Proletarier aller Länder, vereinigt euch!

6. Jahrgang, Nr. 61 Februar 2003 ROTFUCHS T RIBÜNE FÜR K OMMUNISTEN UND SOZIALISTEN IN DEUTSCHLAND Topographie des Terrors

Der Terror in der Welt fällt nicht vom Him- wird aus Unterwürfigkeit und Schwäche mel. Er ist in aller Regel weder das Werk Komplizenschaft. von Verzweiflungstätern noch die Ausge- Die höchste Form des Terrors ist der burt fanatischer Anarchistengehirne. Er durch Bush proklamierte, das Völker- wurzelt in sehr konkreten sozialen und recht aushebelnde „Präventivkrieg“ – der politischen Verhältnissen. Es gibt gesell- Amoklauf eines Aggressors, der vor nichts schaftliche Kräfte, deren ganze Existenz zurückschreckt. von ihm abhängt. Er bringt denen Profit, Dabei ist der Angriff auf Bagdad nur die die ihn entfesseln: den Rüstungsmagnaten nächste Etappe des permanenten Waffen- in den USA, deren militärisch-industriel- ganges, zu dem die USA-Rüstungslobby ler Komplex unter Bush die ganze Macht bläst. Er würde das gesamte Gebäude der I NHALT im Lande an sich gerissen hat. Er will das bisherigen „Weltordnung“ einstürzen las- in Jahrzehnten durch den Sozialismus sen und die ganze Menschheit in tödliche erzwungenen Friedens angestaute Ver- Gefahr bringen. Denn ein dritter Welt- Eine Vision S. 2 nichtungspotential auf einen Schlag los- krieg wäre nicht wie die vorangegangenen Von der 2. Lesekonferenz S. 3 1953 – ein schwieriges Jahr S. 4 werden, um Platz für neue, noch schreck- regionalisierbar. Die Kräfte, die sich des Hatte recht? S. 5 lichere Zerstörungssysteme zu schaffen. hirnamputierten Mannes im Weißen Haus War die DDR-Justiz Längst wird der Kosmos einbezogen. bedienen, steuern auf diesen Krieg zu. Sie demokratisch? (4) S. 6 Alleinige Antriebskraft ist die Jagd von nutzen jeden Vorwand. Selbst nach eigener In schwerer Zeit S. 7 vier oder fünf gigantischen Hochrü- Darstellung „chemiewaffenunfähige“ lee- Plädoyer für einen stungsimperien der USA nach maximaler re Gefechtsköpfe aus den 80er Jahren und „Geraer Dialog“ S. 8 Wer polarisiert? S. 9 Ein Schaufenster wird geschlossen S. 10 Beherzt und zielklar S. 11 Ausflüge in den Gespenterwald S. 11 Rückkehr der Kettenhunde S. 12 Nullrundenanwälte S. 12 Faule Ossis S. 12 Ein stinknormales Leben S. 13 Briefe aus der Ebene S. 13 Weder frei noch sozial S. 14 Harte Bandagen S. 14 Die Sprache der Lügner S. 15 Münchhausen abgemeldet S. 15 Die Daumenschraubengesellschaft S. 16 Ein Auftakt S. 17 Landeplatz für Engel S. 17 „Die DDR ist unsterblich S. 17 Jahrtausendflut im Elbtal S. 18 Perlenschnur S. 19 Kaffee oder Klassenkampf? S. 19 Absprung hinter der Front S. 20 Hyänen im Rudel S. 20 Dividende. Präsident George W. Bush – der private Aufzeichnungen eines irakischen Erklärung der Russischen politische Analphabet aus Texas – ist da- Wissenschaftlers, die Blixens CIA-gesteu- Staatsduma S. 21 bei keineswegs nur ein stupider Kretin, ein erte Inspektoren bei ihren „Haussuchun- „…in der besten amerikanischen van der Lubbe im Großen. Den Brandstif- Tradition!“ S. 21 gen“ in Bagdad angeblich gefunden haben, Damals Hanoi, heute Bagdad S. 22 ter umgeben die kühlsten und skrupellose- sollen als Auslöser des Überfalls dienen. Ein Multitalent S. 23 sten Strategen des Imperialismus. Hinter Das souveränitätszerstörende Wirken der Was in Beijing diskutiert wird S. 24 ihnen stehen jene, die Amerika tatsächlich Geheimdienstler im UNO-Look ist sowieso Von Tokio geleugnet S. 24 20,9 % für die KPÖ! S. 25 regieren. Sie verfolgen einen diabolischen nur ein Rauchvorhang. Denn der Krieg ist Plan zur Eroberung der ganzen Welt. Bush Freiheit für die „Miami-5“! S. 25 beschlossene Sache. dient ihnen dabei als Rammbock und Ram- Lukaschenko hält … S. 25 bo. Es geht um die Kontrolle über sämtliche Die Terroristen um und hinter Bush gehen Bilanz der Zerstörung S. 25 Zur Ölkatastrophe vor Energie- und Rohstoffressourcen. Macht aufs Ganze. Die Topographie des Terrors zeigt, daß der Imperialismus der Todfeind Nordwestspanien S. 26 und Öl heißt die Devise. Dabei prallen die Joël und Joana S. 27 imperialistischen Staaten immer härter der Menschheit ist. Wird er nicht beseitigt, ¡Presente! S. 28 aufeinander. Ihre unterschiedliche Inter- droht die totale Vernichtung. Deshalb gilt Leserbriefe S. 29 essenlage wird auch im UN-Sicherheitsrat unser Kampf dem kapitalistischen System, Termine & Anzeigen S. 32 widergespiegelt. Das USA-Diktat stößt bei bleibt unsere Losung: Sozialismus oder den einen auf Widerstand, bei den anderen Barbarei! Klaus Steiniger Seite 2 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 3

Wie stehen Sie zu Flugverbotszonen und UNO-Waffeninspektoren in Deutschland? Eine Vision

Ich stelle mir einmal folgendes vor: Über persönliche Unterlagen, nehmen keine gezüchtet werden. Furchtbare Kampfmit- Bayern und Baden-Württemberg sowie Rücksicht auf die kranke Frau des Profes- tel, die von den USA schon unzählige Male über Mecklenburg-Vorpommern und sors, bedrängen sie, ob sie und ihr Mann angewandt wurden. Die ersten Atombom- Niedersachsen haben fremde Mächte ein nicht lieber das Land verlassen wollten. ben ließ das Pentagon an den Menschen Flugverbot für deutsche Flugzeuge ver- Eine absurde Vorstellung? Natürlich. Aber in Hiroshima und Nagasaki erproben. In hängt. Dafür kreisen dort ständig deren im Falle Iraks eine Absurdität, die tagtäg- Korea wurden bakteriologische Waffen Jäger, Bomber und Spionageflugzeuge, lich reproduziert wird. eingesetzt. In Südostasien entlaubten attackieren Bodenziele, von denen sie Könnte man sich das Geheul der hiesigen chemische Kampfstoffe wie Agent Orange meinen, sie könnten ihnen gefährlich wer- Gazetten und Sender vorstellen? „Mißach- ganze Wälder und vernichteten die Ernten. den. Daß dabei auch Krankenhäuser und tung der deutschen Souveränität! Verlet- Es gab Millionen zivile Opfer. In jedem Kindertagesstätten in Schutt und Asche zung der nationalen Würde! Brüskierung Krieg der USA, ob am Golf oder in ande- gelegt werden, interessiert keinen. Nur deutscher Politiker! Wie lange noch will ren Regionen, wurden vom Pentagon neue gelegentlich werden deutsche Exporte man unsere Geduld auf die Probe stellen? Mordinstrumente in der Praxis getestet. erlaubt, um dringend benötigte Lebens- Schluß mit der Einschränkung der Luft- Menschenleben spielten keine Rolle. mittel und Medikamente einzuführen. hoheit, mit den Machenschaften fremder Es kann einem grausen vor einer Welt, in Sorgsam wachen in der Nord- und Ostsee Geheimdienste! Die mit Füßen getretenen der ein mit Präsidialgewalt ausgestatteter Zerstörer und Flugzeugträger der Mächte Menschenrechte müssen sofort wiederher- texanischer Ölmillionär am Schalthebel darüber, daß nicht eine Konserve mehr gestellt werden!“ So etwa würde es klin- der Atomwaffen der einzigen Super- nach Deutschland gelangt als die ver- gen. Und mit gutem Recht. Im Falle Iraks macht andere Länder nach Gutdünken ordnete Rationierung gestattet, während jedoch vernimmt man Derartiges nicht. Da als „Schurkenstaaten“ klassifizieren und Hunderttausende zwischen und gibt es nur die durchgestellte Sprachrege- – wenn ihm und seinesgleichen nicht in München hungern. Über Satteliten werden lung von einer angeblichen Bedrohung mit den Arm gefallen wird – seine Angriffs- sämtliche Gespräche der Regierung und Massenvernichtungsmitteln, von einem pläne durchbomben kann. anderer Dienststellen abgehört. Fremde kaum noch abwendbaren Krieg. Inspektoren schwärmen von imaginären Man kann das nicht gleichsetzen, höre ich Das Beispiel Irak macht in erschreckender Geheimdienstinformationen gelotst durch sagen. Natürlich kann man das nicht. Im- Weise deutlich, wie rücksichtslos die ame- das Land, dringen unangemeldet in das merhin fliegen deutsche Spezialisten mit rikanische Vormachtstellung ausgeweitet Schloß Bellevue, den Sitz des Bundesprä- in amerikanischen Spionageflugzeugen, werden soll. Doch die Herrschenden in sidenten, sowie in das Bundeskanzleramt stehen deutsche Panzer und Kanonen zum Washington sollten auch Angst davor ha- ein, durchwühlen Arbeitsunterlagen, Schutz amerikanischer Aufmarschgebiete ben, daß dieser Krieg eines Tages an sei- schnüffeln in Kellern und Privatgemä- und Nachschubbasen bereit, kontrollieren nen Ausgangspunkt zurückkehren könnte. chern herum. Anderentags tauchen die deutsche Fregatten und Zerstörer in frem- Wir wünschen das dem amerikanischen Inspektoren vor den Werktoren von Zeiss den Gewässern, Tausende Kilometer fern Volk nicht. Aber es müßte sich nach dem Jena und Bayer Leverkusen auf. Natürlich der Heimat, Schiffe anderer Staaten. Schrecken des 11. September 2001, nach unangemeldet. Sie begehren kategorisch Ebenso absurd wäre es, sich solche Kon- Ground Zero, eigentlich vor Augen führen Einlaß. Kein Konstruktionsbüro, keine trolleure und Inspektoren in den USA können, wie es aussieht, wenn eigene Bom- Werkhalle, kein Lager ist vor ihnen sicher. vorzustellen, obwohl man weiß, daß dort ben, wo auch immer in der Welt, auf Städte In der Wohnung eines Tübinger Atomwis- Massenvernichtungswaffen hergestellt, in und Menschen anderer Völker geworfen senschaftlers beschlagnahmen sie dessen Instituten gefährliche Krankheitserreger werden. Horst Aldus

Das trojanische Pferd Seite 2 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 3

Der „RotFuchs“ führt marxistische Linke aus Ost und West zusammen Von der 2. Leserkonferenz

Am 8. Februar 2003 – nach Redaktions- Nach einem einleitenden Beitrag von Chef- vorbereitungen gegen Irak, die sofortige schluß – fand in die 2. Zentrale Le- redakteur Dr. Klaus Steiniger – wir veröf- Aufhebung des widerrechtlichen Verbots serkonferenz des „RotFuchs“ statt. Sie war fentlichen Auszüge – begann sofort eine der KPD und die Beendigung der politi- aus Anlaß des fünfjährigen Bestehens des mehrstündige lebhafte und inhaltsreiche schen Strafverfolgung von DDR-Bürgern RF und in der Absicht einberufen worden, Diskussion, an der sich Dutzende Genos- einem großen Kreis von Genossinnen und sinnen und Genossen beteiligten. Zu einem sowie die Rehabilitierung aller Opfer des Genossen die Möglichkeit zum Meinungs- Höhepunkt gestaltete sich in der Mittags- Kalten Krieges in der alten Bundesrepu- austausch über die Zeitung zu geben. Im stunde das Konzert des aus DDR-Tagen blik. Sie sandten Solidaritätsbotschaften Saal 2 der einstigen Parteihochschule der bekannten Dresdner „Singeklubs Ernesto an Slobodan Milosevic, die als „Miami-5“ SED – dem heutigen Haus am Köllnischen Che Guevara“. Den standhaft gebliebenen bekanntgewordenen fünf kubanischen Park – hatten sich zahlreiche Leser, För- Mitgliedern eines der besten Kollektive Patrioten und den ebenfalls zu einer dervereinsmitglieder und Sympathisan- der FDJ-Singebewegung dankten die An- langjährigen Freiheitsstrafe verurteilten ten aus allen Regionen der Bundesrepublik wesenden mit stürmischem Beifall. eingefunden. Unter den Teilnehmern sah Die Teilnehmer der Konferenz forderten deutsch-amerikanischen Antifaschisten man prominente Gäste aus dem In- und in getrennten Beschlüssen die unverzüg- Kurt Stand – allesamt politische Gefange- Ausland. liche Einstellung der USA-Aggressions- ne des USA-Imperialismus.

Aus der Rede des Genossen Klaus Steiniger Vor zwei Jahren haben wir im Blauen Sa- Zwischen dem Blatt und dem Förderverein die nicht zu ihr gehören. Dabei müssen wir lon des alten ND-Gebäudes die 1. Zentrale gibt es eine solidarische Wechselbeziehung. die Auseinandersetzung so führen, daß auf Leserkonferenz durchgeführt. Sie verlief Der Verein bringt die Zeitung heraus und keinen Fall treue und ehrliche Mitstreiter – Teilnehmer werden sich erinnern können sichert sie ab, sie aber ist die stärkste Loko- das Gefühl bekommen, die Polemik richte – nicht ohne Turbulenzen. Der Vertreter einer motive des Vereins. sich auch gegen sie. Wir fühlen uns mit anderen Redaktion mischte sich unzulässi- Der „RotFuchs“ verfügt jetzt über Fachleute den Genossinnen und Genossen, die auf gerweise in die Angelegenheiten des RF ein vieler Bereiche – Historiker, Linguisten, Di- klassenkämpferischen und revolutionären und hielt eine – wie mir schien – der Sache plomingenieure, Ökonomen, Parteiarbeiter, Positionen stehen, trotz der Kritik an dieser abträgliche Rede. Er stieß auf einhellige Zu- Diplomaten, Pädagogen, Juristen, Militärs, oder jener Parteiführungsentscheidung fest rückweisung. Die Beratung wurde ein voller Journalisten, Philosophen, Politologen u. v. a. verbunden. Erfolg. Dennoch fehlen uns noch immer Spezialisten, Wir haben nicht die Vorstellung, uns auf Der „RotFuchs“ ist inzwischen erwachsen vor allem professionelle Medienleute, wobei dem Olymp des Wissens und der Weisheit geworden. Er entwickelte sich in dieser Zeit unsere Achillesferse in der Überalterung des zu befinden und gewissermaßen vom hohen zu einer begehrten und unverzichtbaren Mitarbeiterstabes besteht. Dabei sind wir Schiedsrichterturm aus gute und schlechte Publikation im linken Spektrum der BRD- glücklich, daß wir uns auf die Erfahrung und Noten zu verteilen. Das überlassen wir ande- Presselandschaft. Natürlich überschätzen das Wissen unserer Ältesten stützen können. ren. Uns geht es ausschließlich um die Ver- wir seinen Stellenwert nicht, wissen aber um Um die Arbeit auf dem bisherigen Niveau teidigung marxistischer Inhalte, vor allem in seine politische und moralische Bedeutung. fortsetzen zu können, brauchen wir aber programmatischen Fragen, die über Weg und dringend jüngere qualifizierte Genossen, die Ziel, über Erfolg und Mißerfolg entscheiden. Im Februar 1998 als Zeitung der DKP-Grup- die Last mit den Älteren teilen. Gerade deshalb messen wir der Verbreitung pe Berlin-Nordost gegründet, erscheinen wir Über die gedruckten Exemplare hinaus wird des wissenschaftlichen Sozialismus, der Po- seit Juni 2001 als Tribüne von Kommunisten der RF vielerorts zusätzlich kopiert. Einzel- lemik gegen revisionistische, reformistische und Sozialisten in Deutschland. Herausge- ne Artikel dienen nicht selten als Flugblätter. und linkssektiererische Auffassungen so ber ist ein parteiunabhängiger Förderverein, Inzwischen sind solche Nachdrucke zu einem hohe Bedeutung bei. dessen Leitung Mitglieder von DKP, KPD und wichtigen Faktor der Multiplikation unserer In den ersten Jahren haben wir – gegen PDS sowie parteipolitisch nicht organisierte Beiträge geworden. Deshalb behalten wir den den Strom der offenen Verleumdung und Genossinnen und Genossen angehören. Dem Grundsatz bei, nur in Ausnahmefällen Mate- vorgespiegelten Geschichtsaufarbeitung Verein, der wegen seiner politischen Bil- rialien zu bringen, die eine „RotFuchs“-Seite ankämpfend – bisweilen zur Methode der dungsziele und entsprechender Aktivitäten überschreiten. Wir sind daran interessiert, Bausch-und-Bogen-Verteidigung gegriffen den Status der Gemeinnützigkeit erlangte, in erster Linie Exklusiv-Artikel anzubieten. und unsere Argumente ziemlich undifferen- sind inzwischen etliche hundert Förderer Das gilt auch für Leserbriefe. Zuschriften, ziert vorgetragen. Wir stellten uns gewisser- und Freunde beigetreten. Es wäre gut, wenn die gleich an mehrere Adressaten gerichtet maßen breitbeinig vor die DDR und wehrten er weiter wüchse. sind, drucken wir ungern ab. die Schläge ab. Mitunter handelten wir uns Man kann heute sagen, daß der RF einen An erster Stelle steht bei uns der Kampf ge- dafür den Vorwurf der Vergoldung und Ver- repräsentativen Ausschnitt der Linken in gen den Klassenfeind – das imperialistische klärung ein. Inzwischen gehen wir an die Deutschland erreicht und beeinflußt. Jetzt Kapital. In einigen Ausgaben haben wir Thematik differenzierter und souveräner kommt es darauf an, daß sich die „Rot- allerdings unsere im Prinzip berechtigten heran. Wir stehen fest und unerschütterlich Fuchs“-Gemeinschaft weitere Leserschich- Attacken auf gewisse Führungskräfte linker zur DDR als der größten Errungenschaft in ten erschließt. Parteien so forciert, daß die Auseinander- der Geschichte der revolutionären deutschen Übrigens hat sich der RF auch in materieller setzung mit dem Feind etwas in den Hinter- Arbeiterbewegung, wir betrachten die SED Hinsicht stabilisieren können: Viele Leser grund gedrängt wurde. Dafür hat man uns zu als die trotz ihrer Defizite erfolgreichste wachen darüber, daß diese rote Zeitung nicht Recht kritisiert. Auch in Zukunft wollen wir deutsche Arbeiterpartei, weichen der Aus- untergeht. Dank der großzügigen Spenden- das Pulver trocken halten, um den Haupt- einandersetzung mit Fehlern, Defiziten und bereitschaft jenes Teils der RF-Bezieher, der schlag gegen den Imperialismus, seine sozi- Verzerrungen unserer Zielsetzung aber nicht sich dazu finanziell in der Lage sieht, haben alen Träger und seine Parteien zu richten. aus, sondern bemühen uns um eine dialekti- wir manche Zitterpartie überstanden. Auch Besondere Bedeutung in unserer publi- sche Sicht. in Zukunft muß aber ständig Sorge dafür ge- zistischen Arbeit besitzt die Analyse und Unser Motto kann nicht heißen: „Viel Feind, tragen werden, daß die Zeitung schuldenfrei Bekämpfung pseudomarxistischer und viel Ehr“, sondern: Einheit aller, die man für bleibt und trotz großer Belastungen durch antisozialistischer Auffassungen innerhalb sozialistische Ziele gewinnen und zusam- steigende Preise weiterhin erscheinen kann. der Arbeiterbewegung und linker Parteien, menschließen kann. Seite 4 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 5

Alss die junge DDR der ersten Konterrevolution trotzte 1953 – ein schwieriges Jahr

Es liegt jetzt ein halbes Jahrhundert zu- ßenminister John Foster Dulles forderte teilung für deutsche Angelegenheiten im rück, aber die Dramatik der Ereignisse die „militärische Lösung des deutschen USA-Außenministerium, seine Schwester des Jahres 1953 hält nach wie vor alle, die Problems“. Das Pentagon plante den Ein- Eleanor Dulles, trafen in Westberlin ein. diese Zeit bewußt erlebten, in ihrem Bann. satz von Massenvernichtungsmitteln und Dortige Rundfunkstationen übernahmen Natürlich gibt es sehr verschiedene Auf- rüstete US-Truppen in Westdeutschland die direkte Anleitung zu Streiks, Plün- fassungen dazu. mit Atomgeschützen aus. Das Amt Blank derungen, Brandstiftung und Mordhetze Die DDR war Anfang 1953 etwas über drei – Vorläufer des Bundesverteidigungsmini- gegen Partei- und Staatsfunktionäre. Jahre alt, entstand sie doch erst im Okto- steriums – stellte faschistische Generale Daß es am 17. Juni zu Arbeitsniederlegun- ber 1949 – nach der Abspaltung des Bonner und Stabsoffiziere an die Spitze der west- gen und anderen Unmutsbekundungen Staates vom deutschen Nationalverband. deutschen Streitkräfte. Bei Landsmann- kam, ist zweifellos der Tatsache geschul- Hartnäckig hatten die Westmächte und schafts- und Soldatentreffen überschlug det, daß Provokateure die vorhandene ihre westdeutschen Vasallen alle auf die sich die chauvinistische Hetze. Der Bon- Unzufriedenheit nutzen konnten. Aber Einheit Deutschlands und einen Friedens- ner „Forschungsbeirat für die Fragen der das darf nicht über den Charakter der Er- vertrag gerichteten Vorschläge der UdSSR Wiedervereinigung“ plante den „Tag X“. eignisse hinwegtäuschen. Es handelte sich und der DDR abgelehnt. 1952 war von der Westberlins Bürgermeister Ernst Reuter – egal, was heute darüber in Koalitionspa- II. Parteikonferenz der SED beschlossen unterbrach den Straßenbahnverkehr zwi- pieren von SPD und PDS geschrieben wird worden, mit dem Aufbau der Grundlagen schen beiden Teilen . Westdeut- – um einen konterrevolutionären, nämlich des Sozialismus zu beginnen. Übrigens sche Agenten suchten Reichsbahn und gegen die sozialistische Entwicklung der – ohne im Streben nach Einheit und ge- Kraftverkehr zu desorganisieren, stahlen DDR gerichteten Putschversuch. rechtem Frieden, wie damals formuliert Patente, warben Spezialisten ab, fälschten Auch wenn in Berlin und weiteren Städ- wurde, nachzulassen. Zu Jahresbeginn Weisungen an volkseigene Betriebe und ten Streiks und Ansammlungen statt- 1953 lag der Anteil des volkseigenen und schlichen sich in eine Offiziersschule der fanden, blieb der vom RIAS propagierte genossenschaftlichen Wirtschaftssektors ein. Generalstreik aus. In den sozialistischen am gesellschaftlichen Gesamtprodukt Für die noch schwache DDR entstand eine Großbetrieben wurden die Provokateure der DDR bei 65,8 %, die Bruttoproduktion schwierige Situation, zumal in der Füh- mehrheitlich zurückgewiesen. Die Sowjet- war gegenüber 1950 auf 139 % gestiegen, rung der Sowjetunion nach Stalins Tod armee stand fest an der Seite der jungen die ersten LPG entwickelten sich, die scharfe Auseinandersetzungen über die DDR-Schutz- und Sicherheitsorgane. Man- Lebenshaltungskosten für die mittlere künftige Deutschlandpolitik der UdSSR cherorts bildeten sich Arbeiterwehren Einkommensgruppe – der Durchschnitts- stattfanden. Bei dem Bemühen, den sozia- unter Führung von Betriebsparteiorga- verdienst betrug 300 DM der Deutschen listischen Staat schneller zu festigen, den nisationen der SED, im Juli formierten Notenbank – waren im gleichen Zeitraum Aufbau besonders der Schwerindustrie sich bereits die ersten Kampfgruppen der auf 72,4 % gesunken. Die Rationierung von zu forcieren und die Landesverteidigung Arbeiterklasse. Textilien und Schuhen wurde aufgehoben. zu stärken, unterliefen der DDR-Führung Nach einer Analyse der Lage beschloß Die Zwickauer Steinkohlekumpel und die schwerwiegende Fehler. So richtig der die 15. Tagung des ZK der SED den neuen Berliner Elektroapparatebauer riefen erst- Feldzug für strenge Sparsamkeit zur Erhö- Kurs der Partei. Sie bestätigte die auf den mals zum sozialistischen Wettbewerb auf. hung der Rentabilität der sozialistischen Aufbau der Grundlagen des Sozialismus in Die Grundsteine zum Neuaufbau Rostocks Betriebe begann – seine Losung lautete der DDR, die Erhaltung des Friedens und und zum Wiederaufbau des Dresdner „Spare mit jeder Minute, jedem Gramm und die demokratische Einheit Deutschlands Stadtzentrums wurden gelegt, die ersten jedem Pfennig!“ –, so sehr rächte sich die gerichtete Generallinie. Im Ergebnis von Wohnungen in der Berliner Stalinallee „revolutionäre Ungeduld“, die in Beschlüs- Verhandlungen mit der UdSSR konnten bezogen. sen des Ministerrates zum Ausdruck kam. die Reparationsleistungen für die Sowje- In Westdeutschland wandten sich über Insbesondere die 10prozentige allgemeine tunion beendet werden, die immerhin pro 15 Millionen Menschen gegen den Gene- Normerhöhung sowie weitere Maßnah- Einwohner der DDR das 13fache der den ralvertrag und die Europäische Vertei- men, die auf eine Einschränkung des westdeutschen Bürgern abverlangten Lie- digungsgemeinschaft (EVG), also gegen Lebensstandards hinausliefen, machten ferungen ausmachten. die Wiederaufrüstung des deutschen böses Blut. Am 9. Juni beschloß das Polit- Die Pläne des Imperialismus gingen nicht Imperialismus; beide Verträge wurden büro deshalb, den Plan zur Entwicklung auf. Die Abschlußbilanz 1953 wies in der vom Bundestag ratifiziert, wenn auch der Schwerindustrie zu korrigieren, mehr DDR 569 seit Kriegsende neu errichtete die EVG nicht zustande kam. USA-Au- Mittel für die Verbesserung der Lebens- und 499 wiederhergestellte Betriebe aus. lage der Werktätigen bereitzustellen und Es gab Erfolge bei der Schaffung einer ei- Maßnahmen, die sich ungünstig ausge- genen metallurgischen Basis. Die Arbeits- Am 17. Dezember 2002 starb erst wirkt hatten, rückgängig zu machen. Am produktivität stieg in der sozialistischen 51jährig unser Vereinsmitglied, der 16. Juni erklärte das Politbüro die admini- Industrie auf 136 %, die Industrieproduk- Drucker und langjährige Kämpfer strative Normerhöhung für falsch. tion auf 176 %, das Nationaleinkommen für die sozialistisch-kommunisti- Was geschah? Die herrschenden Kreise auf 150 % – alles im Vergleich zu 1950. sche Sache in Westdeutschland befürchteten nach In der Landwirtschaft näherten sich die der Fehlerkorrektur durch die Partei- und Hektarerträge dem Vorkriegsstand oder Staatsführung, negative Stimmungen in überstiegen diesen sogar. Die Zahl der Andreas Habermann der Bevölkerung der DDR nicht mehr lange einklassigen Dorfschulen sank von über 4 ausnutzen zu können. Deshalb beschleu- 000 im Jahr 1946 auf 122. Der FDGB vergab Wir gedenken seiner mit Respekt. nigten sie ihren Angriff. Vertreter der in Ferienreisen an über 594 000 Urlauber. der DDR enteigneten Konzerne erteilten Das Wichtigste aber: Die Verbindungen Order, Aktien ihrer ehemaligen Betriebe der Partei mit der Arbeiterklasse, den aufzukaufen. Die Börsen verzeichneten Bauern und der werktätigen Intelligenz Vereinsvorstand auf einmal einen Boom für „Ostwerte“. Um konnten nach dieser ernsten Zerreißprobe und Chefredaktion die Durchführung der DDR-Beschlüsse zu gefestigt werden. Solange das so blieb, gab vereiteln, wurde der seit langem vorberei- es gute Voraussetzungen für die weitere des „RotFuchs“ tete „Tag X“ ausgelöst. Der Direktor der sozialistische Entwicklung der DDR. CIA, Allen Dulles, und die Leiterin der Ab- Ernst Heinz Seite 4 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 5

Ein Artikel, der seinerzeit für lebhafte Debatten sorgte Hatte Anton Ackermann recht? (2 und Schluß)

