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Please take notice of: (c)Beneke. Don't quote without permission. Benjamin Chew Tilghman (26.10.1821 Philadelphia (Pennsylvania) - 03.07.1901 Philadelphia) und zur Geschichte des Papiers und dessen Rohstoffe

Klaus Beneke Institut für Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universität der Universität D-24098 Kiel [email protected]

Ältere Papiermaschine

Aus: Klaus Beneke Biographien und wissenschaftliche Lebensläufe von Kolloid- wissenschaftlern, deren Lebensdaten mit 1996 in Verbindung stehen. Beiträge zur Geschichte der Kolloidwissenschaften, VIII Mitteilungen der Kolloid-Gesellschaft, 1999, Seite 151-174 Verlag Reinhard Knof, Nehmten ISBN 3-934413-01-3 151

Tilghman, Benjamin Chew (26.10.1821 Philadelphia (Pennsylvania) - 03.07.1901 Philadelphia)

Über die Person Benjamin Chew Tilghman ist sehr wenig bekannt. Er studierte Jura an der Universität von Pennsylvania in Philadelphia. Nach dem Abschluß des Jurastudiums ging er nach Paris und wandte sich Problemen der Chemie und der chemischen Technologie zu. Während seiner Experimente über die Einwirkung von Schwefeldioxid auf Fette, die er 1857 in einem Holzfaß durchführte, bemerkte er, daß die konischen Hölzpflöcke, mit denen er die Löcher im Faß verschlossen hatte, durch die Einwirkung des Schwefeldioxids weich und zottelig wurden. 1861 kehrte er in die USA zurück. Erst Jahre später wurde ihm die Beobachtung von Paris klar, als er ab 1866 mit seinem Bruder, dem Chemiker Richard Albert Tilghman, in der Papiermühle Harding & Sons in Manayunk bei Philadelphia wieder Versuche unternahm. Hier begann er systematisch die Reaktion von Holz mit Schwefeldioxid untersuchen. Das Ergebnis war, daß er rotgefärbte Fasern erhielt, die durch die aus schwefliger Säure gebildete Schwefelsäure verursacht wurden. Zur Verhinderung der stark sauren Reaktion setzte Tilghman Calciumbisulfit ein, das er auf das Holz einwirken ließ. Die auf diese Weise erhaltenen Fasern eigneten sich hervorragend zur Papierherstellung, jedoch hatte er ständig Schwierigkeiten mit undichten Kochgeräten, in denen die Reaktion ablief. Für das entwickelte Verfahren erhielt er 1866 bis 1869 britische und amerika- nische Patente. Nach Jahren harter Arbeit und dem Verlust von 20 000 $ verlor Tilghman den Mut und brach seine Experimente ab. Noch einmal trat er 1871 an die Öffentlichkeit, als er das Sandstrahlverfahren zur Reinigung von Oberflächen vorstellte (Pötsch, 1989 a; Sandermann, 1992). René Antoine Ferchault de Réamur (1683 - 1757), ein vielseitig begabter Naturforscher, der besonders durch die Reámur-Temperaturmeßmethode bekannt wurde, hatte 1719 erstmals unter Hinweis auf den Bau der Wespen vermutet, daß Holz möglicherweise der Rohstoff für die Papierherstellung sei. Er führte in seinem Bericht, den er der französischen Akademie vorlegte aus: „Die amerikanischen Wes- pen bilden ein sehr feines Papier, ähnlich dem unsrigen. Sie lehren uns, daß es möglich ist, Papier aus Pflanzenfasern herzustellen, ohne Hadern oder Leinen zu gebrauchen; sie scheinen uns geradezu aufzufordern zu versuchen, ebenfalls ein feines und gutes Papier aus gewissen Hölzern herzustellen. Wenn wir Holzarten ähnlich denen besäßen, welche die amerikanischen Wespen zu ihrer Papierher- stellung benutzen, so könnten wir das weißeste Papier herstellen“. Réamur zeigte einem französischen Papierfabrikanten, ohne zu sagen, worum es sich handelt, ein Stück eines Wespennetzes. Dieser prüfte und untersuchte die Probe und kam zu dem Ergebnis, daß es sich um das Erzeugnis seines Konkurrenten aus Orléans handelte (Sandermann, 1992). 152

Schon bald nach der Gründung der ersten Papiermühlen (1189 Papiermühle in Hérault; 1283 in Trevisio; 1293 in Bologna; 1390 erste deutsche Papiermühle in Nürnberg, betrieben durch den Rats- und Handelsherren Ulman Stromer (1329 - 1407) trat eine gewisse Verknappung an Hadern auf. Nach der Erfindung der Buchdruckkunst stieg der Bedarf an Lumpen ins unermeßliche. In einem Dekret des venezianischen Senats aus den Jahre 1366 hieß es: „..., daß zum Wohle und Nutzen des Papiers, das in Trevisio hergestellt wird und das sehr stark zum Wohlstand unserer Gemeinde beiträgt, daß keineswegs Hadern aus dem Venezianischen an einen anderen Ort als Treviso gelangen sollten“ (Sporhan-Krempel 1990; von Stromer, 1990; Sandermann, 1992). In Genua vergab man Anfang des 15. Jahr- hunderts das Privileg auf das Sammeln von alten Seilen und Stricken. In allen Städten und Ge- meinden Europas fuhren Lumpensammler um- her, welche sich durch lautes Pfeifen bemerkbar Papiermühle Nürnberg machten. Das Privileg, Lumpen einzusammeln, hatten in Nürnberg die Frauen, wobei jede von ihnen einen ihr eigenen Schrei ausstieß. Sammelten Frauen ohne behördliche Genehmigung durften ihr die zugelassenen Sammlerinnen die Lumpen abnehmen. Unberechtiges Sammeln konnte gerichtlich bestraft werden. Aber die Lumpenhändler lieferten den Rohstoff nicht immer der ihnen zugeteilten Papiermühle zu, sondern brachten ihn für einen höheren Preis zu einer konkurrierenden Mühle; die Vertrags- treue der Lumpensammler war nicht sehr hoch. Trotz Ausfuhrverboten in andere Länder wurden die Hadern über die Grenze in Nachbarländer verschoben, so daß man gegen diese illegalen Grenzgänger bewaffnete Posten einsetzen mußte. Doch durften Hadern gegen einen hohen Zoll exportiert werden. Aber auch hier fanden gerissene Geschäftsleute Auswege. Einer der Auswege bestand darin, die Lumpen zu Halbstoffen zu verarbeiten und diese dann zu exportieren. Auf diese anders eingeordnete Rohware ruhte nämlich kein Zoll. Lange Zeit wurden aus Böhmen mas- kierte Lumpen nach Holland ausgeführt. Von dort kamen sie dann als hochwertiges Papier nach Deutschland zurück (Sandermann, 1992). Irgendwie müssen die Kom- missare der Europäischen Union (EU) von diesen Machenschaften gehört haben, denn in der EU sind solche, damals verbotenen Auswege legal, und werden sogar noch von der EU belohnt (subventioniert), ein ausgezeichnetes Geschäft für die Be- treiber. Verkehrte Welt: was damals verboten war und illegal betrieben wurde ist heu- te per Gesetz erlaubt! 153

Interessant ist wie ein deutscher Papiermacher die Knappheit von Lumpen statistisch beleuchtete. In der Annahme, daß in einer großen Stadt jährlich 3 000 Menschen stürben, würden bei herkömmlicher Beerdigung in 10 Jahren für Totenhemden 90 000 Pfund feine Leinwand benötigt, aus denen herrliches Papier gemacht werden könnte, deswegen es unverantwortlich wäre, diesen wertvollen Roh- stoff den Würmern zu überlassen. In England Lumpenschmuggel wurde ab 1666 diese stille Rohstoffquelle ge- nutzt, indem die Verwendung leinener Totenhemde verboten wurde; die Behörden empfahlen stattdessen, diese aus Wolle anzufertigen. Man versprach sich von dieser Maßnahme im Jahr einen Anfall von 200 000 Pfund Leinenlumpen. Über Jahrhun- derte hinweg wurden Lösungen gesucht die Lumpen möglichst vollständig zu erfas- sen und sie dann gerecht auf die Papiermühlen zu verteilen. Immer wieder wurden neue Lösungsmöglichkeiten erprobt, wie die Gründung öffentlicher Sammelstellen von Organisationen des Handels und Kontrollstellen. Der große Schwarzmarktanteil wurde dabei aber niemals unterbunden (Sandermann, 1992). Vielleicht ist es schade, daß man Papier heute aus anderen Stoffen als aus Lum- pen herstellt, denn in unserer Wohlstandsgesellschaft quellen die Sammelcontainer für Bekleidung geradezu über. Zwar werden diese Sachen nicht unbedingt vernichtet, sondern z. T. für neue Stoffe, Bekleidung usw. verwendet, aber derjenige der sie in den Container wirft, bekommt kein Geld dafür. Dies war freilich früher anders: Lumpen waren begehrt und wurden bezahlt. Schon vor Réamurs Bericht vor der französischen Akademie versuchten Papiermacher gelegentlich, die traditionellen Hadern durch andere Faserrohstoffe zu ersetzen oder solche beizumischen. Kurz nach der Zeit, als Réamurs Bericht erschien, schlug der flämische Naturforscher Seba als Ersatz für Lumpen gewisse Algenarten, der Schüler Réamurs Guéttard die Fasern einer Süßwasseralge vor. Stakel, ein Schwede, empfahl, Sägespäne als Rohmaterial, Kircher aus Amsterdam Asbest zu benutzen. Froh kann man sein, daß letzterer Vorschlag sich nicht durchsetzte, denn die carcinogene Wirkung von Asbest hätten die Krebserkran- kungen, die beim Lesen von Büchern oder Zeitungen ausgelöst worden wären, bedeutend in die Höhe getrieben. Aber wir wissen dies ja erst seit den 30er Jahren unseres Jahrhunderts. In einem Buch Die Kunst Papier zu machen, das 1762 erschien, beschäftigte sich ein ganzes Kapitel mit Ersatzstoffen für Hadern. Handelte es sich bis dahin hauptsächlich um Vorschläge und Hinweise für Lumpenersatzstoffe, nahm sich Jacob Christian Schäffer (geb.1718) dieses Prob- lems genauer an. Er selbst war der Sohn eines evangelischen Pfarrers aus Querfurt in Sachsen, studierte unter ärmlichen Verhältnissen Theologie, promovierte zum 154

