenruptur bei einem 19-jährigen Soldaten nach durchschnittlichen Alter der Trainingsgruppe beeinfl usst wird Sturzverletzung und ein Myokardinfarkt bei einem 55-jährigen und dass eine Inhomogenität von Ausbildungsgruppen bezüg- Angehörigen der Reserve. Diese beiden Fälle sollen hier kurz lich der körperlichen Leistungsfähigkeit (junge Offi zieranwär- vorgestellt werden: ter der Kampftruppe gegenüber älterem Reservedienst Leisten- den) für ältere Teilnehmer durchaus zum Risiko werden kann. Nierenruptur nach Sturz Diesem Aspekt kann aber bei der freien Buchbarkeit der Erst- Während der Mittagspause stellte sich ein 19-jähriger Teilneh- helfer A-Ausbildungen in IAMS nicht Rechnung getragen wer- mer des Offi zieranwärterlehrgangs vor und gab an, vor 20 Mi- den. nuten während der Ausbildung mit der linken Flanke auf einen Stein gefallen zu sein. Seitdem habe er blutigen Urin. Klinisch Fazit zeigte sich eine schwache Prellmarke entlang des linken Nie- Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung bei Notfällen renlagers mit deutlicher Klopfschmerzhaftigkeit. Der Soldat auf TrpÜbPl erfordert qualifi ziertes Sanitätspersonal, gute war kaltschweißig mit einem Blutdruck von 80/50 mmHg bei Kommunikationsmittel und stringentes Einhalten der vorgege- einer Pulsfrequenz von 120/min. Er wurde im Notfallraum im- benen Kommunikations- und Informationsverfahren. Das mobilisiert, erhielt 2 großvolumige venöse Zugänge und Spektrum der Notfälle ist breit und keineswegs auf Unfälle be-

Wehrmedizinische Monatsschrift 62 (2018), 9/2018 314 6. Arbeitstagung des Kommandos Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung vom 7. – 9. März 2018 in Damp grenzt. Gute Zusammenarbeit mit dem zivilen Rettungsdienst prophylaxe). Sie erleichtert Trainierten nicht nur die Durchfüh- und die „Führung“ aller Kräfte durch die LuK der TrpÜb- rung körperlicher Arbeit, sondern geht auch mit einer schnelle- Pl-Kommandantur sind eine Voraussetzung für die gute Quali- ren Hitzeanpassungsfähigkeit einher. tät der Versorgung. Zu Beginn einer Hitzebelastung ist eine ausreichende Akklima- Oberstarzt Dr. Christian Fürlinger tisation erforderlich, deren physiologische Anpassungen die E-Mail: [email protected] Hitzetoleranz verbessern. Zur Expositionsprophylaxe zählen ein ausgeglichener Flüssigkeits-/ Elektrolythaushalt, die Ab- stimmung von Arbeitsschwere und Bekleidungsisolation, ar- beitsorganisatorische Maßnahmen der Expositionsreduzierung Präventionsmaßnahmen bei Hitzestress und vieles andere mehr. Ebenso sind alle Soldaten und Solda- tinnen im Erkennen und Erstversorgen von Hitzeerkrankungen Karl Jochen Glitz1, Claus Piekarski2 und Dieter Leyk1, 3 zu schulen. 1 Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr 2 Institut und Poliklinik für Arbeitsmedizin, Umweltmedizin und Präventions- forschung der Universität zu Köln 3 Forschungsgruppe Leistungsepidemiologie an der Deutschen Sporthoch- schule Köln Einleitung / Problemstellung Eine ausgeglichene Wärmebilanz ist Voraussetzung für Ge- sundheit und Leistungsfähigkeit. Bei hohen körperlichen Belas- tungen unter militärischen Bedingungen können „Störungen“ des Wärmeaustauschs zwischen dem Organismus und seiner Umgebung (z. B. durch Klima, Bekleidungsisolation und indi- viduelle Faktoren) jedoch zu nicht kompensierbarem Hitze- stress mit ernsten Folgen führen. Die US Armed Forces berich- ten von 2 536 Hitzeerkrankungsfällen im Jahre 2016. Präventi- onsmaßnahmen, die die Erfordernisse des militärischen Be- reichs berücksichtigen, sind notwendig.

Methodik Abb. 2: Nur ein vernetztes Management kann die Umsetzung aller Zur Erstellung eines Präventionskatalogs wurden die Empfeh- Maßnahmen sicherstellen, um Hitzeschäden zu vermeiden. lungen der NATO für ein Klimamanagement [1] ausgewertet. Unter dem Kriterium der Anwendbarkeit im militärischen Kontext wurden zusätzlich die arbeitsmedizinische Leitlinie Die Umsetzung aller Maßnahmen erfordert ein vernetztes Ma- zur Hitzearbeit [2] berücksichtigt und eine Literaturrecherche nagement [3], da schon die Vernachlässigung eines Faktors (PubMed; Keywords: heat exposure, heat stress, heat illness) (schwächstes Glied in der Kette) zu nicht kompensierbarem durchgeführt. Hitzestress führen kann, der bereits bei moderatem Umge- bungsklima möglich ist. Ergebnisse und Diskussion Bereits vor einer Hitzebelastung muss die Förderung einer gu- ten körperlichen Leistungsfähigkeit beginnen (Präexpositions- Literatur 1. NATO – Research and Technology Organisation (Ed.): Manage- ment of heat and cold stress – guidance to NATO medical person- nel. Technical Report. RTO-TR-HFM-187. (2013) www.sto.nato. int/publications/Pages/default.aspx 2. Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V., DGAUM (Hrsg.): Arbeit unter klimatischer Belastung: Hitze. Leitlinie. AWMF online (2012), www.awmf.org/leitlinien/detail/ ll/002 - 039.html 3. Glitz K. J., Leyk D.: Der Schlag der Hitze. Präventionsmaßnah- men eines Hitzemanagements. Wehrmedizin und Wehrpharmazie, S. 95 - 97 (4/2016)

Abb. 1: Eine gute körperliche Leistungsfähigkeit durch ausreichendes Für die Verfasser Training (Präexposition), eine ausreichende Akklimatisation (Initiale Exposition) bilden grundlegende Bestandteile eines Hitzemanage- Dr. Karl Jochen Glitz ments, um Hitzebelastungen (Exposition) kompensieren zu können. (Bilder: Bundeswehr / InstPrävMedBw) E-Mail: [email protected]

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Bittere Erfahrungen mit Hitzeschäden siert werden kann. Die Therapieempfehlungen sind bei diesen Erkrankungen neben der Beendigung der Hitzeexposition be- Marc Royko schränkt auf eine moderate Flüssigkeitssubstitution mit geeig- Bundeswehrkrankenhaus Hamburg neten Getränken oder alternativ einer intravenösen Substitution Hintergrund und einer allgemeinen symptomorientierten Therapie. „Der tödliche Bundeswehr-Marsch – Rekonstruktion einer Ka- Die Kompensationsmöglichkeit ist beim Hitzschlag als tastrophe.“ So lautete die Schlagzeile am 2. Januar 2018 auf schwerste Erkrankung mit einer relevant hohen Mortalität nicht Stern Online. Die tragischen Ereignisse auf dem Truppen- mehr gegeben. Beim Hitzschlag kommt es durch das Missver- übungsplatz Munster, die zum Tod eines Kameraden und der hältnis zwischen Wärmeproduktion und -aufnahme und der Erkrankung von drei weiteren führten, werden zum Anlass ge- Möglichkeit des Organismus zur Wärmeabgabe zum Versagen nommen, die aktuelle Versorgungsstrategie von Patienten mit der Thermoregulation, mit schweren Folgen für den gesamten Hitzeschäden zu betrachten. Körper bis hin zum Multiorganversagen und dem daraus fol- Besonderes Augenmerk soll auf dem aktuellen Sachstand bei genden Tod des Patienten. den Empfehlungen zur präklinischen Versorgung von Hitzeer- krankten und möglicher Vorsorgemaßnahmen zur Verhinderung Wärme als Einfl ussfaktor auf den Körper von Hitzeerkrankungen liegen. Wärme wird nicht nur bei hohen Umgebungstemperaturen von außen aufgenommen, sondern bei Anstrengung zusätzlich im Klassifi kation von Hitzeschäden Körper vor allem in der Muskulatur produziert. Unter normalen Es gibt verschiedene Arten von Hitzeschäden, denen zwar Hit- Umständen kann die Kö rperkerntemperatur durch thermoregu- ze als schädigende Noxe gemein ist, die aber durch unterschied- latorische Mechanismen auf einem, im Hypothalamus regulier- liche Mechanismen Schäden auslösen. Beim Sonnenstich löst ten, Sollwert von 37°C gehalten werden. Diese Mechanismen die meningeale Reizung Kopfschmerz, Übelkeit, Erbrechen sind in Abbildung 1 dargestellt. aus, der Hitzekollaps ist eine orthostatische Dysregulation, Neben den Witterungsbedingungen haben viele Faktoren einen welche zu hypotoner Kreislaufdysregulation auch mit Bewusst- Einfl uss auf die Schwere eines Hitzeschadens. Akklimatisation, losigkeit führt. Abzugrenzen ist die Hitzeerschöpfung, welche Training, Konstitution spielen ebenso eine Rolle, wie Kleidung, einer akuten Belastungssituation geschuldet ist, die aber insbe- Nahrung, Trinkmenge, Alkohol, körperliche Aktivität und eine sondere bei körperlich gut trainierten Menschen noch kompen- Vielzahl von Medikamenten. Diese Faktoren lassen sich meist einfach erklären, was auch auf Substanzen wie Amphetamine, Diuretika und Betablocker zutrifft. Für die truppenärztliche Versorgung spielt insbesondere aber die reduzierte Hitzetole- ranz durch trizyklische Antidepressiva und Antihistaminika eine wichtige Rolle. Die individuellen Unterschiede bei Hitze- toleranz und Leistungsfähigkeit sind allerdings sehr groß; die Hitzetoleranz variiert auch bei jedem Einzelnen nach Tagesform und lässt sich daher auch schwer voraussagen.

Präklinische thermoregulatorische Maßnahmen im Rahmen der Erstversorgung Ähnliche fulminante Verläufe wie im letzten Jahr in Munster sind auch früher schon in der Literatur beschrieben. In einer Kasuistik in der Zeitschrift „Der Anästhesist“ wird über einen 23-jährigen Leistungssportler berichtet, der bei einem Lauftrai- ning zur Gewichtsreduktion komatös zusammenbrach und trotz aller intensivmedizinischen Anstrengungen nach 48 Stunden verstarb. Die präklinische Therapie des Hitzschlages orientiert sich in al- len aktuellen notfallmedizinischen Veröffentlichungen an dem üblichen prioritätenorientierten Vorgehen nach ABCDE Kriteri- en. Bei „E“ kommt der Temperaturreduktion die entscheidende Bedeutung zu, da für das Ausmaß der Schädigung und der Pro- gnose neben der maximalen Körpertemperatur auch die Dauer der Hyperthermie >39°C entscheidend ist. Schwere Erkran- kungsverläufe fi nden sich dann, wenn es nicht schnell genug gelingt, die Temperatur wieder zu senken. Die effektivste Art der Temperaturreduktion ist auch im interna- tionalen Vergleich Gegenstand aktueller wissenschaftlicher Abb. 1: Schematische Darstellung der Thermoregulation (aus: Naemt Diskussionen. Die Immersionsmethode, bei welcher der Patient (Hrsg.): Präklinisches Traumamanagement. 2011: 2. Aufl age; Urban in kaltes Wasser gelegt wird, ist zwar kurzzeitig sehr effektiv, und Fischer in Elsevier (Verlag), München) die reaktive Vasokonstriktion im Verlauf aber eher kontrapro-

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kleidung komplettieren die Präventivmaßnahmen. Die Sicher- stellung einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr alleine kann schwerwiegende Hitzeschäden nicht verhindern und darf daher nur als eine Teilmaßnahme verstanden werden.

Oberfeldarzt Marc Royko E-Mail: [email protected]

Altbewährtes und neue Konzepte Akutintervention bei psychischer Belastung Robert J. Gorzka Bundeswehrkrankenhaus Hamburg Einleitung Nicht nur im Auslandseinsatz, sondern auch während des Dienstes im Heimatbetrieb können extreme Ereignisse wie Überfälle, Amokläufe, Terrorakte und Bedrohung durch Terror, Naturkatastrophen, aber auch schwere Dienstunfälle zu schwe- ren psychischen und sonstigen gesundheitlichen Beeinträchti- gungen führen. Notfallpsychologisches Know-how wird gebraucht, um die psychischen Belastungen bei Personen infolge von traumatisie- renden Ereignissen so gering wie möglich zu halten, dauerhaf- ten Beeinträchtigungen entgegenzuwirken und die Leistungsfä- higkeit und Lebenszufriedenheit der Betroffenen wiederherzu- Abb. 2: Aus Lufttemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit wird in der stellen. Tabelle (oben) eine als Hitzeindex bezeichnetet Temperatur berech- net, der in der unteren Tabelle ein bestimmtes Erkrankungsrisiko Praxisrelevante Krisenformen zugeordnet wird. Bei reduzierter Wärmeabgabe (z. B. Schutzbeklei- In der Praxis werden unterschiedliche Formen der psychischen dung) kann es auch bei niedrigerem Hitzeindex zum Hitzschlag Krisen und deren Ursachen beobachtet. kommen, so dass die Tabelle nur einen Anhalt bietet. (in Anlehnung an: Naemt (Hrsg.): Präklinisches Traumamanagement. 2011: 2. Die am häufi gsten vorkommende psychische Krise in der trup- Aufl age; Urban und Fischer in Elsevier (Verlag), München) penärztlichen Versorgung ist die normative Krise. Hierbei han- delt es sich um Krisen, die alle Menschen ähnlich durchlaufen, duktiv; zudem ist eine weitere intensivierte Therapie auch nur wie z. B. Geburt eines Kindes, Trennung vom Partner, Tod eines eingeschränkt möglich. Die meisten Betrachtungen favorisie- der Elternteile usw. ren evaporative Methoden, bei denen der Patient sowohl be- In der notfallpsychologischen Praxis ist jedoch der akute Aus- feuchtet als auch einem Luftstrom ausgesetzt wird. In der fol- bruch einer psychischen Krise als Reaktion auf traumatogene genden klinischen Versorgung kommen zusätzlich extrakorpo- Belastungen die am häufi gsten vorkommende Krise. Diese rale Verfahren und invasive Maßnahmen zur Kühlung zur An- liegt aufgrund der Schwere und Ungewöhnlichkeit der Ereig- wendung, um eine möglichst rasche Normalisierung der Kör- nisse außerhalb des üblichen Erfahrungsbereiches des Betroffe- perkerntemperatur zu erreichen. Antipyretika sind nicht indi- ziert, da die Temperaturerhöhung nicht einer zentralen Soll- wertverstellung geschuldet ist.

Lessons identifi ed – was kann man präventiv tun!? Die meisten Präventionsmaßnahmen begründen sich in einer möglichst guten Anpassung an die Hitzeexposition durch vor- bereitende und begleitende Maßnahmen. Die Vorbereitung schließt eine ausreichend lange Akklimatisation ein und wird durch einen guten Trainingszustand ergänzt. Bei der Planung von Aktivitäten kann ein Hitzeindex (Abbildung 2) mit Berück- sichtigung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Windge- schwindigkeit helfen. Abb. 1: Bei bereits vorhandenen Belastungen, Stress und anderen Die Dauer der Hitzeexposition ist mindestens genauso wichtig psychischen Vulnerabilitäten, ist die Schwelle zur Ausbildung wie die Dauer der Erholungsphasen. Je nach Aktivität und Kli- klinisch-relevanter Symptome, auch im Sinne einer krisenhaften ma kann die Erholungsphase deutlich länger als die Aktivitäts- Zuspitzung, deutlich schneller überschreitbar. (Quelle: Margraf und phase sein. Entsprechend angepasste Ernährung und Funktions- Schneider: Panik.Berlin, Springer, 1990)

Wehrmedizinische Monatsschrift 62 (2018), 9/2018 6. Arbeitstagung des Kommandos Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung vom 7. – 9. März 2018 in Damp 317 nen. Begleitet werden solche Ereignisse oder Grenzsituationen dergrund stehen sollte. Bei Bedarf werden die Betroffenen in von unmittelbarer Erfahrung der persönlichen Ohnmacht. psychotherapeutisch und/oder fachärztliche Behandlung wei- Überwältigende Gefühle der Hilfl osigkeit und Ausweglosigkeit tergeleitet. tragen zur Verwundung der Psyche bei. Und schließlich werden Krisen bei Soldatinnen und Soldaten Tele-Mental-Health – ein neuer Weg? beobachtet, die als krisenhafte Zuspitzung bereits vorhande- Im Bereich der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versor- ner psychischer Störungen bezeichnet werden. Nicht selten gung sind zunehmend auch Methoden wie Tele-Mental-Health berichten Betroffene von seit mehreren Monaten, ja sogar Jah- in der Diskussion. Tele-Mental-Health umfasst die Bereiche ren, bestehenden psychischen Symptomen, die eindeutig einer Prävention, Diagnostik, Intervention, Beratung und Nachsorge nach ICD-10 klassifi zierbaren Störung zugeordnet werden kön- über weite Distanzen hinweg. Im Kontext der truppenärztlichen nen. Die dadurch vorhandene Vulnerabilität wird häufi g malad- Versorgung – insbesondere auch an Bord von Schiffen – wird aptiv, z. B. durch exzessives Sporttreiben oder suchtartigen In- der Verwendung von audiovisuellen Telekommunikationsmit- ternet- und Computergebrauch kompensiert. Geringe Belastun- teln, wie der Videokonferenz zu Beratungszwecken sowie zum gen können hier zur psychischen Dekompensation führen, nicht Angebot niedrigschwelliger Kriseninterventionen, eine beson- selten begleitet von einer akuten Suizidalität. dere Rolle zugesprochen. Insgesamt umfassen die psychologischen Beratungsleistungen Drei Säulen der notfallpsychologischen Praxis für Soldaten beispielsweise die Beratung bei Alltagssorgen und Die notfallpsychologische Praxis wird oft in drei Säulen darge- Belastungen im Einsatz. Neben Beratungsleistungen kann Un- stellt. Die erste beinhaltet die Bereitstellung notfallpsychologi- terstützung in der Diagnostik potentiell vorliegender psychi- scher Hilfe (Prävention/Prophylaxe). Hierbei handelt es sich scher Erkrankungen via Videokonferenz angeboten werden. um die Vorbereitung auf psychische Belastungen durch Psy- Eine weitere Möglichkeit bietet die Konsultation bei Krisenin- choedukation, Beratung der Vorgesetzten und Kameraden und terventionen. Ziel ist es, weitere Belastungen nach Schadenser- Förderung des Gruppenzusammenhalts unter Einbeziehung von eignissen zu verhindern. Mittels audiovisueller Telekommuni- Angehörigen. kationsmittel kann eine Krisenintervention unmittelbar und unter geringerem Kosteneinsatz durchgeführt werden. Die zweite Säule beschreibt die Verringerung der Stresssymp- Vorteile telemedizinischer Anlagen sind neben der Reduktion tomatik direkt nach der Konfrontation mit dem traumatogenen von Kosten die Zeitersparnis für Behandelnde sowie für Behan- Ereignis. In Vordergrund steht hier die Herstellung von Schutz delte. Weiterhin lässt sich eine qualitativ hochwertige Versor- und Sicherheit (am häufi gsten durch sich Entfernen vom Ort gung ortsunabhängig durch telemedizinische Anlagen sicher- des Geschehens) der/des Betroffenen. Ansprechen, Schuld-, stellen, ebenso wie ein besserer fachlicher Austausch bei spezi- Angst- und Ärgergefühle reduzieren und die Ausarbeitung indi- fi schen Krankheitsbildern. vidueller Bewältigungsstrategien stehen hier im Vordergrund. Für die klassische Form der Mental-Health-Interventionen Die dritte Säule ist die Diagnostik und Weiterleitung persistie- sprechen niedrigere Neu-, Weiterentwicklungs- und Support- render Belastungssymptomatik. Abzuklären ist hier die Schwe- kosten sowie einfache Umsetzung ohne Hindernisse durch not- re der Problematik, wobei die Gefahr der Suizidalität im Vor- wendige Rahmenbedingungen, wie Zugang zu Tele-Arbeits- plätzen, Internetverbindung, Unterstützung durch IT-Personal, digitalisierte Krankenakten und Datenschutzkonzepte usw. Ferner können die Psychotherapeuten das gesamte Spektrum der Kommunikation für die Therapie nutzen (Gestik, Mimik, Ton, etc.). Es ist den Behandelnden möglich, ein detaillierteres Bild über die Patientin/den Patienten zu gewinnen und so schneller und umfassender auf mögliche Missverständnisse re- agieren zu können. Das gesamte Angebot der psychiatrischen und psychotherapeutischen kann im klassischen Setting ausge- schöpft werden.

