Franz Schubert · Der Einsame D 800 · Annette Dasch · Am 18.03.2009 Richard Beaudoin · Nach-Fragen Die glückliche Zeit · Mittelpunkt Der See · · Wie sollten wir geheim sie halten Ach Lieb, ich muss nun scheiden Säusle, liebe Myrthe · Ruhe, meine Seele · So klingt nur Dortmund.

2,50 E

KONZERTHAUS DORTMUND · Mittwoch, 18.03.2009 · 19.00

Dauer: ca. 1 Stunde 50 Minuten inklusive Pause

Annette Dasch Sopran

Wolfram Rieger Klavier

Abo: Solisten III – »Junge Wilde«

In unserem Haus hören Sie auf allen Plätzen gleich gut – leider auch Husten, Niesen und Handy- klingeln. Ebenfalls aus Rücksicht auf die Künstler bitten wir Sie, von Bild- und Tonaufnahmen während der Vorstellung abzusehen. Wir danken für Ihr Verständnis! 4I5 Franz Schubert (1797 – 1828) Richard Strauss (1864 – 1949) ›Der Einsame‹ D 800 Aus: »Acht Gedichte aus ›Letzte Blätter‹ von Hermann von Gilm ›Der Blumen Schmerz‹ D 731 für eine Singstimme mit Pianofortebegleitung« op. 10 ›Bei dir allein!‹ D 866 ›Die Georgine‹ ›Im Freien‹ D 880 Aus: »Sechs Lieder für eine Singstimme mit Klavierbegleitung« op. 56 ›Am Fenster‹ D 878 ›Mit deinen blauen Augen‹ ›Rastlose Liebe‹ D 138 Aus: »Sechs Lieder für hohe Stimme mit Pianofortebegleitung« op. 37 ›Glückes genug‹ Richard Beaudoin (geb. 1975) Aus: »Schlichte Weisen – Fünf Gedichte von Felix Dahn »Nach-Fragen« (Annette Dasch gewidmet) für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte« op. 21 Gesangszyklus nach Christa Wolf ›Ach Lieb, ich muss nun scheiden‹ Uraufführung Aus: »Acht Gedichte aus ›Letzte Blätter‹ von Hermann von Gilm ›Prolog‹ für eine Singstimme mit Pianofortebegleitung« op. 10 ›Die glückliche Zeit‹ ›Geduld‹ ›Jedermann war gezwungen‹ Aus: »Sechs Lieder aus ›Lotosblätter‹ von Adolf Friedrich Graf von Schack, ›Die Frage ist fertig‹ für eine Singstimme mit Klavierbegleitung« op. 19 ›Der See‹ ›Wie sollten wir geheim sie halten‹ ›‹ (Klavier solo) Aus: »Sechs Lieder nach Gedichten von Clemens Brentano ›Falsche Anteilnahme und falsche Teilnahmslosigkeit‹ für eine Singstimme und Klavier« op. 68 ›Wäre es möglich?‹ ›Säusle, liebe Myrthe!‹ ›Mittelpunkt‹ Aus: »Fünf Lieder nach Gedichten von Otto Julius Bierbaum und Karl ›Die Zukunft‹ Henckell für eine Singstimme mit Klavierbegleitung« op. 48 ›Vertrautes Blau‹ ›‹ ›Intermezzo – Double‹ (Klavier solo) Aus: »Sechs Lieder von Adolf Friedrich Graf von Schack ›Eine Erfahrung‹ für eine hohe Singstimme mit Begleitung des Pianoforte« op. 17 ›Das Nahsein‹ ›Ständchen‹ ›Wir wollen Abschied nehmen unter diesem Baum‹ Aus: »Vier Lieder für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte« op. 27 ›Der Himmel‹ ›Ruhe, meine Seele‹ ›Epilog‹ ›

– Pause – Einführung mit Ulrich Schardt um 18.15 Uhr im Komponistenfoyer Nach dem Konzert: »meet the artist!« im Saal – Präsentation der neuen Staffel »Junge Wilde«

6I7 Programm 8I9 Kurz vor dem Konzert Wiener Konzerthaus aufgeführt. Neben Annette Dasch hat auch einer der weltweit führenden lyrischen Tenöre, Joseph Kaiser, Werke des Komponisten in sein Repertoire aufgenommen. Im Die Uraufführung eines Liederzyklus des Amerikaners Richard Beaudoin, der Textmaterial von April 2008 ist Beaudoins Kammeroper »Himmelfahrt«, basierend auf Texten von Heinrich Heine, Christa Wolf aus deren Roman »Nachdenken über Christa T.« zu einem 17-teiligen Werk vertont am Staatstheater Kassel aufgeführt worden. hat, steht im Mittelpunkt des heutigen Abends. Eingefasst wird dieser Zyklus von Liedern zweier Über den Kompositionsprozess im Allgemeinen und zu seinem Werk »Nach-Fragen« hat Richard Klassiker des Kunstliedes: Franz Schubert und Richard Strauss schaffen mit ihren Liedern den Beaudoin ein Essay verfasst. Er schreibt: mehr als würdigen Rahmen für die Uraufführung. »Klang ist mysteriös. Musik selbst ist eine Frage. Komponisten leben mit der Unsicherheit. [...] Aber was tut der Komponist eigentlich, wenn er Musik schreibt? Physisch, metaphysisch, sozial, psychologisch, praktisch? Schon diese Frage ist mysteriös, sogar für Komponisten. [...] Einige Atmosphäre stiften Franz Schubert Lieder Philosophen in der Tradition Platons meinen, dass Kunstwerke nicht ›gemacht‹ werden, sie wer- 5743den Anz_12_Tenoere_sw ›entdeckt‹. Sie würden sagen: 01.09.2005 ›Schubert hat die 12:34 »« Uhr nicht Seite geschaffen. 1 Sie existier- In warmer Mezzo-Lage eröffnet ›Der Einsame‹ das Konzertprogramm. Die klopfende Klavierbe- gleitung im »Wanderer-Stil« schafft das Fundament für die sinnierend-ausgeglichene Stimmung der Textvorlage. ›Bei dir allein!‹ ist ein sehnsuchtsvoll-schwärmerisches Lied mit bewegter Melodie, fast schon unruhig anmutend. ›Am Fenster‹ lebt von den vielen Moll-Vorhalten, der versunken anmutenden Begleitung, ehe Schubert das Lied »in Bewegung setzt«, um es schluss­ endlich wieder zur Ruhe zu führen. ›Rastlose Liebe‹ lebt von einer dramatisch aufgeladenen Atmosphäre, die Schubert mit der basslastigen Begleitung und der spannungsreichen Melodie­ führung erreicht.

