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Fredrik Gude, Adolf Schrödter und Eduard Will- Wien 1873 Berliner Architekt und Bildhauer Karl Hoffacker mann. Des Coudres war im Februar 1855 auf Vor- entworfen, der 1901 als Nachfolger von Hermann schlag von Johann Wilhelm Schirmer als Profes- Die Weltausstellung in Wien 1873, bei der erst- Götz die Leitung der Karlsruher Kunstgewerbe- sor an die im Vorjahr gegründete Großherzog- mals das Prinzip der Länderpavillons angewandt schule übernahm. liche Kunstschule in berufen worden. wurde, stellte die erste „Exposition universelle“ im Gude übernahm 1864 Schirmers Professur für deutschsprachigen Raum dar. Nach den verlo- Chicago1893, Paris 1900, Landschaftsmalerei an der badischen Kunstschu- renen Kriegen 1859 und 1866 wollte Österreich mit St. Louis 1904, Brüssel 1910 le. Der mit Schirmer befreundete Adolf Schrödter der Veranstaltung sein wiedererstarktes National- wirkte ab 1859 als Professor für Ornamentik und bewusstsein demonstrieren. Neben Canon, der mit Die Organisatoren der Chicagoer Weltausstel- Freihandzeichnen am Karlsruher Polytechnikum. der „Loge des Johannis“ als Hauptrepräsentant lung von 1893 ließen eigens ein „Woman’s Buil- Der Kupferstecher Eduard Willmann war gebür- der österreichischen Malerei galt, Des Coudres, ding“ errichten, in dem neben Hesse, Ley und tiger Karlsruher und von 1864 bis 1877 als Profes- Hörter, Gude, Keller, Steinhäuser und von Werner Stromeyer noch weitere acht Karlsruherinnen, da- sor an der Kunstschule tätig. Mit Willmann, Gude findet man in Wien zum ersten Mal Carl Friedrich runter auch Margarethe Hormuth-Kallmorgen, und Des Coudres sind die ersten drei von 30 Lessing mit einer Harzer Gebirgslandschaft wäh- vertreten waren. Mit 52 Künstlerinnen und Künst- Karlsruher Akademieprofessoren genannt, die bis rend des 30-jährigen Kriegs, die der Karlsruher lern war die Karlsruher Beteiligung in Chicago so zur Brüsseler Schau von 1910 Weltausstellungen Gemäldegalerie gehörte, deren Leitung er 1858 groß wie nie zuvor. Unter den ‚Debütanten‘ sind Karlsruher stadthistorischeBeiträge Nr. 124·27. September 2019 beschicken sollten. übernommen hatte. Ebenso waren Arbeiten von vor allem Carlos Grethe, Leopold Graf von Kal- Ernst Hildebrand, Wilhelm Riefstahl und August ckreuth, Caspar Ritter, Hans von Volksmann und Paris 1867 Vischer sowie den beiden Künstlerinnen Auguste die beiden Grötzinger Maler und Grafiker Gustav Eine Folge von 1968 Schepp und Alwine Schrödter, der Witwe von Kampmann und Franz Hein, der Glasmaler Hans Auf der Pariser Weltausstellung von 1867 fan- Adolf Schrödter, zu sehen. Mit Hermann Baisch, Drinneberg und die Kunstgewerbler Hermann den sich unter den badischen Ausstellern 17 Gustav Schönleber, und Heinrich von Götz und Karl Gagel zu nennen. Der Preußischen Künstler aus „Carlsruhe“, darunter mit der Male- Zügel nahmen auch vier Vertreter der Münchner Abteilung gehörten inzwischen Gude, Hildebrand rin Hermine von Reck auch erstmals eine Frau. und mit Carl Hoff ein Künstler der Düsseldorfer und von Werner, der Bayerischen Wilhelm Trüb- Berufsverbote in Karlsruhe von Stephan Tabler Ferdinand Keller, einem ehemaligen Schüler von Malerei an der Wiener Schau teil, die alle zwi- ner und Wilhelm Volz an. Schirmer, Des Coudres und Gude und von 1870 schen 1879 und 1899 als Professoren an die Karls- Durch die 1878 in Karlsruhe gegründete Groß- bis 1913 selbst Professor für Porträt- und Histori- ruher Akademie berufen wurden. herzoglich Badische Kunstgewerbeschule, die 2018 – Anlass auch in Karlsruhe für eine Aus- Kritik an den Berufsverboten enmalerei, glückte in Paris mit seinem im Vorjahr über hervorragende Lehrer und seit 1889 auch stellung: Errungenschaften stehen im Vorder- im In- und Ausland fertig gestellten Gemälde „Der Tod Philipps II. von Paris 1878, Melbourne 1888/89 über ein eigenes Schulgebäude mit Museum ver- grund, 1968 als Anstoß für vieles, was heute als Spanien“ der künstlerische Durchbruch. fügte, erlebte das Kunstgewerbe in Baden einen selbstverständlich gilt. Politische Verfolgung, ne- Bis zur Abschaffung der Regelanfrage 1985, in 1765 – 1842 Foto: Städt. Museum Bad Hersfeld Als einziger Karlsruher Künstler nahm er an Die Weltausstellung 1878 in Paris wurde auf enormen Aufschwung. An der Pariser Weltaus- gative Folge für viele, die sich einmischten und Bayern 1991, wurden bundesweit 3,5 Millionen sechs Weltausstellungen teil; auf Paris folgten Drängen des Reichskanzlers Otto von Bismarck stellung von 1900 nahmen erstmals auch zahl- den Mund aufmachten, bleibt gerne im Hinter- Personen überprüft, es gab etwa 11 000 Berufsver- noch 1873 Wien, 1888/89 Melbourne, 1893 Chica- vom deutschen Reich boykottiert, was die Franzo- reiche Kunstgewerbler und Architekten teil. Ne- grund zumindest der populären Nostalgie. Den- bots- und 2 200 Disziplinarverfahren.1 250 vorwie- go, 1900 Paris und 1904 St. Louis. Zu den weiteren sen als Affront empfanden.Um das deutsch-franzö- ben Götz und Gagel zählten Hermann Billing, noch war sie prägender Bestandteil der Bewe- gend als „linksextrem“ bewertete (Hochschul-) Johann B. Lingg Teilnehmern zählten der durch seine Schlachten- sische Verhältnis zu entspannen,kam es kurzfristig Josef Durm, Carl Kornhas, Max Laeuger, Rudolf gung – mit weitreichenden persönlichen Folgen; Lehrer und Lehrerinnen wurden nicht eingestellt. bilder bekannt gewordene badische Hofmaler Fe- und außer Programmzu einer deutschenKunstaus- Mayer und Adolf Schmid zu den Ausstellern. sie hat Leben verändert, Existenzen vernichtetet. Etwa 265 Menschen wurden entlassen, oft gegen In Meersburg am Bodensee steht am Marktplatz odor Dietz; der von 1862 bis 1871 im Haus von stellung mit Skulpturen des Berliner Bildhauers Götz, Billing und Laeuger präsentierten in Paris Berufsverbote – am 28. Januar 1972 trafen Bun- Proteste der betroffenen Schüler und Schülerinnen das ockerrote „Hotel Weinstube Löwen“. Die Adolf Schrödter lebende , des- Reinhold Begas und 160 Gemälden deutscher 1900, St. Louis 1904 und Brüssel 1910 – an der deskanzler Brandt und die Ministerpräsidenten und Eltern oder Kolleginnen; einige in den Tod ge- Steintafel beim Eingang erinnert an den Wirts- sen für 45 000 Franc angebotenes Historienbild Künstler, darunter acht Exponate aus Karlsruhe. Weltausstellung 1915 in San Francisco nahm das der Länder die Vereinbarung über „Grundsätze trieben. Nur Solidarität, auch durch Initiativen im sohn, der ein Held war. Bei der Stadtführung ist zu mit Konrad von Hohenstaufen und Friedrich von Auf der Weltausstellung 1888/89 in Melbourne Deutsche Reich nicht teil – exklusiv ausgestattete zur Frage der verfassungsfeindlichen Kräfte im In- und Ausland, ermöglichte es den Betroffenen, hören, dass er einige Jahre in Karlsruhe lebte. Baden noch seinem naturalistisch geprägten gehörten Baisch, Schönleber und Hoff bereits zur Innenräume, an deren Ausführung fast nur Karls- öffentlichen Dienst“, der Runderlass zur Beschäf- Jahre dauernde zermürbende Auseinanderset- Johann Baptist war eines von zwölf Kindern des Frühwerk zuzurechnen ist; der von 1863 bis 1869 badischen Sektion. Erstmals nahmen die Land- ruher Künstler und Unternehmer beteiligt waren. tigung von rechts- und linksradikalen Personen zung und Gerichtsverfahren durchzustehen. Löwenwirts, geboren am 24. Januar 1765 als Un- in Karlsruhe lebende Wiener Maler Hans Canon, schafter Paul Borgmann, Ludwig Dill, Paul von In den Abteilungen Malerei und Grafik finden im öffentlichen Dienst erfolgte am 18. Februar tertan des Fürstbistums Konstanz. Er besuchte bis der mit seiner altmeisterlichen Technik, seiner ba- Ravenstein und Friedrich Kallmorgen teil, letzte- sich auf allen drei Ausstellungen bekannte und 1972. Gemäß bundeseinheitlicher Auslegung und 20 Berufsverbote in Karlsruhe 1780 die Lateinschule, dann brachte ihn sein Tauf- rocken Figurenauffassung und dem warmen Kolo- rer war ein Hauptvertreter der Grötzinger Maler- neue Künstlernamen. Auch wenn dieser kurze Anwendung des § 35 Beamtenrechtsrahmenge- pate, ein fürstbischöflicher Geheimrat, zum Mili- rit Künstler wie Keller, Wilhelm Trübner und Hans kolonie. Außerdem war der für seine mytholo- Überblick nur einen Bruchteil der Aussteller an- setz hatten Beamte für die freiheitlich-demokra- Einer der ersten war der „Fall“ Fritz Güde, der tär. In der Grenadierkompanie des Hochstifts Kon- Thoma prägte; der 1830 in Karlsruhe geborene gischen Landschaften bekannte Edmund Kanoldt führen kann, wird doch die kulturelle Bedeutung tische Grundordnung im Sinne des Grundge- bundesweit Aufsehen erregte. Der Sohn des Bun- stanz begann der 15-jährige die Offizierslaufbahn, Maler, Mäzen und Ehrenbürger Wilhelm Klose, vertreten wie auch die Künstlerinnen Marie Hes- der badischen Residenz- und Landhauptstadt ab setzes einzutreten. desanwalts Max Güde, verbeamteter Lehrer, wur- damals ungewöhnlich für einen