Kathleen Driefert (Tel. 0511 9898-1614), Rita Hoffmeister (Tel. 0511 9898-3164) Regionale Unterschiede im Alkoholkonsum von Jugendlichen

Das Thema „Jugendliche und Alkohol“ wird in den letz- sen Fällen aber immer um einen willentlichen Alkoholkon- ten Jahren in den Medien viel diskutiert und als gesell- sum gehandelt hat, kann nicht gesagt werden. Es kann schaftliches Problem angesehen. Es wird in der Öffent- auch davon ausgegangen werden, dass in vielen Fällen lichkeit regelmäßig über „Koma saufen“ von Jugendlichen ein versehentlicher Alkoholkonsum die Ursache der Kran- berichtet. Durch die Krankenhausstatistik stehen Anga- kenhausbehandlung war. Bei den 11- und 12-Jährigen ben über die Anzahl der Behandlungen im Krankenhaus treten vermehrt Einzelfälle auf, bei den 13-Jährigen steigt wegen zu hohem Alkoholkonsum zur Verfügung. die Zahl weiter an, bleibt aber in Niedersachsen in jedem der betrachteten Jahre im zweistelligen Bereich. Die Zahl Im folgenden Beitrag wird die Zahl der alkoholbedingten der alkoholbedingten Krankenhausbehandlungen steigt Krankenhausbehandlungen von Jugendlichen untersucht. dann bei den 14-Jährigen stark an und erreicht in jedem Des Weiteren wird auf die regionalen Unterschiede von Jahr zwischen 2003 bis 2007 dreistellige Werte. Alkoholmissbrauch von Jugendlichen eingegangen. Es wer- den Ergebnisse für die einzelnen Bundesländer und spe- Dabei ist zum einen festzuhalten, dass sich die Zahl zwi- ziell für die niedersächsischen Landkreise und kreisfreien schen den Mädchen und Jungen in den einzelnen Alters- Städte über den Zeitraum von 2003 bis 2007 vorgestellt. jahren der unter 15-Jährigen kaum unterscheidet. Zum anderen wird deutlich, dass die Fälle von Jahr zu Jahr stetig angestiegen sind. Waren es bei den 14-jährigen Datengrundlage Krankenhausstatistik Mädchen und Jungen im Jahr 2003 noch insgesamt 179 Fälle alkoholbedingter Krankenhausbehandlungen, so sind Für die vorliegende Untersuchung von regionalen Unter- es im Jahr 2005 bereits 218 und im Jahr 2007 243 Fälle. schieden im Alkoholkonsum von Jugendlichen wurden Bei den 15- und 16-Jährigen steigt die Zahl vor allem bei über das Forschungsdatenzentrum der Statistischen Lan- den männlichen Jugendlichen weiter stark an und nimmt desämter Mikrodaten aus der Krankenhausstatistik (Teil bei den 17- und 18-Jährigen wieder etwas ab, bleibt aber 2, Diagnosen) für den Zeitraum von 2003 bis 2007 auf auf einem hohen Niveau. Kreisebene ausgewertet.