Fazit Die Akutintervention bei psychischer Belastung und bei Krisen im militärischen Kontext ist im Hinblick auf das sich verän- dernde militärische Umfeld eine besondere Herausforderung. Die stetig steigenden Zahlen an zu versorgenden Soldatinnen und Soldaten drängen zur Suche nach innovativen Versorgungs- formen. Umso wichtiger erscheint es, auch die Möglichkeiten und Grenzen der Tele-Mental-Health auszuloten, diese zu opti- mieren und gewinnbringend in die truppenärztliche Versorgung der Bundeswehr zu implementieren.

Dr. Robert J. Gorzka, Psychologischer Psychotherapeut Abb. 2: Die drei Säulen der psychologischen Krisenintervention E-Mail: [email protected]

Wehrmedizinische Monatsschrift 62 (2018), 9/2018 318 6. Arbeitstagung des Kommandos Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung vom 7. – 9. März 2018 in Damp

Ganz vorn... tärischer Hilfe zur Erfüllung eines zivilen Hilfeleistungsantra- ... bei zivilmilitärischen Herausforderungen ges im Vordergrund. Hierbei ist der gesetzliche Rahmen durch die Pfl icht zur Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips eng ge- steckt. So steht ZMZ im Inland – insbesondere für den Sanitäts- Mit Reservisten ganz vorn dienst der Bundeswehr – vor allem für Hilfeleistungen bei Na- Zivil-Militärische Zusammenarbeit im Sanitätsdienst der turkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen. Die Bundeswehr Hochwasserkatastrophen der letzten Jahre an Oder, Donau und Elbe, der Einsatz in der Bewältigung des Flüchtlingsstroms in Andreas Hölscher den Jahren 2015/16 sowie die Sanitätsdienstliche Unterstüt- Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung Weißenfels zung der Feierlichkeiten zum 500. Jahrestag der Reformation Das Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung (Kdo und des G7- und des G20-Gipfels im Jahr 2017 sind hierbei SanEinsUstg) ist für die Sicherstellung der national-territoria- noch frisch im Gedächtnis. len sanitätsdienstlichen Aufgaben und die entsprechende zi- vil-militärische Zusammenarbeit (ZMZ) verantwortlich. Für Grundlagen der ZMZ und der Beteiligung der Bundes- den Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr koordiniert und wehr an Hilfseinsätzen im Innern überwacht das Kdo SanEinsUstg alle Unterstützungsleistun- In Friedenszeiten liegen die Zuständigkeit und Verantwortung gen, die gegenüber zivilen Behörden und Organisationen ge- für den Katastrophenschutz im Inland in den Händen der Bun- leistet werden. desländer. Die Länder, Kreise, Bezirke und kreisfreien Städte haben Vorsorge zu tragen, um im Katastrophenfall oder bei der Der stellvertretende Kommandeur des Kdo SanEinsUstg ist Bewältigung von schweren Unglücksfällen und Großschadens- hierbei sowohl Beauftragter für Zivil-Militärische Zusammen- ereignissen ausreichend Kräfte, Material und Personal zeitge- arbeit (ZMZ) als auch Inspizient für Reservistenangelegenhei- recht für einen Hilfseinsatz zum Einsatz bringen zu können. ten im Sanitätsdienst der Bundeswehr. Katastrophenfälle oder andere komplexe Unglücks- bzw. Scha- Zivil-Militärische Zusammenarbeit im Inland densereignisse können aber schnell zu Lagen führen, in denen ZMZ ist ein eigenständiger Aufgabenbereich der Bundeswehr die Kapazitäten der verfügbaren zivilen Bevölkerungsschutz- und umfasst alle Maßnahmen, Kräfte und Mittel, welche die kräfte an ihre Grenzen stoßen. Eine Hilfe der Bundeswehr ist in Beziehungen zwischen Dienststellen der Bundeswehr auf der solchen Fällen an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen einen und zivilen Behörden sowie der Zivilbevölkerung auf der gebunden. Das betroffene Bundesland muss die Hilfe der Bun- anderen Seite regeln, unterstützen oder fördern. Dies gilt so- deswehr gemäß Artikel 35, Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz anfor- wohl innerhalb Deutschlands als auch bei Einsätzen der Bun- dern oder aber die Bundesregierung muss – in Fällen einer deswehr im Ausland. ZMZ schließt hierbei die Zusammenar- überregionalen Gefährdung – diesen Einsatz gemäß Artikel 35, beit mit Hilfsorganisationen und anderen nicht-staatlichen Or- Abs. 3 Satz 1 GG beschließen und das Bundesministerium der ganisationen – national und international – ein. Verteidigung eine entsprechende Weisung erteilen. ZMZ-Aufgaben im Inland können im Grundsatz von allen Darüber hinaus ist grundsätzlich die Unterstützung der Bundes- Dienststellen der Bundeswehr wahrgenommen werden. Wäh- wehr in Fällen dringender Nothilfe als Hilfeleistung zur Ret- rend es bis zur Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 tung von Menschenleben, zur Vermeidung schwerer gesund- im Wesentlichen darum ging, im Rahmen der ZMZ die Landes- heitlicher Schäden sowie erheblicher Beeinträchtigungen der verteidigung auf dem Staatsgebiet der „alten“ Bundesrepublik Umwelt oder des Verlustes von für die Allgemeinheit wertvol- Deutschland zu unterstützen, steht heutzutage das Leisten mili- lem Material zulässig, wenn geeignete zivile Hilfskräfte und geeignetes Material der zuständigen Behörden oder Hilfsorganisationen nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen. Der Inspekteur der Streitkräftebasis hat die operative Führung der Kräfte der Bundeswehr inne, die im Rah- men der ZMZ im Inland eingesetzt werden. Die takti- sche Führung erfolgt durch das Kommando Territo- riale Aufgaben Bundeswehr, das – in Absprache mit den anderen Organisationsbereichen – geeignete Kräftedispositive zusammenstellt und zum Einsatz bringt. Soweit die beantragte Hilfeleistung auch sani- tätsdienstliche Anteile umfasst, wird dieser Auftrag durch das Kdo SanEinsUstg geprüft und ggf. umge- setzt. Die ebenengerechte Beratung der zivilen Behörden und Hilfsorganisationen wird unterhalb des Komman- dos Territoriale Aufgaben Bundeswehr durch ein ab- gestuftes Verbindungswesen der Streitkräftebasis in Abb. 1: ZMZ-Übung 2016 zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum Jubiläum den Landeskommandos oder Bezirks- und Kreisver- „500 Jahre Reformation“ in Wittenberg (Foto: SanRgt 1) bindungskommandos sichergestellt. Hierzu stehen

Wehrmedizinische Monatsschrift 62 (2018), 9/2018 6. Arbeitstagung des Kommandos Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung vom 7. – 9. März 2018 in Damp 319

Abb. 2: Ebenen der sanitätsdienstlichen Beratung im Rahmen ZMZ

Sanitätsstabsoffi ziere und Sanitätsfeldwebel der Reserve zur Verfügung, die in allen sanitätsdienstlichen Fragen beratend zur Abb. 4: Der Bundespräsident dankt Reservedienst Leistenden für Seite stehen. Ihren Einsatz anlässlich des G20-Gipfels in Hamburg 2017 (Foto: BwKrhs Hamburg) Die Rolle der Reserve wählten Standort der Bundeswehr im Inland, an dem ein dort Die Bundeswehr unterstützt mit einem Netzwerk von ortsansäs- stationierter Truppenteil besondere subsidiäre Aufgaben im sigen und -kundigen Reservedienst Leistenden. Diese sind in Rahmen der Katastrophenhilfe, dringenden Eilhilfe bzw. Amts- ihren Kreisen bzw. Bezirken damit beauftragt, in Fragen der hilfe neben seinem originären militärischen Auftrag wahrneh- Zusammenarbeit mit der Bundeswehr zu beraten, um so im men kann, weil er über eine dazu besonders geeignete Fähigkeit Eventualfall zielgerichteter Hilfeleistungen anfordern und ko- – z. B. in den Bereichen Pionierwesen, ABC-Abwehr oder Sani- ordinieren zu können. Diese Unterstützungsleistung des Sani- tätsdienst – verfügt. Im Sanitätsdienst der Bundeswehr sind an tätsdienstes der Bundeswehr erbringen Sanitätsstabsoffi ziere den Standorten Leer, Koblenz, Berlin, Weißenfels und Dorn- und Sanitätsfeldwebel der Reserve, die Verbindung zu Ämtern, stadt diese „Stützpunkte Hilfeleistung Sanitätsdienst“ einge- Dienststellen und Institutionen der Katastrophenschutzbehör- richtet. den und zu Organisationen des zivilen Katastrophenschutzes Aufgrund der Ausstattung und der fachlichen Qualifi kationen halten. Sie beraten zudem die Krisenstäbe und Kreisverwaltun- des Personals sind – unter Beachtung des Subsidiaritätsprin- gen mit ihrem sanitätsdienstlichen Fachwissen und stimmen zips – Hilfeleistungen bei Katastrophen oder schweren Un- mögliche Unterstützungsanträge an den Sanitätsdienst der Bun- glücksfällen besonders effektiv möglich. Um den Auftrag der deswehr ab. „Stützpunkte Hilfeleistung Sanitätsdienst“ zu unterstützen, wur- Zusätzlich zu diesem territorialen Netzwerk von Reservedienst de an den Standorten jeweils eine „Sanitätskompanie Verstär- Leistenden verfügt die Bundeswehr über sogenannte „Stütz- kungsreserve“ aufgestellt, die ausschließlich von Reservisten punkte Hilfeleistung“. Hierunter versteht man einen ausge gebildet wird und den aktiven Verband im gesamten Aufgaben- spektrum, bei Ausbildungen und Übungen, im Einsatz sowie bei möglichen Hilfseinsät- zen im Inland unterstützt. Insgesamt stehen in diesen Kompanien jeweils 200 Dienstposten für Reservedienst Leistende zur Verfügung.

Einsatz von Reservisten beim G20-Gip- fel Zur Unterstützung der sanitätsdienstlichen Versorgung der zivilen Einsatzkräfte beim G20-Gipfel stellte die Freie und Hansestadt Hamburg insgesamt sechs Amtshilfeanträge an den Sanitätsdienst der Bundeswehr. Zusätzlich zur Bereitstellung des Bundes- wehrkrankenhauses Hamburg für die Be- handlung der zivilen Einsatzkräfte wurde ein Unterstützungsverband mit über 160 Soldatinnen und Soldaten aufgestellt – die Hälfte davon Reservisten. Diese wurden im Abb. 3: „Stützpunkte Hilfeleistung Sanitätsdienst“ mit den ausgewählten Kernfähigkeiten der Bundeswehrkrankenhaus, auf den Ret- zugeordneten Sanitätsregimenter/Kdo SES tungsfahrzeugen, den eingerichteten Be-

Wehrmedizinische Monatsschrift 62 (2018), 9/2018 320 6. Arbeitstagung des Kommandos Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung vom 7. – 9. März 2018 in Damp handlungsplätzen im Messegelände sowie in der „Zelle Sanität“ kungen auf die Liegenschaft des Bundeswehrkrankenhauses des Lagezentrums eingegesetzt. Unter diesen Reservisten be- selbst berücksichtigt. fanden sich u. a. 40 Ärzte sowie 30 Rettungs- und Notfallsani- täter. Aufgaben des BwKrhs Hamburg Die Unterstützungsleistung der zivilen Behörden und Organisa- tionen durch die Bundeswehr im Rahmen des G20-Gipfels be- Sehr früh war klar, dass die Erfüllung dieser Aufgaben nur mit legt eindrucksvoll, wie groß die Bedeutung des Einsatzes von eigenen Kräften nicht zu realisieren sein würde. Um zusätzli- Rervisten im Rahmen der zivil-militätischen Zusammenarbeit ches Personal zu gewinnen, erfolgte eine Unterstützungsanfra- – z. B. bei der Bewältigung von außergewöhnlichen Lagen – im ge an das Kommando Territoriale Aufgaben, um sowohl aktive Inland ist. Durch den vorbildlichen Einsatz der Reservistinnen Soldaten wie auch Reservedienst Leistende zu rekrutieren. Zur und Reservisten im Juli 2017 wurde maßgeblich dazu beigetra- Unterstützung kamen Kameradinnen und Kameraden aus vie- gen, dass die medizinische Versorgung der zivilen Einsatzkräfte len verschiedenen Teilbereichen zum Einsatz. Hierbei handelte erfolgreich sichergestellt werden konnte. es sich sowohl um aktive Soldatinnen und Soldaten als auch um eine große Zahl von Angehörigen der Reserve. Zur Sicherung der Liegenschaft des Bundeswehrkrankenhauses wurden so- Generalarzt Dr. Andreas Hölscher wohl Feldjäger als auch die Regionale Sicherungs- und Unter- E-Mail: [email protected] stützungskompanie (RSU) Hamburg herangezogen. Im medizinischen Bereich wurden vor allem die notarztbesetz- ten Rettungsmittel des Rettungszentrums mit aktiven Soldatin- Amtshilfe des Bundeswehrkrankenhauses nen und Soldaten aus allen BwKrhs besetzt. Die personelle Ver- Hamburg während des G20-Gipfels 2017 stärkung der Intensivstation und Intensivüberwachungspfl ege (ICU/IMC), der Notaufnahme sowie die Vorhaltung von medi- Björn Wegner und Andreas Schwartz zinischem Personal am Tagungsort erfolgte zum größten Teil Bundeswehrkrankenhaus Hamburg mit Reservedienst Leistenden. Hintergrund Neben der personellen Aufstockung zum G 20-Gipfel wurden Vom 7. bis 8. Juli 2017 fand in Hamburg der G20-Gipfel statt. weitere Maßnahmen getroffen, um den Amtshilfeersuchen der Die Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwel- Berufsfeuerwehr Hamburg nachzukommen. Hierzu wurde die lenländer der Welt kamen hier zum Austausch über Probleme Notaufnahme mit zusätzlichem Material ausgestattet sowie die des internationalen Wirtschafts- und Finanzsystems, aber auch Präsenz in den Fachabteilungen Anästhesie, Chirurgie und In- zur Koordination bei weiteren globalen Themen, wie z. B. der nere Medizin erheblich erhöht. Die Intensivstation wurde um Klimapolitik, zusammen. Protestaktionen verschiedener Grup- 10 Betten erweitert und im Operationsbereich wurde während pen, bei denen auch mit nicht friedlichen Aktionen zu rechnen des Gipfels das Elektivprogramm auf ein Minimum reduziert. war, waren im Vorfeld angekündigt worden. Weiterhin wurden drei Notfall-OP-Säle vorgehalten. Im Ret- tungszentrum wurden neben dem Rettungshubschrauber (RTH) und dem 24 Stunden Notarztwagen (NAW) zwei weitere NAW Konzeption der medizinischen Versorgung im Tagdienst in den Dienst gestellt. Die zwei regulären Notarzt- Die Berufsfeuerwehr Hamburg hatte im Vorfeld des Gipfels einsatzfahrzeuge (NEF) wurden über 24 Stunden durchgehend mehrere Amtshilfeersuchen an das Landeskommando Hamburg besetzt. gestellt. Unter anderem sollte das Bundes- wehrkrankenhaus (BwKrhs) Hamburg pri- märes Anlaufkrankenhaus für alle unifor- mierten Einsatzkräfte sein. Weiterhin sollte der Rettungsdienst der Stadt Hamburg mit notarztbesetzten Rettungsmitteln durch das Rettungszentrum des BwKrhs aufgestockt werden. Zusätzlich war geplant, während der Gipfelphase am Tagungsort ärztliches Personal 24 Stunden durchhaltefähig für ei- nen bei Bedarf zu errichtenden Behand- lungsplatz zur Verfügung zu stellen. In der Planungsphase wurden auch Bedro- hungslagen theoretisch durchgespielt, wie z. B. ein Terroranschlag auf die Elbphilhar- monie sowie komplexe Anschläge im Ham- burger Stadtgebiet. Des Weiteren wurden wahrscheinliche Szenarien, wie Ausschrei- tungen mit einer gegebenenfalls hohen Zahl von Verletzten und massive Beeinträchti- Abb. 1: Die eigene Sicherheit im BwKrhs wurde durch Feldjägerkräfte gewährleistet. (Fotos: gungen des Verkehrs, sowie auch Einwir- BwKrhs Hamburg)

