Deutschlands Längster Tag Rudolf Augstein Über Die Verschwörer Des 20

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Deutschlands Längster Tag Rudolf Augstein Über Die Verschwörer Des 20 Deutschlands längster Tag Rudolf Augstein über die Verschwörer des 20. Juli 1944 er Krieg Hitlers und der Krieg chen. Elser, von der sten Stelle des Mannes der Wehrmacht waren ein und Gestapo befragt, sagte: getroffen worden und Dderselbe Krieg. Wer Hitler in den „Wenn sie mich erwi- konnte danach nur Arm fallen wollte, mußte ihn töten. schen, dachte ich, muß noch mit Morphium Wer das vorhatte, mußte bereit sein, ich eben die Strafe auf existieren. auch selbst zu sterben. mich nehmen.“* Wahr ist, er hat die- Dazu war Gelegenheit, aber es fehl- Sicherlich waren tau- sen Hitler-Krieg nicht te den Deutschen, außer vielleicht ei- send bis zehntausend gewollt, dachte aber ner Handvoll, an der nötigen Kamika- Deutsche, Männer und niemals an Verschwö- ze-Gesinnung, wie sie ehedem die Ja- Frauen, während des rung. Juwelen und Bil- paner aufbrachten und neuerdings ara- Krieges mit regime- der waren ihm ebenso bische Rebellen aufbringen. feindlichen Tätigkei- wichtig wie der – miß- Keine Geschichtsschreibung kommt ten beschäftigt. Die lungene – Aufbau sei- um die unbequeme Tatsache herum, schließlich das Atten- ner Luftwaffe. Zwei daß nur der Schreiner Johann Georg tat 1944 ausführten, seiner höchsten Unter- Elser Hitler ernsthaft und planvoll waren Berufsoffiziere gebenen begingen nach dem Leben trachtete. Er war ein des Heeres und 1939 Selbstmord, Ernst akribischer und konsequenter Alleintä- fröhlich in den schon Udet, der Jagdflieger, ter. bei Beginn verlorenen und Hans Jeschonnek, Vom 5. August bis zum 6. Novem- Krieg hineingeritten. Alleintäter Elser der Chef seines Stabes. ber 1939 hielt er sich, wie er aussagte, Von der Marine war Planvoll und akribisch Die Art, wie Hitler „30- bis 35mal“ nachts im Saal des ohnehin nichts zu er- seine höchsten Offizie- Münchner Bürgerbräukellers auf. Am warten. Sie hatte die Schmach von 1918 re behandelte, war schmachvoll. Aber Abend des 8. November, während der noch im Gehirn und schämte sich der alle wollten sie in den Krieg, alle, nur alljährlichen NSDAP-Veranstaltung damaligen Meutereien. Und Görings nicht die von ihm bereits verabschiede- zum Gedenken an den Marsch auf die Luftwaffe? ten, wie etwa der Generaloberst Ludwig Feldherrnhalle 1923, explodierte der Der „Eiserne“ war beim Marsch auf Beck, eher ein Denker als ein Täter, ein günstig angebrachte Sprengkörper. die Feldherrnhalle an der empfindlich- angesehener Mann. Er sollte nach Hit- Aus ungeklärten Gründen hatte aber lers Tod Reichsstatthalter werden, starb Hitler, der regelmäßig teilnahm, den * Elser bekam im KZ Sachsenhausen eine eigene aber, nachdem der befohlene Selbst- Werkstatt eingerichtet, in der er seine Fähigkei- Saal vorzeitig verlassen, angeblich, um ten fortentwickeln konnte – sicher eine Idee mord mißlungen war, durch die Hand seinen Sonderzug nach Berlin zu errei- Himmlers. Im April 1945 wurde er ermordet. eines Feldwebels. „Speer-Baracke“ in der Wolfschanze nach dem Attentat: „ . vergeßt mir den Keitel nicht“ Hitlers militärischer Höhepunkt war sein Frankreich-Feldzug 1940. Der stärkte die an ihm Zweifelnden, auch der spätere