MinervaPreis 2016 Förderverein Museum Jülich e. V.

Förderverein Museum Jülich e. V. MinervaPreis-Verleihung 2016 am 15. November 2016 in der Schlosskapelle der Zitadelle in Jülich

Musikalischer Auftakt durch Mitglieder des Overbacher Kammerchores

Begrüßung 3 Professor Dr.-Ing. Wolfgang Marquardt Vorsitzender des Fördervereins Museum Jülich e. V.

Grußwort 5 Axel Fuchs Bürgermeister der Stadt Jülich

Festansprache 7 Professor Dr. Manfred Prenzel Vorsitzender des Wissenschaftsrates

Laudatio 14 Ludwig Hecke Staatssekretär im Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW

Dankesworte 16 Pater Josef Költringer Rektor des Hauses Overbach Substanzerhalt und Inwertsetzung – Werke der Jülicher Schirmersammlung 18 Marcell Perse Leiter des Museums Zitadelle Jülich

Die MinervaPreis-Träger 1994 – 2016 32

2 MinervaPreis Jülich | 2016 Begrüßung Professor Dr.-Ing. Wolfgang Marquardt Vorsitzender des Fördervereins Museum Jülich e. V. Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums Jülich

Sehr geehrte Preisträger, sehr geehrter Herr Staatssekretär Hecke, sehr geehrter Herr Prof. Prenzel, sehr geehrter Herr Fuchs, liebe Schülerinnen und Schüler des Hauses Overbach, liebe Mitglieder des Fördervereins Museum Jülich, liebe Gäste! Herzlich willkommen zur MinervaPreis- Verleihung 2016. Danke an den Kammerchor des Hauses Overbach für diese Ouvertüre zum heuti- gen Abend. Das Stück ist von Felix Men- delssohn Bartholdy, dem die Musikerzie- hung so sehr am Herzen lag, dass er 1843 in Leipzig die erste Musikhochschule Deutschlands gründete. Was für ein thema- tisch passender Einstieg für den heutigen Abend, an dem wir eine Schule ehren, in der das genauso gesehen wird! Noch weiter zurück als Mendelssohn Bartholdys Wirken fällt die Zeit, in der die römische Göttin Minerva eine große Rolle im Leben der Menschen spielte. Der MinervaPreis ist benannt nach ihr – als ihre Domäne gelten Weisheit, das Hand- Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Marquardt werk und die Künste. Als Namenspa- tronin des Preises steht Minerva heute Abend für Wissenschaft, Bildung und kulturelle Projekte. Herr Staatssekretär vertreten durch Pater Josef Költringer. wichtige Akteure dieser Einrichtung aus. Hecke wird uns später in seiner Laudatio Mit ihrem tatkräftigen Zutun, ihrem beson- Heinz Lingen, 25 Jahre Leiter des Gymna- berichten, warum diese Themen so deren Engagement um die Schule und siums und seit drei in der Geschäfts- hervorragend zum heutigen Preisträger ihre Schülerinnen und Schüler vermehren leitung, hat wesentlich das Profil von passen. sie seit Jahrzehnten als Schwerpunkt Haus Overbach geprägt. Die Schulleitung, Alle zwei Jahre vergibt der Förderver- deren naturwissenschaftliche und musi- vertreten durch Thorsten Vogelsang, und ein des Museums Jülich den MinervaPreis kalische Bildung. Diese beiden nur schein- die Lehrerschaft, tragen natürlich eben- an Akteure, die sich um Wissenschaft, baren Gegensätze finden im Konzept und falls in besonderem Maße zum Erfolg und Kultur und Wirtschaft in dieser Region auch im Alltag des Hauses Overbach zu- zum besonderen Charakter des Gymnasi- besonders verdient gemacht haben. In einander und machen das Charakteristi- ums Haus Overbach bei. Rusbeh Nawab besonderem Maße trifft dies natürlich auf sche dieser besonderen Schule aus, auf und Kerry Jago nehmen heute stellver- das Haus Overbach zu. Die Oblaten des die Jülich völlig zu Recht sehr stolz ist. tretend für die beiden spezifischen Teile heiligen Franz von Sales haben es sich Davon wird uns der Jülicher Bürgermeis- des Curriculums den MinervaPreis ent- seit 1918 zur Aufgabe gemacht, diese ter Axel Fuchs gleich erzählen. Neben gegen: für das Science College und die Schule auszubauen und zu erhalten; und den Oblaten des heiligen Franz von Sales Singschule, die beide elementare Be- dafür werden sie heute Abend geehrt, zeichnen wir heute aber auch andere standteile des Hauses Overbach sind.