Doctor der Gotteslehrsamkeit und Weltweisheit und wurde 1779 Superintendent in Regensburg. Hier betrieb er vornehmlich naturwissenschaftliche Studien auf den Gebieten der Botanik, Zoologie, Mineralogie, Geologie, Chemie und Physik. Er ver- öffentlichte neben theologischen Schriften ein vierbändiges Werk der in Bayern und in der Pfalz vorkommenden Pilze, sowie neben weiteren Veröffentlichungen eine dreibändige Abhandlung über Insekten (Sandermann, 1980,1992). Schäffer war außerdem ein praktisch denkender Mensch und konstruierte „eine drey- fach nützliche Sägmaschine zum Holz- und Steinschneiden“, eine „bequeme und der Wirt- schaft in allen Rücksichten höchst vorteilhafte Waschmaschine“, einen „holzsparenden, höchst vorteilhaften Backofen“, sowie andere Geräte. Auch hatte er ein weit über Bayerns Grenzen hinaus bekanntes Museum mit Sammlungen von Vögeln, Insekten, Pflanzen und Mineralien aufge- baut. Am 12. September 1786 besuchte Johann Philipp Moeller dieses Museum. Hinter diesem Moeller verbarg sich Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832; geadelt 1782) aus Weimar, der inkognito auf dem Wege nach Italien war. Die Forschungen und Veröffentlichungen Jacob Christian Schäffer Schäffers, die ihn weltbekannt machten, bezogen sich auf Papier, das er aus Holz und Pflanzen herstellte. Den Nutzen und kulturfördernden Einfluß des Papiers verspürte er beim Besuch der Buchhandlungen in Regensburg, die bereits Tausende von Büchern führten. Beim Besuch einer Papiermühle wurde ihm klar, daß es an Lumpen mangel- te und damit die Papiererzeugung gehemmt wurde. Schäffer machte sich schon früh Gedanken darüber wie man Hadern durch neue Papierrohstoffe ersetzen könne. Dazu schrieb er: „Diese allgemeine Papiernoth und der für das gemeine Wesen, für die Landeseinkünfte, Wissenschaften und Handlung daraus entstehende nicht geringe Schaden und Nachtheil, brachten mir vor einigen Jahren dasjenige in Erinnerung, was verschiedene Gelehrte in Ansehung des Papierzeuges, vor Gedanken gehabt und vor diesfalsige Vorschläge gethan haben. Sie haben geglaubt, und mit vieler Wahrscheinlichkeit dargethan: dass man beym Papiermachen keineswegs nur allein und nothwendig an die Lumpen oder leinenes Zeug gebunden sey, sondern dass sich eben sowohl und eben so gut aus einer Menge anderer Sachen, als aus den bisher gewöhnlichen Lumpen, Papier machen lassen müsse“. 155

Dabei sprach Schäffer seine Verwunderung aus, daß Vorschläge zur Verwen- dung anderer Rohstoffe gemacht worden waren, aber z. B. auch Réaumur niemals Versuche damit durchgeführt hatte. Er fuhr fort: „Diese allerdings zu bedauernde Vernachlässigung der Versuche ermunterte mich demnach vor drey Jahren, an dieselben mit allem Eifer Hand zu legen. Und es schien, als ob mich, da ich eben mit diesem Gedanken umging, die Natur selber hier- zu auffordern wollte. Ein Ohngefähr brachte mich im Spazierengehen an einem Ort ohnweit unserer Stadt, wo auf der einen Seite die Wiesen von der Samenwolle der Schwarzpappel oder Alber und auf der anderen Seite die Wiesen von der Samen- wolle des Wollgrases ganz weiss aussahen. Ich erblickte dieses nicht so bald, als mir der Gedanke beyging: sollte sich aus einer dieser beyden Wollarten und vielleicht aus einer jeden Papier machen lassen? Ich säumte nicht, mit beyden zugleich die Versuche zu machen“ (Sandermann, 1992). Mit diesen beiden Pflanzenarten begann Schäf- fer seine Versuche, Ersatz für Lumpen zu finden. Danach führte er in einem Zeitraum von acht Jahren Versuche mit einer Vielzahl von pflanzlichen Mate- rialien, wie Stengeln, Blättern, Hölzern und der- gleichen durch. Dabei wurden die Stoffe in einer handbetriebenen Hammermühle mazerisiert und auf bekannte Weise verarbeitet. Zugabe von Kalkmich erleichterte zwar die Mazerisierung, führte aber zu einer Braunfärbung des Papiers. Ihm selbst kam es dabei nicht auf einen hohen Weißgrad des Papieres an, sondern er wollte nachzuweisen, daß man die Lumpen zur Papierherstellung durch andere Mate- rialien ersetzen könne, wobei er der Ansicht war, daß sich dann auch die Eigenschaften verbessern lassen. Im Jahre 1765 erschien der erste Band von Schäffers berühmten Buchreihe Ver- suche und Muster ohne alle Lumpen oder doch mit einem geringen Zusatz derselben Papier zu machen. Bis zum Jahre 1771 folgten noch fünf weitere Bände. In den Bü- chern waren jeweils auch Proben der hergestellten Papiere, zum Teil mit Kupfer- stichen bedruckt, enthalten. Schäffer stellte dabei Papiere aus Pappelwolle, Säge- und Hobelspänen, Weiden- und Espenholz, Hopfenranken, Weinreben, Flechten, Hanfschäben, Brennesseln, Waldreben, Aloe, Weidenrinde, Stroh, Rohrkolben, Blau- kohlstrunken, Asbest als Zusatz, Graswolle, Distel- und Klettenstengeln, Mai- blümchen, Torf, Seidenpflanzen, Fichte, Gartenpappel, Feldmelde, Beifuß, Mais, Tannenzapfen, Ginster, Erdäpfeln, Dachschindeln und vielen anderen Pflanzen und Pflanzenteilen her. Wie man sieht, machte Schäffer umfangreiche Versuche mit vielen unterschiedlichen Planzen. Dennoch blieb die Kritik der konservativen Papier- macher, wie Schäffer vorausgesehen hatte, nicht aus. Der Papiermacher Keferstein 156 schrieb in einer Gegenschrift, daß die vorgeschlagenen Rohstoffe nicht „in Consideration“ kämen. Zum Schluß: „Zum Unglück ist auch hier zu Lande das Holz so rar, dass man die Weiden und Espen lieber zu anderem Gebrauch widmet, als Papier daraus zu machen. Wir werden also beym Alten bleiben und bloss aus Lum- pen Papier fertigen...“. Dabei ging Schäffer in der Erwiderung dieser Kritik scharf vor. Die weitere Entwicklung der Papierindustrie zeigte, daß sie dem Forscher und Pio- nier Schäffer viel zu verdanken hat. Leider ist dieser „deutsche Linné“, der „Regensburger Humboldt“, nahezu in Vergessenheit geraten. Sein Name ist nicht einmal im Großen Brockhaus vermerkt. Dard Hunter aus den USA beschrieb Schäffer als Pionier der Papierforschung, der „mehr als irgendeiner seiner Vorgänger für die Papiertechnik tat“ (Hunter, 1967; Sandermann, 1992) Durch die Bücher Schäffers wurden viele Papiermacher inspiriert nach seinen Vorschriften Papiere aus den verschiedensten Stoffen herzu- stellen. Um 1800 wurden Papier und Pappe in bescheidenem Umfang in verschiedenen Län- dern aus Stroh hergestellt. 1784 wurde das erste nicht aus Lumpen hergestellte Papier für die Herausgabe eines Buches verwendet, das aus Gras gefertigt worden war. Thomas Greaves er- hielt in England eine Silbermedaille für Papier aus Weidenzweigen und Nessel. Justus Clap- roth, Professor in Göttingen, ging einen völlig andern Weg. In seiner 1774 erschienenen Schrift Eine Erfindung, aus gedrucktem Papier wiede- rum neues Papier zu machen, berichtete er erst- mals über das Recycling von Altpapier. Matthias Friedrich der Große Koops aus London griff diese Ideen auf und beschäftige sich außer mit dem De-inking von Altpapier auch mit der Herstellung von Papier aus Stroh und Holz. Darüber berichtete er in drei Büchern, die auf Papier aus eigener Herstellung gedruckt wurden. Trotz aller Versuche und Vorschläge führten diese weder zum Ersatz oder zu einer Einschränkung des Bedarfs an Lumpen, ja der Bedarf nahm sogar noch er- heblich zu. Bereits 1764 hatte Friedrich der Große (1712 - 1786; König 1740 - 1786) in Preußen, da die Papiermühlen unter Mangel an Lumpen litten, ein Geschärftes Edikt erlassen. Darin wurde gegen die Ausfuhr von Lumpen, aber auch gegen die für die Herstellung von Papierleim benötigten Stoffe wie „Abschnitzel von Pergament, Häute und Schaafs-Füße“ vorgegangen (Sandermann, 1992) In den Vereinigten Staaten von Nordamerika war inzwischen eine blühende Papierwirtschaft entstanden, jedoch herrschte Mangel an Lumpen. Um dieses abzu- stellen, wurde mit allerlei Mitteln gearbeitet. Es wurden gute Papiermacher vom 157