Wir veröffentlichen im folgenden weitere Positiv ist, daß in großen Teilen Deutsch- Auszüge aus einem damals heftig umstrit- lands die Entnazifizierung des Verwal- tenen und lebhaft diskutierten Beitrag tungsapparates konsequent durchgeführt von Anton Ackermann, der Anfang 1946 in wird und neue Kräfte aus dem schaffenden Nr. 1 der Zeitschrift „Einheit“ erschien. Er Volk entscheidende Positionen innehaben. trug die Überschrift „Gibt es einen beson- Negativ ist, daß anderwärts diese Er- deren deutschen Weg zum Sozialismus?“. neuerung des Verwaltungsapparates zu Gegen Genossen Ackermann, Mitglied des wünschen übrig läßt und reaktionäre, ja ZK der KPD und später des PV der SED, sogar zum Teil nazistische Elemente an wurde aufgrund des Artikels der Vorwurf einflußreichen Stellen geblieben sind. nationalistischer und rechter Abweichun- Unerhört positiv wirken sich solche konse- gen erhoben. Wir lassen die Leser urteilen. quenten Maßnahmen wie die demokrati- sche Bodenreform oder die Zerschlagung Was darzulegen ich mich vor allem be- der Trusts, Konzerne und Banksyndikate mühte, das ist der Nachweis, daß auf gar aus, weil damit den reaktionären und im- keinen Fall das friedliche Hineinwachsen perialistischen Kräften die ökonomische in den Sozialismus durch den Aufbau von Basis entzogen wird. Aber ebenso negativ Produktivgenossenschaften mit Staats- wirkt sich das Weiterbestehen eines Teils hilfe, die Beschränkung nur auf das Mittel dieser Basis aus, weil damit die Entwick- des allgemeinen Wahlrechts den beson- lung unvermeidlich in eine bestimmte deren deutschen Weg zum Sozialismus Bahn gedrängt wird. Denn wir Marxisten darstellen kann. Diese Auffassung wurde wissen, daß auf einen längeren Zeitraum bereits von Marx und Engels theoretisch gesehen die ökonomisch herrschende gründlich widerlegt und nicht minder Klasse auch zur politisch herrschenden praktisch durch die Tatsachen der nach- Klasse werden muß. folgenden Entwicklung; besonders bei uns Das Positivste ist die Tatsache einer festen in Deutschland. Einheit der antifaschistisch-demokrati- Holzschnitt, Arno Fleischer schen Kräfte in weiten Gebieten des Lan- Es ist also an der Zeit, diese „Theorie“ zum des, vor allem der wachsende Drang zur alten Eisen zu werfen und endlich auf die Unser Verhängnis ist es, daß das Hitlerre- Schaffung der Einheitspartei der Arbeiter. Wiederholung längst widerlegter Irrtümer gime nicht durch eine revolutionäre, anti- Nur die Vereinigung der KPD und der SPD zu verzichten. faschistisch-demokratische Umwälzung und damit das Anwachsen der Kräfte des Marx verneinte nicht die Möglichkeit, von innen her aus den Angeln gehoben Sozialismus auf eine Millionenschar akti- unter besonderen Umständen auch ohne wurde. Aber die reaktionäre Staatsma- ver Mitstreiter kann die Garantie schaffen, Zerschlagung der bürgerlichen Staats- schinerie ist trotzdem weitgehend zer- daß nicht das reaktionäre Großbürgertum, maschinerie auszukommen; allerdings schlagen; nämlich durch die Gewalt der sondern die Arbeiterschaft und das werk- nur unter der Voraussetzung, daß sich stärkeren Waffen der Alliierten bzw. durch tätige Volk den Gang der Entwicklung das bürgerlich-demokratische Regime die Maßnahmen der alliierten Kontrollbe- bestimmen. nicht auf Militarismus und reaktionäre hörden nach der Besetzung Deutschlands. Im Oktober 1916 brachte Lenin in dem Ar- Bürokratie stützen kann. Lenin führte in Der reaktionäre preußisch-deutsche Mi- tikel „Eine Karikatur auf den Marxismus“ „Staat und Revolution“ den Nachweis, daß litarismus soll laut den Beschlüssen der außerordentlich tiefe Gedanken über die sich mit dem Übergang zum Imperialis- Potsdamer Konferenz bis auf den letzten Besonderheit der Entwicklung in jedem mus auch in England und den Vereinigten Rest liquidiert werden. Dem deutschen Lande zum Ausdruck: „Alle Völker werden Staaten Militarismus und Bürokratismus Volk ist die Möglichkeit zugesichert, ein zum Sozialismus gelangen, das ist unaus- üppig entwickelten, womit die (von Marx neues, demokratisches Deutschland auf- bleiblich, aber sie werden dahin nicht auf und Engels konstatierten – R. F.) besonde- zubauen. ganz dem gleichen Wege gelangen, jedes ren Bedingungen für diese beiden Länder Entwickelt sich der demokratische Staat wird dieser oder jener Form der Demokra- weggefallen waren. Das schließt aber nicht als ein neues Gewaltinstrument in den tie, dieser oder jener Abart der Diktatur aus, daß in besonderen Fällen und unter Händen reaktionärer Kräfte, so ist der des Proletariats, diesem oder jenem Tempo ganz spezifischen Voraussetzungen etwas friedliche Übergang zur sozialistischen der sozialistischen Umgestaltung der ver- ähnliches in irgendeinem anderen Lande Umgestaltung unmöglich. Entwickelt sich schiedenen Seiten des gesellschaftlichen eintreten könnte: ein bürgerlich-kapitali- aber die antifaschistisch-demokratische Lebens seine Eigenart verleihen. Nichts stisches Land ohne den Gewaltapparat des Republik als ein Staat aller Werktätigen wäre theoretisch kläglicher und praktisch Militarismus und der Staatsbürokratie. unter Führung der Arbeiterklasse, so lächerlicher als ,im Namen des histori- Der Übergang ist dann auf relativ friedli- ist der friedliche Weg zum Sozialismus schen Materialismus’ in dieser Hinsicht chem Wege möglich, wenn die Klasse der durchaus möglich, insofern dann die ein Zukunftsbild in monotonem Grau zu Bourgeoisie durch besondere Umstände Gewaltanwendung gegen den Anspruch malen.“ nicht über den militaristischen und bü- der Arbeiterklasse auf die ganze Macht In diesem Sinne müssen wir einen beson- rokratischen staatlichen Gewaltapparat unmöglich ist. deren deutschen Weg zum Sozialismus verfügt. Die Frage nach einem besonderen deut- unbedingt bejahen. Alles hängt von den Gehen wir nun, mit diesen historischen schen Weg zum Sozialismus ist infolge- subjektiven Faktoren, d. h. in erster Linie Erfahrungen ausgerüstet, zu den gegen- dessen weniger eine theoretische Frage, von dem Grad der Reife, der Entschlossen- wärtigen grundlegenden Verhältnissen in als die der praktischen Politik, d. h., es ist heit und der Einheit der deutschen Arbei- Deutschland über. Zweifellos haben wir die Frage, ob die deutsche Arbeiterschaft terklasse und der Werktätigen ab. Möge es derzeit in jeder Beziehung mit ganz au- im Bunde mit allen fortschrittlichen uns hier die Zeit auf der Höhe der Aufgaben ßergewöhnlichen Umständen zu tun, die Schichten des schaffenden Volkes den finden! Dann wird der besondere deutsche keinen Vergleich mit irgendeiner Situation entscheidenden Einfluß auf die demo- Weg zum Sozialismus ein relativ leichter in irgendeinem anderen Lande zu irgend- kratische Neugestaltung Deutschlands und friedlicher sein können. einer anderen Zeit zulassen. gewinnt oder nicht. (Von der Redaktion gekürzt) Seite 6 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 7

Dem Rechtswesen der BRD um eine Epoche voraus War die DDR-Justiz demokratisch? (4)

Die voranschreitende Demokratisierung Parteitag der SED vorgenommen wurde, der DDR-Justiz drückte sich nicht allein gestaltete dieser Erlaß die Generallinie in der Organisation, Struktur und Arbeits- für die Rechtspolitik der Partei in der J. W. Stalin, am 21. Dezember 1879 gebo- weise der Rechtspflegeorgane aus. Die SED sozialistischen Gesellschaft und die sich ren und am 5. März 1953 gestorben, gehört richtete ihr Augenmerk zugleich darauf, daraus für die Praxis der Justizorgane er- zur Geschichte des Kommunismus. Im formalistische, schematische und undif- gebenden Aufgaben rechtsverbindlich. Sie Guten wie im Bösen: als Baumeister der ferenzierte Praktiken, namentlich in der lief eindeutig auf die weitere Entwicklung Sowjetunion, deren unvergleichlicher Anwendung von Strafen, zu überwinden. und Vervollkommnung demokratischer Aufstieg und heldenhafter Kampf gegen So wurde schon in den frühen fünfziger Elemente auf diesem wichtigen Feld die Hitlerfaschisten unter seiner Führung Jahren nachdrücklich gegen realitäts- staatlicher Tätigkeit hinaus, sah deshalb geschah, als Gewaltherrscher, der mit un- ferne Rechtsvorstellungen vorgegangen, vornehmlich auch eine Erhöhung der Au- säglicher Härte die politische Linie, deren die zum Teil auch aus Einflüssen aus der torität der gesellschaftlichen Gerichte so- Repräsentant er war, durchsetzte und tat- Sowjetunion sowie aus fehlerhaften Auf- wie eine engere Zusammenarbeit zwischen sächliche Opposition und vermeintliche fassungen über den Klassencharakter des den örtlichen Volksvertretungen und den Abweichung unterdrückte. In Stalin ver- neuen Rechts und die sich daraus ergeben- Rechtspflegeorganen bei der Festigung körperten sich die Widersprüche des jun- den Aufgaben herrührten. Hier sind die der Gesetzlichkeit und Gewährleistung gen Sozialismus. Nur im Erkennen dieser Beschlüsse des ZK der SED vom Juni 1953 von Ordnung und Sicherheit vor. Widersprüche begreifen wir die Gestalt über den „Neuen Kurs“ ebenso zu nennen Ich erinnere mich gut, auf welch lebhaftes Stalin, dem auch seine erbittertsten Fein- wie die neue Strafrechtspolitik, die auch Interesse die Berichte der Richter und de historische Größe nicht absprechen. in der Gesetzgebung ihren Niederschlag Staatsanwälte über die Entwicklung der Als Stalin starb, weinten die Menschen fand. So wurde mit der umfassenden Rechtsverletzungen im jeweiligen Terri- auf den Straßen. Nicht nur in Moskau, Einführung von Strafen ohne Freiheits- torium und die dafür festgestellten Ursa- auch in Paris. Es war die Generation, für entzug (Verurteilung auf Bewährung, chen bei den Abgeordneten stießen. Solche die die Sowjetunion, mit Stalin an der öffentlicher Tadel, Geldstrafen) durch Berichterstattungen befriedigten nicht Spitze, Hoffnung und Stütze im Kampf das am 1. Januar 1958 in Kraft getretene ein abstraktes Informationsbedürfnis; gegen den Faschismus gewesen war. Die Strafrechtsergänzungsgesetz (StEG) ein sie lösten in zahlreichen Fällen konkrete Stabilität der Sowjetunion hatte für sie wichtiger Schritt in dieser Richtung ge- Maßnahmen der örtlichen Staatsorgane Priorität, für diese Stabilität stand Stalin. tan. Eine differenzierte Bewertung von und ganze Programme zur Erhöhung von Eine spätere Generation, die dieser Bedro- individuellen Straftaten und ihrer Täter Ordnung und Sicherheit aus, in deren hung nicht mehr ausgesetzt war, konnte nach dem Grad ihrer Schuld unter sorgfäl- Umsetzung zahlreiche Bürger und ihre und mußte andere Maßstäbe setzen. Daß tiger Beachtung der Ursachen, Umstände Kollektive einbezogen werden konnten. auf dem Weg zur Stabilisierung nicht nur und Auswirkungen des Einzelfalles ist Darin flossen die Erfahrungen aus der Tä- Opfer gebracht werden mußten, sondern bei Wahrung der Gleichheit aller Bürger tigkeit der Justizorgane ein, ohne daß es auch zahllose Verbrechen begangen wur- vor dem Gesetz Ausdruck demokratischer zu einer Verwischung von Verantwortung den, ließ sich nicht einfach mehr mit der Verfaßtheit eines Staates. kam. Die Programme dienten vielmehr als Berufung auf die Unausweichlichkeit der Die DDR-Justiz beschritt diesen Weg mit Grundlage für ein koordiniertes Vorgehen Parteinahme gegen den Faschismus und Konsequenz. In der Gerichtspraxis wur- aller staatlichen Organe, Betriebe und für den Sozialismus zur Seite schieben. den in wachsender Zahl Strafen ohne Frei- Genossenschaften in ihren Verantwor- Historische Erklärungen für Unrechts- heitsentzug anstelle von Freiheitsstrafen tungsbereichen, um Rechtsverletzungen handlungen erledigen ja nicht die Frage ausgesprochen. Soweit ich mich erinnere, Schritt für Schritt und mit vereinten Kräf- der politischen Ethik; sie lassen nur deren geschah das bei 60 bis 70 Prozent aller ge- ten aus dem gesellschaftlichen Alltag zu Realisierungsbedingungen erkennen. Aus richtlich verurteilten Straftäter, abzüglich verdrängen. Der Kreistag in Quedlinburg der Erkenntnis historischer Umstände, also derer, die sich vor gesellschaftlichen spielte dabei in den Jahren 1966/67 eine nicht aus moralischen Appellen erwächst Gerichten hatten verantworten müssen. Vorreiterrolle. Manche Skeptiker belächel- die politische Fähigkeit, in der Zukunft Anders herum: Nur etwa jeder vierte ten spöttisch dieses erste „Kriminalitäts- Fehlentwicklungen vermeiden zu können. bekanntgewordene Straftäter wurde zu vorbeugungsprogramm“. Dessen positive Die historisch-kritische Auseinanderset- einer Freiheitsstrafe verurteilt. Prozent- Resultate ließen sie aber bald verstummen zung mit der Aufbauphase der Sowjetuni- zahlen allein sagen wenig aus. DDR-Bür- und selbst nach Wegen suchen, das für die on, die mit dem Namen Stalins verbunden ger werden sich erinnern, daß vor allem ganze Gesellschaft aktuelle Problem anzu- ist und bleibt, ist ein notwendiges Stück solche Täter, die Gewaltverbrechen und gehen. Dr. jur. Hans Kaiser unserer Parteigeschichte, d. h. unseres andere schwere Straftaten begangen hat- politischen Selbstverständnisses. Verklä- ten, entsprechend den geltenden Gesetzen rung wie Verdammung wären beide Ver- sehr schnell und entsprechend dem Grad Herzlich gratulieren Vereinsvorstand drängung und Verzicht auf die historisch- ihrer Schuld auch streng bestraft wurden. und Chefredaktion dem materialistische Methode, die wir auch Für die öffentliche Ordnung und das allge- antifaschistischen Widerstandskämpfer, auf unsere eigene Geschichte anwenden meine Sicherheitsgefühl war diese Praxis gestandenen Kommunisten und müssen. Dabei geht es nicht um „Fehler“, ebenso wohltuend wie das weitgehende unbeirrbaren Marxisten-Leninisten die in jedem politischen Prozeß gemacht Absehen von Freiheitsstrafen in übrigen werden, sondern um grundsätzliche Rich- Fällen. Sie entsprach auch dem Verständ- tungsentscheidungen und um Gründe für nis der Bürger über Gerechtigkeit. Entartungen sozialistischer Demokratie. Eine weitere bedeutsame Etappe wurde Willi Belz Zur Zeit der Oktoberrevolution war Ruß- mit dem Erlaß des Staatsrates der Deut- land ein Bauernland mit einer nur schwach schen Demokratischen Republik vom 4. aus entwickelten industriellen Produktion. April 1961 „Über die grundsätzlichen Auf- Die Mehrheit der Bevölkerung war noch gaben und die Arbeitsweise der Organe Kassel nicht alphabetisiert. Die Eigentumsver- der Rechtspflege“ eingeleitet. Fußend auf hältnisse auf dem Lande waren durch feu- der gründlichen Analyse des erreichten der am 7. März 2003 dalen und großbäuerlichen Grundbesitz Standes in der Entwicklung der gesell- sein 88. Lebensjahr vollendet geprägt. Mit der Zerschlagung der Feudal- schaftlichen Verhältnisse, wie sie vom VI. herrschaften im Zuge der Revolution ent- Seite 6 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 7

Vor 50 Jahren starb der sowjetische Parteiführer und Staatsmann J. W. Stalin In schwerer Zeit

standen zahllose Kleinbetriebe, die keine kratie und Aufklärung, die Übernahme ausreichende Versorgung der Bevölkerung von Methoden des ehemals zaristischen gewährleisten konnten. Verwaltungsapparates mit seinen polizei- So stellten sich für den Aufbau einer sozia- staatlichen Traditionen, die Erinnerung listischen Volkswirtschaft drei zentrale an den Terror der gerade erst zurückge- Probleme: Technische Entwicklung und schlagenen konterrevolutionären Inter- beschleunigte Entwicklung industrieller ventionsarmeen. So verselbständigten Kapazitäten, die zügigen Ausbau der In- sich die Staatsorgane zu Unterdrückungs- vestitionen, steigenden Lebensstandard mechanismen, die ihre Macht in einer und die Verteidigung des Staates gegen Atmosphäre von Mißtrauen, Denunziation ausländische Interventionen ermöglich- und Willkür ausübten. ten; Kollektivierung der Landwirtschaft, Stalin ist nicht der Urheber dieses Systems um leistungsfähige Agrarbetriebe zu gewesen, dessen Wurzeln weit in die vor- schaffen; Aufbau eines Bildungssystems, sozialistische Zeit zurückreichen. Er hat das die Massen auf die Anforderungen sich seiner aber bedient und dabei zahl- moderner Produktion vorbereitete. lose unschuldige Opfer und überflüssige Die Größe der Sowjetunion, der regional Härten in Kauf genommen. Revolutionäre sehr unterschiedliche Entwicklungs- Umbrüche sind in der Geschichte stets mit stand und die auf die Zerstörung der So- Verletzung der Rechtsordnung und mit wjetmacht gerichteten wirtschaftlichen Gewalttaten verbunden gewesen, doch Kampfmaßnahmen des kapitalistischen meist in relativ kurzen Zeiträumen. Die Auslands machten eine straffe zentrale Verlängerung der repressiven Phase der Planung der Volkswirtschaft unerläßlich. Revolution über zwei Jahrzehnte hinweg Sollte eine vernünftige und solidarische, d. hat der Entwicklung einer sozialistischen h. sozialistische Entwicklung des Ganzen Demokratie, in der den Bürgern eine ak- garantiert werden, mußten Egoismen und tive, selbstverantwortliche Rolle bei der Sonderinteressen nachhaltig bekämpft Gestaltung der Politik zufällt, schwer werden. Insbesondere in der Landwirt- geschadet. schaft waren zugleich nach zwei Seiten Stalin ist sich dieser Problematik zweifel- Veränderungen durchzusetzen: Die armen grapphics: los bewußt gewesen. Auf dem Höhepunkt Bauern, die gerade erst zu Eigentümern Northstar Compass seiner Machtkonzentration hat er der So- kleiner Anwesen geworden waren, galt es wjetunion eine Verfassung gegeben, die in effizientere Einheiten zu integrieren; die Konturen einer sozialistischen Demo- und die Herrschaft der Großbauern, die mit der Stalin die Grundzüge des Aufbaus kratie entwirft und den Staat auf den Weg auf den Vorrechten des Besitzes beharr- des Sozialismus durchgehalten hat, trug zu einer Assoziation freier Bürger bringen ten, mußte gebrochen werden. Der Sieg wesentlich dazu bei, daß sich nach 1945 soll. Diese Verfassung ist ein Programm. des Sozialismus war aufs engste mit der im Gleichgewicht zwischen den Gesell- Es setzt die Erfolge der Wirtschafts- und Herausbildung neuer Klassenverhältnisse schaftssystemen eine, wenn auch labile Bildungspolitik voraus, von ihnen her soll- auf dem Lande verknüpft. Das hatte schon und immer wieder von imperialistischen te nun politisch weitergebaut werden. Lenin erkannt, der der Bauernfrage größ- Aggressionen gestörte, Weltfriedens- Der Ausbruch des 2. Weltkrieges durch- tes Gewicht beimaß. ordnung erhalten hat und nationale und kreuzte die Umsetzung dieses Programms; Diese drei Hauptaufgaben – Industrialisie- soziale Befreiungskämpfe erfolgreich sein und am Ende des Krieges, der immense rung, Veränderung der Klassenverhältnis- konnten. Zerstörungen angerichtet hatte, trat die se auf dem Lande, Aufbau des Schul- und Die sozialistische Umgestaltung der Ge- Sowjetunion erst noch einmal wie nach Bildungswesens – wurden in der kurzen sellschaft konnte nicht ohne harte Klas- 1919 in eine Wiederaufbauphase ein. Ehe Zeit zwischen 1925 und dem Überfall senauseinandersetzungen vorangetrieben der Übergang zur Normalisierung vollen- Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion werden. Stalin hatte richtig vorausgesagt, det war, starb Stalin. 1941 in erstaunlicher Weise bewältigt. daß sich der Klassenkampf nach dem Sieg Seine Amtszeit fällt zusammen mit der Die grundsätzlichen Entscheidungen, die des Sozialismus in einem Lande verschär- denkbar schwersten Periode, die eine in dieser Zeit von Stalin und seinen Mit- fen würde. Die Gegensätze reichten bis in im Aufbau begriffene neue Gesellschaft arbeitern in der Partei getroffen wurden, die Partei hinein, zumal diese nach der durchleben kann. Sein Name symbolisiert sind, meine ich, richtig gewesen und haben Revolution zahlreiche neue Mitglieder auf- den Willen der Sowjetbürger, durchzu- die Bewährungsprobe bestanden, als die genommen hatte, denen es an politischer halten und voranzuschreiten. Stalins Sowjetunion im 2. Weltkrieg dem Angriff Erfahrung und ideologischer Schulung Vermächtnis – von den Nachfolgern kaum widerstehen und die Hauptlast der Nieder- mangelte. Dazu kam die wachsende Bedro- mehr wahrgenommen – waren die beiden werfung des deutschen Faschismus tragen hung durch die imperialistischen Mächte. Schriften „Über den Marxismus in der konnte, ja sogar gestärkt als zweite Welt- Die Sowjetunion befand sich sozusagen in Sprachwissenschaft“ und „Ökonomische macht aus diesem Kampf auf Leben und einem dauernden Belagerungszustand. Probleme des Sozialismus in der UdSSR“, Tod hervorging. Es ist kaum vorstellbar, In dieser Lage gefährdeten Richtungs- in denen die Anstöße zur Lösung von dok- daß mit den alternativen Konzepten, sei es kämpfe in der Partei in der Tat die Existenz trinären Verkrampfungen und von büro- Trotzkis, Sinowjews oder Bucharins, das der jungen sozialistischen Gesellschaft. In kratischen Erstarrungen gegeben wurden. gleiche Ergebnis erreicht worden und die anhaltend gespannter Situation gelang es Auch dieser Zug gehört zu dem Bild, das Sowjetunion überlebensfähig geblieben nicht, eine demokratische innere Front zur wir uns von Stalin zu machen haben. wäre. Verteidigung des Sozialismus zu errichten, Prof. Dr. Hans Heinz Holz Diese Leistung Stalins – und Stalin steht obwohl die große Mehrheit des Volkes der dabei für die große Masse des Sowjetvol- sozialistischen Gesellschaft positiv ge- (Dieser Artikel erschien am 17. Dezember kes – bestimmt den Charakter der ersten genüberstand. Die Besonderheiten der 1999 unter der Überschrift „Verkörperung dreißig Jahre der Sowjetgesellschaft. Die russischen Geschichte wirkten nach: das der Widersprüche“ in der Zeitung der DKP theoretische und politische Konsequenz, Fehlen einer Epoche bürgerlicher Demo- „Unsere Zeit“) Seite 8 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 9

PDS: Sozialistischer Neuanfang oder Auslaufmodell Plädoyer für einen „Geraer Dialog“

Trotz aller „pluralistischen“ Meinungs- PDS habe in gleichem Maße an Ansehen te Resonanz und aktive Unterstützung vielfalt, die – bis hin zu scharfer Kon- und Unterstützung eingebüßt, in dem sie erfährt. Allerdings: Vom Parteivorstand troverse – das Bild der PDS bestimmen ihr sozialistisches Profil verlor und einem ist dabei offensichtlich keine Hilfe zu mag, besteht in einer Frage gegenwärtig sozialdemokratischen Duplikat immer erwarten. Der reagiert mit hartnäcki- Übereinstimmung: ob Marxistisches Fo- ähnlicher wurde. Als „Beliebigkeitspartei“ gem Schweigen auf das „Plädoyer“ und rum oder Kommunistische Plattform auf nicht mehr unverwechselbar und ohne gibt damit zu verstehen, daß ihm „die der Linken, ob „gestaltungsoppositionelle eine wirkliche Alternative zu den herr- ganze Richtung nicht paßt“. Auch „Neues Reformer“ im Zentrum oder die fundamen- schenden gesellschaftlichen Verhältnis- Deutschland“ befleißigt sich dieser Taktik talopportunistische Parteirechte (die sich sen zu vertreten, würde sie sich selbst zur und festigt so seinen Ruf, Zentralorgan irreführend als „Reformlinke“ ausgibt) Bedeutungslosigkeit verurteilen. Deshalb der Parteirechten zu sein. (Den Wortlaut – sie alle sehen die PDS in einer schweren verband der Parteitag die Absage an den des Dokuments veröffentlichte allein die Existenzkrise. Fürchten die einen, daß ih- ruinösen Anpassungskurs des „Ankom- „junge Welt“ in ihrer Ausgabe vom 10. Ja- re Partei zum „Auslaufmodell“ werde, war- mens“ im kapitalistischen System mit der nuar 2003.) nen andere vor der Gefahr, daß sich das klaren Aussage: „Kein Friede mit dieser Um so umtriebiger gibt sich die rechte „Re- „Projekt PDS erledigt“, wenn, ja wenn ... Gesellschaft!“ (So die Parteivorsitzende in formlinke“. Mitte Januar trafen sich deren Doch dann tritt schon wieder in aller einer Grundsatzrede, die ihr die Wieder- Wortführer in Berlin, um ihr weiteres Schärfe die Gegensätzlichkeit der Positio- wahl sicherte.) Vorgehen nach dem Geraer Parteitag, den nen zutage, wie sie die verschiedenen Flü- Diese ersten wichtigen Schritte zu einem „dieser Flügel als Niederlage erlebte“, abzu- gel und Gruppierungen innerhalb dieser inhaltlichen Neuanfang wurden durch stimmen. Wie dem ND entnommen werden Partei trennt. Entsprechend unterschied- personelle Entscheidungen ergänzt: Eini- konnte, waren sich die Anwesenden darin lich fallen die Antworten auf die Frage ge bisherige Inhaber des selbst angemaß- einig, daß die gegenwärtige PDS-Spitze, nach den Ursachen der Krise wie nach ten Monopols auf Deutungshoheit über die die im Zuge weiteren Zurückweichens Wegen zu deren Überwindung aus. Geschichte (von DDR und SED) und über gerade Rechtsaußen André Brie zum Diese innerparteilichen Widersprüche, die Merkmale eines „modernen Sozialis- Wahlkampfleiter für 2004 berufen hat, oft durch sogenannte Formelkompromis- mus“ verloren ihre Parteiämter. eine „Fehlbesetzung“ sei. Bei ihrer „Suche se nach außen „gedeckelt“, waren jedoch Ein Anfang für eine sozialistische Er- nach Wegen zu einer neuen PDS“ hoffen die schon immer vorhanden: Flügelkämpfe, neuerung der Partei war damit gemacht, Rechten zwar „auf baldige Änderung der bei denen es stets um grundlegenden der Ansatz zur Überwindung ihrer Krise Mehrheiten in der Partei“, gestehen jedoch Richtungsstreit ging. Der spitzte sich vielversprechend. Nur: Was geschah in ein, daß ihr Konzept in der PDS „derzeit infolge des Desasters der PDS bei der Bun- den viereinhalb Monaten seitdem? nicht mehrheitsfähig ist“. destagswahl 2002 krass zu. Der immense In ihrem „Plädoyer für einen ,Geraer Genau diese Erkenntnis sollte denen in der Vertrauensverlust, wie ihn die bisherige Dialog’“ gaben unlängst 126 Mitglieder PDS, die das sozialistische Profil ihrer Par- Politik der Parteispitze bei den Wählern und Sympathisanten der PDS (unter ih- tei erhalten oder wiederherstellen wollen, (und nicht zuletzt auch in der eigenen Mit- nen 18 Delegierte des Geraer Parteitages, Ansporn sein. Sie können nur Erfolg haben, gliedschaft!) bewirkte, signalisiert drin- 2 Landtagsabgeordnete und weitere 15 wenn das bei der Basis überwiegende so- genden politischen Korrekturbedarf. PDS-Mandatsträger) eine ernüchternde zialistische Potential mobilisiert wird und Der Geraer Parteitag zeigte, daß die PDS wie alarmierende Antwort: Der neue Par- zur Aktion übergeht. sowohl über die erforderliche Korrek- teivorstand verhalte sich ausgesprochen Dieses Erfordernis stellt sich übrigens turbereitschaft wie über Kräfte verfügt, lustlos, was die Umsetzung der Geraer Be- nicht zum ersten Mal. Bereits vor sechs um diese Politik umzusetzen. Aus einer schlüsse betreffe. Statt die von ihnen aus- Jahren, nach dem Schweriner Parteitag, ungeschminkten Bilanz des Tolerierens gehende Chance für einen sozialistischen brachte Prof. Hanfried Müller in den und Koalierens zogen die Delegierten mit Neuanfang tatsächlich wahrzunehmen, „Weißenseer Blättern“ seine Sorge zum Zweidrittelmehrheit (!) erste Schlüsse: Die befasse sich die Parteispitze vorrangig Ausdruck: „... um die PDS nicht zu schwä- mit innerparteilichem Kleinkrieg. Jenen, chen, scheut die Parteibasis den Kampf die für den Anpassungskurs und damit für um deren antiimperialistischen Charak- den Weg der PDS ins politische Aus stehen, ter, während die Brie-Fraktion von dieser Wir trauern um unser Förderver- werde – auch durch die Parteivorsitzende Scheu lebt und weiterhin ... versucht, die einsmitglied, den klugen und durch – wieder nachgegeben. Die abgewählte Partei in eine systemkonforme Partei zu nichts zu erschütternden Parteirechte erfahre Stärkung, es bestehe verwandeln.“ Und auf die Frage, wie man Kommunisten die akute Gefahr, daß die in Gera durch- „die PDS an ihrem selbstmörderischen gesetzte Neuorientierung umgekehrt, die Opportunismus hindern könne, ohne sie Dr. phil. Herbert Crüger Beschlüsse dieses Parteitages hintertrie- umzubringen“, antwortete er: „Daran ben würden. kann nur die Basis die Führung der Partei (1911 bis 2003) In der Tat: Gelänge es der Parteirechten hindern ...“ Lebensgefährte von Mathilde um Gysi, Brie, Bartsch, Pau, Lötzsch, An solchen Warnungen hat es seitdem Danegger und Erika Correns, Wolf, Liebig u. a., die PDS abermals auf nicht gefehlt – wie auch im „RotFuchs“ ihren Kurs festzulegen, würde die Partei nachzulesen war. Sie kamen – und kommen Autor des Buches endgültig jeglicher sozialistischen Iden- – nicht von politischen Gegnern, sondern „Ein alter Mann erzählt“. tität beraubt. Das aber käme ihrem Ende von Freunden einer PDS, die sozialistische „Tommy“ bleibt in gleich. Um diese verhängnisvolle „Dyna- Partei sein will. Daß solchen Warnungen unserem Gedächtnis. mik nach rechts“ zu stoppen, wenden sich zu wenig Gehör geschenkt, den rechten die Initiatoren mit ihrem Plädoyer an „alle „Modernisierern“ hingegen die Kursbe- diejenigen in der PDS, die bereit sind, den stimmung weitgehend überlassen wurde, sozialistischen Charakter der Partei zu hat die PDS nicht allein in die Wahlnie- Vereinsvorstand verteidigen“. derlage vom 22. September 2002, sondern und Chefredaktion Es liegt zweifellos im Interesse der ge- in ihre Existenzkrise geführt. Den Geraer des „RotFuchs“ samten Linken, ob parteigebunden oder Neuanfang zu verteidigen und auszubau- parteilos, daß diese vorwärtsweisende en, ist daher unumgänglich. Initiative in der PDS-Mitgliedschaft brei- Wolfgang Clausner Seite 8 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 9

Eine Rede Heinz Stehrs, die man so nicht stehen lassen kann Wer polarisiert?