Inspiriert von Christa Wolf und Annette Dasch Richard Beaudoin »Nach-Fragen« (Annette Dasch gewidmet) Gesangszyklus nach Christa Wolf

Richard Beaudoin ist ein amerikanischer Komponist, geboren in North Attleboro, Massachusetts. Die 12 Tenöre Er hat Komposition und Musiktheorie in den USA an der Brandeis University und am Amherst College sowie an der Royal Academy of Music in London studiert. Für seine Kompositionen hat er bereits verschiedene Auszeichnungen erhalten, so den »Ira Gershwin Prize« in Brandeis, den »Eric Edward Sundquist Award« am Amherst College und den »Theodore Holland Award« an der Royal Academy of Music. Derzeit lehrt Richard Beaudoin an der Harvard University. Werke des Komponisten sind bereits in der Royal Festival Hall in London, in der Weill Recital Hall in New York und in der Christ Church Cathedral der Oxford University zur Aufführung gelangt. BMW Niederlassung Seine am heutigen Abend zur Uraufführung kommende Komposition »Nach-Fragen« wird von Dortmund Annette Dasch und Wolfram Rieger in den nächsten Tagen im Concertgebouw Amsterdam und im Nortkirchenstraße 111 · 44263 Dortmund Tel. 0231 9506-0 · www.bmw-dortmund.de www.bmw- dortmund.de Freude am Fahren

10 I11 Werke te die ganze Zeit und Schubert entdeckte sie.‹ Diese Denkweise ist problematisch, aber sie er- klärt folgendes Phänomen: Ist die Logik eines Werks einmal klar, schreibt sich das Werk selbst, und der Komponist hat das Gefühl, dass er gerade mit den Ereignissen Schritt hält, die sich mit Da klingt Recht gut. eigenem Willen entwickeln. Dr. Eberhard Jaeger, Notar a.D.15 I Dr. Hans Dieter Meißner, Notar1 Es macht keinen Sinn, hier den Inhalt von Christa Wolfs Roman ›Nachdenken über Christa T.‹ Jochen Spieker, Notar I Dirk Holtermann, Notar I Lutz Duvernell, Notar1 wiederzugeben. Es ist ein großartiges Werk und besteht unabhängig von ›Nach-Fragen‹. Ich habe 6/10 2 Hans Dieckhöfer, Notar I Dr. Christian Tilse, Notar I Dr. Jochen Wolfs Worte entlehnt, um eine eigene Erzählung zu schaffen – eine Reflexion über die Zeit und Berninghaus, WP, StB1 I Hans-Jürgen Palm, Notar2 I Dr. Detlef Götz, Notar Anja Berninghaus, Notarin4 I Markus Sträter, Notar3/7 I Dr. Achim Herbertz11 das Menschsein. Manfred Ehlers1/2 I Dr. Carsten Jaeger, Notar8 I Guido Schwartz7 I Frank ›Nachdenken über Christa T.‹ ist in vielerlei Hinsicht ein Buch der Fragen. Es erinnert mich an Stiewe1/9 I Dr. Tido Park1/5 I Dr. Thorsten Mätzig1 I Dr. Erhard Schrameyer Pablo Nerudas posthume Sammlung ›Libro de Preguntas‹, die Inspiration für mein frühes Klavier- Rainer Beckschewe4 I Dr. Steffen P. Lorscheider8 I Dr. Robert Jung I Regine werk ›Qui Tollis‹. Musik regt Fragen an, besonders weil Klänge keine exakte Bedeutung haben. Holtermann I Tobias Eggers I Oliver Tarvenkorn12/13/14 I Dirk Venschott12/14 Wolfs Schreibstil hat eine ganz besondere ›Temperatur‹. Er ist nie zu kalt und auch nie zu heiß. 1auch Fachanwalt für Steuerrecht, 2auch Fachanwalt für Arbeitsrecht, 3auch Fachanwalt für Verwaltungs- Ihre Worte sind sorgfältig gewählt und poetisch; sie sind nie gekünstelt oder gezwungen. Ich recht, 4auch Fachanwalt für Familienrecht, 5auch Fachanwalt für Strafrecht, 6auch Fachanwalt für Erbrecht, 7auch Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, 8auch Fachanwalt für Handels- und wollte Musik komponieren, die zu dieser besonderen ›Temperatur‹ passte. Ich wollte einen ›Chris- Gesellschaftsrecht, 9auch Fachanwalt für Versicherungsrecht, 10Fachanwalt für Bank- und Kapital- ta-Klang‹ erzielen. marktrecht, 11 Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, 12 Patentanwalt, 13European Patent Attorney, 14 European Trademark and Design Attorney, 15 Partner bis 2008 ›Nachdenken über Christa T.‹ wird oft als ein Buch über den Stand von Individuen – besonders von Frauen – im Sozialismus verstanden. Meiner Meinung nach kann man es auch als Kritik am Kapitalismus verstehen. Wolfs Fragen lassen sich auf beide Ideologien übertragen: ›Lebst du jetzt, wirklich? In diesem Augenblick, ganz und gar? Wann, wenn nicht jetzt?‹ Letztendlich denke ich, sowohl bei ›Nachdenken...‹ als auch bei ›Nach-Fragen‹ geht es um eine persönliche psychologische Selbstbefragung vor menschlichem und politischem Hintergrund. Ich werde hier nicht über jedes einzelne Lied oder die Bedeutung meines Werks sprechen. Einzelne Stellen in der Partitur herauszugreifen würde den Zuhörer unweigerlich ablenken und Spieker & Jaeger I [email protected] I www.spieker-jaeger.de den Sinn für das Ganze zerstören. Ich werde allerdings etwas zur Form sagen. Rechtsanwälte I Patentanwälte I Partnerschaftsgesellschaft I Notare ›Nach-Fragen‹ gliedert sich in drei Teile, von denen jeder aus fünf Liedern besteht. Den zweiten Kronenburgallee 5 I 44139 Dortmund I Telefon +49 231 9 58 58 - 0 Teil umschließen zwei Intermezzi für Piano solo, die eine dreiteilige Form haben. Das Stück hat Hafenweg 14 I 48155 Münster I Telefon +49 251 53 40 10 - 0 symmetrische Aspekte, wie die drei Vertonungen, die sich auf Wolfs Epigraph als ›Prolog‹, ›Mittel- punkt‹ und ›Epilog‹ beziehen. Es birgt ebenso asymmetrische Aspekte, wie die Entwicklungslinie von den Ideen der Jugend (die Vergangenheit, Teil I) über Fragen der Existenz (die Gegenwart, Teil II) zu Gedanken über den Tod (die Zukunft, Teil III). Da der Text von ›Nach-Fragen‹ fast vollständig aus Prosa besteht statt Lyrik im traditionellen staadenvonboxberg.de Sinne, musste ich neue Wege finden, Gesangs- und Klavierlinien zu komponieren und die Form jedes Liedes zu organisieren. Was mit mir während der Arbeit an diesem Stück geschah, ist viel- leicht zu vergleichen mit Weberns Schwierigkeiten bei seinen ›Sechs Liedern nach Gedichten von