Bürgerlichen. der Landschafter August Hörter und der Bildhau- se, Sophie Ley und Helene Stromeyer. Die „Deut- Mitte des 19. Jahrhunderts auf nationaler und in- Er traf im Wesentlichen „Linke“ mit und ohne de unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft im Kom- Nach der Säkularisation des Fürstbistums stand er Carl Steinhäuser. sche Kunstgalerie“ mit den drei Salons hatte der ternationaler Ebene deutlich. Parteibindung, Mitglieder sozialistischer Grup- munistischen Bund Westdeutschland KBW und der er im Dienst des Großherzogs von Baden und wur- pierungen oder von Friedensinitiativen. Bewerber Arbeit im Komitee gegen Berufsverbote 1974 sus- de 1805 Kommandant des Jägerbataillons Lingg. für den öffentlichen Dienst wurden überprüft. Die pendiert, 1977 durch Urteil des Verwaltungsge- Mit diesem zog er auf Befehl des badischen Bünd- „verfassungsfeindliche“ Ziele verfolgten, wurden richtshofs Karlsruhe das Berufsverbot für rechtens nispartners Napoleon nach Hersfeld, nachdem es Carlsruher Blickpunkte nicht eingestellt oder aus dem Dienst entfernt, Be- erklärt, Güde aus dem Beamtenverhältnis entlas- dort am 24. Dezember 1806 bei der Einquartie- amte, Arbeiter und Angestellte, Lehrer, Sozialar- sen, obwohl seine Mitgliedschaft im KBW nur we- rung napoleonischer Truppen zu Unruhen gekom- beiter, Lokführer. Einschüchterung war das Ziel – nige Monate gedauert hatte. Der Verwaltungsge- men und ein Soldat erschossen worden war. Trotz „Man muss an deren Existenz gehen“, soll Mini- richtshof Mannheim hob das Urteil 1978 auf. Güde aller Sühneleistungen befahl Napoleon, die Stadt Kleine Reminiszenz an eine große Brautradition von Volker C. Ihle sterpräsident Späth geäußert haben –, Angst die kehrte nicht in den staatlichen Schuldienst zurück. zu plündern und an allen Ecken anzuzünden. Am Folge. Viele zogen sich aus persönlichen Gründen Ähnlich Gerlinde Fronemann, die nach sechs 20. Februar 1807 verlas Lingg vor seinen Jägern aus der politischen Arbeit zurück. Jahren Schuldienst wegen ihrer Mitgliedschaft in die Order zur Plünderung. Er fügte hinzu: „Wer Der Bottich mit Bierschöpfer, Maischegabel und Nur zwei Jahre später verlegte Zahn seinen Be- der Deutschen Kommunistischen Partei DKP ent- dazu Lust hat, der trete heraus aus dem Glied!“. Er Malzschaufel ist das Symbol der Brauerzunft. Ge- trieb wenige Häuser weiter Richtung Durlacher lassen wurde. Elf Jahre zogen sich zahllose Anhö- hoffe aber nicht, dass er in Zukunft eine Schar von meinsam mit den ineinander verschlungenen Tor in das von ihm erworbene Gebäude Kaiser- rungen im Oberschulamt und das Gerichtsverfah- Räubern statt biederer Deutscher befehligen wer- Buchstaben P und Z ziert er die Hausfassade der straße 33. Auch dort knüpfte er an eine Brautradi- ren bis zum Bundesverwaltungsgericht hin. Sie de. Keiner trat vor. Johann P. Hebel hat es in einer Kaiserstraße 33. Die beiden Ornamente sind letzte tion an. Sie hatte 1838 begonnen und war seither gewann den letzten Prozess und wurde 1988 Kalendergeschichte von 1808 überliefert. Mit still- sichtbare Zeugen des traditionsreichen Brauge- von wechselnden Eigentümern fortgeführt wor- schließlich auf Lebenszeit verbeamtet; ähnlich schweigender Duldung der Franzosen wurden werbes, das einst auch in der östlichen Innenstadt den. Allerdings legen Adressbucheinträge nahe, Helmut Krebs, der 1982 obsiegt hatte. nur vier freistehende, unbewohnte Gebäude am von Karlsruhe blühte. Allein zwischen Kronen- dass Zahns letzter Vorgänger Friedrich Seyfried Andere, wie Hans Ille, konnten ihr Referendari- Stadtrand angezündet. Hersfeld war gerettet. straße und Durlacher Tor lassen sind ungefähr 20 nach seinem Konkurs 1877 nicht mehr selbst brau- at nicht antreten; sie mussten sich beruflich neu Nach Beförderung zum Oberst und Verleihung Orte nachweisen, an denen im Laufe des 19. Jahr- te. Philipp Zahn wirkte hier acht Jahre lang, bis er orientieren. Nach einer Anhörung im Oberschul- des Ritterkreuzes soll ihn Großherzog Karl Fried- hunderts Bier erzeugt wurde. Um 1875 buhlten 1896 das Geschäft endgültig aufgab, das Gebäude amt wurde seine Bewerbung im September 1979 rich 1808 bei einem Empfang mit den Worten „Der auf diesem kleinen Areal gleichzeitig sieben un- abreißen ließ und es durch einen Neubau ersetzte. endgültig abgelehnt: Er hatte an Veranstaltungen Mann von Hersfeld!“ begrüßt haben. abhängige Brauereien um die Gunst der Kunden. Für ihn war das die letzte Gelegenheit, seiner der DKP teilgenommen. Zum Werkzeugmacher Am Russlandfeldzug Napoleons musste auch Die beiden größten, Hoepfner und Glaßner, be- Zunft und sich selbst ein kleines, in Stein gemei- umgeschult, war er bis zur Verrentung in diesem der seit Februar 1812 verheiratete Generalmajor legten mit jeweils knapp 10 000 Hektoliter Jahres- ßeltes Denkmal zu setzen. Schon im Jahr darauf Beruf tätig. Lingg mit dem badischen Korps teilnehmen. Die produktion die Plätze 7 und 8 in der Rangliste der verkaufte er das neue Gebäude an die Brauerei Prototypisch ist der „Fall“ Lutz Bäuerle. Mit der Rückzugsgefechte der Grande Armée an der Be- über 20 Brauereien, die es damals in der knapp Printz (später Schrempp-Printz), die darin bis An- „Auffassung, dass man den antifaschistischen, de- resina Ende November 1812 überlebte Lingg ver- 43 000 Einwohner zählenden Stadt Karlsruhe gab. fang der 1960iger Jahre das Gasthaus „Zum Grü- mokratischen und sozialen Auftrag des Grundge- letzt als einer von nur 41 Mann des Korps. Im März P und Z stehen für Philip Zahn, einen umtrie- Fotos: Volker C. Ihle nen Berg“ und später die nach dem benachbarten setzes ernst nehmen müsse“, trat er 1972 in die 1813 nahm er, zum Generalleutnant befördert, sei- bigen Menschen. Nachdem er 1873 die noch heu- Kino benannte „Rex Bierklause“ verpachtete. DKP ein. Er war in Nagold als Lehrer tätig, aktives nen Abschied. Danach lebte er in seinem Haus, te bestehende Wirtschaft „Zum Bären“ am Bruch- Philipp Zahn war nicht nur der letzte Brauer in GEW-Mitglied, Personalrat. Der Elternbeirat Waldhornstraße 18 in Karlsruhe, nahe dem saler Damianstor samt Hausbrauerei verkauft hat- später packte ihn wohl die Sehnsucht nach seiner der Kaiserstraße 57 und 33. Mit seiner Betriebs- wehrte sich „mit allen Mitteln gegen einseitige Schloss. Bei der erstgeborenen, früh verstorbenen te, eröffnete er ein Café-Lokal. Sieben Jahre alten Tätigkeit. Er suchte eine neue Wirkungsstät- aufgabe schloss auch eine der letzten handwerk- politische Manipulation unserer Kinder in der Tochter Stéphanie waren die Kgl. Hoheiten Karl te, und wurde in Karlsruhe fündig. Die Brauerei lich arbeitenden Brauereien Karlsruhes. Die Zu- Schule … In keinem Fall trifft dies jedoch auf und Stephanie Taufpaten. Seine Frau Adèle Gru- Glaßner stand zum Verkauf. Sie befand sich ge- kunft gehörte um die Jahrhundertwende den Herrn Bäuerle zu.“ Man könne „ohne Einschrän- au (*1791), Tochter eines Plantagenbesitzers in St. genüber des heutigen KIT in der Kaiserstraße 57, Brauereien, die industriell produzierten. Doch die kung sagen, dass [er] sich im Unterricht einwand- Domingo und Pensionatsfreundin von Großherzo- Bei Wartungsarbeiten an einem Server sind wo sich bald darauf in einem Neubau die Wirt- lagen alle nicht mehr in der Innenstadt. frei verhält. Als Lehrer ist er beliebt, … auch des- gin Stéphanie, war als deren Hofdame aus Paris fast alle Mailadressen für den Versand des schaft „Zur Harmonie“, später das „Café Oxford“ halb, weil er sich um politische Neutralität be- nach Baden mitgekommen. 1822 folgte die Fami- Newsletters zur Information über das Er- ansiedelten. Ihr Gründer Christoph Glaßner hatte müht.“ In einem Blitzverfahren unter Ausschluss lie der auf ihren Witwensitz in Mannheim verzo- scheinen des neuesten „Blick in die Ge- dort 1844 im Alter von 30 Jahren das Braugewerbe der Öffentlichkeit bestätigte der Disziplinarhof am genen Stéphanie und lebte im eigenen Haus in schichte“ im Internet verloren gegangen. begonnen und war jetzt 66jährig verstorben. Zwar Herausgeber / Redaktion: Dr. Manfred Koch 25. November 1982 die Entlassung. Präsident der Schlossnähe. Hochgeachtet, vom hessischen Kur- Zur (Neu-)Abonnierung des Newsletters nut- hatte sein Sohn Karl wenige Jahre zuvor die Brau- Herstellung: Badendruck Kammer und verantwortlich für das Urteil war Dr. fürsten 1827 in den erblichen Adelstand „von zen Sie bitte den Link auf der Seite: erei übernommen, es dann aber doch vorgezogen „Blick in die Geschichte“ online ab Nr. 61/2003 Plakat zu einer Veranstaltung mit Betroffenen aus Helmut Fuchs, Freiwilliger in der „7. SS-Leibstan- Linggenfeld“ erhoben und mit Orden geehrt ver- www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/ in die USA auszuwandern. 1881 wurde Philipp unter: www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/ Karlsruhe und Gästen aus Frankreich und Italien darte Adolf Hitler“, Rechtsberater der „Hilfsge- starb Lingg am 11. Januar 1842. Am Linggplatz in blick_geschichte/ausgaben.de Zahn mit der Witwe Lina Glaßner handelseinig, blick_geschichte/ausgaben.de am 4. Mai 1981 im Dietrich-Bonhoeffer-Haus. Bad Hersfeld erinnert ein Denkmal an den Retter pachtete die Brauerei und ließ sich hier nieder. Foto: Stadtarchiv Fortsetzung Seite 2 der Stadt. Christa Koch