Nach der ICD 10 (Internationale statistische Klassifikation Ballung der Fälle bei den 15- bis unter 20-Jährigen der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision) wird die Einlieferung ins Krankenhaus nach Um möglichst aussagefähige Ergebnisse erzielen zu kön- einem „Alkoholmissbrauch" mit F10.0 „Akute Intoxikati- nen, die nicht durch zufällige Schwankungen verzerrt sind, on" codiert. Unter dieser Diagnose ist „ein Zustandsbild wurden alle Fälle alkoholbedingter Krankenhausaufenthal- nach Aufnahme einer psychotropen Substanz mit Störun- te für den 5-Jahreszeitraum von 2003 bis 2007 zusam- gen von Bewusstseinslage, kognitiven Fähigkeiten, Wahr- mengefasst und zur Bevölkerung der entsprechenden Al- nehmung, Affekt und Verhalten oder anderer psychophy- tersklasse in Beziehung gesetzt. Abbildung 1 zeigt die Fäl- siologischer Funktionen und Reaktionen …“ zu verste- le alkoholbedingter Krankenhausbehandlungen je 100 000 hen. Die Auswertung der Fälle erfolgte nach dem Wohn- Einwohner der entsprechenden Altersklasse im Durch- ort des Patienten. In der Auswertung sind alle vollstatio- schnitt der Jahre 2003 bis 2007. när versorgten Behandlungsfälle enthalten, d.h. es wer- den sowohl die Fälle mit einbezogen, die über Nacht im Ein Vergleich der Zahlen von Gesamtdeutschland und Nie- Krankenhaus bleiben, als auch die so genannten Stunden- dersachsen zeigt, dass kaum Unterschiede zu finden sind. fälle, die am Tag der Aufnahme das Krankenhaus auch Die Verhältnisse in Niedersachsen entsprechen in etwa dem wieder verlassen. deutschen Durchschnitt. Ein Vergleich der Geschlechter sowohl in Niedersachsen als auch in Deutschland bringt jedoch deutliche Unterschiede an den Tag. Sind die alko- Krankenhausbedingte Alkoholbehandlungen in den holbedingten Krankenhausaufenthalte bei den 14-Jähri- einzelnen Altersjahren gen noch fast gleich verteilt, geht die Schere zwischen den Geschlechtern schon bei den 15-Jährigen stark aus- In einem ersten Schritt wurde die Anzahl der Kranken- einander und verschwindet auch nicht mehr bei den älte- hausbehandlungen je Altersjahr betrachtet. Bereits bei den ren Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die meisten unter 11-Jährigen treten in Niedersachsen vereinzelt Fälle Fälle bei Jungen treten im Alter von 16 Jahren auf. Bei auf, bei denen Kinder aufgrund einer akuten Intoxikation den Mädchen überholen die 15-Jährigen die 16-Jährigen in ein Krankenhaus eingeliefert wurden. Ob es sich in die- nur knapp. Auffällig ist, dass es kaum einen Unterschied

8 Statistische Monatshefte Niedersachsen 1/2010 1. Fälle alkoholbedingter Krankenhausbehandlungen je 100 000 Einwohner - Durchschnitt 2003 bis 2007 - Fälle je 100 000 Einwohner der entsprechenden Altersklasse 600

Deutschland, männlich Niedersachsen, männlich 500 Deutschland, weiblich Niedersachsen, weiblich

400

300

200

100

0 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 Altersjahre

zwischen den Jugendlichen gibt, die nach dem Gesetz- deren Bundesländern zeigen sich jedoch deutliche Abwei- geber bereits alkoholische Getränke kaufen und verzeh- chungen zu diesem Durchschnitt. Den ersten Platz belegt ren dürfen und denen, die es noch nicht dürfen. Es scheint das Saarland mit 455 Fällen. Die letzte und gleichzeitig sich eher so zu verhalten, dass Jugendliche Zugang zu beste Platzierung belegt Hamburg mit 107 Fällen. Auch Alkohol bekommen, wenn sie dies wollen, egal ob sie Berlin und belegen als Stadtstaaten hintere und bereits dürfen oder nicht. Trinken bis zur Besinnungslo- damit bessere Ränge. Auf den vorderen Plätzen finden sigkeit nimmt bei Jugendlichen im Alter von 18 und 19 sich mit dem Saarland, Bayern, Rheinland-Pfalz und Ba- Jahren ab. D.h. in einem Alter, in dem neben Bier und den-Württemberg ausschließlich süddeutsche Bundeslän- Wein auch jeglicher anderer Alkohol legal konsumiert der. Auf den hinteren Rängen sind neben den Stadtstaa- werden kann, haben viele Jugendliche bereits Erfahrun- ten hingegen ausschließlich Ostdeutsche Bundesländer zu gen mit exzessiven Trinkgelagen gemacht und scheinen finden. Im Mittelfeld platzieren sich die west- und nord- erfahrener im Umgang mit den eigenen Grenzen. deutschen Länder, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Hessen. Es zeigt sich hier ein deutliches Süd-West-Ost-Gefälle, welches vorab vielleicht Große Unterschiede zwischen den Bundesländern nicht vermutet worden wäre.