Werke

S&J 2009-11 Konzerthaus-DO L1.indd 1 18.02.2009 14:32:23 Uhr Sony Anz Dasch Dortmund kor 24.02.2009 10:55 Uhr Seite 1

Georg Trakl op. 14‹ (1917 – 1921) oder vielleicht mit Ravel in seinen ›Trois poèmes de Stéphane Mallarmé‹ (1913). Bei diesen Beispielen beeinflusste der Text den kompositorischen Ansatz und führte den Komponisten in eine neue Richtung. Um die deutsche Prosa angemessen umzusetzen studierte ich den Rhythmus des gesprochenen Worts sehr genau, und in den meisten Fällen ver- suchte ich, seine natürliche Flexibilität zu bewahren. In diesem Bestreben hörte ich mir Tonaufnah- men mit Lesungen der Passagen an, die mein Kollege und Freund Christian Rogowski, Germanistik- Professor und Forscher u. a. zu Robert Musil und Siegfried Kracauer, für mich angefertigt hatte. Zu den drei ›Nachs‹: Ich muss ein paar Dinge über drei Lieder sagen, die womöglich in die Kritik geraten. Nr. 5 »Der See«, Nr. 11 »Vertrautes Blau« und Nr. 13 »Eine Erfahrung« sind allesamt Nach-Bilder früherer Werke aus dem 18., 19. und 20. Jahrhundert. »Der See« – nach Schubert D 216 – ist die Nach-Deutung der großen Goethe-Vertonung »Meeres Stille« und beschreibt Wolfs nautische Landschaft. »Vertrautes Blau« – nach Bach BWV 858 – ist ein Lied über die Farbe Blau, das an das Fis-Dur-Präludium aus »Das Wohltemperierte Klavier« Teil I angelehnt ist. »Eine Erfah- rung« – nach Janácek JW 5/12/IV – bezieht sich auf ein Lied aus dem großartigen ›Tagebuch eines Verschollenen‹. In all diesen Fällen habe ich (frei umschrieben) die Vorlagen ›transdialek- tisiert‹, das heißt in meiner eigenen Sprache ausgedrückt. Für diejenigen, die diese Praxis für respektlos gegenüber den großen Meistern halten, beziehe ich mich auf einen Ausspruch Stra- winskys: ›Sie respektieren, aber ich liebe.‹ Ich begann mit der Komposition von ›Nach-Fragen‹ im Juni 2007 in Cassis, Frankreich, im Studio La Leque der ›Camargo Foundation‹; die meisten der Lieder entstanden im Sommer und Herbst 2008 an der Harvard University in Cambridge, Massachusetts. Das Stück gründet sich auf Annettes musikalischen Nachnamen: D-A-S-C-H. mozart-arien Was tut ein Komponist, wenn er Musik schreibt? Diese Worte waren unter den ersten, die ich mit der akademie zu Annette Dasch sagte, als wir uns am 22. Juni 2007 begegneten. Dieselbe Frage könnte man für alte musik berlin, marc piollet allen Künstlern stellen. Was tut Annette oder was hofft sie zu tun, wenn sie singt? Das fragte ich sie. Ihre Antwort war sehr einfach: Sie schickte mir Christa Wolfs Buch und bat mich, ihr ein „Annette Dasch überzeugt auf allen Musikstück zu schreiben.« Ebenen als Mozart-Sängerin: sowohl gesangstechnisch als auch im Hinblick Richard Beaudoin führt in diesem Essay über die Komposition von »Nach-Fragen« abschlie- auf ihre Ausdruckskraft und ihr ßend ein Zitat des französischen Lyrikers und Philosophen Paul Valéry an: dramatisches Gespür.“ (NDR Kultur) »Un poème, comme un morceau de musique, n’offre en soi qu’un texte, qui n’est rigoureuse- ment qu’une sorte de recette; le cuisiner qui l’exécute a un rôle essentiel. Parler d’un poème en soi, juger un poème en soi, cela n’a point de sens réel et précis. C’est parler d’une chose possib-

*88697334512 le. Le poème est une abstraction, une écriture qui attend, une loi qui ne vit que sur quelque bouche humaine, et cette bouche est ce qu’elle est.« die schönsten armida-arien von gluck, händel, jommelli & haydn „Ihrer Höhe entlockt sie im Piano sinnliche Töne, die gleichzeitig erlesen und voll klingen.“ (Das Opernglas) Echo Klassik 2008: Operneinspielung des Jahres 88697100592