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Im direkten Bereich des Tagungsortes sah das Konzept der Be- sind die Ziele unseres Dienstes, den wir gegenüber den Verstor- rufsfeuerwehr Hamburg ein eigenständiges Feuerwehr- und benen und ihren Angehörigen leisten können. Rettungszentrum vor. Hier waren zwei Löschzüge, zwei Ret- tungswagen (RTW), ein NEF, zwei Gerätewagen Rettung, ein Entwicklung der forensischen Zahnmedizin in der Bundes- Behandlungsplatz 50 sowie insgesamt 17 Ärztinnen und Ärzte wehr der Bundeswehr im Schichtdienst stationiert. Bereits seit 1998 bestanden durch die persönliche Mitglied- schaft von Oberstarzt Dr. Benedix als zahnmedizinischer Sach- Der Einsatz verständiger in der Identifizierungskommission des Bundeskri- Es kam durch die teils massiv eskalierenden Auseinanderset- minalamtes (IDKO-BKA) enge fachliche Kontakte zum BKA. zungen zwischen Demonstranten und der Polizei zu einer Viel- Anlässlich des Tsunami in Südostasien am 26. Dezember 2004, zahl von verletzten und betroffenen Personen. Insgesamt wur- bei dem die erforderlichen Identifizierungsmaßnahmen auch den im BwKrhs 205 Angehörige der Polizei behandelt. Von der vielen deutschen Opfer nicht mehr mit ausschließlich zivi- diesen mussten 2 notfallmäßig operiert und insgesamt 10 stati- len Zahnärzten sichergestellt werden konnten, wurde der Sani- onär behandelt werden. Ein für eingesetzte Polizeikräfte einge- tätsdienst der Bundeswehr ersucht, das BKA durch die Abstel- richteter Behandlungsplatz diente vor allem als Ruhe- und lung von insgesamt 14 Sanitätsoffizieren Zahnarzt über einen Rückzugsmöglichkeit für die Beamtinnen und Beamten. An Einsatzzeitraum von 18 Monaten vor Ort zu unterstützen. Nach- diesem erfolgten etwa 50 ambulante Behandlungen durch die dem diese Unterstützung durch eine ministerielle Einzelfallent- Ärztinnen und Ärzte des Krankenhauses. scheidung gebilligt und erfolgreich durchgeführt werden konn- Die Rettungsmittel (NAW/RTH) des BwKrhs Hamburg fuhren/ te, folgte am 22. August 2008 ein offizielles Amtshilfeersuchen flogen im Zeitraum des G20-Gipfels insgesamt 399 Notarztein- des Bundesministeriums des Inneren an das Bundesministeri- sätze, von denen lediglich 5 in unmittelbarem Zusammenhang um der Verteidigung, im Rahmen der Amtshilfe auf der Grund- mit dem Gipfeltreffen standen. lage von Artikel 35 des Grundgesetzes nunmehr dauerhaft Sani- tätsoffiziere Zahnarzt für größere Schadensereignisse in Bereit- Fazit schaft zu halten und im Einzelfall auf Anforderung abzustellen. Insgesamt kann man den Einsatz des Bundeswehrkrankenhau- Mit Inkraftsetzung der Bereichsvorschrift C1 - 830/0 - 4000 ses Hamburg zum G20-Gipfel als sehr gelungen bewerten. „Unterstützung der Identifizierungskommission (IDKO) des Durchweg hohe Motivation und persönliches Engagement der Bundeskriminalamtes (BKA) mit Sanitätsstabsoffizieren Zahn- eingesetzten Kräfte haben zum Gelingen maßgeblich beigetra- arzt der Bundeswehr“ wurde die Zusammenarbeit zwischen gen. dem Sanitätsdienst der Bundewehr und dem BKA dann auf eine Es konnte eine robuste Verstärkung für das G20-Konzept der offizielle Basis gestellt. Acht weitere Einsätze unterschiedlicher Stadt Hamburg von Seiten der Bundeswehr vorgehalten werden Intensität folgten daraufhin bis heute. – auch wenn am Ende glücklicherweise die ausgeplanten und befürchteten Großschadenslagen nicht eingetreten sind und Forensische Zahnmedizin in der Bundeswehr heute deshalb nur ein Bruchteil der Ressourcen eingesetzt werden Derzeit besteht das Kernteam der Bundeswehr aus zehn Sani- mussten. tätsstabsoffizieren Zahnarzt, die regelmäßig fachlich fortgebil- det und in Übung gehalten werden. Oberstarzt Dr. Andreas Schwartz Der letzte gemeinsame Einsatz der IDKO-BKA und der Zahn- E-Mail: [email protected] ärzte der Bundeswehr fand im Juli 2017 statt. Anlass war ein verunfallter und binnen kürzester Zeit vollständig ausgebrann- ter Reisebus auf der Bundesautobahn A9; hierbei waren 17 Pas- sagiere und der Fahrer den Flammen zum Opfer gefallen und „Wir geben den Toten ihre Namen zurück“ konnten auf Grund des hohen Ausmaßes an körperlicher Zer- Alexander Selck und Klaus-Peter Benedix störung nur durch zahnmedizinischen Befundvergleich und/ oder DNA-Abgleich zweifelsfrei identifiziert werden. Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung, Diez Forensisch ausgebildete Zahnärzte kommen in der Identifizie- Hintergrund rungskette an drei Stellen zum Einsatz: Als forensisch tätiger Zahnarzt mit dem Schwerpunkt der Un- terstützung von Identifizierungsmaßnahmen nach Katastro- • Bei der Befunderhebung (inklusive Röntgenaufnahmen) an phenfällen oder Großschadensereignissen ist man oft der Frage der Leiche (post mortem), ausgesetzt: „Ist es nicht frustrierend, immer nur mit Toten zu • bei der qualitätsgesicherten Eingabe der Daten, die von Zahn- arbeiten? Man kann denen ja gar nicht mehr helfen!“. ärzten zu Lebzeiten bei den nun vermissten oder vermutlich Die Antwort ist einfach: Wir arbeiten trotzdem für den Toten, verunglückten Personen (ante mortem) erhoben wurden und denn wir geben ihm oder ihr seine Identität zurück; vor allem zuletzt aber arbeiten wir für die Angehörigen, die ein Recht auf Ge- • in der Auswertung, also dem Abgleich der Datensätze ante wissheit haben. und post mortem miteinander sowie der darauf erfolgenden Ein Ende des Schwankens zwischen Verzweiflung und Hoff- Identifizierungskonferenz. nung, die Gewissheit, den richtigen Körper bestatten zu kön- Da, neben Daktyloskopie (Fingerabdrücken) und DNA-Ver- nen, sowie die Chance, alles Notwendige nun rechtssicher mit gleich, der zahnmedizinische Abgleich als eines der drei siche- Versicherern und anderen Institutionen regeln zu können – das ren Identifizierungsmerkmale gilt, wiegt die Verantwortung in

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quenz, dass, wenn in der Identifi - zierungskonferenz keine anderen Faktoren dieser zahnärztlichen Identifi zierung widersprechen, ein Mensch für tot erklärt wird, schwer auf den Schultern des jeweiligen Zahnarztes lastet. Wenn dann, wie in diesem eigenen ersten Fall ge- schehen, zufällig, nur Sekunden später, die gleiche Identifi zierung durch DNA-Abgleich bestätigt wird, bringt dies Sicherheit und Selbstvertrauen. Bei oben angesprochenem Un- glück wurden 17 der 18 Leichen durch zahnärztlich forensische Methoden sicher identifi ziert. Bei der 18. Person konnten weder ante noch post mortem Daten erhoben werden, wodurch auch ein Ab- gleich nicht durchgeführt werden konnte. In diesem einen Fall wur- de die Identifi zierung ausschließ- lich über den DNA-Abgleich er- reicht. Abb. 1: Vollständig ausgebrannter Reisebus auf der BAB A9 bei Münchberg – eine schwierige Aufgabe für Ermittler und Forensiker (Quelle: picture alliance/dpa) Ab dem Beginn des Datenab- gleichs/der Auswertung bis zum Abschluss der sicheren zahnärztli- allen oben genannten Einsatzbereichen für Zahnärzte schwer. chen Identifi zierung aller 17 Personen, von denen Daten vorla- Aus eigener Erfahrung kann berichtet werden, dass die erste gen, vergingen lediglich eineinhalb Tage. Auch der parallel lau- sichere Identifi zierung – also die Zuordnung einer Leiche zu fende DNA-Abgleich konnte keine schnelleren Ergebnisse lie- einer vermissten Person – und die daraus erwachsende Konse- fern. Vor allem der Vergleich von Röntgenbil- dern erleichtert oft die sichere Verknüp- fung zwischen dem Datensatz einer ver- missten Person und dem einer Leiche. Die Form der Zahnkronen, die Wurzel- konfi guration, die verschiedenen Arten von durchgeführten Therapien und die Anzahl sowie Stellung der Zähne zuein- ander ist hoch individuell – teilweise so- gar individueller als ein Fingerabdruck. Gleichzeitig ist die Erhebung eines zahn- ärztlichen Befundes oft auch bei stark durch Verwesung oder Brand zerstörten Körpern noch möglich.

Schlussbemerkung Forensische Zahnmedizin ist und bleibt ein fester und wichtiger Bestandteil des Identi- fi zierungsprozesses im Dienste der Toten und ihrer Angehörigen. Als forensisch täti- ge Zahnärzte der Bundeswehr werden wir dabei auch weiterhin mit Professionalität und großem Eifer unterstützen.

Oberstarzt Dr. Alexander Selck E-Mail: alexanderborisselck@bundes- Abb. 2: Beispiele hochindividueller Merkmale in Röntgenbildern (Bildquelle: BKA) wehr.org

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Das Engagement des Sanitätsunterstützungs- • Kennen und Beherrschen von zentrums München bei der Münchner Sicher- • notfall- und katastrophenmedizinischen Algorithmen und heitskonferenz 2018 Roland Vogl • fachlichen Standards der Allgemeinmedizin/primärärztlichen Versorgung; Sanitätsunterstützungszentrum München • Kenntnisse der zivil-militärischen Vernetzung und des Zu- Einleitung sammenwirkens mit Dienstleistern des zivilen Gesundheits- Die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) als weltpolitische wesens vor Ort. „Hochwertveranstaltung“ fi ndet seit 1963 (fast) jährlich in der ersten Februarhälfte statt. Hierbei wird „außerhalb des Proto- Während des „MSC-Wochenendes“ waren im 24/7-Modus zwi- kolls“ über Problemfelder internationaler Politik, welche im schen 3 und 5 Rettungsteams (1 Sanitätsstabsoffi zier Arzt Not- Zusammenhang mit Verteidigungs- und Sicherheitspolitik ste- fallmedizin und 1 Sanitätsfeldwebel Rettungsassistent/ Notfall- hen, diskutiert, um so einen Beitrag zur globalen Konfl iktver- sanitäter) im Einsatz, die im Rotationsverfahren an den jeweili- meidung zu leisten. gen Veranstaltungsorten eingesetzt waren. Die MSC wird durch die MSC-Stiftung ausgerichtet. Unter den Darüber hinaus musste täglich in der Zeit von 08:00 - 20:00 Uhr etwa 450 Teilnehmern sind Staatspräsidenten, Spitzenpolitiker, eine primärärztliche Behandlungseinrichtung für allgemeinme- Botschafter, hochrangige Militärs, Sicherheitsexperten, Vertre- dizinische Erkrankungen, wie z. B. Infekte der oberen Luftwe- ter von internationalen Organisationen, Wissenschaft und Wirt- ge, vorgehalten werden. Diese war im Tagungshotel eingerich- schaft aus den Mitgliedsländern der NATO und der Europäi- tet. schen Union, aber auch aus anderen Ländern, wie Russland, der Volksrepublik China, Japan und Indien. Angehörige der Bun- Es bestand ständiger Funkkontakt zum Leitungsstab des Lan- deswehr werden vielfältig unter der ablauforganisatorischen FF deskommandos Bayern. Hierhin wurden auch alle Einsätze/ des Landeskommandos Bayern eingesetzt, unter anderem im Vorkommnisse/Ereignisse gemeldet. Für den Fall der Übergabe Personenschutz, bei der VIP-Betreuung und als Verantwortli- eines Patienten an den zivilen Rettungsdienst war eine höchsten che für die sanitätsdienstliche Versorgung. Diese wird seit 2015 Sicherheitsstandards genügende Übergabeprozedur eingeübt durch die regionale Sanitätseinrichtung „vor Ort“, das Sanitäts- worden. unterstützungszentrum (SanUstgZ) München geleistet. Zuvor waren das Fachsanitätszentrum München bzw. die Abteilung Fazit Sanitätsdienst des Wehrbereichskommandos IV bis zu dessen Die Übertragung der medizinischen Versorgung an den Sani- Aufl ösung im Jahre 2012 hierfür zuständig. tätsdienst der Bundeswehr erwies sich für beide Seiten als ge- winnbringend. Angehörigen des Sanitätsdienstes bieten Groß- Ablauf veranstaltungen wie die MSC die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten Zur Durchführung der sanitätsdienstlichen Versorgung sind fol- noch einmal einzuüben und im Bedarfsfall anzuwenden. Dies gende Fähigkeiten notwendig: erfolgt auch stringent im Verbund mit Akteuren des zivilen Ge- sundheitswesens. Der „anderen Seite“ (Orga- nisation MSC) bietet der Sanitätsdienst Kompeten- zen an, welche durch zivile Institutionen nicht in ad- äquatem Maße abgebildet werden können (z. B. not- fallmedizinische Versor- gung in Bedrohungslagen). Daher ist das Engagement des Sanitätsdienstes bei der MSC mit einer guten Au- ßenwirkung für die Bundes- wehr insgesamt und insbe- sondere für den Sanitäts- dienst verbunden.

Oberfeldarzt Dr. Roland Vogl Abb. 1: Etwa 250 Bundeswehrangehörige (zivil und militärisch) „kümmerten“ sich um Organisation, Sicher- E-Mail: roland1vogl@bun- heit und Gesundheit der MSC-Teilnehmenden. deswehr.org

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Ganz vorn... Ein anderes Beispiel sind sogenannte Ryanodin-Kanalkoppler ... bei gesellschaftlichen Entwicklungen (JTV519, S107), die dafür sorgen, dass die Funktion des Ryano- dinkanals und damit der schnelle intrazelluläre Kalziumshift in der Muskulatur unter Belastung erhalten bleibt. Schneller, höher, weiter! Insgesamt stoßen neue potenziell leistungssteigernde Substanzen Leistungssteigernde Substanzen nicht nur im Spitzensport und Methoden auf Interesse, gerade im Hochleistungssport. Auch wenn derzeit noch schwer beurteilbar ist, in wieweit die Nutzung Wilhelm Bloch im Hochleistungssport noch Fiktion oder bereits Realität ist, Deutsche Sporthochschule Köln müssen diese neuen Ansätze zur Leistungssteigerung, wie direk- Hintergrund tes oder indirektes Doping durch Genmanipulation und/oder Um Spitzenleistungen im Wettkampf zu erreichen, greifen Zellmanipulationen, in Betracht gezogen werden. Die Techniken Hochleistungssportler häufi ger zu leistungssteigernden Sub- sind verfügbar und möglicherweise auch schon im Einsatz. stanzen mit dem Ziel, schneller, höher oder weiter zu laufen, zu Bereits in Anwendung befi nden sich Blutdoping und auch die springen oder zu werfen. Dabei werden oft auch Substanzen anabolen Steroide. Letztere wirken noch Jahre nach ihrem Ab- verwendet, die nicht erlaubt sind und als Doping eingestuft setzen, was auch auf Änderungen des funktionellen Genoms werden. Eine neue Studie, die auf einer anonymen Befragung hindeuten könnte (siehe Abbildung 1). bei zwei großen internationalen Wettbewerben basiert, lässt an- nehmen, dass etwa 50 % aller Athleten bei diesen Wettkämpfen verbotene leistungssteigernde Mittel im Jahr vor dem Wett- kampf zu sich genommen haben. Der Gebrauch von solchen Substanzen beschränkt sich jedoch nicht nur auf den Leistungs- sport, auch im Breitensport ist eine Nutzung leistungssteigern- der Substanzen verbreitet (bis zu 25 % von Fitnessstudiobesu- chern).

Ziel: Mobilisation körpereigener Reserven Leistungssteigernde Substanzen haben zum Ziel, akute Leis- tungssteigerung durch Mobilisation körpereigener Reserven, die ohne „Substanzgabe“ nur bedingt oder nicht abrufbar sind, zu erreichen oder/und Steigerung der leistungsrelevanten Sys- teme durch strukturelle und funktionelle Anpassung leistungs- relevanter Organe und Gewebe zu erzeugen. Entsprechend viel- fältig sind die verwendeten Substanzen, die entsprechend den Dopingregeln der Weltdopingagentur (WADA) zum großen Teil auf der Verbotsliste stehen. Die verwendeten Substanzen Abb. 1: Elektronenmikroskopische Aufnahme menschlicher Skelett- kommen einerseits aus den Gruppen muskulatur (4000fache Vergößerung): Die Zunahme der Kerne und Verkleinerung der fürs Muskelwachstum wichtigen Kerndomainen • Stimulanzien, (Kd) bei Anabolika-Usern – auch noch Jahre nach letztem Anabolika • psychogene Substanzen, Gebrauch – weisen auf Veränderungen des funktionellen Genoms hin (Bildquelle: Institut für kardiovaskuläre Forschung und zelluläre • metabolische Verstärker, Sportmedizin der Deutschen Sporthochschule Köln) • kardiopulmonal wirksame Substanzen, • Gefäßregulatoren, Grauzonen und Grenzbereiche Neben den verbotenen Verfahren gibt es eine Reihe von poten- • Narkotika, ziell leistungssteigernden Substanzen, die nicht als Dopingsub- • Nicht-steroidale Antiphlogistika stanzen gelistet sind, leicht zugänglich sind und der Erreichung und andererseits aus den Gruppen der Hormone und Wachs- des Ziels schneller, höher und weiter dienlich sein können. tumsfaktoren/Zytokine. Darüber hinaus werden Blutdoping Hierzu gehören z. B. das Weinlaubextrakt Resveratrol oder die und physikalisch-chemische Methoden verwendet. in der Nahrung zu fi ndenden Nitrate (Rote Beete). Hier besteht ein Grenzbereich – ähnlich wie bei den nicht steroidalen An- Neue Substanzen und Techniken im Vormarsch tiphlogistika zwischen erlaubten und verbotenen leistungsstei- gernden Substanzen. Hinzu kommen zunehmend neue und teilweise noch in der kli- nischen Erprobung und vorklinischen Entwicklung befi ndliche Substanzen und Methoden, die z. B. die Kalziumregulation, die Fazit metabolische Kapazität und Regulation, die Blutbildung und Dem Ziel „schneller, höher, weiter“ wird im Hochleistungs- das Muskelwachstum beeinfl ussen können. Ein Beispiel für sport häufi g die Gesundheit nachgestellt. Es ist auch davon aus- solche neuen Substanzen sind die metabolischen Verstärker zugehen, dass gemacht wird, was möglich ist. AICAR und GW1516, die Leistungssteigerung über Verbesse- rung der oxidativen Kapazität und des Glukosestoffwechsels Professor Dr. med. Wilhelm Bloch erzeugen. E-Mail: [email protected]