4 Blick in die Geschichte, Karlsruher stadthistorische Beiträge Blick in die Geschichte, Karlsruher stadthistorische Beiträge 1 meinschaft auf Gegenseitigkeit ehemaliger Ange- schnur herangezogen. Dies war ein grundlegender unwürdige Lage gebracht hätte, gegen die er sich der Regenbogenpresse veröffentlicht worden war höriger der Waffen-SS HIAG“. Paradigmenwechsel, der, wie es später im juristi- nun wehre. Der Kläger machte keinen materiellen, und unzutreffende Angaben zu ihrem Privatleben Stefan Kühner wiederum begann 1980 eine Tä- schen Schrifttum lautete, radikaler kaum denkbar sondern einen ideellen Schaden geltend. Aus- enthielt. Die Prinzessin bekam in allen drei In- tigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der war. Das Reichsgericht in Leipzig, in dessen funk- gleich für einen derartigen Schaden konnte nach stanzen auf der Grundlage der neuen Judikatur Uni Karlsruhe. Eine Vertragsverlängerung 1982 tionaler Nachfolge der Bundesgerichtshof steht, den damals maßgeblichen Bestimmungen der §§ zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht Recht. Die stand in Frage, da er auf der Liste des Marxisti- hatte in jahrzehntelanger Rechtsprechung ein 253, 847 BGB (Schmerzensgeld) nur im Falle einer hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde des schen Studentenbundes MSB Spartakus für Or- derartiges Abwehrrecht stets abgelehnt. Körperverletzung, einer Freiheitsentziehung oder unterlegenen Zeitungsverlages beanstandete ins- gane der studentischen Selbstverwaltung kandi- Zwei Jahre später stellte der Bundesgerichtshof einer ähnlichen Rechtsverletzung gewährt wer- besondere die Befugnis der Gerichte angesichts diert hatte. „Unter der Zusicherung, dass ich nicht in einer weiteren Entscheidung fest, dass eine un- den, nicht aber für eine Verletzung des neu be- der klaren Rechtslage (§ 253 BGB) immateriellen in der Lehre, bei Vorlesungen oder für Seminare berechtigte Bildwiedergabe zu Werbezwecke zur gründeten allgemeine Persönlichkeitsrechts. Der Schadensersatz zuzusprechen und machte sich da- eingesetzt werde, durfte ich bleiben. Eine akade- Zahlung von Schadensersatz verpflichte. Zugrun- Bundesgerichtshof sprach gleichwohl für die bei die Contralegem-Argumente aus dem rechts- mische Berufslaufbahn war damit allerdings für de lag eine Zahlungsklage des Schauspielers Paul Rechtsverletzung eine angemessene Entschädi- wissenschaftlichen Schrifttum zu Eigen. Die von mich nicht mehr möglich.“ Dahlke (1904 – 1984), der von einem Pressefoto- gung in Geld aus und begründete die analoge An- der Verfassungsbeschwerde angegriffene Ent- grafen auf einem von diesem mitgebrachten NSU- wendung des § 847 BGB auf die zur Entscheidung scheidung des Bundesgerichtshofs erging 1965. Kampf gegen die Berufsverbote Motorrollers fotografiert worden war. Anschlie- stehende Fallgestaltung mit der vom Grundgesetz Nach einer recht langen Verfahrensdauer von im- ßend hatte der Fotograf die Aufnahme ohne wei- gebotenen Gewährleistung wirksamen Rechts- merhin acht Jahren, was die Schwierigkeit der Am 1. Dezember 1975 gründete sich als Zusam- tere Rücksprache mit Dahlke an die NSU-Mo- schutzes. In der Tat führen Verletzungen des allge- Entscheidungsfindung beim Bundesverfassungs- menschluss Betroffener die Karlsruher Initiative torenwerke veräußert, die das Bild zu Reklame- meinen Persönlichkeitsrechts vielfach nur zu im- gericht erahnen lässt, wurde die Beschwerde zur Verteidigung der Grundrechte, um den Wider- zwecken verwendet hatte (Berühmter Mann auf materiellen Beeinträchtigungen, so dass ohne Zu- schließlich mit Beschluss vom 14. Februar 1973 als stand zu organisieren und Gegenöffentlichkeit zu berühmtem Fahrzeug). Der Bundesgerichtshof erkennung eines immateriellen Schadensersatzes unbegründet zurückgewiesen und im Leitsatz aus- schaffen. Ihre Aktionen wurden regelmäßiger Be- sprach dem Schauspieler wegen der Verletzung derartige Handlungen sanktionslos blieben. gesprochen: Die Rechtsprechungder Zivilgerichte, standteil alternativer und linker Politik bis in die seines Persönlichkeitsrechts materiellen Scha- wonach bei schweren Verletzungen des allgemei- frühen 1980er Jahre. Schon am 29. Mai 1976 wur- densersatz unter dem Gesichtspunkt einer ent- Die verfassungsgerichtliche Überprüfung nen Persönlichkeitsrechts Ersatz in Geld auch für de eine internationale Veranstaltung gegen die gangenen Lizenzgebühr zu. der neuen Judikatur immaterielle Schäden beansprucht werden kann, Berufsverbote in der Festhalle Durlach veranstal- Dieser Lösungsweg stand bei der 1958 anste- ist mit dem Grundgesetz vereinbar. tet, u.a. mit dem bekannten politischen Kabaret- Aktion „Das Maß ist voll“, 8. Mai 1982. Demonstrationszug in der Waldstraße. Foto: Stadtarchiv henden „Herrenreiter-Entscheidung“ nicht zur Mit diesen wegweisenden Entscheidungen des Damit war die Rechtsprechungslinie auch ver- tisten Dieter Süverkrüp. Regelmäßig traten bei Ak- Verfügung. Zwar ging es auch hier um die nicht I. Zivilsenats war im Wege der Rechtsfortbildung fassungsrechtlich „abgesegnet“. Sie hat bis heute tionen bekannte Künstler vor großem Publikum genehmigte Verwendung einer Fotografie für Re- das allgemeine Persönlichkeitsrecht begründet in ihren wesentlichen Konturen Bestand. Sie ist auf, etwa am 31. Januar 1978 die Gruppe Zupfgei- anstaltung „1878 Sozialistengesetze – 1978 Be- sollte lange notwendig bleiben. Noch am 28. Fe- klamezwecke. Der im Dahlke-Fall maßgebliche und durch die Zuerkennung einer angemessenen kein Prominentenprivileg, sondern bietet als un- genhansel im Kleinen Schauspielhaus. Immer rufsverbote“ mit Dr. Heinz Düx, Richter am OLG bruar 1983 wurde Hans Joachim Wunderlich we- Gedanke, bei rechtmäßigem Vorgehen hätten die Entschädigung in Geld bei schwerwiegenden Ver- verzichtbarer Bestandteil unserer Privatrechtsord- wurde der europäische Bezug hergestellt. Berufs- Frankfurt, stattgefunden, um die historische Kon- gen DKP-Mitgliedschaft als Mitarbeiter des Uni- Beklagten, um die Erlaubnis des Betroffenen nach- letzungstatbeständen auch eine wirksame Sankti- nung jedem in der Öffentlichkeit grundlos bloßge- verbote waren kein deutsches Phänomen: „Für ein tinuität aufzuzeigen. Der Veranstaltungsort für Rechenzentrums gekündigt. Am 16. Februar 1987 suchen und diesem eine entsprechende Lizenzge- onsmöglichkeit geschaffen worden. Diese mutige stellten Bürger wirksamen Rechtsschutz. An der Europa ohne Berufsverbote“ lautete konsequent den landesweiten Aktionstag gegen Berufsver- fand unter dem Motto „15 Jahre Berufsverbote“ bühr entrichten müssen, konnte nicht weiterhel- und richtungsweisende Rechtsprechungslinie Rechtsschöpfung des allgemeinen Persönlich- der Titel einer Veranstaltung mit Betroffenen aus bote mit Demonstration und Konzertveranstaltung eine Solidaritätsveranstaltung wiederum im Bon- fen. Der Kläger, ein namhafter Brauereibesitzer, wurde von dem für das Deliktsrecht zuständigen keitsrechts waren namhafte Richterpersönlich- Karlsruhe und Gästen aus Frankreich und Italien in der Schwarzwaldhalle am 11. April 1981 zeigt, hoeffer-Haus statt und erst am 20. Februar 1988 wandte sich gegen die Verwendung eines ihn bei VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs übernom- keiten beteiligt, stellvertretend seien Gerda Krü- am 26. Januar 1979 im Dietrich-Bonhoeffer-Haus. dass das Thema keines am Rande der Gesellschaft ein Fest für Klaus Lipps: „Deutsche Freiheit – Auf- einem Reitturnier zeigenden Bildes, mit dem die men und weiter konkretisiert. Sie wurde schließ- ger-Nieland (1910 – 2000), Berichterstatterin der Ebenso wenig war sie eine Erscheinung, die allein war, die Aktivitäten kein lokales Randereignis. rechter Gang“ im Konzerthaus, am 28. Januar Beklagte ein von ihr hergestellten Sexualkräfti- lich auch Gegenstand einer Verfassungsbeschwer- ersten Entscheidungen im I. Zivilsenat sowie Angehörige linker Gruppierungen betraf. Am 21. Die Aktion „Das Maß ist voll“ am 8. Mai 1982 1989 das „Gerlinde Fronemann Erfolgsfest ‘Trotz gungsmittel beworben hatte. Eine Lizenzanalogie de. Ausgangspunkt war eine Schadensersatzklage Theodor Ritterspach (1904 – 1999), Berichterstatter Mai 1979 sprach Pfarrer H. Stuckmann aus Mainz richtete sich gegen die Berufsverbote-Politik, die alledem‘“ anlässlich der Aufhebung des Berufs- schied aus, weil, wie in der Entscheidung formu- der Prinzessin Soraya (1932 – 2001), der früheren im Verfassungsbeschwerdeverfahren genannt, zum Thema „30 Jahre Grundgesetz. Das Maß ist in Baden-Württemberg unter Kultusminister Ma- verbots – ein Urteil des BVG hatte 1975 keine liert wurde, nicht unterstellt werden könne, dass Ehefrau des Schahs von Persien, mit der sie sich beides Richter der ersten Stunde in der Residenz voll“ – wiederum im Bonhoeffer-Haus. yer-Vorfelder mit besonderer Härte verfolgt wur- Klarheit gebracht, der Erlass war 1979 von der Ko- der Kläger sich für viel Geld doch freiwillig in die gegen ein frei erfundenes Interview wandte, das in des Rechts. Eine spektakuläre Aktion stellte am 4. Mai 1980 de. In ihrer Ausgabe vom 10. Mai schrieben die alition aus SPD und FDP aufgekündigt worden. den historischen Bezug her: Die Räume des Ba- BNN auf S. 9: „… Ein makabrer Zug bewegte sich Wiewohl die Praxis bereits 1995 durch den Eu- dischen Kunstvereins mit der Ausstellung „Wider- da auf des Oberbürgermeisters liebstem Platz: Vo- ropäischen Gerichtshof als Verstoß gegen die stand statt Anpassung“ wurden besetzt, um neben ran ein Henker mit schwarzer Kapuze, der sechs Menschenrechte verurteilt wurde, fordern Betrof- dem dort gezeigten Blick auf die Historie darauf gefesselte Lehrer hinter sich herzog – Gerlinde fene noch immer Entschädigung und Rehabilitie- aufmerksam zu machen, „dass Widerstand gegen Fronemann und andere, die das Kultusministeri- rung. In Baden-Württemberg versucht die Initia- Anpassung heute aktuell ist“. Circa 500 Men- um wegen angeblicher DKP-Mitgliedschaft maß- tivgruppe 40 Jahre Radikalenerlass seit 2012, die schen beteiligten sich, vor allem Schülerinnen und regelte.“ Die Arbeit der Initiative zur Verteidi- Landesregierung zu einer Entschuldigung für das Schüler. Schon am 20. Oktober 1978 hatte die Ver- gung der Grundrechte, die sie organisiert hatte, Unrecht zu bewegen – bislang vergeblich.

Karlsruhe hat gesprochen

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Zivilrecht von Detlev Fischer

Am 1. Oktober 1950 wurde der Bundesgericht- eingegangen werden, die das bürgerliche Delikts- hof in Karlsruhe als oberstes Gericht für die Zivil- recht entscheidend weiterentwickelte. Sie löste und Strafrechtspflege eröffnet. Von Anfang an wa- anfänglich eine lebhafte und kontroverse Debatte ren ihm zwei Aufgabenbereiche zugewiesen: Zum in der Rechtswissenschaft aus und konfrontierte einen die Rechtseinheit für das Zivil- und Straf- den Bundesgerichtshof mit dem Vorwurf, er ent- recht zu gewährleisten und zum anderen das be- scheide contra legem, mithin gegen das Gesetz. stehende Recht unter besonderen Vorausset- Erstmals mit Urteil vom 25. Mai 1954 erkannte der zungen fortzuentwickeln. Der erste Aufgabenbe- Bundesgerichtshof ein allgemeines Persönlich- reich, die Wahrung der Rechtseinheit, betrifft das keitsrecht an, das dem Betroffenen Abwehr- und Drei der zahlreichen Künstler und Künstlerinnen aus Karlsruhe, die bei Weltausstellungen beteiligt waren: Gustav Schönleber (1851 – 1917), Alwine Schroedter geltende Recht. Er besagt, dass beispielsweise die Unterlassungsansprüche gegen rechtswidrige (1820 – 1892) und Wilhem Klose (1830 – 1914). Fotos: Stadtarchiv im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) niederge- Eingriffe im Privatrechtsverkehr zubilligte. Ge- legten Regelungen für die einzelnen Vertrags- genstand des Prozesses war eine Klage des frühe- arten, wie das Kauf- und das Mietrecht, im ganzen ren Reichsbankpräsidenten und späteren NS- Präsenz auf internationaler Ebene Bundesgebiet von den Instanzgerichten, den Wirtschaftsministers Hjalmar Schacht (1877 – Amts-, Land- und Oberlandesgerichten, einheit- 1970) gegen die überregionale Wochenzeitung lich ausgelegt werden. Verstößt ein Instanzgericht Welt am Sonntag. Der Kläger wandte sich dage- im Einzelfall hiergegen, so kann der Bundesge- gen, dass ein von seinem Rechtsanwalt verfasstes Karlsruher Künstler und Künstlerinnen richtshof angerufen werden und für eine einheit- Berichtigungsschreiben zu einem ihn betref- liche Rechtsanwendung sorgen. Das Gleiche gilt, fenden Zeitungsartikel unter Fortlassung wesent- falls eine einzelne Rechtsfrage des geltenden licher Teile nur als einfacher Leserbrief abge- auf Weltausstellungen von Katja Förster Rechts höchstrichterlich noch nicht geklärt ist. Der druckt worden war. Während noch das Berufungs- zweite Aufgabenbereich, die Fortbildung des gericht die Klage als unbegründet angesehen Rechts, obliegt hingegen nach den Grundsätzen hatte, gelangte der Bundesgerichtshof zum ge- Mit der Eröffnung der „Great Exhibition of the Unternehmen vertreten waren, rückten seit der zum Hofmaler ernannte Franz Xaver Winterhal- der Gewaltenteilung in erster Linie dem Gesetzge- genteiligen Ergebnis. Er gab der auf Widerruf ge- Works of Industry of All Nations“ 1851 in London zweiten „Exposition universelle des produits de ter, der später auch an den französischen und bri- ber, mithin Bundestag und Bundesrat. Die Recht- richteten Klage statt und stützte dies auf die Ver- setzte eine globale Ausstellungsbewegung ein, l’industrie et des beaux-arts“ 1855 in Paris auch tischen Hof berufen wurde. Als gefragtester Por- sprechung ist hierzu nur ausnahmsweise befugt, letzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die bis heute fortbesteht und von den teilneh- die künstlerischen Leistungen in den Fokus der trätist des europäischen Hochadels wurde seine und zwar dann, wenn Gesetze regelungsbedürfti- dessen zivilrechtliche Grundlage in § 823 Abs. 1 menden Nationen noch immer als öffentliches Fo- Veranstaltungen. Über 130 Künstler, Kunsthand- Kunst aber auch von anderen Fürstenhäusern be- ge Lücken aufweisen, etwa wenn alte Bestim- BGB (sonstiges Recht) liege. Bemerkenswert ist, rum für ihre neuesten technischen, wissenschaftli- werker, Kunstgewerbler und Architekten, die mit ansprucht. Auf der Londoner Weltausstellung von mungen den Bedürfnissen der gewandelten Le- dass der Bundesgerichtshof die Anerkennung ei- chen und kulturellen Errungenschaften genutzt Karlsruhe in besonderer Verbindung stehen, be- 1862 war er mit dem Porträt der Kaiserin Eugénie bensverhältnisse nicht mehr gerecht werden. nes allgemeinen Persönlichkeitsrechts unmittel- wird. Das Großherzogtum Baden beteiligte sich teiligten sich bis zum Ersten Weltkrieg an den in der französischen und der Darstellung der bar aus den Artikeln 1 (Menschenwürde) und 2 von Beginn an den bombastischen Leistungs- Universalschauen. preußischen Kronprinzenfamilie in der eng- Die ersten Entscheidungen Der Bundesgerichtshof im Erbgroßherzoglichen (Recht auf Entfaltung der Persönlichkeit) des schauen, die ab 1867 in der Regel über 52 000 lischen Abteilung vertreten, auf der Wiener Aus- zum Persönlichkeitsrecht Palais 1957. In mehreren Entscheidungen der Grundgesetzes herleitete. Damit wurde das Scha- Aussteller aus über 40 Ländern verzeichneten. Paris 1855 stellung von 1873 präsentierte sein Porträt von 1950er-Jahre fand der BGH hier zur Rechtsschöp- densersatzsystem des BGB nicht isoliert betrach- Während die Londoner Veranstaltung noch ganz Kaiserin Elisabeth (außer Katalog) die österrei-

Im Folgenden soll auf eine bereits in den Fünfzi- fung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. tet, sondern die Wertvorstellung und die Wertord- im Zeichen der technisch-industriellen Fabrikati- Hauptrepräsentant der badischen Kunst in Pa- chische Malerei. Zu den Ausstellern in Paris 1855 gerjahren begründete Rechtsfortbildung näher Foto: Stadtarchiv nung des Grundgesetzes als maßgebliche Richt- on stand und dort nur badische und Karlsruher ris 1855 war der 1834 von Großherzog Leopold gehörten auch Ludwig Des Coudres, Hans

Blick in die Geschichte, Karlsruher stadthistorische Beiträge Blick in die Geschichte, Karlsruher stadthistorische Beiträge 3 2 030 meinschaft auf Gegenseitigkeit ehemaliger Ange- schnur herangezogen. Dies war ein grundlegender unwürdige Lage gebracht hätte, gegen die er sich der Regenbogenpresse veröffentlicht worden war höriger der Waffen-SS HIAG“. Paradigmenwechsel, der, wie es später im juristi- nun wehre. Der Kläger machte keinen materiellen, und unzutreffende Angaben zu ihrem Privatleben Stefan Kühner wiederum begann 1980 eine Tä- schen Schrifttum lautete, radikaler kaum denkbar sondern einen ideellen Schaden geltend. Aus- enthielt. Die Prinzessin bekam in allen drei In- tigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der war. Das Reichsgericht in Leipzig, in dessen funk- gleich für einen derartigen Schaden konnte nach stanzen auf der Grundlage der neuen Judikatur Uni Karlsruhe. Eine Vertragsverlängerung 1982 tionaler Nachfolge der Bundesgerichtshof steht, den damals maßgeblichen Bestimmungen der §§ zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht Recht. Die stand in Frage, da er auf der Liste des Marxisti- hatte in jahrzehntelanger Rechtsprechung ein 253, 847 BGB (Schmerzensgeld) nur im Falle einer hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde des schen Studentenbundes MSB Spartakus für Or- derartiges Abwehrrecht stets abgelehnt. Körperverletzung, einer Freiheitsentziehung oder unterlegenen Zeitungsverlages beanstandete ins- gane der studentischen Selbstverwaltung kandi- Zwei Jahre später stellte der Bundesgerichtshof einer ähnlichen Rechtsverletzung gewährt wer- besondere die Befugnis der Gerichte angesichts diert hatte. „Unter der Zusicherung, dass ich nicht in einer weiteren Entscheidung fest, dass eine un- den, nicht aber für eine Verletzung des neu be- der klaren Rechtslage (§ 253 BGB) immateriellen in der Lehre, bei Vorlesungen oder für Seminare berechtigte Bildwiedergabe zu Werbezwecke zur gründeten allgemeine Persönlichkeitsrechts. Der Schadensersatz zuzusprechen und machte sich da- eingesetzt werde, durfte ich bleiben. Eine akade- Zahlung von Schadensersatz verpflichte. Zugrun- Bundesgerichtshof sprach gleichwohl für die bei die Contralegem-Argumente aus dem rechts- mische Berufslaufbahn war damit allerdings für de lag eine Zahlungsklage des Schauspielers Paul Rechtsverletzung eine angemessene Entschädi- wissenschaftlichen Schrifttum zu Eigen. Die von mich nicht mehr möglich.