*Eine Koproduktion mit Werke www.annettedasch.de · www.akamus.de · www.sonyclassical.de »Ein Gedicht, wie auch ein Musikstück, bietet nicht mehr als einen Text, der genau genommen die Bodenhaftung, bildet aber umso mehr eine emphatische Linie am musikalischen Firma- nur eine Art Rezept ist; der Koch, der es ausführt, spielt eine entscheidende Rolle. Von einem ment. Mit wenigen Tönen und Klavierharmonien schafft Strauss genau die musikdramatische Gedicht an sich zu sprechen, ein Gedicht an sich zu beurteilen, hat keine genaue Bedeutung. Es Atmosphäre, die ihm vorschwebt um den Text spielend leicht kompositorisch zu krönen. hieße, nur von einer Möglichkeit zu sprechen. Das Gedicht ist eine Abstraktion, ein Schriftstück, In der virtuosen Melodieführung, den abstrakt-aparten Intervallsprüngen des wunderschönen das wartet, ein Gesetz, das nur auf den Lippen eines Menschen in Kraft tritt, und diese Lippen Brentano-Liedes ›Säusle, liebe Myrthe!‹ sind Anklänge an die -Harmonieführung deutlich machen es aus.« zu hören. Hier schafft Strauss ein zartes Schlaflied und lässt dem Fluss seiner musikalischen Paul Valéry: De la diction des Vers, Paris 1933 Gedanken Zeit und Ruhe. »...habe gestern Ihr entzückendes Simplicissimus-Gedicht: Freundliche Vision componiert«, schreibt Strauss im Oktober 1900 an den Dichter Otto Julius Bierbaum. Schwerelos lässt Strauss Glückes Genug Richard Strauss Lieder die Sopranstimme zart dahin fließen. ›Ständchen‹ ist ein Musterbeispiel an luftiger und zarter Tonerfüllung. Brillant und doch trans- Wer einen Blick in die Kompositionswerkstatt eines der ganz Großen des 20. Jahrhunderts parent schafft der Klaviersatz ein feines Gewebe, auf dem sich die Sopranstimme klanglich werfen will, kommt nicht umhin, sich mit dem Liedschaffen von Richard Strauss zu beschäftigen. entfalten darf. Und diese Neugierde des Hörers wird reichlich belohnt. Denn wenn Strauss heute in erster In ›Ruhe, meine Seele‹ schafft Strauss es, einen seelischen Zustand der Ruhe, der Nicht- Linie als der große Orchesterfarbenzauberer, der Mozart-Bewunderer und Operndramatiker, Bewegung in Töne zu setzen. Die Zeit und die Musik stehen still und erzählen doch eine innere der perfekt nüchtern-sachliche Dirigent seiner eigenen Werke im Gedächtnis verhaftet ist, so Geschichte. sind seine zahlreichen Liedkompositionen große Kunst in der kleinen Form. Hier zeigt Strauss Eine wahre Hymne an die Schönheit des Kunstliedes an sich ist die ›Heimliche Aufforderung‹: unter dem kompositorischen Brennglas, wie mit wenigen Melodiebögen, raffinierterH armonik ein Lied, das an überschwänglicher Melodieführung und Liebe des Komponisten zur hohen und operndramatischer Dynamik kurze Texte dramatisch aufgeladen zu großer Tonkunst ge- Gesangsstimme beredtes Zeugnis ablegt und eine einzige große Phrase darstellt. führt werden. Richard Strauss selbst sagt dazu: »Aus dem musikalischen Gedanken, der sich – weiß Gott, wie – innerlich vorbereitet, entsteht, wenn sozusagen das Gefäß bis oben voll ist, im Handum- drehen ein Lied, sobald ich beim Blättern im Gedichtbuch auf ein nur ungefähr im Inhalt korres- pondierendes Gedicht stoße. Wenn aber in diesem entscheidenden Augenblick nicht die zwei richtigen Feuersteine zusammenschlagen, wenn sich nicht das ganz entsprechende Gedan- kengefäß eines Gedichtes findet, so wird der Drang zur Produktion zwar in Töne umgesetzt, aber es geht dann langsam, es wird gekünstelt, die Melodie fließt zäh, die ganzeT echnik muss herhalten, um etwas vor der gestrengen Selbstkritik Bestehendes zustande zu bringen.« Zuerst muss also der musikalisch inspirierende Funke, die Idee der Töne vorhanden sein, danach folgt erst die Textauswahl. Über 200 Lieder komponiert Strauss während seines langen Lebens. Ungewohnt wehmütige Töne schlägt Strauss in ›Ach Lieb, ich muss nun scheiden‹ an: eine Toninsel der Traurigkeit. Von nervös-flirrender Klavierbegleitung getragen, schwingt sich die Gesangsstimme in ›Wie sollten wir geheim sie halten‹ in schwindelerregende Höhen, verliert

16 I 17 Werke 18 I 19 Franz Schubert Nun künden ihre Düfte, Du sicherst meine Brust Dass sie voll sind; Des angestammten Erbes; ›Der Einsame‹ D 800 Zirpt immer, liebe Heimchen Was labend würzt die Lüfte, Ich fühl’ mich mein (Text: Karl Gottlieb Lappe, 1773 – 1843) In meiner Klause eng und klein. Es ist der Schmerzen Kind. Bei dir allein! Wann meine Grillen schwirren, Ich duld’ euch gern: ihr stört mich nicht Bei Nacht, am spät erwärmten Herd, Wann euer Lied das Schweigen bricht Die Kelche sinken nieder, ›Im Freien‹ D 880 Dann sitz ich mit vergnügtem Sinn Bin ich nicht ganz allein. Sie schauen erdenwärts: (Text: Johann Gabriel Seidl) Vertraulich zu der Flamme hin, Mutter, nimm uns wieder, Draußen in der weiten Nacht So leicht, so unbeschwert. ›Der Blumen Schmerz‹ D 731 Das Leben gibt nur Schmerz. Steh ich wieder nun: (Text: Johann Graf von Majláth, 1786 – 1855) Ihre helle Sternenpracht Ein trautes, stilles Stündchen Wie tönt es mir so schaurig Die welken Blätter fallen, Lässt mein Herz nicht ruhn! Bleibt man noch gern am Feuer wach, Des Lenzes erstes Weh’n, Mild deckt der Schnee sie zu; Man schürt, wann sich die Lohe senkt, Wie dünkt es mir so traurig, Ach Gott, so geht’s mit Allen, Tausend Arme winken mir Die Funken auf und sinnt und denkt, Dass Blumen auferstehn. Im Grabe nur ist Ruh. Süß begehrend zu, Nun abermal ein Tag! Tausend Stimmen rufen hier: In ihrer Mutter Armen ›Bei dir allein!‹ D 866 »Grüß dich, Trauter, du!« Was Liebes oder Leides Da ruhten sie so still (Text: Johann Gabriel Seidl, 1804 – 1875) Sein Lauf für uns dahergebracht, Nun müssen, ach, die Armen Bei dir allein empfind’ ich, dass ich lebe, O ich weiß auch, was mich zieht, Es geht noch einmal durch den Sinn; Hervor ans Weltgewühl. Dass Jugendmut mich schwellt Weiß auch, was mich ruft, Allein das Böse wirft man hin, Dass eine heitre Welt Was wie Freundes Gruß und Lied Es störe nicht . Die zarten Kinder heben Der Liebe mich durchbebe; Locket durch die Luft. Die Häupter scheu empor: Mich freut mein Sein Zu einem frohen Traume Wer rufet uns ins Leben Bei dir allein! Siehst du dort das Hüttchen stehn, Bereitet man gemacht sich zu, Aus stiller Nacht hervor? Drauf der Mondschein ruht? Wann sorgelos ein holdes Bild Bei dir allein weht mir die Luft so labend, Durch die blanken Scheiben sehn Mit sanfter Lust die Seele füllt, Der Lenz mit Zauberworten, Dünkt mich die Flur so grün, Augen, die mir gut! Ergibt man sich der Ruh. Mit Hauchen süßer Lust, So mild des Lenzes Blühn, Lockt aus den dunkeln Pforten So balsamreich der Abend, Siehst du dort das Haus am Bach, O wie ich mir gefalle Sie von der Mutter Brust. So kühl der Hain, Das der Mond bescheint? In meiner stillen Ländlichkeit! Bei dir allein! Unter seinem trauten Dach Was in dem Schwarm der lauten Welt In bräutlich heller Feier Schläft mein liebster Freund. Das irre Herz gefesselt hält, Erscheint der Blumen Pracht, Bei dir allein verliert der Schmerz sein Gibt nicht Zufriedenheit. Doch fern schon ist der Freier, Herbes, Siehst du jenen Baum der voll Wild glüht der Sonne Macht. Gewinnt die Freud an Lust! Silberflocken flimmt?