Wie die Abbildung 1 zeigt, treten alkoholbedingte Kran- Mit diesen Zahlen kann jedoch nicht zweifelsfrei darauf kenhausbehandlungen am häufigsten bei den 15- bis un- geschlossen werden, dass Jugendliche im Süden Deutsch- ter 20-Jährigen auf. Daher wird diese Altersklasse im Fol- lands einen leichteren Zugang zu Alkohol haben und genden näher untersucht. Zunächst werden die Behand- auch mehr und exzessiver trinken als im Osten. Die auf- lungsfälle in der entsprechenden Altersklasse nach Bundes- gelisteten Fälle beschreiben nur die Zahl der Krankenhaus- ländern gegliedert, betrachtet. Hierzu wurden die alko- einlieferungen aufgrund von Alkoholmissbrauch, d.h. die holbedingten Krankenhausbehandlungen im Durchschnitt gemeldeten und behandelten Fälle. Wie der Alkoholkon- der Jahre 2003 bis 2007 je 100 000 Einwohner der 15- sum in seiner Regelmäßigkeit und Stärke tatsächlich in den bis unter 20-Jährigen berechnet. Die Ergebnisse sind in einzelnen Bundesländern aussieht, darüber kann keine ein- Abbildung 2 ersichtlich. deutige Aussage getroffen werden. So ist zum Beispiel nicht auszuschließen, dass die sozialen Strukturen in den Deutschlandweit gab es im Durchschnitt 317 alkoholbe- Regionen unterschiedlich geprägt sind, d.h. in manchen dingte Krankenhausaufenthalte von 15- bis unter 20-Jäh- Regionen wird vielleicht eher ein Notarzt gerufen als in rigen je 100 000 Einwohner. Niedersachsen entspricht mit anderen, wo zunächst andere Hilfestellungen innerhalb 314 Fällen fast diesem Bundesdurchschnitt. Bei vielen an- des familiären oder sozialen Umfeldes ergriffen werden.

Statistische Monatshefte Niedersachsen 1/2010 9 2. Fälle alkoholbedingter Krankenhausbehandlungen von 15- bis unter 20-Jährigen - Durchschnitt 2003 bis 2007 - Fälle je 100 000 Einwohner der 15- bis unter 20-Jährigen 500

450

400

350 Deutschland 300 Gesamt = 317 250

200

150

100

50

0

d n g n n n n n n lt n n g g n er falz er se ei le se se r a e ur rlin ur rla ay -P ch lst fa ch es nh eme ing b Be aa B d emb sa o est a H mme -A Br ür en amb S lan rtt er -H W S po en h nd H in ü d ig n- r hs T ra he -W Nie sw ei -Vo ac B R n hle rh rg S de Sc rd bu Ba No n kle ec M

Die Zahl der behandelten Alkoholvergiftungen steht je- konstant geblieben sind. Einen Überblick darüber gibt Ab- doch Wahrscheinlichkeit nach nicht mit der Verfüg- bildung 3. Auf der X-Achse sind die Fälle alkoholbeding- barkeit und Erreichbarkeit von Krankenhäusern in Zusam- ter Krankenhausbehandlungen je 100 000 Einwohner der menhang. Denn die wenigsten Fälle sind ausnahmslos in 15- bis unter 20-Jährigen im Jahr 2003 abgetragen. Im Stadtstaaten zu verzeichnen, in denen die Infrastruktur bundesdeutschen Durchschnitt waren 232 Fälle zu ver- der ärztlichen Versorgung gut ausgebaut ist. zeichnen. Die Y-Achse bezeichnet die Veränderungsrate der Krankenhausbehandlungen von 2003 bis 2007. Im Durchschnitt stiegen die Krankenhausbehandlungen um Drei Viertel der ostdeutschen Landkreise unter dem 79 Prozent an. Jeder eingetragene Punkt in der Abbil- Durchschnitt dung entspricht einem Bundesland. Es ist ersichtlich, dass es kein Bundesland gibt, in dem die Zahl der alkoholbe- Betrachtet man die durchschnittlichen Fälle alkoholbeding- dingten Krankenhausbehandlungen von 2003 bis 2007 ter Krankenhausbehandlungen zwischen 2003 und 2007 zurückgegangen ist. Überall stiegen die Behandlungsfälle auf Kreisebene, lässt sich feststellen, dass 64 Prozent aller an. Des Weiteren ist die Veränderungsrate in der Regel westdeutschen Landkreise und kreisfreien Städte über- umso höher, je geringer die Zahl der Fälle in 2003 war. durchschnittlich viele Fälle im Vergleich zum Bundesdurch- Dies ist jedoch zum Teil durch einen Basiseffekt bedingt, schnitt zu verzeichnen haben. In Ostdeutschland weisen da die Veränderung von Absolutfällen sich umso stärker hingegen nur 25 Prozent aller Kreise überdurchschnittli- in Wachstumsraten niederschlägt je geringer das Anfangs- che hohe Werte auf. Dies bestätigt noch einmal das Ost- niveau. West-Gefälle, lässt aber auch den Schluss zu, dass es innerhalb der Bundesländer weniger starke Schwankun- gen zwischen den Kreisen gibt. Regionale Unterschiede in Niedersachsen