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Durchhalten um jeden Preis medikamentös indiziert sind. Amphetamine, wie Methylpheni- Neuro-Enhancement dat (Ritalin) oder der illegale Abkömmling „speed“ – häufig gestreckt oder verunreinigt –, kommen zur Anwendung. Christoph Holtherm Modafinil als Narkoleptikum ist ein weiterer Reuptake-Hem- Zentrum für Sportmedizin der Bundeswehr, Warendorf mer für Noradrenalin und Dopamin mit psychostimulativer Einleitung Wirkung. Längere Aufmerksamkeit und Wachheit werden hier- Seit jeher versucht der Mensch, insbesondere in Druck-, Stress- durch erhofft. und Krisensituationen, seinen Geist wach und scharf zu halten, Auch Antidementiva zur Alzheimertherapie, wie Rivastigmin um sich Vorteile bei der Lösung eines Problems oder im direk- (Acetylcholinesterase-Hemmer) oder Memantin (Glutamat-Re- ten Vergleich mit einem Konkurrenten zu verschaffen. zeptor-Modulatoren), werden zur möglichen Steigerung der Neben der Steigerung der körperlichen (physischen) Leistung Gedächtnisleistung eingenommen. über das physiologisch durch Training Mögliche hinaus (Do- Zentral wirkende Antidepressiva, hier insbesondere die ping) versucht er somit auch, den Geist durch Substanzen oder Reuptake-Hemmer für Serotonin, wie Fluoxetin und Sertralin, Methoden zu dopen, um die geistigen Fähigkeiten zu optimieren. sollen über eine Stimmungsaufhellung die soziale Funktionsfä- higkeit im Sinne der Teamfähigkeit und Führungsfähigkeit ver- Begriffsbestimmung bessern. Dabei versteht man unter dem klassischen Doping im sportli- Letztlich sind dann noch Betablocker (kardiovaskuläre Dämp- chen Bereich „den Gebrauch eines Hilfsmittels (Substanz oder fung) als Neuro-Enhancer zu erwähnen; sie sollen gelassener an Methode), das potenziell gesundheitsgefährdend ist und die Prüfungen und stressige Situationen herangehen lassen und das sportliche Leistung des Athleten verbessert“. Lampenfieber vor Vorträgen und Kongressen nehmen. Hier steht der sportliche Vergleich im Spitzensport (schneller Frei käuflich zu erwerbende Pflanzenwirkstoffe, wie Ginko – höher – weiter) im Vordergrund. Biloba mit der durchblutungsfördernden und antioxidativen Dem gegenüber beschreibt der Begriff Neuro-Enhancement Wirkung und Johanniskraut mit der stimmungsaufhellenden die Einnahme von Substanzen aller Art mit dem Ziel der geisti- und gedächtnisfördernden Wirkung, gelten als nebenwirkungs- gen Leistungssteigerung, während die deutschen Begriffe und somit risikoarme Varianten unter den „smart drugs“. Hirn-Doping oder Doping Im Alltag, kurz DIA, eher die miss- Einen ebenso legalen und nachweislich wirksamen Einfluss auf bräuchliche Einnahme verschreibungspflichtiger Medikamente die Hirnleistungsfähigkeit, Vigilanz und Konzentrationsfähig- oder illegaler Substanzen meint. Optimierung von Vigilanz, keit hat in vielen Formen und Varianten das gute alte Koffein. Konzentration, Gedächtnis und Stimmung („better brain“) ste- Mit einer Tasse klassischem Filterkaffee nehmen wir bis zu hen hier im Fokus. 100 mg der belebenden Substanz auf, bereits 600 mg/Tag haben Als dritte Facette sollte hier in der Abgrenzung auch kurz der eine Wirkung vergleichbar mit 20 mg Amphetamin oder 400 mg Zwang zur Muskeldysmorphie (Bigorexie) beim Bodybuilding Modafinil. genannt werden, bei dem es aber im Wesentlichen nicht um die Steigerung von psychophysischen Fähigkeiten, sondern eher Häufigkeiten um die Erlangung von körperlich, optischen (Schönheits-) Ide- Vergleichen wir die USA und Deutschland – zwei Länder mit alen („Die Masse machts!“) geht. einer jeweils hohen Literaturdichte zu diesem Thema – mitein- ander, so fallen deutlich unterschiedliche Häufigkeitsangaben Geschichte des Gebrauchs derartiger Substanzen nicht nur im internationa- Während in der Antike unter Nutzung von Rauschmitteln, wie len Vergleich, sondern auch in der nationalen Betrachtung auf. Fliegenpilzextrakten oder Stierhodenpulver, versucht wurde, Metaanalytische Erhebungen in den USA zum Beispiel be- bei sportlichen Vergleichen (Olympische Spiele) oder öffentli- schreiben eine Nutzung als „Studierhilfe“ mit einer Anwen- chen Spektakeln (Rom) die körperliche Leistung oder Durch- dungsdichte von 0,3 %-35,3 %, wobei die Zahl mit der zuneh- haltefähigkeit zu erhöhen, sollte im Mittelalter vor allem durch menden Größe der befragten Population sinkt (Smith/Farah, halluzinogene Kost (Mutterkorn, Hanf) von widrigen Lebens- Psychological Bulletin 2011). Jahres- und Lebensprävalenzen umständen durch Armut, Hungersnot oder Krankheit (Pest) ab- liegen in den USA zwischen 4 und 4,5 % (Sussman et al., Subs- gelenkt werden. tanceabusepolicy.content1.1.15.2009). Auch bei den Streitkräften wurden über Jahrhunderte Drogen, Der DAK-Gesundheitsreport 2015 (Abbildung 1) weist für z. B. Opium und Nikotin (Türkenkriege, Krim-, Sezessionskrie- Deutschland einen Anstieg von 4,7 % (2008) auf 6,7 % (2014) ge), genutzt, um die Schlagkraft zu erhöhen oder die Durchhal- an Beschäftigten aus, die in ihrem Leben mindestens einmal tefähigkeit zu steigern. leistungssteigernde Substanzen eingenommen haben. Rechnet In den großen Welt- und Folgekriegen des letzten Jahrhunderts man die Dunkelziffer dazu, muss man von 12 % aller Beschäf- kamen überwiegend Amphetamine (Weckamin, „StuKa-Tablet- tigten ausgehen, die mindestens einmal in ihrem Leben am Ar- te“, Speed) oder Heroin zum Einsatz, um Vigilanz und Wach- beitsplatz „gedopt“ haben (Abbildung 1). heit zu optimieren. Unter deutschen Hochschullehrenden fanden Sattler und Wie- gel 2015 eine Einnahme bei 1 % und eine Einnahmebereitschaft Substanzen im Neuro-Enhancement bei 10 % der Befragten (Anxiety, Stress and Coping 2015). Satt- In regelmäßigem Gebrauch sind diesbezüglich Psychostimu- ler und Schnuck fanden unter 6 000 nicht näher beschriebenen lanzien, die bei der Behandlung von ADHS oder Narkolepsie Berufstätigen ebenfalls eine Einnahme bei 0,9 % und eine Ein-

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Psychostimulanzien führen bei gesunden Menschen mit schlechter mentaler Ausgangsleistung zu durchaus spürbarer Steigerung der visuellen Aufmerksamkeitsleistung; bei Anwen- dern mit guter Ausgangsleistung nimmt hingegen die Leis- tungsfähigkeit ab. Gedächtnisfunktion und Lerneffekte bleiben unberührt. Phytopharmaka haben in der indikationsfremden Anwendung keine Optimierung zur Folge, sind aber mit wenigen, meist gastrointestinalen, Beschwerden auch nebenwirkungsarm. Den größten Effekt kann man in der gezielten und dosierten Anwendung tatsächlich durch Koffein in jedweder Form errei- chen. Zu intensiver Genuss führt aber bekanntlich sowohl zu Übererregbarkeit, als auch auf längere Sicht zu Gewöhnungser- scheinungen.

Abb. 1: Einschließlich der Dunkelziffer haben im Jahre 2014 12 % Fazit aller Beschäftigten mindestens einmal in ihrem Leben leistungsstei- Der gesunde, wache, gut vorbereitete, fl eißige, ausgeschlafene gernde Substanzen konsumiert. und regelmäßig Sport treibende Mensch wird durch Hirn-Do- ping NICHT klüger, besser oder wirklich leistungsfähiger! nahmebereitschaft von 10,45 % der Befragten (Frontiers in Psy- chology 6/2015). Die Lebensprävalenz wird hier mit 2,5 % be- ziffert. Oberfeldarzt Dr. Christoph Holtherm Zum Vergleich beschreibt die Bundeszentrale für gesundheitli- E-Mail: [email protected] che Aufklärung (BZgA) 2016 die Lebensprävalenz des Canna- bisgebrauchs mit 24 % und die Prävalenz „anderer“ berau- Analytik unbekannter Substanzen schender Drogen mit immerhin 7,6 % (Abbildung 2). Ist die Diskussion um Neuro-Enhancement also eine Phantomdebatte? Bernd Klaubert Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr, Koblenz Hintergrund Der Nachweis von Spurenstoffen und als „unbekannt“ zu be- zeichnenden Substanzen stellt trotz des Einsatzes moderner Analysensysteme eine Herausforderung für die Lebensmittel-, Trinkwasser- und Arzneimittelanalytik dar. Die klassische Ana- lytik und Quantifi zierung von Rückständen und Kontaminanten in Trinkwasser und Lebensmitteln sowie von Abbauprodukten in Arzneimitteln erfolgt auf der Basis rechtlich defi nierter Vor- gaben und der Nutzung bekannter Vergleichssubstanzen mit defi nierten Konzentrationen, wie z. B. bei Pestiziden. Dieser zielgerichtete und als sogenannte „Target-Analytik“ bezeichne- te Ansatz stößt jedoch im Laboralltag an seine Grenzen, da nicht immer alle möglichen Standardsubstanzen vorhanden sein können [1]. Insbesondere für die weltweit operierenden Streitkräfte ist diese rein zielgerichtete Analytik nicht immer Mittel der Wahl, da in den Einsatzländern oft abweichende oder in Europa längst nicht mehr genutzte Substanzen zur Anwen- dung gelangen. Der Nachweis und die Analytik von unbekann- ten Substanzen ist deshalb eine wichtige Fähigkeit in den Un- tersuchungseinrichtungen der Streitkräfte. Nur durch die Kenntnis der exakten Struktur einer Substanz kann eine toxiko- Abb. 2: Lebenszeitprävalenz junger Erwachsener in Deutschland für logische Bewertung erfolgen und das Risiko für den Verbrau- den Konsum von Cannabis und anderen Drogen nach dem Ergebnis cher oder den Patienten abgeschätzt werden. einer Befragung aus dem Jahre 2011 (Quelle: BZgA 2016) Non-Target-Analytik (NEBEN-) Wirksamkeit In den letzten Jahren hat sich dabei die als „Non-Target-Analy- Finden sich bei Antidementiva, ß-Blockern und Antidepressiva tik“ bezeichnete Methode als ein zielführender Ansatz erwiesen bei gesunden und normal leistungsfähigen Konsumenten kaum [1]. Durch die Kombination der Gaschromatographie bzw. der die erwünschten Wirkungen, so sind gerade bei diesen Präpara- Flüssigchromatographie mit der hochaufl ösenden Massenspek- ten die Nebenwirkungen bei Anwendung außerhalb der medizi- trometrie und einer gezielten Datenbankauswertung, gelingt es, nischen Indikation deutlich spürbar. trotz fehlender Vergleichsstandards „unbekannte Substanzen“

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zu identifi zieren. Diese Technik wurde in der Lebensmittelana- 3. Paul M et al.: Analysis of new designer drugs and common drugs lytik am Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr of abuse in urine by a combined targeted and untargeted LC-HR- (ZInstSanBw) München erfolgreich zur Untersuchung von Ei- QTOFMS approach. Anal Bioanal Chem 2014; 406: 4425 - 4441. ern im Rahmen der Fipronilkrise eingesetzt [2]. Abbildung 1 zeigt das Isotopenmuster eines hochaufgelösten Massenspek- Oberstapotheker Dr. Bernd Klaubert trums von Fipronil, das zur eindeutigen Identifi kation des Bio- E-Mail: [email protected] zids führte. Die Technik wird derzeit vor allem in der Rück- standsanalytik eingesetzt, um nicht erlaubte bzw. nicht vermu- tete Rückstände in Lebensmitteln nachzuweisen, ist aber auch Nahrungsergänzungsmittel – Lebensmittel mit in der Analytik humaner Proben zum Nachweis von Designer- Nebenwirkungen drogen unerlässlich [3]. Christian Schmidt1 und Katja Senftinger2 1 Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, München 2 Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Ober- schleißheim Hintergrund Der Marktumsatz mit Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) be- trägt in Deutschland etwa 1 Mrd. € - mit steigender Tendenz. Etwa jeder dritte Erwachsene konsumiert regelmäßig NEM, etwa ein Viertel von diesen nimmt mehr als ein Produkt zu sich. Viele Werbeaussaugen suggerieren, dass dem Verbraucher ein Nachteil entsteht, wenn er diese Präparate nicht verzehrt. Vor dem Vertrieb eines NEM muss dieses beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ange- Abb. 1: Isotopenmuster eines hochaufgelösten Massenspektrums von meldet werden. Der Hersteller hat darüber hinaus zu gewähr- Fipronil (Quelle: H. Lipke, ZInstSanBw München) leisten, dass Aussagen zu physiologischen Wirkungen ausrei- chend gesichert sind. Im Gegensatz dazu ist die Zulassung eines Möglichkeiten der Methode Arzneimittels deutlich komplexer. Es müssen Studien des Her- Die Technik der „Non-Target-Analytik“ befi ndet sich in der La- stellers zur Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bei borgruppe Zentrale Apparative Analytik am ZInstSanBw Mün- der Zulassungsbehörde eingereicht werden. Ein vergleichbares chen in Erprobung und wurde dort bereits zum Nachweis von Procedere im Bereich der Lebensmittel gilt nur für Novel Food Fipronil und Chloramphenicol eingesetzt. Für die Untersu- und gentechnisch veränderte Organismen. chung von Urin wurde die Technik auch zur Detektion von Arz- Verschiedene Marktanalysen bezüglich NEM zeigen, dass diese neistoffen wie z. B. Ketamin erfolgreich eingesetzt [3]. Für die Produktgruppe z.T. mit erheblichen Gesundheitsrisiken verbun- Suche nach nicht erwarteten bzw. nicht im Fokus stehenden den ist. Insbesondere der Internethandel birgt Gefahren, da eine Substanzen wird die Technik zukünftig eine wichtige Rolle in umfassende Kontrolle kaum möglich ist. Dabei ist vor allem der Rückstandsanalytik spielen. Hierbei ist insbesondere die auch der Erwerb von NEM aus Drittländern (z. B. USA, China) Untersuchung von Oberfl ächenwasser zur Trinkwassergewin- möglich, wodurch Produkte, die dem BVL nicht angezeigt wur- nung eine Herausforderung [1], da die Belastung mit Arznei- den und nicht der behördlichen Kontrolle unterliegen, erhältlich stoffen und deren Metaboliten steigt. Dies gilt z. B. aktuell auch werden. Der Erwerb von NEM aus Drittländern ist auch in Ein- für die Untersuchung von zu Brauchwasser aufbereitetem Ab- sätzen der Bundeswehr denkbar (z. B. als Marketenderware aus wasser im Camp Castor in Gao (MINUSMA) im Hinblick auf US-Einrichtungen wie PX). Die dort angebotenen Produkte den Eintrag von Arzneimitteln (Klinik, Malariaprophylaxe). sind in der Regel für Sportler gedacht und werden auch so be- worben; deshalb ist eine adäquate Risikokommunikation im Hinblick auf die Gesunderhaltung der Soldatinnen und Solda- Fazit ten angebracht. Die „Non-Target-Analytik“ eröffnet neue Möglichkeiten in der Lebensmittelchemie und gewinnt an Bedeutung für die Lebens- Gefahr aus dubiosen Quellen mittel-, Trinkwasser und Arzneimittelanalytik. Für die Lebens- In NEM aus dubiosen Quellen oder Drittländern sind oft ge- mittelchemie der Bundeswehr ist die Reachback-Möglichkeit sundheitlich bedenkliche, nicht deklarierte Substanzen enthal- zum ZInstSanBw München unverzichtbar für die Untersuchung ten. (Projekt Verbraucherzentrale NRW: 36 % der untersuchten von Lebensmitteln und Trinkwasser aus weltweiten Einsätzen. Proben enthielten nicht deklarierte pharmakologisch aktive Substanzen und 28 % nicht deklarierte Novel Food.) Besonders Literatur laut Deklaration ausschließlich pfl anzliche Präparate zur Po- 1. Emma L et al.: Non-target screening with high-resolution mass tenzsteigerung enthalten meist pharmakologische Substanzen spectrometry: critical review using a collaborative trial on water mit einer weit über der in Arzneimitteln zugelassenen Dosie- analysis., Anal Bioanal Chem 2015; 407: 6237 - 6255. rung. 2. Lippke H: Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Die Lage bei NEM für Sportler bzw. NEM zur Leistungssteige- München 2017: persönliche MS-Daten zu Fipronil. rung und Gewichtsreduktion ist ähnlich. So wurden bei Unter-

Wehrmedizinische Monatsschrift 62 (2018), 9/2018 328 6. Arbeitstagung des Kommandos Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung vom 7. – 9. März 2018 in Damp suchungen in vielen Sportpräparaten nicht deklarierte anabole heute Präparate mit DMAA im Internet angeboten. Allein diese androgene Steroide und in Produkten zur Gewichtsreduktion Beispiele verdeutlichen das erhebliche Gefahrenpotential, wel- nicht mehr zugelassene bedenkliche Arzneistoffe gefunden. ches von unseriös hergestellten und vertriebenen Produkten ausgehen kann. Gefahr durch Bitterorangenextrakt und DMAA Im Falle von NEM zur Steigerung der Fettverbrennung für Sportler und Bodybuilder mit Bitterorangenextrakt kam es bei zwei Frauen zu erheblichen Herzrhythmusstörungen, die not- fallmedizinisch versorgt werden mussten und im Falle von zwei Männern zu Herzinfarkten, obwohl sich alle an die Verzehr- empfehlung ihres Präparates gehalten hatten. Bitterorangen- extrakt enthält pharmakologisch wirksame, dem Adrenalin ähn- liche, Substanzen (z. B. Synephrin, Abbildung 1), welche insbe- sondere in Kombination mit Koffein den Kreislauf erheblich beeinfl ussen. Schwerste Herzrhythmusstörungen bis zum Kam- merfl immern und krisenhafte Blutdrucksteigerungen können die Folge sein. Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) empfi ehlt, eine tägliche Dosis von maximal 6.7 mg nicht zu überschreiten. Dabei kann diese Dosis bereits durch die Nah- rung erreicht oder überschritten werden, wenn in größerer Men- ge Orangen, Zitronen oder Bitterorangen verzehrt werden. Das BfR stuft derzeit auf dem Markt befi ndliche Produkte, mit de- nen Coffein und Synephrin in Bolusdosen eingenommen wer- den, als nicht sicher ein, zumal die Präparate meist auch noch weitere Pfl anzenwirkstoffe enthalten. Insbesondere wegen der Abb. 2: Strukturformel von Amphetamin (oben) und DMAA (unten) Blutdrucksteigerung ist im Zusammenhang mit sportlicher Be- (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Methylhexanamin#/media/ tätigung Vorsicht geboten. File:Amphetamine_%26_Methylhexanamine_similarity_V.2.svg CC BY-SA 3.0)

Abb. 3: Das Schadensrisiko ist bei der Einnahme von NEM – insbe- sondere aus dubiosen Quellen – deutlich höher als ein fraglicher Nutzen. Fazit Abschließend kann postuliert werden, dass bei unseriösen oder fraglichen Produkten größte Vorsicht geboten ist, da schwer- Abb. 1: Strukturformel von (R)-Synephrin (oben) und (S)-Synephrin wiegende gesundheitliche Risiken nicht auszuschließen sind. (unten) (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Synephrin#/media/ Im Übrigen kann auf den Verzehr von NEM ganz verzichtet File:Synephrine_Enantiomers_Structural_Formulae.png) werden, da der Nährstoffbedarf bei einer ausgewogenen und Ähnlich verhält es sich bei NEM mit DMAA (Dimethylamyl- abwechslungsreichen Ernährung gedeckt ist. Auf Grund der amin), welches strukturelle Ähnlichkeiten mit Amphetamin ubiquitären Erhältlichkeit und der Werbeversprechen für die aufweist (Abbildung 2). Es wurde aufgrund der adrenergen Einnahme von NEM ist diese Thematik im Inland ebenso wie Wirkung ebenso in Sportpräparaten eingesetzt. Fallberichte von im Einsatz von truppenärztlicher Relevanz. Hirnblutungen und Kreislaufproblemen aufgrund der Einnah- me von DMAA folgten bald. Mittlerweile ist die Verwendung Oberstabsapotheker Christian Schmidt dieser Substanz auch in den USA illegal. Jedoch werden bis E-Mail: [email protected]