20 I 21 Texte O wie oft mein Busen schwoll Du Mauer wähnst mich trüb wie einst, Richard Beaudoin »Nach-Fragen« (Annette dasch gewidmet) Gesangszyklus Froher dort gestimmt! Das ist die stille Freud; nach Christa Wolf (Text: Christa Wolf, geb. 1929) Wenn du vom Mondlicht widerscheinst, Jedes Plätzchen, das mir winkt, Wird mir die Brust so weit. ›Prolog‹ sehen, da stand sie neben mir. Das Ufer ist Ist ein lieber Platz; Was ist das: Dieses Zu-sich-selber-Kommen entschilft, und im Sommer baden drei Kinder Und wohin ein Strahl nur sinkt, An jedem Fenster wähnt’ ich dann des Menschen? jeden Tag. Lockt ein teurer Schatz. Ein Freundeshaupt, gesenkt, Das auch so schaut zum Himmel an, ›Die glückliche Zeit‹ ›Falsche Anteilnahme und Drum auch winkt mir’s überall Das auch so meiner denkt. Die glückliche, allen Anfängen günstige falsche Teilnahmslosigkeit‹ So begehrend hier, Zeit früher Unbefangenheit war vertan, wir Beweisen kann dir keiner was, und du selber Drum auch ruft es, wie der Schall ›Rastlose Liebe‹ D 138 wussten es. Wir schütteten den letzten Wein kannst sie schnell und schmerzlos wieder Trauter Liebe mir. (Text: Johann Wolfgang von Goethe, 1749 – 1832) in den Apfelbaum. Der neue Stern hatte aus dem Verkehr ziehen: falsche Liebe, Dem Schnee, dem Regen, sich nicht gezeigt. falschen Hass, falsche Anteilnahme und ›Am Fenster‹ D 878 Dem Wind entgegen, falsche Teilnahmslosigkeit. (Text: Johann Gabriel Seidl) Im Dampf der Klüfte, ›Jedermann war gezwungen‹ Ihr lieben Mauern hold und traut, Durch Nebeldüfte, Jedermann war gezwungen, den Mut zur ›Wäre es möglich?‹ Die ihr mich kühl umschließt, Immer zu! Immer zu! Bewegung in sich wachzuhalten, die Zeit Da überlagern sich schon Wege, die wir Und silberglänzend niederschaut, Ohne Rast und Ruh! floss sehr schnell. Man überlegte nicht lange, wirklich gegangen sind, mit ungegangenen. Wenn droben Vollmond ist: fischte sich fast, ohne hinzusehen, ein Leben Da höre ich schon Worte, die wir nie Lieber durch Leiden heraus, fragte nicht viel, ob es passte, lebte gesprochen haben. Wäre es möglich? Ihr saht mich einst so traurig da, Wollt’ ich mich schlagen, es eben, da wurde es passend. Oder jeden- Die Jahre, die wieder aufstiegen, sind die- Mein Haupt auf schlaffer Hand, Als so viel Freuden falls glaubte man das mit der Zeit. selben Jahre nicht mehr. Licht und Schatten Als ich in mir allein mich sah, Des Lebens ertragen. fallen noch einmal auf unser Gesicht, das Und keiner mich verstand. ›Die Frage ist fertig‹ aber gefasst bleibt. Das sollte uns nicht Alle das Neigen Dass die richtigen Fragen zur rechten Zeit erstaunen? Jetzt brach ein ander’ Licht heran, Von Herzen zu Herzen, sich einstellen, darauf kommt viel an... Die Trauerzeit ist um, Ach, wie so eigen Die Frage ist fertig: wie man denn – und ob ›Mittelpunkt‹ Und manche ziehn mit mir die Bahn Schaffet es Schmerzen! überhaupt und unter welchen Umständen Was ist das: Dieses Zu-sich-selber-Kommen Durch’s Lebensheiligtum. – in der Kunst sich selbst verwirklichen könne. des Menschen? Wie soll ich fliehn? Sie raubt der Zufall ewig nie Wälderwärts ziehn? ›Der See‹‹ ›Die Zukunft‹ Aus meinem treuen Sinn, Alles, alles vergebens! Der See liegt da, ruhig und glatt im Sommer, Da aber die Zukunft immer vor uns herge- In tiefster Seele trag ich sie, Krone des Lebens, Glück ohne Ruh, wild im Herbst, weiß und vereist im schoben wurde, da wir sahen, sie ist nichts Da reicht kein Zufall hin. Liebe, bist du! Winter. Ich habe die Sonne in ihm versinken weiter als die Verlängerung der Zeit, die mit