MinervaPreis Jülich | 2016 3 Mitglieder des Overbacher Kammerchores unter der Leitung von Kerry Jago

Als Vertreter der Schulpflegschaft ehren wird uns Manfred Prenzel in seinem Fest- Faszination an der Forschung teilhaben wir heute Roland Dreßen. Tim Schöngens vortrag beantworten, auf den wir uns zu lassen. Für dieses Engagement des nimmt schließlich als Schülersprecher sehr freuen. Hauses Overbach möchte ich allen seinen ebenfalls den MinervaPreis entgegen. Und wenn Sie mir als Vertreter einer Vertretern heute Abend ganz persönlich Diese beiden Namen, die ich zuletzt Wissenschaftseinrichtung, des Forschungs- danken. genannt habe, unterstreichen, dass das zentrums Jülich, diesen persönlichen Ich bedanke mich ebenfalls bei Marcell Haus Overbach ohne das Engagement Kommentar gestatten: Eines der wich- Perse, weil er das Museum Jülich seit der Schülerinnen und Schüler sowie ihrer tigsten Ziele des Hauses Overbach ist die Langem mit großer Tatkraft und großem Eltern nicht das wäre, was es heute ist. Förderung des interdisziplinären Diskur- Erfolg leitet. Britta Ottinger, Reiner Aber was hat es mit der sogenannten ses zwischen Naturwissenschaft und Winters und ihrem Team vom Forschungs- „MINT-Bildung“ auf sich, den Fächern Philosophie und damit verbunden der zentrum Jülich sowie Egon Vietzke vom Mathematik, Informatik, Naturwissen- Dialog zwischen Wissenschaft und Gesell- Förderverein Museum Jülich danke ich schaften und Technik? Warum ist es schaft. Diese Themen sind essenziell für sehr herzlich für die Organisation der überhaupt wichtig, dass Schülerinnen uns als Forscherinnen und Forscher: zum Veranstaltung. Sie alle hier in der und Schüler lernen, wie Pflanzen aus einen, um unsere Erkenntnisse in die Schlosskapelle begrüße ich noch einmal Licht Energie gewinnen, wie ein Teilchen- Welt zu tragen und diese Welt somit zur Verleihung des MinervaPreises 2016: beschleuniger funktioniert und wie ein jeden Tag ein Stück besser zu machen, Ich wünsche uns einen inspirierenden Elektroauto ohne Nachladen von Jülich und zum anderen, um die Gesellschaft und angenehmen Abend! bis München fahren kann? Diese Frage an unserer Begeisterung und unserer