“ Dahlke (1904 – 1984), der von einem Pressefoto- gung in Geld aus und begründete die analoge An- der Verfassungsbeschwerde angegriffene Ent- grafen auf einem von diesem mitgebrachten NSU- wendung des § 847 BGB auf die zur Entscheidung scheidung des Bundesgerichtshofs erging 1965. Kampf gegen die Berufsverbote Motorrollers fotografiert worden war. Anschlie- stehende Fallgestaltung mit der vom Grundgesetz Nach einer recht langen Verfahrensdauer von im- ßend hatte der Fotograf die Aufnahme ohne wei- gebotenen Gewährleistung wirksamen Rechts- merhin acht Jahren, was die Schwierigkeit der Am 1. Dezember 1975 gründete sich als Zusam- tere Rücksprache mit Dahlke an die NSU-Mo- schutzes. In der Tat führen Verletzungen des allge- Entscheidungsfindung beim Bundesverfassungs- menschluss Betroffener die Karlsruher Initiative torenwerke veräußert, die das Bild zu Reklame- meinen Persönlichkeitsrechts vielfach nur zu im- gericht erahnen lässt, wurde die Beschwerde zur Verteidigung der Grundrechte, um den Wider- zwecken verwendet hatte (Berühmter Mann auf materiellen Beeinträchtigungen, so dass ohne Zu- schließlich mit Beschluss vom 14. Februar 1973 als stand zu organisieren und Gegenöffentlichkeit zu berühmtem Fahrzeug). Der Bundesgerichtshof erkennung eines immateriellen Schadensersatzes unbegründet zurückgewiesen und im Leitsatz aus- schaffen. Ihre Aktionen wurden regelmäßiger Be- sprach dem Schauspieler wegen der Verletzung derartige Handlungen sanktionslos blieben. gesprochen: Die Rechtsprechungder Zivilgerichte, standteil alternativer und linker Politik bis in die seines Persönlichkeitsrechts materiellen Scha- wonach bei schweren Verletzungen des allgemei- frühen 1980er Jahre. Schon am 29. Mai 1976 wur- densersatz unter dem Gesichtspunkt einer ent- Die verfassungsgerichtliche Überprüfung nen Persönlichkeitsrechts Ersatz in Geld auch für de eine internationale Veranstaltung gegen die gangenen Lizenzgebühr zu. der neuen Judikatur immaterielle Schäden beansprucht werden kann, Berufsverbote in der Festhalle Durlach veranstal- Dieser Lösungsweg stand bei der 1958 anste- ist mit dem Grundgesetz vereinbar. tet, u.a. mit dem bekannten politischen Kabaret- Aktion „Das Maß ist voll“, 8. Mai 1982. Demonstrationszug in der Waldstraße. Foto: Stadtarchiv henden „Herrenreiter-Entscheidung“ nicht zur Mit diesen wegweisenden Entscheidungen des Damit war die Rechtsprechungslinie auch ver- tisten Dieter Süverkrüp. Regelmäßig traten bei Ak- Verfügung. Zwar ging es auch hier um die nicht I. Zivilsenats war im Wege der Rechtsfortbildung fassungsrechtlich „abgesegnet“. Sie hat bis heute tionen bekannte Künstler vor großem Publikum genehmigte Verwendung einer Fotografie für Re- das allgemeine Persönlichkeitsrecht begründet in ihren wesentlichen Konturen Bestand. Sie ist auf, etwa am 31. Januar 1978 die Gruppe Zupfgei- anstaltung „1878 Sozialistengesetze – 1978 Be- sollte lange notwendig bleiben. Noch am 28. Fe- klamezwecke. Der im Dahlke-Fall maßgebliche und durch die Zuerkennung einer angemessenen kein Prominentenprivileg, sondern bietet als un- genhansel im Kleinen Schauspielhaus. Immer rufsverbote“ mit Dr. Heinz Düx, Richter am OLG bruar 1983 wurde Hans Joachim Wunderlich we- Gedanke, bei rechtmäßigem Vorgehen hätten die Entschädigung in Geld bei schwerwiegenden Ver- verzichtbarer Bestandteil unserer Privatrechtsord- wurde der europäische Bezug hergestellt. Berufs- Frankfurt, stattgefunden, um die historische Kon- gen DKP-Mitgliedschaft als Mitarbeiter des Uni- Beklagten, um die Erlaubnis des Betroffenen nach- letzungstatbeständen auch eine wirksame Sankti- nung jedem in der Öffentlichkeit grundlos bloßge- verbote waren kein deutsches Phänomen: „Für ein tinuität aufzuzeigen. Der Veranstaltungsort für Rechenzentrums gekündigt. Am 16. Februar 1987 suchen und diesem eine entsprechende Lizenzge- onsmöglichkeit geschaffen worden. Diese mutige stellten Bürger wirksamen Rechtsschutz. An der Europa ohne Berufsverbote“ lautete konsequent den landesweiten Aktionstag gegen Berufsver- fand unter dem Motto „15 Jahre Berufsverbote“ bühr entrichten müssen, konnte nicht weiterhel- und richtungsweisende Rechtsprechungslinie Rechtsschöpfung des allgemeinen Persönlich- der Titel einer Veranstaltung mit Betroffenen aus bote mit Demonstration und Konzertveranstaltung eine Solidaritätsveranstaltung wiederum im Bon- fen. Der Kläger, ein namhafter Brauereibesitzer, wurde von dem für das Deliktsrecht zuständigen keitsrechts waren namhafte Richterpersönlich- Karlsruhe und Gästen aus Frankreich und Italien in der Schwarzwaldhalle am 11. April 1981 zeigt, hoeffer-Haus statt und erst am 20. Februar 1988 wandte sich gegen die Verwendung eines ihn bei VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs übernom- keiten beteiligt, stellvertretend seien Gerda Krü- am 26. Januar 1979 im Dietrich-Bonhoeffer-Haus. dass das Thema keines am Rande der Gesellschaft ein Fest für Klaus Lipps: „Deutsche Freiheit – Auf- einem Reitturnier zeigenden Bildes, mit dem die men und weiter konkretisiert. Sie wurde schließ- ger-Nieland (1910 – 2000), Berichterstatterin der Ebenso wenig war sie eine Erscheinung, die allein war, die Aktivitäten kein lokales Randereignis. rechter Gang“ im Konzerthaus, am 28. Januar Beklagte ein von ihr hergestellten Sexualkräfti- lich auch Gegenstand einer Verfassungsbeschwer- ersten Entscheidungen im I. Zivilsenat sowie Angehörige linker Gruppierungen betraf. Am 21. Die Aktion „Das Maß ist voll“ am 8. Mai 1982 1989 das „Gerlinde Fronemann Erfolgsfest ‘Trotz gungsmittel beworben hatte. Eine Lizenzanalogie de. Ausgangspunkt war eine Schadensersatzklage Theodor Ritterspach (1904 – 1999), Berichterstatter Mai 1979 sprach Pfarrer H. Stuckmann aus Mainz richtete sich gegen die Berufsverbote-Politik, die alledem‘“ anlässlich der Aufhebung des Berufs- schied aus, weil, wie in der Entscheidung formu- der Prinzessin Soraya (1932 – 2001), der früheren im Verfassungsbeschwerdeverfahren genannt, zum Thema „30 Jahre Grundgesetz. Das Maß ist in Baden-Württemberg unter Kultusminister Ma- verbots – ein Urteil des BVG hatte 1975 keine liert wurde, nicht unterstellt werden könne, dass Ehefrau des Schahs von Persien, mit der sie sich beides Richter der ersten Stunde in der Residenz voll“ – wiederum im Bonhoeffer-Haus. yer-Vorfelder mit besonderer Härte verfolgt wur- Klarheit gebracht, der Erlass war 1979 von der Ko- der Kläger sich für viel Geld doch freiwillig in die gegen ein frei erfundenes Interview wandte, das in des Rechts. Eine spektakuläre Aktion stellte am 4. Mai 1980 de. In ihrer Ausgabe vom 10. Mai schrieben die alition aus SPD und FDP aufgekündigt worden. den historischen Bezug her: Die Räume des Ba- BNN auf S. 9: „… Ein makabrer Zug bewegte sich Wiewohl die Praxis bereits 1995 durch den Eu- dischen Kunstvereins mit der Ausstellung „Wider- da auf des Oberbürgermeisters liebstem Platz: Vo- ropäischen Gerichtshof als Verstoß gegen die stand statt Anpassung“ wurden besetzt, um neben ran ein Henker mit schwarzer Kapuze, der sechs Menschenrechte verurteilt wurde, fordern Betrof- dem dort gezeigten Blick auf die Historie darauf gefesselte Lehrer hinter sich herzog – Gerlinde fene noch immer Entschädigung und Rehabilitie- aufmerksam zu machen, „dass Widerstand gegen Fronemann und andere, die das Kultusministeri- rung. In Baden-Württemberg versucht die Initia- Anpassung heute aktuell ist“. Circa 500 Men- um wegen angeblicher DKP-Mitgliedschaft maß- tivgruppe 40 Jahre Radikalenerlass seit 2012, die schen beteiligten sich, vor allem Schülerinnen und regelte.“ Die Arbeit der Initiative zur Verteidi- Landesregierung zu einer Entschuldigung für das Schüler. Schon am 20. Oktober 1978 hatte die Ver- gung der Grundrechte, die sie organisiert hatte, Unrecht zu bewegen – bislang vergeblich.