22 I 23 Texte uns vergeht, und erreichen kann man sie ›Das Nahsein‹ Richard Strauss Aus: »Acht Gedichte aus ›Letzte Blätter‹ von Hermann von nicht – da musste eines Tages die Frage Wozu so teuflisch sich zerquälen? Gilm für eine Singstimme mit Pianofortebegleitung« op. 10 entstehen: Wie werden wir sein? Nie mehr gescheh, was da geschah: Was werden wir haben? Das Nahsein der sich fremden Seelen, ›Die Georgine‹ Begösse dich mit Junilicht, Obwohl zum Innehalten die Zeit nicht ist, das Fremdsein derer, die sich nah... (Text: Hermann von Gilm zu Rosenegg, 1812 – 1864) Doch ach, dann wärst du nicht die Letzte, wird einmal keine Zeit mehr sein, Warum so spät erst, Georgine? Die stolze Einzige auch nicht. wenn man jetzt nicht innehält. ›Wir wollen Abschied nehmen unter Das Rosenmärchen ist erzählt, Wie, Träum’rin, lock’ ich vergebens? Lebst du jetzt, wirklich? diesem Baum‹ Und honigsatt hat sich die Biene So reich’ mir schwesterlich die Hand, In diesem Augenblick, ganz und gar? Wir wollen Abschied nehmen unter diesem Ihr Bett zum Schlummer ausgewählt. Ich hab’ den Maitag dieses Lebens Wann, wenn nicht jetzt? Baum, die Liebe war ein schöner Traum... Sind nicht zu kalt dir diese Nächte? Wie du den Frühling nicht gekannt; Schreib das auf, sagte er noch, schreib Wie lebst du diese Tage hin? Und spät wie dir, du Feuergelbe, ›Vertrautes Blau‹ alles auf – das willst du doch? Sie gingen Wenn ich dir jetzt den Frühling brächte, Stahl sich die Liebe mir ins Herz; ... nachdem ich mich schon verirrt hatte, nach verschiedenen Seiten auseinander, Du feuergelbe Träumerin, Ob spät, ob früh, es ist dasselbe fiel mir ein, nach dem Himmel zu sehen. auch die Abschiedsmusik fehlte nicht. Wenn ich mit Maitau dich benetzte, Entzücken und derselbe Schmerz. Er war, wie heute, zart verschleiert, und Aus einem Fenster kam ein Lied: jetzt kommt ich muss dasselbe denken, was ich damals der Sommer in das Land, fahr hin mit deinem dachte, oder ohne Worte dafür zu suchen, falschen Sinn... Du hast es nicht gewollt. Aus: »Sechs Lieder für eine Singstimme mit Klavierbegleitung« op. 56 empfand: einen scharfen Schmerz, weil dieses blasse, vertraute Blau, das nur für ›Der Himmel‹ ›Mit deinen blauen Augen‹ Dass ich nicht sprechen kann. uns erdacht, nur uns zu gehören schien, Der Himmel, wenn man lange genug (Text: Heinrich Heine, 1797 – 1856) An deinen blauen Augen schon auf alten Bildern vorkommt, denen hineinsieht, sinkt ja allmählich auf einen Mit deinen blauen Augen Gedenk’ ich allerwärts: ich nichts nachfühle als nur dieses Blau. herunter, nur die Rufe der Kinder reißen Siehst du mich lieblich an, Ein Meer von blauen Gedanken Eine Empörung darüber, dass es in hundert ihn immer wieder hoch. Die Wärme der Erde Da ward mir so träumend zu Sinne, Ergießt sich über mein Herz. Jahren, lange nach uns, unbeteiligt und dringt in uns ein und vermischt sich mit unverändert, durch eine gewisse Jahreszeit, unserer eigenen Wärme. durch einen gewissen Lichteinfall wieder Manchmal sprechen wir noch, aber wenig. Aus: »Sechs Lieder für hohe Stimme mit Pianofortebegleitung« op. 37 erzeugt werden würde. Was wir uns später zu sagen haben werden, können wir nur ahnen, auch Worte haben ihre ›Glückes genug‹ ›Eine Erfahrung‹ Zeit und lassen sich nicht aus der Zukunft (Text: Detlev von Liliencron, 1844 – 1909) Und wenn nach heißem, Eine Erfahrung, die man nur selber machen hervorziehen nach Bedarf. Wenn sanft du mir im Arme schliefst, Ernstem Tag kann, die man nicht nachempfinden und Ich deinen Atem hören konnte, Du mir verscheuchtest schwere Sorgen, an der man auf keine Weise Anteil gewinnen ›Epilog‹ Im Traum du meinen Namen riefst, Wenn ich an deinem Herzen lag kann. Wie aber soll man angemessen auf Was ist das: Dieses Zu-sich-selber-Kommen Um deinen Mund ein Lächeln sonnte – Und nicht mehr dachte an ein Morgen – Todeserfahrung reagieren? des Menschen? Glückes genug. Glückes genug.

24 I 25 Texte Aus: »Schlichte Weisen – Fünf Gedichte von Felix Dahn für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte« op. 21

›Ach Lieb, ich muss nun scheiden‹ Zusammen an Baches Rand, (Text: Felix Ludwig Julius Dahn, 1834 – 1912) Das eine ohn’ den andern Ach Lieb, ich muss nun scheiden, Geht über ihren Verstand. Gehn über Berg und Tal, Die Erlen und die Weiden Die Erlen und die Weiden, Vor Schmerz in Tränen stehn, Die weinen allzumal. Nun denket, wie’s uns beiden Sie sahn so oft uns wandern Erst muss zu Herzen gehn.

Aus: »Acht Gedichte aus ›Letzte Blätter‹ von Hermann von Gilm für eine Singstimme mit Pianofortebegleitung« op. 10

›Geduld‹ Der Träne letztes Fahrgeld für das Grab. (Text: Hermann von Gilm zu Rosenegg) Geduld, sagst du und zeigst mit weißem Finger Sieh nur die Tage schnell vorüberrinnen, Auf meiner Zukunft fest geschlossne Tür. Horch, wie sie mahnend klopfen an die Brust, Ist die Minute, die da lebt, geringer Mach auf, mach auf, Als jene ungebornen? Sage mir! Was wir nicht heut gewinnen, Ist morgen unersetzlicher Verlust. Kannst mit der Liebe Du den Lenz verschieben, Geduld, sagst du und Dann borg ich dir für eine Ewigkeit, Senkst die Augenlider, Doch mit dem Frühling endet Verneint ist meine Frage an das Glück; Auch das Lieben, So lebe wohl, ich seh dich nimmer wieder, Und keine Herzensschulden zahlt die Zeit. So will’s mein unerbittliches Geschick.

Geduld, sagst du und Du hast geglaubt, weil andre warten müssen Senkst die schwarze Locke, Und warten können, kann und muss ich’s auch; Und stündlich fallen Blumenblätter ab, Ich aber hab zum Lieben und zum Küssen Und stündlich fordert eine Totenglocke Nur einen Frühling, wie der Rosenstrauch.

26 I 27 Texte Aus: »Sechs Lieder aus ›Lotosblätter‹ von Adolf Friedrich Graf von Schack für eine Singstimme mit Klavierbegleitung« op. 19

›Wie sollten wir geheim sie halten‹ Legt sich der Tag auf Wald und Flur. (Text: Adolf Friedrich Graf von Schack, 1815 – 1894) Selbst aus der Eiche morschem Stamm, Wie sollten wir geheim sie halten, Die ein Jahrtausend überlebt, Die Seligkeit, die uns erfüllt? Steigt neu des Wipfels grüne Flamme Nein, bis in seine tiefsten Falten Und rauscht von Jugendlust durchbebt. Sei allen unser Herz enthüllt! Zu höher’m Glanz und Dufte brechen Wenn zwei in Liebe sich gefunden, Die Knospen auf beim Glück der Zwei, Geht Jubel hin durch die Natur, Und süßer rauscht es in den Bächen, In länger’n wonnevollen Stunden Und reicher blüht und glänzt der Mai.