Die im „RotFuchs“ Nr. 60 veröffentlichten daß es in einer Partei unterschiedliche deutscher Genossen, die Existenz der DKP Artikel von Norbert Pauligk und Konrad Meinungen und entsprechende Debatten zu erhalten, zusammen und beeinflußte Strehl haben mich darin bestärkt, zur Rede gibt, eine „politische Polarisierung“ und später die programmatische Debatte und des DKP-Vorsitzenden Heinz Stehr auf der die „Verfestigung von Meinungsströmun- die Diskussion über den Charakter der Par- 1. Tagung des Parteivorstandes Stellung zu gen“ ableitet. Er spricht sogar von der Ge- tei. Dieser qualitativ neuen Situation zeigte nehmen. Als DKP-Mitglied fühle ich mich fahr von „Machtkämpfen“ und beschwört sich die Führung der DKP nicht gewachsen. unmittelbar betroffen. nicht ohne Demagogie die „Erfahrungen Sie versäumte oder besser gesagt – sie ver- In dieser Rede gab H. Stehr seine „Ein- der Vergangenheit“. Wenn Informationen hinderte – die Möglichkeit einer Stärkung schätzung“ des 16. Parteitages, der Ende stimmen, sind außerhalb des veröffentlich- der Partei, die sich aus diesem Ansatz hätte November/Anfang Dezember 2002 in Düs- ten Textes auf der Tagung noch schärfere ergeben können. Sie lehnte das von Genos- seldorf stattfand. Was er vor dem PV sagte, Töne angeschlagen worden. Der mehrfache sen im Osten unterbreitete Konzept einer hat mich – ungeachtet der Zustimmung zu Bezug auf das Statut ist in diesem Kontext neuen Legierung West/Ost strikt ab und einigen Passagen – enttäuscht, beunruhigt unschwer als Disziplinierungsabsicht zu verfolgte stattdessen die Linie einer forma- und schockiert. Falls diese in den offiziel- deuten. Was sollen solche Drohungen? Die len Übertragung von politischen Grundpo- len Parteiinformationen der Öffentlichkeit Genossen, die ihren abweichenden Beitrag sitionen und Erfahrungswerten der bisher zugänglich gemachte Rede so unwiderspro- formuliert haben, sind weder „Erneuerer“ rein westdeutschen Partei auf den Osten. chen vom Parteivorstand gebilligt worden noch „Linkssektierer“. Es ist schon kurios: Der DKP könne man nur so beitreten, wie sein sollte, sehe ich große Schwierigkeiten Die Kategorie des „demokratischen Zentra- sie sei, hieß es. Das war auch eine Form des für die weitere Entwicklung der DKP. Sie lismus“ wird aus den Dokumenten und dem Anschlusses und der Bevormundung. Kon- macht auf mich den Eindruck einer in die- Sprachgebrauch der Partei verbannt. Von kreter Ausdruck dieser falschen Politik war ser Form unzulässigen Konterattacke. Ich innerparteilicher Demokratie wird zwar in den letzten Jahren die im Grunde ergeb- erinnere an Brecht: „Nicht nur, was einer dauernd geredet, in der Praxis aber ein nislose Arbeitsweise der sogenannten Ko- sagt, sondern auch, warum und zu welchem rigider Zentralismus mit dem Ziel durchge- ordinierungskommission Ost unter Vorsitz Zweck er’s sagt, sei geprüft.“ Genau das paukt, Standpunkte des Parteivorstandes von N. Hager. Die bloße Oktroyierung von scheint mir nötig. der Mitgliedschaft zu dekretieren. Ich ha- Vorgaben des PV funktionierte nicht. Als Kommunisten sehen wir uns mit der be keine Schwierigkeiten mit notwendiger Was für abträgliche Methoden zur Abwer- Tatsache konfrontiert, daß sich die sozialen Parteidisziplin. Aber solche Methoden sind tung des Wirkens ostdeutscher Genossen Widersprüche verschärfen. Bei einem Teil nicht zu akzeptieren. Sie erinnern eher an angewandt wurden, zeigte sich am Vorge- der Werktätigen entwickelt sich politisches die Riten der Führungszirkel bürgerlicher hen gegen die bekannte DKP-Gruppe Ber- Bewußtsein. Die Chancen für eine Neufor- Parteien, wo diese Formen des Umgangs lin Nordost und den von ihr begründeten mierung der revolutionären Arbeiterbewe- mit der Basis üblich sind. In einer kom- „RotFuchs“. Durch die von Essen ausgehen- gung werden größer. Darin stimme ich mit munistischen Partei haben sie nichts zu den Querelen verlor die Partei eine Reihe H. Stehr überein. Eine marxistische Partei suchen. wertvoller Genossen. Der RF wurde aus der mit Masseneinfluß, die auf diesen Prozeß Die Problemfelder der Meinungsverschie- DKP hinausgemobbt. Nur das besonnene wirklich einwirken kann, aber fehlt. denheiten sind in der Rede im wesentlichen Reagieren einiger Beteiligter hat damals Die DKP ist in den Jahren nach 1989 dem richtig benannt. Zu einer für die weitere eine noch größere Austrittswelle verhin- Ziel, eine solche Partei zu werden, leider Entwicklung der DKP entscheidenden Fra- dert. Die Erfahrungen und Positionen der nicht näher gekommen. Die Ursachen dafür ge, die auf dem Parteitag eine große Rolle sind mannigfaltig und können hier nicht spielte, aber hat H. Stehr nichts gesagt. „jungen“ DKP-Mitglieder, die oft schon ein im einzelnen untersucht werden. Sie lie- Wie diese „abgewickelt“ wurde, empört Leben lang Kommunisten waren, versuch- gen aber ganz sicher nicht nur außerhalb mich zutiefst. Ich spreche ganz bewußt te man als „Nostalgie“ oder „Traditiona- der Partei. Ein Grund besteht wohl darin, nicht vom Ost-West-Problem. Inhaltlich lismus“ zu diskreditieren. Eine „Krönung“ daß die DKP nicht in der Lage war, ein handelt es sich um eine schon fast vertane der systematischen Ausgrenzung, die auch den neuen Erfordernissen entsprechendes einmalige historische Chance. Sie bestand bei vielen westdeutschen Genossen auf konsequent marxistisches Programm zu und besteht darin, wie es Hans Heinz Holz Ablehnung und Widerstand stößt, war der formulieren. Allerdings wurde in Vorberei- formulierte, in ein und derselben Partei gezielte Ausschluß ostdeutscher Kandida- tung des Parteitages und während seiner „zwei revolutionäre Erfahrungsströme zu- ten von der Vorschlagsliste des alten PV für Beratungen Positives sichtbar. Ich meine sammenzuführen“: den der Kommunisten den neuen PV. Unter den so Eliminierten die neue inhaltliche Qualität einiger Beiträ- der BRD im Kampf gegen die Macht des Ka- befand sich auch das langjährige Mitglied ge zur Programmdiskussion. Das war vor pitals und den der Genossen der DDR, die des Parteivorstandes Brigitte Müller aus allem ein Verdienst zahlreicher Genossen, vier Jahrzehnte den ersten sozialistischen Brandenburg. Das gleiche wiederholte sich die sich kritisch zum „Ersten Entwurf ...“ Staat auf deutschem Boden gestaltet haben. dann auf dem Parteitag – eine meisterhafte äußerten. Besonders aber die „Gegenent- Dabei gibt es positive wie negative Seiten. „Regieleistung“ einiger Mitglieder des Vor- würfe“, wie H. Stehr den „Verbesserungs- Wir müssen lernen, die Vergangenheit standes und der Tagungsleitung. vorschlag“ Holz/Köbele abzuqualifizieren wieder als Triebkraft zu gebrauchen, wie All das wird in der Rede von H. Stehr mit versuchte, trugen dazu bei. Sie offenbarten Johannes R. Becher forderte. nebulösen oder anonymen Redewendun- in Grundfragen ein entschieden klareres Die Verdrängung dieser Aufgabe, die bisher gen kaschiert. Seine Forderungen, „um- marxistisches Profil. Kein Wunder also, in keinem Dokument der DKP formuliert zudenken“, „verantwortungsbewußt mit daß sich die meisten Parteitagsredner, die wurde, hat tiefere Ursachen. Mitte der 90er Meinungsverschiedenheiten umzugehen“, sich zu Programmfragen äußerten, darauf Jahre, als sich die im Zusammenhang mit der „die Grundlagen kommunistischen Partei- bezogen. Das erfuhr ich von Genossen, die konterrevolutionären Beseitigung der DDR verständnisses zu beachten“, muß man vor teilgenommen hatten. Nach meiner Erfah- eingetretene Verwirrung und Entmutigung allem an den Parteivorstand delegieren. rung entsprach das der Auffassung der abschwächten und nicht wenige Kommuni- Dort befindet sich die Quelle der Polari- Mehrheit der DKP-Mitglieder. sten ihr Selbstvertrauen zurückgewannen, sierung. H. Stehr macht aus diesem erfreulichen traten standhaft gebliebene Genossen aus „Konkrete Kritik an geleisteter oder nicht- Umstand aber ein Negativum und aus der der SED der DKP bei. Damit ergab sich eine geleisteter Arbeit sollte deutlich und offen Mehrheit eine Minderheit. Die beunruhi- neue innerparteiliche Situation. Ein bisher geäußert werden“, verlangte H. Stehr. Ich gendsten Passagen seiner Rede sind jene, ungekannter Erfahrungsstrom veränderte habe dieser Aufforderung hiermit entspro- in denen er aus der normalen Tatsache, die Partei. Er floß mit dem Bemühen west- chen. Dieter Itzerott Seite 10 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 11

Vom Wirtschaftswunder zum Abräumen der Requisiten Ein Schaufenster wird geschlossen

Der gegenwärtigen Bundesregierung geht fe und Anstrengungen? Oder ein Geschenk Täuschung und Verrat, verpackt in Be- es um die Beseitigung von „Reformhinder- des Himmels? Damals hörte man nicht redsamkeit. Das Ergebnis: Zahllose ehr- nissen“. Die systematische Umkehr des allein in Kreisen westdeutscher Linker: liche, kämpferische Betriebsfunktionäre Begriffs Reform zu einem Sammelbegriff „Die DDR sitzt stets unsichtbar mit am standen ratlos, wütend, desavouiert vor für antisoziale und antidemokratische Verhandlungstisch.“ ihren Kollegen und sollten einen miesen Maßnahmen hat umfassenden Charakter Eine Grundbedingung für den „Ar- Abschluß „erklären“. angenommen. Das Schlimmste, womit beitsfrieden“ in der BRD war die feste Die Eroberung der DDR änderte zwar man uns bedroht, sind „Reformen“. Mit Einbindung der Gewerkschaften und nichts an diesen Grundsätzen, aber die dem Reformstreben von einst oder mit Re- anderer SPD-naher Verbände in das ka- Situation war plötzlich ganz anders. Nun formismus haben sie nicht das geringste pitalistische System. Der DGB wurde saß das sozialistische Deutschland nicht zu tun. von CIA-gelenkten USA-Spezialisten für mehr als „dritter Partner“ mit an den Ver- Unterdessen ist die „reiche BRD“, EU-Mu- Operationen gegen die Arbeiterbewegung handlungstischen. Weit mehr als das: Es sterland, kontinentale Hegemonialmacht, wie Tom Braden, Irving Brown und den begann ein bisher nicht gekannter Angriff Motor bei der Schaffung von Einheits- Brüdern Victor und Walther Reuther fi- auf Errungenschaften und Rechte der Ar- währung samt „Stabilitätspakt“ zum nanziert und instruiert. So entstand ein beiterklasse. Die Massenarbeitslosigkeit EU-Schlußlicht in Sachen Wirtschafts- Apparat, der die heile Schaufensterwelt wurde als Wesensmerkmal des Kapita- wachstum und zum Spitzenreiter beim weitgehend garantierte. Klassenbewußte lismus wieder zu einer greif- und begreif- Budgetdefizit geworden. Ein Hauptgrund antifaschistische Gewerkschafter wie der baren Realität. Doch ob unter Kohl oder für diesen „Abstieg in der Tabelle“: das IG Metall-Vorsitzende Otto Brenner wa- Schröder: „Lohnzurückhaltung“ bleibt Verschwinden und Verschlingen der Deut- ren dabei absolute Ausnahmen. Dagegen – ungeachtet verbalradikaler Zwischentö- schen Demokratischen Republik. wurde mit den Methoden materieller Kor- ne – seit Jahren Gewerkschaftslinie. Nur Der Ausbau von BRD und Westberlin zu rumpierung, politischer Erpressung und nicht den Profiten der Kapitalisten ernst- „Schaufenstern der freien Welt“ im Kampf antikommunistischer Ausrichtung dafür haft zu Leibe rücken! gegen das sozialistische Deutschland gesorgt, daß sich diese Führungsstruktur Auf die systematische Zerstörung der DDR- stand jahrzehntelang im Zentrum der stets reproduzierte. „Vielversprechende Industrie und die Diskriminierung der Strategie des „Zurückrollens des Kommu- Gewerkschafter“ wurden und werden in Menschen im Osten finden die DGB-Führer nismus“. Die vielfach größere industrielle die „oberen Etagen“ durchgereicht. Spuren seit mehr als 12 Jahren keine Antwort. Sie Basis und Marshallplan-Milliarden bei sie nicht, droht ihnen der Absturz. suchen sie auch gar nicht erst, ignorieren frühem „Verzicht“ des Westens auf Repa- Die Bestimmungen des Tarif- und Streik- die Situation, verzichten auf massiven rationen boten eine gute Grundlage für rechts – 75 % müssen für einen Streik stim- Druck zur Lohnangleichung. die Restauration der alten Macht- und men, aber nur 25 % für die Annahme eines Die Schließung des überflüssig geworde- Eigentumsverhältnisse. Heraus kam Abschlusses! – entmündigen die Basis. Mit nen Schaufensters der „freien Welt“, um das sogenannte Wirtschaftswunder. Es solchen Gewerkschaften überstand das die es geht, ist nicht so leicht zu bewerk- erleichterte den im Krieg geschlagenen, BRD-Schaufenster die erste Nachkriegs- stelligen. Es hat nicht nur jahrzehntelang von angloamerikanischen Imperialisten krise 1966/67 ohne größere Sprünge, zu- das Bewußtsein der Arbeiterklasse und des wieder in den Sattel gehobenen deutschen mal die 1968 neukonstituierte DKP durch ganzen Volkes der BRD geprägt und zer- Monopolherren nicht nur die massenhafte sogenannte Unvereinbarkeitsbeschlüsse setzt, sondern durch den hohen Lohnstan- Abwerbung von Fachleuten aus der DDR. von SPD und DGB sowie nachfolgende dard auch einen Binnenmarkt geschaffen, Auch das westliche Europa konnte bei den Berufsverbote kleingehalten und isoliert auf den das Kapital kaum verzichten kann. zweistelligen Lohnzuwachsraten, hohen werden konnte. Gegen Bewegungen, die Die Benutzung der Brechstange ist für die Weihnachts- und Urlaubsgratifikationen, Notstandsgesetze und Vietnamkrieg be- Herrschenden also nicht ungefährlich, umfassender Gesundheitsfürsorge, sta- kämpften, erzeugten Gewerkschaftsbosse zumal sich selbst auf der mittleren Ebene bilen und soliden Renten, Absicherung im wie Georg Leber sogar offenen Haß. In der Gewerkschaften Widerstand gegen die Falle von Arbeitsunfähigkeit usw. nicht Westberlin erklärte er vor einem aufge- hohe DGB-Bürokratie zu entwickeln be- mithalten. Was französische, italienische putschten Mob: „Deutsche Bauarbeiter ginnt. Der Hamburger ver.di-Vorsitzende und britische Werktätige in harten Ar- werden diesen langhaarigen kommuni- Rose solidarisierte sich z. B. unlängst mit beitskämpfen nur in geringerem Umfang stischen Randalierern die Vernunft mit der breiten Bewegung gegen den rechten durchzusetzen vermochten – hier schien Dachlatten einbläuen ...“ Senat und dessen Ausgrenzungs- und Ver- es den „Tarifpartnern“ von den „Arbeitge- Zu trüben begann sich das Schaufenster treibungspolitik. bern“ einfach zugestanden worden zu sein. erst, als Anfang der 70er Jahre – vor allem Streiks blieben so die Ausnahme. während der „Ölkrise“ – deutlich wurde, Die Pläne des von Schröder lancierten Wem verdankten die BRD-Bürger ihren daß das „Wirtschaftswunder“ nun der VW-Bosses Hartz zum Krieg gegen Ar- hohen Lebensstandard? War er tatsäch- Vergangenheit angehörte und der Impe- beitslose statt gegen Arbeitslosigkeit sind lich nur das Ergebnis ihrer eigenen Kämp- rialismus unverändert war: parasitär nur mit den Gewerkschaften umsetzbar. und im Niedergang befindlich. Doch Oder orientiert diese Regierung auf deren selbst als Helmut Schmidt als erster Entmachtung, wie sie einst von der „Eiser- von einer „Reform“ sprach und damit nen Lady“ Margaret Thatcher exekutiert Sozial- und Demokratieabbau meinte, wurde? Darauf deutet allerdings eine konnte er auf die weitestgehende Un- Äußerung Schilys während der Tarifver- terstützung des DGB-Apparates zäh- handlungen des öffentlichen Dienstes len. Nicht einmal Helmut Kohl hatte es hin: Wenn das „Angebot der Arbeitgeber“ da sehr viel schwerer, denn die Devise, nicht akzeptiert werde, bleibe nur die die Unternehmerchef Hanns-Martin Null-Runde. Spanische Werktätige sind Schleyer ausgegeben hatte, galt wei- zwar über so manche ihnen unbekannte ter: „Wir sitzen alle in einem Boot“. hiesige Sozialleistung erstaunt, doch ein Die Erhaltung des Klassenfriedens mit „Hartz“ vergleichbares Konzept ihres bildet nach wie vor die Grundlage Regierungschefs Aznar veranlaßte sie im jeder Strategie der Gewerkschafts- Juni 2002 zum Generalstreik. führung. Als taktische Mittel dienen Werner Hoppe Seite 10 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 11

Ein „Kölsches Blatt“ für soziale Gerechtigkeit Beherzt und zielklar

„kumm erus!“ (komm heraus!) – früher und deckt zugleich den Wohnungsschwin- senbahnerquartiere (davon 8 090 in Köln) hieß es „von unge“ (von unten) – erscheint del der „Stadtväter“ auf, die kommunales unter den Nagel gerissen habe, 42 500 in Köln, sieht wie ein Springersches Boule- Eigentum irgendwelchen Kapitalisten städtische GAG-Wohnungen zuspielen. vard-Blatt aus und ist keine Karnevalszei- in die Hand spielen möchten. Die 4 000 „Das Volk sagt NEIN!“, schreibt „kumm tung. 5 000 Exemplare beträgt die Auflage, vergeblich ein bezahlbares Quartier su- erus!“. die „nach Bedarf & Möglichkeit“ produ- chenden Kölner werden dabei „außen vor“ Die Redakteure um Birgit Netschert ziert wird. Schon auf den ersten Blick sieht gelassen. weichen der Frage nicht aus, welches Le- man, daß „kumm erus!“ hält, was es im Ti- Nicht speziell für Behinderte gemacht, serpublikum sie sich wünschen und auf tel verspricht: ein Sprachrohr für soziale verteidigt „kumm erus!“ das Recht und wen sie verzichten möchten. „Sie fühlen Gerechtigkeit zu sein. Die Zeitung ist mehr: die Würde physisch oder psychisch Be- sich rundum wohl, sind mit fast nichts klassenkämpferisch und mit Leidenschaft nachteiligter. „Behinderte sind kein Sperr- unzufrieden, meinen außerdem, soziale zieht sie gegen die Bourgeoisie zu Felde, müll, den man einfach an den Straßenrand Ungerechtigkeiten seien die Ausnahme trommelt sie Alarm für die Ärmsten der räumt“, heißt es da. und die Betroffenen meist selber schuld. Gesellschaft, erhebt sie Anklage gegen die Als Mitmachzeitung deklariert und darin Dann wird Sie die Lektüre dieser Zeitung Ausbeuter. Kein Obdachlosen-Journal der dem „RotFuchs“ sehr ähnlich, ruft das gut nicht interessieren, sind Sie niemand, der/ herkömmlichen Art, nimmt „kumm erus!“ redigierte und beherzt auftrumpfende Or- die bei uns mitmachen könnte“, heißt es im die auf der Straße Liegenden in Schutz gan der „kleinen Leute“ schon auf der Titel- Leitkommentar. „Aber all die anderen, die seite zum Widerstand gegen den Krieg auf sich selbst betroffen fühlen, die Ungerech- und vermittelt Ideen für Aktionen gegen tigkeiten in ihrem Umkreis beobachten, Bushs geplanten Völkermord. „Rot-Grün die soziale Netze knüpfen, sind dringend lügt: Die BRD führt Krieg!“ ist einer der eingeladen ...“ Beiträge überschrieben. „Haltet Augen „kumm erus!“ wendet sich gegen staatliche und Ohren offen! Macht mit bei Prote- Zensur und polizeiliche Repression, setzt sten!“, fordert das Blatt, das zu Gegenwehr sich für die Gleichberechtigung ausländi- und Selbstorganisation rät. Die Sprache ist scher Mitbürger ein und bezieht eindeutig plastisch, deftig und bildhaft. „Raus aus antifaschistische Positionen. Besonders Schulterzucken und Verkriechen!“ wird wohltuend: Von Antikommunismus und an die Leser appelliert. Und: „Faxen dik- Antisozialismus – oft genug Alibi-Beiwerk ke! Erwerbslose müssen sich wehren!“. auch linker Publikationen – weht hier kein Massiv werden OB Schramm (CDU) und Hauch. Die „RotFuchs“-Redaktion hat den der Fraktionsführer der Schwarzen, Biet- Machern von „kumm erus!“ die Solidarität mann, angegriffen. Die „Bietmann-Clique“ und Sympathie der Diskriminierten im wolle dem japanischen Bankhaus Nomura, Osten für die Diskriminierten im Westen das sich in Deutschland bereits 64 000 Ei- zum Ausdruck gebracht. S. R. Operettenmücke oder politischer Elefant? Ausflüge in den Gespensterwald

Gerhard Bengsch – immer gut für visuelle der Traditionsküche von Erzkonservativen, ser gehört, die in der heutigen Schule wenig oder gedruckte Überraschungen – hat mit Militaristen und Neonazis zu neuem Retor- über die verderbliche Rolle gespenstisch an- „Geisterstunde“ ein spannendes neues Buch tenruhm aufgepeppten Totenkopfhusaren mutender Figuren der deutschen Geschichte vorgelegt. Trotz der leichtfüßigen Erzähl- des Serbenschlächters, Weltkriegsgenerals und gar nichts über deren historische Gegen- weise verrät der schmale Band ein hohes und Hitleranbeters von Mackensen nach. spieler erfahren, die 40 Jahre lang für einen Maß an solider Recherche und gekonnter Auch anderen Idolen der rechten Szene, die gespensterfreien deutschen Staat sorgten. In Faktenverdichtung. Nach eigenen Angaben in der stets von diesem Geist durchtränkten diesem Sinne leistet „Geisterstunde“ einen des Verfassers muß der Briefträgerin ob Bundesrepublik nicht erst fröhliche Urständ spezifischen Beitrag dazu, Geschichtsbe- des dem Schriftsteller von obskurer Seite feiern mußten, widmet der Autor sein Au- wußtsein zu erzeugen. auf Bestellung in Massen angelieferten au- genmerk. Übrigens: Die eindrucksvolle Umschlagsge- thentischen Materials aus reaktionärster Vieles, was da ans Licht gezogen wird, ist na- staltung stammt von A. B. Bengsch – Anna- Quelle so mancher Zweifel über seine Person türlich Operette mit Mückengewicht, ande- bella, wie zu vermuten ist. Glückwunsch auch gekommen sein. res indes von der politischen Schwere eines Spotless zu einem weiteren Renner. K. S. Mit kriminalistischer Akribie begibt sich der Elefanten, um ein vom Verfasser geprägtes Gerhard Bengsch. Geisterstunde. Gespen- geübte Szenarist (u. a. „Krupp und Krause“) Bild zu benutzen. stergeschichten von Gestern und Heute. und inzwischen auch trickreiche Privatde- Bengsch stößt auch auf einige Nachlaßver- Spotless-Verlag Berlin 2003, 143 Seiten, 5,10 tektiv auf die Spur im Gestrigen wurzelnder walter von Verblichenen, deren scheinbares Euro, ISBN 3-933544-69-6 zeitgenössischer Schemen, die hierzulande oder echtes Huldigungs-Hobby nichts als noch vor wenigen Jahren als Schatten aus schlichte Anpassung an widrige Umstände dem Gespensterwald betrachtet worden ist. Arbeits- und Perspektivlosigkeit haben Am 24. Februar 2003 wird der wären. Doch seit der konterrevolutionären offenbar manchen in eine Richtung gedrängt, Leiter des Spotless-Verlages Rückwende von 1989/90 sind sie auch im aus der er nicht kam und in die er nicht woll- Osten Deutschlands allenthalben wieder te. So bedrückend das ist: Geisterbeschwörer Dr. Klaus Huhn 75 Jahre alt. anzutreffen. Begleitet von seiner charman- wider Willen sind solche in eine neue Haut Wir beglückwünschen den in vielen Sätteln gerit- ten Mit- und Gegenspielerin Annabella, die geschlüpften Leute deshalb noch nicht. tenen Kommunisten und Klassenkämpfer, Jour- der geübte Spotless-Leser längst in den Rang Der gedrängte Rapport des Autors ist ein nalisten und Schriftsteller zu seinem Jubiläum. einer eigenständigen literarischen Gestalt ebenso gut geschriebenes wie lehrreiches Chefredaktion des „RotFuchs“ erhoben hat, spürt Gerhard Bengsch den in Büchlein, das gerade in die Hände junger Le- Seite 12 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 13

Weshalb innere Sicherheit bei uns groß geschrieben werden muß Rückkehr der „Kettenhunde“?

Man erinnert sich an alte Zeiten: Als „Ket- hattans kreiste –, rief sofort die latenten zuschlagen sollten – gewissermaßen eine tenhunde“ bezeichnete Feldgendarmen Befürworter eines „Einsatzes der Bundes- Aufforderung, es doch endlich zu tun. Da waren damals keineswegs nur „im Felde“ wehr im Innern“ auf den Plan. Um fortan bringt sich der Polizeiminister mit dieser tätig; sie wurden auch in der Heimat ge- einer so kompakten Gefahrenlage mit oder jener kleinen Maulkorb- oder Dau- braucht, machten Jagd auf „Wehrkraftzer- angemessenen Mitteln entgegentreten zu menschraubenregelung unaufdringlich setzer“ und Deserteure, sorgten für „Ord- können, müsse das Grundgesetz geändert in Erinnerung. Und da sind schließlich die nung und Disziplin“. Kurzum: für innere werden, forderte unser umsichtiger Wehr- behutsamen Hinweise auf den „im Gefolge Repression. Wir wollen die Verhältnisse minister. Es erklang der Schrei: Abschie- des 11. September“ erstmals von den Ame- keineswegs vergleichen, das wäre ab- ßen! Geht es dabei nur um den durchge- rikanern ausgelösten „Bündnisfall“ der wegig. Und doch muß man fragen: Ist in knallten Segelflieger, der die Banktürme NATO, der auch für die Bundesregierung absehbarer Zukunft mit einer Rückkehr am Main so dreist bedrohte? bestimmte innenpolitische Zwänge nach der „Kettenhunde“ zu rechnen? Werden Der Vorfall bot Gelegenheit für eine kom- sich ziehen könnte. Feldjäger eines Tages – den Bundesgrenz- plexe Übung in Sachen innere Sicherheit. Angesichts der Aggression nach außen, schutz ersetzend – Bahnhofsrestaurants An ihrem „Ausbau“ werkeln inzwischen bei der die Hardthöhe vorerst „begrenzte und öffentliche Gebäude nach „Terrori- viele. Da ist der BKA-Chef, der in gewissen humanitäre Hilfe“ leistet, indem sie Tau- sten“ absuchen? Abständen vor „möglicherweise geplanten sende Bundeswehrsoldaten für läppische Was gibt uns Grund zu diesen Fragen? Terroranschlägen größeren Ausmaßes“ zwei Jahre zur Bewachung sämtlicher Der potentielle „Luftterrorist“ von Frank- zu warnen pflegt. Da ist die treffliche Objekte der kriegführenden U.S. Army furt – ein geistig verwirrter junger Mann, Gesundheitsministerin mit ihrer warmen abkommandiert, sind Überlegungen zum der mit einem „entliehenen“ Motorsegler Stimme, die für die ganze Nation vorsorg- Thema innere Sicherheit durchaus ange- unter Kontrolle zweier Luftwaffen-Ma- lich Impfstoff in Hülle und Fülle bereit- bracht. Die Sache mit den „Kettenhunden“ schinen eine Weile am Himmel Main- stellen läßt, falls die Pocken-Terroristen ist da nur so ein Gedanke ... C. A.

Wie die Berliner PDS die Gewerkschaften verprellte Warum Metallarbeiter im Osten drei Stunden nachsitzen müssen Null-Runden-Anwälte Faule Ossis

Der „Berliner Weg“ sei „bei- nachdem PDS-Spitzenmann Bis heute will man Metallern gekommen, könnte gestreikt spielhaft“, verkündete Bürger- Harald Wolf die arbeiterfeind- und Arbeitern der Elektroin- werden. meister Klaus Wowereit an- liche Linie geflissentlich abge- dustrie im Osten weismachen, Während die IG-Metall dar- läßlich des ersten Jahrestages nickt hatte. Ulrich Thöne, Chef sie seien fauler und unproduk- auf verweist, daß bei der des Bestehens seiner durch die der Lehrergewerkschaft GEW, tiver als ihre Westkollegen: Sie Produktivitätsentwicklung PDS diensteifrig unterstützten sprach daraufhin von einer müssen nämlich – bei ohnehin im Osten rund 4 % höhere SPD-Stadtregierung. „Neues „Speerspitze weit rückwärtsge- niedrigeren Löhnen – drei Wachstumsraten als im We- Deutschland“ versah seinen wandter Kräfte“. Stunden pro Woche länger ar- sten erzielt wurden, finden die euphorischen Kommentar mit Ganz anders ließ sich der frü- beiten. 38 statt der im Westen Unternehmer wieder einmal einem versteckten Hinweis here Boß des Unternehmerver- tariflich vereinbarten 35 Stun- vor Hunger keinen Schlaf. Eine auf die Fragwürdigkeit des bandes BDI, Hans-Olaf Henkel, den. Mit anderen Worten: Sie Verringerung der wöchent- Ausgangs der Unternehmung: vernehmen. Er lobte den SPD- sitzen nach, werden zusätzlich lichen Stundenzahl auf 35 „Das rot-rote Experiment dau- Dampfer mit PDS-Beiboot. Die ausgebeutet und liefern Extra- sei bei vollem Lohnausgleich ert an.“ Berliner Haltung sei „Vorbild profite. „unzumutbar“, ruiniere die oh- Unmittelbar vor den Harmo- für andere Arbeitgeber“. Er Doch der Dampf im Kessel läßt nehin schwachen Betriebe und niebekundungen der Koaliti- halte die Entscheidung des sich nicht länger unter Kon- führe durch dann „notwendig onsjubilare war der Senat am Senats für ausgesprochen trolle halten. Unter dem Druck werdende Entlassungen“ zu 8. Januar 2003 mit fristloser „sozial“. Eine befremdliche Vo- der empörten Ostarbeiter sah höherer Arbeitslosigkeit, klag- Kündigung aus den Arbeit- kabel, kommt sie aus solchem sich die für „einen Stufenplan te Herr Kannengießer vom Ka- geberverbänden des öffentli- Munde. Auch der der gleichen zur schrittweisen Reduzie- pitalistenklub Gesamtmetall. chen Dienstes ausgestiegen, Klasse zuzurechnende Spre- rung der 38-Stunden-Woche Er kündigte geharnischten um nicht an die zwischen der cher der Industrie- und Han- auf das westdeutsche Niveau“ Widerstand der Unternehmer- Staatsbürokratie und ver.di delskammer (IHK) zeigte sich eintretende IG-Metall am 14. seite an. ausgehandelte Vergütungs- durchaus zufrieden: „Rot-Rot Januar 2003 zur Kündigung Ob die IG-Metall wiederum formel gebunden zu sein; hat langsam angefangen, aber der Arbeitszeitbestimmungen einknickt, statt sich vor ihre einen Kompromiß, der für die jetzt kommt Bewegung in die des Manteltarifvertrages (Ost) Kollegen im halbkolonialen Beschäftigten im gesamten Sache“, sagte er gut gelaunt. gezwungen. Doch die gewerk- Anschlußgebiet zu stellen, übrigen Bundesgebiet gewisse Die PDS ist also im Besitz des schaftliche Hinhaltetaktik oder ob sie endlich die Coura- Lohn- und Gehaltssteigerun- Schwarzen Peters. Bleibt sie, ist damit nicht aufgegeben ge besitzt, mehr als 12 Jahre gen vorsieht. In Berlin, wo wie nach jüngsten Äußerun- worden. Noch immer wird nach der Annexion gleiche Be- die „fürsorglichen“ Stadtväter gen ihres Berliner Landes- das Verlangen der Ostmetaller dingungen für gleiche Arbeit aus CDU und SPD einen Schul- vorsitzenden Stefan Liebig nach sofortiger Angleichung zu fordern, bleibt abzuwarten. denberg von derzeit 47 Milli- vermutet werden darf, auch im der Arbeitszeiten von der DGB- Die Ostmetaller könnten ihre arden Euro aufgehäuft haben, Falle einer erneuten Kriegsbe- Bürokratie nicht unterstützt. Erfolgschancen wesentlich stehe nur eine Null-Runde teiligung der SPD-Regierung Am 30. April läuft die Friedens- verbessern, wenn sie vom blo- zur Diskussion, sonst drohten in der Koalition, dann wird sie pflicht der Gewerkschaften ab. ßen Protest auf wirklich klas- erhebliche Personaleinschrän- ihn mit Gewißheit nicht wieder Ist es bis dahin zu keiner Eini- senkämpferische Positionen kungen, verkündete Wowereit, los. E. R. J. gung mit dem „Tarifpartner“ übergehen würden. R. F. Seite 12 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 13

Über Auf- und Abstieg des Straßenbahners Fritz Grühl Ein stinknormales Leben?