Militärdienst befreit, die in größeren Orten Komitees zur Erfassung von Hadern einsetzten. Zum Aufkauf wurden immer raffiniertere Methoden benutzt. An Kinder wurden Zinnpfeifen verteilt, die Männer erhielten Tabak und die Frauen Geschenke für den Haushalt. Zur Belebung des Geschäftes wurden auch Buchgeschenke einge- setzt; es gab es für vier Pfund Lumpen das von dem Engländer Daniel Defoe (eigentlich Foe (1660 - 1731)) im Jahre 1719 geschriebene Buch Robinson Crusoe. Trotz des Einsatzes von 2 500 Lumpenhändlern in den USA konnte man den Bedarf an Lumpen dort nicht decken. Im Syracuse Standard veröffentlichte 1855 ein Dr. Deck in einem Beitrag, der eine interessante Episode der Lumpenbeschaffung auslöste. Er be- richtete, daß für die 800 Papiermühlen in den USA 405 Millionen Pfund Lumpen benötigt würden. Er schlug vor, daß zur Deckung des Bedarfs Mumien aus Ägypten dazu benutzt werden könnten und darauf hinwies, daß die Ägypter auch ihre heiligen Bullen, Katzen, Ibisse und Krokodile als Mumien mit Leinwandbandagen beigesetzt hätten. Er rech- nete vor, daß ein Pfund Lumpen in den USA 4 bis 6 Cent kosten, Mumienleinen zu je 3 Cent das Pfund zu beschaffen seien und damit sein Vor- schlag durchaus praktikabel wäre. Mumie von Ramses III. Der Mühlenbesitzer Stanwood griff den Vorschlag Dr. Deck im amerikanischen Bürgerkrieg auf. Mehrere Schiffsladungen Mumien wurden aus Ägypten geholt, und er machte aus den Leinenumhüllungen und Papyrusresten Packpapier für Lebensmittel. Mit den Mumien wurde allerdings eine Choleraepidemie eingeschleppt, da es damals noch keine Bestimmungen zur Desin- fektion gab. Dies war ein makabres Geschäft, doch hatte Stanwood einen ernst- haften Konkurrenten in der ägyptischen Eisenbahn, die ihre Lokomotiven unter anderm auch mit Mumien heizten. Trotzdem war die Papierherstellung aus Mumienleinen nicht neu. In einem Bericht eines Arztes aus Bagdad aus dem Jahre 1140 heißt es: „Die Beduinen und Fellachen suchen die alten Totenstädte auf, um Bekleidungsstreifen zu finden, in die die Toten gehüllt wurden, und wenn diese für die eigene Bekleidung nicht mehr be- nutzt werden können, verkaufen sie diese an Mühlen, die daraus Papier für den Nahrungsmittelmarkt machen“ (Sandermann, 1992). Schon in China und auch noch 400 Jahre nach der Einführung in Europa wurde Papier stets nach derselben Methode hergestellt. Der Rohstoff, Lumpen oder Baum- rinde, wurde durch Stampfen in Einzelfasern zerlegt. Nach Aufteilung in Wasser wurde mit einem Sieb das Blatt geformt, das entwässert und getrocknet wurde. Doch immer wieder gab es Verbesserungen, die die Technik vereinfachten und die alte 158

Papiermühle in eine Art Industriealisierung überführten. Eine wichtige Erfindung dabei war die des „Holländers“. Dieses Mazerisierungsgerät ergänzte das Stampf- werk oder ersetzte es zunehmend. Der Name des Erfinders ist nicht bekannt, aber wie der Name sagt, kommt es aus Holland. Da es in Holland kaum Gewässer zum Antrieb von Wasserrädern gab, bediente man sich der Windmühlen. Da Windmühlen nicht genügend Energie zum Betrieb der Stampfwerke lieferte, suchte man nach einem Zerfaserungsgerät, das mit weniger Energie betrieben werden konnte. Als Jahr der Erfindung des Holländers findet man immer wieder das Jahr 1711. Über seine holländische Reise berichtete der kaiserliche Rat Johann Joachim Becher (1635 - 1682) bereits 1682 in seinem Buch Närrische Weisheit und weise Narrheit: „Ich habe aber eine neue Art von einer Papier-Mühle zu Serndamm in Holland gesehen/welche ohne einigen Stämpffel gehet/sondern durch eine Walze in kurtzer Zeit und mit leichter Mühe die Lumpen zu einer Pappe gepresst werden/welches sehr compendiös und wohl Anmerckens würdig“. Die Vorteile des Holländers waren gegenüber dem bisherigen Stampfwerk offen- sichtlich. Der Einsatz des Walzprinzips durch Ersatz des Stampfprinzips, setzte den Kraftbedarf herab und steigerte die Leistung. Der bereits genannte Papierhersteller Keferstein schrieb: „Der Holländer in Freiburg macht in einem Tag soviel Zellstoff wie acht Stampfen in acht Tagen“. Im wesentlichen bestand der Holländer aus einem länglichen Trog mit mittlerer Trennwand. Auf einer Seite war eine hölzerne Laufwalze angebracht, die mit etwa 30 Eisenmessern bestückt war, den Stoff gegen eine eiserne Bodenplatte beförderte und je nach Einstellung der Spaltbreite die Fasern quetschte oder schnitt. Dabei konnten durch Wahl der Mahldauer und der Spaltbreite die Eigenschaften der Faser und damit die des Papiers beeinflußt werden. Damit die Faserstoffe nicht durch die rotierenden Messer herausgeschleudert wurden, war das Gerät durch eine Haube verschlossen (Sandermann, 1992). Trotz der Verbessung setzte sich das neue Mahlgerät nur zögernd durch. Dabei wurde immer wieder darauf verwiesen, daß mit Stampfgeräten bessere Papiere her- gestellt würden und das Papier nicht so brüchig wäre. Dies lag einfach daran, daß in einem Stampfwerk die Fasern immer in Längsrichtung gequetscht wurden, während im Holländer die Faserbündel auch quer zerrissen. Weiterhin störte die durch die Messer der Holländerwalze abgegebenen Eisenteilchen, die das Papier verfärbten. Dies wurde behoben, indem man die Walze und die eiserne Bodenplatte durch eine nicht korrodierende Legierung aus Kupfer, Messing und Silber ersetzte. Langsam aber stetig setzte sich der Holländer durch. Bereits 1760 hatte eine der größten Papiermühlen das Stampfen eingestellt und durch 12 Holländer ersetzt, die wiederum 20 Bütten mit Faserstoff versorgten. Auch in den USA setzte sich der Holländer durch, eine Papiermühle in Massachusetts arbeitete mit 2 Holländern und 2 Bütten, aus denen am Tage 5 000 Blatt Papier geschöpft wurden. 159

Die 1789 durch den französischen Gelehrten Claude Louis Graf von Berthollet (1748 - 1822) eingeführte Erfindung der Lumpen- und Chlor- bleiche brachte eine Verbesserung der Papier- herstellung, basierend auf der von Karl Wilhelm Scheele (1742 - 1786) 1774 entdeckten Bleich- wirkung des Chlors. Berthollet entwickelte Geräte für den Großbetrieb zum Bleichen von Lumpen. Eine gewisse Weiße des Papiers hatte man bis dahin dadurch erhalten, indem man Lumpen län- gere Zeit in Faulgruben beließ. Weiß im heutigen Sinne war das Papier trotzdem nicht, es hatte einen Grauton, den man in Kauf nahm oder durch Bläuemittel etwas aufzuhellen versuchte. Mit der Chlorbleiche erzielte man bei der Papier- herstellung eine bis dahin nicht erhaltene Weiße und konnte auf die zeitraubende und unangeneh- Claude Louis Graf von Berthollet me Faulgrubenbehandlung verzichten. Diese Maßnahme brachte auch einen wirtschaftlichen Nutzen, da der Stoffverlust in der Faulgrube zwischen 10% und 20% betrug, während der der Chlorbleiche nur bei 3% lag. Natürlich war die Handhabung mit Chlor, besonders am Anfang, gesund- heitsschädlich, jedoch wurde die Technik sehr schnell verbessert. Das Chlor wurde meistens in den Papierwerkstätten selbst oft, aber nicht immer, in besonderen Ge- bäuden - nach dem klassischen Verfahren aus Kochsalz mit Braunstein und Schwefelsäure - hergestellt. Der Schotte Charles Tennat (1768 - 1838) konnte 1798 das Chlor an trockenes „Kalkhydrat“ binden und damit festen und transportablen Chlorkalk zum Bleichen anbieten. Die Chlorbleiche trug zur Ausweitung der Roh- stoffbasis bei, denn bunte Leinen- und Baumwollumpen konnten jetzt verarbeitet werden, da sie durch die Bleiche weiß wurden. Der Nachteil der Chlorbleiche ist noch heute an alten Büchern festzustellen, denn das chlorgebleichte Papier spaltet im Laufe der Zeit Salzsäure ab, die das Papier zersetzt. Dadurch erlitten Bibliotheken große Verluste, die noch heute nicht überall behoben sind. Man versucht heute sol- che Schäden an Büchern mit gasförmigen Ammoniak zur Neutralisation der Salz- säure zu bekämpfen (Sandermann, 1992). Eine weitere wichtige Erfindung ist eine Papiermaschine, die eng mit dem Na- men des Franzosen Nicolas Louis Robert (1751 Paris - 1828 Dreux) in Verbindung steht. Nach langer Militärzeit fing dieser als Lektor in der Pariser Großdruckerei von Pierre François Didot (1732 - 1793) an. Von dort wurde er von dessen Sohn Pierre Didot (1761 - 1853) als Aufseher und Werkmeister in seiner Papiermühle Esonnes bei Paris eingesetzt. Infolge der Unruhen der französischen Revolution legten die 160