Karlsruhe hat gesprochen

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Zivilrecht von Detlev Fischer

Am 1. Oktober 1950 wurde der Bundesgericht- eingegangen werden, die das bürgerliche Delikts- hof in Karlsruhe als oberstes Gericht für die Zivil- recht entscheidend weiterentwickelte. Sie löste und Strafrechtspflege eröffnet. Von Anfang an wa- anfänglich eine lebhafte und kontroverse Debatte ren ihm zwei Aufgabenbereiche zugewiesen: Zum in der Rechtswissenschaft aus und konfrontierte einen die Rechtseinheit für das Zivil- und Straf- den Bundesgerichtshof mit dem Vorwurf, er ent- recht zu gewährleisten und zum anderen das be- scheide contra legem, mithin gegen das Gesetz. stehende Recht unter besonderen Vorausset- Erstmals mit Urteil vom 25. Mai 1954 erkannte der zungen fortzuentwickeln. Der erste Aufgabenbe- Bundesgerichtshof ein allgemeines Persönlich- reich, die Wahrung der Rechtseinheit, betrifft das keitsrecht an, das dem Betroffenen Abwehr- und Drei der zahlreichen Künstler und Künstlerinnen aus Karlsruhe, die bei Weltausstellungen beteiligt waren: Gustav Schönleber (1851 – 1917), Alwine Schroedter geltende Recht. Er besagt, dass beispielsweise die Unterlassungsansprüche gegen rechtswidrige (1820 – 1892) und Wilhem Klose (1830 – 1914). Fotos: Stadtarchiv im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) niederge- Eingriffe im Privatrechtsverkehr zubilligte. Ge- legten Regelungen für die einzelnen Vertrags- genstand des Prozesses war eine Klage des frühe- arten, wie das Kauf- und das Mietrecht, im ganzen ren Reichsbankpräsidenten und späteren NS- Präsenz auf internationaler Ebene Bundesgebiet von den Instanzgerichten, den Wirtschaftsministers Hjalmar Schacht (1877 – Amts-, Land- und Oberlandesgerichten, einheit- 1970) gegen die überregionale Wochenzeitung lich ausgelegt werden. Verstößt ein Instanzgericht Welt am Sonntag. Der Kläger wandte sich dage- im Einzelfall hiergegen, so kann der Bundesge- gen, dass ein von seinem Rechtsanwalt verfasstes Karlsruher Künstler und Künstlerinnen richtshof angerufen werden und für eine einheit- Berichtigungsschreiben zu einem ihn betref- liche Rechtsanwendung sorgen. Das Gleiche gilt, fenden Zeitungsartikel unter Fortlassung wesent- falls eine einzelne Rechtsfrage des geltenden licher Teile nur als einfacher Leserbrief abge- auf Weltausstellungen von Katja Förster Rechts höchstrichterlich noch nicht geklärt ist. Der druckt worden war. Während noch das Berufungs- zweite Aufgabenbereich, die Fortbildung des gericht die Klage als unbegründet angesehen Rechts, obliegt hingegen nach den Grundsätzen hatte, gelangte der Bundesgerichtshof zum ge- Mit der Eröffnung der „Great Exhibition of the Unternehmen vertreten waren, rückten seit der zum Hofmaler ernannte Franz Xaver Winterhal- der Gewaltenteilung in erster Linie dem Gesetzge- genteiligen Ergebnis. Er gab der auf Widerruf ge- Works of Industry of All Nations“ 1851 in London zweiten „Exposition universelle des produits de ter, der später auch an den französischen und bri- ber, mithin Bundestag und Bundesrat. Die Recht- richteten Klage statt und stützte dies auf die Ver- setzte eine globale Ausstellungsbewegung ein, l’industrie et des beaux-arts“ 1855 in Paris auch tischen Hof berufen wurde. Als gefragtester Por- sprechung ist hierzu nur ausnahmsweise befugt, letzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die bis heute fortbesteht und von den teilneh- die künstlerischen Leistungen in den Fokus der trätist des europäischen Hochadels wurde seine und zwar dann, wenn Gesetze regelungsbedürfti- dessen zivilrechtliche Grundlage in § 823 Abs. 1 menden Nationen noch immer als öffentliches Fo- Veranstaltungen. Über 130 Künstler, Kunsthand- Kunst aber auch von anderen Fürstenhäusern be- ge Lücken aufweisen, etwa wenn alte Bestim- BGB (sonstiges Recht) liege. Bemerkenswert ist, rum für ihre neuesten technischen, wissenschaftli- werker, Kunstgewerbler und Architekten, die mit ansprucht. Auf der Londoner Weltausstellung von mungen den Bedürfnissen der gewandelten Le- dass der Bundesgerichtshof die Anerkennung ei- chen und kulturellen Errungenschaften genutzt Karlsruhe in besonderer Verbindung stehen, be- 1862 war er mit dem Porträt der Kaiserin Eugénie bensverhältnisse nicht mehr gerecht werden. nes allgemeinen Persönlichkeitsrechts unmittel- wird. Das Großherzogtum Baden beteiligte sich teiligten sich bis zum Ersten Weltkrieg an den in der französischen und der Darstellung der bar aus den Artikeln 1 (Menschenwürde) und 2 von Beginn an den bombastischen Leistungs- Universalschauen. preußischen Kronprinzenfamilie in der eng- Die ersten Entscheidungen Der Bundesgerichtshof im Erbgroßherzoglichen (Recht auf Entfaltung der Persönlichkeit) des schauen, die ab 1867 in der Regel über 52 000 lischen Abteilung vertreten, auf der Wiener Aus- zum Persönlichkeitsrecht Palais 1957. In mehreren Entscheidungen der Grundgesetzes herleitete. Damit wurde das Scha- Aussteller aus über 40 Ländern verzeichneten. Paris 1855 stellung von 1873 präsentierte sein Porträt von 1950er-Jahre fand der BGH hier zur Rechtsschöp- densersatzsystem des BGB nicht isoliert betrach- Während die Londoner Veranstaltung noch ganz Kaiserin Elisabeth (außer Katalog) die österrei-

Im Folgenden soll auf eine bereits in den Fünfzi- fung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. tet, sondern die Wertvorstellung und die Wertord- im Zeichen der technisch-industriellen Fabrikati- Hauptrepräsentant der badischen Kunst in Pa- chische Malerei. Zu den Ausstellern in Paris 1855 gerjahren begründete Rechtsfortbildung näher Foto: Stadtarchiv nung des Grundgesetzes als maßgebliche Richt- on stand und dort nur badische und Karlsruher ris 1855 war der 1834 von Großherzog Leopold gehörten auch Ludwig Des Coudres, Hans

Blick in die Geschichte, Karlsruher stadthistorische Beiträge Blick in die Geschichte, Karlsruher stadthistorische Beiträge 3 2 030 030

Fredrik Gude, Adolf Schrödter und Eduard Will- Wien 1873 Berliner Architekt und Bildhauer Karl Hoffacker mann. Des Coudres war im Februar 1855 auf Vor- entworfen, der 1901 als Nachfolger von Hermann schlag von Johann Wilhelm Schirmer als Profes- Die Weltausstellung in Wien 1873, bei der erst- Götz die Leitung der Karlsruher Kunstgewerbe- sor an die im Vorjahr gegründete Großherzog- mals das Prinzip der Länderpavillons angewandt schule übernahm. liche Kunstschule in Karlsruhe berufen worden. wurde, stellte die erste „Exposition universelle“ im Gude übernahm 1864 Schirmers Professur für deutschsprachigen Raum dar. Nach den verlo- Chicago1893, Paris 1900, Landschaftsmalerei an der badischen Kunstschu- renen Kriegen 1859 und 1866 wollte Österreich mit St. Louis 1904, Brüssel 1910 le. Der mit Schirmer befreundete Adolf Schrödter der Veranstaltung sein wiedererstarktes National- wirkte ab 1859 als Professor für Ornamentik und bewusstsein demonstrieren. Neben Canon, der mit Die Organisatoren der Chicagoer Weltausstel- Freihandzeichnen am Karlsruher Polytechnikum. der „Loge des Johannis“ als Hauptrepräsentant lung von 1893 ließen eigens ein „Woman’s Buil- Der Kupferstecher Eduard Willmann war gebür- der österreichischen Malerei galt, Des Coudres, ding“ errichten, in dem neben Hesse, Ley und tiger Karlsruher und von 1864 bis 1877 als Profes- Hörter, Gude, Keller, Steinhäuser und von Werner Stromeyer noch weitere acht Karlsruherinnen, da- sor an der Kunstschule tätig. Mit Willmann, Gude findet man in Wien zum ersten Mal Carl Friedrich runter auch Margarethe Hormuth-Kallmorgen, und Des Coudres sind die ersten drei von 30 Lessing mit einer Harzer Gebirgslandschaft wäh- vertreten waren. Mit 52 Künstlerinnen und Künst- Karlsruher Akademieprofessoren genannt, die bis rend des 30-jährigen Kriegs, die der Karlsruher lern war die Karlsruher Beteiligung in Chicago so zur Brüsseler Schau von 1910 Weltausstellungen Gemäldegalerie gehörte, deren Leitung er 1858 groß wie nie zuvor. Unter den ‚Debütanten‘ sind Karlsruher stadthistorischeBeiträge Nr. 124·27. September 2019 beschicken