In der Regionalkarte werden die Behandlungen der 15- Zunahme zwischen 2003 und 2007 in allen Bundes- bis unter 20-Jährigen je 100 000 Einwohner der entspre- ländern chenden Altersgruppe im Durchschnitt der Jahre 2003 bis 2007 dargestellt. Der Karte kann entnommen werden, In Abbildung 2 wurden die alkoholbedingten Kranken- dass es in Niedersachsen erhebliche regionale Unterschie- hausbehandlungen im Durchschnitt der Jahre 2003 bis de bei der Zahl der alkoholbedingten Krankenhausbe- 2007 betrachtet. Es ist ebenfalls interessant zu sehen, ob handlungen gibt. Im Landkreis ist die Zahl die Behandlungen über die Zeit zugenommen haben oder der Krankenhausaufenthalte durch zu hohen Alkoholkon-

10 Statistische Monatshefte Niedersachsen 1/2010 3. Alkoholbedingte Krankenhausbehandlungen von 15- bis unter 20-Jährigen in 2003 und Veränderungsrate von 2003 zu 2007 Veränderungsrate von 2003 zu 2007 200

180

160

140

120

100 Deutschland 80 Durchschnitt = 0 50 100 150 200 250 300 350 400 79 % 60

40

20

0

Deutschland Durchschnitt = 232 Krankenhausbehandlungen 2003 je 100 000 Einwohner der entsprechenden Altersklasse je Bundesland

sum mit 527 Krankenhausbehandlungen je 100 000 Ein- meisten Fälle je 100 000 Jugendlichen sind in den eher wohner am größten. Im Vergleich zu Niedersachsen sind ländlich geprägten Kreisen Holzminden, , Osterode es knapp 68 Prozent mehr Fälle. Die geringste Zahl der im am Harz und () zu verzeichnen. Krankenhaus eingelieferten Jugendlichen gibt es im Land- kreis mit 109 Fällen je 100 000 Jugendlichen. Alkoholbedingte Das sind über 65 Prozent weniger Fälle im Vergleich zum Kreisfreie Stadt Krankenhausbehandlungen Landkreis (Großstadt, Umland) von 15- bis unter 20-Jährigen niedersächsischen Durchschnitt. Hieraus lassen sich be- Statistische Region je 100 000 Einwohner der reits deutlich die regionalen Unterschiede ableiten. Land entsprechenden Altersgruppe, Durchschnitt 2003 bis 2007

Des Weiteren gibt es in den Landkreisen Uelzen, Oste- , Stadt 386 rode am Harz und Nienburg (Weser) sowie der kreisfrei- , Stadt 321 en Stadt eine hohe Anzahl an Jugendlichen, , Stadt 294 die im Krankenhaus wegen zu hohem Alkoholkonsum 279 Göttingen 257 behandelt wurden. Im Süden von Niedersachsen (Land- dav. Göttingen, Stadt 243 kreise , und ) sowie im Nor- dav. Göttingen, Umland 267 den (Landkreise , und ) ist Goslar 389 der Alkoholmissbrauch ebenfalls höher. 231 Northeim 366 Osterode am Harz 469 Im Vergleich zum niedersächsischen Durchschnitt sind die 202 alkoholbedingten Krankenhausaufenthalte in den Land- Wolfenbüttel 283 kreisen , Peine, , , Statistische Region Braunschweig 311 und der Stadt Göttingen am geringsten. Auch in Region Hannover 335 den Landkreisen , und Lüchow-Dan- dav. Hannover, Landeshauptstadt 361 nenberg ist die Zahl der Krankenhausfälle deutlich unter dav. Hannover-Umland 318 318 dem Durchschnitt von Niedersachsen. Hameln-Pyrmont 329 Hildesheim 399 In einigen Städten ist die Zahl der wegen Alkoholmiss- dav. Hildesheim, Stadt 405 brauch eingelieferten Jugendlichen höher als im Vergleich dav. Hildesheim, Umland 395 Holzminden 527 zu den angrenzenden Landkreisen; und zwar in Delmen- Nienburg (Weser) 458 horst, Osnabrück, Braunschweig und Salzgitter. Allerdings Schaumburg 255 ist kein deutliches Stadt-Land-Gefälle erkennbar. Denn die Statistische Region Hannover 351

Statistische Monatshefte Niedersachsen 1/2010 11 12 Alkoholbedingte Krankenhausbehandlungen von Jugendlichen 2003 bis 2007