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Ein Ausblick Aspekt der Arbeitstagung. Es wurde dargestellt, dass die Ver- pflichtungen im Rahmen der Very High Readiness Joint Task Almut Nolte1 und Joachim Hoitz2 Force (VJTF) eine zwei bis sieben Tage umfassende „notice to 1 Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung, Diez move“-Zeit erfordere, was robuste Ausbildung, Übungstätig- 2 Bundeswehrkrankenhaus Hamburg keit und einen hohen Einsatzbereitschaftsgrad bedingt. Neben Letzterem und der Qualität der Ausbildung ist die medizinische Die „6. Arbeitstagung Kommando Regionale Sanitätsdienstli- Grundversorgung an den Standorten weiterhin mit gleichblei- che Unterstützung“ hat über viele Aspekte der Situation „GANZ bend hohem Standard zu leisten – das unterscheidet den Sani- VORN“ informiert, zur regen Diskussion animiert und im Ein- tätsdienst von der Kampftruppe, für die die Vorbereitung auf zelfall auch betroffen gemacht. den Einsatz das „Kerngeschäft“ darstellt. Insgesamt kommen Herausforderungen bei der allgemein- und notfallmedizini- die Sanitätsunterstützungszentren mit ihren Sanitätsversor- schen Erstversorgung im In- und Ausland, im Bereich der zivil- gungszentren und den Sanitätsstaffeln Einsatz durch die Aufga- militärischen Zusammenarbeit bis hin zu Terrorlagen und zur benfülle zunehmend an die Grenzen der Belastbarkeit. Dieser Wertschätzung von Personal und Fähigkeiten in der regionalen kritische Punkt wird von der Kommandoführung sehr ernst ge- sanitätsdienstlichen Versorgung wurden zum Abschluss der nommen. ­Tagung ganz bewusst im Rahmen einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion aus den unterschiedlichen Perspektiven be- „Ganz-ganz-vorn“ leuchtet. Auch das Auditorium war mit lebhaften – auch berech- Mit Blick auf die Zukunft fielen die Schlagworte „internatio- tigten kritischen – Fragen beteiligt. nal“, „sicherheitspolitisch schwer kalkulierbar“ und „notwendi- ge flexible militärische Fähigkeiten“. Die an der Diskussion Wahrnehmung Teilenehmenden waren sich einig, dass die Maxime der sani- Bezugnehmend auf die in den Fortbildungsblöcken beschriebe- tätsdienstlichen Versorgung keineswegs in Frage stehe, aber im nen Aufgaben, interessanten Herausforderungen, aber auch die Falle der Landes- und Bündnisverteidigung auf eine harte Pro- geschilderten großen Belastungen des Personals, insbesondere be gestellt werden könnte, da das prognostizierte Aufkommen in den Sanitätsstaffeln Einsatz, stellte sich unter anderem die an Verletzten und Verwundeten nach aktuellen Berechnungen Frage nach der gefühlten Wahrnehmung durch die Vorgesetzten in erheblichem Maße die Kapazitäten des Sanitätsdienstes, aber und einem entsprechenden Feedback durch die Truppe. Bemer- auch des gesamten Gesundheitswesens in Deutschland, binden kenswert ist hier die durchweg positive Resonanz auf die Aus- bzw. belasten werde. Dies führt aus Sicht des Sanitätsdienstes bildungs- und Übungsunterstützung. Insbesondere die „Ersthel- des Heeres dazu, dass die Selbst- und Kameradenhelfer, die fer Alpha“-Ausbildung erfährt eine ganz besondere Wertschät- „ganz-ganz-vorn“ sind, bevor die sanitätsdienstliche Fachexper­ zung durch die Truppe: „Die Ausbildung ist hervorragend!“ tise zum Einsatz kommt, weiter zu qualifizieren seien. Hier müssten zukünftige Weiterentwicklungsüberlegungen anset- Refokussierung zen. Weitere Diskussionsthemen bezogen sich auf die sanitätsdienst- liche Konzeption und die Refokussierung: Welche Konsequen- Im Blick: Unteroffiziere im Sanitätsdienst zen haben diese für die regionalen Sanitätseinrichtungen nach Nicht zuletzt wurde erneut deutlich, dass die Dienstgradgruppe dem Gehörten der letzten Tage – eine Frage, die noch nicht end- der Unteroffiziere des Sanitätsdienstes der Bundeswehr mehr in gültig beantwortet werden kann, da die voneinander abhängen- den Blick genommen werden muss. Das Kommando Regionale den Planungen der Organisationsbereiche noch nicht abge- Sanitätsdienstliche Unterstützung beabsichtigt hierzu übergrei- schlossen sind. Sicher ist, dass die Landes- und Bündnisvertei- fende Projekte, z. B. in Form gezielter fachlicher Austausch- digung strukturbestimmend für die gesamten Streitkräfte wird, plattformen oder Fortbildungsveranstaltungen, zu initiieren. zusätzlich müssen aber auch laufende und künftige Stabilisie- rungsoperationen Berücksichtigung finden. Erkenntnisse umsetzen Sanitätsdienst – Enabler der Streitkräfte der Zukunft Insgesamt konnten mit dem diesjährigen Motto „GANZ Zu den konkret nachgefragten Aufgaben für den Sanitätsdienst, VORN“ die enormen Herausforderungen für die regionalen Sa- die aus dem „Heer der Zukunft“ resultieren, laufen derzeit Stu- nitätseinrichtungen, insbesondere für die Sanitätsstaffeln Ein- dien, um den Umfang auch für die Unterstützungselemente zu satz, sowie das Optimierungspotenzial sehr gut skizziert und definieren. An exponierter Stelle stehen dabei Mobilität und Ei- herausgearbeitet werden. Nun gilt es, diese Erkenntnisse in die genschutz der eingesetzten Kräfte. Letztendlich sind Heer und Weiterentwicklung des Sanitätsdienstes einzubringen, damit Zentraler Sanitätsdienst der Bundeswehr bei der Durchführung wir auch in Zukunft militärisches Handeln mit robusten sani- von Landoperationen kommunizierende Röhren und in der tätsdienstlichen Leistungen auf Augenhöhe ermöglichen kön- Weiterentwicklung voneinander abhängig. Dreh- und Angel- nen. punkt sind und werden auch weiterhin die tatsächlich verfügba- ren Ressourcen sein. Generalarzt Almut Nolte E-Mail: [email protected] VJTF, Übungen und medizinische Versorgung Die deutlich steigende Dienstbelastung, insbesondere des Per- Generalarzt Dr. Joachim Hoitz sonals der Sanitätsstaffeln Einsatz, war ebenfalls ein kritischer E-Mail: [email protected]

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Aus dem Sanitätsdienst Ehrung für Nachwuchsforscherin

Für ihre herausragende Abschlussarbeit, zugleich beste wissenschaftliche Arbeit des vergangenen Jahres im Be- reich lebensmittelchemischer Forschung an der Techni- schen Universität (TU) Berlin, wurde (SanOA) Sabine Bergler am 4. Juli 2018 mit dem Lebensmittelanaly- tik-Preis 2018 ausgezeichnet. Derzeit ist sie am Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr (ZInstSanBw) München tätig. Vor den versammelten Angehörigen des Instituts für Lebens- mitteltechnologie und Lebensmittelchemie, Fachgebiete Le- bensmittelchemie und Analytik, sowie des Fachgebiets Lebens- mittelchemie und Toxikologie der TU Berlin, überreichte der Dekan der Fakultät III – Prozesswissenschaften – und Mitglied des Präsidiums der Lebensmittelbuch-Kommission, Prof. Dr. Lothar Kroh, zusammen mit Dr. Thorsten Fiedler, dem Vertreter der Gesellschaft für Lebensmittelforschung mbH (GfL), den Preis in feierlichem Rahmen an die junge Nachwuchswissen- schaftlerin. Traditionell verleiht die TU Berlin bereits seit 2011 den Le- bensmittelanalytik-Preis für die besten Arbeiten. Die Ehrung erfolgte beim jährlich stattfi ndenden Abschlusskolloquium zur wissenschaftlichen Abschlussarbeit des Lebensmittelchemie- studiums. Diese trug bei Leutnant (SanOA) Bergler den Titel „Transglycosidierungsprodukte während der Invertierung von Saccharose“ und behandelte schwerpunktmäßig die Erkennung unerlaubter Zuckerzusätze in Lebensmitteln. Somit besitzt die- Die diesjährige Preisträgerin, Leutnant (SanOA) Sabine Bergler se Arbeit mit praxisorientierter instrumentell-analytischer Auf- (Bildmitte), mit Dekan Prof. Dr. Kroh (links) und Dr. Fiedler von der gabenstellung einen hohen Stellenwert für Lebensmittelsicher- GfL (rechts) (Quelle: S. Bergler) heit und Verbraucherschutz, nicht nur innerhalb der Bundes- wehr. Die im Rahmen der Arbeit durchgeführten Untersuchungen die- auf, also während des Herstellungsprozesses von Invertzucker- nen der Erkennung von Verfälschungen von Fruchtsäften mit sirup. Nach einer vorherigen Aufarbeitung und Derivatisierung Invertzuckersirup und dem entsprechenden Nachweis durch sind Saftproben der Analyse mittels Gaschromatographie mit Analyse der Minorkomponenten. In diesem Zusammenhang Flammenionisationsdetektor (GC-FID) zugänglich, wodurch dienen zwei Markersubstanzen im Invertzucker der Bewertung. der Nachweis eine kostengünstige und schnell durchführbare Es handelt sich bei den Markern um Transglycosidierungspro- Methode ist. dukte, die im Rahmen der Reversion gebildet werden. Diese Die Abschlussarbeit von Leutnant (SanOA) Bergler führte zu tritt als Nebenreaktion der sauren Invertierung von Saccharose einem wichtigen und großen Erkenntnisgewinn, welcher letzt- lich darin resultierte, dass bisher vorliegende Veröffentlichun- gen in der Fachliteratur einerseits deutlich erweitert als auch andererseits korrigiert werden konnten. Eine weitergehende Publikation zum Thema befi ndet sich bereits in Bearbeitung, da die erzielten Ergebnisse und praxisrelevanten Erkenntnisse den regulären Rahmen einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit in diesem Themenbereich deutlich übersteigen. Auch im Namen des Leitenden Apothekers der Bundeswehr, Oberstapotheker Arne Krappitz, gratulieren wir Frau Leutnant (SanOA) Sabine Bergler herzlich zu ihrem wissenschaftlichen Erfolg und der Auszeichnung mit dem Lebensmittelanalytik- Preis 2018.

Oberstapotheker Dr. Thomas Zimmermann Zentrales Institut des Sanitätsdienstes Vereinfachte Darstellung von Transglycosidierungsprodukten, hier der Bundeswehr München ausgehend von Saccharose Institutsleiter

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Wehrmedizinische Kurzinformationen

Etablierung von Antibiotic Stewardship in den individuellen Patienten verbessertes Behandlungsergebnis der Bundeswehr zu erreichen. Weitere Ziele sind die Vermeidung unnötiger Kos- ten, wie sie bei antibiotischen Fehlbehandlungen entstehen, und Arbeitskreis Antiinfektiva, Resistenzen und Therapie (AK eine Beeinfl ussung der ungünstigen Resistenzsituation. ART) der Bundeswehr tagte am 19. und 20. Juni 2018 in Neben den aus wissenschaftlichen Publikationen und politi- Hamburg schen Willenserklärungen abzuleitenden Gründen für die Ein- Svenja Liebler1 und Martin Müller2 führung von ABS-Programmen an deutschen Krankenhäusern 1 Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr, Koblenz hat der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 23 Infektions- 2 Bundeswehrkrankenhaus Berlin schutzgesetz (IfSG) im Jahr 2011 ABS-konformes Handeln ein- deutig zur „Chefsache“ der Krankenhausleitungen erklärt und Hintergrund verbindlich festgelegt. Danach haben diese nicht nur über Anti- Ohne wirksame Antiinfektiva zur Therapie und ggf. auch zur biotikaverbräuche fortlaufende Aufzeichnungen anzufertigen Prophylaxe von Infektionskrankheiten ist eine moderne Medi- und diese unter Berücksichtigung der lokalen Resistenzsituati- zin nicht vorstellbar. Daher zählt die zunehmende antimikrobi- on zu bewerten. Gefordert ist auch das Ziehen sachgerechter elle Resistenzentwicklung weltweit zu den größten medizini- Schlussfolgerungen hinsichtlich des Einsatzes von Antibiotika schen und gesundheitspolitischen Herausforderungen und Be- und die Information des Personals über erforderliche Anpassun- drohungen unserer Zeit [1]. Auch in Deutschland beeinfl ussen gen des Antibiotikaeinsatzes. ansteigende Resistenzraten vor allem bei gramnegativen Erre- gern den klinischen Alltag. Auf den Intensivstationen ist beson- Für die Einführung eines ABS-Programms an einem Kranken- ders der Anteil der Erreger mit einer Resistenz gegen Carbape- haus ist eine klare und gut evidenzbasierte Handlungsempfeh- neme besorgniserregend, da bei diesen üblicherweise fast alle lung hilfreich. Hier bietet sich die im Dezember 2013 veröffent- medikamentösen Therapieoptionen versagen [2]. lichte deutsch-österreichische S3-Leitlinie „Strategien zur Si- cherung rationaler Antibiotika-Anwendung im Krankenhaus“ Die Dimension dieses Problems wurde mittlerweile auf höchs- an, deren Gültigkeit kürzlich nach inhaltlicher Überprüfung bis ter politischer Entscheidungsebene erkannt. Sie fand Ausdruck zum 30. November 2018 verlängert wurde. in zahlreichen staatlichen Handlungsinitiativen, beispielsweise dem nationalen Aktionsplan der USA 2015 [7] und der 2017 Wesentliche Merkmale („Kernstrategien“) des ABS-Konzepts, überarbeiteten Deutschen Antibiotika-Resistenz-Strategie das dieses von der individuellen infektiologischen Behand- (DART) 2020 [8], wurde aber auch auf den unter deutscher Lei- lungskompetenz des einzelnen – mehr oder weniger gut ausge- tung abgehaltenen Gipfeltreffen G7 in Elmau 2015 [3] und G20 bildeten – Arztes unterscheidet, sind die Institutionalisierung in Hamburg 2017 [4] thematisiert und dominierte das Pro- des Antiinfektiva-Managements, die Standardisierung von dia- gramm der UN Generalversammlung 2016. gnostischen und therapeutischen Prozessen und das Zusam-

Schlüsselrolle von Antibiotic Stewardship Zu den wichtigsten Maßnahmen der zunehmenden globalen Anti- biotikaresistenz entgegenzutreten, gehört die Eindämmung des seit Jahrzehnten praktizierten Fehl- und Übergebrauchs („misuse/ overuse“) von antimikrobiellen Substanzen durch die konsequen- te Anwendung rationaler Kriteri- en bei der Verordnung dieser im- mer wichtiger werdenden Arznei- mittelgruppe. Die Grundzüge dieses als „Anti- biotic“ oder „Antimicrobial Ste- wardship“ (ABS) bezeichneten strategischen Konzepts sind viel- fach beschrieben und in natio- nalen Leitlinien formuliert (z. B. [9]). Sie zielen in erster Linie dar- Die Teilnehmenden der Tagung des AK ART am 19./20. Juni 2018 in Hamburg; von links: Oberstabsarzt auf ab, durch einen verantwor- Pohle (Kdo SanDstBw), Zube, Vandersee, Mühlmeier, Oberfeldapotheker Heydenreich (Kdo tungsbewussten und gezielten SanDstBw), Anzinger, Kämpf, Liebler, Lieber, Wegner, Opderbeck, Stoetzer, F. Müller, Laskowski Einsatz von Antiinfektiva ein für (Dienstgrade und Titel, soweit hier nicht genannt, siehe Tabelle 1; Bild: BwKrhs Hamburg)

Wehrmedizinische Monatsschrift 62 (2018), 9/2018 332 Wehrmedizinische Kurzinformationen menwirken mehrerer Experten. Institutionalisierung bedeutet, entsprechenden Strukturen im zivilen Gesundheitssystem im dass praktisch alle Aspekte der Antiinfektiva-Verordnung eines Mai 2017 durch den Kommandeur Gesundheitseinrichtungen, Hauses durch ein multidisziplinär zusammengesetztes Bera- Generalstabsarzt Dr. Schoeps, der Arbeitskreis Antiinfektiva, tungsgremium („ABS-Kommission“) erörtert und beschlossen Resistenzen und Therapie (AK ART) eingerichtet, der unter Fe- werden. Dazu zählen auch die Festlegung diagnostischer derführung der Unterabteilung VI genau diese Koordinierungs- ­Standards (z. B. Gewinnung von Blutkulturen bei systemischen und Steuerungsfunktion bundeswehrweit wahrnimmt. Infektionen) und prophylaktischer und therapeutischer Leit­ linien, etwa für die kalkulierte Initialtherapie schwerer Infek­ Ziel: ABS auch in der ambulanten Versorgung tionen. Die Multidisziplinarität, also das Zusammenwirken von Klinikern, Infektionsspezialisten, Klinischem Pharmazeuten, Erklärtes Ziel ist nicht nur die Etablierung und Weiterentwick- Mikrobiologen und Präventivmediziner, kommt sowohl bei der lung von ABS-Aktivitäten an den fünf BwKrhs, sondern auch Erarbeitung der Therapiestandards als auch bei der täglichen die Einführung entsprechender Prinzipien in den regionalen Sa- konsiliarischen Tätigkeit im Rahmen von gemeinsamen Anti­ nitätseinrichtungen sowie in den medizinischen Behandlungs- infektiva-Visiten oder von Verordnungsanalysen, also bei der einrichtungen im Einsatz. praktischen Anwendung der Behandlungsleitlinien, zum Tra- gen. Aufgaben des Arbeitskreises Antiinfektiva, Resistenzen und Therapie Antibiotic Stewardship im Sanitätsdienst der Bundeswehr Mitglieder des AK ART sind zum einen entscheidungsbefugte berufs- und einsatzerfahrene Vertreter der fachlichen Experten- Der Sanitätsdienst der Bundeswehr blickt nunmehr auf eine gremien des Sanitätsdienstes (Konsiliargruppen (KG)), in de- fünfjährige Erfahrung mit der ABS-Strategie zurück. Nach Zer- nen nicht nur die stationäre, sondern mit der Allgemeinmedizin tifizierung der ersten ABS-Experten durch die Deutsche Gesell- und der Zahnheilkunde auch die ambulante Versorgung abge- schaft für Infektiologie (DGI) 2013 wurde dieses strategische bildet sind. Dabei hat die enge Verzahnung von stationärer und Konzept zuerst am Bundeswehrkrankenhaus (BwKrhs) Berlin ambulanter medizinischer Versorgung sicherlich einen Vorteil institutionalisiert; wenig später auch am BwKrhs Hamburg gegenüber dem zivilen Gesundheitswesen. Durch die Betonung [10 - 12]. Mittlerweile ist es an allen 5 BwKrhs etabliert. der Einsatzerfahrung im Leistungsprofil der berufenen Mitglie- Bisher fehlte jedoch die zentrale Koordinierung der ABS-Akti- der wird der besondere wehrmedizinische Aspekt in der Tätig- vitäten in der Bundeswehr. Nach personellem Aufwuchs in der keit dieses Arbeitskreises herausgestellt. Zum anderen finden für präventivmedizinische Fragestellungen zuständigen Unter- sich im AK ART auch die Leiter der lokalen ABS-Kommissio- abteilung VI Präventivmedizin, vorbeugender Gesundheits- nen. Um die Bedeutung hervorzuheben, die die Führung des schutz, Gesundheitsförderung des Kommandos Sanitätsdienst Sanitätsdienstes dem sachgerechten Einsatz von Antiinfektiva der Bundeswehr (Kdo SanDstBw) wurde dort in Analogie zu zur Vermeidung weiterer Resistenzbildung beimisst, werden

Tab. 1: Derzeitige Mitglieder des AK ART Funktion Name Dienststelle KG I – Innere Medizin Oberfeldarzt Dr. Braasch BwKrhs Berlin

KG II – Chirurgie Oberstarzt Dr. Lieber BwKrhs Berlin Oberfeldarzt Dr. Berg BwKrhs Hamburg KG III – Dermatologie Oberstarzt Priv.-Doz. Dr. Vandersee BwZKrhs Koblenz KG V – Hals-Nasen- und Ohrenheilkunde Oberfeldarzt Dr. Mühlmeier BwKrhs Ulm KG VII – Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie Oberfeldarzt Laskowski BwZKrhs Koblenz KG X – Anästhesie, Intensivmedizin, Oberfeldarzt Dr. Braun BwZKrhs Koblenz Notfallmedizin und Schmerztherapie KG XI – Urologie Oberfeldarzt Dr. von Dobschütz BwKrhs Ulm KG XII – Neurochirurgie Oberstarzt Dr. Anzinger BwKrhs Westerstede KG XVII – Allgemeinmedizin Flottillenarzt Dr. Wegner und SanVersZ Kropp Oberfeldarzt Dr. Holtherm ZSportMedBw Warendorf KG XXI – Medizinische Mikrobiologie und Flottenarzt Dr. M. Müller BwKrhs Berlin Hygiene KG XXIII – Zahnheilkunde Oberfeldarzt Priv.-Doz. Dr. Stoetzer SanVersZ Seedorf KG XXIV – Klinische Pharmazie Oberstapotheker Zube BwKrhs Hamburg Leiter der ABS-Kommissionen der BwKrhs Oberfeldarzt Dr. Ebert BwKrhs Westerstede Flottillenarzt Dr. Kämpf BwKrhs Berlin Oberfeldarzt Dr. F. Müller BwZKrhs Koblenz Flottillenarzt Dr. Opderbeck BwKrhs Ulm Oberstapotheker Zube BwKrhs Hamburg Geschäftsführung Oberfeldarzt Liebler Kdo SanDstBw