sollten. übernommen hatte. Ebenso waren Arbeiten von vor allem Carlos Grethe, Leopold Graf von Kal- Ernst Hildebrand, Wilhelm Riefstahl und August ckreuth, Caspar Ritter, Hans von Volksmann und Paris 1867 Vischer sowie den beiden Künstlerinnen Auguste die beiden Grötzinger Maler und Grafiker Gustav Eine Folge von 1968 Schepp und Alwine Schrödter, der Witwe von Kampmann und Franz Hein, der Glasmaler Hans Auf der Pariser Weltausstellung von 1867 fan- Adolf Schrödter, zu sehen. Mit Hermann Baisch, Drinneberg und die Kunstgewerbler Hermann den sich unter den badischen Ausstellern 17 Gustav Schönleber, Hans Thoma und Heinrich von Götz und Karl Gagel zu nennen. Der Preußischen Künstler aus „Carlsruhe“, darunter mit der Male- Zügel nahmen auch vier Vertreter der Münchner Abteilung gehörten inzwischen Gude, Hildebrand rin Hermine von Reck auch erstmals eine Frau. und mit Carl Hoff ein Künstler der Düsseldorfer und von Werner, der Bayerischen Wilhelm Trüb- Berufsverbote in Karlsruhe von Stephan Tabler Ferdinand Keller, einem ehemaligen Schüler von Malerei an der Wiener Schau teil, die alle zwi- ner und Wilhelm Volz an. Schirmer, Des Coudres und Gude und von 1870 schen 1879 und 1899 als Professoren an die Karls- Durch die 1878 in Karlsruhe gegründete Groß- bis 1913 selbst Professor für Porträt- und Histori- ruher Akademie berufen wurden. herzoglich Badische Kunstgewerbeschule, die 2018 – Anlass auch in Karlsruhe für eine Aus- Kritik an den Berufsverboten enmalerei, glückte in Paris mit seinem im Vorjahr über hervorragende Lehrer und seit 1889 auch stellung: Errungenschaften stehen im Vorder- im In- und Ausland fertig gestellten Gemälde „Der Tod Philipps II. von Paris 1878, Melbourne 1888/89 über ein eigenes Schulgebäude mit Museum ver- grund, 1968 als Anstoß für vieles, was heute als Spanien“ der künstlerische Durchbruch. fügte, erlebte das Kunstgewerbe in Baden einen selbstverständlich gilt. Politische Verfolgung, ne- Bis zur Abschaffung der Regelanfrage 1985, in 1765 – 1842 Foto: Städt. Museum Bad Hersfeld Als einziger Karlsruher Künstler nahm er an Die Weltausstellung 1878 in Paris wurde auf enormen Aufschwung. An der Pariser Weltaus- gative Folge für viele, die sich einmischten und Bayern 1991, wurden bundesweit 3,5 Millionen sechs Weltausstellungen teil; auf Paris folgten Drängen des Reichskanzlers Otto von Bismarck stellung von 1900 nahmen erstmals auch zahl- den Mund aufmachten, bleibt gerne im Hinter- Personen überprüft, es gab etwa 11 000 Berufsver- noch 1873 Wien, 1888/89 Melbourne, 1893 Chica- vom deutschen Reich boykottiert, was die Franzo- reiche Kunstgewerbler und Architekten teil. Ne- grund zumindest der populären Nostalgie. Den- bots- und 2 200 Disziplinarverfahren.1 250 vorwie- go, 1900 Paris und 1904 St. Louis. Zu den weiteren sen als Affront empfanden.Um das deutsch-franzö- ben Götz und Gagel zählten Hermann Billing, noch war sie prägender Bestandteil der Bewe- gend als „linksextrem“ bewertete (Hochschul-) Johann B. Lingg Teilnehmern zählten der durch seine Schlachten- sische Verhältnis zu entspannen,kam es kurzfristig Josef Durm, Carl Kornhas, Max Laeuger, Rudolf gung – mit weitreichenden persönlichen Folgen; Lehrer und Lehrerinnen wurden nicht eingestellt. bilder bekannt gewordene badische Hofmaler Fe- und außer Programmzu einer deutschenKunstaus- Mayer und Adolf Schmid zu den Ausstellern. sie hat Leben verändert, Existenzen vernichtetet. Etwa 265 Menschen wurden entlassen, oft gegen In Meersburg am Bodensee steht am Marktplatz odor Dietz; der von 1862 bis 1871 im Haus von stellung mit Skulpturen des Berliner Bildhauers Götz, Billing und Laeuger präsentierten in Paris Berufsverbote – am 28. Januar 1972 trafen Bun- Proteste der betroffenen Schüler und Schülerinnen das ockerrote „Hotel Weinstube Löwen“. Die Adolf Schrödter lebende Anton von Werner, des- Reinhold Begas und 160 Gemälden deutscher 1900, St. Louis 1904 und Brüssel 1910 – an der deskanzler Brandt und die Ministerpräsidenten und Eltern oder Kolleginnen; einige in den Tod ge- Steintafel beim Eingang erinnert an den Wirts- sen für 45 000 Franc angebotenes Historienbild Künstler, darunter acht Exponate aus Karlsruhe. Weltausstellung 1915 in San Francisco nahm das der Länder die Vereinbarung über „Grundsätze trieben. Nur Solidarität, auch durch Initiativen im sohn, der ein Held war. Bei der Stadtführung ist zu mit Konrad von Hohenstaufen und Friedrich von Auf der Weltausstellung 1888/89 in Melbourne Deutsche Reich nicht teil – exklusiv ausgestattete zur Frage der verfassungsfeindlichen Kräfte im In- und Ausland, ermöglichte es den Betroffenen, hören, dass er einige Jahre in Karlsruhe lebte. Baden noch seinem naturalistisch geprägten gehörten Baisch, Schönleber und Hoff bereits zur Innenräume, an deren Ausführung fast nur Karls- öffentlichen Dienst“, der Runderlass zur Beschäf- Jahre dauernde zermürbende Auseinanderset- Johann Baptist war eines von zwölf Kindern des Frühwerk zuzurechnen ist; der von 1863 bis 1869 badischen Sektion. Erstmals nahmen die Land- ruher Künstler und Unternehmer beteiligt waren. tigung von rechts- und linksradikalen Personen zung und Gerichtsverfahren durchzustehen. Löwenwirts, geboren am 24. Januar 1765 als Un- in Karlsruhe lebende Wiener Maler Hans Canon, schafter Paul Borgmann, Ludwig Dill, Paul von In den Abteilungen Malerei und Grafik finden im öffentlichen Dienst erfolgte am 18. Februar tertan des Fürstbistums Konstanz. Er besuchte bis der mit seiner altmeisterlichen Technik, seiner ba- Ravenstein und Friedrich Kallmorgen teil, letzte- sich auf allen drei Ausstellungen bekannte und 1972. Gemäß bundeseinheitlicher Auslegung und 20 Berufsverbote in Karlsruhe 1780 die Lateinschule, dann brachte ihn sein Tauf- rocken Figurenauffassung und dem warmen Kolo- rer war ein Hauptvertreter der Grötzinger Maler- neue Künstlernamen. Auch wenn dieser kurze Anwendung des § 35 Beamtenrechtsrahmenge- pate, ein fürstbischöflicher Geheimrat, zum Mili- rit Künstler wie Keller, Wilhelm Trübner und Hans kolonie. Außerdem war der für seine mytholo- Überblick nur einen Bruchteil der Aussteller an- setz hatten Beamte für die freiheitlich-demokra- Einer der ersten war der „Fall“ Fritz Güde, der tär. In der Grenadierkompanie des Hochstifts Kon- Thoma prägte; der 1830 in Karlsruhe geborene gischen Landschaften bekannte Edmund Kanoldt führen kann, wird doch die kulturelle Bedeutung tische Grundordnung im Sinne des Grundge- bundesweit Aufsehen erregte. Der Sohn des Bun- stanz begann der 15-jährige die Offizierslaufbahn, Maler, Mäzen und Ehrenbürger Wilhelm Klose, vertreten wie auch die Künstlerinnen Marie Hes- der badischen Residenz- und Landhauptstadt ab setzes einzutreten. desanwalts Max Güde, verbeamteter Lehrer, wur- damals ungewöhnlich für einen Bürgerlichen. der Landschafter August Hörter und der Bildhau- se, Sophie Ley und Helene Stromeyer. Die „Deut- Mitte des 19. Jahrhunderts auf nationaler und in- Er traf im Wesentlichen „Linke“ mit und ohne de unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft im Kom- Nach der Säkularisation des Fürstbistums stand er Carl Steinhäuser. sche Kunstgalerie“ mit den drei Salons hatte der ternationaler Ebene deutlich. Parteibindung, Mitglieder sozialistischer Grup- munistischen Bund Westdeutschland KBW und der er im Dienst des Großherzogs von Baden und wur- pierungen oder von Friedensinitiativen. Bewerber Arbeit im Komitee gegen Berufsverbote 1974 sus- de 1805 Kommandant des Jägerbataillons Lingg. für den öffentlichen Dienst wurden überprüft. Die pendiert, 1977 durch Urteil des Verwaltungsge- Mit diesem zog er auf Befehl des badischen Bünd- „verfassungsfeindliche“ Ziele verfolgten, wurden richtshofs Karlsruhe das Berufsverbot für rechtens nispartners Napoleon nach Hersfeld, nachdem es Carlsruher Blickpunkte nicht eingestellt oder aus dem Dienst entfernt, Be- erklärt, Güde aus dem Beamtenverhältnis entlas- dort am 24. Dezember 1806 bei der Einquartie- amte, Arbeiter und Angestellte, Lehrer, Sozialar- sen, obwohl seine Mitgliedschaft im KBW nur we- rung napoleonischer Truppen zu Unruhen gekom- beiter, Lokführer. Einschüchterung war das Ziel – nige Monate gedauert hatte. Der Verwaltungsge- men und ein Soldat erschossen worden war. Trotz „Man muss an deren Existenz gehen“, soll Mini- richtshof Mannheim hob das Urteil 1978 auf. Güde aller Sühneleistungen befahl Napoleon, die Stadt Kleine Reminiszenz an eine große Brautradition von Volker C. Ihle sterpräsident Späth geäußert haben –, Angst die kehrte nicht in den staatlichen Schuldienst zurück. zu plündern und an allen Ecken anzuzünden. Am Folge. Viele zogen sich aus persönlichen Gründen Ähnlich Gerlinde Fronemann, die nach sechs 20. Februar 1807 verlas Lingg vor seinen Jägern aus der politischen Arbeit zurück. Jahren Schuldienst wegen ihrer Mitgliedschaft in die Order zur Plünderung. Er fügte hinzu: „Wer Der Bottich mit Bierschöpfer, Maischegabel und Nur zwei Jahre später verlegte Zahn seinen Be- der Deutschen Kommunistischen Partei DKP ent- dazu Lust hat, der trete heraus aus dem Glied!