Er wurde am gleichen Tag wie der Adolf geschlagen. Drei hatten dicke Bäuche und alles war friedlich, trotz der jugendlichen aus Braunau am Inn geboren. Wegen dieser brachten nacheinander ihre Bastarde zur Helden, die gelegentlich mit ihrem schwar- zufälligen Übereinstimmung feierte er nach Welt. Die kleinen Würmer wollte der Fritz zen Runenbanner grölend ihrer siegreichen der „Machtergreifung“ und der schlagarti- großziehen, die konnten doch nichts dafür. Zukunft entgegenzogen. gen Tuchfühlung mit den Sturmabteilungen Aber ihre nichtsnutzigen Mütter warf er Doch dann entdeckte der kleine Wilfried nur noch seinen 44. Geburtstag. So war er nach dem Wochenbett achtkantig auf die eines Tages den Toten im Unterholz. „Opa, nun mal, der Fritz Grühl. Straße. Seitdem nannte er seine Frau auch komm mal. Da liegt so einer von der Partei!“ Seine Frau Auguste gebar ihm acht Kinder. nicht mehr Guste, sondern nur noch „du da“ Es war der SA-Mann Balzer aus Heckinghau- Zwischendurch mußte er 14/18 ins Feld, in oder „die da“. Gott sei Dank durfte er jedoch sen, in seiner Brust steckte ein Ehrendolch, den Weltkrieg I. Aus diesem Schlamassel auf der Talbahn weiterhin Billets verkaufen; vermutlich sein eigener. Fritz riskierte es und nach einem halbherzigen Intermezzo selbst die Stammfahrgäste fanden, daß der diesmal nicht, den grausigen Fund zu ver- in einem Soldatenrat gesund zu Frau und Schaffner Grühl irgendwie komisch gewor- heimlichen, rechnete auch mit nichts Bösem, drei abgemagerten Töchtern zurück, wurde den war. zumal er den Balzer ja identifiziert hatte. er wieder Straßenbahnschaffner. „Glück Seine Jungs, beide kränkelten, impfte er mit Doch sie behielten ihn gleich da, lochten ihn gehabt!“ Nach der Ermordung von Karl Lieb- Ausreden, nicht ins Jungvolk und später ein. Im Elberfelder Polizeipräsidium arbei- knecht und Rosa Luxemburg kam es unter auch nicht in die HJ einzutreten. Das war tete seine Schwägerin Else als Putzfrau. Die den Arbeitskollegen im Straßenbahndepot selbst in der Großstadt möglich, obwohl der erkannte ihn im halbdunklen Kellergang. zu handgreiflichen Auseinandersetzungen. Blockwart ein Auge auf ihn zu werfen hatte. Schon mit dem Zuschlagen der Stahltür hörte Zwei Rote wurden entlassen. Als Albert Leo Fritz besohlte und pinnte Schuhe auf dem sie seine Schreie. Schlageter erschossen wurde, schieden sich Dreifuß, hackte im Wald gesammeltes Holz Fritz Grühl überstand wieder Ochsenziemer, wieder die Geister – diesmal ohne blaue Veil- und bestellte den Garten. Wenn er keinen kalte Duschen aus verrosteten Marmeladen- chen. Fritz gab bei allem seinen Senf dazu Sonntagsdienst hatte, ging ihm oft alles eimern und ihre Stiefeltritte in Hoden und und kam in den Betriebsrat. In regelmäßigen auf die Nerven, fiel ihm die Decke auf den Kniekehlen. Und – oh Wunder – diesmal kam Abständen wurden ihm trotz Noske, - Kopf. Bei schönem Wetter suchte er dann er trotz Schrunden, gespaltener Lippe und kampf, Inflation und anderem Unglück noch mit seinen vaterlosen Enkelkindern auf dem geschwollener Gesichtspartien schon nach drei Mädchen und endlich die Zwillinge Karl Norrenberg Bucheckern, Wald- oder Preisel- einer Woche frei. Draußen – wieder unter und Willi geboren. beeren. Bei einem ihrer Spaziergänge ent- Menschen – sprach er noch weniger als in Fritz, nunmehr Familienvater mit acht deckte er in einer Eiche an der Weggabelung der Folterkammer. Die Nachbarn nannten ganz passablen Blagen, derzeit wohl in einen, der sich aufgehängt hatte. Seine Ran- ihn jetzt den alten Grühl. Da war er gerade einer Glückssträhne, wußte nicht, wie ihm gen machte er auf ein abseits knabberndes mal 50 und Auguste bekam das vom Führer geschah, denn er sollte auf Vorschlag „von Eichhörnchen aufmerksam, damit die nicht gestiftete Goldene Mutterkreuz. oben“ zum Schwebebahnfahrer ausgebildet merkten, daß da oben ein Mensch baumelte. werden. Da kam ihm der Straßenbahner- Fritz meldete seine Entdeckung nicht; von Und ein Jahr drauf, am 1. September, war streik in die Quere. Kameradschaft hatte denen auf der Wache hatte er die Schnauze Krieg. Noch bevor die Lehrlinge Karl und er als Kriegsteilnehmer im Blut – und Not gestrichen voll. Mitte der Woche ging es Willi Gesellen werden konnten, wurden sie im Frieden dazu. Schicksal, dachte er und dann wie ein Lauffeuer durch die Siedlung: Soldaten. Infanterie, beide Sandhasen. Fritz sprang ohne weiter zu überlegen im Depot Der Finkelstein hat sich aufgeknüpft. In der wurde mit dem Rest der Familie dreimal aus- auf die Plattform eines Sommerwagens. „Ich Zeitung war ergänzend zu lesen: „Der Jude gebombt. Doch sie kamen zurecht, wenn auch schlage fürs Streikkomitee den Willm, den F., ertappter Kinderschänder und betrügeri- ihr Magenknurren im Behelfsheim genauso Hannes und den August vor.“ Zufällig waren scher Viehhändler, setzte freiwillig und feige unüberhörbar war wie das Glockengeläut die drei in der KPD. Die Schwebebahn konnte seinem fluchwürdigen Leben ein Ende.“ der Kirche nebenan. Karl schrieb von der Fritz von da an in den Schornstein schreiben, Fritz verlegte ihre Streifzüge ins Grüne nicht Ostfront: „Ich stehe bis zum Hals im Dreck.“ doch als Betriebsrat mußten ihn die Herren mehr so weit vom Haus weg, Spiekers Garten- Das war das letzte Lebenszeichen von ihm. noch auf seinem Posten akzeptieren. Als alle wirtschaft lag ja auch noch mitten im Wald. Willi kam 1954 aus einem Lager hinter dem wieder kuschten, bekam Fritz Grühl doch Diese Ausflüge kosteten zwar regelmäßig drei Ural zurück. Drei Monate später starb er an noch seine unerwartete Chance. Zwei Schich- Brausen und einen Fuhrmannsschnaps, aber Tbc. Am selben Tag wurde sein Vater Fritz ten kurbelte und bremste er auf Anordnung die Vögel zwitscherten hier wie überall auf Grühl pensioniert. von oben unter Aufsicht die Talbahn von der der bewaldeten Kaiser-Wilhelm-Höhe und Hans-Dieter Hesse, Recklinghausen Weiherstraße bis nach Elberfeld, dann war er Straßenbahnführer und hatte ein paar Kai Degenhardt auf einer neuen Plattenbau-CD Mark mehr in der Lohntüte. Doch in den Be- triebsrat wurde er nicht mehr gewählt. Später machten die Nazis in der Deutschen Briefe aus der Ebene Arbeitsfront ihn wieder zum einfachen Langeweile kommt nicht auf. Gerade noch wird im klassischen 3/4-Liedermacher-Takt eine Liebesge- Schaffner, kurz drauf zum Schutzhäftling in schichte befiedelt und beklampft, da ruft schon Straßen-Combo-Sound zum Desertieren auf. Die 11 Titel der Kemna. Er sollte eine Kommunistensau der neuen Kai Degenhardt-CD sind keiner wie der andere. Die Texte und Befassungsgegenstände sind sein; doch das war er nicht. „Ich war doch alle aus dem weiten politischen Feld im weltanschaulich-emanzipatorischen Sinne gewählt, oft mit per- vor Verdun Meldegänger und verwundet wie sönlichem Erfahrungshintergrund. Die Intonation zeugt von einer gelungenen Dialektik zwischen Inhalt unser Führer“, hielt er ihnen entgegen, und und Form: Die gesamte kulturelle Bandbreite der zeitgenössischen Unterhaltungsmusik weiß Kai virtuos die Peiniger klopften sich auf die Schenkel, anzuschlagen. Groß geworden mit der Musik seines Vaters Franz Josef Degenhardt hat entscheidend der lachten und spuckten ihn an. Sein Nachbar, musikalische Reichtum der Independent-Kultur der 70er und 80er Jahre mit ihrem politischen Anspruch der wie er die feldgraue und die blaue Uni- seine Ausdruckskraft geformt. Dieses dritte Werk Kai Degenhardts ist im Unterschied zu den ersten beiden – von denen die zweite „CD des Monats“ auf der SWR-Liederbestenliste wurde – kein solisti- form getragen hatte, war auch dabei. Nun sches, sondern wird durch Gastmusiker bereichert. Ganz in der Tradition der Independent-Kultur ist auch trug er nach dem Dienst auch noch die braune er, als studierter Jurist, musikalisch weitgehend Autodidakt. Vielleicht resultiert daher die unglaubliche SA-Uniform. Klangvielfalt bis hin zum geloopten Handy-Störgeräusch. Man kann ihm nur Erfolg wünschen und daß er Als Fritz mit Schließung des Lagers entlassen resistent bleibe gegenüber Reichtum versprechenden mainstreams. Iris Rudolph wurde, ging es zu Hause hoch her. Auguste Kai Degenhardt: Briefe aus der Ebene, Label/Vertrieb: Plattenbau, Best.-Nr.: 03004 (EAN: war mit den Töchtern nicht zurechtgekom- 4038712030042) men. Die Jüngsten waren über die Stränge Seite 14 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 15

Eine Polemik gegen den Mißbrauch des Begriffs Marktwirtschaft Weder frei noch sozial

In Schriften auch linker Parteien werden ten Ausbeutung des Weltmarktes, in der noch durch staatliche Subventionen, was der ständig Begriffe wie „Marktwirtschaft“ Öffnung der Märkte, der Deregulierung“ zu „freien Marktwirtschaft“ total widerspricht. oder gar „soziale Marktwirtschaft“ zur suchen, ist eine Umkehrung der tatsächli- Die Menschenfeindlichkeit des Kapitals Charakterisierung der gegenwärtigen ge- chen Machtverhältnisse. Es handelt sich um zeigt sich gerade darin, daß Milliarden sellschaftlichen Verhältnisse – besonders eine Verkennung des Monopols, das seinem Erdbewohner von diesem gepriesenen Markt in der BRD – kritiklos benutzt. Die von der Wesen nach gerade den Markt schließt, dem ausgeschlossen werden, weil sie nicht zah- Bourgeoisie eingeführte Vokabel „Markt- Kunden seine Waren aufzwingt, immer mehr lungsfähig sind. Sie müssen trotz techni- wirtschaft“ soll den Eindruck erwecken, es zu nötigenden Regulierungen greift. „An die schen Fortschritts und trotz – besser wegen sei Ziel des Kapitals, irgendeinen Bedarf zu Stelle der Konkurrenz auf offenen Markt – der „Globalisierung des Marktes“ hungern. befriedigen. Man will vorgaukeln, der Markt tritt die Ausnutzung der Verbindungen zum Es bleibt unverständlich, was an dieser Un- sei ein Feld zur Regulierung von Preisen, Zwecke eines profitablen Geschäfts“, schrieb menschlichkeit sozial sein soll. besitze also eine Art Gerechtigkeitsfunktion. Lenin (LW 22/248). Kautskys Anpreisung Auch die staatlichen Organisationen, von Er sei das Revier freier Konkurrenz und da- der freien Konkurrenz als Vorteil gegenüber den nationalen Regierungen über EU und mit Antrieb der kapitalistischen Produktion, dem Monopol ist gerade deswegen reaktio- Europabank bis zu allen möglichen inter- beflügele den technischen Fortschritt, stehe när, weil das Monopol längst weltweit die nationalen Vereinigungen, haben den „frei- für Innovation. Und wenn das Wort „sozial“ Herrschaft angetreten hat. Diese Predigt, en“ Markt längst über Bord geworfen. Sie hinzugefügt wird, soll suggeriert werden, zurück zur freien Konkurrenz, nannte Lenin nutzen das Instrument der Planung für die das Kapital habe überdies noch eine soziale „reformistischen Betrug“ (LW 22/294). monopolistische Regulierung und Profitma- Funktion. Dabei ist doch der Sinn des Betrugs mit ximierung. Ihre zentralistische Bürokratie Zunächst sei gesagt, daß es einen Markt gibt Vokabeln wie „freie Marktwirtschaft“, „Glo- stellt jede staatliche Planung im Sozialismus und geben wird, solange Warenproduktion balisierung“ und „Liberalisierung“ keines- in den Schatten. So diktiert die Brüsseler EU- besteht, also auch im Imperialismus und wegs undurchschaubar. „Marktwirtschaft“ Behörde weit härter und genauer, was und schließlich im Sozialismus. Entscheidend ist bedient die Illusion der „Freiheit“, bei der wieviel ein Bauer zu produzieren hat, als das die Frage, ob dieser Markt eine regulierende, sich der „freie“ Konsument und der „freie“ je einer LPG „vorgeschrieben“ wurde. für die Gesellschaft bestimmende Funktion Verkäufer auf dem Markt begegnen. Aber Der Markt ist für das Kapital seit jeher nur hat oder nicht. Eine solche Aufgabe war noch nicht der Käufer bestimmt, was produziert Mittel der Profitrealisierung. Ziel bleibt ein- dem aufblühenden Kapitalismus der freien und angeboten wird, sondern die Monopole zig und allein die Akkumulation von Reich- Konkurrenz eigen. Das aber ist lange vorbei. entscheiden, was die Kunden zu kaufen tum und Macht. Imperialismus heißt mono- Es gehört zu den Grunderkenntnissen des haben. Oder warum geben die Konzerne polistische Profitwirtschaft. Man kann es wissenschaftlichen Sozialismus, daß die Milliarden für die Werbung aus? Doch nicht, nicht oft genug wiederholen, damit der Feind Gesellschaften nicht durch Austausch oder um einen Bedarf zu befriedigen, sondern um der Menschheit nicht vernebelt wird. Verteilung, sondern durch ihre Produktions- vom zahlungsfähigen Käufer maximalen verhältnisse, das Eigentum an den Produkti- Profit abzuschöpfen. Modeterror und Kun- So fehlerhaft „Marktwirtschaft“ zur Cha- onsmitteln, definiert sind. Eine marxistische denmanipulation sind gut bekannt. rakteristik des Imperialismus ist, so sind Analyse des zeitgenössischen Imperialismus Marketing erforscht keineswegs den Bedarf, marktwirtschaftliche Schlußfolgerungen darf daher nicht den Marktfetischismus sondern die Möglichkeit, jemandem eine Wa- für den Sozialismus ein politisches Zurück. bedienen, wie das Leo Mayer in seiner Rede re anzudrehen. Und der Preis unterliegt dem In der freien Konkurrenz produziert der beim DKP-Hearing im Februar 2001 getan Diktat des Monopols, das es fertig bringt, Unternehmer für einen unbekannten Markt. hat. Er entdeckte einen „globalen Markt“ diesen selbst bei Überangebot steigen zu Das Monopol jedoch berechnet die Größe des und behauptete: „Die Macht der Märkte wird lassen. Man denke nur an die „freie“ Regu- Marktes und teilt ihn auf. Es ist in soweit allgemein.“ Also, müßte man schlußfolgern, lierung der Ölpreise oder an den Eingriff des ökonomische Vorstufe des Sozialismus. Die gilt der Kampf der Arbeiter nicht der durch monopolregulierten Staates, wenn einige sozialistische Gesellschaft muß und kann Monopole und Banken verkörperten Macht Niedrigpreisanbieter durch „Rabattmiß- den tatsächlichen (nicht den manipulierten) des Kapitals, sondern einem imaginären brauch“ aus der Reihe tanzen wollen. Bedarf berechnen und seine Befriedigung „globalen Markt“. Auch „die Herrschaft und Die vielgepriesene Innovationsfähigkeit mit Hilfe der geplanten Produktion errei- Macht“ wird nicht „über einen Markt repro- des modernen Kapitals wird nicht mehr von chen. Ein freier Markt im Sozialismus hieße duziert“, wie Mayer meint, sondern durch den Bedürfnissen der Völker angetrieben, nichts anderes als die Wiederbelebung der das Monopol, die transnationalen Konzer- sondern bedient die zahlungsfähige, durch kapitalistischen Konkurrenz sowie die da- ne, von denen man im Westen spricht. Die Steuergelder gestützte Nachfrage der Macht- mit verbundene Produktion überflüssiger Ursache der Entwicklung transnationaler und Kriegsbesessenen sowie der parasitären Güter – aus meiner Sicht eine Unmöglichkeit. Monopole ausgerechnet in „der intensivier- Oberschicht. Sie funktioniert heute fast nur Ich halte daher nichts von „marktsozialisti- schen Modellen“. Hilferding reagierte schon 1910 (!) auf die His Masters Voice – die Stimme seines Herrn Anbetung der „freien“ oder „sozialen“ Markt- wirtschaft: „Die Antwort des Proletariats auf Harte Bandagen die Wirtschaftspolitik des Finanzkapitals ... Unter verschiedenen Pitbulls in Schröders Kabinett gilt Wolfgang Clement als der bissigste. Dieser ausgewählte Hoffnungsträger der kann nicht der Freihandel, kann nur der Unternehmerverbände ist immer der erste, der direkt zur Sache kommt, wenn sich andere noch in Schmidtschem Reformschwulst oder Eichelscher Überraschtheit hin und her winden. Standesdünkelhaft, wie er nun einmal ist, startet er seine Angriffe auch weniger bei BILD Sozialismus sein.“ (Rudolf Hilferding. Das und mehr in der Financial Times. Deren Deutschlandausgabe vertraute Clement – als eigene Meinung deklariert – einen Wunsch seiner Finanzkapital. Dietz-Verlag 1947/S. 512) Da Paten aus dem Unternehmerlager an: Der Kündigungsschutz für Betriebe mit mehr als 5 Beschäftigten müsse „gelockert“ werden. das Monopolkapital die privatwirtschaftli- In wessen Interesse? Natürlich, damit es den Arbeitern besser geht, begründete der Superminister seinen Vorschlag. Denn – so folgerte er – wenn das Abservieren von unerwünschtem oder überflüssigem Personal wesentlich erleichtert werde, dann würden viele der jetzt chen Markt- und Preisgesetze fast vollstän- noch Zurückhaltung übenden Kleinunternehmer mit Vergnügen eine 6. oder sogar 7. Kraft einstellen. Das ergäbe – volkswirtschaftlich dig aufgehoben hat, ist die Schlußfolgerung gerechnet – Zehntausende zusätzlicher Arbeitsplätze. Da fließt also neues Hartz aus Clements Munde: eine höchst innovative Idee zur für den Sozialismus irrelevant, die Markt- Entlastung des Arbeitsmarktes! wirtschaft wieder einzuführen. Auch jene, Die Verbände der Großindustriellen stiegen sofort nach und erwärmten sich für den Gedanken, die Kleinunternehmer zu weiteren Ein- stellungen zu drängen. Ja, genauso müsse man es machen: „Lockerung“ des lästigen Kündigungsschutzes bei größeren Firmen sei das die sich auf die NÖP berufen, mögen daran Panier! Daß dann vielleicht Hunderttausende zusätzlich „abgelegt“ werden könnten, wie man Entlassungen heute umschreibt, erschien denken, daß Lenin sie als einen kriegsbe- den Bossen der schrumpfenden „Konjunktur“ als Lichtblick vor einem sich verdüsternden Horizont. dingten Rückschritt betrachtete, der schnell Wieder einmal hat sich Clement als Pitbull vom Dienst erwiesen. His Masters Voice – die Stimme seines Herrn für Zwecke, die harte Bandagen erforderlich machen. E. R. J. überwunden werden müsse. Norbert Pauligk Seite 14 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 15

Wie die Bourgeoisie dem Volk ihre Terminologie aufzwingt Die Sprache der Lügner

Als am 1. August 1914 der 1. Weltkrieg aus- im Hinblick auf den Irak schrieb, denn er Fabrik, ihre Eigentümer sind in derselben brach, waren die Leute noch recht fröhlich. ist kein Wetterumschlag, keine Wolken- Lügensprache die Arbeitgeber. Wenn das Fotos zeigen, daß Frauen, die ihre Männer wand. Das alles sind Formeln, die den so wäre, müßte eigentlich der Schlosser, und Söhne zu den Zügen begleiteten, die an Krieg als etwas den Menschen Unerklärli- weil er ja Arbeit nimmt, etwas dafür be- die Front fuhren, Blümchen in die Gewehr- ches darstellen sollen. zahlen, und die Firma, weil sie ihm Arbeit läufe steckten. Bis Weihnachten würden General Carl von Clausewitz, einer der gibt, etwas bekommen. Das ist die Logik sie als Sieger, wie 1870/71, wieder zu Hau- bedeutendsten Militärs des 19. Jahrhun- der Begriffe Arbeitnehmer und Arbeitge- se sein. Bei Ausbruch des 2. Weltkriegs am derts, hatte es in seinem Buch „Vom Kriege“ ber. 1. September 1939 war die Stimmung nicht klar und deutlich gesagt: „Der Krieg ist die Bekanntlich ist es umgekehrt: Der Schlos- so. Die Erinnerung an 1918, Millionen To- bloße Fortsetzung der Politik mit anderen ser erhält Lohn dafür, daß er Arbeitslei- te und Verkrüppelte, die Inflation ... war Mitteln.“ Kriege brechen also nicht aus, stung gibt, und die Firma zahlt Lohn, denn noch zu frisch. Erst nachdem Frankreich sie werden gewollt, werden gemacht, wie sie kauft ja die Arbeitskraft des Schlossers. 1940 in wenigen Wochen besiegt worden heute Kriege um Erdölfelder und andere Arbeitgeber (Kapitalisten) und Arbeitneh- war, änderte sich das. Nun konnte man Rohstoffe durch profitgierige Trusts und mer (Arbeiter, Angestellte) – diese Begriffe ja davon ausgehen, daß unter Hitler, dem deren Regierungen. Nach der Niederlage stellen die Dinge auf den Kopf. Aber wie größten Feldherrn aller Zeiten (Gröfaz), des Sozialismus wurden ununterbrochen wäre es, wenn die Zahlung tatsächlich der Krieg mit einem phänomenalen Sieg solche Kriege geführt: im Nahen Osten, auf nach dieser Sprachregelung vollzogen Großdeutschlands enden würde. dem Balkan, in Afrika usw. würde? Das wäre doch für die Kapitalisten Kriegsausbruch? Krieg ist kein Bär, der aus Kommen wir zu einem weiteren Lügen- hervorragend! einem defekten Käfig, auch kein Kriminel- wort: Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Vielleicht kommt es noch. Schließlich leben ler, der aus dem Zuchthaus ausbricht, kein Arbeitnehmer ist im Sprachgebrauch der wir in der „Moderne“, und laut Brie gibt es Vulkan. Krieg zieht auch nicht herauf, wie Bourgeoisie z. B. ein Schlosser, der Glück keinen Marxschen Kapitalismus mehr. die „Berliner Zeitung“ am 16. Januar 2003 hat und in einer Fabrik Arbeit findet. Die Walter Florath

Wer ist der größte Schwindler im ganzen Land? Münchhausen abgemeldet

Schneewittchen, Herkules und Baron Münchhausen waren – das ist weithin un- bekannt – gemeinsam in einer Schulklas- Fritze Schröder meint: se. Beim Klassentreffen nach 20 Jahren ... sprechen sie darüber, ob Schneewittchen Übrigens noch die Schönste im Lande, Herkules Übrigens : Auch im Osten trägt noch der Stärkste und Münchhausen noch man Westen! der größte Lügner aller Zeiten seien. Da Übrigens: Warum ist in letzter kommt Schneewittchen auf den Gedanken, Zeit über Berlin der Himmel so man solle einen alten Spiegel befragen, der stets die Wahrheit sage. grau? Das Blaue wurde herunter- So begeben sich die drei also zu dem Haus geschwindelt! mit dem Spiegel. Schneewittchen geht als Übrigens: Haben Sie schon von erste in das Zimmer und berichtet Minu- dem neuen Stück im Deutschen ten später freudestrahlend, sie sei nach Theater gehört? „Er tanzte nur wie vor die Schönste im ganzen Lande. Da- einen halben Sommer.“ Hauptdar- nach stellt sich Herkules vor den Spiegel. steller: Gregor Gysi! Mit ungebrochenem Selbstbewußtsein Übrigens: Verfallsdatum über- berichtet er, noch immer der Stärkste zu schritten. Ein Auslaufmodell ist als sein. Schließlich tritt Münchhausen den Quotenossi in die Bundesregierung Weg zum Spiegel an. Fünfzehn Minuten gestolpert. Der Herr stammt aus vergehen, eine halbe Stunde, da verläßt Potsdam! er irritiert den Raum, schaut die beiden Übrigens: Der Osten ist Chefsa- anderen an und fragt: „Kennt Ihr einen gewissen Gerhard Schröder?“ che! Eingesandt von Gerd Brunecker

Herzliche Glückwünsche übermittelt der „RotFuchs“ unseren Vereinsmitgliedern Marianne Blankenhagen Der bekannte Schweriner Künstler Karl-Heinz Effenberger – Mitglied des (75) aus Berlin, Rolf Proß (65) aus Artern und „RotFuchs“-Fördervereins – hat schon Dr. Hans Schröter (75) aus Kelbra, die am 21. Februar, wiederholt zur Gestaltung unserer Zeitschrift beigetragen. Diesmal emp- am 14. März und am 16. März 2003 zu großen Jubiläen fiehlt er einen Beißring für Bush. Oder heranreifen.  eine Zwangsjacke? Seite 16 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 17

Wie Peter Hartz mehr Saft aus einer trockenen Zitrone herauspressen will Die Daumenschrauben-Gesellschaft

Der Personaldirektor der Volkswagen-AG ihre Manager unruhig werden. Sie denken satzes und der zu erzielenden Profitmasse. und Mitglied ihres Vorstandes seit 1993, über mögliche Verfahren nach, mit denen Über diesen Zusammenhang weiß auch Peter Hartz, war vor Halbjahresfrist als Abhilfe geschaffen werden könnte, um „so- Hartz und er gesteht ihn ein, wenn er auf Chef einer Kommission zur Neuordnung zialen Verwerfungen“ in der Gesellschaft folgenden Sachverhalt hinweist: „Hinter der bisher geltenden Regeln für die Be- auszuweichen. den meisten Arbeitsplätzen steht ein Mil- handlung von Arbeitslosen in das Interes- Vor diesem Hintergrund ist die Veröffent- lionen-Investment.“ (!) se der Öffentlichkeit geraten. Mitte August lichung des Peter Hartz zu sehen, stellt er Sehr präzise ist diese Feststellung zwar 2002 hatte er die Ergebnisse der Arbeit sei- doch gerade die Frage: Wie können neue nicht. Aber sie reicht vollkommen aus, nes Gremiums vorgelegt. Arbeitsplätze geschaffen werden? Da sich die Dimensionen vor Augen zu führen, Nicht weniger Bedeutung kommt indes eine Belebung auf dem Sektor der Erwei- um die es sich bei der Erweiterung der Pro- einer Publikation des Autors Peter Hartz terungsinvestitionen nicht zu erwarten duktionskapazitäten handelt, sollte wirk- zu, die schon 2001 erschien. Ihr Titel lautet ist, haftet dem Hartzschen Vorhaben von lich daran gegangen werden, die rund vier „Job Revolution. Wie wir neue Arbeitsplätze vornherein ein hohes Maß an Fragwür- Millionen Arbeitslosen in Deutschland gewinnen können“. Mit der Formulierung digkeit an. Wer seine Ausarbeitung gelesen wieder wertschöpfend arbeiten zu lassen. seines Themas wird sofort klar, worum es hat, gelangt unausweichlich zu der Sicht, Es ist das große Anfangskapital, vor des- in der gegenwärtigen Entwicklungsphase daß sich auch Hartz der wirtschaftlichen sen Einsatz zurückgeschreckt wird, da die des Kapitalismus geht. Sie zeichnet sich Stagnation bewußt ist, ja seine Vorschläge Renditen in keinem Verhältnis mehr zum bekanntlich durch Stagnation, Zurück- gerade deshalb entworfen werden, um oh- Ergebnis stehen. haltung, ja z. T. Enthaltung von neuen ne Antasten der gegenwärtigen Strukturen In den hier angedeuteten Hartzschen Kapitalinvestitionen, also durch Verzicht der Profitproduktion das kapitalistische Vorstellungen für die Überwindung der auf Wirtschaftswachstum aus. Wirtschaftssystem funktionsfähig zu „Ein-Zehntel-Gesellschaft“ widerspiegelt In der wissenschaftlichen Literatur wird halten. Unter den einzelnen Kapiteln sei- sich eine für die Ökonomie der hochent- immer häufiger die seit längerer Zeit nes Buches gibt es eines, in dem er selbst wickelten kapitalistischen Länder noch festzustellende Stagnation in der kapi- auf die Grenzen des Systems aufmerksam gar nicht voll erfaßte Entwicklung: Wenn talistischen Wirtschaft bestätigt. Unter macht, ja, sie zum Ausgangspunkt seiner sich der Anteil der Lohnarbeitszeit seit der Vielzahl entsprechender Äußerungen Veränderungskonzeption nimmt. Sie 1900 auf 10 % der Lebenszeitspanne redu- sei auf zwei in letzter Zeit veröffentlichte zeigen sich – so Hartz – in der seit 1900 ziert hat, jährlich nur noch 1 500 Stunden Arbeiten verwiesen. Aus dem Blickwinkel entstandenen „Ein-Zehntel-Gesellschaft“, mehrwertschöpfend gearbeitet wird, so der Politischen Ökonomie untersucht Karl um deren Auflösung es ihm im Kern geht. offenbart dieses Arbeitsmodell, daß eine Georg Zinn (Professor für Volkswirtschaft Unter ihr wird ein gesellschaftlicher Grenzlage eingetreten ist, wo die Profit- an der TU Aachen) in seiner Schrift „Zu- Zustand verstanden, in dem der Anteil masse in die Bedeutungslosigkeit absinkt. kunftswissen“ die Entwicklungsmöglich- der Erwerbsarbeit (sprich Lohnarbeit) Ein Überschreiten der Schwelle von 10 % in keiten der kapitalistischen Wirtschaft für – bezogen auf das ganze Leben eines jeden Richtung auf 8 % oder noch weniger würde den Zeitraum der nächsten zehn Jahre. Er Arbeiters – von fast 40 % im Jahr 1900 bis die Profitabilität des Kapitaleinsatzes auf kommt zu folgendem Befund: „Während auf heute nur noch 10 % zurückgegangen das Niveau von Null abfallen lassen. etwa bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts ist. „Bei einer Lebenserwartung von 700 Schutz vor dem Horror des Profitabfalls ein langfristiger Wachstumstrend die zy- 000 Stunden oder 80 Jahren und 40 Ar- – so Hartz, der Manager und Sprecher des klischen Schwankungen überlagerte, zeigt beitsjahren mit weniger als 1 500 Stunden Kapitals – „bietet nur die Flucht nach vorn“. sich seit 20 bis 30 Jahren eine anhaltende Jahresarbeit sinkt der Anteil der Erwerbs- Und sie kann nur heißen: Verlängerung der Verlangsamung des Wirtschaftswachs- arbeit am Leben auf unter 10 %“, schreibt Arbeitszeit für die mehrwertproduzieren- tums. Dauerhafte Einschränkungen der Hartz. de Lohnarbeiterschaft und bis aufs äußer- Erweiterungsinvestitionen sind ein nicht Angesichts dieser Situation, die infolge ste verdichtete Intensität der Arbeit. zu leugnender Tatbestand, wodurch sich permanenter Steigerung der Arbeitspro- „Eine neue Zumutbarkeit wird unvermeid- Kaufkraftverluste spürbar verstärken und duktivität und entsprechender Betei- lich, aber auch möglich. Bei 1 100 bis 1 800 ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit eintritt. ligung der Lohnarbeit an den dadurch Leistungsstunden, die im Jahr abgefor- Mit einer Korrektur dieser risikoreichen gesteigerten Produktionsergebnissen ent- dert werden, bleiben 7 000 Stunden frei“, Entwicklung – so Karl Georg Zinn – sei standen ist, wird eine Überschreitung der schlußfolgert Hartz, den Schröder an die nicht zu rechnen. Fundamentaler Wandel Systemgrenzen und eine Vergrößerung des Spitze seiner Kommission berief. könne erst durch katastrophale Zerrüttun- produktiven Kapitals für so gut wie nicht Dr. jur. habil Joachim Schulz gen bewirkt werden. mehr realisierbar gehalten. „Die Ausdeh- Aus: „Klartext“, Zeitschrift der PDS Meck- Auch Marlies Hummel (Abteilungsleiterin nung der kapitalistisch bestimmten Märk- lenburg-Vorpommern am Münchener Institut für Wirtschafts- te gerät mehr und mehr in entwicklung) konstatiert: „Wirtschaft und Widerspruch zu den Kon- Politik haben sich – nicht nur in Deutsch- sumtionsverhältnissen ... land – in den 80er Jahren daran gewöhnt, Die gesamtgesellschaft- in Wachstumsraten von 2 bis 3 Prozent zu lichen Akkumulationsra- denken und zu planen, statt in Raten von ten reichen nicht mehr 3 bis 5 Prozent wie noch zu Beginn der aus, für eine Ausweitung 70er Jahre. Die Abschwächung des Wirt- der lohnabhängigen schaftswachstums hat sich in den USA, in Erwerbsarbeit zu sor- Japan und in der EU bis in die Gegenwart gen“, bemerkt Joachim fortgesetzt ...“ Bischoff in seiner Ar- Unter diesen Bedingungen von einer Ab- beit „Der Kapitalismus senkung der hohen Arbeitslosigkeit oder des 21. Jahrhunderts“. gar ihrer Beseitigung zu sprechen, kommt Dahinter versteckt sich einer plumpen Irreführung gleich. Ange- der untrennbare Zusam- sichts der skizzierten Realsituation bedarf menhang zwischen den es jedoch nicht vieler Phantasie, um sich kaum noch vorstellbaren vorzustellen, daß die Kapitaleigner und Größen des Kapitalein- Seite 16 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 17