4 MinervaPreis Jülich | 2016 Grußwort Axel Fuchs Bürgermeister der Stadt Jülich

Sehr geehrte Vertreter von Haus Over- bach, sehr geehrter Herr Staatssekretär Hecke, sehr geehrter Herr Prof. Prenzel, sehr geehrter Herr Prof. Marquardt und sehr geehrter Herr Schüssler und alle Mit- glieder des Fördervereins Museum Jülich, meine verehrten Damen und Herren! „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus aus- ging, dass alle Welt geschätzt würde …“ – ohne Zweifel, der erste römische Kaiser war ein Mensch, der viel in Bewegung gebracht hat … und nicht nur die Heilige Familie nach Bethlehem, wodurch er so- zusagen als „Beilage“ bis heute bei jedem Weihnachtsfest in aller Munde ist. In seine Regierungszeit fällt die Gründung Jülichs als römischer Ort Juliacum und anderer Städte der Euregio, wie Sie im Schloss- keller in der Ausstellung „Fahndung nach Augustus“ entdecken können, die unser Museum Zitadelle in Kooperation mit den Archäologen aus Aachen, Heerlen und Maastricht erarbeitet hat. Dem For- schungszentrum Jülich verdanken wir zu Bürgermeister Axel Fuchs diesem Thema die eindrucksvolle Rekon- struktion eines spannenden Fundes aus unserer Region (vgl. Foto Seite 6) – die Kooperation von Museum und Forschungs- wahrsten Sinne des Wortes ein Gesicht das Augustusporträt nicht nur daran zentrum Jülich ist eine lebendige Umset- gegeben. Durch die Gegenüberstellung erinnern, dass viele Themen der Antike zung der Individualität Jülichs als Stadt unterschiedlicher Rekonstruktionsvarian- weiter Relevanz für uns haben, sondern mit reicher Geschichte und Standort ten wird das Herrscherporträt für den auch, dass eine breite Bildung die wichti- modernster Forschung. Mit Hilfe inno- Betrachter als Vehikel politischer Propa- ge Basis für eine mündige und innovative vativer Scan- und 3D-Drucktechnik des ganda erkennbar – ein denkbar aktuelles Gesellschaft ist. Darum macht sich der Zentralinstituts für Engineering, Elektro- Thema. Neugier, offene Augen und die heute zu ehrende Preisträger „Haus Over- nik und Analytik (ZEA-1) wurde eine Fähigkeit zu hinterfragen sind wichtige bach“ in vielfältiger Form seit langen kleine aus Ägypten ins Rheinland impor- Grundlagen für unser Leben; einmal für die Jahren verdient – und wie wir an den tierte Büste des Augustus ergänzt. Da persönliche Orientierung, aber ebenso musikalischen Beiträgen sehen mit einem nur der Hinterkopf überliefert ist, erhielt auch für Wissenschaft und Forschung. breiten Ansatz von musischer bis natur- sie eine „Gesichtsprothese“ nach Verglei- Wenn wir heute die MinervaPreis- wissenschaftlicher Ausbildung. chen aus dem Louvre in Paris und dem Verleihung also quasi in Anwesenheit Als Bürgermeister dieser Stadt sehe Römisch-Germanischen Museum Köln. eines Zeitgenossen der römischen Schutz- ich die Preisverleihung hier in der Zita- Das ist mehr als eine technische Spiele- göttin von Technik, Erfindung, Wissen- delle als deutliches Zeichen dafür, dass rei, wird doch dadurch der Geschichte im schaft und Bildung vergeben, kann uns wir die verschiedenen Angebote der

MinervaPreis Jülich | 2016 5 Schulen und Bildungseinrichtungen dieser Herzog Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg, zu übertragen. Auf ihn geht die erste Stadt nicht als Konkurrenz, sondern als dessen 500. Geburtstag wir dieses Jahr Schulgründung in Jülich zurück – und alle Teil einer wunderbaren Vielfalt betrach- gefeiert haben. Sein Bestreben, die Wohl- Versuche, unsere Welt verantwortlich ten können! Und wenn wir dies heute in fahrt des Landes im Geiste des Humanis- mitzugestalten, beginnen mit Bildung. In der Schlosskappelle tun, stellen wir uns mus zu gestalten, war der Versuch, Ideale diesem Sinne feiern wir heute mit der gerne in die Tradition ihres Bauherren, in die Wirklichkeit von mühsamer Politik Preisverleihung auch sein Erbe.