Wehrmedizinische Monatsschrift 62 (2018), 9/2018 Wehrmedizinische Kurzinformationen 333 die Mitglieder des Arbeitskreises durch den Stellvertreter des begrenztem medikamentösen Behandlungsspielraum das von Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr und Kom- Rationalität und Kompetenz geprägte Zusammenwirken aller mandeur Gesundheitseinrichtungen benannt und sind damit un- beteiligten Fachdisziplinen. mittelbar in seinem Auftrag tätig. Fazit Einsatzaspekte im Fokus Antibiotic Stewardship ist ein konzeptioneller Rahmen, der vor Hauptaufgabe gemäß Geschäftsordnung des AK ART sind die allem für den Sanitätsdienst der Bundeswehr von besonderem Koordination und die Unterstützung der lokalen ABS-Kommis- Interesse ist [13]. Für den AK ART als zentralem Steuerungs- sionen in Hinblick auf ein standardisiertes rationales Antiinfek- element des ABS-Programms in der Bundeswehr gilt dies nicht tiva-Management an den jeweiligen BwKrhs, aber auch in den minder. Es gilt, das Potenzial des „Systemverbundes“ von am- regionalen und im Einsatz befindlichen Behandlungseinrich- bulanter und stationärer Versorgung – auch unter den besonde- tungen. Ferner unterstützt der AK ART in seinen regelmäßig ren Bedingungen des Einsatzes – hierbei effektiv zu nutzen. stattfindenden Arbeitstagungen nicht nur bei der Erstellung re- Die derzeitigen Mitglieder des AK ART und damit Ansprech- gionaler infektiologischer Therapieleitlinien; er erarbeitet auch partner für Fragestellungen bezüglich ABS besonders im jewei- selbst evidenzbasierte Standards in Aufgabenfeldern, die über ligen Fachgebiet sind in Tabelle 1 aufgelistet. die zivilen Bedürfnisse hinausgehen und zum Beispiel die spe- ziellen Verletzungsmuster und Keimspektren der Auslandsein- Literatur sätze berücksichtigen. Dies gilt beispielhaft für die Indikation 1. https://www.cdc.gov/globalhealth/infographics/antibioticresistan- der präemptiven präklinischen intravenösen Antibiotika-An- ce/antibiotic_resistance_global_threat.htm (letzter Aufruf: wendung bei gefechtsbedingten Verletzungen. Schließlich trägt 30.01.2018) der Arbeitskreis auch der Neuausrichtung der Bundeswehr 2. Remschmidt C, Schneider S, Meyer E, Schroeren-Boersch B, Rechnung, indem beispielsweise die Zentrale Arzneimittel- Gastmeier P, Schwab F: Surveillance of antibiotic use and resistan- kommission der Bundeswehr (ZAMK) bei der Erarbeitung ei- ce in intensive care units (SARI)—a 15-year cohort study. Dtsch ner Liste essenzieller Arzneimittel, die zukünftig bevorratet Arztebl Int 2017; 114: 858 - 865. werden sollen, unterstützt wird – gerade im Hinblick auf die in 3. G7 Staaten oder Presse- und Informationsamt der Bundesregie- rung (2015) Abschlusserklärung G7-Gipfel. https://www.bundes- den vergangenen Jahren wiederholt aufgetretenen Liefereng- regierung.de/Content/DE/_Anlagen/G7_G20/2015 - 06 - 08-g7- pässe von wichtigen Antibiotika ein auch klinisch relevantes abschluss-deu.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (letzter Aufruf: Thema. 30.01.2018) 4. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (2017) Erklä- Definition von Indikatoren rung der Staats- und Regierungschefs G20 Gipfel 2017. https:// www.g20 .de/Content/DE/_Anlagen/G7_G20/G20-Ab- In Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der Bundeswehrkran- schlusserklaerung.pdf;jsessionid=7A49301BF54DE- kenhäuser auf dem zivilen Gesundheitsmarkt spielen Qualitäts­ D0E76813824C4B6DF12.s2t1?__blob=publicationFile&v=7 aspekte eine herausragende Rolle. Zu den Aufgaben des AK (letzter Aufruf: 30.01.2018) ART zählt auch die Definition und verbindliche Anwendung 5. http://www.gesetze-im-internet.de/ifsg (letzter Aufruf: 30.01.2018) von Struktur-, Prozess- und Ergebnis-Indikatoren, an Hand de- 6. http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/092001 l_S3_Anti- rer die Güte des Antiinfektiva-Managements in der Bundes- biotika_Anwendung_im_Krankenhaus_2013-verlaengert.pdf wehr überprüft werden kann. Obwohl derartige Indikatoren (letzter Aufruf: 30.01.2018) derzeit noch nicht angewendet werden, ist bereits jetzt erkenn- 7. https://obamawhitehouse.archives.gov/sites/default/files/docs/na- bar, dass der Sanitätsdienst der Bundeswehr hier ein herausra- tional_action_plan_for_combatting_antimicrobial_resistant_bac- gendes Qualitätsmerkmal in den Händen hält. teria, Marsch (letzter Aufruf: 11.03.2018) 8. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/.../antibiotika-re- sistenzstrategie.html (letzter Aufruf: 11.03.2018) Multiresistenzprobleme im Einsatz 9. MacDougall C, Polk RE: Antimicrobial stewardship programs in Der Sanitätsdienst der Bundeswehr ist in besonderer Weise von health care systems. Clin Microbial Rev 2005 Oct 18(4): 638 - der Multiresistenzproblematik betroffen. Denn während der 656. Anteil multiresistenter gramnegativer Bakterienstämme in 10. Müller M: Antibiotic Stewardship im Zentralen Sanitätsdienst der Deutschland im globalen Vergleich noch sehr moderat ausfällt, Bundeswehr. Wehrmed Mschr 2013; 57 (8/9): 219 - 220. ist die Infektionstherapie von Patienten, die in ihren Heimatlän- 11. Tschorn S, Dey K, Müller M: Antibiotic Stewardship am Bundes- dern Afghanistan, Irak oder Mali von deutschen Militärärzten wehrkrankenhaus Berlin. Wehrmed Wehrpharm 2013; 37(4): 46 - behandelt werden oder von solchen, die zur medizinischen Ver- 50. 12. Müller M, Wenzel W, Gatzer R: Antibiotic Stewardship – Ein stra- sorgung aus Krisengebieten wie Libyen, Syrien, der Ukraine tegisches Konzept im Zeitalter zunehmender bakterieller Multire- oder dem Nordirak in deutsche Militärkrankenhäuser verlegt sistenz. Wehrmed Wehrpharm 2014, 58(3): 94 - 99. werden, außerordentlich fordernd. Gerade bei den genannten 13. Müller M, Lehmann P, Willy C: Antibiotic Stewardship – Pro- Patientengruppen finden sich häufig hoch komplexe - Verlet grammatischer Ansatz zum optimierten Antibiotika-Management. zungsmuster durch Gewalteinwirkung, die im Rahmen der Der Unfallchirurg 2017; 7: 540 - 548. Erstbehandlung oft nur eingeschränkt und improvisiert versorgt werden konnten und bei denen chronische Infektionsprozesse Für die Verfasser eingesetzt haben, die durch hochgradig multiresistente Erreger verursacht werden. Die Komplexität der durch multiresistente Oberfeldarzt Svenja Liebler Erreger chronisch infizierten Defektverletzungen erfordert bei E-Mail: [email protected]

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Tagungen und Kongresse

63. Fliegerarzttagung der Bundeswehr 2018

Die 63. Fliegerarzttagung der Bundeswehr, ausgerichtet vom Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luft- waffe, fand vom 18. bis 21. Juni 2018 an der Offi zierschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck statt. Sie ist die größte national ausgerichtete Tagung für militärische fl ugmedizi- nische Sachverständige in Europa. Neben 160 Fliegerärztinnen und -ärzten, Fliegerpsychologin- nen und -psychologen sowie internationalen Gästen nahmen in diesem Jahr erstmals auch Expertinnen und Experten aus Sport- wissenschaft und Sportphysiotherapie des „Team Flugmedizin“ an der Fachtagung teil. Das Programm umfasste ein breites Spektrum von Vorträgen aus der Luft- und Raumfahrtmedizin Der Ludger-Hölker Saal, das Auditorium Maximum der OSLw, war und ihren Grenzgebieten. Die Präsentation aktueller Entwick- mit Teilnehmenden vor allem der Fachrichtungen Flugmedizin und lungen aus der zivilen und militärischen Luftfahrt sowie aus der -psychologie sowie Sportwissenschaften gut gefüllt. Flugmedizin in den Streitkräften rundeten das Programm ab. Anschließend folgte der schon traditionelle Themenblock „Neues aus dem Fliegerärztlichen Dienst der Bundeswehr“. Eröffnung der Tagung Generalarzt Prof. Dr. Schick sprach offen die anstehenden Her- Der Generalarzt der Luftwaffe, Generalarzt Prof. Dr. Rafael ausforderungen – z. B. die hohe Einsatzbelastung – und die zu Schick, eröffnete als Leiter des Zentrums für Luft- und Raum- erwartenden vielfältigen Aufgaben an, nutzte jedoch auch die fahrtmedizin der Luftwaffe (ZentrLuRMedLw) die Tagung. Gelegenheit, die gezeigten Leistungen der Angehörigen des Neben den Ehrengästen, unter ihnen der Referatsleiter für Fort- Fliegerärztlichen Dienstes hervorzuheben. Besondere Auf- bildung/Qualitätsmanagement der Bayerischen Landesärzte- merksamkeit lenkte er auf die 64. Fliegerarzttagung der Bun- kammer, Flottenarzt d. R. Prof. Dr. Johann Wilhelm Weidringer, deswehr im kommenden Jahr, die vom 24. bis 27. Juni 2019 als und die Deputy and Director of Patient Care der Jubiläumsveranstaltung unter dem Motto „60 Jahre Flugmedi- Niederländischen Streitkräfte, Saskia zin in der Bundeswehr“ stehen wird. Meerhoff, konnte er erstmals auch „seine“ Sportwissenschaftle- rinnen/-wissenschaftler und Physiotherapeutinnen/-therapeuten Auszeichnung besonderer Leistungen aus dem Team Flugmedizin begrüßen. Der Kommandeur der Als „Fliegerarzt des Jahres“ wurde Oberfeldarzt Arnold Licht- Offi zierschule der Luftwaffe, Michael Traut, schläger (DDO/DtA NATO AGS Force Sigonella) gewürdigt. Er ließ es sich trotz eines vollen Terminkalenders nicht nehmen, war mit großem Einsatz und Engagement maßgeblich beim Auf- die Teilnehmenden willkommen zu heißen. Er wünschte ihnen bau der Fliegerarztdienststelle DDO/DtA NATO AGS Force SI- eine informative Tagung und angenehme Gespräche im Kame- GONELLA beteiligt. Neben der infrastrukturellen Sicherstellung radenkreis. Weiterhin kündigte er an, dass die Offi zierschule und Ausgestaltung gelang es ihm, ein deutsch- und englischspra- der Luftwaffe auch in den kommenden Jahren ihre Räumlich- chiges medizinisches Behandlungs- und Nachsorgenetzwerk in- keiten gerne weiterhin als Gastgeber für die Fliegerarzttagung klusiver zahnärztlicher Versorgung, medizinischer Labore und zur Verfügung stellen wird. physiotherapeutischer Behandlung für die Soldatinnen und Sol- daten der Dienststelle sowie deren Angehörige zu etablieren. Die diesjährige Preisträgerin des „Scientifi c Award“, Oberfeld- arzt Priv.-Doz. Dr. Carla Ledderhos, ist Fachärztin für Physio- logie und leitet das Dezernat I 3b “Experimentelle Flugmedizi- nische Forschung“ im ZentrLuRMedLw. Ihre Forschungs- schwerpunkte liegen in der Beschleunigungsphysiologie, in der Hypoxieforschung und in Infl ight- und Beanspruchungsmes- sungen. Neben der Leitung eines medizinischen Teilprojektes im „Mountain Wave-Projekt“ ist und war sie Technical Team Member in diversen Arbeitsgruppen der NATO Science and Technology Organisation (STO). Darüber hinaus hält Oberfeld- arzt Priv.-Doz. Dr. Ledderhos regelmäßig Vorlesungen an der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie an der Uni- versität der Bundeswehr München in Neubiberg. Der „Scienti- fi c Award“ wurde ihr für die wissenschaftlichen Verdienste in Generalarzt Prof. Dr. Schick, Leiter des ZentrLuRMedLw und der Luft- und Raumfahrtmedizin der Bundeswehr und ihre über Generalarzt der Luftwaffe, begrüßte die Teilnehmenden an der 63. mehr als 15 Jahre hinweg kontinuierlich auf hohem Niveau ge- Fliegerarzttagung der Bundeswehr. leistete Arbeit verliehen.

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vanten Themen der Luft- und Raumfahrtmedizin. Abgerundet wurde das umfangreiche Tagungsprogramm durch praxisrele- vante Workshops zu den Themen Manuelle Therapie im Rah- men von Human Performance Enhancement (HPE), Human Factors, Notfälle in der fl iegerärztlichen Sprechstunde sowie eine National AirMedEvac Conference. Für einen Höhepunkt der Tagung konnte Prof. Prof. h.c. Dr. Dr. h.c. Ulrich Hans Walter als Gastredner gewonnen werden. Er ist Lehrstuhlinhaber für Raumfahrttechnik an der Technischen Universität München. Dort lehrt und forscht er im Bereich der Raumfahrttechnologie und Systemtechnik. Als ehemaliger Wissenschaftsastronaut der D2–Mission 1993 schilderte er im ersten Teil seines Vortrages sehr pointiert, wie er die verschie- denen von ihm durchlaufenen Auswahltests und Untersuchun- gen in Vorbereitung für die damalige Mission erlebt hat. Dabei zeigte er sehr eindrücklich die Unterschiede zwischen der west- lichen und russischen Praxis der Raumfahrtmedizin auf. Im Mit Überreichung des „Coin des Generalarztes der Luftwaffe“ durch zweiten Teil seines Vortrages nahm er die Anwesenden mit auf Generalarzt Prof. Dr. Schick wurde Prof. Dr. Walter symbolisch in eine aufregende Reise durch unser Sonnensystem bis hin zu den das „Team Flugmedizin“ aufgenommen. Grenzen des Weltalls. Neben rein physikalischen Erläuterungen ließ er es sich nicht nehmen, über die Grenzen hinaus seine phi- losophischen Zukunftsaussichten zum Ausdruck zu bringen und den einen oder anderen Zuhörer nicht nur zum Schmun- zeln, sondern auch zum Nachdenken anzuregen. Nach dem mit- reißenden Vortrag überreichte Prof. Dr. Schick ihm den „Coin des Generalarztes der Luftwaffe“ und nahm Prof. Dr. Walter damit symbolisch in das „Team Flugmedizin“ auf.

Positives Resümee „Es hat sich wieder gelohnt nach Fürsti zu kommen“, war die einhellige Meinung der angereisten Tagungsteilnehmenden. Dazu trug sicherlich auch bei, dass die Organisatoren der Ta- Der „Coin des Generalarztes der Luftwaffe“ wurde im Jahre 2003 auf gung nicht nur die fachliche Weiterbildung bei der Programm- Anregung von Generalarzt Dr. Erich Rödig (Generalarzt der Luftwaf- gestaltung im Auge behielten, sondern auch genügend Zeit für fe von 2002 bis 2008) geschaffen. Er wird an Personen vergeben, die informelle fachliche Gespräche mit einplanten. Hiervon wurde sich um die Flugmedizin in der Bundeswehr besondere Verdienste nicht nur in den Pausen, sondern auch beim Ice-Breaker und erworben haben. Er wurde im Jahre 2015 – nach Umbenennung der beim Gesellschaftsabend reichlich Gebrauch gemacht. Es ist Dienststelle Generalarzt der Luftwaffe in Zentrum für Luft- und geplant, in den folgenden Ausgaben der Wehrmedizinischen Raumfahrtmedizin der Luftwaffe – auf Veranlassung von Generalarzt Monatsschrift Kurzfassungen von wissenschaftlichen Vorträ- Prof. Dr. Schick teilweise neu gestaltet. gen der Tagung zu veröffentlichen. Programmgestaltung Die von der Bayerischen Landesärztekammer und dem Luft- Bilder: S. Ink, Köln fahrtbundesamt anerkannte Fortbildungsveranstaltung befasste Oberfeldarzt Dr. Mirjam Spengler, Sascha Haude sich an vier aufeinanderfolgenden Tagen mit allen derzeit rele- E-Mail: [email protected]

Gruppenbild der Teilnehmenden vor dem „Feuer einer startenden Rakete“ (Kunstwerk im Innenhof der OSLw)

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Internationale Zusammenarbeit Aerospace Medical Association nanztomographie (mpMRT) mit der unter Sonographie geführ- 89th Annual Scientifi c Meeting 2018 ten Prostatabiopsie in der Lage ist, deutlich höhere Raten kli- nisch relevanter Prostatakarzinome zu detektieren, wie dies aus Ergebnisse gemeinsamer Forschung des Kommandos Sani- konventionellen Ansätzen bekannt ist. Oberfeldarzt Dr. Hoff- tätsdienst der Bundeswehr, des Instituts für Präventivmedi- mann betonte in ihrem Vortrag, dass aus Sicht ihrer Forschungs- zin der Bundeswehr, der Johannes Gutenberg-Universität gruppe die mpMRT/Ultraschall-fusionsgeführte Biopsie der Mainz, des Zentrums für Luft- und Raumfahrtmedizin der Prostata einen neuen Ansatz nicht nur für die Erkennung und Luftwaffe und des Bundeswehrzentralkrankenhauses Kob- Überwachung von malignen Veränderungen der Besatzungs- lenz wurden in internationalem Rahmen vorgestellt. mitglieder ist, sondern auch für die aktive Überwachung von Piloten mit nicht signifi kanten Prostatatumoren (Gleason Score von 6) darstellen kann. Die Kurzfassung des Beitrages ist unten abgedruckt. Eine Veröffentlichung aller Kongressbeiträge des 89th Annual Scientifi c Meeting 2018 der AsMA erfolgt im offi ziellen Jour- nal der AsMA (Aerospace Medicine and Human Performance) und wird in Kürze im Internet erscheinen. Die Teilnahme und Präsentation der Unterabteilung Präventiv- medizin des Kommandos Sanitätsdienst der Bundeswehr und des Instituts für Präventivmedizin der Bundeswehr am 89th An- nual Scientifi c Meeting 2018 der AsMA hat sich als fruchtbar erwiesen: Der wissenschaftliche Austausch mit internationalen Partnern konnte vertieft und neue Kontakte aufgebaut werden.