Aus: »Sechs Lieder nach Gedichten von Clemens Brentano für eine Singstimme und Klavier« op. 68

›Säusle, liebe Myrthe!‹ Schlaf, mein Freund, o schlafe, (Text: Clemens von Brentano, 1778 – 1842) Bis ich wieder bei dir bin! Säusle, liebe Myrthe! Wie still ist’s in der Welt, Hörst du, wie die Brunnen rauschen? Der Mond, der Sternenhirte Hörst du, wie die Grille zirpt? Auf klarem Himmelsfeld, Stille, stille, lass uns lauschen, Treibt schon die Wolkenschafe Selig, wer in Träumen stirbt; Zum Born des Lichtes hin, Selig, wen die Wolken wiegen, Schlaf, mein Freund, o schlafe, Wenn der Mond ein Schlaflied singt; Bis ich wieder bei dir bin! O! wie selig kann der fliegen, Dem der Traum den Flügel schwingt, Säusle, liebe Myrthe! Dass an blauer Himmelsdecke Und träum im Sternenschein, Sterne er wie Blumen pflückt; Die Turteltaube girrte Schlafe, träume, flieg, ich wecke Ihre Brut schon ein. Bald dich auf und bin beglückt! Still ziehn die Wolkenschafe Säusle, liebe Myrthe! Zum Born des Lichtes hin, Ich bin beglückt!

28 I 29 Texte Aus: »Fünf Lieder nach Gedichten von Otto Julius Bierbaum und Karl Henckell für Aus: »Vier Lieder für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte« op. 27 eine Singstimme mit Klavierbegleitung« op. 48 ›Ruhe, meine Seele‹ Deine Stürme gingen wild, ›Freundliche Vision‹ Und ich geh mit einer, die mich lieb hat, (Text: Karl Friedrich Henckell, 1864 – 1929) Hast getobt und hast gezittert, (Text: Otto Julius Bierbaum, 1865 – 1910) Ruhigen Gemütes in die Kühle Nicht ein Lüftchen regt sich leise, Wie die Brandung, wenn sie schwillt. Nicht im Schlafe hab ich das geträumt, Dieses weißen Hauses, Sanft entschlummert ruht der Hain; Hell am Tage sah ich’s schön vor mir. In den Frieden, Durch der Blätter dunkle Hülle Diese Zeiten sind gewaltig, Eine Wiese voller Margeriten; Der voll Schönheit wartet, dass wir kommen. Stiehlt sich lichter Sonnenschein. Bringen Herz und Hirn in Not – Tief ein weißes Haus in grünen Büschen; Und ich geh mit einer, die mich lieb hat, Ruhe, ruhe, meine Seele, Götterbilder leuchten aus dem Laube. In den Frieden voll Schönheit. Ruhe, ruhe, meine Seele, Und vergiss, was dich bedroht!

Aus: »Sechs Lieder von A. F. von Schack für eine hohe Singstimme mit Begleitung ›Heimliche Aufforderung‹ Und lass beim lärmenden Mahle des Pianoforte« op. 17 (Text: John Henry Mackay, 1864 – 1933) Sie glücklich sein. Auf, hebe die funkelnde Schale Doch hast du das Mahl genossen, ›Ständchen‹ Flieg leicht hinaus in die Mondscheinnacht, Empor zum Mund, Den Durst gestillt, (Text: Adolf Friedrich Graf von Schack, 1815 – 1894) Zu mir in den Garten zu schlüpfen. Und trinke beim Freudenmahle Dann verlasse der lauten Genossen Mach auf, mach auf, doch leise mein Kind, Rings schlummern die Blüten Dein Herz gesund. Festfreudiges Bild, Um keinen vom Schlummer zu wecken. Am rieselnden Bach Und wenn du sie hebst, Und wandle hinaus in den Garten Kaum murmelt der Bach, Und duften im Schlaf, nur die Liebe ist wach. So winke mir heimlich zu, Zum Rosenstrauch, Kaum zittert im Wind Dann lächle ich Dort will ich dich dann erwarten Ein Blatt an den Büschen und Hecken. Sitz nieder, hier dämmert’s geheimnisvoll Und dann trinke ich still wie du. Nach altem Brauch. Drum leise, mein Mädchen, Unter den Lindenbäumen, Dass nichts sich regt, Die Nachtigall uns zu Häupten soll Und still gleich mir betrachte Und will an die Brust dir sinken, Nur leise die Hand auf die Klinke gelegt. Von unseren Küssen träumen, Um uns das Heer Eh du’s gehofft, Und die Rose, wenn sie am Morgen erwacht, Der trunknen Zecher – Und deine Küsse trinken, Mit Tritten, wie Tritte der Elfen so sacht, Hoch glühn von den Wonnenschauern Verachte sie nicht zu sehr. Wie eh’mals oft, Um über die Blumen zu hüpfen, Der Nacht. Nein, hebe die blinkende Schale, Und flechten in deine Haare der Rose Pracht. Gefüllt mit Wein, O komm, du wunderbare, ersehnte Nacht!