300 Beschäftigten öfters die Arbeit nieder. Dies wiederum führte zu Papiermangel in der Druckerei Dídot. Robert kam bei dem Streik der Arbeiter der Gedanke, die unzuverlässigen Papierarbeiter durch eine Maschine zu ersetzen und ließ unter seiner Anleitung eine solche in der Werkschlosserei bauen. Er nahm 1798 dafür für 15 Jahre ein Patent. Dabei handelte es sich um eine recht ausgereifte Apparatur. Die Maschine be- stand aus einem endlos, feinmaschigen Langsieb aus dünnem Kupferdrahtgewebe in den Maßen von 340 cm Länge und 64 cm Breite. Dieses lief über eine vordere Brustwalze und einer hinterer Umkehrwalze über der mit Papierstoff gefüllten Bütte, wobei der Papierstoff mit einem Schöpfrad aus der Bütte geschöpft wurde. Mit dieser Maschine wurden in Didots Papiermühle im Jahr 1800 im laufenden Betrieb bereits bis 5 m lange und 60 cm breite Papierbahnen hergestellt. Didot war von der Maschi- ne so begeistert, daß er mit Robert einen Vertrag abschloß, der Didot die Verwertung der Erfindung für 27 400 Franken sicherte. Die Papiermaschine von Robert ersetzte 3 bis 4 Schöpfbütten, die Tagesleistung betrug 250 bis 300 kg Papierstoff. Als nachteilig wurden die manuelle Bedienung der Kurbel, die Unhandlichkeit der feuchten langen Papierbahnen sowie das Fehlen des Wasserzeichens angesehen. Didot bat seinen Schwager John Gamble in England, die Maschine zum Patent anzumelden, und einen kapitalkräftigen Partner für die Weiterentwicklung zu suchen. Der Papierhändler Fourdrinier nahm ein Drittel des Patents, und die Entwicklungs- arbeiten der Maschine wurden in der Werkstatt von John Hall in Dartford weiterge- führt. Dessen Schwager, der einfallsreiche Mechaniker Bryan Donkin, bewährte sich dabei besonders. Er baute eine Maschine mit 8.25 m Sieblänge und einer Breite von 1.22 m. Die Maschine enthielt eine Naßpresse mit endlosem Filztuch, eine Gautsch- walze, Deckelriemen und Rührwellen im Stoffkasten und bewährte sich hervorragend im Dauerbetrieb. 1805 wurde in der Papiermühle Two Waters eine weitere Papier- maschine Donkins mit einem Langsieb von 7.5 m und einer Breite von 1.52 cm aufgestellt, wobei die Laufgeschwindigkeit 6 Meter pro Minute betrug. Ein anderer großer Konstukteur von Papiermaschinen war der Engländer J. Dickinson. Er baute im Jahre 1809 in seiner eigenen Werkstatt eine Rundsiebma- schine die den Bau moderner Maschinen entscheidend beeinflußte. Die Verbes- serungen waren das Sauggrundsieb, die Saugwalze unter dem Langsieb, das end- lose Langsieb sowie der dampfbeheizte Zylinder. Trotzdem kam Donkin die führende Rolle beim Bau von Papiermaschinen zu. Er verkaufte von 1804 bis 1820 41 Papiermaschinen, bis 1862 über 300 Stück. Gleichzeitig kamen in England die ersten Egoutteure auf, die das Wasserzeichen auf die Papierbahnen ermöglichten. Arbeite- ten in England 1840 250 Papiermaschinen und in Frankreich 120, so waren es in Deutschland erst 25 Maschinen, wobei ihre Anzahl bis 1846 aus 117 Papierma- schinen stieg (Sandermann, 1992). 161

Auch in Deutschland wurden Papiermaschinen hergestellt. Hier sind vorrangig der gelernte Drechsler und Dreher Johann Jakob Widmann aus Heilbronn und der Papierfachmann Gustav Schäuffelen (1798 - 1848) zu nennen. Widmann lieferte 30 Papiermaschinen ins In- und Ausland, aus Schäuffelens Werkstatt gingen 21 Maschinen in alle Welt. Da man nicht die geeigneten Werkzeugmaschinen besaß, war die Perfektion mit den englischen Maschinen nicht ebenbürtig. Als 1848 die Revolution ausbrach und die Wirtschaft von einer Krise geschüttelt wurde, mußte Widmann seinen Betrieb schließen und wanderte mit seiner elfköpfigen Familie nach Amerika aus. Schäuffelen stellte ebenfalls die Maschinenproduktion ein.

Anzahl der Papiermaschinen in der englischen Papierindustie und deren Leistung:

Jahr Zahl Produktion t/Jahr je t/Jahr Maschine 1805 6 557 93 1835 82 24 475 298 1865 390 103 700 265 1900 428 647 764 1 513

Anzahl der Bütten in der englischen Papierindustrie und deren Leistung:

Jahr Zahl Produktion Produktion je t/Jahr Bütte t/Jahr 1805 760 16 502 21.7 1835 430 11 215 26.0 1865 109 3 310 30.4 1900 104 3 886 37.4

Aber auch die französisch-englische Gruppe der Konstrukteure wurde vom Schicksal hart getroffen. Nach dem Konkurs von Didots Papierfabrik wurde Robert arbeitslos und arbeitete den Rest seines Lebens als Volksschullehrer. Er hatte für seine bahnbrechende Erfindung insgesammt 2 400 Franken bekommen. Die Brüder und reichen Großkaufleute Fourdrinier, die selbstlos die kostspieligen Versuche zur Entwicklung der Papiermaschine bezahlt hatten, gingen 1810 in Konkurs. Noch heute spricht man bei der Langsiebmaschine in den angelsächsischen Ländern von der Fourdrinier-Maschine. Durch die Herstellung von Maschinenpapieren wurde auch die Art der Leimung beeinflußt. In China und Arabien wurde das Papier noch mit pflanzlichem Stoffen oberflächlich geleimt. Nach 1275 wurde dazu in Italien die tierische Leimung einge- führt. Dabei wurde Leim aus Schafsfüßen, Knochen und Lederabfälle hergestellt. Die 162

Papierbögen wurden in dessen Lösung getaucht, gepreßt und getrocknet, um die Hohlräume (Kapillaren) des Papiers zu schließen, damit die Tinte nicht durchschlug oder seitlich auslief. Diese Leimung wurde aber nur bei Schreibpapieren benötigt, denn die Drucker wünschten schwach oder ungeleimtes Papier, damit die Drucker- farbe schnell trocknete. Eine Oberflächenleimung mit Tierleim war schwer durchzu- führen. Moritz Friedrich Illig (30.10.1777 Erbach/Odenwald - 26.07.1845 Darmstadt) erfand 1805 dazu die geeignete Lösung, der Büttenleimung, die auch heute noch angewandt wird. Er beschrieb diese 1807 in seiner Anleitung auf sichere, einfache und wohlfeile Art Papier in der Masse zu leimen. Dabei wurde Kolophonium (nach der lydischen Stadt Kolophon, einem antiken Handelszentum benannt) verseift. Kolophonium ist ein natürliches Harz, das aus dem Rohharz von Koniferen gewonnen wird. Die entstandene Harzseife wurde zum Faserstoff in die Bütte gegeben. Dabei dissoziert das verseifte Harz im Holländer und spaltet Harzsäure ab:

+ C19H29COONa + H2O → C19H29COOH + Na OH¯ harzsaures Natrium Freiharz

Danach wird Aluminiumsulfat zugegeben. Das gebildete Aluminiumtriresinat wird infolge der erforderlichen höheren Temperaturen erst auf der Trockenpartie hydroly- siert:

(C19H29COO)3Al + 3H2O → 3C19H29COOH + Al(OH)3 harzsaures Aluminium Freiharz Aluminiumhydroxid

Das auf diese Weise oder durch hydrolytische Spaltung des Aluminiumsulfats nach der Gleichung:

Al2(SO4)3 + 6 H2O → 2Al(OH)3 + H2SO4 gebildetete Aluminiumhydroxid ist positiv geladen und bewirkt durch Umhüllung der negativ geladenen Harzteilchen deren Bindung an die ebenfalls negativ geladenen Fasern. Die Harzteilchen, die eine runde Form besitzen, sind gleichmäßig auf allen Papierfasern verteilt. Durch die Frittung (Erhärtung der Harzteilchen durch die hohen Temperaturen der Trockenpartie) verbinden sich die Harzteilchchen fest mit den Fibrillen der Fasern; der gewünschte Leimungseffekt wird erzielt. Dabei liegt der pH- Wert um 4.5. Die dabei freiwerdende Schwefelsäure bei der hydrolytischen Spaltung des Aluminiumsulfats versetzt die Masse in das saure Medium, das für eine gute Führung der Papierbahn durch die Papiermaschine von Bedeutung ist. Aluminium- sulfat ist für den Leimungsprozeß wichtig, doch verbleiben durch erforderliche Über- dosierung Säurereste im Papier, die im Laufe der Jahre bei natürlicher Alterung je 163 nach Umwelteinfluß (Temperatur, Luftfeuchtigkeit) die Fasern schädigten. Heute hat sich der Einsatz von Natriumaluminat neben Aluminiumsulfat durchgesetzt, wobei die Masseleimung bei höheren pH-Werten durchgeführt werden kann. Der Prozeß der Massenleimung nach Illig, konnte direkt in die Papierherstellung eingebunden wer- den, so daß die Papierherstellung vereinfacht wurde (Sandermann, 1992; Wächter, 1997). Zahlreiche Fortschritte im 18. Jahrhundert und zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden bei der Papierherstellung verzeichnet. Bald wurde die Handfertigung von Papier durch die Papiermaschine überholt, doch leisteten diese gegenüber heutigen Maschinen sehr wenig. Heutige Papiermaschinen erreichen eine Laufgeschwindig- keit von annähernd 2 000 Metern pro Minute, die ersten Papiermaschinen mußten sich mit 6 bis 10 Metern pro Minute begnügen. Dennoch waren die Papierbetriebe in Vorfeld der Industrialisierung noch sehr arbeitsintensiv. Dasselbe galt für die Mecha- nisierung der Druckindustrie; die Rotationspresse vereinfachte zwar den Druckvor- gang, brachte aber keine Einsparung an Fachkräften. Nicht förderlich zur Industriali- sierung war der niedrige Papierbedarf von 1 bis 3 kg/pro Person (heute 150 bis 250 kg/Person), der durch den Mangel an Rohstoff auch nicht hätte erhöht werden kön- nen. Es fehlten noch einige wichtige Details, bis die Papierherstellung industrialisiert werden konnte. Es wurden seit Réamur unter Hinweis, auf den Bau der Wespen viele Versuche unternommen, Holz als Rohstoff für die Papierherstellung einzusetzen. Um 1810 hatte man fein gemahlene Sägespäne dem Lumpenpapier beigemischt und ein rohes Papier erhalten, das sich nur zum Verpacken und für Tapeten eignete. Im Dezember 1843 gelang es dem sächsischen Webermeister Friedrich Gottlob Keller (1816 - 1895) Holz, das er unter Zugabe von Wasser unter Druck an einen rotierenden Schleifstein preßte, einen Faserstoff herzustellen. Auf seine Schleifmaschine nahm er 1840 ein deutsches Patent (Kellersche Holzschleifer) und 1845 in Sachsen das Privileg eines Verfahrens zur Gewinnung von Papier aus seiner Holzfaser bei einem Zusatz von 50 bis 60 Prozent Lumpenpapier. Bei diesem Verfahren wurden immerhin 40 bis 50 Prozent Lumpen zur Papierherstellung eingespart. Nach dem Erwerb und Betreiben einer Papiermühle in Kühnheide bei Marienberg war Keller 1850 bankrott. Der Heidenheimer Papiermacher Heinrich Voelter (1817 - 1887) interessierte sich für das Verfahren und übernahm es 1846. Der Mechaniker J. M. konnte den Nachteil des Kellerschen Verfahrens, daß der grobe Faserstoff zu viele Splitter hatte, die die feinen Siebe verstopften, erfolgreich verbessern. Er entwickelte einen Defibreur, der mehr Feinstoff und weniger Splitter lieferte, sowie einen Raffineur, der den Grobstoff zerteilte und zur Rentabilität der Schlifftechnik beitrug, wodurch das Interesse der Industrie beachtlich zunahm. In Deutschland gab es 1870 120 und in den USA 112 Holzschleifereien. Die Forstwirtschaft profitierte davon besonders, denn Hölzer minderer Stärke bis 6 cm Durchmesser konnten jetzt als Papierholz zu einem höheren Gewinn als Brennholz verkauft werden. Im Jahre 1879 waren in 164

Deutschland 340 Holzschleifer in Betrieb und 4 800 Arbeiter verarbeiteten in der Holzschliffindustrie 80 000 Tonnen Nadelholz. Schaffte ein Vielpressenschleifer von 60 Kilowatt im Jahre 1869 eine Tonne Holzschliff, stellte 1960 ein Voith- Stetigschleifer von 2 500 Kilowatt 48 Tonnen Holzschliff am Tag her. Jedoch läßt sich nicht jedes Holz gut schleifen. Fichte, Tanne, auch Pappel und Espe sind am geeignetsten. Kiefer macht große Schwierigkeiten, wenn es nicht richtig abgelagert ist, da das Harz sehr stark stört. Gleichzeitig und unab- hängig von Keller hatte 1839 in Kanada Charles Fenerty in Nova Scotia sich mit dem gleichen Verfahren wie Keller befaßt und konn- te 1841 aus Holzschliff Pa- pier machen. Fenerty fand jedoch keine Unterstützung der kanadischen Papierin- dustrie und geriet in Ver- gessenheit. Erst 1987 wur- Holzschliffmaschine (Voelter) de er auf einer Briefmarke der kanadischen Post geehrt (Sandermann, 1992; Beneke, 1998). Der Holzschliff gab der Papierindustrie große Impulse, doch für sich allein war er kein idealer Rohstoff. Für Zeitungspapier mußte noch 20% langfaseriger Zellstoff zu- gesetzt werden, den man aus Hadern herstellte. Holzschliffartige Papiere hatten geringe Festigkeit und vergilbten schnell. Man mußte für das Lumpenpapier einen langfaserigen Ersatz finden. Hatte Holzschliff noch alle Nebenbestandteile der faserbindenden , sollte der neue Stoff möglicht frei von inkrustierenden Bestandteilen wie Harz, und frei von, wie man heute weiß, sein. Der Zellstoff mußte chemisch gewonnen werden, da das Lignin nur so aus dem Faserverband entfernt werden konnte. Die ersten, denen es 1851 gelang, die inkrustierenden Teilchen zu entfernen, waren der Engländer Charles Watt und der Amerikaner Hugh Burgess. Sie stellten erstmals durch Kochen von Holzschnitzeln in Alkalilauge (Natronlauge, Natriumcar- bonat) bei hoher Temperatur und unter Druck den Natron- oder Sodazellstoff in Eng- land her. Hierbei wählten sie wenig benutzte Hölzer wie Pappel und Hemlock aus. Das London Journal, das aus dem so gewonnen Papier gedruckt wurde, bestand seine Feuertaufe. Burgess baute größere Produktionsanlagen, doch begegneten ihm und Watt große Vorbehalte und vorgefaßte Ablehnung. Die Erfinder gingen nach Amerika, wo sie in der 1863 gegründeten American Wood Company mit der Auswertung des Alkaliverfahrens begannen und in Manyunk (Pennsylvania) eine für 165 damalige Zeiten ungewöhnlich große Anlage bauten, die täglich 20 Tonnen Zellstoff herstellte. Die Firma hielt jedoch finanziell nicht durch. Als nächstes kam das am Anfang diese Berichts dargestellte Verfahren in Be- tracht; die Gewinnung von Zellstoff nach dem Sulfitprozeß, nach Benjamin Chew Tilghman. Doch wie berichtet brach Tilghman seine Experimente ab. Die Schweden George Fry und Carl Daniel Ekman, letzterer 1871 Manager der Bergvik Papiermühle, beschäftigten sich mit der Bleiche von Holzschliff mit Hilfe von Schwefeldioxid unter Druck. Ekmann kochte Holzschliff mit einer Lösung von Mag- nesiumbisulfit und erhielt einen brauchbaren Zellstoff. Da die Firma Bergvik einer englischen Firma gehörte, baute Ekman 1883 in England eine Anlage zur Gewinnung von Zellstoff nach seinem Verfahren auf. Weitere Anlagen entstanden in den USA (Sandermann, 1992; Wächter, 1997). Etwa zur gleichen Zeit wie Ekman (1872 bis 1874) verkaufte Alexander Mitscherlich (1836 - 1918), der Sohn von Eilhard Mitscherlich (1794 - 1863), feinsten weißen Zellstoff, den er, als Professor der Chemie an der Forstakademie Han- noversch-Münden, nach dem Sulfitverfahren im Laboratorium hergestellt hatte. Angeregt wurde Alexander Mitscherlich von seinen Brüdern Oskar und Richard, die sich mit dem Gedanken trugen, eine Zellstoffabrik nach dem Natronverfahren zu errichten. Dieses Verfahren fand A. Mitscherlich unökonomisch, beschäftigte sich mit dem Sulfitverfahren und setzte Hydrogensulfit ein. Nach dem Laborerfolg wollte Mitscherlich größere Mengen Zellstoff gewinnen und baute in der Düngemittelfabrik Rissmüller in Münden einen großen Kessel auf. Dabei bekam er große Schwierig- keiten, denn der Stahl des Kessels wurde von der sauren Kochlauge angegriffen. Bei der Verwendung von Kupfer verfärbte sich der Zellstoff, Bleiplatten verbogen sich. Mitscherlich fand in der druck- und säurefesten Steinauskleidung eine ideales Material. 1877 konnte er die ersten 10 Tonnen seines Zellstoffs verkaufen. Die vor- gesetzte Behörde in Berlin entzog ihm jedoch die Betriebserlaubnis, da der Betrieb einer Zellstoffabrik unvereinbar mit der Würde eines Hochschullehrers sei. Außerdem beklagte sich die Forstbehörde, daß der Abdampf der Anlage Baumschäden verur- sachte und das Wild vergrämt wurde. Dieser damalige Befund von Baumschäden durch eine solch kleine Anlage führte durch die fortschreitende allgemeine Industriali- sierung zu dem heute bekannten Waldsterben, an dem auch die Zellstoffabriken nicht ganz unbeteiligt waren (Pötsch, 1989 b; Sandermann 1992). Mitscherlich wurde in mehrere Patentprozesse verwickelt, die sich 15 Jahre hin- zogen. Zwei süddeutsche Firmen verklagten ihn auf über eine Million Mark Schaden- ersatz, weil sich im Interessengebiet dieser Firmen entgegen seiner vertraglichen Zu- sage, andere Zellstoffabriken niedergelassen hatten. Dabei wurde der Wortbruch eines zur Geheimhaltung verpflichteten Ingenieurs und durch einen ehemaligen Assi- stenten von Mitscherlich, der Geheimnisse verriet, aufgedeckt. Trotzdem erreichten die Gegner eine teilweise Nichtigsprechung der Patente, so daß Mitscherlich der Ge- winn entzogen wurde. Auf Grund der Patentprozesse hatte er erneut Schwierigkeiten 166 im Amt, das er 1883 niederlegte, und sich in Freiburg als Privatgelehrter niederließ. Sein ausgereiftes Verfahren setzte sich erfolgreich durch, und in Deutschland begann die Herstellung von chemisch aus Holz gewonnener Cellulose. Mitscherlich konnte das Verfahren ökonomischer gestalten, in dem er den Zucker aus den Ablau- gen zu Alkohol vergärte. 1898 realisierte er in seiner eigenen Fabrik in Hof (Saale) die Herstellung von Papierleim aus der Ablauge des Sulfitverfahrens (Pötsch, 1989 b; Sandermann 1992). Besonders eignete sich das Sulfitverfahren für Fichtenholz, nicht für das harz- reiche Kiefernholz. Jedoch konnte Carl F. Dahl 1884 Kiefernholz in dem von ihm erfundenen Sulfatverfahren zu Zellstoff verarbeiten. Dabei wird das Holz geschnitzelt und mit einer alkalischen Lösung gekocht. Der Alkaliverlust wird dabei durch Zusatz von Natriumsulfat ausgeglichen. Nach dem Kochen wird die Lauge (Schwarzlauge) nach dem Eindampfen verbrannt und das zurückbleibende Salz (Mischung aus Alkalicarbonat und Natriumsulfid) wiederverwendet. Diese Salzschmelze wird mit gelöschtem Kalk versetzt (kaustiziert), um das Natriumcarbonat in das für die Kochung benötigte Natriumhydroxid zu überführen:

Na2CO3 + Ca(OH)2 ←→ 2 NaOH + CaCO3

Der dabei entstehende Kalk fällt als Schlamm aus, wird mit einem Drehfilter abgetrennt und zur Wiederverwendung zu CaO gebrannt. Durch diesen Kreisprozeß wird die zur Wiederverwendung geeignete Weißlauge erhalten. Sie enthält etwa 8-

9% NaOH, 2% Na2S und geringe Mengen an Natriumsulfat und Natriumcarbonat. Das Natriumhydroxid wird also auf billige Weise regeneriert, der Alkaliverlust durch billiges Natriumsulfat ausgeglichen und etwa 50% der aus Holz herausgelösten Bestandteile über die Schwarzlauge als Brennmaterial verwendet. Der so hergestell- te Sulfatzellstoff (Kraftzellstoff) ist dunkel, aber sehr fest und besonders für Pack- papier und als Deckpapier für Pappen geeignet. Wird der Sulfatzellstoff gebleicht, ist er allgemein für die Papierwirtschaft verwendbar. Besonders für Skandinavien war das Sulfatverfahren von Vorteil, da die Kiefer mengenmäßig die Hälfte des Waldbe- standes ausmachte (Sandermann, 1992). Die Herstellung des Papiers, das aus China über Arabien nach Europa und Deutschland kam, geht von unterschiedlichen Arten des Ausgangsmaterials sowie der Behandlung (Vergütung, Beschichtung) aus doch war die Herstellung lange Jahrhunderte im wesentlichen ähnlich. Bereits im 3. Jahrhundert vor Chr. wurde in China ein papierähnliches Material aus Seidenabfällen hergestellt. Dabei wurde dieser Beschreibstoff wahrscheinlich durch eine Faseraufschwemmung durch Eingießen in eine gewebte Siebform und Trocknung auf dem Sieb gewonnen. Später (25 bis 225; Han Dynastie) verwandte man vorher separierte Pfanzenfasern, die im Produktionsprozeß verfilzt wurden. Eine chinesische Geschichtsquelle aus dem 5. Jahrhundert berichtet über die Herstellung von Papier, wobei als Materialien 167

Baumrinde, Hanfabfälle, Hadern und alte Fischernetze genannt werden. Es kamen die Einführung der Schöpfmethode und die Verwendung eines flexiblen Bambussiebes hinzu, um Blätter aus Papier herzustellen.

Untersuchungen von Papieren aus dem 5. bis 7 Jahrhundert zeigten, daß neben mecha- nisch aufgeschlossenen Fasern bereits maze- rierte (chemisch aufgeschlossene) Fasern vorklagen. Die vorerst ungeleimtem Papiere versuchte man durch Einreiben mit Gips und getrockneter Stärke tintenfest zu machen. Die Leimung des Papiers mit verkleisterter Stärke im 7. Jahrhundert wurde später von den Arabern vervollkommnet. China dehnte sich im Westen bis an das arabische Reich aus. Das exportierte Papier wurde im 8. Jahrhundert durch eigene Papierherstellung (China) Produkte ersetzt; chinesische Kriegsgefangene halfen bei der Herstellung. Gleichzeitig begann unter der Herrschaft der Samaniden (874 - 998) die Entwicklung eines islamischen Kulturbereichs, wobei Literatur und Wissenschaft einen großen Aufschwung erfuhren und viel Papier gebraucht wurde, so daß dieses im 10. bis 12. Jahrhundert im ganzem islamischen Kulturkreis verbreitet war. Auch in Ägypten trat um 800 Papier auf jedoch wurde dort noch lange danach das für dieses Land typische Papyrus als Schreibmaterial benutzt (Sandermann, 1992; Beneke, 1995; Wächter, 1998). Die arabischen Papiere wurden ausschließlich aus textilen Abfällen (Lumpen, Hanftaue) hergestellt. Der Papierbrei wurde durch Stampfen des Rohstoffes und nicht durch Mahlung gewonnen. Der Schöpfvorgang wurde teilweise als Eingießver- fahren durchgeführt, wobei die geringe Wasserdurchlässigkeit der Schilfsiebe eine Pause zwischen dem Schöpfvorgang und dem Abgautschen notwendig machten. Nach dem Trocknen der Blätter wurden diese mit verkleisteter Weizenstärke bestri- chen, jedoch benutzte man auch unverkleisterte Stärke als Füllstoff zur Verbes- serung der Weiße, zur Glättung der Oberfläche und zur Beschwerung. Die Eroberung Südspaniens im 8. und Siziliens im 9. Jahrhundert brachte das Papier nach der Herstellungsweise der Araber nach Europa, später auch weiter nach dem Norden Italiens. Die Lebensdauer des arabischen Papiers war wahrscheinlich beschränkt, denn der Kaiser des römischen Reiches deutscher Nation Friedrich II. (1194 - 1250; Kaiser von 1220 - 1250; Enkel von Friedrich I. (Barbarossa) (1125 - 1190; Kaiser von 1155 - 1190) verbot in seinem Constitutiones Regni Siciliae den Gebrauch des Papiers für Notarisierungsurkunden. Diese Anfälligkeit der arabischen Papiere hat ihre Ursache in der Stärkeleimung, die unter den klimatischen Verhältnis- sen für Mikroben und Insekten eine ideale Nahrungsquelle waren. Die Bibliotheken 168 waren durch das subtropische Klima vor erhebliche Probleme gestellt. Dabei war auch die Beschwörung des Geistes Kabikedsch - in arabischen Handschriften fand man oft ganze Seiten mit derartigen Gebeten - vergeblich (Sandermann, 1992; Wächter, 1998). Durch die Vertreibung der Mauren aus Spanien Mitte des 13. Jahrhunderts verlor die spanische Papiermacherei an Bedeutung, und der Bedarf wurde immer mehr durch italienisches Papier gedeckt. Zentrum in Europa wurde Fabriano in Norditalien. Die Papiermacher hatten dort Ende des 13. Jahrhunderts die Konkurrenz überflügelt, dabei auch drei wesentliche Veränderungen der Papierherstellung eingeführt. Die arabische Zerkleinerung der Lumpen mit Mörser und Stößel im Handbetrieb wurde durch wassergetriebene Stampfwerke ersetzt. Dies erbrachte eine wesentliche Quali- tätsverbesserung durch eine gleichmäßigere und feinere Faser. Weiterhin hatte sich die tierische Leimung durchgesetzt und der Schöpfvorgang mit der neuen starren Drahtform, die bedeutend schneller entwässerte. Dies machte die Übergabe an den Gautscher möglich und ergab eine Arbeitsteilung. Dabei wurde das Blatt von der starren Form auf Filze gelegt und im Stapel ausgepreßt und später auseinander gelegt. Die Anbringung von Wasserzeichen an dem starren Sieb als Qualitäts- oder Fabrikationszeichen gestattete die Zuordnung des Herstellers. Von Italien kam die Papierherstellung auch nach Deutschland, wobei sich das Zentrum zwischen Donau, Lech und Bodensee ausbildete, da dort die Leinwandpro- duktion im 14. und 15. Jahrhundert blühte, was das Rohstoffaufkommen für die Papierherstellung absicherte (Sandermann, 1992; Wächter, 1998).