Attentäter Graf Stauffen- berg lobte ihn damals. Wie verkommen die hohe Generalität war, bewies zum Beispiel der „Sichel- schnitt“-General Erich von Lewinski, adoptierter von Manstein, Sohn eines Generalmajors. Der „Sichelschnitt“ durch Frankreich war Mansteins Erfin- dung. Er galt als der operative Kopf Hit- lers, solange es um Angriff ging. Als er, auf dem Wege zum Marschall- stab, die Krim eroberte, mußte er sich mit dem Nationalökonomen und Juri- sten Otto Ohlendorf darüber auseinan- dersetzen, wie weit das Operationsge- biet reiche und wo das Hinterland be- ginne, in dem der 34 Jahre alte Kom- mandeur der SS-Einsatzgruppe D seine „Säuberungen“ durchführen könne. Die 11. Armee Mansteins stellte Ohlendorf „Sichelschnitt“-General Manstein an der Front (1942): Was ist mit den Uhren? Der große Manstein und Man war dem „jüdischen Bolschewis- der kleine Ohlendorf** re- mus“ auf der Spur, und da man ihn nicht sidierten in der Hauptstadt fand, weil es ihn nicht gab, wurden Juden der Krim, Simferopol. Der zu Bolschewiken umfunktioniert. Generaloberst pflegte aber Es kann nur verwundern, daß die ehr- keinerlei persönlichen Ver- geizigen Berufsoffiziere und Revanche- kehr mit der SS-Polizei, Generäle Hitlers den Krieg in seinen schließlich war er kein Na- Konsequenzen erst erkannten, alser ganz zi, obwohl er einen Befehl sichtbar, auch für die Öffentlichkeitsicht- zur „harten Sühne am Ju- bar, verloren war. Sie wollten die Wahr- dentum“ gebilligt hatte. heit nicht sehen. Franz Halder, Chef des Wollte er etwas von Ohlen- Generalstabs des Heeres, hatte noch dorf, so schickte er den 1941 in seinem Tagebuch vermerkt, bin- Ortskommandanten, was nen 14 Tagen habe man die Sowjetunion den ohnehin mürrischen geschlagen. Vor dem Nürnberger Ge- SS-Mann erbitterte. richt bekannte er später, er selbst habe Ohlendorf genehmigte Hitler sagen hören: „Meine wirklichen sich die Bosheit, Mansteins Absichten werden Sie nie erfahren.“ Nazi-Größen mit Kriegsbeute* Wunsch nach den Uhren So war es. Hitler hatte keinen Gesamt- Jüdische Barschaft gegen Quittung pedantisch per Regie- plan für seinen Angriffskrieg. Er hat den rungsdekret abzufertigen. einen Fehler gemacht, einen solchen zu für den Abtransport Lastwagen und Ben- In seiner Antwort an „Armee- beginnen. Durchaus mußte er Dänemark zin zur Verfügung. Dafür wollte Man- oberkommando 11“ schreibt er: und Norwegen überfallen, um Churchill stein aber belohnt werden. Ohlendorf strategisch zuvorzukommen. Grübelnd Durch einen Anruf des Ortskommandan- ließ allein auf der Krim an die 23 000 Ju- saß ein verzweifelter Hitler damals auf ei- ten von Simferopol erfuhr ich, daß der den ermorden. Da er aber vorGericht die nem Stühlchen. Admiräle und Generäle Herr Oberbefehlshaber die aus der Ju- Rolle der Armee genau ausbreitete, wäre flößten ihm Adrenalin ein. denaktion noch vorhandenen Uhren für er von den Amerikanern beinahe noch dienstliche Zwecke der Armeeanfordert. Warum brauchte er Norwegen? Weil begnadigt worden. Natürlich behauptete Ich übergebe hiermit der Armee 120 Uh- er das schwedische Erz brauchte. Schwe- Manstein später, von der Ausrottung der ren, die inzwischen durch Reparatur ge- den lieferte dem Reich im Januar 1940 Juden nie etwas gehört zu haben. Sonst brauchsfähig geworden sind. Es befin- fast