Beratung der Chefredakteure linker Publikationen der BRD Ein Auftakt

Am 12. Januar 2003 hat in Berlin ein von der zweistündigen Beratung, die in einem In der freimütigen Diskussion, die im Prof. Dr. Hans Fischer initiiertes und mo- Klima der Konstruktivität, Sachlichkeit Geiste völliger Gleichberechtigung verlief, deriertes Treffen der Chefredakteure so- und Fairness verlief, beteiligten sich wurde von verschiedenen Rednern unter- zialistischer, kommunistischer und anti- weitere Eingeladene, u. a. Vertreter der In- strichen, daß ein kontinuierlicher Mei- imperialistischer Publikationen Deutsch- ternationalen Jugoslawiensolidarität, der nungsaustausch der Redaktionen linker lands stattgefunden. An der Begegnung Antiimperialistischen Korrespondenz und Presseorgane angesichts der Meinungs- nahmen Vertreter folgender Zeitungen der Marzahner Runde. Die Anwesenden diktatur der bürgerlichen Medien bessere und Zeitschriften teil. „junge Welt“, „Wei- verständigten sich darauf, von Zeit zu Zeit ßenseer Blätter“, TOPOS“, „Die Rote Fah- oder im akuten Bedarfsfalle zusammenzu- Möglichkeiten für deren Durchbrechung ne“, „offensiv“, „Der Freidenker“, Ikarus“, treten, wobei vom Moderator die Hoffnung und eine sachlichere Information der Be- „Kommunistische Arbeiterzeitung“, „Der ausgedrückt wurde, künftig auch diesmal völkerung eröffne. Prof. Dr. Fischer (par- Rote Brandenburger“, „Das kleine Blatt“, verhinderte Redaktionen (UZ, Marxisti- teilos) wird im Einvernehmen aller auch „Geheim“. Für den „RotFuchs“ war Chef- sche Blätter, Mitteilungen der KPF u. a.) künftige Treffen moderieren. Strukturen redakteur Dr. Klaus Steiniger zugegen. An begrüßen zu können. wurden nicht vereinbart. R. F.

Eine höchst irdische Bemerkung von Peter Hacks Landeplatz für die Engel Der von Beginn an mit unserer Zeitschrift verbundene weltbe- kannte DDR-Literat Peter Hacks schrieb an den Chefredakteur des RF, es gehe um „einen Kristalisationskern für die nächste Revolution“. In liebenswerter dichterischer Überhöhung fügte er hinzu: „Ich habe den ,RotFuchs’ eine andere ,Iskra’ genannt; was er ist, ist ein Landeplatz für die Engel, wenn sie eintreffen.“

André Müller „Die DDR ist unsterblich“ (UZ, 28. 09. 1990) Bekenntnis zur Würde Schaut Euch selber um. Hebt den ge- senkten Kopf wieder! Seht, wie das Kapital sich aufführt, jeder Rück- sichtnahme ledig, wie ihre gepriesene Demokratie aussieht, wie die Krätze der uneingeschränkten Selbstsucht, ge- setzlich gefördert, das Land überzieht – und wie auch die BRD künftig nie mehr sein wird, was sie bisher war. Nein, die Idee der DDR wird sich nicht begraben lassen, und wenn ich auch nicht weiß, wie alles weitergehen wird, was alle stolpernd und streitend zu- sammen herausfinden müssen, so weiß ich doch, daß es an diesem 3. Oktober 1990 keinen Grund für uns alle gibt, sich nicht wieder aufzurichten.

Genossin Marta Rafael renommierte Künstlerin und standhafte Kommunistin begeht am 26. Februar 2003 ihren 80. Geburtstag Herzlich grüßen wir die Lebens- und Kampfgefährtin unseres unvergessenen Autors Kled – Karl-Eduard von Schnitzler –, die in schwerer Zeit unerschütterlich und unbeirrbar für die Sache des Sozialismus kämpft.

CHEFREDAKTION DES „ROTFUCHS“ Seite 18 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 19

Die Füße auf dem Boden, den Kopf in den Büchern Als Bauer in der DDR (3)

In unserer Genossenschaft ging es Die Prüfung bestand ich. Doch mein Vor- politischer Arbeit gesessen hatte, ärgerte langsam voran. 1956 begann die LPG sitzender wollte nicht vier Jahre auf mich sich über meine Unbekümmertheit und schrittweise mit der Renovierung des verzichten und suchte Hilfe bei der SED- meinte: „Ich will nicht noch einmal einge- Erbgerichts, meines Geburtshauses. Die Kreisleitung. Der Landwirtschaftssekre- sperrt werden.“ Scheune bauten wir zum Schweinestall tär bestellte mich zu sich und bestand 1956 hatten wir eine gute Ernte und konn- um. Die ehemalige Gaststube, nun Kultur- darauf, daß mich die Genossenschaft ten sogar Lohsdorfer Einzelbauern mit raum, wurde neu gestrichen. An den alten nicht entbehren könne. Ich ließ mich über- 30 Dezitonnen Getreide aushelfen. In der Holzwänden strahlten schöne geschnitzte zeugen. Der selbe Genosse Schubert war Schweine- und Tbc-freien Rinderzucht Leuchten. Wir erhielten dafür 1 600 Mark einige Wochen danach auf Nimmerwie- erzielten wir Erfolge. Den Grundstock bil- aus Lotto-Mitteln. dersehen in den Westen verschwunden. dete die durch uns in die LPG eingebrachte Bis dahin hatten wir nur den Acker ge- Noch heute ärgert es mich, daß er von mir Rinderherde. Ilse übernahm ihre Betreu- meinsam bewirtschaftet. Nun begannen die Einsicht in die Notwendigkeit erwarte- ung; sie war mit den Tieren vertraut und wir mit der gemeinsamen Tierhaltung in te, selbst aber nichts für den Sozialismus absolut zuverlässig. Es war immer schwer, großen Ställen. Sie war inzwischen mein übrig hatte ... jemanden fürs Melken zu finden, denn Spezialgebiet geworden. Der 2. Sekretär Statt zu studieren, stieg ich in einen be- damit war man auch sonn- und feiertags der SED-Bezirksleitung, Genosse Reuter, reits im zweiten Jahr laufenden Meister- gebunden. warnte mich, nicht den zweiten Schritt vor lehrgang ein. Nach nur einem Jahr war Für neue landlose Mitglieder bzw. solche dem ersten zu tun. Ich solle die Festigung ich Meister der Feldwirtschaft. Zu diesem mit geringem Einkommen führten wir der LPG in den Vordergrund stellen. Wie Lehrgang fuhr ich schon mit meiner Jawa. innerbetrieblich soziale Regelungen ein. recht er damit hatte, merkten wir später. Das war 1956. Die LPG gewährte ihnen im Monat kosten- Meine Mutter wurde auch LPG-Mitglied. Im Jahr zuvor hatte mich die Partei auf- los 1 750 g Fleisch und 750 g Butter sowie Viele Jahre lang fütterte sie die Schweine. gefordert, die Patenschaftsbeziehungen täglich einen halben Liter Vollmilch pro Wenn der Tierarzt kam, meinte er aner- zwischen dem Kreis Schwäbisch-Gmünd Person. kennend: „Frau Döring, bei Ihnen ist es so und dem Kreis Sebnitz aufzubauen. Der Genossenschaftliche Demokratie stand sauber, daß man auf dem Stallgang essen Bauer Fritz Hunger und ich wurden mit nicht nur im Statut, sie wurde auch prak- könnte.“ Mein Vater half ihr in seiner Frei- Westgeld ausgestattet, und im Sommer tiziert. Die Vollversammlung vom 30. 12. zeit gern. Er hatte sich auch einen neuen 1955 fuhren wir über Nürnberg nach 1958 beriet mit allen Mitgliedern dreizehn Bienenstand gebaut und verwendete viel Schwäbisch-Gmünd. Wir übernachteten Tagesordnungspunkte. Unter anderem Zeit für seine Honigproduzenten. in Nürnberg. Abends sahen wir Schwärme kritisierten die Bauern die mangelnde Wenn ich heute daran denke, wie viel wir von Mopeds auf den Straßen. Es waren Qualität beim damals ersten Mähdrusch damals verdienten! Der LPG-Vorsitzende Arbeiter, die von ihren Betrieben nach durch die Maschinen- und Traktorensta- bekam im Monat 12 Arbeitseinheiten. Hause kamen. Bei uns fuhren damals die tion (MTS). Laut Protokoll versicherte der Das waren 96 Mark. Wir hatten zu Hause ersten SR 1, das war der Prototyp des DDR- politische Leiter, daß MTS-Direktor und noch unsere Tierhaltung, die – je nach An- Mopeds, auf den Straßen. Wir fanden ein Agronom künftig bei Nichterfüllung der strengung – ein gutes Nebeneinkommen anderes Westdeutschland vor, als es uns Pläne aller LPGen des Bereichs keine Prä- einbrachte. Ein Achtstundentag reichte ein Funktionär der Bauernpartei bei einem mien erhalten. Allerdings konnten wir das allerdings nicht. Instruktionsgespräch geschildert hatte. nicht überprüfen. In der Erntezeit halfen uns die Kollegen Nicht nur bei dieser Gelegenheit wollte der Der erste Offenstall wurde gebaut. Es vom Patenbetrieb, dem Hartpappenwerk Kollege die SED „links überholen“. geschah gegen meinen und Gerhard Polenz. Sie arbeiteten wirklich uneigen- In Schwäbisch-Gmünd quartierten wir Schaffrats Willen, weil der Stall für einen nützig. Natürlich ließen wir uns mit der uns in einem Dorfgasthof nahe der Kreis- klimatisch völlig ungeeigneten Standort Verpflegung nicht lumpen. Wie oft aßen stadt ein und versuchten, mit den Bauern geplant war. Deswegen und wegen der die Frauen und Männer in unserer Wohn- ins Gespräch zu kommen. Wir sollten auch ausbleibenden Reaktion auf meine Kri- stube oder unterm Nußbaum Mittag! einige von ihnen einladen, uns in der DDR tiken seitens der Kreisleitung lehnte ich Dabei kam auch der Spaß nicht zu kurz. zu besuchen, damit sie sich von den Vor- eine Auszeichnung ab. Die Paten unterstützten uns zugleich bei zügen des Sozialismus an Ort und Stelle Unser Roland ging schon zur Schule, unse- den sonntäglichen Aufklärungseinsät- überzeugen konnten. Fremden gegenüber re Margitta in den Kindergarten. In der Fa- zen der Nationalen Front. Wir warben war man jedoch mißtrauisch, wie bei uns milie machten wir die ersten Erfahrungen für den Eintritt in die LPG, diskutierten im Dorf. Die Bauern steckten mitten in der mit dem sozialistischen Bildungssystem. über die Friedenspolitik unseres Staates Ernte, sie hatten wenig Zeit. Unsere Argu- Ein Patenschaftsvertrag mit der Grund- und agitierten gegen die Remilitarisie- mente interessierten sie nicht. Wir waren schule Ulbersdorf-Lohsdorf bot sich an. rung Westdeutschlands. Auch die Einheit mit den Ergebnissen unzufrieden. Ich hospitierte in den Klassen und nahm Deutschlands, für die wir uns in jener Zeit Ich hatte von der Nationalen Front einige an einigen Sitzungen des Pädagogischen unter der Parole „Deutsche an einen Tisch!“ Schriften und Flugblätter zum Thema Rates teil. Der Schulleiter Karl Richter einsetzten, wurde in den 50er Jahren viel Frieden und gegen die Einbindung der wiederum erschien auf unseren Vollver- besprochen. Der Ministerpräsident der BRD in die Pariser Verträge mitgenommen. sammlungen und schwang beim Getreide- DDR, Otto Grotewohl, fuhr zur Konferenz Die legte ich im Buswartehäuschen aus. mähen in der LPG die Sense. deutscher Länder nach München. Doch er Fritz, der bei den Nazis wegen illegaler Meine Schwiegereltern, beide noch rüstig, wurde nicht einmal hineingelassen. nahmen uns in der Hauswirtschaft und Ich wollte mich weiterbilden. In Mei- Unsere Glückwünsche gehen nach Sömmerda, bei der Kinderbetreuung viel ab. So konn- ßen war die LPG-Hochschule gegründet wo unser Leser ten wir uns mit ganzer Kraft dem Aufbau worden. Ilse fuhr auf der AWO mit zur der LPG widmen. Es war erfreulich mit- Aufnahmeprüfung für ein vierjähriges Helmut Lindenlaub zuerleben, wie mein Schwiegervater, der Studium. Auf der Meißener Landstraße er war von 1950 bis 1986 (!) 1. Kreissekretär der anfangs die LPG rigoros abgelehnt hatte, bei Tempo sechzig warnte sie mich: „Fahr SED – am 7. März 2003 seinen 80. Geburtstag nun im hohen Alter noch aktiv mithalf. begeht. Helmut hat den Repressalien nach der nicht so schnell!“ Als ich das Motorrad vor Konterrevolution getrotzt und ist seiner kommu- Er betreute die Mastenten der Genossen- der Hochschule abstellte, hörte ich, wie ein nistischen Überzeugung treu geblieben. schaft. In den Versammlungen wies er oft Polizist zum anderen bemerkte: „Die Bau- Vereinsvorstand und Chefredaktion des „RotFuchs“ auf Leitungsfehler hin. ern fahren schwere Maschinen!“ Werner Döring, Hohnstein Seite 18 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 19

Ein bewegender Nachmittag mit Gisela Steineckert Perlenschnur

Die namhafte DDR-Schriftstellerin – Poe- „Nun sind fast eineinhalb Jahrzehnte ver- zu uns zurückgekommen sind. Ich hätte tin, Nationalpreisträgerin, Autorin von gangen, seit wir wie auf einem anderen nicht geglaubt, daß ich das noch erlebe. bisher 38 Büchern – gestaltete für die Stern gelandet sind. Manche Befürchtung Die Menschen kommen wieder zu sich, Genossen der Berliner Regionalgruppe hat sich weggelebt, andere konnten vorher und indem sie zu sich selber kommen, des „RotFuchs“-Fördervereins zwei Stun- nicht gedacht werden. ,Einstellungsstopp“ wollen sie auch wieder zu ihren eigenen den, in denen sie vielen unserer eigenen heißt eine der Grausamkeiten, die kaum zu Erinnerungen zurück. Immer mehr sagen: ertragen sind. Mit den neuen Forderungen ,Ich will nicht, daß jemand auf mein Leben Gedanken in ihrer wundervollen Sprache nach Flexibilität, Mobilität, Innovativität spuckt.’ Es wird wieder von Werten ge- Ausdruck verlieh. Die Teilnehmer waren verbindet sich eine Gefahr: Wenn du jeder- sprochen, die aus der Welt schienen.“ emotional zutiefst angerührt. Gisela zeit bereit bist, woanders dein Zelt aufzu- „Nichts ist mehr sicher, jedes Vorausträu- Steineckert las Texte aus ihren Büchern, schlagen, kannst du nirgendwo Wurzeln men ist nichts als Dampf. Niemals habe ich z. T. auch aus noch unveröffentlichten Ar- schlagen. Ohne die Niederlage einer Idee, so viele Menschen sagen hören, sie möch- beiten. Sie verband die Lesung mit ihrem die zu manchmal schwer lebbarem Dogma ten um nichts in der Welt jünger sein. Ihr Kommentar. gefroren war, würde unser Leben anders Leben rechnet sich nach dem Abstand zur aussehen – fast in biblischen Rente, einer bisher als gesichert ausgege- Ausmaßen.“ benen Lage, die es nun auch nicht mehr ist. „Was mich am meisten um- Dennoch ärgern mich die keineswegs er- treibt, was uns sicher alle schöpften Rentnerinnen, die früher länger eint, ist die Vorkriegszeit, in gearbeitet hätten und heute eine mögliche der wir uns schon lange be- Courage unterlassen: für die Töchter und finden. Im Moment kann nie- Enkelinnen einzutreten, die sich – einseh- mand sagen, ob da noch eine bar – nicht jedes Risiko leisten können. Hand dazwischen zu halten Aber wir Älteren haben doch nichts mehr ist. Ich sehe diese mächtige zu verlieren, wir können doch Einspruch Hand nicht, weil die Inter- erheben, auf der Straße stehen.“ essen zu mächtig sind. Als „Die Unfehlbaren haben sich auf Gnade Autorin von Friedensliedern, und Gerechtigkeit berufen und waren die zu Volksliedern wurden selber gnadenlos. Heute nennen sie Auf- – wie ,Der einfache Frieden’ arbeitung der Geschichte, wenn sie tun, oder ,Der Frieden wird kein was sie früher den anderen vorwarfen: die Wunder sein’ – sehe ich mich Macht zu mißbrauchen. Warum laufen wir erneut damit konfrontiert, nicht jetzt mit dem Aufnäher ,Schwerter daß sich meine skeptischen zu Pflugscharen’ herum? Wer ruft heute Gedanken über den Einfluß nach jenem Spruch? Hier bei uns niemand, der Linken auf das Weltge- denn wir haben kein Schwert mehr, und schehen bestätigen könnten. der Pflug wird für unser täglich Brot nicht Das ist im Moment unsere mehr gebraucht. Mutiger Schmied, wo bist allergrößte Sorge. Unsere du jetzt, um das Feuer noch einmal sym- größte Freude dagegen ist, bolisch sprühen zu lassen? Und wo sind daß etwa in den letzten zwei heute jene, die dich damals schützend Jahren unsere Leser, unsere umstanden?“ Zuhörer und Gesprächspart- Auswahl und Zusammenstellung der ner in unvermutetem Ausmaß Zitate: Frank Mühlefeldt

Ein Wort zum Internationalen Frauentag Kaffee oder Klassenkampf? Früher – in der DDR – haben die Männer am 8. März ihre Kolleginnen bedient und Kaffee oder Sekt ausgeschenkt. Als Ge- ste. Auf manche fortschrittlichen Frauen im Westen wirkte das albern und spießbürgerlich. Kaffee und Klassenkampf? Aber warum sollte man der Direktorin, der Sekretärin, der Facharbeiterin, der Abteilungsleiterin, der Lehrerin, der Ärztin, der Viehbrigadierin oder der Ingenieurin an einem Kampftag keinen Kaffee einschenken? Die großen Fragen der Gleichberechtigung der Geschlechter, die in der Klassengesellschaft stets Klassenfragen sind, waren in der DDR ent- schieden, obwohl es im Alltag oft noch haperte und manches Problem ungelöst blieb. Auch im Sozialismus hatten Frauen oft die größere Last zu tragen. Dennoch war er dem Kapitalismus auch in dieser Hinsicht um eine Epoche voraus. Inzwischen hat sich der Wind mit der siegreichen Konterrevolution, die die DDR-Frauen wohl am härtesten getroffen hat, scharf gedreht. Denn die BRD-Bürgerinnen sind von der wirklichen Entscheidungsebene der Gesellschaft so gut wie ausgeschlossen. Eine Männergesellschaft bereitet Kriege vor. Die alten Fragen stehen wieder auf der Tagesordnung. Da werden es Kaffee und Sekt nicht tun! Auf, auf zum Kampf für die Gleichberechtigung, heißt die Parole. Frauen und Männer Seite an Seite. Wie in der DDR. Allen RF-Leserinnen und Genossinnen des Fördervereins einen herzlichen Gruß zum 8. März! C. A. Seite 20 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 21

Gefallen in der Mühle von Pawonkow: Rudolf Gyptner Absprung hinter der Front

Mit diesem Beitrag beginnt unser Autor Roten Ruhrarmee von 1920 und der In- Wieder werden die Kämpfer von den Fa- Günter Freyer eine lose Folge von Portraits ternationalen Brigaden in Spanien. Nach schisten entdeckt. Sie riegeln das gesamte mutiger Kämpfer des antifaschistischen Abschluß der Ausbildung wird die Gruppe Gebiet ab, greifen an. Im Kampf mit SS und Widerstandes und herausragender Per- im Bereich der 4. Ukrainischen Front und Polizei fallen Hauptmann Newoit und sei- sönlichkeiten der deutschen Arbeiterbe- in Kriegsgefangenenlagern eingesetzt, um ne Genossen. Angesichts der bedrohlichen wegung. in Gesprächen mit Wehrmachtssoldaten Lage beschließen die fünf Deutschen, sich Der sowjetische Pilot schafft es auch in Aufklärungsarbeit zu leisten. getrennt durchzuschlagen. Joseph Giefer dieser Augustnacht des Jahres 1944, seine und Rudolf Gyptner finden einen neuen August 1944. Joseph Giefer, Ferdinand zweimotorige Maschine und die „Passa- Unterschlupf in einer Mühle des Dorfes Pa- Greiner, Josef Kiefel, Artur Hofmann und giere“ unbeobachtet durch das Feuer der wonkow, 12 Kilometer westlich der Stadt. Rudolf Gyptner werden zum Vorsitzenden faschistischen Flak über die Frontlinie zu Müller Roch Kurpies versorgt sie mit allem der KPD gerufen. Wilhelm Pieck führt mit bringen. Nun liegt irgendwo da unten das Notwendigen. Den beiden Antifaschisten jedem ein längeres Gespräch, fragt auch, polnische Dorf Kotfin. In seiner Nähe sollen bleiben nur wenige Tage. ob sie den gefahrvollen Auftrag überneh- die fünf Deutschen an ihren Fallschirmen Deutsche Kommandos ertönen. Rudolf men wollen. Keiner tritt zurück. Bevor sie auf einer Waldlichtung landen. Drei Feuer blickt durch die Luke der Scheune. Poli- kurz darauf zum Flugplatz fahren, werden lodern am Boden auf, das vereinbarte Si- zisten, SS-Leute und Feldgendarmen um- sie von Georgi Dimitroff verabschiedet. gnal. Der sowjetische Genosse drückt den stellen das Gehöft, bringen Maschinen- Männern an der offenen Luke die Hand. Der Absprung ist nicht unbemerkt ge- gewehre in Stellung. An die zweihundert Dann springen sie. Es sind die deutschen blieben. Die Faschisten nehmen die Ver- Mann mögen es sein. Sie haben den Müller Kommunisten Joseph Giefer, Ferdinand folgung auf. Es gelingt ihnen, die Gruppe festgenommen. Mit einem lauten Schrei Greiner, Josef Kiefel, Artur Hofmann und einzuschließen. SS-Einheiten greifen an. will er die beiden Deutschen warnen, doch Rudolf Gyptner, mit 21 Jahren der Jüngste. Schließlich können die Kommunisten un- hinterrücks getroffen stürzt er zu Boden. Sie bilden eine Einsatzgruppe des Natio- ter Führung von Hauptmann Newoit den Joseph Giefer und Rudolf Gyptner vertei- nalkomitees „Freies Deutschland“. Umkreisungsring durchbrechen und den digen sich verbissen mit ihren Maschinen- Einige Stunden später sitzen sie mit Ange- Weg nach Westen fortsetzen. Es gelingt pistolen. Lebend wollen sie den Faschisten hörigen der Fernaufklärungseinheit des ihnen sogar, die stark befestigte Warta- nicht in die Hände fallen. Sie ergeben sich Helden der Sowjetunion Anatoli Newoit Stellung der Wehrmacht zu überqueren. auch nicht, als die Scheune in Flammen und polnischen Partisanen der Brigade Anfang November erreichen sie die Stadt steht. Rudolf wird tödlich getroffen. Jo- „General Józef Bem“ zusammen, um zu be- Lubliniec, beschließen, dort einige Tage seph läuft feuernd ins Freie. Von Kugeln raten, wie sie ihren Auftrag im Hinterland auszuruhen. Józef Karpe, Leiter der polni- durchbohrt bricht auch er zusammen. Die des Feindes erfüllen können. Die Gruppe schen Widerstandsorganisation der Stadt, SS-Leute werfen die Leichen in die Flam- soll nach Westen, in das faschistische beschafft ihnen die nötigen Verstecke. Von men. Es ist der 28. November 1944. Deutschland vordringen, Verbindung zu hier aus sendet Rudolf wichtige Informa- Nachtrag: Rudolfs Mutter Martha fand Kräften des Widerstandes aufnehmen tionen über Stärke und Standorte faschi- den Tod als Kämpferin in den Reihen und mit ihnen den illegalen Kampf or- stischer Truppen, Lage von Stellungen der französischen Résistance. Sein Vater ganisieren. Der Weg dorthin ist voller und Depots, die von polnischen Patrioten Richard diente der DDR lange Jahre als Gefahren. SS- und Polizeieinheiten sowie beschafft werden. Diplomat. Günter Freyer ganze Regimenter der Wehrmacht sind ge- gen die polnischen Partisanen im Einsatz. Deshalb wollen sowjetische und polni- Wie USA-Superkonzerne mit den Nazis kooperierten sche Genossen die fünf Deutschen auf dem nächsten Abschnitt ihres Weges begleiten und sichern. Bevor sie aufbrechen, meldet Rudolf, der Funker der Gruppe, nach Mos- Hyänen im Rudel kau, daß sie gut gelandet sind. Rudolf Gyptner, am 4. Januar 1923 in Dr.-Ing. Gerd Stieler von Heydekampf, ein 20 Millionen Tonnen Bomben (und die Hamburg geboren, war zwei Jahre alt, Deutscher „auf Montage“ in den USA, der Verpulverung von Schiffen, Flugzeugen als er das erste Mal nach Moskau kam. offensichtlich von amerikanischen Stellen sowie eines dazugehörigen endlosen Ka- Richard Gyptner, sein Vater, wirkte dort angeworben worden war, für sie ein Rü- talogs von Erzeugnissen dieses Sektors). als Funktionär der Kommunistischen stungswerk in Brandenburg an der Havel Öl inklusive. Der Einsatz von Kraftstoffen Internationale. 1929 zog die Familie nach zu bauen (unterirdisch, um es vor even- für Tausende viermotoriger Bomber (Flie- Berlin, wo Richard als Sekretär des West- tuellen US-Bombardements zu sichern), gende Festungen), Heinkel He 111, Spitfi- europäischen Büros des Exekutivkomitees gehörte zu jenen Industriemanagern, die res, Frachter über den Atlantik usw. wäre der KI, dessen Leiter Georgi Dimitroff war, zweigleisig fuhren, also für Nazis und USA- in Hunderten Jahren zivilen Verbrauchs arbeiten sollte. Vier Jahre später mußte Konzerne gleichzeitig arbeiteten. In Bran- nicht wettzumachen gewesen. Für Esso die Familie emigrieren, zuerst nach Frank- denburg, wo von Heydekampf dann Chef und Shell konnte es keine besseren Profit- reich, danach in die Sowjetunion. war, wurden „Opel-Blitz“-Lastkraftwagen quellen geben. Shells Sir Henry Deterding Im Juni 1941 beendet Rudolf in Moskau am laufenden Band montiert. Sie machten schmierte Hitler nicht ohne Grund mit 50 mit Erfolg die Zehn-Klassen-Schule. Er die Wehrmacht mobil, um in einen Krieg Millionen, wie man den Goebbels-Tagebü- möchte Ingenieur werden, Brücken und eintreten zu können. Nach dem Krieg wur- chern entnehmen kann. Das verstanden Straßen bauen. Da überfallen die Faschi- de die Firma Opel von General Motors auf- die Kapitalisten unter „gesamtwirtschaft- sten die UdSSR. Rudolf meldet sich sofort gekauft. Interessant ist folgendes Detail: lichem Denken“! zur Roten Armee. Doch man lehnt ihn ab. Der Leiter der GM-Überseeoperationen er- Statt dessen schicken ihn die Genossen hielt, zusammen mit einem Ford-Direktor, Übrigens: Herr von Heydekampf wurde der KPD an die Schule der KI in der Nähe schon 1938 von Hitler den „Verdienstorden 1966 Vorstandsvorsitzender von Audi- der Hauptstadt. Dort wird er als Fall- vom Deutschen Adler 1. Klasse“. NSU und 1974 Präsident der Deutschen schirmspringer und Funker ausgebildet Für die Imperialisten aller beteiligten Sei- Gesellschaft für Wehrtechnik. Mit ande- und einer Einsatzgruppe zugeteilt. Deren ten war der Krieg ein lukratives Geschäft. ren Worten: der Boß des Rüstungskartells Leiter ist Joseph Giefer, Kämpfer der Er sicherte ihnen den Absatz von rund der BRD. Eric Grusdat Seite 20 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 21

