Karl C. Berger Margot Schindler Ingo Schneider (Hrsg.)
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Stofflichkeit ■ I Karl C. Berger Margot Schindler Ingo Schneider (Hrsg.) Stofflichkeit in der Kultur Karl C. Berger, Margot Schindler, Ingo Schneider (Hrsg.) Die deutsche Bibliothek - CIP - Einheitsaufnahme Stofflichkeit in der Kultur. Referate der 26. Österreichischen Volkskundetagung vom 10.-13. November 2010 in Eisenstadt / im Auftrag des Österreichischen Fachverbands für Volkskunde und des Vereins für Volkskunde in Wien hrsg. von Karl C. Berger, Margot Schindler, Ingo Schneider - Wien: Verein für Volkskunde: Buchreihe der Österreichischen Zeitschrift für Volkskunde, hrsg. von Margot Schindler, N.S., Bd. 25 ISBN 978-3-900358-31-0 Alle Rechte Vorbehalten Grafische Gestaltung, Cover, Satz: Irene Daz, daz* design und grafik, www.dazdesign.at Druck: Novografic Druck GmbH, Wien Die Beiträge dieses Bandes wurden bereits 2010 verfasst, jedoch erst 2015 publiziert. Ein herzliches Dankeschön allen, die zum Gelingen der Tagung und des Bandes beigetragen haben. Stofflichkeit in der Kultur Karl C. Berger, Margot Schindler, Ingo Schneider (Hrsg.) Das Land WISSENSCHAFT-FORSCHUNG ^ D BURGENLAND NIEDERÖSTERREICH IM StCiCTTn3rk NNIENHP VEREIN KULTIR FÜR-------- \ VOLKS ^Vorarlberg Gefördert von der Kultur B l l u n ser Land ___ abteilung der Stadt Wien, KUNDE CBsai Wissenschafts- und Finanziert von Forschungsförderung Stofflichkeit in der Kultur Referate der 26. Österreichischen Volkskundetagung vom 10.-13. November 2010 in Eisenstadt Herausgegeben von Karl C. Berger, Margot Schindler, Ingo Schneider. Im Auftrag des Österreichischen Fachverbands für Volkskunde und des Vereins für Volkskunde in Wien Buchreihe der Österreichischen Zeitschrift für Volkskunde Herausgegeben von Margot Schindler, Neue Serie Band 25 Redaktion: Karl C. Berger und Ingo Schneider unter Mitarbeit von Johanna Stadlbauer Wien 2015 Selbstverlag des Vereins für Volkskunde Sofern nichts anderes angegeben, sind die Autoren für die Bildrechte selbst verantwortlich. Inhaltsverzeichnis ZUR EINFÜHRUNG IN DIESEN BAND Ingo Schneider Stofflichkeit in der Kultur. ........................................................................... 8 ZUR ERÖFFNUNG Konrad Köstlin Stofflichkeit in der Kultur der Dinge ............................................................... 14 ERÖFFNUNGSVORTRAG Reinhard Johler Made in Europe. Oder: Schaffen Dinge Europa? ................................................ 18 PLENARVORTRÄGE Monika Ankele Materialität als Evidenz. Dingbeziehungen von Frauen in Psychiatrien um 1900 ...................................... 36 Malte Borsdorf Stumme Dinge die zeigen ........................................................................... 48 Jakob Calice Der verschlackte Körper. Stofflichkeit als moderner Beweis für Körperschmutz und -reinheit in der F.X. Mayr Medizin....................................................................................... 59 Anamaria Depner Abschied von Dingen Der Umzug ins Altenheim und seine Folgen für die Mensch-Ding-Beziehung ...... 69 Cornelia Eisler Vergängliche „Perlen der Fleimatliebe“ - Aspekte zur Lebensdauer materieller Kultur ................................................. 78 Michael Grabner / Michaela Klein Historische Holznutzung - Die Brücke zwischen Volkskunde und Holzforschung ...................................... 94 Timo Heimerdinger iTouch. Berührung als Schnittstelle zwischen Mensch und Material ................... 101 Peter F. N. Hörz /Marcus Richter Gerollter Tabak: Zur Stofflichkeit und Bedeutungsdimension von Zigarren.......... 112 Ulrike Kammerhofer Materielle Zeugnisse verdichteter immaterieller Wertsetzungen ....................... 122 Dieter Kramer „Naturstoffwechsel“: Grenzen und Nutzen eines Zugangs zur materiellen Welt................................. 136 Eva Kreissl Der Stoff aus dem die Ausstellungen sind. Ein Werkstattbericht........................ U 2 Nikola Langreiter Kulturen des Selbermachens in Transition. Flicken zum Beispiel .................................................................................. 157 Sabine Manke Brand(t)-Stiftungen. Überlegungen zu einer Materialität des Kulturellen vor und jenseits des Gegenständlichen ......................................................... 168 Ana Ana Rogojanu Erkundungen am Beispiel des Zirbenholzbettes. Materielle Kultur und Europäische Ethnologie ............................................... 182 Johanna Rolshoven Versuch über den Kaffeelöffel, in dem sich das Antlitz der Kultur spiegelt Stofflichkeit bei Sigfried Giedion und Bruno Latour im Lichte der volkskundlichen Sachkulturforschung.................................................................................. 193 Tobias Scheidegger Populäres Naturaliensammeln im ausgehenden 19. Jahrhundert: Arbeit an Natur-Dingen zwischen Wissenschaftlichkeit und Messietum ............. 