Das Gesicht der Macht – Rekonstruktion eines Augustusköpfchens in 3D-Druck

über Gesichter und Inszenierung von Per- sonen ist bis heute ein zentrales Mittel politischer PR. Darum ist es ein wichtiges Anliegen von Museen, diese Bildwelten zu hinterfragen. Die Gesichtsergänzungen des Stolberger Hinterkopfes verdeutlichen verschiedene Aussagen von Porträttypen. In allen offiziellen Porträts erscheint Augustus alterslos und idealisiert. Aber für die beiden Ergänzungshypothesen wurden Vergleichsfunde ausgewählt, die für unterschiedliche politische Aussagen stehen. Ein Bildnis in republikanischer Tradition aus dem Louvre betont den „Arbeiter für den Staat“, der sich als blo- ßer Erneuerer der Republik darstellt. Der spätere und am meisten verbreitete Port- rättyp „Prima Porta“ zeigt dagegen einen entrückten Souverän. Der Herrscher ist nicht mehr nur „Princeps“, der Erste, sondern wird zum vergöttlichten Kaiser. Mit Hilfe moderner Scan- und 3D- Drucktechnik im Forschungszentrum Jülich (ZEA-1) können zwei Ergänzungs- varianten als Rekonstruktionshypothesen Präsentation des Augustus-Projektes in der Zentralbibliothek des Forschungszentrums des Stolberger Fundes vor Augen geführt Jülich. Das 3D-Faksimile des Originalfundes in grau (1), mit Gesichtsergänzung nach werden. Zur Anpassung an das Stolberger einem Vorbild aus dem Louvre (2, vgl. Heftrückseite) im Vergleich mit der Rekon- Bruchstück wurde eine Bronzebüste aus struktion Typ Köln (4) nach einem Glasköpfchen des Porträttypus Prima Porta (5). dem Louvre für die „Gesichtsprothese“ leicht verkleinert. Das kleine Glasköpf- chen des Augustus in Prima-Porta-Form Seit 130 Jahren befindet sich im LVR- Aachen – Jülich, die den Beginn der römi- aus dem Römisch-Germanischen Muse- LandesMuseum Bonn das Hinterkopf- schen Herrschaft im Hinterland Nieder- um Köln musste zur Ergänzung des Fragment eines julisch-claudischen Herr- germaniens beleuchtet und 2016/17 im Hinterkopf-Fragmentes dagegen vergrö- schers, möglicherweise Augustus. Der Schlosskeller des Museums Zitadelle zu ßert werden. römische Fund aus Stolberg ist aus einem sehen ist. Projektleitung: Marcell Perse, Muse- exklusiven ägyptischen Steinmaterial Mit dem Übergang von der römischen um Zitadelle Jülich; Scan & 3D-Druck: gefertigt, das an Bronze erinnert. Das Republik zum Prinzipat unter Augustus Dietrich Faidel, Forschungszentrum Jülich; Stück ist ein Blickfang der Ausstellung ging eine starke Personalisierung der Finanzierung: Verein der Freunde und „Fahndung nach Augustus“ der Euregiona- politischen Propaganda einher. Der Kai- Förderer des Forschungszentrums Jülich len Vicus-Gruppe Maastricht – Heerlen – serkult entstand. Visuelle Kommunikation e. V.

6 MinervaPreis Jülich | 2016 Festansprache: „Nachwuchs durch MINT-Bildung fördern“ Professor Dr. Manfred Prenzel Vorsitzender des Wissenschaftsrates