30 I 31 Texte 32 I 33 Annette Dasch Wolfram Rieger

Die »ECHO Klassik«-Preisträgerin 2008 gehört spätestens seit ihren Erfolgen bei den »Salzburger Wolfram Rieger stammt aus Waldsassen in Bayern und erhielt seinen ersten Klavierunterricht im Festspielen« in »Il Re Pastore« (2006), »Armida« (2007) und »Don Giovanni« (2008) zu den führen- Elternhaus und bei Konrad Pfeiffer in Regensburg. Sein anschließendes Studium bei den deutschen Sopranistinnen. Vorangegangen waren Debüts an der Bayerischen Staatsoper und an der Hochschule für Musik in München, das von zunehmender Begeiste- München, der Mailänder Scala, bei den »Salzburger Osterfestspielen«, der Deutschen Staatsoper rung für das Lied geprägt war, beendete er »mit Auszeichnung«. Meisterkurse bei Elisabeth Berlin, am Teatro del Maggio Musicale Fiorentino sowie an der Opéra National de Paris. Im Schwarzkopf, und Dietrich Fischer-Dieskau sorgten für weitere wichtige Impulse. Sommer 2009 gastiert die Künstlerin neuerlich bei den »Münchner Opernfestspielen« und den Noch während des Studiums wurde Wolfram Rieger von der Münchner Musikhochschule als »Salzburger Festspielen«, im November 2009 folgt ihr Debüt an der Metropolitan New York. Gesangsbegleiter engagiert; wenige Jahre später leitete er am gleichen Haus seine eigene Lied- 2009 singt Annette Dasch Konzerte mit den Berliner Philharmonikern unter Seiji Ozawa, den klasse. 1998 übernahm er eine Professur für Liedgestaltung an der Hochschule für Musik Wiener Philharmonikern unter Nikolaus Harnoncourt, der Staatskapelle Dresden unter Fabio Luisi »Hanns Eisler« Berlin. und dem London Symphony Orchestra unter Sir Colin Davis. In Linz, der Europäischen Kultur- Wolfram Riegers rege internationale Konzerttätigkeit führte ihn mittlerweile in fast alle Teile der haupstadt 2009, gastiert sie mit dem hr-Sinfonieorchester unter Paavo Järvi, und am 200. Todestag Welt. Er ist langjähriger Klavierpartner von Brigitte Fassbaender, , Michelle Breedt, von Joseph Haydn ist sie beim »Haydn Festival Eisenstadt« unter Ádám Fischer in der »Schöpfung« , Olaf Bär, Dietrich Fischer-Dieskau, , Christoph Prégardien, zu hören. Weitere Konzerte gibt sie mit dem Orchestre de la Suisse Romande, dem Rundfunk- Thomas Quasthoff, , Michael Schade sowie Kammermusikpartner des Cherubini- Sinfonieorchester Berlin, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, dem MDR Sinfonie­ Quartetts, des Petersen-Quartetts und des Vogler-Quartetts. orchester und der Deutschen Radio Philharmonie. Im Dezember 2009 debütiert sie beim New Wolfram Rieger gastiert regelmäßig bei den bedeutendsten internationalen Musikzentren und York Philharmonic Orchestra. Annette Dasch ist 2009 in zahlreichen Rezitalen im Wiener Kon- Musikfestivals und gibt darüber hinaus Interpretationskurse in Europa und Japan. Viele seiner zerthaus, Concertgebouw Amsterdam, bei den »Richard-Strauss-Tagen« in Garmisch, beim zahlreichen CD-Aufnahmen bei verschiedenen Labels wurden mit Preisen ausgezeichnet. Wolf- »Classix Festival Braunschweig«, bei der »Schubertiade Schwarzenberg« und beim »Schleswig- ram Rieger ist Träger der Ehrenmedaille der Franz-Schubert-Gesellschaft von Barcelona. Holstein Musik Festival« zu hören. Weitere Konzertengagements führen sie 2010 u. a. zur »Mozartwoche Salzburg« unter Sir Roger Norrington, zum Orchestre de Paris mit Marek Ja- nowski und zu den Wiener Philharmonikern unter Christian Thielemann. Zudem gibt Annette Dasch ihr Rezital-Debüt im Wiener Musikverein, gastiert erstmals am Royal Opera House Covent Garden London und debütiert bei den »Bayreuther Festspielen«. Annette Dasch ist Exklusivkünstlerin bei SONY BMG. Für ihre Debüt-CD »Armida« wurde sie 2008 mit dem »ECHO Klassik« als beste Operneinspielung des Jahres ausgezeichnet. Seit Herbst 2008 ist ihre CD mit Mozart-Arien auf dem Markt. Außerdem liegen als CD Deutsche Barocklieder (Harmonia mundi France) und Schumanns »Genoveva« (Acousence) sowie auf DVD der Salzburger »Il Re Pastore« (DG) und »Le nozze di Figaro« (Bel Air Classiques) aus dem Théâtre des Champs- Elysées Paris vor. Die gebürtige Berlinerin Annette Dasch studierte u. a. an der Hochschule für Musik in München und wird auch heute noch von Prof. Josef Loibl betreut. Seit der Saison 2006|07 ist sie Künstlerin der Reihe »Junge Wilde« am KONZERTHAUS DORTMUND.

34 I 35 Biografien Kommen Sie doch näher ran! Wenn Sie der muSiK und den KünStlern noch näher Kommen Vokale Klangpracht möchten, treten Sie dem FörderKreiS deS handWerKS e.V. bei!

Himmel und Erde Der Rundfunkchor und das Sinfonieorchester des WDR unter der Leitung von Eivind Aadland präsentieren ihren Beitrag zum Haydn-Jahr: die »Paukenmesse« von Joseph Haydn in einem und noch etWaS näher! Jetzt Programm mit dem Concerto in D und der »Psalmensinfonie« von Igor Strawinsky. erhalten Sie 10% Kartenrabatt Sa 21.03.09 · 20.00 bei den eigenVeranStaltungen, Samiel, hilf! Werden zum JahreSempFang, zu Das Portrait Thomas Hengelbrock zeigt mit einer konzertanten Aufführung des »Freischütz« von Carl Maria von Weber eine weitere Facette des Dirigenten. Der Philharmonia Chor Wien, das Mahler hauSFührungen und probenbe- Chamber Orchestra und erstklassige Solisten bringen die Oper auf die Konzerthaus-Bühne. Suchen eingeladen. alle inFoS Sa 16.05.09 · 19.00 unter t 0231-22 696 261 oder WWW.

KonzerthauS-dortmund.de Inniges Glaubensbekenntnis Zum großen Finale seiner Zeitinsel kommt Thomas Hengelbrock noch einmal mit dem Balthasar- Neumann-Chor und -Ensemble nach Dortmund. Sie bringen eines der großen geistlichen Werke zur Aufführung: die h-moll-Messe von Johann Sebastian Bach.

Förderkreis des Handwerks e.V. Sa 20.06.09 · 20.00 zugunsten KONZERTHAUS DORTMUND

äher Weiterhören Texte Ulrich Schardt

TEXTVORLAGE »NACH-FRAGEN« © Christa Wolf vertreten durch die Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH, Berlin

Fotonachweise Titel © Manfred Baumann S. 04 © Sonja Werner · Konzerthaus Dortmund S. 08 © Sonja Werner · Konzerthaus Dortmund S. 18 © Sonja Werner · Konzerthaus Dortmund S. 26 © Sonja Werner · Konzerthaus Dortmund S. 28 © Sonja Werner · Konzerthaus Dortmund S. 32 © Sonja Werner · Konzerthaus Dortmund S. 35 © Wilfried Hösl

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