205 Jens Wietschorke Architektur und Materialbedeutsamkeit: Eine stadtanthropologische Skizze ............................................................... 212 Sonja Windmüller Affront des Stofflichen. Zur materialen Präsenz von Müll und Abfall 22 8 Stofflichkeit in der Kultur. Ingo Schneider Pendelbewegungen und Parallelitäten Das in den Letzten Jahren wiedererwachte Interesse an materieller Kultur bzw. am Thema Materialität in der Kulturwissenschaft Volkskunde/Europäische Ethnologie / Kulturanthropologie / Empirische Kulturwissenschaft erinnert in mehrfacher Weise an eine ähnliche Entwicklung in der Erzählforschung. Dinge und Erzählungen bildeten in den Anfängen der Volkskunde bekanntermaßen zentrale Ausgangspunkte der Disziplin und trieben als solche deren Entwicklung vom frühen 19. bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts maßgeblich voran. Im Zuge der Neupositionierung des Fachs zu Beginn der 1970er Jahre gerieten Sach- wie Erzählkultur und deren Vertreterinnen in den Schatten des neuen disziplinären Mainstreams. Teils geschah dies zu Recht, da ein Gutteil der Ansätze der alten volkskundlichen Sach- ebenso wie der Erzählforschung überholt waren; teils aber zu Unrecht, da bereits in den 1960 und 1970-er Jahren je weils neue Ideen formuliert und damit prinzipiell auch neue Wege erschlossen wor den waren. Für die Erzählforschung sei lediglich auf Flerman Bausingers Überlegungen zum Alltäglichen Erzählen1 verwiesen; für die Erforschung materieller Kultur etwa auf Karl-Sigismund Kramers Gedanken Zum Verhältnis von Mensch und Ding und den nicht unproblematischen Terminus Dingbedeutsamkeit2. Beides mögen singuläre Ansätze gewesen sein. Sie waren jedoch nicht die einzigen, vor allem dann nicht, wenn man den Blick über die deutschsprachige Forschungslandschaft hinaus schweifen lässt3; und: sie wären durchaus anschlussfähig gewesen, wurden wohl zur Kenntnis genommen, aber nicht konsequent weiterentwickelt. Stattdessen wurde es für einige Zeit relativ still um die Erforschung materieller Kultur ebenso wie der Erzählkultur. Man könnte auch sagen, die Beschäftigung mit Dingen wie Erzählungen war aus der Mode gekommen, ehe beide in den Jahren vor und nach der Jahrtausendwende erneut - oder besser - wiederum verstärkt Aufmerksamkeit erlangten. Hier zeigt sich noch eine weitere Ge meinsamkeit beider Forschungsrichtungen: die Rückbesinnung auf sie erfolgte jeweils erst im Gefolge einer noch nicht dagewesenen Konjunktur von Erzähl- und materieller Kultur in anderen sozial- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen. So gewann das Thema Erzählen in der Europäischen Ethnologie/ Kulturanthropologie / Empirischen Kulturwissenschaft erst wieder Ansehen, nachdem eine Reihe von Fächern von der Philosophie über die Psychologie zu den Geschichtswissenschaften und den Philologien das Erzählen gleichsam neu .erfunden' hatten und von einem narrative turn sprachen.4 Ähnliches lässt sich mit Blick auf den material turn beobachten. Seine An- 1 Hermann Bausinger: Strukturen des alltäglichen Erzählens. In: Fabula 1 (1958), 239-254. 2 Karl-Sigismund Kramer: Zum Verhältnis zwischen Mensch und Ding. Probleme der volkskundlichen Terminologie. Otto Hofier zum 60. Geburtstag. In: SAVk 58 (1962), 91-101. 3 Für die Erzählforschung sei hier etwa weiters auf Arbeiten von Linda Degh hingewiesen, für die ehemalige Sachkulturforschung auf solche von Edith Fel und Tamäs Hofer. u Ingo Schneider: Über das multidisziplinäre Interesse am Erzählen und die Vielfalt der Erzähltheorien. In: Erzählkultur. Beiträge zur kulturwissenschaftlichen Erzählforschung. Hans-Jörg Uther zum fänge reichen allerdings weiter zurück. Auf die „beachtliche Tradition“ der „Soziologie (und Anthropologie) der Dinge“, so eine Formulierung von Scott Lash, ist hier nicht im Detail einzugehen.5 Ich nenne über eine größere Zeitspanne lediglich drei ihrer einflus sreichsten Wegbereiter, bzw. Vor- und Nachdenker. Bereits 1968 hatte Jean Baudrillard mit einer Arbeit über die symbolischen, zeichenhaften Dimensionen von Gebrauchs gegenständen promoviert. Das System der Dinge, so der Titel seiner Dissertation, sei ein „System von Bedeutsamkeiten“6. Der 1986 von Arjun Appadurai herausgegebene Sammelband The Social Life of Things knüpfte an Überlegungen von Dürkheim und Mauss an und fokussierte stärker auf Aspekte der Wertzuschreibung im Sinne von Ver marktung, Handel und Konsum.7 Intensive Rezeption erfahren gegenwärtig die Ansätze Bruno Latours. Im Rahmen der Akteur-Netzwerk-Theorie tritt er für eine relationale Betrachtung von Objekten und Subjekten ein. So sind beispielsweise Dinge und Men schen nur dann und deshalb aktiv, wenn und weil sie miteinander in Beziehung stehen.8 Bei aller Unterschiedlichkeit verbindet die angeführten Denker bzw. ihre Arbeiten doch eine neue Aufmerksamkeit