Verehrte Preisträgerinnen und Preis- träger, sehr geehrter Herr Staatssekretär Hecke, sehr geehrter Vorsitzender, lieber Herr Marquardt, sehr geehrter Herr Bürger- meister Fuchs, verehrte Festgäste, meine Damen und Herren, herzlichen Dank für die Einladung, anlässlich der Verleihung des Minerva-Preises an das Haus Over- bach heute den Festvortrag zu halten. Lassen Sie mich zunächst sagen, wie sehr ich mich freue, dass der Minerva- Preis in diesem Jahr einer Bildungsein- richtung verliehen wird, die jungen Men- schen auf vorbildliche Weise den Zugang zu den Naturwissenschaften und zur Technik eröffnet und Talentförderung be- treibt. Aus diesem Grund wollte ich heute Abend eben auch darüber sprechen, wie wir Nachwuchs durch Bildung – speziell auch im „MINT-Bereich“ – fördern können. Im Folgenden möchte ich zunächst kurz darlegen, was unter „MINT-Bildung“ zu verstehen ist und welche besondere Bedeutung dieser in der heutigen Zeit zugesprochen werden kann. Zweitens Prof. Dr. Manfred Prenzel berichte ich ein wenig aus Untersuchun- gen, die sich mit der Qualität der natur- wissenschaftlichen Bildung in Deutsch- land befasst haben, weise auf wichtige 250.000-Euro-Frage nach „MINT“-Fächern wirtschaftlich relevanten Bereichen seit Herausforderungen hin und versuche und ihren Problemen bei Günther Jauchs geraumer Zeit Nachwuchsmangel gibt. einige Merkmale von Unterricht und „Wer wird Millionär?“ erhebliche Schwierig- Auch wenn sich die Situation inzwischen Schule hervorzuheben, die für die Qualität keiten bereitete: „MINT“ steht für Mathe- ein wenig verbessert hat, bestehen in der Bildung bedeutsam sind. Vermutlich matik, Informatik, Naturwissenschaften diesen Feldern ähnliche Probleme, junge erwarten Sie dann am Schluss noch einige und Technik. Wenn wir von „MINT-Bildung“ Menschen zu begeistern, sie für diese Sätze darüber, wie wir unseren Nach- sprechen, werden also bestimmte Gegen- Bereiche zu gewinnen und eine qualitäts- wuchs zukünftig noch besser fördern standsbereiche oder Fächer thematisiert. volle Bildung sicherzustellen. können. Man kann sich fragen, warum genau Lassen Sie mich kurz hervorheben, 1. „MINT-Bildung“: Was ist damit diese vier Bereiche gruppiert werden, dass es sich hier nicht nur um ein „deut- gemeint? denn nicht alle sind richtige Schulfächer. sches“ Problem handelt. Über einen ent- „MINT“ und „MINT-Bildung“ geht uns Sicher gibt es eine Reihe von Verschrän- sprechenden Mangel an Nachwuchs klagen seit einiger Zeit leicht über die Lippen. kungen und Überlappungen zwischen den viele Staaten, insbesondere die Staaten, Aber was ist mit diesen Begriffen ge- Bereichen, aber der eigentliche Grund für die stark industrialisiert und durch meint? Die Antwort ist eigentlich nicht diese Zusammenfassung besteht darin, moderne Technologien geprägt sind. Es schwierig, wenn auch vor kurzem die dass es in diesen gesellschaftlich und gibt den paradoxen Befund einer negativen

