Seite 1 DONAU-BOTE Dienstag, 20. Januar 2009

wahl kandidierte und 1979 nach Straßburg umsiedelte, hatte der CSU-Politiker zwischenzeitlich Beiträge zur den Landtags- mit dem Bundes- berichteten im nationalen Parla- tagssessel getauscht. Den großen Zeitgeschichte ment, sofern dieses Interesse zeig- „Europa-Kongress“ 1979 der Jun- te. Nicht zuletzt deshalb glaubte gen Union in Nürnberg hatte er Von Dr. Klaus Rose man, mit einer „Direktwahl“ mehr aber noch vorbereitet, als dessen Bedeutung und mehr Rechte er- Hauptredner auf dem Marktplatz langen zu können. Direkt gewählt Franz Josef Strauß die „Vision Eu- Die Europawahl als wurden allerdings nicht die Abge- ropa“ ausbreitete. ordneten, sondern die Parteilisten, Ähnlich wie heute wurde um die auf denen die Bewerber standen. Reihenfolge auf den Parteilisten Gesundbrunnen der CSU? Aber sie wurden ab 1979 nicht hart gerungen. Volkmar Gabert mehr von den Parlamenten abge- war bei der bayerischen SPD na- Vor genau dreißig Jahren wurde die Bevölkerung zum ersten Mal ge- ordnet, sondern vom Volk gewählt. türlich unumstritten, doch diese Dr. aus Passau wurde beten, direkt an der Zusammensetzung des Europäischen Parlaments wurde in die Gesamt-SPD einge- der erste Niederbayer im direkt ge- mitzuwirken. Das Jahr 1979 war dabei ein ähnliches „Schicksalsjahr“ Die erste „europäische bettet, die von keinem Geringeren wählten Europäischen Parlament. wie jetzt das Jahr 2009. Denn kurz vor der Europa-Wahl wurde mit Direktwahl“ 1979 in Bayern als ab 1979 im Euro- und trotz der sozialliberalen Koalition unter Bundeskanz- In Bayern erkannten die beiden päischen Parlament repräsentiert dass immer mehr Parteigruppie- ler (SPD) nach (SPD) und Walter damaligen großen Parteien die war. Da konnte und wollte die CSU rungen einen Wechsel von Franz Scheel (FDP) wieder ein Vertreter der Unionsparteien zum Bundesprä- Bedeutung der ersten Direktwahl. selbstverständlich nicht zurück- Josef Strauß aus der harten Op- sidenten gewählt. Das war ein hart erkämpftes Signal für die Europa- Die Landtagsfraktionen von CSU stehen. Vom Deutschen Bundes- positionsarbeit in Bonn auf den wahl und wurde auch als „Zeichen“ für die Bundestagswahl im Jahr und SPD beriefen „Beauftragte tag waren schon nach der Wahl prestigeträchtigen Stuhl des 1980 gewertet. Entsprechend einsatzfreudig hatte auch die bayerische für die Direktwahl“. Deren Aufga- 1976 die Abgeordneten Heinrich bayerischen Ministerpräsidenten CSU bei den Entscheidungen mitgekämpft. be war, die Öffentlichkeit auf das Aigner aus der Oberpfalz, Hans wünschten. Der beliebte und seit Ereignis vorzubereiten und mit August Lücker aus Schwaben und fast sechzehn Jahren amtierende Die europafreundliche Stimmung allem bei Franz Josef Strauß – die des europäischen Einigungspro- vielen Veranstaltungen oder Po- Karl Fuchs aus Niederbayern ent- Ministerpräsident war in den 1970er Jahren nicht flä- gewünschte deutsche Wiederver- zesses gab es schon seit 1952. Da diumsdiskussionen für nationalen sandt worden. Dieses Trio hatte musste „weggelobt“ werden. Mit chendeckend verbreitet. Zwar hat- einigung nur in einem europäi- hatte sich die erste Europäische Schwung zu sorgen. Das Bundes- seine weiteren Interessen angemel- ihm sowie mit dem „Kaiser-Sohn“ te der Fernsehstar Hans-Joachim schen Rahmen gesehen wurde. Gemeinschaft für Kohle und Stahl tagswahljahr 1976 wähnte man det. Doch waren sie als Listenan- Otto von Habsburg, in den 1970er Kulenkampff mit seiner Sendung Beispielsweise mit der verbreitet gebildet, die „Montanunion“. Aus als besten Werbeträger, weshalb führer geeignet? Konnten sie die Jahren von den Linken genüsslich „Einer wird gewinnen“ in begeis- publizierten Forderung „Schlesien deren Mitgliedsländern Benelux ab diesem Jahr die beiden „Be- Bevölkerung mitreißen und vor gesuchtes Angriffsziel, hoffte man terungsfähiger Weise über die ist unser“ galt für die Antwort die und Frankreich und dann auch auftragten“ tätig wurden. Für die allem den Gedanken „Europa“ at- „die Attraktion“ gewonnen zu Grenzen geschaut. Doch wenn es Zauberformel, die deutsche Fra- aus Italien sowie seit den „Römi- SPD war es deren bayerischer Spit- traktiv unter die Leute