Cuxhaven 8 Stade Hamburg Bremerhaven Aurich

Friesland 5 Weser- marsch Harburg Lüneburg Ammerland (Wümme)

6 Bremen 4 Lüchow-Dannenberg Soltau- Uelzen Verden Fallingbostel Cloppen- burg

Emsland Diepholz Vechta Nienburg (Weser) Gifhorn Grafschaft Bentheim Hannover, Umland 3 Osnabrück 10 Peine 7 Schaumburg 1 Helm- stedt Kreisfreie Städte Wolfen- und Großstädte 11 2 Statistische MonatshefteNiedersachsen 1/2010 Hameln- büttel Pyrmont Hildesheim, Umland 1 Braunschweig 2 Salzgitter 3 Wolfsburg Holzminden Alkoholbedingte Krankenhausbehandlungen von 15- bis Goslar 4 Delmenhorst unter 20-Jährigen je 100 000 Einwohner der entsprechenden 5 Altersgruppe im Durchschnitt der Jahre 2003 bis 2007 Northeim 6 Oldenburg (Oldb) Osterode 7 Osnabrück unter 250 (9) am Harz 8 250 bis unter 300 (12) Minimum: 109 (Ammerland) 9 Göttingen 300 bis unter 350 (8) 9 350 bis unter 450 (15) Maximum: 527 (Holzminden) 10 Hannover, Ldhptst. 450 und mehr (5) Niedersachsen: 314 Göttingen, Umland 11 Hildesheim Alkoholbedingte Keine starken Zusammenhänge mit anderen Variab- Kreisfreie Stadt Krankenhausbehandlungen len feststellbar Landkreis (Großstadt, Umland) von 15- bis unter 20-Jährigen Statistische Region je 100 000 Einwohner der Land entsprechenden Altersgruppe, Mit Hilfe von Pearson’s Korrelationskoeffizienten wurde Durchschnitt 2003 bis 2007 untersucht, ob statistische Zusammenhänge zwischen der Celle 399 Anzahl alkoholbedingter Krankenhausbehandlungen und 287 anderen Wirtschafts- und Sozialindikatoren feststellbar sind. Harburg 231 Lüchow-Dannenberg 260 Pearson’s r misst den Grad des linearen Zusammenhangs Lüneburg 290 zwischen zwei Variablen im Intervall von [-1;+1], wobei Osterholz 275 Werte nahe an +1 einen positiven Zusammenhang be- Rotenburg (Wümme) 300 schreiben und Werte nahe -1 einen negativen Zusammen- Soltau-Fallingbostel 331 hang. Bei einem Wert von 0 hängen die Merkmale statis- Stade 239 Uelzen 514 tisch überhaupt nicht voneinander ab. Statistische Korre- Verden 252 lationen können jedoch nur ein erster Anhaltspunkt für Statistische Region Lüneburg 300 kausale Zusammenhänge sein. Sie sind kein zwingendes Delmenhorst, Stadt 474 Indiz dafür. Emden, Stadt 308 Oldenburg (Oldb), Stadt 368 Osnabrück, Stadt 360 Auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte Nieder- Wilhelmshaven, Stadt 373 sachsens wurden – wie die folgende Pearon’s r-Darstel- Ammerland 109 lung zeigt – Korrelationen der alkoholbedingten Kran- Aurich 350 Cloppenburg 142 kenhausbehandlungen von 15- bis unter 20-Jährigen im Emsland 204 Durchschnitt von 2003 bis 2007 berechnet. Friesland 393 Grafschaft Bentheim 419 Leer 277 Bei keinem der Indikatoren gibt es einen starken statisti- Oldenburg 415 schen Zusammenhang mit den alkoholbedingten Kran- Osnabrück 300 kenhausbehandlungen. Die höchsten aber dennoch eher Vechta 231 schwachen Korrelationen können noch bei der Bevöl- Wesermarsch 382 Wittmund 288 kerungsveränderung (- 0,49) und der Arbeitslosigkeit Statistische Region Weser-Ems 297 (+ 0,44) bzw. Jugendarbeitslosigkeit (+ 0,41) festgestellt Niedersachsen 314 werden.