MinervaPreis Jülich | 2016 7 Korrelation (auf der Ebene von Staaten) Wie ich bereits erwähnte, wird von und Berufsbilder haben gleichermaßen zwischen technologischem Entwicklungs- „MINT-Bildung“ insbesondere im Zusam- mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen. stand und Interesse an „MINT“-Berufen. menhang mit Nachwuchs und Nachwuchs- Wichtiger ist mir aber ein anderer Je höher der Entwicklungsstand, desto mangel gesprochen. Hier denken viele in Punkt bei der „MINT-Bildung“ für den niedriger das Interesse und umgekehrt. erster Linie an den Nachwuchs für die Nachwuchs: Mathematik, Informatik, Na- Ich nutze die Gelegenheit, Sie auf eine Natur- und Technikwissenschaften, die turwissenschaften und Technik prägen ja Kleinigkeit aufmerksam zu machen, die universitäre Mathematik und Informatik. heute Berufsbilder, die früher sehr viel vielleicht nicht ohne ist. In der internatio- Auf den zweiten Blick fallen dann viel- weniger den Anschein erweckten, über- nalen Diskussion wird von „STEM“ ge- leicht die Fachhochschulen ein, die ja auch haupt etwas mit Technik, Informatik und sprochen, und diese Buchstaben stehen einen spezifischen Beitrag zu Nachwuchs- Naturwissenschaften zu tun zu haben. für Science, Technology, Engineering und förderung im „MINT-Bereich“ leisten. Damit meine ich nicht nur Gesundheits- Mathematics. Natürlich muss man auf Wir sollten aber nicht vergessen, dass berufe, sondern vielfältige Berufsfelder in der Suche nach Akronymen sicherstellen, wir zahlreiche Ausbildungsberufe mit Bereichen wie z. B. Verkehr, Dienstleis- dass man das Kürzel auch gut sprechen einem klaren „MINT“-Profil haben. Gera- tungen bis hin zur Rechtsprechung. Ohne kann. Doch scheinen die Kürzel unter- de im Bereich der beruflichen Bildung hat grundlegende „MINT-Bildung“ dürfte es schiedliche Schwerpunkte zu setzen: Im sich ja das Profil vieler Berufe deutlich heute schwerfallen, die in vielen Feldern deutschen „MINT“ kommt das „Enginee- und anspruchsvoll in Richtung „MINT“ anfallenden Problemstellungen meistern ring“ nicht vor; das „I“ ist der „Informatik“ gewandelt; denken Sie alleine an Berufs- zu können, denn diese sind häufig von vorbehalten. Das verbinde ich mit der bilder wie Mechatronik oder z. B. Hei- „MINT“-Aspekten durchdrungen. Frage, wie wichtig uns hierzulande die zungsinstallateur – heute geht es hier Auch wenn man von der Nachwuchs- Ingenieurwissenschaften sind? Die „Infor- um Klima- und Systemtechnik. Auch in seite an das „MINT-Thema“ herantritt, matik“ wiederum spielt im englischen diesen Bereichen benötigen wir hochqua- kommt man sehr schnell zu dem Punkt, „STEM“ keine Rolle. Betrachten Sie viel- lifizierten, aufgeschlossenen und enga- dass „MINT-Bildung“ eben auch ein sehr leicht die Reihenfolge: Im deutschen gierten „MINT“-Nachwuchs. wesentlicher Bereich der Allgemeinbil- „MINT“ stehen die „Mathematik“ und die Allerdings sollte man nicht verschwei- dung ist. „Informatik“ vorne; im englischen „STEM“ gen, dass es auch im „MINT-Bereich“ Es gibt eine schöne, weil prägnant steht die „Mathematik“ am Schluss. Aber Unterschiede in den Berufschancen und einfache Beschreibung von Allgemein- nur so nebenbei, zum Nachdenken. in der Nachfrage gibt. Nicht alle Studien- bildung, die Wolfgang Klafki (1986) formuliert hat und die drei Aspekte an- spricht: „Bildung für alle“, „Bildung in allen relevanten Lebens- und Kulturbereichen“ und „Bildung in allen menschlichen Fähig- keitsdimensionen“ – letzteres hatte Johann Heinrich Pestalozzi schon vor längerem in die schöne Formel gebracht: „Bildung von Kopf, Herz und Hand“. Anders ausgedrückt: Unser Anliegen muss es sein, eine ausreichend breit an- gelegte „MINT-Bildung für alle“ (von jung bis alt) zu garantieren. „MINT“ prägt unsere Umwelt und unser Leben, auch wenn uns dies nicht immer bewusst ist. Dennoch markiert „MINT“ damit einen wachsenden und immer wichtiger werden- den Lebensbereich, der uns alle angeht, nicht nur im Beruf, sondern auch im All- tag und in der Politik. Wir müssen damit umgehen lernen, die Möglichkeiten nut- zen, aber wir müssen auch verstehen, wie Entwicklungen zustande kommen (denken Sie an Klimawandel) oder wie technologische Entwicklungen (denken Sie an Digitalisierung) Lebensverhältnisse ganz neu prägen, was diese Veränderun- gen für mich und andere bedeuten, und Das Auditorium wie ich mich dazu stellen soll.