Vom 6. bis 10. Mai 2018 fand in Dallas, Texas (USA), das 89th DIAGNOSTIC PERFORMANCE OF mpMRI/US- Annual Scientifi c Meeting der Aerospace Medical Association FUSION GUIDED BIOPSY TO DETECT CLINICALLY (AsMA) statt. Dieser Kongress ist die weltweit wichtigste wis- RELEVANT VS. NON-RELEVANT PROSTATE senschaftliche Veranstaltung der Flugmedizin und ihrer Grenz- CANCER IN PILOTS gebiete. Die Jahrestagung der AsMA bietet ein hervorragendes Manuela A. Hoffmann1,2,3, Frank M. Jakobs4, Christian Ruf5, Forum zur Vernetzung nicht nur mit den wissenschaftlichen Mathias Schreckenberger3 „Medical Key Playern“ der US Air Force, sondern auch mit den 1 Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr, Unterabteilung VI Präventiv- anderen alliierten Streitkräften und zivilen Institutionen in Eu- medizin, Ärztliche Stelle der Bundeswehr, Koblenz (Unterabteilungsleiter: ropa sowie zum internationalen, interdisziplinären fachlichen Oberstarzt Dr. T. Harbaum) Austausch. 2 Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr, Andernach (Leiter: Prof. Dr. Dr. D. Leyk) Die Auswahl der Kongressbeiträge erfolgte durch ein wissen- 3 Johannes Gutenberg-Universität, Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, schaftlich hochrangiges Gutachtergremium. Das umfangreiche Mainz (Direktor der Klinik: Univ.-Prof. Dr. M. Schreckenberger) Kongressprogramm reichte von spezifi schen Themen der Luft- 4 Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Fürstenfeldbruck und Raumfahrt, wie „Fatigue“, „Aviation Cardiology Challen- (Generalarzt Luftwaffe: Prof. Dr. R. Schick) 5 ges“ und „Dynamic Issues in Aerospace and Operational Phy- Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, Klinik für Urologie, Koblenz (Di- rektor der Klinik: Prof. Dr. H. Schmelz) siology“, bis hin zu präventivmedizinischen Themen. Oberfeld- arzt Dr. Manuela A. Hoffmann (Kommando Sanitätsdienst der INTRODUCTION Bundeswehr und Institut für Präventivmedizin der Bundes- wehr) präsentierte das Thema Standard methods of diagnosing prostate cancer (PCa) in pilots are still based on non-specifi c screening methods, such as pros- „Diagnostic performance of multiparametric magnetic re- tate-specifi c antigen (PSA) plasma levels and digital rectal ex- sonance imaging/ultrasound-fusion guided biopsy to detect amination which then is confi rmed by ultrasound-guided tran- clinically relevant vs. non-relevant prostate cancer in pi- srectal (TRUS) or transperineal biopsy. Recent advances in lots“. multiparametric magnetic resonance imaging (mpMRI) and Angesichts sich verändernder demographischer Voraussetzun- mpMRI/ultrasound-fusion guided biopsy may help to reduce gen und der Notwendigkeit einer dauerhaften körperlichen Fit- false positive and negative rates of PCa diagnosis thus provid- ness bei hochwertig ausgebildetem Flugpersonal ist es wichtig, ing an option when differentiation of clinically signifi cant and eine potenziell zur Flugunfähigkeit führende Krankheit so früh insignifi cant PCa is essential. wie möglich zu diagnostizieren. Bezüglich des Prostata- screenings sollte daher bereits bei Verdacht auf eine maligne METHODS Veränderung der Prostata das bestmögliche wegweisende diag- This retrospective study included 99 male patients with increa- nostische Regime eingeschlagen werden. sed PSA plasma levels and previous negative standard biopsy Die Ergebnisse der Autoren deuten darauf hin, dass die Kombi- procedures. MpMRI was performed followed by mpMRI-ul- nation aus Ergebnissen der multiparametrischen Magnetreso- trasound-fusion targeted biopsy of the prostate. Results of mp-

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MRI (PI-RADS Score) for detection and localization of lesions increased ability to accurately diagnose mTBI/concussion and were correlated with those of histopathology (Gleason Score). to treat patients appropriately.“

RESULTS Vortragende Lesions of 72/99 (73 %) men were determined to be suspect of CAPT (Dr.) Jack TSAO (USA) (LS Director) malignancy (catego-rized as PI-RADS 4 or 5). Malignancy Navy Operational Support Center Memphis could not be confi rmed by histopathology in 33/99 patients University of Tennessee Health Science Center (33 %). In 42/66 (64 %) of patients a low-grade PCa (Gleason Score 6 + 7a) was found, whereas in 24/66 (36 %) of patients a LtCol (Dr.) Markus BESEMANN (CAN) high-grade PCa (Gleason Score ≥7b) was determined. The pro- Canadian Forces Health Services Group portion of corresponding mpMRI results for high-grade PCa COL (Dr.) Eric VERMETTEN (NDL) was 21/24 (88 %), which related to a sensitivity of 88 % and a Leiden University Medical Center negative predictive value of 85 % (p=0,002), whereas the res- Netherlands Defense pective proportion for low-grade PCa was 35/42 (83 %), rela- ting to a sensitivity of 83 % and a negative predictive value of Dr. Marten RISLING (SWE) 71 % (p<0,001). Karolinska Institute Department of Neuroscience Col Alan MISTLIN (GBR) DISCUSSION Defence Medical Rehabilitation Centre In view of changing demographic preconditions and conside- ring the need of sus-tained physical fi tness in highly educated Vortragsthemen and trained aircrew personnel, it is essen-tial to diagnose poten- • Introduction and Overview (Tsao) tially incapacitating disease as early as possible. Our results • TBI policies of NATO countries (All) suggest that mpMRI combined with ultrasound-fusion targeted • Operational considerations/blast TBI (Tsao,Vermetten) biopsy of the prostate is able to detect considerably higher rates • Research/Chronic Traumatic Encephalopathy (Risling) of clinically relevant PCa as known from conventional diagno- • Acute evaluation and treatment (Besemann,Mistlin, Tsao) stic approaches. We conclude that mpMRI/ultrasound-fusion • Neurocognitive testing (Tsao, Vermetten) guided biopsy may represent a novel approach not only for de- • Management of headache, sleep, endocrine disturbances, diz- tection and monitoring of malignant disease in aircrew person- ziness, and balance disequilibrium (Besemann, Mistlin, Tsao) nel, but additionally for active surveillance of pilots with • Progressive return to activity following mTBI (Mistlin) non-signifi cant tumors of the prostate. • Rehabilitation of co-morbid polytrauma and psychiatric dis- turbances (Mistlin, Vermetten) Berichterstattung • Long-term consequences of head injury andoccupational im- Oberstabsarzt Dr. Ines Richardsen pairments (Besemann, Tsao) Streitkräfteamt – Fachinformationszentrum der Bundeswehr, • Impact on families (Mistlin) Bonn • Concluding Remarks E-Mail: [email protected] Es fallen keine Tagungs-/Kursgebühren an. Eine Registrierung muss über die Internetseite NATO STO Lecture Series HFM-240 https://events.sto.nato.int/ Mild Traumatic Brain Injury: Operational and Clinical Implications erfolgen. Nach Registrierung wird ein „Generell Information Madrid, 9. und 10. Oktober 2018 Package“ für die Planung der Reise übersandt. Das Human Factors and Medicine Panel (HFM) der NATO Der komplette Flyer kann unter Science and Technology Organzation (STO) veranstaltet am https://events.sto.nato.int/index.php/ 9. und 10. Oktober 2018 in Madrid eine hochkarätige Vor- upcoming-events/event-list/download.fi le/615 tragsveranstaltung (Lectures Series – LS) zum Themenkom- plex „Mild Traumatic Brain Injury“. Fünf Experten aus fünf heruntergeladen werden. Nationen geben einen vollständigen Überblick über den aktuel- len Stand der Wissenschaft zu diesem militärisch wie zivil be- Anmeldefrist: bis 24. September 2018 deutsamen Problemfeld. Weitere Informationen können auch beim Deutschen Sprecher LS-Thema im HFM-Panel der NATO STO, Flottillenarzt Priv.-Doz. Dr. „Mild traumatic brain injury (mTBI), also known as concussi- Stefan Sammito, eingeholt werden. on, is a signifi cant operational and civilian medical problem. This lecture series will review state of medical Flottillenarzt Priv.-Doz. Dr. Stefan Sammito knowledge and discuss medical treatment in the deployed as Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr - Sachgebiet VI 3.3 well as post-deployment settings. Participants will leave with E-Mail: [email protected]

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NATO Science and Technology Organization wohl in technische Entwicklungen als auch in die flugphysiolo- gische Ausbildung fanden und einen wesentlichen Beitrag dazu Aktuelle Publikationen aus dem Human Factors leisteten, Landungen von Drehflüglern in staubiger Umgebung and Medicine Panel sicherer zu machen. An der Erstellung des TR waren Piloten, Flugmediziner und -psychologen und Luftfahrtingenieure be- In den letzten Monaten wurde eine Reihe von Technical Re- teiligt. ports (TR) aus dem Human Factors and Medicine (HFM) Die meisten wissenschaftlichen Publikationen der STO stehen Panel der NATO Science and Technology Organization weltweit offen zur Verfügung; dies gilt für fast alle Veröffentli- (STO) veröffentlicht, auf die hier hingewiesen werden soll. chungen aus dem HFM-Panel. Eine Suche ist über die Webseite Bei TR handelt es sich um die zusammengefassten Ergebnisse www.sto.nato.int möglich. Über diese kann auch der Event-Ka- von multinationalen Research Task Groups (RTG), in die Ex- lender aufgerufen werden, in dem Lecture Series, Technical pertinnen und Experten aus mindestens 4 Nationen ihre natio- Courses oder Symposien angekündigt werden (siehe auch An- nalen Erkenntnisse zu einem für die NATO relevanten Thema kündigung der Lecture Series HFM-240 zum Thema „Mild – im Falle des HFM-Panels aus Bereichen wie Health, Protecti- Traumatic Brain Injury“). Bei den Publikationen ist eine Stich- on, Human Performance und Human Systems Integration – ein- wortsuche implementiert. bringen und zusammenfassen. Im Folgenden werden die „Executive Summaries“ von fünf in Ein besonderes Merkmal des HFM-Panel ist die Multidiszipli- diesem Jahr erschienenen TR vorgestellt sowie ergänzende In- narität; Mediziner, Psychologen, Techniker und Ingenieure, formationen hierzu gegeben. Biologen und Chemiker – die Auswahl ist nicht abschließend Der TR-HFM-189 befasst sich mit Grenzwerten für die Expo- – wirken zusammen und finden so gemeinsame Lösungen für sition von menschen gegenüber elektromagnetischen Feldern. Probleme. Ein Beispiel hierfür ist die RTG 162, die im Jahre Diese Thematik war und ist u. a. im Zusammenhang mit der 2012 den TR „Rotary-Wing Brownout Mititgation: Technolgies Frage nach möglichen Schädigungen durch Radargeräte auch in and Training“ veröffentlichte, dessen Ergebnisse Eingang so- der Bundeswehr aktuell.

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Im Kontext zu den Kurzbeiträgen in dieser Ausgabe der Wehr- of 100 kilohertz (kHz) to 300 gigahertz (GHz), had been 100 ki- medizinischen Monatsschrift steht der TR-HFM- 199, der das lovolt per meter (kV/m) since 1971 when it was established as a Problemfeld Belastung von ABC-Personal durch die Schutz- “provisional” limit by the United States Air Force. That exposure ausrüstung beleuchtet und – neben der Vorstellung neuer tech- limit value was set in place during the initial “hardness” tests of nischer Entwicklungen – auch auf die physiologischen Aspekte electronic systems exposed to simulated nuclear blast Electro- eingeht. Er gibt somit sowohl für die medizinische Beratung als magnetic Pulse (EMP). This ultra-conservative limit was an auch für die technische Entwicklung wertvolle Hinweise. overly cautious action taken due to the limited data at the time Die RTG HFM-222, die ihren Bericht zu „Biological Effects of although no adverse health effect had been found. Unfortunately, Ionizing Radiation and Coutermeasures“ veröffentlicht hat, hat the “provisional” limit has remained for over 40 years and has in den letzten 12 Jahren insgesamt vier Reports zu dieser The- been adopted by numerous standardization organizations without matik vorgelegt. Die Experten aus sieben Nationen arbeiten any supporting scientific data. The third edition of NATO Stan- auch unabhängig von der Tätigkeit in der RTG regelmäßig eng dardization Agreement (STANAG) 2345 raised the exposure zusammen. Der TR gibt den aktuellen Stand der Forschung auf limit for a single pulse to 200 kV/m. diesem Gebiet wieder. The NATO Science and Technology Organization (STO) Hu- Mit dem TR-HFM-218 wird ein Problemfeld beleuchtet, wel- man Factors and Medicine (HFM) Research Task Group HFM- ches in einigen Nationen wegen hoher Suizidraten eine ganz 189 conducted a thorough evaluation of the research to deter- erhebliche Bedeutung hat. Die umfassenden Untersuchungen mine whether the limits were supported or should be removed. der RTG münden in eine Reihe von Empfehlungen aus medi- Secondly, NATO Electromagnetic Environmental Effects Radi- zinscher, pschologischer und soziologischer Sicht, die die ation Hazards Working Group (E3-RADHAZ) had identified a Grundlage für eine Beratung der miltärischen Führungsebene problem which impacted operations with newly reduced con- bilden können. tact current limits. Contact with metal surfaces energized by exposure to high frequency emissions can lead to shock and Besonders für das „Netzwerk der Hilfe“ in der Bundeswehr burns. The Institute of Electrical and Electronics Engineers stellt der (noch als Prerelease) veröffentlichte TR-HFM-258 mit (IEEE) C95.1TM-2005 standard reduced contact current limit dem Titel „Impact of Military Life on Children from Military from 100 milliampere (mA) to 50 mA and the limit was pro- Families“ wertvolle Informationen eines internationalen Exper- posed to be reduced to 40 mA by European Union Directive tengremiums zur Verfügung. 2013/35/EU [34]. These reductions were deemed by a majority Alle TR der STO können über die Webseite consensus of the HFM-189 to be unnecessary (based on no ad- https://www.sto.nato.int/publications/Pages/Technical_Re- verse health effects in the work environment). ports_List.aspx heruntergeladen werden. Bei Auswahl „HFM“ werden nur die Scope Reports aus dem HFM-Panel angezeigt. The STO HFM-189 RTG was formed to review the scientific data and to develop appropriate operational exposure limits for Hier kann nur eine kleine Auswahl der zahleichen STO-Publi- HPPP E-field. A second task was to review the literature on con- kationen vorgestellt und die Anregung zu einem Besuch der tact currents to determine if the reduction in the limits in the STO-Webseite gegeben werden. Ein regelmäßiger Besuch der proposed EU Directive 2004/40/EC [33] from 100 mA to 40 mA STO-Seite lohnt sich für alle wissenschaftlich Interessierten. and the IEEE C95.1TM-2005 50 mA limit was scientifically supported. Specific issues were to address military aspects of Oberstarzt a. D. Dr. Peter Mees high-peak-power ultra-short pulsed E-fields and contact current E-Mail: [email protected] exposure limits for which existing standards and the proposed EU Directive had been shown to result in unnecessary impacts to military operations. STO-TR-HFM 189 Analysis/Results Electromagnetic Fields Exposure Limits HFM-189 found no published and replicated adverse health ef- Erscheinungsdatum: Januar 2018 fects or biological mechanisms, beyond thermal interaction, for Chair: Dr. B. Jon Klauenberg pulses shorter than 100 ms which suggested that neither the US Air Force Research Laboratory peak E-field limit in the IEEE C95.1TM-2005 safety standard Fort Sam Houston, Texas (USA) nor the proposed limit in the Directive 2004/40/EC [33] (subse- Beteiligte Nationen: 7 (keine deutsche Beteiligung) quently promulgated as 2013/35/EU [34]) have scientific basis. The group noted that physical laws governing the propagation Executive Summary of E-fields in air already limit the maximum allowable peak Problem and Purpose E-field at ~3 MV/m (air breakdown). Current research efforts Increasingly, current and emerging military technologies employ by members to expose biological organism(s), tissues, and cells High-Peak-Power ultra-short Pulsed Electromagnetic Fields to environmental fields up to this magnitude have been unable (HPPP-EMFs) ranging from milliseconds (e.g. radars) to micro- to elicit an acute biological response. and nano-seconds (e.g. high-power microwave and directed-en- ergy devices). The peak (temporal) value of the Maximum Per- Recommendations missible Exposure (MPE) in terms of the electric field (E-field) A consensus statement was drafted which recommended that for exposures to pulsed Radiofrequency (RF) fields, in the range the exposure limitation based on HPPP E-field be eliminated.

Wehrmedizinische Monatsschrift 62 (2018), 9/2018 340 Internationale Zusammenarbeit

The recommendation of the HFM-189 was adopted by the IEEE gies can be exploited to improve protection while decreasing International Committee on Electromagnetic Safety (ICES) thermal burden. TC-95 in IEEE Standard C95.1 - 2345TM-2014, “Military Exposure to secondary contact with contamination can be miti- Workplaces-Force Health Protection Regarding Personnel Ex- gated by technologies that facilitate rapid decontamination. posure to Electric, Magnetic, and Electromagnetic Fields, 0 Hz Traditionally, responsive actions have been logistically burden- to 300 GHz”. This standard has been adopted by NATO under some events that require the assistance of specialty units to STANAG 2345 Edition 4 - 2015. achieve decontamination levels sufficient to allow the warfight- er sustained reduction of high protective levels. New technolo- gies have the potential to allow the same level of performance STO-TR-HFM-199 from actions performed by individuals or crews, and thus re- duce overall the burden of protection. Chapter 4 provided a syn- Integration of CBRN Physical Protective Mea- opsis of technologies such as agent disclosure sprays that can rapidly identify areas of contamination to focus efforts and as- sures to Lessen the Burden on Personnel sess the results. When combined with a strippable, an agent dis- Erscheinungsdatum: Juni 2018 closure system can identify the specific areas of coating to be Chair: Dr. Charles A. Bass removed, thus allowing a rapid resumption of the mission at a Defense Threat Reduction Agency, USA lower, and less burdensome, protective posture. Technologies Beteiligte Nationen: 6 to process sensitive equipment for decontamination can allow unencumbered use of these items as they are returned to ser- Deutsches RTG-Mitglied: Dr. Alexander Grabowski vice. This reduces burden by allowing the reduction from high Wehrwissenschaftliches Institut levels of protection and reducing the logistical demand for re- für Schutztechnologien, Munster­ placing items simply because they are contaminated. Executive Summary In all, there are many new emerging technologies that all will be This Task Group addressed integrated CBRN protection strate- able to contribute to enhanced warfighter safety related to gies. This report focused on outlining technologies that lower CBRN risks and events, while reducing the physiological bur- the burden on the individual by using a layered approach con- den. The challenge will be to build appropriate systems to use sisting of contamination avoidance, physical protection, hazard and balance all available options against the missions that are to mitigation response, containment and recovery. The specific be expected and planned. This report shows a series of technol- goal of the Task Group was to facilitate the communication and ogies that will support these goals. The technologies should all coordination of research on CBRN protection among the partic- be available in the short or medium term and therefore, benefits ipating nations. This report outlines the active, passive and re- may be expected soon. Also, some of these technologies may be active protection technologies. integrated into currently available systems and approaches and still enhance capabilities and/or protection. The need for en- The trends of sensor miniaturization and network integration dis- hanced protection and lowering the burden to the warfighter is cussed in Chapter 2 will provide the warfighter greater flexibility expected to remain for the foreseeable future. on the battlefield to avoid contamination or quickly move out of contaminated areas. The combination of small, inexpensive and ubiquitous sensors that are seamlessly integrated can provide tools to determine contamination sources, reduce false alarms, STO-TR-HFM 222 and agent cloud tracking that will allow warfighters to confident- ly minimize their protection posture while avoiding contamina- Biological Effects of Ionizing Radiation and tion. This serves to lessen the burden by minimizing time in the Coutermeasures highest protective postures. An ability to rapidly assess areas of Erscheinungsdatum: Januar 2018 high contamination can help warfighters to avoid or move out of Chair: Dr. Francis Jean Hérodin them to reduce to total challenge on protective ensembles. Thus Institut de Recherche Biomédicale des Armées it may be possible to reduce protection performance and accept additional risk in favor of lower-burden ensembles. Brétigny-sur-Orge (Frankreich) Beteiligte Nationen: 8 The technologies discussed in Chapter 3 clearly show a trend toward improved performance at lower burdens. The develop- Deutsche RTG-Mitglieder: Oberstarzt Prof. Dr. M. Abend ment of new materials and application of nanotechnology lead Oberfeldarzt Dr. H. Doerr this trend. New classes of materials such as Metal Organic Oberstarzt Priv.-Doz. Dr. M. Port Frameworks (MOFs) provide platforms that can be tuned for Alle: Institut für Radiobiologie optimal pore size and chemical functionality that adsorb and der Bundeswehr, München detoxify agents. Garments can have enhanced capabilities with new classes of durable repellent coatings that incorporate nano- Executive Summary materials, and nano-fiber aerosol barrier layers that increase Task Group 222 of the Human Factors and Medicine (HFM) protection with minimal additional weight or thermal load. Panel of NATO/STO (HFM-222 RTG) was created in order to Whole ensembles can be with computer-aided optimal design better deal with the medical aspects of the current Nuclear and tools for respirators and garments. Overall, with the proper in- Radiation (NR) threat that could affect NATO forces during de- vestments, developments in cutting-edge materials technolo- fence operations. The overall objective of the group was to de-