bringen? haben. Doch bald hatte man den darauf ankam, dann herrschten ge werde in einem europäischen schen Verträgen“ von 1957 mit der zenpolitiker Volkmar Gabert, für Guter Rat war damals eben so teu- tödlichen Wahlspruch gefunden: starke nationale Gefühle vor. Weit Kontext gelöst. Einerseits war also zusätzlichen Europäischen Wirt- die CSU ein Vertreter der jungen er wie heute. „Hast Du einen Opa, dann schick schauende Politiker in allen Par- „Europa“ eine Vision, andererseits schaftsgemeinschaft (EWG) auch Generation, nämlich der Vorsitzen- ihn nach Europa“. Das galt na- teien sahen jedoch im Angesicht befürchtete man von Anfang an aus der Bundesrepublik Deutsch- de des Arbeitskreises für Außen-, „Hast Du einen Opa, türlich für alle Parteien, die „ent- der sowjetischen Bedrohung die die Aufgabe nationaler Rechte. land, wurden „Abgeordnete“ ent- Deutschland- und Europapolitik schick ihn nach Europa“ sorgen“ wollten. Aber in Bayern einzige Chance für Frieden und sandt oder besser gesagt, Reprä- der Jungen Union Bayern, Klaus CSU-Generalsekretär Gerold braute sich eine echte Gefahr für Freiheit im Zusammenschluss zu Europäischer sentanten abgeordnet. Zu melden Rose, der damals Mitglied des Tandler dachte zunächst an er- die CSU zusammen. Umgekehrt einem „größeren Europa“. Bei den Einigungsprozess ab 1952 hatten diese praktisch nichts. Sie Bayerischen Landtags war. Wäh- fahrene und auch an junge Kan- bot die Landtagswahl im Herbst Deutschen kam dazu, dass – vor Eine parlamentarische Begleitung fungierten als Beobachter und rend Gabert dann für die Europa- didaten. Dann kam ihm zugute, 1978 nochmals die Chance einer Orientierung – und diese wurde Gelingt 2009 ein neuer vom neuen Kandidaten Strauß „Großer Sprung“? durchaus genutzt. Zwar nicht ganz Die CSU hatte fortan „Europa“ so gut wie 1974 Goppel, aber doch als Entwicklungshilfe oder als mit rund 58 Prozent konnte eine Gesundbrunnen zwischen den neue CSU-Ära in Bayern eingeläu- Landtags- oder Bundestagswahlen tet werden. Das Auftrumpfen für betrachtet. Mit der Doppelstrate- Europa – und vorher, wie erwähnt, gie von “Pro und Kontra Europa“ für die Bundespräsidentenwahl – zog sie genug Aufmerksamkeit auf war die erste Duftmarke in der Ära sich, 1989 nur gefährdet durch die Strauß. plötzlich aufgetauchten „Republi- Die Kandidatenliste der CSU kaner“ um den Journalisten Franz für Europa wurde nach bewähr- Schönhuber. Weder SPD noch tem Prinzip zusammengestellt: FDP oder auch „Grüne“ hatten bekannter Listenanführer, regi- nur annähernd so viel Erfolg. Dass onaler Proporz, Erfahrung und sich der Chef von acht bis zehn Ab- Jugend sowie – erstmals wichtig geordneten „Landesgruppenvor- – Frauen, das war die Zauberfor- sitzender“ nannte, mag hochtra- mel. Tatsächlich gelang es, 1979 bend geklungen haben. Doch mit acht Vertreter der CSU in das neue Ursula Schleicher und jetzt Ingo Europäische Parlament zu entsen- Friedrich waren immerhin auch den. Neben Goppel und Habsburg, Vizepräsidenten des Parlaments welcher nur einen hinteren Platz vorhanden. Inzwischen ist auch hatte, zogen die „Alt-Parlamenta- eine klare Verjüngung möglich rier“ , Karl Fuchs geworden – und ob die Strauß- und Hans August Lücker sowie Tochter Monika Hohlmeier nun als Nachwuchs , für „Pro oder Kontra“ sorgt, ist und Ursula Schlei- ohne Belang. Die CSU ist wieder in cher ein. Dem aus Empertsreuth aller Munde. Der neue Parteivor- im Landkreis Wolfstein stammen- sitzende Horst Seehofer kann bald den und in Passau-Grubweg be- sein erstes Wahl-Meisterstück lie- heimateten Studienprofessor Karl fern, der neue CSU-Generalsekre- Fuchs war es also gegönnt, der tär Karl-Theodor zu Guttenberg erste Europaabgeordnete aus Nie- zumindest besser abschneiden als derbayern in einer Volkswahl zu seine Vorgängerin. Es wird sich werden. 1966 war er in den Baye- herausstellen, ob die CSU schon rischen Landtag gewählt worden, durch „Europa“ gesundet. Die an- 1969 in den Deutschen deren Parteien in Bayern haben und 1979 in das Europäische Par- jedenfalls bisher keine typisch bay- lament. Später folgten ihm die Nie- erische Wahlarithmetik gefunden. derbayern Günther Müller, Franz Xaver Mayer und jetzt Manfred Weber nach.