Zur inhumanen Behandlung des politischen Häftlings Slobodan Milosevic Erklärung der Russischen Staatsduma

Mit großer Sorge erhält die Staatsduma eine akute Bedrohung für sein Leben dar. Angesichts der oben erwähnten Sachlage der Bundesversammlung der Russischen Die Anstrengungen der stundenlangen muß es in den Augen der Staatsduma ober- Föderation die Information über die ICTY-Sitzungen, der Mangel an spezieller ste Priorität haben, daß der politische Verschlechterung des Gesundheitszu- medizinischer Versorgung sowie die feh- Häftling Slobodan Milosevic sich einer standes des ehemaligen Präsidenten der lende Gelegenheit, sich regelmäßig an der angemessenen medizinischen Untersu- Bundesrepublik Jugoslawien, Slobodan frischen Luft aufzuhalten, verschlimmern chung unter der Aufsicht von jugoslawi- Milosevic, der in der Verwahrung des den Gesundheitszustand des Häftlings. schen Ärzten und anderen Spezialisten Internationalen Straftribunals für das Der ehemalige Präsident der Bundesre- unterzieht. Gemäß den Bestimmungen der ehemalige Jugoslawien (ICTY) gehalten publik Jugoslawien muß sich bei jedem Resolution 37/194 vom 18. Dezember 1982 wird. Gemäß den offiziellen Quellen aus Transport aus dem Gefängnis zum Ge- der UN-Vollversammlung über die Prinzi- Den Haag mußte die Verhandlung allein richtssaal und zurück einer erniedrigen- pien der medizinischen Ethik, in der die viermal, insgesamt für 31 Werktage, nur den Prozedur unterziehen, die das Anlegen Rolle von gesundheitlichen Betreuern, in wegen des schlechten Gesundheitszustan- von Handschellen einschließt. erster Linie von Ärzten, bei der medizi- des von Slobodan Milosevic unterbrochen Die Staatsduma hat mehr als einmal das nischen Fürsorge gegenüber Häftlingen werden. Aus demselben Grund haben die Vorgehen des ICTY verurteilt, so in den festgelegt wird, verlangt die Staatsduma, vom ICTY ernannten Amici curiae einen Resolutionen vom 28. Juni 2001 und vom daß die Regierung der Russischen Föde- Antrag an das ICTY gestellt, den Prozeß 15. Februar 2002. In ihnen wurden kriti- ration hochqualifizierte russische Ärzte im Fall Milosevic für ein Jahr auszuset- sche Einschätzungen der Arbeit des ICTY nach Den Haag entsendet, um an der me- zen. Sein Bluthochdruck in Verbindung gegeben, insbesondere Verletzungen der dizinischen Untersuchung von Slobodan mit einer Erkrankung der Herzgefäße, Normen des internationalen humanitären Milosevic mitzuwirken. unter der Slobodan Milosevic schon seit Rechts, und der politische Charakter des (Einstimmig beschlossen am 11. De- der Zeit vor seiner Verhaftung leidet, stellt ICTY hervorgehoben. zember 2002) Bushs Nahost-„Politik“ ist nicht vom Himmel gefallen „ . . . in der besten amerikanischen Tradition!“

USA-Präsident George W. Bush beschwor Unter Jimmy Carter – Friedens-Nobelpreis- iranische Ölprovinz Khuzistan den irakisch- Anfang Januar in einer Rede auf der größten träger des Jahres 2002 – wurde 1979 und 1980 iranischen Krieg begann. US-Militär-Basis im texanischen Fort Hood das militärische Engagement der USA in der Der kurz danach (Dezember 1980) ins Amt seine Soldaten mit Blick auf Irak: „Sollten wir Region des Arabisch-Persischen Golfs massiv gekommene neue Präsident Ronald Reagan un- gezwungen sein zu handeln, so werden wir han- betrieben. Das Schah-Regime in Iran, der so terstützte Bagdad gegen Teheran (s. „RotFuchs“, deln, in der besten amerikanischen Tradition!“ wichtige Verbündete und Öllieferant, war 1979 Oktober 2002, S. 18). Er folgte der „besten ame- Was stellt diese „beste amerikanische Tradi- gestürzt worden. Die neuen Herren in Teher- rikanischen Tradition“ z. B. auch mit der bruta- tion“ dar? an gebärdeten sich antiamerikanisch. Die len Bombardierung libyscher Städte 1986. Spannungen im amerikanisch-iranischen Ver- Für den Nahen und Mittleren Osten verkörpern hältnis verschärften sich täglich. Gleichzeitig Sein Nachfolger, Bush sen., eine wahre Verkör- inzwischen zehn amerikanische Präsidenten vertiefte sich mit der sowjetischen Intervention perung dieser „Tradition“, griff schließlich 1991 – von Eisenhower bis Bush jun. – diese „Traditi- in Afghanistan (1979) die Krise in den amerika- Irak an und vertrieb Saddams Truppen aus Ku- on“: Einmischung und erfolgte oder angedroh- nisch-sowjetischen Beziehungen. wait, das diese im August 1990 besetzt hatten. te militärische Invasion, Verschwörungen und Die Carter-Administration beschloß, die strate- Die USA erlangten mit dem zweiten Golfkrieg Putsche, Bombardierungen und Krieg. gischen lnteressen der USA und in erster Linie die lange erstrebten Militärbasen in Saudi-Ara- Immer ging es den USA dabei um Öl, Militär- die als lebenswichtig angesehene Erdölversor- bien, Kuwait, Katar und Bahrain. stützpunkte und geostrategische Machtent- gung aus der Golfregion militärisch zu sichern. Auch Bill Clinton, der 1992 ins Weiße Haus ein- faltung. Wohl am unverblümtesten brachte es Carters Doktrin: „Wir sind am Golf, um hier zu zog, erwies sich als traditionsbewußt im Sinne Henry Kissinger zum Ausdruck. Der Sicher- bleiben.“ seines Vorgängers wie seines Nachfolgers: heitsberater bzw. Außenminister unter den Weißes Haus und Pentagon forcierten die Her- Unter seiner Präsidentschaft wurden die seit Präsidenten Nixon und Ford verkündete: „Erd- stellung der Einsatzbereitschaft der 110 000 1991 anhaltenden – immer wieder verstärkten öl ist zu wichtig, als daß man es den Arabern Mann starken Interventionsstreitmacht, der – Luftangriffe im Norden und Süden Iraks fort- überlassen könnte.“ so genannten Schnellen Eingreiftruppe (Rapid gesetzt. Washington verschärfte sogar zeitwei- Unter Nixon und Ford, ganz wesentlich voran- Deployment Joint Task Force – RDJTF). Für die lig die Sanktionen gegen das Land. getrieben von Kissinger, wurden bereits seit RDJTF wurde im März 1980 ein Hauptquartier Beginn der 70er Jahre die Grundlagen für die in Florida eingerichtet – heute ist es das des Bush jun. reicht das aber alles nicht. Er erklär- Strategie gelegt, die der heutige Herr am Poto- Oberbefehlshabers der US-Streitkräfte in der te es zum Kriegsziel, Saddam Hussein und sein mac so vehement verfechten will. Das Pentagon Region des Nahen und Mittleren Osten, General Regime zu stürzen. Damit nicht genug: Richard erarbeitete damals detaillierte Pläne für den Tommy Franks. Perle, Vorsitzender des Büros für Verteidi- militärischen Einsatz „zum Schutz der ame- Die Luftwaffe wurde mit neuen Langstrecken- gungspolitik des Pentagon und damit einer der rikanischen Erdölinteressen im Nahen Osten“. transportflugzeugen verstärkt. Das Pentagon wichtigsten Berater des Präsidenten wie des Außenminister Kissinger und Verteidigungs- stellte zusätzliche Landungsboote in Dienst. Verteidigungsministers, droht: „Die ganze Re- minister Schlesinger drohten Anfang 1975 öf- Beschleunigt erfolgte der Ausbau des den USA gion wird sich vor den winds of change (Stür- fentlich mit militärischer Intervention der USA von Großbritannien überlassenen Archipels men des Wandels) fürchten müssen“. im Nahen Osten, als Kissingers Shuttle-Diplo- Diego Garcia im Indischen Ozean zur zentralen Wie denkt darüber aber die überwiegende matie zur Herbeiführung eines Separatfriedens Nachschubbasis für die im Bereich Südwestasi- Mehrheit der Araber? Der libanesische Lyriker zwischen Kairo und Tel Aviv zunächst scheiter- en operierenden Marine- und Luftstreitkräfte. und Feuilletonchef der Tageszeitung „As-Safir“, te und in den arabischen Staaten Stimmen laut Den Einsatz all dieser Kräfte und Kapazitäten Abbas Beydoun, resümierte kürzlich: „Das Ver- wurden, den USA, wie schon im Oktoberkrieg stellten die USA aber zurück, als Saddam Hus- halten der USA gegenüber Irak ist eine allein auf 1973, den Öl-Hahn zuzudrehen. sein im September 1980 mit dem Angriff auf die Macht gestützte Aggression.“ Bernd Fisch Seite 22 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 23

Wie ich den „Piloten im Pyjama“ Dean Anderson befragte Damals Hanoi, heute Bagdad

Als ich unlängst an einer Diskussion von 75. Wird er geheilt sein, geläutert? Oder Vier Fünftel der deutschen Bevölkerung Aktivisten des Friedenskreises der Stadt ist der Erziehungswissenschaftler seiner lehnen laut Umfragen die Bush-Junior- Halle über die nächsten Protestaktionen Erziehung erlegen? Revanche 2003 gegen Irak ab. Gebunden gegen die Irakkriegsvorbereitungen der Wachsam zu sein, war mein wichtigster an ihr Ohne-uns-Versprechen gegenüber Bush-Administration teilnahm, gingen Gedanke nach diesem Interview; denn, so den Wählern, macht sich die rot-grüne meine Gedanken um 34 Jahre zurück. Es drückte es in jener Zeit die DDR-Schrift- Regierungskoalition trotz ihrer Distan- war 1969 – mitten im US-Bombenterror stellerin Christa Wolf aus: „Verbohrt in zierung von einer direkten Teilnahme gegen Vietnam. Schon fünf Jahre attak- ihre barbarische Unvernunft, schlagen am Kampf mit der Absicherung von 95 kierte die Air Force Städte und Dörfer des die Amerikaner auf Vietnam und meinen Kriegseinsatzbasen der U. S. Army in Landes. Ich fuhr damals als Journalist von ein jedes Volk, das nicht mehr Objekt der Deutschland durch die Bundeswehr zum Hanoi aus nach dem Süden, passierte die Geschichte sein will, sondern mit wach- Komplizen des Aggressors. Damit fällt sie Mondlandschaft von Truong Bon, wo in sendem politischen und nationalen Selbst- auch jenen Millionen Amerikanern in den Abständen von nur 25 Metern Bomben die bewußtsein über sich selbst verfügt.“ Rücken, die überall in den USA gegen den Erde zerwühlt hatten, sah die zerstörten Und in der Tat: Der Sieg Vietnams und Krieg protestieren. Dörfer, Städte und Brücken, die vernich- die Vertreibung der amerikanischen Mi- Der Massenwiderstand formiert sich teten Deich- und Bewässerungsanlagen, litärmacht aus Indochina haben die Ag- auf allen Kontinenten. Menschen unter- stand in Vinh auf den Trümmern der in gressivität des USA-Imperialismus nicht schiedlichster politischer Anschauungen ganz Indochina berühmten katholischen gebremst. Die Völker der Erde wurden begehren auf. Ihr Protest und die ableh- Cau-Ram-Kirche und in Than Hoa vor dem durch ihn im letzten halben Jahrhundert nende Haltung auch von NATO-Staaten ausgebrannten Komplex eines Kranken- fast pausenlos in eine latente Weltkriegs- haben zweifellos Gewicht. Aber die bange hauses. Vor meinem geistigen Auge jagen situation gebracht. Ich frage: Kann man Frage im Volk, ob gegen die Kriege unseres sich gerade jetzt die Bilder aus diesen angesichts des in den 90er Jahren von Bu- Zeitalters überhaupt noch etwas getan Kriegstagen. Wenn wir vor dem Beschuß sh-Vater geführten Krieges gegen Irak, der werden könne, bleibt. Deshalb kommt es der amerikanischen Tiefflieger in Deckung brutalen Bombardierung jugoslawischer darauf an, sich auf die besten Erfahrungen gehen mußten, bewegte mich stets der ver- Städte durch die Amerikaner, des Afgha- und Traditionen der Friedensbewegung zu zweifelte Mut meiner vietnamesischen Be- nistanfeldzugs der USA und fortwäh- stützen. Eine von ihnen besagt: Die Flucht gleiter, die sich selbst mit Handfeuerwaf- render Kriegsdrohungen an die Adresse der Amerikaner aus Saigon wurde nicht fen gegen sie zu wehren suchten. Aber auch sogenannter Schurkenstaaten sowie des nur durch die Panzer der vietnamesischen die Frage nach dem, was in den Köpfen der jetzt von Bush-Sohn angeheizten neuen Befreiungsfront bewirkt; sie war auch das todbringenden Luftpiraten vor sich ging. Golf-Krieges noch Zweifel an der Feststel- Ergebnis weltweiter Solidarität mit ihr. Stupide Befehlsempfänger, die nur ihren lung des linksbürgerlichen Philosophen Was steckt hinter der noch gesteigerten Job machten? Willenlos manipulierte Ob- Herbert Marcuse haben: „Die Vereinigten Aggressivität, die die Vereinigten Staaten jekte einer verbrecherischen Politik, von Staaten sind zur Avantgarde der Unter- heute an den Tag legen? Natürlich kein denen die Opfer ihrer Bombenabwürfe drückung und Reaktion geworden“? Streben nach kolonialer Unterwerfung der nur als Kartenziele betrachtet Dritten Welt, nach globaler Herrschaft, wurden? nach Öl und Gas, wenn man der Desin- Der „Pilot im Pyjama“, den ich formationsoffensive der Bush-Krieger am 26. März 1969 im „Hilton Glauben schenkt. Doch ich erinnere mich Hanoi“, wie das Gefangenen- gut, was der kanadische Publizist Sidney lager für abgeschossene Flie- Gordon während des Vietnam-Krieges ger damals ironisch genannt schrieb: „An ihren Lügen sollt ihr sie er- wurde, befragen konnte, hieß kennen ... Wenn ihr sie glaubt, dann seid Dean Anderson, war 40 Jahre ihr einfältig.“ alt, studierter Erziehungswis- senschaftler, in Minnesota zu Die Waffe der Wahrheit nutzen, Bekenner- Hause. Major, Dienstnummer mut unterstützen, das ist es, was auch bei F 130713, Kampfflieger des 34. uns in Halle junge und alte Friedensakti- Taktischen US-Luftgeschwa- visten, Studenten, Professoren, Gewerk- ders, abgeschossen bei einem schafter, Christen, Kommunisten, Soziali- Angriff auf die Brücke von sten, Verbände und Vereine, darunter die Dong Hoi am 28. Mai 1968. Regionalgruppe des „RotFuchs“-Förder- Ich habe mich zur Ruhe zwin- vereins, mit ihrem Nein zu Bushs Krieg gen müssen, als er mir auf gegen Irak erreichen wollen. Diesem Ziel die Frage, was der Luftkrieg gelten ihre Mühen, die Mahnwachen im der USA gegen Vietnam nach Winter, die Predigten in der Marktkirche, seiner Meinung gebracht Flugblätter, Plakataktionen und manches habe, antwortete, zunächst Beherzte mehr. sei „die Sache wohl vor allem Wie der einstige strategische Planer der sehr kostspielig ...“. Meinen U. S. Air Force John Warden im Stil der Einwurf, daß der Krieg aber „Piloten im Pyjama“ versicherte, werde doch außer Geld vor allem das ein zweiter Irak-Krieg dank neuer Präzi- Leben unschuldiger Menschen sionswaffen im Unterschied zum ersten, koste, beantwortete er ebenso der fünf Wochen dauerte, nicht mehr als wie die Frage danach, ob er vier oder fünf Tage brauchen, um alles in nach seiner Heimkehr bereit Schutt und Asche zu legen. Die Präzision wäre, in künftigen Kriegen des Todes und der Massenvernichtung ist wieder zu fliegen, nur ach- angesagt. Wir müssen den Feinden der selzuckend. Der Mann würde, Menschheit in den Arm fallen! lebte er noch, in diesem Jahr Hans-Dieter Krüger Seite 22 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 23

Der unter dem Pseudonym SHAHAR In seinen Arbeiten wendet sich der bekanntgewordene Grafiker und Karika- politisch engagierte Künstler gegen Fa- turist (Jahrgang 1956) – er arbeitet auch schismus, Rassismus und Krieg. Seine für den „RotFuchs“ – ist zugleich ein sehr Sympathien gehören einer sozialistischen Welt und der Sache des Kommunismus. Ein begabter Ikonenmaler. Er wohnt in Berlin. Das Multitalent SHAHAR ist mit keiner Geboren wurde er in der Tadschikischen Schablone zu erfassen und in kein Sche- Sowjetrepublik. In Sibirien wuchs er auf. ma zu pressen. Sein Werk, aus dem wir Multitalent Nach der Emigration seiner Familie lebte einen kleinen Ausschnitt vorstellen, ist SHAHAR zehn Jahre in Israel. Später vielgestaltig und durch unterschiedliche übersiedelte er in die BRD. Stilarten charakterisiert. Seite 24 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 25

Vom geistigen Leben in der chinesischen Metropole Was in Beijing diskutiert wird

„Der Weltsozialismus und das 21. Jahrhun- Neuen Ökonomischen System der Planung China durchgeführt wurde. Ich selbst habe dert“ lautete das Thema eines internatio- und Leitung der Volkswirtschaft und mit z. B. im September 2001 mit Vorträgen an der nalen Symposiums, das vor einiger Zeit in dem 1976 beschlossenen Zivilgesetzbuch der Universität Beijing an einer Konferenz zur Beijing stattfand. Eingeladen hatten das DDR (weil in China z. Z. eine entsprechende aktuellen Bedeutung der Schrift von Marx Studienzentrum für Weltsozialismus an der Kodifizierung vorgestellt wird) zu studieren. und Engels „Die deutsche Ideologie“ (1845/ Chinesischen Akademie für Gesellschafts- Gebeten, kurz die hauptsächliche innere 1846) sowie im April 2002 an der Beijinger wissenschaften (AfG), das Institut für die Ursache unserer Niederlage zu benennen, Volksuniversität an der Konferenz über die Sammlung, Übersetzung und Herausgabe für die wir selbst verantwortlich sind, ant- Marxsche Politische Ökonomie und das 21. der Werke von Marx, Engels, Lenin und Stalin wortete ich in etwa: Meine Partei, die SED, Jahrhundert teilgenommen. beim ZK der KP Chinas, das Institut für Mar- wurde schließlich ihrer führenden Rolle (im Man kann es drehen und wenden wie man xismus-Leninismus und Mao-Zedong-Theo- besten Sinne des Wortes verstanden) nicht will: Die Volksrepublik China mit beinahe rie an der AfG, das Institut für Marxistische mehr gerecht. einem Viertel der derzeitigen Erdbevölke- Philosophie und Chinas Modernisierung an Den Abschluß und Höhepunkt der gesam- rung befaßt sich real mit dem keineswegs der Sun-Yatsen-Universität in Guangdong ten Tagung bildete der Plenarbeitrag des risikolosen Aufbau der Grundlagen des So- und das Institut für Wissenschaftlichen So- berühmten Philosophen und Marx-En- zialismus, der von bestimmten Beobachtern zialismus der Zentralen Chinesischen Päd- gels-Forschers Prof. Georgij Bagaturija aus vorschnell und pauschal als kapitalistischer agogischen Universität Beijing. Diese Auf- Moskau. Er verwies darauf, daß sich die Weg etikettiert wird. Selbstverständlich zählung mag formal erscheinen, vermittelt dialektisch-materialistische Theorie über wird die Hauptfrage auch hier wie zuvor in jedoch einen kleinen Einblick in die Vielfalt die Gesellschaft und ihre Geschichte (d. h. der UdSSR und der DDR sein, über welche und Verschiedenartigkeit von chinesischen die materialistische Geschichtsauffassung, persönlichen und politischen Qualitäten, Studien- und Lehranstalten zu Problemen der „Historische Materialismus“) von Marx über welche wissenschaftlichen und prak- des Sozialismus in Vergangenheit, Gegen- und Engels in Verbindung und Auseinan- tisch-revolutionären Erkenntnisse und Er- wart und Zukunft. Nachfolgend kann nur ein dersetzung mit den neuesten, modernsten fahrungen die nachrückenden Generationen kurzer Überblick gegeben werden. gesellschaftlichen Entwicklungen und wis- führender Kräfte in der KPCh, in staatlichen, Neben zahlreichen Angehörigen der AfG senschaftlichen Entdeckungen herausgebil- wirtschaftlichen und anderen öffentlichen waren etwa 100 offizielle Teilnehmer aus det hat. Sie werde unfruchtbar, wenn man Funktionen verfügen. Nicht wenige Kader Parteischulen, Universitäten und anderen sie vulgarisiere und dogmatisiere, so daß haben im kapitalistischen Ausland studiert, wissenschaftlichen Einrichtungen des sie zu einer Art Glaubenslehre verkomme nachdem das etwa ab 1961 nicht mehr in ganzen Landes gekommen. Aus Bulgarien, und nicht mehr als Mittel für die Analyse der UdSSR und anderen Ländern des RGW Frankreich, Griechenland, Indien, Japan, der sich ständig verändernden objektiven möglich war. aus der Russischen Föderation, aus der Realität genutzt werden könne. Die vielen und aus den USA hatten sich 21 Möglichkeiten, den literarischen Nachlaß Die Geschichte auch des chinesischen Volkes geladene Gäste eingefunden; ich war der von Marx und Engels kreativ zu nutzen ist offen. Tatsache aber bleibt: Alle auslän- einzige Deutsche. (selbst nach dem 1974 redimensionierten dischen Teilnehmer der geschilderten Kon- In den Plenartagungen wurden u. a. folgende Plan soll die Marx-Engels-Gesamtausgabe ferenz kamen aus Ländern, in denen es so- Themen erörtert: Kapitalismus und Sozia- – MEGA – 122 Bände umfassen), seien noch zialistische Gesellschaftszustände entweder lismus in der Gegenwart und ökonomische längst nicht ausgeschöpft. früher gegeben hat oder noch nie gab. Nur die Globalisierung; Historische Erfahrungen Dieses Symposium – es fand im unmittelba- chinesischen Gastgeber vertraten ein Land, aus dem Aufstieg und Untergang des Sozia- ren Vorfeld des 16. Parteitags der KPCh statt das den Aufbau der Grundlagen des Sozia- lismus in der UdSSR und Osteuropa im 20. – war nicht die einzige internationale wis- lismus bis 2050 praktisch gestalten will. Jahrhundert; Gibt es im derzeitigen Ruß- senschaftliche Konferenz dieser Art, die in Eike Kopf, Beijing land Perspektiven für einen „neuen Sozialis- mus?“; Was ist Sozialismus mit chinesischer Gedenken an die Opfer des japanischen Massakers in Nanjing Charakteristik?, Sozialismus als „positive Dialektik“; Erfahrungen des Sozialismus des 20. Jahrhunderts für den Kampf um den Von Tokio geleugnet Sozialismus in der Zukunft. Wir tagten auch in vier Arbeitskreisen. Die Am 12. und 13. Dezember 2002 fanden in Nanjing Auf einem Gelände in der Millionenstadt Nanjing, wo Veranstalter hatten mich gebeten, im 4. (Nanking) und in der chinesischen Hauptstadt Beijing Massenexekutionen stattfanden und Massengräber (Peking) Gedenkveranstaltungen anläßlich des 65. gefunden wurden, errichtete China 1985 eine Ge- Arbeitskreis zu sprechen, der sich mit dem Jahrestages des japanischen Massakers statt. Nip- denkstätte für die 300 000 Opfer dieses Massakers. Thema beschäftigte: „Das 21. Jahrhundert pons Truppen, die am 13. Dezember 1937 die damalige Es gibt wohl niemanden, der den Ort ohne tiefe und das sozialistische China“. Ich regte an, chinesische Hauptstadt Nanjing besetzten, haben in Betroffenheit verläßt. Tafeln mit zahllosen Namen nicht nur lapidar festzustellen, daß der So- den darauf folgenden sechs Wochen 300 000 Zivilisten Ermordeter, Skulpturen, geborgene Gebeine in einem zialismus in der UdSSR sowie in Mittel- und und entwaffnete chinesische Soldaten ermordet, ein Bauwerk in Form eines Sarges sowie eine Ausstellung Osteuropa nicht mehr existiere, sondern Drittel aller Gebäude der Stadt zerstört, zahllose mit Dokumenten und umfangreichem Fotomaterial auch zu studieren, unter welchen Bedingun- Frauen vergewaltigt und die Stadt geplündert. vermitteln dem Besucher ein unauslöschliches, gen er jahrzehntelang erfolgreich bestand Im japanischen Aggressionskrieg, der nach der erschütterndes Bild dieses Verbrechens. Es waren und durch welche Faktoren er schließlich Besetzung Nordostchinas 1931 mit dem Angriff auf meist die japanischen Soldaten selbst, die auch ihre seine Existenz verlor. Wie viele Schlußfolge- Beijing am 7. 7. 1937 auf das ganze Land ausgedehnt schlimmsten Bestialitäten im Foto festhielten. Diese rungen hatten Marx, Engels und Lenin aus wurde, kamen mehr als 25 Millionen Chinesen ums Dokumente wurden später zu Beweismaterial in den der nur etwa 70 Tage währenden Herrschaft Leben. Ein ungeheurer Blutzoll, der in vielen Ma- Kriegsverbrecherprozessen gegen japanische Genera- der Pariser Commune von 1871 gezogen! terialien über den Zweiten Weltkrieg ausgeblendet le, Offiziere und Soldaten. wird. China war im Osten Hauptkriegsschauplatz im Am Gedenktag im Dezember 2002 wurde dem Memo- Wäre es da nicht vernünftig, aus mehr als weltweiten antifaschistischen Krieg. Das Massaker in rial eine 40 Meter lange, aus Bronze gegossene Straße 70 Jahren Aufbau des Sozialismus nach Nanjing ist als ein besonders grausames Verbrechen mit den Fußabdrücken und den Namenszügen der der Oktoberrevolution 1917 noch weitaus gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in heute noch 222 Überlebenden des Blutbads vor 65 mehr Schlußfolgerungen für den Kampf um die Geschichte des Zweiten Weltkrieges eingegangen. Jahren hinzugefügt. einen grundlegend neuen Zivilisationstyp Bis heute wird dieser Massenmord in der offiziellen Die Gedenkstätte dokumentiert eine chinesische des Menschengeschlechts zu ziehen? Ich japanischen Geschichtsschreibung verschwiegen Weisheit: Die Erfahrungen der Vergangenheit sind empfahl, z. B. unsere Erfahrungen mit dem oder geleugnet. die Lehrer für die Zukunft. Rolf Berthold Seite 24 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 25

Steirische Kommunisten punkteten in Graz 20,9 % für die KPÖ!

Während die von der nach rechts tendie- 12 Mandate im Grazer Gemeinderat (bisher zu einer alltagstauglichen und perspekti- renden Mehrheit ihres Bundesvorstandes 4), 2 Sitze in der Stadtregierung und mehr vischen Politik der Gesamtpartei zu skiz- unter Walter Baier in den Abstieg geführte als 30 Bezirksratsmandate in den einzel- zieren. Man wolle es dem bevorstehenden Wiener KPÖ mit großen Schwierigkeiten zu nen Stadtbezirken ein. Programmparteitag der KPÖ als eine Dis- kämpfen hat, haben die steirischen Kom- In einer Presseerklärung des steirischen kussionsgrundlage unterbreiten. munisten dieser Partei, die einer klaren Parteivorsitzenden Franz Stephan Par- Orientierung folgen, einen triumphalen teder wird davon gesprochen, es handle „RotFuchs“-Leser am Ort des Geschehens Wahlerfolg eingefahren. sich um „eine eindrucksvolle Bestätigung übermittelten uns diese wichtigen Infor- In Graz – Landeshauptstadt der Steier- des Weges der KPÖ Steiermark“. Die Mög- mationen und verwiesen darauf, daß sich mark und zweitgrößte Stadt Österreichs lichkeit einer Alternative zur Politik der die Grazer KPÖ „strikt gegen den plurali- – errang die von Ernst Kaltenegger ange- Herrschenden sei in Graz sichtbar und stisch-mutierten Parteiauflösungstrip der führte Liste sensationelle 20,94 % (plus bestätigt worden. Das steirische Lan- Mehrheit im KPÖ-Bundesvorstand“ ausge- 13,9 %). 22 200 Wählerstimmen brachten desprogramm der KPÖ versuche, den Weg sprochen habe. C. A.

Freiheit für die „Miami-5“! Politische Gefangene

Havanna hat sich mit der Bitte an die in- ten stellen diese Gremien den Nachweis, eingedrungen. Ihr Auftrag lautete, ge- ternationale Öffentlichkeit gewandt, dem daß die „Miami-5“, wie die als Helden plante Anschläge rechtzeitig zu erkunden. Kampf für die Freilassung der fünf seit Kubas ausgezeichneten Kämpfer gegen Ihre Tätigkeit konzentrierte sich aus- 1998 in den USA gefangen gehaltenen und den Terrorismus inzwischen bezeichnet schließlich auf die Sicherheit Kubas, war wegen „Spionage“ zu drakonischen Strafen werden, politische Gefangene sind. also nicht gegen die Vereinigten Staaten verurteilten kubanischen Patrioten welt- Die fünf Männer – ausgebildete Diploma- gerichtet. Sie haben keinerlei Aufklärung weite Unterstützung zu geben. ten, Ökonomen und Ingenieure – waren von USA-Objekten betrieben. Inzwischen haben sich in 52 Ländern auf konspirativem Wege in die gegen den – darunter auch in der BRD – insgesamt sozialistischen Inselstaat arbeitenden Der „RotFuchs“ unterstützt das deutsche 88 Komitees gebildet, die in diesem Sinne Terrorstrukturen kubanischer Exilgrup- Komitee, das sich für die Freiheit der „Mi- wirken. In den Mittelpunkt ihrer Aktivitä- pen in Miami (USA-Bundesstaat Florida) ami-5“ einsetzt. R. F.

Die Republik Belarus garantiert allen Bürgern Arbeit Lukaschenko hält ...