Wehrmedizinische Monatsschrift 62 (2018), 9/2018 Internationale Zusammenarbeit 341 velop and propose medical countermeasures optimised with STO-TR-HFM 218 respect to this threat. The work plan was based on policy docu- ment AJP-3.8 whose principal aim is to improve the diagnosis, Military Suicide Prevention: Report prevention and treatment of the health effects of exposure to Prepared for NATO Leadership low and high doses of ionising radiation. The NR threat is in Erscheinungsdatum: Juni 2018 fact still probable, diverse and unpredictable. It must be dealt with medical effectiveness by acquiring more detailed under- Chair: Dr. Marjan Ghahramanlou-Holloway standing of the toxicity of radiations and of the mechanisms of Uniformed Services University of the Health Sciences action involved in order to determine suitable countermeasures. (USA) This threat must also be anticipated by table-top or application Beteiligte Nationen: 11 (keine deutsche Beteiligung) exercises based on scenarios of the use of NR agents on military Executive Summary and civilian targets. These exercises help raise the level of ra- Globally, military personnel are an identified at risk group for diobiological preparation of NATO’s medical staff by addition- suicide. A number of countries and organizations have begun to al training of players involved. implement or enhance surveillance of suicide deaths and at- tempts in the armed forces to better understand the scope of the The eight Nations participating in HFM-222 have not claimed problem and to generate targeted suicide prevention strategies. to have resolved all shortfalls in the medical management of Given its ongoing contributions to peace and security on the irradiated and radio-contaminated victims. The group examined international stage, the North Atlantic Treaty Organization primarily questions of external irradiation, in particular the di- (NATO) has taken an active stance on the problem of military agnosis and treatment of the acute radiation syndrome, includ- suicide. Starting in 2008, a Human Factors and Medicine ing the early and late biological effects of high doses. In addi- (HFM) Exploratory Team (ET-103) and subsequently a Re- tion, the group pointed out the importance of determining the search Task Group (RTG) 218 were formed to methodically ex- effects of low doses in order to cope with the public health chal- amine the problem of military suicide across NATO countries lenges arising from Fukushima-type accidents or malevolent and to summarize current best practices in military suicide pre- dispersion of radioactive materials, e.g., “dirty bombs”. vention. Its members, based on group consensus, generated a In practice, the group optimised diagnostic tools using multi-­ number of key recommendations for NATO leadership. parametric biological dosimetry (cytogenetics, haematology, This executive summary serves as a quick reference guide to proteomics and genomics). Aiming at augmented efficiency, the highlight the individual recommendation areas provided in the group progressed from the traditional concept of dose biomark- NATO RTG HFM-218 (Military Suicide) Technical Report but ers (biological estimation of total irradiation dose received) to represents a uniform program of action. All of the recommenda- that of biomarkers of effects and damage with an eye towards tions detailed in the report need to be incorporated into a nation- both the victims’ diagnosis and prognosis. It improved the treat- al military policy on suicide prevention. Countries that do not ment of the radio-induced haematology syndrome (high total have a policy in place are encouraged to first develop a strategic doses) and contributed to the Food and Drug Administration’s framework, to subsequently implement a national military sui- approval of the use of a haematopoietic growth factor, filgras- cide prevention strategy, and to systematically evaluate its fu- tim, to rapidly treat victims exhibiting haematological failure. ture potential impact. Countries that have a policy in place are Cell and gene therapy tools have been developed, in particular encouraged to review the recommendations described here to using mesenchymal stem cells from adipose tissue, to treat the identify gaps and to strategize ways in which to respond in a cutaneous radiological syndrome (very high localised doses); timely and systematic manner. It is important to note that while relevant study models of the effects of low doses were also de- increased attention is currently being paid to military suicide veloped. All the scientific results obtained by HFM-222 have prevention, there continues to be a lack of evidence-based prac- not reached the same level of technological maturity; these re- tices for reducing suicide deaths among military service mem- sults involve almost 70 international publications. Several mod- bers. Thus, the recommendations provided in the Technical Re- elling tools applied to various aspects of radiological damage port are based on the consensus opinion of the RTG HFM-218 are very useful – biodosimetry and triage software applications panel and their understanding of the emerging international are operational and deployable, including Mobile-FRAT scientific literature on the topic of military suicide prevention. (First-responders Radiological Assessment Triage). A survey of NATO RTG HFM-218 recommendation areas: the capacities of HFM-222 members’ biodosimetry laboratories and of their technological competence was conducted. Finally, • Surveillance of Military Suicide Deaths and Attempts; a table-top exercise has enabled the group to arrive at a rapid and reliable diagnosis and prognosis involving 200 medical cas- • Suicide Death Investigations and Classifications; es of externally irradiated victims based on clinical signs and symptoms, and on haematology parameters. • Mental Health Policies;

The ongoing development of powerful cell and molecular biol- • Reduction of Harmful Use of Alcohol; ogy techniques, as well as sophisticated biomathematical mod- • Multicomponent Interventions; els, explain the extension of the work of HFM-222 in the con- text of a new RTG to last for three years in order to continue to • Program Evaluations; anticipate the triage of irradiated and contaminated victims and to make their medical management more effective. • Mental Fitness;

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• Awareness Campaigns about Mental Health and Stigma Re- Dieser TR ist noch nicht allgemein zugänglich, da es noch einer duction; formalen Abschlussbearbeitung bedarf. Bei Interesse kann das vollständige Dokument als Prerelease bei Flottillenarzt Priv.- • Access to Care; Doz. Dr. Sammito (Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr, Sachgebiet VI 3.3, E-Mail: [email protected] an­ • Gatekeeper Training Programs; ge­fordert werden. • Crisis Helplines for Military Personnel;

• Delivery of Evidence-Based or Evidenced-Informed Suicide Executive Summary Prevention Practices; Children in military families experience stressors associated with military life that may affect every stage of their lives and • Continuity of Care and Engagement in Aftercare; disrupt normal development. Family separations due to deploy- ments or other militaryrelated duties, for instance, have been • Reducing the Mental Health Gap; shown to be stressors for military families. Negative outcomes • Targeted Suicide Prevention Training for Primary and Spe- include higher levels of internalizing behaviour and psycho- cialty Care Providers; pathological symptoms, decreased academic performance, in- tense feelings of sadness, loneliness, abandonment and anger, • Limiting Access to Lethal Means; and acting-out behaviours. Poor child well-being will likely negatively impact the wellness of the military family and, ulti- • Postvention: Management of Suicide-Related Events; mately, affect the operational readiness of the serving member. Nonetheless, very little research has been conducted in this • Responsible Media Reporting on Military Suicide; area. • Research on Military Suicide Prevention; and This technical report is a detailed summary of the findings of the NATO HFM RTG-258, The Impact of Military Life on Chil- • Military Culture of Caring for the Fallen Service Member. dren from Military Families (January 2015 to January 2018), In accordance with the World Health Organization 2015 report, which involved nineteen representatives from NATO countries Preventing Suicide: A Global Imperative, the RTG HFM-218 and partners. The objectives of the NATO working group were Technical Report underscores that military suicide prevention (1) to review the literature and identify key questions and issues must be recognized globally as a top-priority public health is- related to the impact of military life on children from military sue. This report’s objectives are threefold: families; (2) to develop a universal framework for well-being of children in military families and to operationalize the term To disseminate knowledge about current military suicide sur- well-being in this context; (3) to identify differences and simi- veillance across countries; larities in the well-being of children from military families To promote a global strategy for systematic, standardized, and across different nations as a function of programs available in continuing military suicide surveillance efforts; and these nations; and (4) to promote and serve as a form for active To contribute to the understanding, further examination, devel- collaboration (e.g., survey development, metrics to guide future opment, and dissemination of best practices in military suicide work). prevention. The report is divided into eight chapters. This multinational collaboration is an important first step to- wards promoting a global public health strategy for combating Civilian child well-being, military suicide. A new task group, RTG HFM-277 (Leadership military child well-being, Tools for Suicide Prevention), has been formed to continue this international effort. development of universal child from military families’ model, program reviews, and STO-TR-HFM-258 (PRERELEASE) measurement assessments Impact of Military Life on Children from Mili- were discussed in detail. tary Families After reviewing the literature and evaluating existing programs Erscheinungsdatum: Juni 2018 (Prerelease) and frameworks, the report discusses key findings, recommen- Chair: Dr . Alla Skomorovsky dations for military organizations, limitations of the current Directorate Military Personnel Operational Research working group, and future research recommendations. and Analysis The results of NATO HFM RTG-258 provide researchers with Ottawa (Canada) a framework of child well-being tailored to the military context, Beteiligte Nationen: 12 which will help and service providers identify chil- Deutsches RTG-Mitglied: Dr . phil. Antje Heike Bühler dren at risk and the most effective ways of providing support to Psychotraumazentrum der Bundes­ children in military families. The outputs of this group should wehr am Bundeswehrkrankenhaus enhance NATO’s military preparedness by addressing the Berlin well-being concerns of military families.

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Aktuelle Research Task Groups (RTG) RTG-HFM-281 Im Folgenden werden ausgewählte RTG des STO HFM-Panel Personalized Medicine in Mental Health and kurz vorgestellt. Das jeweilige vollständige Projektdatenblatt Performance steht unter www.sto.nato.int (Auswahl: „Activities -> Ongoing Start: 2018 End: 2021 Status: Planning Ativities“) zur Verfügung. Objectives: The main objective is to harness and encourage Weitergehende Informationen (z. B. Mitwirkung in einer RTG, new advances in personalized approaches to optimize: 1) men- Kontakt zu RTG-Mitgliedern usw.) können bei Flottillenarzt tal health, including ensuring medical readiness, prevention/di- Priv.-Doz. Dr. Sammito (Kommando Sanitätsdienst der Bundes­ agnosis/treatment of disorders, and return to duty; and 2) men- wehr, Sachgebiet VI 3.3, E-Mail: sto-hfm-deu@bundeswehr. tal health aspects related to military-relevant mission perfor- org) eingeholt werden. mance. RTG-HFM-285 RTG-HFM-298 Speech Understanding of English Language in Native and non-Native Speakers/Listeners in Injury thresholds of high power pulsed radiofre- NATO with and without Hearing Deficits quency emissions Start: 2018 End: 2021 Status: Active Start: 2018 End: 2021 Status: Active Background (Part): Acoustic communication (Speech and Objectives: 1) Coordinate and leverage multinational trans-At- hearing) is one of the most important abilities for soldiers to lantic scientific knowledge for the identification of the potential perform their tasks. Misunderstandings can cause fatal acci- for injury to military personnel exposed to novel emerging mil- dents or lead to errors in decision making. Within NATO coali- itary technologies employing RF. tions, communications take place between native and non-na- 2) Identify gaps through a review of published data and com- tive English-Speakers and English-Listeners. Communicating puter modeling that will provide direction for future research. in a non-native language between speakers and listeners with 3)Develop guidance for assessing injury from emerging techno- even the best of language skills can be difficult, severely detori- logies. ated by soldiers with a certain amoungt of hearing loss. Objectives (Part): The RTG will define standards for acoustic communication based on a soldier’s linguistic and hearing abi- RTG-HFM-303 lities. NATO must therefore analyze this risk area to identify, mitigate, and optimize potential threats to communication that Impact of Gender Variation on Casualty Treat- will resolve NATO army abilities to exchange information wi- ment and Training thout errors. To address this problem, operational military spe- Start: 2017 End: 2020 Status: Planning cific speech tests need to be developed for cross-examination Background (Part): As of 2014, between 11 % and 14.6 % of across all participating NATO nations. Such operational speech active-duty military force was comprised of females. Although tests delivered in typical military noise environments are supe- women have typically been excluded from combat roles in the rior to standard speech tests performed in quiet or white noise past, females played a prominent role in conflicts over the past settings in their ability to identify specific risk areas of commu- ten years. Data from literature show that military female casu- nication failure. alties are far more likely to die after wounds than males, in con- trast with civilian reports of females demonstrating higher sur- RTG-HFM-283 vival rate than males with comparable injury. In fact, data from the US Joint Theatre Trauma Register showed that female casu- alties presented with a greater proportion of abdominal injuries, Reducing Musculo-Skeletal Injuries and tended to have more chest injuries than their male counter- Start: 2017 End: 2020 Status: Active part who survived. Specifically, in a study of sucking chest Background (Part): Human Performance is impaired by mus- wounds and other traumatic chest injuries, data showed that culoskeletal injuries (MSI). MSI can affect all military person- when assessed by gender, the Needle Chest Decompression nel but are a particular hazard for new recruits. MSI include procedure had a higher success rate in males than females. muscle pain resulting in days lost training through to stress frac- Objectives: The main objective is to enhance training of mili- tures resulting in medical down-grading or medical discharge. tary medical personnel in the treatment of female casualties in The NATO military community recognizes MSI as a significant order to increase the probability of survival in the battlefield, by problem. means of improving gender-specific modelling and developing Objectives: The objective of this RTG is to focus on primary an effective simulation. Such enhanced capability should sup- preventive measures to reduce MSI by: a) promoting the sha- port current training objectives of casualty care in Program of ring of information among participating nations b) identifying Instruction (POI) worldwide. Taking into account that current the causes and associated risk factors for MSI c) identifying models are primarily male-centric, there is a specific and genu- existing and novel strategies/technologies which may reduce ine need to develop anatomically and physiologically correct the injury burden d) linking to other on-going STO-activities female simulation-based models.

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Mitteilungen der DGWMP e. V.

Geburtstage Oktober 2018 Dr. med. dent. Bernd Merkel Admiralarzt a. D. Wir gratulieren zum 80. Geburtstag und älter: Goethestraße 16, 26434 Wangerland-Hohenkirchen 25.10.1938 Dr. med. Dieter Bielenberg Dr. med. dent. Helmar Müller-Pfaff Oberstabsarzt d. R. Oberstarzt a. D. Theodor-Fontane-Straße 9, 26131 Oldenburg 29.10.1933 Tegelbergstraße 3, 87629 Füssen 01.10.1932 Dr. rer. nat. Heinrich Woog Dr. med. dent. Hartmut Haferkamp Oberfeldapotheker d. R. Flottillenarzt a. D. Lindenstraße 6, 69514 Laudenbach 29.10.1938 Lainsteiner Straße 16, 56736 Kottenheim 04.10.1938 Dr. med. Karsten Ewert Michael Witt Generalarzt a. D. Oberstapotheker a. D. Widenmayerstraße 22, 80538 München 30.10.1937 Liegnitzstraße 1, 53721 Siegburg 04.10.1933 Wir gratulieren zum 75. Geburtstag: Dr. med. dent. Claus Kekow Prof. Dr. med. Ladislaus Szinicz Flottillenarzt a. D. Oberstarzt a. D. Kamphuser Weg 35, 26817 Rhauderfehn 06.10.1938 Kreuzweg 29, 82131 Stockdorf 03.10.1943

Peter Mengeling Dr. med. Bernhard Häfner Oberstabsapotheker d. R. Generalstabsarzt a. D. Birkenstraße 17, 55218 Ingelheim 08.10.1934 An der Wicke 5, 53347 Alfter-Gielsdorf 17.10.1943 Dr. med. Heinz-Peter Weibel Dr. med. Reinhold Korbanka Oberstarzt a. D. Oberstabsarzt d. R. Elisabethstraße 8a, 32756 Detmold 23.10.1943 Robert-Koch-Straße 33, 75015 Bretten 13.10.1928 Wir gratulieren zum 70. Geburtstag: Dr. med. Dr. med. Hans Althaus Oberstabsarzt d. R. Dr. med. Gerhard Aumann Schillerstraße 8, 50968 Köln 16.10.1937 Oberfeldarzt d. R. Weidenweg 8, 86424 Dinkelscherben 04.10.1948 Klaus-Peter Engelhardt Dr. med. Lutz Bandekow Oberstapotheker a. D. Generalarzt a. D. Wiedring 26, 53913 Swisttal-Buschhoven 18.10.1938 Hardenburgstraße 17, 67122 Altrip 31.10.1948 Dr. phil. Franz-Joachim Lemmens Die Veröffentlichung erfolgt ausschließlich aufgrund vorlie- a. D. gender Einverständniserklärung gem. der neuen EU-Daten- Shukowstraße 30, 04347 Leipzig 22.10.1932 schutz-Grundverordnung (DSGVO) vom 25. Mai 2018.

Wehrmedizinische Monatsschrift Redaktion: Oberstarzt a. D. Dr. med. Peter Mees, Baumweg 14, 53819 Neunkirchen-Seelscheid, Telefon: +49 2247 912057, E-Mail: [email protected]

Herausgeber: Kommando des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Presse- und Informationszentrum des Sanitätsdienstes der Bundeswehr im Auftrag des Inspekteurs/der Inspekteurin des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Von-Kuhl-Straße 50, 56070 Koblenz, Telefon: +49 261 896 13210, E-Mail: [email protected]

Wissenschaftliche Beratung: Die Begutachtung von Original- und Übersichtsarbeiten sowie Kasuistiken im Rahmen des Peer-Review-Verfahrens erfolgt durch in dem Fachgebiet des jeweiligen Beitrags wissenschaftlich ausgewiesene Expertinnen und/oder Experten, die – dem Einzelfall entsprechend – in Abstimmung zwischen Redaktion und Herausgeber ausgewählt und beauftragt werden.

Verlag: Beta Verlag & Marketinggesellschaft mbH, Celsiusstraße 43, 53125 Bonn, Telefon 02 28/9 19 37 - 10, Telefax 02 28/9 19 37 - 23, E-Mail: [email protected]; Geschäftsleitung: Heike Lange; Objektleitung: Peter Geschwill; Produktionsleitung: Thorsten Menzel. Druckvorstufe: PIC Crossmedia GmbH, Langenfeld. Druck: Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienst- leistungen der Bundeswehr (BAIUDBw), Zentraldruckerei Köln/Bonn. Rechtliche Hinweise: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro- verfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Internet: Autorenhinweise sind unter www.sanitaetsdienst-bundeswehr.de und www.wehrmed.de abrufbar. Die Zeitschrift steht auch als PDF-Datei unter www. sanitaetsdienst-bundeswehr.de zur Verfü- gung.

Alle namentlich gezeichneten Beiträge – soweit sie nicht ausdrücklich mit einem * gekennzeichnet sind – geben die persönlichen Ansichten der Verfasserin, des Verfassers oder der Verfasser wieder. Sie entsprechen nicht unbedingt den Auffassungen der Redaktion oder des Herausgebers. Manuskriptsendungen an die Redaktion erbeten. Erscheinungsweise mindestens acht mal im Jahr. Die aktuellen Bezugspreise sind zu fi nden unter: www.beta-publishing.com/publikationen. Für Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. ist der Bezug der Zeitschrift im Mitgliedsbeitrag enthalten. Sanitätsoffi ziere der Bundeswehr, die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. sind, erhalten die „Wehrmedizinische Monatsschrift“ über ihre Dienststellen.

Wehrmedizinische Monatsschrift 62 (2018), 9/2018 A4_49.Kongress_Ankuendigung.indd 1

Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V., Bereichsgruppe SÜD Oberstarzt Prof. Dr. Ralf Vollmuth WISSENSCHAFTLICHE LEITUNG Oberstarzt a.D. Johann Foyse TAGUNGSPRÄSIDENT

49. Verantwortung - - Facetten besonderer in unserer Gesellschaft Der SanitätsdienstderBundeswehr für Wehrmedizin& Wehrpharmazie e. V. MARITIM Hotel,CONGRESSCENTRUM 25. -27.Oktober2018, Würzburg

Kongress derDeutschenGesellschaft Weitere Informationen / Anmeldung zumKongress: www.dgwmp.de

Tel.: 089/784407 [email protected] und Poster biszum30.Juni 2018: wissenschaftlicher VorträgeAnmeldung

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