Indikator Definition Pearson's r

Besiedlungsdichte Einwohner je km² am 30.06.2007 + 0,21 Bevölkerungszunahme Zu-/Abnahmerate (in Prozent) der Bevölkerung oder -abnahme 2002 bis 2007 - 0,49 Schulische Qualifikation Abiturientenquote 2007 + 0,07 Schulische Qualifikation "Schulversagerquote" 2007 + 0,02 Wirtschaftswachstum Veränderungsrate des BIP 2001 zu 2006 - 0,07 Produktivität BIP je Einwohner 2006 + 0,06 Einkommen Verfügbares Einkommen (Volkswirtschaftliche Gesamt- rechnung) der privaten Haushalte 2006 - 0,12 Arbeitslosigkeit Arbeitslosenquote 2005 (alle zivilen Erwerbspersonen) + 0,44 Jugendarbeitslosigkeit Arbeitslosenquote unter 25-Jähriger 2005 (abhängig zivile Erwerbspersonen) + 0,41 Unterstützungen durch Anzahl junger Menschen mit Hilfe zur Erziehung das Jugendamt außerhalb des Elternhauses je 10 000 Einwohner 2005 + 0,40

Statistische Monatshefte Niedersachsen 1/2010 13 Einen Bevölkerungsrückgang haben häufig wirtschafts- brauchs ins Krankenhaus eingeliefert werden, fallen auf schwache Regionen zu verzeichnen. Der statistische Zu- und erhalten daher staatliche Unterstützungen. sammenhang zwischen Bevölkerungszunahme und -ab- nahme und alkoholbedingten Krankenhausbehandlungen Mit dem verfügbaren Einkommen ist kein Zusammen- kann ein Hinweis darauf sein, dass der Alkoholmissbrauch hang feststellbar, was vermuten lässt, dass exzessiver Alko- in Regionen mit wirtschaftlichen und sozialen Problem- holkonsum nichts mit dem Wohlstand einer Person zu tun lagen höher ist. Die Wanderungszahlen beziehen sich je- hat, sondern dass Arm und Reich gleichermaßen trinken. doch auf alle Einwohner und nicht nur auf die Alters- gruppe der 15- bis unter 20-Jährigen, so dass die Aussa- Auch bei der Besiedlungsdichte ist kein klarer Zusammen- gefähigkeit eingeschränkt bleibt. hang feststellbar. Je höher die Besiedlungsdichte in einer Region desto höher ist in der Regel auch die medizinische Versorgungsdichte. Krankenhauseinlieferungen nach einer Der leicht positive Zusammenhang mit der Arbeitslosig- akuten Intoxikation scheinen also unabhängig davon zu keit deutet darauf hin, dass Jugendliche, deren Eltern ar- sein, ob man sich in einer ländlichen Umgebung oder in beitslos sind oder die selbst arbeitslos sind, stärker zu einer Stadt befindet und wie weit das nächste Kranken- einem übermäßigen Alkoholkonsum tendieren. Ähnlich haus entfernt ist. verhält es sich mit den Hilfen zur Erziehung außerhalb des Elternhauses, hier wurde ein Korrelationskoeffizient Zwischen der Art des Schulabschlusses und den alkohol- von 0,40 berechnet. Dies kann dahingehend interpretiert bedingten Behandlungen ist ebenfalls kein statistischer werden, dass Jugendliche in sozialen oder familiären Prob- Zusammenhang feststellbar. Dies deutet darauf hin, dass lemlagen häufiger zum Alkohol greifen. Der Zusammen- schulische Bildung eher keinen Einfluss auf das Verhalten hang kann aber auch in die andere Richtung interpretiert bei Jugendlichen in Bezug auf exzessiven Alkoholkonsum werden; Jugendliche, die aufgrund eines Alkoholmiss- hat.

Zusammenfassung der Ergebnisse

Regionale Unterschiede bei der Zahl der alkoholbedingten Krankenhausbehandlungen gibt es im Vergleich zwischen den Bundesländern und zwischen den niedersächsischen Kreisen. Ein hoher Alkoholmissbrauch, der mit einer Behand- lung im Krankenhaus endet, beginnt bereits vermehrt im Alter von 14 Jahren und ist bei den 15- bis 18-Jährigen am höchsten. Es gibt deutlich mehr Fälle bei Jungen als bei Mädchen. Über die Gründe für einen zu hohen Alkoholkonsum in einzelnen Regionen kann im Rahmen der vorliegenden Untersuchung kaum eine Aussage getroffen werden. Hier könnten Gemeindedaten aufschlussreich sein, genauso wie eine tiefer gehende Untersuchung von Unterschieden zwi- schen Stadt und Umland in Bezug auf das Konsumverhalten und dem Umgang mit Betroffenen von Alkoholexzessen.

14 Statistische Monatshefte Niedersachsen 1/2010