Die Republik Belarus mit der Hauptstadt und Behinderungen durch unsere Neider, Minsk ist die einzige der früheren Sowjet- haben wir keine Rückentwicklung in der Begriff „Flüchtling aus Belarus“. Im Ge- republiken, die nicht in den Strudel des Volkswirtschaft. genteil: Von Jahr zu Jahr wächst die Zahl mit der Konterrevolution eingeleiteten In unserem Land kann jeder, der das derjenigen, die Bürger unseres Landes politischen, ökonomischen und sozialen will, arbeiten. Und verdienen! In unseren werden möchten ... Niedergangs hineingerissen wurde. Sie Häusern ist es warm, hell und behaglich. An diesem Abend blicken wir uns offen verteidigt ihre Unabhängigkeit und be- Wir verlieren nicht die Kontrolle über in die Augen und denken über einfaches wahrt Errungenschaften und Werte aus die Probleme, die durch die Gebrechen menschliches Glück nach. Dessen Formel sowjetischen Zeiten. Ihr vom Westen nicht der Weltwirtschaft entstehen. Wir haben ist unkompliziert und universell: Arbeit. geschätzter Staatschef steht für diesen keine wilde Spaltung der Gesellschaft in Nur die Arbeit von jedem und allen ist Kurs. Die Moskauer Zeitung „Sowjetska- ein Häuflein Superreicher und Millionen Pfand unseres Aufblühens. Und damit ja Rossija“ brachte am 9. Januar 2003 Bettler. Unsere Gesellschaft wird nicht auch unseres Glücks! Auszüge aus der Neujahrsansprache des vom Rost der Korruption zerfressen. Übersetzungen aus dem Russischen: belorussischen Präsidenten Alexander Und schließlich kennt die Welt nicht den Dr.-Ing. Peter Tichauer Lukaschenko, die auch für unsere Leser von Interesse sein dürften. Rußland nach der Konterrevolution ... Es ist wohl nicht richtig, im Rahmen der Neujahrsansprache einen „Erfolgsbericht“ zu geben ... Laßt uns aber mal sehen, was wir nicht haben. Erstens haben wir weder Bilanz der Zerstörung innere noch äußere bewaffnete Konflikte. Nach dem konterrevolutionärem Umsturz und Wachmänner für das neue Bürgertum. Unsere Menschen wachen nachts nicht von in Rußland hat die Wirtschaft enormen Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Rußlands Explosionen auf, unsere Kinder und Enkel Schaden genommen. Die Anzahl der Wis- ist bis auf 7 % des amerikanischen gesun- vergießen ihr Blut nicht an „Brennpunk- senschaftler ist halbiert; sie hat sich um ken, in der Lebenserwartung seiner Men- ten“. ... Wir kennen weder religiösen noch gut eine Million Personen verringert ... Die schen nimmt das Land jetzt den 110. Platz nationalen Hader. Wir leben in Frieden, Zahl der Industriearbeiter ist, bedingt in der Welt ein. Freundschaft und Einvernehmen. Und je- durch die Zerstörung der Industrie, von 18 (Aus den Ende 2002 veröffentlichten „The- dem steht der Weg zu seinem Tempel offen. auf 10 Millionen zurückgegangen. Dafür sen zur Entwicklung des 21. Jahrhunderts“ ... Ungeachtet aller Lügenprophezeiungen gibt es etwa 10 Millionen Reisehändler des ZK der RKP-KPdSU) Seite 26 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 27

Das Sinken der „Prestige“ und der Sturzflug des Prestiges der Aznar-Regierung Zur Ölkatastrophe vor Nordwestspanien

Am 13. November 2002 ersuchte der täglich Öl aus dem Wrack. Orte an der Co- bis alle die entsprechende Sicherheitsaus- Kapitän des Öltankers „Prestige“ den sta da Morte erleben alle paar Tage eine rüstung erhielten. Erst nach drei Wochen Hafendirektor von Fisterre an der Costa neue schwarze Flut. Chapapote, so heißt begannen auch die Soldaten Trillos, sich da Morte (Todesküste) der spanischen das geflügelte Wort, Synonym für das die Hände schwarz zu machen. Während Provinz Galicia um technische Hilfe. Der Desaster, für die Wut auf die Unfähigkeit Rajoy zunächst von „einigen kleinen Fäd- Hafen untersteht dem Madrider Ministe- der Herrschenden und deren Arroganz, chen“ sprach, die noch ausströmten, floß rium für Entwicklung und Aufbau unter gelangt weiterhin in unterschiedlicher das Öl weiter in Riesenmengen aus dem Alvarez Cascos. Der Minister gehört der Konsistenz an die Küsten. Chapapote be- am Meeresgrund liegenden Tanker. Volkspartei (PP) des scharf rechtsge- deutet Asphalt, Erdpech. Mit ihm verklebt, Als die dritte große Ölwelle angekündigt richteten spanischen Premiers Aznar an. tot oder halbtot, werden Vögel, Fische und wurde, traten Fischer und Langustenfän- Man verweigerte dem Kapitän jegliche anderes Getier an den Strand gespült. ger der Berufsstände des am meisten be- Unterstützung und ließ die Prestige“ nach Zwei Faktoren kennzeichnen das Verhal- troffenen Gebiets in einen Hungerstreik, fast einwöchigem Hin und Her auf hohe ten der regierenden PP im Umgang mit der um die Regierung zu zwingen, endlich See abschleppen – jedenfalls, soweit es Katastrophe: ihre verlogene Informations- angemessene technische Hilfe zu schicken. ging! Nach 250 Meilen brach das Schiff in politik und ihre absolute Unfähigkeit, dem Ihre Schiffe waren nicht mehr tauglich, internationalen Gewässern auseinander. Geschehen zu begegnen. Man fragt sich: der weiteren Überflutung mit Petroleum Sein Abtransport war trotz gegenteiliger Warum besitzt Spanien mit so viel Küste standzuhalten. Man bedenke: 40 % der Experten-Ratschläge erfolgt. Auch der Ka- eigentlich keinen entsprechenden Vorsor- Versorgung der EU-Staaten mit Krusten- pitän hatte sich dagegen gewandt. geschutz? Ganz einfach: weil solche Dinge tieren und Meeresfrüchten kommen von Der zwei Fußballfelder große Öltanker nicht ins hiesige Modell der totalen Libe- der Küste Galicias. sank und liegt, in zwei Teile gespalten, die ralisierung und Privatisierung sämtlicher Nach der jüngsten Katastrophe – andere drei Kilometer voneinander entfernt sind, Gesellschaftsbereiche passen. mit ähnlichem Verlauf waren vorausge- in einer Meeresströmung, die parallel zur Die erste Entscheidung der Regierung gangen – bildete sich schnell die Plattform cantabrischen Küste verläuft. Deshalb – sie wird inzwischen „juristisch unter- „Nunca Máis!“ (Niemals mehr!) als Aus- gelangt das Öl in weite Zonen am Nord- sucht“ – war für ihr fehlendes Verant- druck des Protests. Sie organisierte prak- atlantik. wortungsbewußtsein bezeichnend. Die tische Schritte des Widerstandes, die in Die Dimension der Katastrophe ist weder „Prestige“ aufs offene Meer zu ziehen hieß: Galicia bisher ungekannten großen Demos sozial noch ökologisch noch ökonomisch Der Ozean wurde als Müllkippe benutzt. und Manifestationen gegen die Regierung. abzusehen. Die Verschmutzung erreichte Madrid lehnte es ab, den havarierten Die verantwortlichen Politiker wurden ge- inzwischen die Küsten Portugals und Tanker in den Hafen der Provinzhaupt- bührend „empfangen“. Man forderte ihre Frankreichs. An den bereits verschmutz- stadt A Coruna zu schleppen. Statt dessen Demission. Die Wände tragen bis heute ten Abschnitten muß man sich auf lange versuchte man zunächst, ihn in portugie- entsprechende Losungen. Fristen einstellen. Denn tonnenweise läuft sischen Gewässern zu versenken. Als die Das arme Galicia, ein klassisches Auswan- „Prestige“ auf hoher See nicht sinken derungsland, wird von dem berüchtigten wollte, spielte PP-Verteidigungs- Fraga Iribarne regiert. Der einstige Mini- minister Trillo ernsthaft mit dem ster Francos war für Todesurteile der Dik- Gedanken der Bombardierung, sollte tatur mitverantwortlich. Auf Kommunal- sie nicht im Meer verschwinden. Die und Dorfebene herrschen die sogenannten nächsten Schritte unter der Regie Kaziken – lokale Bonzen, die alle Fäden in des Vizepräsidenten Rajoy bestan- der Hand halten und so die politische und den darin, das Desaster einfach zu ökonomische Macht sichern. Aus Galicia negieren. Über Galicia wurde eine In- wird von mafiaartigem politischen Druck formationssperre verhängt. Von einer berichtet. So bekommen beispielsweise die marea negra (schwarzen Flut) durfte in der Hand der PP befindlichen Rathäu- nicht gesprochen werden. Es handele ser alle notwendigen Mittel zum Säubern sich nur um „vereinzelte Ölflecken“, der Küste, während andere sich dies über wurde behauptet. Die Menschen an „Wohlverhalten“ verdienen müssen. Kazi- der asphaltierten Küste waren sich kenringe der PP verbreiteten vom ersten einig in der empörten Feststellung: Tag der Ölflut an Angst und terrorisierten „Der Staat ist abwesend.“ die Fischer. Es war auch in diesen ersten Wochen, Inzwischen läuft die Diffamierungs- und als die herrschende Clique die Lo- Desinformationskampagne auf Hochtou- sung ausgab, freiwillige Helferinnen ren. Fraga Iribarne beschimpfte Freiwil- und Helfer sollten wegbleiben. Man lige sogar als „Terroristen“. Ebenso lief die wollte das Ausmaß der Verschmut- Kriminalisierung der Plattform „Nunca zung verbergen. Madrid verbot Máis!“ an ... Auf welchem Gebiet das von selbst portugiesischen Maschinen, der Reaktion regierte Spanien keinen Mo- deren Besatzungen die Bewegung ment abwesend war, zeigte sich schnell: der Ölteppiche auf See zu beobachten bei der Unterdrückung des zunehmenden hatten, das Überfliegen spanischer Unwillens der Menschen, beim Nieder- Hoheitsgewässer. Ausländischen knüppeln von Demonstranten und beim Angesichts des scharfen Rechtskurses Journalisten wurden alle nur denk- Schutz der Macht gegen die berechtigte der mit Bush eng liierten Madrider baren Hindernisse in den Weg gelegt. Wut der Machtlosen. Die Abwesenheit Aznar-Regierung denken immer mehr Katalanische Voluntarios hatten ein dieses Staates in sozialen Fragen, auf Spanier an die Zeiten der Republik. Sie Revers zu unterschreiben, nichts von dem Gebiet von Unterstützung, Hilfe und dem Gesehenen zu erzählen. Fürsorge, steht nämlich in einem scharfen bestand bis 1939 und wurde von Interb- Damals klaubten Bevölkerung und Kontrast zur ständigen Anwesenheit sei- rigadisten gemeinsam mit der Volksar- Freiwillige das hochgiftige Chapapo- nes Repressionsapparates. mee verteidigt. te mit der Hand auf. Es dauerte lange, Isolda Bohler, Valencia Seite 26 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 27

Joël

Monat für Monat arbeiten wir bei der Die Bilder zeigen einen Jungen und ein rassistische Haltung zum Ausdruck Herstellung des RF mit einer jungen Mädchen – Joël und Joana. bringen. Wir erhielten die Erlaubnis Frau zusammen, die in der Druckvor- Wir haben der Mutter zu diesen präch- zur Veröffentlichung. tigen Kindern – halb Afrika/halb Euro- Die Aufnahmen bekräftigen, wie sehr stufe tätig ist und u. a. unsere Zeitung pa – gratuliert und ihr gesagt, daß wir die zur Hebung des Selbstwertgefühls betreut. Wir wußten von ihr nur, daß sie unseren Lesern gerne vorstellen der Unterdrückten in den 70er Jahren sie zwei Kinder hat. Jetzt schenkte sie würden. Sind wir doch stets auf der von der afroamerikanischen Befrei- uns einen Kalender mit wunderschö- Suche nach eindrucksvollen Motiven ungsbewegung ausgegebene Losung nen Fotos. Sie hat ihn selbst gestaltet. – besonders solchen, die unsere anti- zutrifft: Black is beautifull! S. R. und Joana Seite 28 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 29

Rote Armee, in der einfache Arbeiter zu wird. Sein Bericht endet am 9. Juni ¡Presente! Heerführern wurden, dem Ansturm der 1943 mit den Worten: „Menschen, ich überlegenen Angreifer stand, schlug sie hatte Euch lieb. Seid wachsam!“ Am  Vor 85 Jahren, am 23. Februar 1918, vernichtend und befreite den Sowjetbo- 25. August 1943 wird Fucik durch den wurden die Truppen der deutschen den von den fremden Truppen und Weiß- „Volksgerichtshof“ in Berlin zum Tode Imperialisten, die unter Bruch des gardisten – ebenso, wie sie nur wenige verurteilt und am 8. September in Plöt- Waffenstillstands weite Gebiete Belo- Jahre später im Großen Vaterländischen zensee hingerichtet. Für die Teilnahme rußlands, der Ostseestaaten und der Krieg nach langen, erbitterten und äu- am antifaschistischen Widerstand und Ukraine besetzt hatten und nun auf ßerst verlustreichen Kämpfen schließ- seine persönliche Tapferkeit wurde Juli- Petrograd marschierten, bei Pskow und lich den Sieg errang. us Fucik nach dem Kriege vielfach geehrt. Narwa zurückgeschlagen. Die kritische Er bleibt unvergessen! Situation, die durch die Selbstauflösung  Am 23. Februar feiern wir dieses Jahr der zaristischen Armee eingetreten war, den 100. Geburtstag eines Genossen, des- B u c h - T i p s veranlaßte die Sowjetregierung und die sen Leben und unerschrockener Kampf – Fucik: Literarische Kritiken, Polemiken Kommunistische Partei, an die Aufstel- uns Vorbild und Verpflichtung ist. „Mein und Studien. Dietz, 1958, 360 S. lung einer neuen Armee zu gehen. In der ganzes Leben hindurch habe ich gesun- – Fucik: Wir lieben unser Volk. Letzte Arti- „Deklaration der Rechte des werktätigen gen; ich weiß nicht, warum ich gerade kel u. Betrachtungen. Dietz, 1956, 252 S. und ausgebeuteten Volkes“ der Konsti- zum Schluß aufhören sollte, wenn man – Julius Fucik in Fotografien. Artia-Ver- tuierenden Versammlung (bestätigt vom am intensivsten lebt. Es gibt kein Leben lag, Prag 1953, 124 S. III. Gesamtrussischen Sowjetkongreß) ohne Gesang, wie es kein Leben ohne – M. Grygar: Menschen, ich hatte Euch hieß es: „Um den werktätigen Massen die Sonne gibt.“ Diese Worte richtete der lieb. Das Leben Julius Fuciks. Neues Le- unumschränkte Macht zu sichern und je- tschechoslowakische Schriftsteller und ben, Berlin 1961, 322 S., zahlr. Abb. de Möglichkeit einer Wiederherstellung Freiheitskämpfer Julius Fucik im Jahre – G. Fuciková: Mein Leben mit Julius der Macht der Ausbeuter auszuschließen, 1942 an seine Zellengenossen im Prager Fucik. Erinnerungen. Dietz, Berlin 1976, wird die Bewaffnung der Werktätigen, „Pankràc“-Gefängnis. Sie vermitteln das 800 S., zahlr. Abbildungen die Bildung einer sozialistischen Roten Bild eines Menschen, den auch der Terror Armee der Arbeiter und Bauern und die der SS-Banden nicht in die Knie zwingen  „Ich möchte, daß man weiß, daß es kei- völlige Entwaffnung der besitzenden konnte. ne namenlosen Helden gegeben hat. Daß Klassen dekretiert.“ es Menschen waren, die ihren Namen, In einem der ältesten Industrievororte ihr Gesicht, ihre Sehnsucht und ihre Prags, in Smichow, wurde Fucik als Sohn Hoffnungen hatten, und daß deshalb der einer Arbeiterfamilie geboren. Nach dem Schmerz auch des letzten unter ihnen Schulabschluß trat er in die Philosophi- nicht kleiner war als der Schmerz des sche Fakultät der Prager Universität ein. ersten, dessen Name erhalten bleibt. Ich Die Notwendigkeit, sich sein Studium möchte, daß sie alle euch immer nahe blei- und seinen Lebensunterhalt zu verdie- ben, wie Bekannte, wie Verwandte, wie nen, ließ ihn die verschiedensten Berufe ihr selbst.“ (Julius Fucik) ausüben. Er arbeitete als Sporttrainer, Bauarbeiter, Hauslehrer, Erdarbeiter Robert Uhrig, vor 100 Jahren, am und Reklameplakatträger. Nach dem 8. 3. 1903, in geboren, war Werk- Abschluß seines Studiums trat er in die zeugmacher von Beruf. Später arbeitete Redaktion der „Rude Pravo“ ein und war er in der Versuchsabteilung für Radio- Mitarbeiter verschiedener Literaturzeit- röhren bei der Firma Osram. Wegen schriften. Nach einer sechsmonatigen Fortführung einer Betriebsgruppe der Reise durch die Sowjetunion veröf- illegalen KPD wurde Uhrig im Juni 1934 fentlichte Fucik seine Reportagen unter festgenommen und zu einem Jahr und 9 dem Titel „Eine Welt, in der das Morgen Monaten Zuchthaus verurteilt. Nach sei- schon Geschichte ist“ (Paul-List-Verlag, ner Entlassung begann er erneut mit der Leipzig 1950, 352 S.), dem später ein zwei- antifaschistischen Tätigkeit und wurde ter Band mit Sowjetunion-Reportagen bald einer der führenden Funktionäre im folgte: „Im geliebten Land“ (Dietz-Verlag, Berliner Raum. Ihm ging es vor allem um Berlin 1957, 540 S.). die Zusammenfassung von Hitler-Geg- nern verschiedener Schichten und politi- Zehn Jahre später, als die Mitglieder scher Auffassungen. Nur so schien es ihm des ZK der Kommunistischen Partei von möglich, den Faschismus erfolgreich zu der Gestapo verhaftet wurde, übernahm bekämpfen. 1942 begann die Gestapo mit Auf dieser Grundlage entwickelte und er die Leitung der Partei und gab die Massenverhaftungen, denen auch Uhrig festigte sich die aus den Roten Garden illegalen Zeitungen heraus. Schon kurze zum Opfer fiel. Nach über zweijährigem und den revolutionären Soldaten der za- Zeit später, im Frühjahr 1942, wurde Aufenthalt in Zuchthäusern und Kon- ristischen Armee geschaffene Armee. Sie Fucik durch einen Verräter ebenfalls zentrationslagern stand er vom 5. bis hatte allerdings keine Zeit zur ruhigen den Nazis ausgeliefert. Zwei Jahre saß 7. Juni 1944 erneut vor Gericht. Robert Entwicklung. Ausländische Mächte und er im Prager Gefängnis „Pankràc“. Hier Uhrig wurde zusammen mit acht seiner weißgardistische Generale mit ihren entstand seine „Reportage unter dem engsten Kampfgefährten zum Tode ver- Söldnerscharen bedrängten von allen Strang geschrieben“. (Lieferbar in einer urteilt und am 21. August 1944 im Zucht- Seiten die junge Sowjetmacht und ver- Ausgabe des Pahl-Rugenstein-Verlags haus Brandenburg hingerichtet. suchten, sie im Blut zu ersticken. Nach – 160 S., 12,75  –, in der im Anhang auch mehr als drei Jahren imperialistischer auf die Rezeptionsgeschichte dieses B u c h - T i p Kriege, mit einem durch diesen Krieg weltweit verbreiteten Buches eingegan- Luise Kraushaar: Berliner Kommunisten völlig zerrütteten und desorganisierten gen wird.) In dieser Schrift beschreibt im Kampf gegen den Faschismus. 1936 Hinterland, schlecht bewaffnet und be- er die Terrormethoden der nazistischen bis 1942. Robert Uhrig und Genossen. kleidet, ohne genügenden Nachschub an Geheimpolizei und den Kampf, der auch Dietz-Verlag, Berlin 1981, 352 S., Abb. Waffen und Verpflegung, hielt die junge noch hinter Zuchthausmauern geführt W. M. Seite 28 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 29