die Hälfte des nötigen Eisenerzes. hätte er diese „Schweinerei“ abgestellt. den sich noch etwa 50 Uhren in Repara- Ohne Erz kein Krieg. Wollte man mit Seinerzeit aberkamihmlediglich die Idee tur, von denen ein Teil wiederhergestellt Hitler Frieden schließen? In London zu fragen, was mit den Uhren der angeb- werden kann. Sollte die Armee die restli- nicht, in Paris nicht. Die erlösende Idee: lich „Umgesiedelten“ geschehen sei? chen Uhren noch brauchen, bitte ich um Manstein mit seinem „Sichelschnitt“, Besseres hatte er damals wohl nicht zu Mitteilung. Ohlendorf. SS-Oberführer. dem Operationsplan für den Frankreich- tun. Feldzug. Da auch die jüdische Barschaft von der In Paris glaubte der Generalstabschef * 1944 in den Tresorräumen der Reichsbank 11. Armee ins Auge gefaßt wurde, ver- Gamelin, man müsse Hitler nachHolland in Berlin. Goebbels (2. v. l.), Funk (r.), Ohlendorf (2. v. r.). wies Ohlendorf ölig auf die Reichskredit- und Belgien locken, weil diese beiden ** Ohlendorf selbst wurde gegen Ende des Krie- kasse. Der Armee zahle man selbstver- Länder ihm als Neutrale bessere Dienste ges, gewissermaßen im Nebenberuf, noch Staats- ständlich Rubel aus, „gegen Quittung“. leisten könnten. Das war nicht nach Hit- sekretär im Reichswirtschaftsministerium, wo er Wie konnte es zu dieser grauenhaften lers und erst recht nicht nach Englands für einen gewissen Ludwig Erhard ein Forschungs- stübchen einrichtete, damit der die Nachkriegs- Symbiose zwischen dem deutschen Heer Geschmack. Noch war England der zeit vorbereiten konnte. und Hitlers Mord-Maschinerie kommen? Hauptgegner. Aber Hitler fühlte sich als 34 DER SPIEGEL 28/1994 der Mittelpunkt der Welt. Immerhin Bevor sein ehrlicher Rüstungsmini- Schmundt, Hitlers Chefadjutant. Mit kommt ihm der Gedanke, auch die So- ster Fritz Todt bei einem Flugzeugab- seiner Hilfe hatte Tresckow vergebens wjetunion zu erledigen, mit der er 1939 sturz ums Leben kam, riet er Hitler zu versucht, Chef der künftigen Abteilung einen Pakt geschlossen hatte, vielleicht einem Verhandlungsfrieden, aber wer für psychologisch-politische Kriegfüh- um die Chefs der Wehrmacht über seine hätte noch mit ihm verhandeln wollen? rung zu werden und somit Zugang zu wahren Absichten zu täuschen. Churchill? Keinesfalls. Roosevelt stand Hitler zu erhalten. Damit hätte er Gele- Der Überfall auf die Sowjetunion 1941 hinter Churchill. Stalin? Der am wenig- genheit zum Attentat bekommen. Der war der erste als „Blitzkrieg“ konzipierte sten. Hitler war zum Outlaw geworden, uns schon von seiner Uhren-Jagd be- Feldzug, den Hitler ohne nennenswerte von der Völkergemeinschaft geächtet. kannte und inzwischen zum General- Einwände von seiten des deutschen Ge- Er mußte und wollte siegen oder ster- feldmarschall beförderte Manstein, die- neralstabs durchführte, obwohl bereits ben. ser arrogante Nicht-Nazi, bezweifelte in in den ersten Kriegsmonaten deutlich Sieg oder Niederlage, das hätte einen einem Votum die nationalsozialistische wurde, welche Orgie der Zerstörung Hit- Einzeltäter sowenig stören dürfen, wie Gesinnung Tresckows. Ein schäbiges ler damit anzettelte. Daß er diesen Krieg es den Johann Georg Elser gestört hat. Verhalten. anfing, ist logischer als manchmal darge- Als
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