Schema einer modernen Papiermachine (Preis ca. ½ Millarde Euro)

Die heutige Herstellung von Papier ist äußerst kompliziert, da je nach Papierart unterschiedliche chemische Substanzen verwendet werden. Die verschiedenen Fa- serstoffe, die je nach Sorte Verwendung finden, werden im Pulpern in Wasser suspendiert und mit Mahlmaschinen kontinuierlich gemahlen. Danach werden die 169

Suspensionen über getrennte Vorratsbütten in bestimmten Mischungsverhältnissen in eine Maschinenbütte gebracht, um den eigentlichen Papierbrei zu mischen. Dazu werden Füllstoffe, Farbstoffe, Harzleim, Alaun, Wasserglas, Flockungsmittel, Netz- mittel, Konservierungsmittel, Schleimbekämpfungsmittel, Flammschutzmittel, Antista- tika, Weichmacher, Retentionsmittel, Entschäumer, Naßverfestigungsmittel, Anti- blockmittel, optische Aufheller, Hydrophobierungsmittel usw. je nach Papiersorte zugegeben und gemischt. Erst jetzt beginnt die eigentliche Papierherstellung in riesigen Maschinen automatisch gesteuert, die mit der mittelalterlichen Papierproduk- tion überhaupt nichts mehr zu tun hat. Die Kolloidwissenschaft wird bei den unter- schiedlichen Stoffen aufs äußerste gefordert um Pannen zu vermeiden (Beneke, 1995). Papierfabriken gehören zu den größten Wasserverbrauchern der Industrie. Für eine Tonne Papier werden je nach Sorte zwischen 60 bis 100 m3 Wasser benötigt. Bei einer Tagesproduktion von 400 Tonnen sind das etwa 35 000 m3 Wasser. Papierfabriken findet man deshalb an Flüssen oder ergiebigen Brunnen, wobei gleichzeitig eine gute Wasserqualität gefordert wird. Es darf keine Sink- und Schweb- stoffe sowie gröbere Verunreinigungen enthalten. Dazu wird eine geringe Härte ge- fordert und es muß frei von Eisen, Mangan und in Lösung befindlichen organischen Stoffen sein (Sandermann, 1992).

Verschiedene Papiersorten (Sandermann, 1992)

Aquarellpapier holzfrei, radierfest, rauhe Oberfläche, manchmal hadern- artig Banknotenpapier mit Wasserzeichen und anderen Fälschungssicherungen, wie eingelegten Metallfäden, aus Baumwollkämmlingen, auch Hadern Bibeldruckpapier holzfrei, stark füllstoffhaltig, niedriges Flächengewicht (Dünndruckpapier) Dachpappe Pappe, mit Bitumen getränkt, besandet Dekorpapier 30 bis 120 g/m2, kunstharzimprägniert, bedruckt Druckpapier über 60 g/m2, holzfrei und holzhaltig, ausreichende Opazität, Festigkeit, Steifigkeit und Glätte, auch gestrichen, für Telefon-, Kurs- und Adreßbücher Elektroisolierpapier aus Zellstoff, frei von Füllstoffen, Metall, Salzen und Säuren, meist mit Kunstharzen imprägniert. Bei Kabelpapieren: hohe Längsfestigkeit. Kondensatorpapier: 6 bis 7 g/m2, porenfrei, 0.006-0.012 mm dick Feinpapier oft mit Hadern, holzfrei, für höchste Ansprüche Filtrierpapier aus weichem, gebleichtem Zellstoff, z. T. naßfest, Mahlung und Kreppung wichtig Fotopapier naßfest, dimensionsstabil, frei von Eisen, Kupfer usw. 170

Heute: beidseitig mit Polyethylenfolie beschichtet Illustrationsdruckpapier meist holzartig, ungeleimt, füllstoffhaltig, stark satiniert (das Glätten von Papieren mit Hilfe von wechselweise angeordneten Papier- und Metallwalzen, um die Ober- flächenbeschaffenheit der Papiere und damit die Bedruck- barkeit und Glanz zu verbessern), für den Rotationsdruck Karton 150 bis 600 g/m2, durch Aufeinanderpressen nasser Papier- bahnen, für Faltschachteln, Feinkartonagen, Papierbecher, für Milch- und Saftverpackungen Kraftpapier Verpackungspapier, für Papiersäcke. Kraftliner für Wellpap- pe. Kraftseidenpapier: unter 30 g/m2, Einwickelpapier Kreppapier Erhöhte Dehnbarkeit durch Stauchen, Kreppsackpapier (Clupak), Krepp-Hygeniepapier: Toilettenpapier, Handtü- cher usw. Kunstdruckpapier Zweiseitig, gestrichen, geschlossene Oberfläche Löschpapier Füllstoffrei, voluminös, saugfähig, aus Baumwolle/Linters und Zellstoff LWC-Papier Zweiseitig gestrichen, holzhaltiges Rollenpapier für Zeit- (Light weight coated) schriften, Kataloge, unter 72 g/m2 Offsetpapier Rupffest, dimensionsstabil, nicht staubend, holzfrei oder holzhaltig, gestrichen und ungestrichen Pappe Über 600 g/m2, Holzpappe aus Holzstoff, Graupappe aus Altpapier Pergamin Sehr fein gemahlen, stark satiniert, transparent, Einschlag- papier, Schutzumschläge, Kuvertfenster Recyclingpapier Grau (frei von restlicher Druckerschwärze), für Zeitungs- druck, Kopier-, Hygienepapier Selbstdurchschreibpapier Unter Druck entwickelt sich Farbe, für Unterschriften von Zahlungsbelegen usw. Synthesepapier aus synthetischen Fasern (Polyamid, Polyester, Zellwolle), Bindemittel, Füllstoffe; für Landkarten, Ausweise, Dokumen- te, Textilien Teebeutelpapier Hochporös, naßfest, geschmacksneutral, 12 bis 16 g/m2, aus Manilafaser Tissue aus einer oder mehreren Lagen dünnem, feingekrepptem (Hygienepapier) Vlies, weich, schmiegsam, saugfähig, aus Zellstoff, de-ink- tem Altpapier oder Schliff; für Servietten, Toilettenpapier, Küchenrollen usw. Zigarettenpapier Ungeleimtes Papier 18 bis 24 g/m2, aus Leinen- und Hanf- fasern; heute auch aus besonderen Zellstoffsorten. Zur Steigerung der Glimmfähigkeit hat das Papier einen Füll- stoffanteil von über 30 %

Im Schloß Ludwigslust in Mecklenburg-Vorpommern, das heute als Museum für höfische Kunst und Interieur des 18. und 19. Jahrhunderts dient, sieht man bei einem Rundgang im Schloß bei der Ausstattung keinen Unterschied, was aus echtem 171