Kundgebungen, Demonstrationen und Protest- welchen revolutionären Wandlungsprozeß Leserbriefe an märsche. Überall in Hellas „kocht“ es, und die allein das Bündnis der Arbeiter und Bauern Bewegung hat ihre „Maschinen“ auf Volldampf seit der Durchführung der demokratischen OT UCHS gestellt. Die gewerkschaftliche Arbeiterkampf- Bodenreform sowie mit der sozialistischen Um- R F front (P.A.ME), die KKE, die Kommunistische gestaltung und der Herausbildung einer neuen Jugend Griechenlands (KNE), die „Aktion: Klasse, der Klasse der Genossenschafts- Thessaloniki 2003“, das Griechische Komitee bauern, durchlebt hat. Zum ersten Mal in der für Entspannung und Frieden und viele andere deutschen Geschichte spürten die werktätigen Organisationen rufen das Volk zur massenhaf- Bauern einen Verbündeten an ihrer Seite, der ten Beteiligung an den großen Demonstratio- ohne Vorbehalt und selbstlos alles tat, um sie Ein Weinen geht über die Erde, nen auf. Sie werden am 15. 2. mit Aufmärschen Furcht – vor Bomben und Tod – aus ihrer gebeugten zwiespältigen sozialen La- in Athen und anderen Städten ihren Höhepunkt ge ohne List und Betrug herauszuführen. Aus nur Angst – was noch werde, erreichen. den einstmals durch die herrschende Klasse Hände zum Himmel in größter Not! Sokrates Papadopoulos, Thessaloniki in tiefster Armut und Unwissenheit gehaltenen Landarbeitern, Klein- und Mittelbauern entwik- Kommt, wir dürfen uns nicht verbergen! Ich bin Diplomingenieur der Agrarwissen- kelten sich hochqualifi zierte Menschen, die Erhebt eure Stimme zum vielfachen „NEIN“! schaften und arbeite seit dem Ende meiner aktiv an der Lenkung und Leitung ihrer Genos- Die Sehnsucht der Menschen liegt nicht in den Särgen – Ausbildung an der Gesamthochschule Kassel senschaften und ihres Staates teilnahmen. Die Frieden – nur Frieden muß sein! als „ständige Teilzeitkraft“ im Paketdienst/ erste Frau im neugebildeten Staatsrat der DDR Nachtschicht bei der Deutschen Post AG. Kein war eine Genossenschaftsbäuerin aus dem Hin und wieder mache ich ein paar Reime, die Parteimitglied, bin ich Stammwähler der Grie- Kreis Teterow. Sie gehörte der DBD an. jedoch bisher nur meine Familie und ein paar chischen Kommunistischen Partei (KKE). Ich Diese Persönlichkeitsentwicklung fand ihren Freunde zu lesen bekamen. Heute wage ich es fühle mich vertrauensvoll und aus traditionellen Ausdruck darin, daß 85,4 % aller Beschäftigten das erste Mal, mit einem Vers an die Öffent- Gründen sehr mit ihr verbunden. (...) der Landwirtschaft eine staatlich anerkannte lichkeit zu treten. (...) Ich bin Deutsch-Lehrerin Seit dem Wegfall der Mauer habe ich von der fachliche Ausbildung erreichten. Das beant- mit Leib und Seele, war zu DDR-Zeiten über 30 Möglichkeit Gebrauch gemacht, viel politische wortet zum Teil auch die Frage, warum sich Jahre Direktor einer Polytechnischen Ober- DDR-Literatur (meist von SED-Autoren ge- nach der Eingliederung der DDR in die BRD schule. Seit 1990 unterrichte ich Aussiedler schrieben) zu kaufen und zu lesen. Ich konnte Mitglieder der aufgelösten LPGen erneut in aus Kasachstan und Sibirien in der Volkshoch- mich vom prinzipiellen Sinn und der Richtig- bedeutendem Umfang zur Gründung von Agrar- schule Karin Fischer, Schwarzholz keit der SED-Konzeption überzeugen. (...) Genossenschaften zusammengeschlossen Aufmerksam auf die Existenz des „RotFuchs“ haben. Sie gehören zu den am erfolgreichsten (...) Herzliche Grüße aus Polen von Kommuni- (seit seiner Gründung 1998) wurde ich durch wirtschaftenden Betrieben der Landwirtschaft sten und Sozialisten, die Leser Eurer hochin- das Lesen der KKE-Presse, die des öfteren der BRD. teressanten Zeitschrift „RotFuchs“ sind. Gute ins Griechische übersetzte Beiträge von Ihren Sicherlich – der Sieger schreibt heute seine Ge- Wünsche der ganzen Redaktion, dem Versand- Autoren brachte. Meist berichtete von Ihnen schichte und beraubt den Besiegten jeglicher und Vertriebskollektiv und den Lesern des RF. auch ein KKE-Genosse, der in Berlin lebt ... Identität. Er verteufelt alles, was die erste Ar- (...) Die 2. Zentrale Leserkonferenz Eurer Zeit- Thanassis Georgiu. Bitte grüßen Sie ihn sowie beiter- und Bauernmacht auf deutschem Boden schrift ist ein hervorragendes Ereignis, über die den Genossen Sokrates Papadopoulos von mir. hervorbrachte. Dem muß massiver Widerstand deutschen Landesgrenzen hinaus. Wir über- (...) Ich freue mich sehr über Ihre Bemühungen entgegengesetzt werden. Halten wir uns an die mitteln Euch unsere Glückwünsche. (...) um eine politische Vernetzung der Linken durch elfte These von Karl Marx über Feuerbach: „Die Der „RotFuchs“ bereitet mir große intellektuel- den RF. (...) Philosophen haben die Welt nur verschieden le Freude. Ich lese ihn sehr gern, mehr noch, Kyriakos Kourementzas, Witzenhausen interpretiert. Es kommt aber darauf an, sie zu manche Artikel enthalten eine tiefe Analyse der verändern.“ Erwin Mitzkat, Teterow brennenden Fragen der gegenwärtigen deut- Ich habe mir im November ein paar Probeex- schen und internationalen kommunistischen emplare des „RotFuchs“ kommen lassen, und Den „RotFuchs“ lese ich mit großer Freude und sozialistischen Arbeiterbewegung. (...) zwar nachdem ich im Anschluß an ein Konzert und Gewinn. Ich bin Vater einer zweijährigen Wir möchten Euch auch recht herzlich danken im Mainzer Unterhaus noch lange mit André Tochter und bald auch noch stolzer Vater von für die Beiträge und Informationen über die Thiele zusammensaß. (Er wird in diesem Jahr Zwillingsmädchen. Lage in Polen. (...) Wir in Polen schätzen Eure eine Festschrift für Hacks herausgeben.) Wenn man den „RotFuchs“ liest, fällt auf, daß redaktionelle, theoretische, ideologische und Wie das so ist, wenn Marxisten in diesen Zeiten viele Autoren schon hochbetagt sind. Da stellt politisch-organisatorische Arbeit sehr hoch ein. so darüber reden, was ist und was sein sollte, sich die Frage: Wer wird später marxistische Wir wünschen Euch viele weitere Erfolge, neue verständigten wir uns sehr bald darauf, daß Bildung vermitteln? Am Ende der DDR war ich Konzepte, Autoren und Leser für das Gute des uns kaum etwas so dringlich und notwendig Offi ziersschüler. Heute bin ich Sozialarbeiter. Sozialismus in Deutschland, Europa, Polen. erscheint wie eine gemeinsame marxistische (...) Sven Grelke, Erfurt Prof. Dr. sc. Zbigniew Wiktor, Wroclaw Organisation unter Einbeziehung von DKP, PDS-Linker, derzeit Unorganisierten etc. – eine (...) Ich bin 20 Jahre alt. Mit meinem Vater war Wir fuhren mit einer Gruppe zur LL-Ehrung nach Art „Rifundazione“ der deutschen Kommu- ich in Buchenwald und Sachsenhausen, wo Berlin. Unter uns ein Tscheche namens Franti- nisten, Sozialisten, Marxisten also. (Jürgen das wahre Ausmaß der faschistischen Verbre- sek Minarik, Vorsitzender der KSCM-Gruppe in Elsässer äußerte in der jW unlängst etwas chen heute nicht mehr gezeigt oder erklärt wird. D-Poustevna, einer grenznahen Stadt unweit ähnliches.) Thiele sagte mir, daß Beiträge und Man arbeitet dort sehr oberfl ächlich, vor allem Sebnitz. Auf dem Weg zum Ehrenmal trafen Diskussionen in diese Richtung derzeit vor mit Zahlen, und lenkt die Aufmerksamkeit auf wir den Mann vom „RotFuchs“. Und ich er- allem im „RotFuchs“ und in „offensiv“ zu fi nden Unwesentliches. (...) In Buchenwald fragten wir, klärte dem tschechischen Genossen, daß es seien, worauf ich mir Hefte bestellte. (...) nachdem der neue BRD-Film über das Lager sich um eine Zeitschrift handelt, die in unserer Kai Degenhardt, Hamburg vorgeführt worden war, was eigentlich aus dem Umgebung immer mehr aufmerksame Leser DDR-Film geworden sei, den mein Vater als fi ndet, denn sie verbreitet viel Wahrheit über Wir wünschen Euch eine erfolgreiche 2. Le- Kind gesehen hatte. Dort zeigte man z. B., wie Geschichte und Gegenwart (...) Nur wenige serkonferenz. Ihr habt Euch, wie uns Klaus die Leichen mit Bulldozern in Massengräber Schritte entfernt war wieder eine Stand mit Mi- Steiniger mitteilte, viel vorgenommen: Ihr wollt geschoben wurden ... krophon. Jetzt wollte Frantisek etwas sagen... beraten, wie die „Ausstrahlungskraft marxi- Die jetzige Ausstellung ist eine Schande und „Ich bin zum ersten Mal hier dabei und sehr stisch orientierter Publikationen erhöht werden beschmutzt das Andenken aller, die dort um- beeindruckt, wie Alte und Junge Rosa Luxem- könnte“. Ihr wollt „Einschätzungen der sich gekommen sind. burg verehren, die vor 90 Jahren in Sebnitz schnelllebig verändernden nationalen und in- In letzter Zeit sah ich außerdem mehrere gesprochen hat, gegen den drohenden Krieg. ternationalen Bedingungen austauschen“ und Fernsehdokumentationen, die nach dem Mot- Dieser Gedanke motiviert uns gemeinsam; ich die „im Rahmen der Möglichkeiten liegenden to gemacht waren: So schlimm ist es ja nicht überbringe Euch internationalistische Grüße Reaktionen abstimmen“. gewesen. Schuld hatte immer nur Hitler, aber von Einwohnern, Kommunisten aus der tsche- Diese Anliegen fi nden unsere vollste Zustim- Krupp, BMW, Commerzbank, Mercedes u. v. a., chischen Grenzregion“. mung: Das sind die Fragen, die drängend vor die in diesem Land noch existieren und weiter Im Nu hatte sich die Szene in eine kleine Kund- uns stehen. (...) Profi te machen, spielten keine Rolle. gebung verwandelt, 50–70 Leute waren stehen Anna Heinrich und Frank Flegel, Wir müssen als Deutsche unseren Beitrag dazu geblieben und spendeten Beifall. offensiv, Hannover leisten, daß sich die Geschichte nicht wieder- Dr. Heinz Senenka, Internationale Gruppe holt. Im Augenblick sieht es – blickt man auf Spurensucher Die ersten fünf Jahre des erfolgreichen Beste- Bushs USA – leider sehr nach dem Gegenteil hens des „RotFuchs“ und die ständig gewach- aus. Kai Bergmann, Mahlow Bei uns gibt es wirklich alle Hände voll zu tun. sene Zahl der Wortmeldungen ... sind Ausdruck Jetzt, da Griechenland den Vorsitz in der EU und Beweis dessen, daß eine verlorene Klas- Ein Vorschlag: Vielleicht könnten bestimmte innehat, stehen für unsere Partei – die KKE senschlacht niemals mit dem Untergang der Karikaturen und Grafi ken als Postkarten unter – umfangreiche Kampfaktionen auf dem Pro- Sache oder dem Ende des revolutionären Pro- die Leute gebracht werden, als Werbung für gramm. Anläßlich jeder Tagung der EU fi ndet zesses gleichgesetzt werden kann. (...) den RF, als Protest gegen den Irak-Krieg pp.? eine Anti-Tagung statt, die von der griechischen Aus der Sicht meiner Erfahrungen als ehema- Kostenlos oder gegen eine Soli-Spende ... Aus- progressiven Bewegung und der KKE organi- liger Neubauer und Funktionär der Demokra- dehnbar wäre das auch auf „ältere“ Arbeiten, siert wird. Es gibt Sitzungen, Veranstaltungen, tischen Bauernpartei Deutschlands weiß ich, welche ihre Gültigkeit bis auf den heutigen Tag Seite 30 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 31 nicht verloren haben. Als Herausgeber müßte Seit einigen Monaten erhalte ich den „Rot- ten, die vorhandenen Kräfte im Westen zu natürlich immer der RF erscheinen. Mit einer Fuchs“ und lese die Mehrzahl der Artikel mit erhalten und zu konsolidieren. (...) Genosse zunächst bescheidenen, aber sehr qualitätsvol- großem Interesse. Mir gefällt die Klarheit der Pauligk greift zu (...) Unterstellungen, wenn len Arbeit auf diesem Gebiet könnten wir gut in Aussagen und ihre theoretische Begründung. er „einigen Parteiführern“ ein „gestörtes Ver- die Breite kommen. Das schließt nicht aus, daß ich nicht allen hältnis zur SED und zur DDR, zur bisherigen Karl-Heinz Effenberger, Schwerin Gedanken zustimme. Vielen Freunden habe sozialistischen Revolution überhaupt“ vorwirft. ich die Zeitschrift empfohlen bzw. zum Lesen (...) Die Genossen, gegen die er (...) zu Felde Ich übermittle Euch meinen Antrag um Auf- gegeben. Das Echo darauf war meist positiv. zieht, gehörten immerhin zu denjenigen, die als nahme in den Förderverein. Nach 53 Jahren Bitte senden Sie den „RotFuchs“ auch an ... SDAJ- und DKP-Funktionäre in Situationen die Zugehörigkeit zu SED/PDS und einer linken Fa- Ursula Sonnenschmidt, Berlin SED und die DDR verteidigt haben, als dazu milientradition, die bis Bebel zurückgeht, habe mehr Courage gehörte als heute. (...) Man soll- ich mich Mitte 2002 von der PDS getrennt. Mein In meinem Artikel „Zu den Überflugrechten der te mit solchen Vorwürfen vorsichtiger sein. Das Gewissen war nicht länger zu belasten. (...) USA“ (RF Nr. 60) gab es eine redaktionelle bedeutet jedoch keineswegs, daß ich dem Ver- Dietmar Pfeiffer, Mieste Korrektur, die zu einem Mißverständnis führte. zicht auf eine Auseinandersetzung über strittige Es ging damals nicht um Willi Brandts frühere Fragen das Wort reden will. Sie ist unverzicht- bar, insbesondere unter Bedingungen, da wir (...) Ich bin inzwischen nicht mehr Mitglied der Tätigkeit für das OSS. Die war – zumindest in Umrissen – stets bekannt und wurde als Arbeit vor viele neue Herausforderungen gestellt PDS. Das hindert mich keineswegs daran, mit sind. Wir sollten dabei aber als Kommunisten den Genossen an der Basis Verbindung zu für die Antihitlerkoalition bewertet. Nein, die Rede war davon, daß Brandt – vom OSS schon miteinander streiten, keine Pappkameraden halten. Von fast jedem „RotFuchs“ versorge ich aufbauen, bei aller Unterschiedlichkeit der sie mit mir wichtig erscheinenden Artikeln. Bei im Mai 1944 als „intelligenter und ernsthafter Kenner der deutschen Szene, der nach dem Standpunkte solidarisch bleiben und uns nicht den Zusammenkünften vermittle ich wertvolle das Kommunistsein absprechen. (...) Informationen und Ergebnisse aus RF-Artikeln. Krieg sicher eine bedeutende Rolle spielen Schließlich geht es ja darum, daß wir Verän- wird“ charakterisiert, durch die OSS-Nachfol- Willi Gerns, Bremen derungen wollen, und das geht nur mit den gerin CIA übernommen wurde. Sie führte den Menschen an der Basis. (...) „jungen, aufstrebenden Politiker“, als er 1948 Bemerkung der Redaktion Brigitte Marx, Zörbig Sekretär des Westberliner SPD-Vorstands und damit auch zuständig für Operationen des Nach unserer Kenntnis wurden auch an drei „Ostbüros“ wurde. Victor Marchetti, zum Geg- oder vier Genossen aus dem Osten anläßlich Mit welchem Recht fordern „Reformlinke“ neue ner der „Company“ geworden, für die er lange des 30. Jahrestages der Neukonstituierung Mehrheiten in der PDS? Eine Entgegnung Jahre gearbeitet hatte, wurde Anfang 1973 von der DKP Ehrenurkunden ausgegeben. Das zum Artikel von Wolfgang Hübner dem ND zu einem USA-Bundesgericht verpflichtet, sein geschah auf einer Veranstaltung in Berlin-Bies- schicken, lohn nicht. Besser ist eine Antwort im Buch „CIA“ (deutsche Ausgabe, dva, Stuttgart dorf. Einer der Geehrten war der Genosse Kurt „RotFuchs“. Ich beziehe mich bewußt nur auf 1974) der CIA zur Zensur vorzulegen. Es kam Hager. Leute aus Sachsen-Anhalt, weil ich in diesem zu 140 Streichungen von verschiedener Länge, Land lebe und häufig anderer Meinung bin als die im Druck als leere Stellen gekennzeichnet Gerade kam der neue „RotFuchs“ an. Ich habe die in dem Beitrag zitierten Mitglieder der PDS. sind. Etwa zwei Seiten betreffen Brandt; von mir sofort einen Überblick verschafft. Gut, daß Dr. Petra Sitte hat unlängst verkündet, die Frak- ihm blieb nicht mal der Name, sondern nur Ihr den Aufsatz von Anton Ackermann bringt, tion werde im Landtag „seriöse“ Vorschläge das Bruchstück, „Jahre später wurde er zum der nur älteren Genossen bekannt sein dürfte. machen. Wie wäre es denn mit sozialistischen Oberbürgermeister von Westberlin gewählt“. Hoffentlich wird auch über das Schicksal des Angeboten? Leute, „die ein positives Lebens- (...) Nach dem Oktoberkrieg – und sogar über Beitrags und die Hintergründe dieses „Schick- gefühl in der BRD entwickelt haben“, hätten mit Brandts Sturz hinaus – wurden von USA- und sals“ berichtet. Da wird manche Legende der PDS ihre Schwierigkeiten. Das sei ein Man- BRD-Medien genau diese Fakten und man- Schaden erleiden, das hat ja tief in die SED gel. Ich kann mir gut vorstellen, daß Genossin ches mehr lanciert; bis hin zu dem privaten hineingewirkt. (...) Dr. Sitte als Fraktionsvorsitzende im Landtag Abendessen im Weißen Haus, bei dem Nixon Ich bin noch länger in der Partei als Genosse ein solches Gefühl entwickelt hat. Kein Wunder, 1971 Brandt mit seinem Führungsoffizier aus al- Pauligk. Von irgendeiner Art Ehrung, die er wenn doch an der Seite der SPD Regierungs- ten Frontstadtzeiten als Tischnachbar erfreute. vermißt, weiß ich nichts, will ich auch nichts gewalt winkt. Werner Hoppe, Hamburg wissen, ich bin nicht der Ehre wegen Mitglied Der Parlamentarische Geschäftsführer der dieser Partei. (...) PDS, Gen. Gallert, hat so seine Sorgen mit Die RF-Überschrift nach der Bundestagswahl Ich war nicht auf dem 16. Parteitag der DKP, war der Oppositionsrolle. Gegenüber der CDU und „Osten verhinderte Stoiber“ ... halte ich für Un- aber schockiert, als ich las, daß Brigitte Müller der FDP zwar nicht; aber mit der SPD werde es sinn. Ob Schröder oder Stoiber – wo ist da der (wir sind nicht immer einer Meinung, können es komplizierter, meinte er. (...) Der neue Landes- Unterschied? Bei Stoiber weiß ich (fast) ALLES aber doch ganz gut miteinander) nicht wieder vorsitzende der SPD, Herr Dr. Püchel, ist ein – und Schröder ...? Er ist ein verlogener, korrup- in den PV gewählt wurde. Ist das nicht genug ausgemachter und traditionsreicher Anti-PDS- ter Vasall des Kapitals, ... noch schlimmer als Anlaß, die Reife wenigstens von Teilen der Manager. Stoiber, weil er weiterhin das sozialdemokra- Delegierten zu bezweifeln? Oder daß so wenig Dr. Sitte und Gallert stimmen zumindest tische Mäntelchen heraushängt ... für Stamm- Genossen aus dem Osten in den PV gewählt in zwei Fragen überein: Kompromisse sind wähler und Unentschlossene. wurden. Und daß Leo Mayer (auch wir sind nötig. Das stelle ich nicht in Zweifel. Wenn es Arthur K. Führer, Bottrop nicht immer ein Kopf und ein Hintern) stimmen- jedoch Kompromisse sind, die die Handschrift mäßig abgestraft wurde, zeugt doch auch nicht der PDS nicht mehr erkennen lassen, werden In der Januar-Ausgabe erschien wieder eine davon, daß in unseren Reihen wirklich darum weder Wähler noch neue Mitglieder gewonnen. ganze Reihe von Beiträgen, die ich sehr gut fin- gerungen wird, unter einem gemeinsamen Für mich ist die Frage ganz ernst, ob eingeübte de. Geärgert habe ich mich über den Aufsatz Dach Meinungsverschiedenheiten auszuhal- Tolerierer fähig sind, gestaltende Opposition zu des Gen. Pauligk „Veteran oder nicht?“. Er kann ten und auszutragen, ohne jene zu „strafen“, verwirklichen. (...) so nicht stehen bleiben. Es trifft nicht zu, daß deren Meinung man nicht teilt. Krümel-Suchen Wolfgang Ahrens, Ballenstedt der PV der DKP an Genossen aus dem Westen hilft uns nicht beim Zusammenführen, Kritik ja, für 50jährige wo nötig, aber wirkliche Kritik, keine Kritikaste- Den Ausführungen von Wolfgang Clausner in Zugehörigkeit in der kommunistischen Be- rei. Dr. Robert Steigerwald, Eschborn seinem Beitrag „Die originäre Nachahmung“ wegung Ehrenurkunden ausgibt und die Ge- stimme ich als PDS-Mitglied voll zu. Im Zusam- nossen aus Ostdeutschland davon ausnimmt. Mit großer Aufmerksamkeit lese ich stets den menhang mit den Bemerkungen über Gesine Meiner Erinnerung nach hat es seit 1990 nur „RotFuchs“ und möchte dem Genossen Norbert Lötzsch beschäftigt mich (und wohl auch weite- einmal – aus Anlaß des 30. Jahrestages der Pauligk auf seinen Beitrag antworten. Selbst re Genossen) seit ihrem taz-Interview vom 30. 9. Neukonstituierung der DKP – Ehrenurkunden bin ich seit fast 55 Jahren Mitglied der KPD 02 noch eine andere Frage: Wer hat eigentlich gegeben, die an Genossinnen und Genossen und der DKP. Für meine 50jährige Mitglied- wen an der „Angel“ – Gesine Lötzsch den bri- ausgegeben wurden, die damals beim Aufbau schaft bekam ich bis heute keine Urkunde und tischen Botschafter oder dieser die PDS-Bun- der Partei eine besondere Rolle gespielt haben. glaube auch nicht, daß es dafür Urkunden gibt. destagsabgeordnete? Im o. g. Interview teilte Wie bei Genossen Pauligk ist auch bei mir, wie Meinen 70. Geburtstag „feierte“ ich auf dem G. L. nämlich mit, der britische Botschafter ge- bei zig anderen Genossen der älteren Genera- UZ-Pressefest im August 1999. Zu den Gratu- höre zu ihren beiden besten Freunden. Ist diese tion aus West und Ost, das 50jährige Parteiju- lanten zählten Hunderte von Kommunistinnen Frau so blauäugig oder hält sie uns für blöd? biläum von der Parteiführung nicht gewürdigt und Kommunisten in Dortmund. Besonders Jeder halbwegs Informierte weiß doch, daß in worden. Die Ursache dafür liegt schlicht und freute ich mich über die Glückwünsche von imperialistischen Botschaften stets mehrere einfach darin, daß es in Essen keine Perso- Heinz Keßler und Herbert Mies, die in unsere Geheimdienst-Mitarbeiter tätig sind, was dem naldaten für die Zeit vor der Konstituierung der fränkische Weinstube gekommen waren. Nur Botschafter natürlich bekannt ist. Auch aus DKP gibt. (...) vom PV gratulierte niemand, obwohl in der UZ diesem Grunde sollte die PDS die „Ratschläge“ Über die Frage, ob sich die DKP nach Osten drei Anzeigen standen: von meinem Sohn, vom von G. L. mit Vorsicht genießen. ausdehnen soll oder nicht, gab es im Partei- Kreis und vom Bezirk. (...) Nachträglich dem Interessant ist schließlich auch die Passage vorstand und darüber hinaus unterschiedliche Genossen Norbert Pauligk meine persönlichen des Interviews: „... habe regelmäßig mit US-Of- Meinungen. Manche Genossen glaubten im Wünsche zu seiner langjährigen Mitgliedschaft fizieren ... diskutiert.“ Was mögen das wohl für Ostaufbau den goldenen Weg für die Stärkung in der kommunistischen Bewegung – und dazu Leute gewesen sein? Ohne in Schwarz-Weiß- der DKP zu finden, andere waren der Ansicht, zähle ich auch die SED. Malerei zu verfallen: Man wird doch mal fragen daß es besser sei, nach dem tiefen Einbruch Erich Schreier, DKP-Kreisvorsitzender dürfen ... Horst Jäkel, Potsdam zunächst alle Anstrengungen darauf zu rich- Nürnberger Land Seite 30 ROTFUCHS / Februar 2003 ROTFUCHS / Februar 2003 Seite 31

Die Tatsachen sprechen leider eine andere geschickt“ agieren lassen? Warum konnte die Massenverbundenheit anerkannte und beliebte Sprache, als sie Prof. H. H. Holz in seinem Le- Annexion (in dieser Bewertung stimme ich G. F. stellvertretende Sekretär unserer Grundorgani- serbrief im Januar-RF zugrunde legt. Tatsache völlig zu!) überhaupt gelingen? Antwort: Weil sation im Interesse des Ansehens unserer Par- ist, daß die Mehrheit der Delegierten des 16. wir psychologisch auf der ganzen Linie versagt tei vorschlug, nur noch Bewerber aufzunehmen, DKP-Parteitags eine stärkere Repräsentation haben! (...) die im täglichen Leben durch Vorbildlichkeit in der ostdeutschen Genossen im Parteivorstand Peter Franz, ev.-luth. Theologe, Weimar Arbeit und Verhalten nachgewiesen haben, wür- verhindert hat. Ich bin der Meinung, daß es dig zu sein, Mitglied der SED zu werden, wurde nicht nur unserer marxistisch-leninistischen Endlich, nach Jahren der Heimatlosigkeit, wie- er prompt vom Parteisekretär zurückgepfiffen. Überzeugung entspricht, den Weg des Klas- der vertraute Worte und das Empfinden, nicht Bei Realisierung dieses Vorschlags wäre die senkampfes gemeinsam zu gehen. Es ist mehr allein zu sein. Die meisten Beiträge sind Aufnahmequote nicht mehr erfüllt worden. (...) einfach auch ein Gebot menschlicher Vernunft, uns aus dem Herzen gesprochen und wir iden- Übrigens: Der Anschluß der DDR an die BRD wenn wir gegen die imperialistische Barbarei tifizieren uns mit dem Inhalt. Wir möchten auf war noch nicht vollzogen, da hatte unser „teurer ankämpfen wollen. Es ist m. E. nicht zutreffend, den „RotFuchs“ auf keinen Fall mehr verzichten Genosse H.“ bereits die Fronten gewechselt und wenn Gen. Holz meint, viele DDR-Kommuni- und überwiesen erst einmal 30 Euro. Wir ziehen in tiefstem Feindesland, in Fürth, bei Quelle, sei- sten seien ratlos, wo sie sich politisch einbrin- auch in Betracht, Mitglieder des „RotFuchs“-För- ner „Überzeugung“ abgeschworen. (...) gen sollten. Man muß vielmehr feststellen: Sie dervereins e. V. zu werden, verbinden damit aber Henry Marquardt, Pasewalk werden bestimmt nicht in einer Partei ihre politi- einmal, daß die Mitgliedschaft nicht nur auf das sche Heimat suchen und finden, deren Führung Lesen der Zeitschrift bezogen bleibt, sondern Der Landesparteitag der PDS Mecklenburg- sie im Grunde genommen ignoriert. Ist es nicht evtl. auch Kontakte zu Gleichgesinnten in nicht Vorpommern hat am 2. 11. 2002 beschlossen: die Aufgabe einer Partei wie der DKP, Zeichen so weiter Entfernung möglich sind. Andererseits „Im Falle des Bruchs der Wahlversprechen des zu setzen, daß auch Kommunisten aus dem wäre, da wir beide Mitglieder werden würden, ein Bundeskanzlers und der Bundesregierung, Osten mit all ihren Erfahrungen in ihr willkom- Beitrag von 60 Euro für uns schwer möglich. weder an einem Krieg des amerikanischen Prä- men sind? Diese Zeichen aber hat die Mehrheit Käte und Siegfried Hess, Eilenburg sidenten George W. Bush gegen Irak teilzuneh- der Delegierten des 16. Parteitags auch dies- men noch ihn in einem solchen Fall logistisch zu mal nicht gesetzt. Wenn sich die große Masse B e m e r k u n g : unterstützen, legen die gewählten Minister der der westdeutschen Kommunisten glücklich PDS sofort ihre Ämter nieder. Eine außerordent- schätzen würde, mit ihren ostdeutschen Ge- Wir machen auf die Möglichkeit eines ermäßig- liche Tagung des Landesparteitags berät über nossen Seite an Seite zu kämpfen, dann müßte ten Beitrags aufmerksam. die Fortführung der Koalition.“ sie sich ernsthaft Gedanken darüber machen, Ein guter Beschluß, wird er aber auch realisiert wer die Leute sind, die dieses Miteinander ver- Besten Dank für die Übersendung der letzten werden? Und: Was macht die Berliner Koalition hindern. Jürgen Thiele, Berlin Ausgaben des RF. Erster Eindruck: gut redigiert. dann? Was passiert, wenn der Krieg mit dem Inhaltlich gefällt mir vieles. Was mir weniger Mandat einer von den USA kontrollierten UNO- K o r r e k t u r zusagt, ist die zuweilen übertrieben verträumte Mehrheit stattfindet? (...) DDR-Nostalgie. Es war vieles unvergleichlich Am 4. Dezember 2003 jährt sich zum 60. Mal der Durch ein Versehen unserer Leserbriefredak- besser als im heutigen Verbrecherstaat, aber schwerste Terrorangriff angloamerikanischer tion wurde in der Nr. 60 die Zuschrift eines es war eben nicht alles o. k. und nicht alles Gold, Bomber auf die Stadt Leipzig. Ich habe ihn als Genossen „Helmut Schmidt“ abgedruckt. Der was da im RF glänzt. Kind erlebt und überlebt. In einem Schulauf- Absender aber war Kapitän zur See i. R. Helmut Fritz Schröder, Königs Wusterhausen satz Ende der 40er Jahre schrieb ich: „Wenn Schmidl aus Stralsund. ich durch die von Bomben fast völlig zerstörte Es wird wohl nicht mehr lange dauern, und dann Gerberstraße gehe, sehe ich, wie die Ruinen Ich finde es nicht gut, wenn wir uns als Sozia- werden wieder alle Nachrichten der Zensur ihre Mauerreste wie Arme emporstrecken und listen bei der Bewertung historischer Vorgänge unterliegen. Bei uns in Bayern gehen die Uhren schreien: Nie wieder Krieg! ...“ der DDR-Geschichte nicht von bestimmten sowieso anders, aber das macht mir nichts aus. Günter Werzlau, Taucha Rechtfertigungsformeln und von einer gewis- Solange es möglich ist, werde ich den „Rot- sen holzschnittartigen Sprache lösen können, Fuchs“ lesen, wenn ich ihn bekomme. (...) Alle aufrechten Verfechter linker Politik neh- die die vom SED-Politbüro gesteuerten Me- Johann Uhink, Harburg men mit Sorge zur Kenntnis, daß dieser Staat dien einst an den Tag legten. Dabei bestreite von Tag zu Tag zu einem immer aggressiver ich keinesfalls, was Gottfried Fleischhammer Wenn man Bilanz zieht kann man der Zeitung werdenden Monster verkommt. (...) Polizei und über die sicherheitspolitischen Gründe und für die bewältigten fünf Jahre nur ein Lob aus- Justiz schützen die Nazi-Aufmärsche. (...) die militärischen Aspekte der Grenzsicherung sprechen. Ihr Inhalt widerspiegelt – auch im Ich frage mich: Warum finden wir nicht die Basis von 1961 darlegte. Doch dann formulierte er einzelnen – die Meinung der Kommunisten, So- für ein gemeinsames Vorgehen, um die SPD- in seinem Beitrag den lapidaren Satz: „Das zialisten und klassenbewußten Menschen. Auch geführte Regierung der BRD dazu zu drängen, allein war der Hintergrund für die Errichtung der in der Nr. 60 waren die Positionen aller Beiträge das unsägliche KPD-Verbot von 1956 endlich Grenzsicherungsanlagen gegenüber der BRD wieder sehr klar. Gerade die Parteigeschichte aufzuheben? Daran wird sich messen lassen, und Berlin (West).“ In seinem deswegen – leider der SED wird – je mehr Zeit vergangen ist – in ob die deutsche Sozialdemokratie aus ihrer – nur halbrichtigen Beitrag fehlt jeglicher Hinweis ihrer ganzen Bedeutung immer erkennbarer. Für direkten Teilnahme am Kalten Krieg im geteilten darauf, daß die DDR seit ihrem Bestehen mit manche Leser umfaßt sie den größten Teil ihres Deutschland ihre Lehren gezogen hat. (...) einer Flucht- und Abwanderungsbewegung zu Lebens. Auch ich begehe 2004 mein 50. Par- Heinz-Joachim Maaßberg, Magdeburg kämpfen hatte, die ihr unermeßlichen Schaden teijubiläum. Ich bereue nicht einen einzigen Tag zufügte und als einer der Faktoren abgesehen meines Handelns im Interesse der einfachen Georg Gafron, Chefredakteur der BZ, meint werden muß, die zum Scheitern dieses Staates Menschen. Trotz mancher Fehler, die begangen in seinem Kommentar vom 2. 1. 03, daß wir beitrugen. Zwischen zweieinhalb und drei- wurden, war die Zeit zwischen 1945 und 1989 für (Arbeiter, Angestellte, Rentner, Arbeitslose) einhalb Millionen Bürgern verließen im Laufe uns im Osten eine interessante und lebendige über unsere Verhältnisse lebten. Wir hätten nur der Jahre das Land! Das Ausbluten der DDR Periode der Geschichte. (...) Angst um unseren Wohlstand und seien unfä- erzeugte einen möglicherweise größeren Scha- Unlängst fragte eine hiesige Lehrerin eine hig, einen angeblich notwendigen Waffengang den als alle Embargo-Maßnahmen, Sabotage- Berufskollegin aus Finnland, was denn dort in Irak richtig einzuordnen. Gafron vergleicht akte und politischen Fallen, die der westdeut- Besonderes getan worden sei, um bei der PISA- Saddam Hussein mit Hitler, der auch nur mit sche Imperialismus gegen uns veranstaltete. Studie den Spitzenplatz zu erringen. „Was heißt kriegerischen Mitteln zu bezwingen gewesen Zumindest darf man wohl die Berücksichtigung hier PISA?“, antwortete die Finnin. „Wir haben sei. Er will die Leser auf Halbwahrheiten ablen- dieser Tatsache zu jenem „Hintergrund“ rech- doch nur vieles aus dem Schulsystem der DDR ken. Man muß immerhin zur Kenntnis nehmen, nen, der die damaligen Entscheidungsträger bei übernommen. daß Saddam Hussein – wie er auch zu bewerten der Planung und Durchführung dieser Aktion Günter Bauch, Fraureuth sein mag, und sicher ist er ein Diktator – bisher bewegte – auch wenn davon bei den öffentlich alles getan hat, um einen Krieg zu verhindern (im geäußerten Begründungen für den „Mauerbau“ Seit geraumer Zeit verfolge ich die Beiträge des Gegensatz zu Hitler!), indem er die USA- Waf- nicht die Rede war. „RotFuchs“, den mir ein Freund zur Verfügung feninspektoren ins Land ließ und ihnen umfas- Gegen Ende seines Beitrags kommt G. F. dann stellt. Es ist heutzutage wichtig, die Ursachen für sende Kontrollmöglichkeiten einräumte. Doch doch noch auf die Frage der „Durchlässigkeit“ die gesellschaftlichen Entwicklungen (Verwer- Bush und seine Hintermänner wollen um keinen dieser Grenze zu sprechen, die er jedoch fungen) zu benennen und sie vielen Menschen Preis vom Krieg ablassen. Sie handeln ganz nur als zurückzuweisende Bestrebung des bewußt zu machen, weil dem „gemeinen Volk“ in nach dem Ausspruch Hitlers kurz vor Beginn politischen Gegners einzuordnen vermag. Die Zeitungen wie BILD schon mit der Überschrift des Zweiten Weltkrieges: „Hoffentlich kommt Entsprechung zu dieser Tatsache auf unserer das Denken abgenommen wird. Hier bedient nicht in letzter Minute so ein Schweinehund und Seite beschreibt er als „verständlichen Wunsch man nur Emotionen. Deshalb sollten alle „Rot- bietet mir den Frieden an.“ Wenn auch nicht al- vieler Menschen in der DDR, mehr Reisemög- Fuchs“-Leser die Möglichkeit der Veröffentli- les im Detail übereinstimmt, weist die Politik von lichkeiten zu erhalten“. Und das sei von der BRD chung ihrer Zuschriften in der lokalen Presse Hitler und von Bush, obwohl etliche Jahrzehnte „psychologisch geschickt ausgenutzt“ worden. nutzen und den Menschen die Augen öffnen! dazwischen liegen, manche Ähnlichkeiten auf. Diese m. E. unnötige Reverenz gegenüber dem Natürlich nicht nach dem Motto: Die Konterre- Joachim Kaschig, Berlin-Reinickendorf Erfolg der gegnerischen Tätigkeit umschreibt volution ist an allem schuld. (...) Ein ehemaliger Leider konnten wir nicht alle Leserbriefe veröf- wolkig unser eigenes Versagen und verdrängt „Hoffnungssträger“ Gorbatschow hätte keine fentlichen. Wir versuchen das nachzuholen. Für gänzlich unzulässig, was wir uns als DDR-So- Chance gehabt, wenn das System stabil gewe- stärkere Kürzungen bitten wir um Verständnis. zialisten vorzuhalten haben: Warum haben sen wäre. (...) Ein Beispiel: Als der von der Par- Möglichst viele Leser sollten zu Wort kommen. wir eigentlich den Gegner so „psychologisch teibasis wegen seiner progressiven Kritik und Die Redaktion Seite 32 ROTFUCHS / Februar 2003

Wir freuen uns auf Gerhard Bengsch. Der bekannte Drehbuchautor (u. a. „Krupp und Krause“) und Erzähler liest und debattiert am Freitag, dem 21. März 2003, um 16.30 Uhr, in der OT UCHS Begegnungsstätte R F der Volkssolidarität, T RIBÜNE FÜR K OMMUNISTEN UND SOZIALISTEN IN DEUTSCHLAND Torstraße 203-205, auf einer Veranstaltung der Regionalgruppe Berlin des RF-Fördervereins. Stuhlgeld: 1 Euro

Schon jetzt kündigen wir den namhaften Historiker Dr. Norbert Podewin an. Er wird am 25. April 2003 am gleichen Ort und zur gleichen Zeit unser Gast sein und zu dem Thema sprechen: Wie stand die SPD 1946 zur Arbeitereinheit?

In eigener Sache In den letzten Monaten hat sich die Zahl der Leser unserer Zeitung beträchtlich erhöht. Das spricht für die inhaltliche Qualität und die wachsende Akzeptanz der politischen Linie des RF, der für viele Kommunisten und Sozialisten mit und ohne Parteibuch nicht nur eine wichtige Informationsquelle, sondern auch ein verläßli- cher Kompaß geworden ist. Wir wenden uns an alle, die im Kampf gegen den Imperialismus stehen – an die Jungen wie an die Alten. Der „RotFuchs“ gehört in die Hände klassenbewußter Arbeiter. Wir wollen jene Menschen erreichen, die sich aus Enttäuschung über die Situation nach der Niederlage und die Zersplitterung der deutschen Linken vorüber- gehend zurückgezogen haben, aber deshalb nicht verloren sind. Täglich erleben wir, daß sich Genossen bei uns melden, die durch „Mundpropaganda“ vom „RotFuchs“ erfahren haben. Sie bringen in den meisten Fällen ihre Freude über die Herausgabe einer solchen Zeitung zum Ausdruck. Da es in der gegenwärtigen politischen Situation mehr denn je darauf ankommt, die vorhandenen Kräfte auf marxistischer Grundlage zu sammeln, bitten wir unsere Leser, sich aktiv dafür einzusetzen, neue Bezieher der Zeitung und Mitglieder für „Wenn wir schon nicht direkt mitmachen, können wir uns den Förderverein zu gewinnen. Jeder sollte prüfen, ob es in seinem Umfeld Genossen und Freunde gibt, die Interesse an unserer Zeitung doch wenigstens anhängen!“ haben könnten. Bestellungen werden prompt berücksichtigt. Auf den Schneeballeffekt kommt es an. DAS KOLLEKTIV DES VERTRIEBS

IMPRESSUM Gegründet im Februar 1998 Autorenkreis: Dieter Itzerott Künstlerische Mitarbeit: als Zeitung der Gruppe Berlin-Nordost Dr. Matin Baraki Gerda Klabuhn Arno Fleischer der Deutschen Kommunistischen Partei Rolf Berthold Prof. Dr. Eike Kopf (Peking) Heinz Herresbach Herausgeber: Isolda Bohler (Valencia) Dr. Hans-Dieter Krüger SHAHAR RotFuchs-Förderverein e. V. Dr. Vera Butler (Melbourne) Wolfgang Metzger Internet-Redakteurin: Wolfgang Clausner Iris Rudolph Chefredakteur: Dr. Klaus Steiniger (V.i.S.d.P.) Dr. Annemarie Mühlefeldt Dr. sc. Gerhard Feldbauer Frank Mühlefeldt Webmaster der Vereinsseite: Teterower Ring 37, 12619 Berlin, Bernd Fischer Dr. Hartwig Strohschein Tel. 030/561 34 04, Fax 030/56 49 39 65 Sokrates Papadopoulos (Thessaloniki) Walter Florath Dr. Norbert Pauligk Versand und Vertrieb: (Redaktionsadresse, an die bitte auch alle Peter Franz Armin Neumann Post zu richten ist) Günter Freyer Rainer Rupp Fritz Teppich Salvador-Allende-Straße 35 Layout: Egon Schansker Dr. sc. Kurt Gossweiler 12559 Berlin Dr. Ernst Heinz Herbert Thomas Herstellung: Druckerei Bunter Hund Hans-Dieter Hesse Dr.-Ing. Peter Tichauer Telefon 030/654 56 34 Internet: www.rotfuchs.net Werner Hoppe Stefan Warynski, (Warschau) [email protected] Marianne Ahrens E-Mail-Adresse: [email protected] Konto für Spenden und Beiträge: W. Metzger / RotFuchs Sonja Brendel, Bruni Büdler, Redaktionsschluß ist der 5. eines Monats. Berliner Sparkasse (BLZ 100 500 00), Konto-Nr. 220 160 759 Bernd Koletzki Die Mitarbeit weiterer Autoren ist erwünscht. Die in namentlich gezeichneten Beiträgen zum Ausdruck gebrachten Auffassungen müssen nicht immer mit denen der Redaktion übereinstimmen.