“. Er Malzschaufel ist das Symbol der Brauerzunft. Ge- trieb wenige Häuser weiter Richtung Durlacher lassen wurde. Elf Jahre zogen sich zahllose Anhö- hoffe aber nicht, dass er in Zukunft eine Schar von meinsam mit den ineinander verschlungenen Tor in das von ihm erworbene Gebäude Kaiser- rungen im Oberschulamt und das Gerichtsverfah- Räubern statt biederer Deutscher befehligen wer- Buchstaben P und Z ziert er die Hausfassade der straße 33. Auch dort knüpfte er an eine Brautradi- ren bis zum Bundesverwaltungsgericht hin. Sie de. Keiner trat vor. Johann P. Hebel hat es in einer Kaiserstraße 33. Die beiden Ornamente sind letzte tion an. Sie hatte 1838 begonnen und war seither gewann den letzten Prozess und wurde 1988 Kalendergeschichte von 1808 überliefert. Mit still- sichtbare Zeugen des traditionsreichen Brauge- von wechselnden Eigentümern fortgeführt wor- schließlich auf Lebenszeit verbeamtet; ähnlich schweigender Duldung der Franzosen wurden werbes, das einst auch in der östlichen Innenstadt den. Allerdings legen Adressbucheinträge nahe, Helmut Krebs, der 1982 obsiegt hatte. nur vier freistehende, unbewohnte Gebäude am von Karlsruhe blühte. Allein zwischen Kronen- dass Zahns letzter Vorgänger Friedrich Seyfried Andere, wie Hans Ille, konnten ihr Referendari- Stadtrand angezündet. Hersfeld war gerettet. straße und Durlacher Tor lassen sind ungefähr 20 nach seinem Konkurs 1877 nicht mehr selbst brau- at nicht antreten; sie mussten sich beruflich neu Nach Beförderung zum Oberst und Verleihung Orte nachweisen, an denen im Laufe des 19. Jahr- te. Philipp Zahn wirkte hier acht Jahre lang, bis er orientieren. Nach einer Anhörung im Oberschul- des Ritterkreuzes soll ihn Großherzog Karl Fried- hunderts Bier erzeugt wurde. Um 1875 buhlten 1896 das Geschäft endgültig aufgab, das Gebäude amt wurde seine Bewerbung im September 1979 rich 1808 bei einem Empfang mit den Worten „Der auf diesem kleinen Areal gleichzeitig sieben un- abreißen ließ und es durch einen Neubau ersetzte. endgültig abgelehnt: Er hatte an Veranstaltungen Mann von Hersfeld!“ begrüßt haben. abhängige Brauereien um die Gunst der Kunden. Für ihn war das die letzte Gelegenheit, seiner der DKP teilgenommen. Zum Werkzeugmacher Am Russlandfeldzug Napoleons musste auch Die beiden größten, Hoepfner und Glaßner, be- Zunft und sich selbst ein kleines, in Stein gemei- umgeschult, war er bis zur Verrentung in diesem der seit Februar 1812 verheiratete Generalmajor legten mit jeweils knapp 10 000 Hektoliter Jahres- ßeltes Denkmal zu setzen. Schon im Jahr darauf Beruf tätig. Lingg mit dem badischen Korps teilnehmen. Die produktion die Plätze 7 und 8 in der Rangliste der verkaufte er das neue Gebäude an die Brauerei Prototypisch ist der „Fall“ Lutz Bäuerle. Mit der Rückzugsgefechte der Grande Armée an der Be- über 20 Brauereien, die es damals in der knapp Printz (später Schrempp-Printz), die darin bis An- „Auffassung, dass man den antifaschistischen, de- resina Ende November 1812 überlebte Lingg ver- 43 000 Einwohner zählenden Stadt Karlsruhe gab. fang der 1960iger Jahre das Gasthaus „Zum Grü- mokratischen und sozialen Auftrag des Grundge- letzt als einer von nur 41 Mann des Korps. Im März P und Z stehen für Philip Zahn, einen umtrie- Fotos: Volker C. Ihle nen Berg“ und später die nach dem benachbarten setzes ernst nehmen müsse“, trat er 1972 in die 1813 nahm er, zum Generalleutnant befördert, sei- bigen Menschen. Nachdem er 1873 die noch heu- Kino benannte „Rex Bierklause“ verpachtete. DKP ein. Er war in Nagold als Lehrer tätig, aktives nen Abschied. Danach lebte er in seinem Haus, te bestehende Wirtschaft „Zum Bären“ am Bruch- Philipp Zahn war nicht nur der letzte Brauer in GEW-Mitglied, Personalrat. Der Elternbeirat Waldhornstraße 18 in Karlsruhe, nahe dem saler Damianstor samt Hausbrauerei verkauft hat- später packte ihn wohl die Sehnsucht nach seiner der Kaiserstraße 57 und 33. Mit seiner Betriebs- wehrte sich „mit allen Mitteln gegen einseitige Schloss. Bei der erstgeborenen, früh verstorbenen te, eröffnete er ein Café-Lokal. Sieben Jahre alten Tätigkeit. Er suchte eine neue Wirkungsstät- aufgabe schloss auch eine der letzten handwerk- politische Manipulation unserer Kinder in der Tochter Stéphanie waren die Kgl. Hoheiten Karl te, und wurde in Karlsruhe fündig. Die Brauerei lich arbeitenden Brauereien Karlsruhes. Die Zu- Schule … In keinem Fall trifft dies jedoch auf und Stephanie Taufpaten. Seine Frau Adèle Gru- Glaßner stand zum Verkauf. Sie befand sich ge- kunft gehörte um die Jahrhundertwende den Herrn Bäuerle zu.“ Man könne „ohne Einschrän- au (*1791), Tochter eines Plantagenbesitzers in St. genüber des heutigen KIT in der Kaiserstraße 57, Brauereien, die industriell produzierten. Doch die kung sagen, dass [er] sich im Unterricht einwand- Domingo und Pensionatsfreundin von Großherzo- Bei Wartungsarbeiten an einem Server sind wo sich bald darauf in einem Neubau die Wirt- lagen alle nicht mehr in der Innenstadt. frei verhält. Als Lehrer ist er beliebt, … auch des- gin Stéphanie, war als deren Hofdame aus Paris fast alle Mailadressen für den Versand des schaft „Zur Harmonie“, später das „Café Oxford“ halb, weil er sich um politische Neutralität be- nach Baden mitgekommen. 1822 folgte die Fami- Newsletters zur Information über das Er- ansiedelten. Ihr Gründer Christoph Glaßner hatte müht.“ In einem Blitzverfahren unter Ausschluss lie der auf ihren Witwensitz in Mannheim verzo- scheinen des neuesten „Blick in die Ge- dort 1844 im Alter von 30 Jahren das Braugewerbe der Öffentlichkeit bestätigte der Disziplinarhof am genen Stéphanie und lebte im eigenen Haus in schichte“ im Internet verloren gegangen. begonnen und war jetzt 66jährig verstorben. Zwar Herausgeber / Redaktion: Dr. Manfred Koch 25. November 1982 die Entlassung. Präsident der Schlossnähe. Hochgeachtet, vom hessischen Kur- Zur (Neu-)Abonnierung des Newsletters nut- hatte sein Sohn Karl wenige Jahre zuvor die Brau- Herstellung: Badendruck Kammer und verantwortlich für das Urteil war Dr. fürsten 1827 in den erblichen Adelstand „von zen Sie bitte den Link auf der Seite: erei übernommen, es dann aber doch vorgezogen „Blick in die Geschichte“ online ab Nr. 61/2003 Plakat zu einer Veranstaltung mit Betroffenen aus Helmut Fuchs, Freiwilliger in der „7. SS-Leibstan- Linggenfeld“ erhoben und mit Orden geehrt ver- www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/ in die USA auszuwandern. 1881 wurde Philipp unter: www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/ Karlsruhe und Gästen aus Frankreich und Italien darte Adolf Hitler“, Rechtsberater der „Hilfsge- starb Lingg am 11. Januar 1842. Am Linggplatz in blick_geschichte/ausgaben.de Zahn mit der Witwe Lina Glaßner handelseinig, blick_geschichte/ausgaben.de am 4. Mai 1981 im Dietrich-Bonhoeffer-Haus. Bad Hersfeld erinnert ein Denkmal an den Retter pachtete die Brauerei und ließ sich hier nieder. Foto: Stadtarchiv Fortsetzung Seite 2 der Stadt. Christa Koch

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