Material oder aus „Ludwigsluster “. So ist z. B. eine zwanzig Zentimeter hohe bronzene Männerbüste aus dem 18. Jahrhundert so leicht wie eine Schachtel Styro- por. Die vermeintliche Bronze ist nur aufgemalt, die Büste besteht aus Papiermaché, in perfekter Täuschung (Rossner, 1998). Mitte des 18. Jahrhunderts wurde der Lakai Johann Georg Bachmann bei Herzog Friedrich dem Frommen von Mecklenburg (1717 - 1785) vorstellig, um ihm von dem Geheimnis eines neuen Werkstoffs, des Papiermachés, zu erzählen. In dieser aufgeklärten Zeit waren die Menschen vom Forschergeist beseelt und der Herzog war von Bachmanns Idee sehr angetan. Herzog Friedrich war trotz pietisti- scher Frömmigkeit nicht nur kunstsinnig, hatte einen ausgeprägten Sinn für Natur- wissenschaften und besaß eine praktische Sparsamkeit, durch die er dem Lakaien erlaubte, sein Wissen zu erproben. Die Idee Bachmanns war nicht jedoch nicht neu. Papiermaché war in Europa seit dem 15. Jahrhundert bekannt. Seit dem 16. Jahrhundert wurden in vielen Wallfahrts- orten Devotionalien, in Nürnberg Fastnachtsrequisiten aus diesem billigen Stoff verkauft. Der Schupftabakliebhaber Friedrich II. (der Große) von Preußen (1712 - 1786; König von 1740 - 1786) war besonders von den französischen Schnupf- tabaksdosen aus Pappmaché so angetan, daß er 1767 in Berlin eine eigene Manufaktur für Galanteriewaren gründete (Rossner, 1998). Zur Herstellung von Papiermaché („zerkautes Papier, Papierbrei“) dienen drei Verfahren. In der Gießtechnik wird ein zäher Papierbrei in Formen aus saugfähigem Material wie Ton gegossen. Die Feuchtigkeit wird aufgesaugt, und das Papiermaché verfestigt sich. Diese Papiermaché ist nicht allzu stabil, da die Papierfasern zerstört sind. Bei der Bossiertechnik wird ein fester Kern hergestellt oder das Papiermaché wird aus der freien Hand geformt. Die dritte und aufwendigste Herstellungsart ist die Schichttechnik (Papierkasché). Dabei werden Modelle überformt, also kaschiert, indem schichtweise Papierstücke mit einer leimartigen Substanz aufgeklebt werden. Dabei ist die erste Lage nur feuchtes Papier, damit man das Modell später ablösen kann. Jede Schicht muß erst trocknen, bevor die nächste aufgebracht wird. Sind genügend Schichten aufgebracht, beginnt die eigentliche Feinarbeit. Dazu wird das Papiermaché-Objekt geschliffen und poliert, je nach gewünschtem Effekt farbig gefaßt oder gelackt, bis es dem Original, einer Marmorbüste, einem goldenen Stuck- relief oder einer Porzellanvase zum Verwechseln ähnlich sieht. Bachmanns Kunstwerke hatten tatsächlich ein erstaunliches Geheimnis: die Papiermaché war witterungsfest. In dem in der barocken Gartenkunst typischen Kaisersaal waren rechts und links der Allee Büsten antiker Herrscher aneinander- gereiht. Die von Bachmann verwendeten geheime Zusätze sind bis heute nicht bekannt. Wie alle Papiermachéhersteller hütete er sein Geheimnis; außer Rechnun- gen wurde nichts schriftlich niedergelegt. Für jeden einzelnen Arbeitsschritt zog er einen anderen Bildhauer hinzu, selbst Restauratoren können nicht feststellen ob 172 diese witterungsbeständigen Objekte nur gelackt, oder mit Harz und Öl durchtränkt sind (Rossner, 1998). Die „Ludwigsluster Carton-Fabrique“, die größten Kunden waren Herzog Fried- rich und sein Nachfolger Friedrich Franz I., florierte bis 1806 so gut, daß 1773 die Weisung erfolgte, alles Altpapier aus den herzoglichen Amtsstuben der Manufaktur zur Verwendung zu übergeben. Da diese nur die Schichttechnik anwendete, kann man noch heute Schriftzüge und Zahlenkolonnen auf den Papierstücken entdecken. Nach dem Bachmannschen Papiermaché-Verfahren konnte man Dekorationen und Ornamente für Räume und Möbel in Form von Zierleisten, Rosetten, Refiefs, Paneelen, Bilderrahmen, Kerzenständern und anderen Gegenständen herstellen. Da die „vorzüglichen Pappwaren“ sehr beliebt waren, wurde bald darauf die Produktion erweitert, und Prunkvasen, Tafelaufsätze, Statuen, Uhrengehäuse, Möbel und Konsolen wurden hergestellt. Dabei wurden nicht nur antike Vorlagen, sondern auch Werke zeitgenössischer Künstler benutzt. Wie dabei das ‘Copyright’ gelöst wurde, weiß man nicht (Rossner, 1998). Ludwigslust wurde zu einem Zentrum der Papiermaché-Herstellung, da der Herzog Friedrich der Fromme unbedingt eine Residenz nach den berühmten Vorbildern in Versailles und Sanssouci errichten lassen wollte. Er erkor 1763 das Jagd- schloß seines Vaters Herzog Christian Ludwig II. für dieses ehrgeizige Unternehmen, obwohl die Epoche des prunkvollen Schloßbaus schon dem Schloß Ludwigslust Ende zuging. Das zweiflüglige stattliche Schloß wurde von 1772 bis 1776 im Stil des spätbarocken Klassizismus erbaut. Großartige, vom Hofbaumeister Johann Joachim Franz kreierte Wasserspiele mit Pavillons, Mausoleen und Skulpturen wurden nach englischem Vorbild angelegt. Das Schloß entstand in barocker Manier auf dem Reißbrett mit regelmäßiger Stadtanlage und Blickachse auf die Schloßkirche. In dieser befinden sich im monumentalem Wandgemälde des Chores ebenfalls unzählige Papiermaché- Bögen. Da sich die Herzöge von Mecklenburg von jeher in finanziellen Nöten befan- den, war das kostengünstige Pappmaché des Johann Georg Bachmann für das neue Traumschloss sehr willkommen. Die Blütezeit der Papiermaché-Manufaktur war allerdings nur von kurzer Dauer. Ab 1808 begann schleichend der Niedergang. Als die Residenz 1837 durch Groß- herzog Paul nach Schwerin zurückgelegt wurde, war die Herstellung von Papier- maché bereits seit zwei Jahren eingestellt, da sich die Nachfrage durch Veränderung des Geschmacks und der Wohnkultur stark verändert hatte. Man bevorzugte wieder die „echten Materialien“. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts, der Gründerzeit, wurde Papiermaché wiederentdeckt. Von Toilettenartikeln bis zum Spielzeug, vor allem 173

Puppen, wurde industriell billig en masse hergestellt. Diese Produkte waren nicht mit den Kunstwerken im Ludwigsluster Schloß zu vergleichen (Rossner, 1998). Auf Papier kann man nicht nur Kunstwerke abbilden, sondern auch Kunstwerke herstellen. Die Japaner beherrschen die große Kunst des , indem sie aus Papierblättern Tiere, Blumen und andere Kunstwerke falten. Die Japaner stellten auch Papierkleider her. Der Stoff (Kamiko) wurde aus ech- tem japanischen Papier gewonnen, das aus den Fasern der Innenrinde der zwei- jährigen Zweige des Maulbeerbaumes hergestellt wurde. Zwischen zwei Papierlagen wurde eine dünne Schicht von Seidenwatte eingebettet, und die drei Lagen wurden durch Steppnähte zusammengehalten. Japanische Soldaten trugen im japanisch- chinesischen Krieg (1895) Hemden aus Papier, auch im Krieg gegen Rußland (1904/05) und selbst in strengen Wintern während des Ersten Weltkriegs (1914 - 1918). Die Hemden und Unterhosen sollten bequemer als aus Flanell sein. Der Nachteil dieses billigen, geschmeidigen, aber zähen Stoffes war, die schlechte Wärmeleitung. Der Stoff ließ die Ausdünstungen der Haut nicht durch und konnte nicht gewaschen werden. Trotzdem erwarb die russische Heeresverwaltung im Ersten Weltkrieg Papierkleider von den Japanern, da sie im eigenen Lande nicht so- viel Stoff produzieren konnten, wie gebraucht wurde (Sch., 1920). Auch aus Persien wurde schon bald nach der Einführung des Papiers, die Her- stellung von Papierkleidern berichtet. Der persische Dichter Hafnis (Schams od-Din Mohammed (1327 - 1390)) sang: „Blut´ge Tränen muß ich weinen aufs papierne Bettlerkleid, weil für mich Gekränkten keinen Trost hat die Gerechtigkeit“. In Persien war es üblich geworden, daß die Bettler ein Kleid aus rotem Papier trugen. Wer beim König ein Gesuch oder eine Klage vorzubringen hatte, zog ein ro- tes Papierkleid an, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Desgleichen taten die Kläger vor dem Richter. Das Rot wurde in Persien die Farbe der Menschlichkeit. Da es die auffallendste unter allen Farben war, trugen es die Unterdrückten und Bedürftigen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Als der seldschukische Wesir Nizam el- Mulk 1092 den Armen die Unterstützung entzog, las ihm der Bagdader Scheich Abu Said eine ihm zum Vorwurf gereichende Predigt vor. Darin hieß es: „Ein tauber indischer König habe einstens angeordnet, daß alle Unterdrückten und Dürftigen ein rotes Kleid anziehen sollten, und daß außer ihnen kein andrer in einem solchen An- zug erscheinen dürfe, damit er ohne die Schwierigkeit der Unterredung die Beschaf- fenheit der Lage sogleich erkennen könne“ (Sch., 1920). Auch der englische Seefahrer James Cook (1728 - 1779) berichtete nach seiner dritten Weltumseglung (1778), daß einige Südseevölker Kleider aus Papier trugen, die in der Regel bemalt oder grellfarbig waren. Anderson, ein Reisegefährte Cooks, beschrieb die Herstellung dieses Stoffes auf der Insel Tongatapu (Inselgruppe mit den Inseln Nuku´alofa, Eua und Ata beim 20. Breitengad und 170. Längengrad) wie folgt: 174

„Die Frauen und Mädchen nehmen 4 Finger starke Stämmchen des Papiermaul- beerbaumes, der selten höher als 2 Meter wächst; von diesem streifen sie die Borke ab und befreien diese von der äußeren grünen Rindenschicht; die Borke wird dann in Wasser eingeweicht, mit grob gerieften Keulen wiederholt geschlagen und dann ge- trocknet; sie bilden dann Stücke von etwa 2 Meter Länge und 1 Meter Breite. Mehrere solcher Stücke vereinigt man durch den klebrigen Saft eines „Tu“ genannten Strauches und legt sie über ein flaches Holzstück, auf dem ein siebartiges Fasergewebe befestigt ist. Die Arbeiterin taucht einen Tuchlappen in den Saft des Kokkabaumes und bestreicht damit rasch das in Arbeit befindliche Papier. Dieses erhält dadurch oben eine braune Färbung und etwas Glanz, während das Siebgewebe eine Art Pressung hervorruft. So wird weiter gefärbt und geklebt, bis ein Stück Tuch von gewünschter Länge und Breite fertig ist; der Rand von etwa 30 Zentimeter wird anders gefärbt. Sind einige Stellen des Tuches zu dünn oder sind irgendwo gar Löcher geblieben, so werden diese mit Stoffteilchen und Klebflüssigkeit auf die nötige Stärke ausgefüllt. Zur Erzielung schwarzer Farbe wird der Kokkasaft mit dem einer Diodu genannten öligen Frucht gemischt“ (Sch., 1920).

Literatur

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