8 MinervaPreis Jülich | 2016 Während der Festansprache

„MINT-Bildung“ erschöpft sich nicht im lich das Verantwortungsbewusstsein für vertiefte Befassung, für das Weiterlernen Wissen von Fakten und Formeln, sondern sich, für andere und für nachfolgende in der Schule oder im Beruf, aber viel- heute muss das Verstehen von Zusam- Generationen. leicht sogar für das lebenslange Lernen. menhängen und Prinzipien, das Bilden Das, was ich einem Festvortrag ge- Noch ein Wort zur „Teilhabe“. Hier hat von Modellen oder das Durchspielen von mäß, gewissermaßen erzählend vorgetra- sich bei uns inzwischen auch eine Vor- Alternativen sehr viel mehr im Zentrum gen habe, lässt sich prägnanter fassen. stellung aus den englischsprachigen stehen. So viel zur Bildung des „Kopfes“. Inzwischen gibt es elaborierte Modelle in Ländern eingebürgert, die von „Literacy“ Aber wir wollen „die Hand“ nicht verges- der Bildungsforschung, mit denen be- spricht und damit meint, in einer von sen. Dabei geht es nicht nur um manuelle stimmte Aspekte von Bildung differen- Mathematik, Technik und Naturwissen- Geschicklichkeit (die braucht es in der ziert, reliabel und valide gemessen schaften geprägten Kultur handlungs- Technik auch), sondern um komplexe werden können. Eine Unterscheidung, die und verkehrsfähig zu sein. Was gehört Fertigkeiten, um das Beherrschen von bereits angeklungen ist, scheint mir zu einer Grundbildung, wenn wir zum Prozeduren und das Umgehen mit Strate- besonders wichtig zu sein, nämlich die Beispiel den Bereich der Naturwissen- gien oder auch das Arbeiten im Team. Differenzierung zwischen einer „MINT“- schaften betrachten? Und schließlich das „Herz“: Wir wis- Grundbildung und einer „MINT-Bildung“ für Bei PISA hatten wir hier eine Vorstel- sen heute besser denn je, dass es in der spezifische und spezialisierte Anforde- lung für die „Scientific Literacy“ von jungen Bildung darauf ankommt, die Entwicklung rungen mit Blick auf Berufsausbildungen Menschen (im Alter von 15 Jahren) ent- von Interessen zu unterstützen, eine oder Studiengänge. wickelt (OECD, 2013, Prenzel u.a. 2013), realistische, aber optimistische Einschät- Grundbildung kann man sich als die vor allem drei Bereiche markiert: zung des eigenen Könnens zu entwickeln „Bildung für alle“ vorstellen. Hier geht es (a) Naturwissenschaftliche Fragestellun- und zu lernen, wie man die Motivation um grundlegende mathematische, natur- gen erkennen, aufrechterhält, wenn es anstrengend und wissenschaftliche und technische Kom- (b) Naturwissenschaftliche Phänomene be- schwierig wird. Zum „Herz“ zählen auch petenzen, die notwendig sind zum einen schreiben, erklären und vorhersagen, „Wertorientierungen“. Und hier will ich für die gesellschaftliche Teilhabe und die (c) Naturwissenschaftliche Evidenz nutzen, exemplarisch nur eine ansprechen, näm- zum anderen anschlussfähig sind für eine um Entscheidungen zu treffen.

MinervaPreis Jülich | 2016 9 Interessiert verfolgt das Auditorium den Festvortrag.

Um daraus ein Kompetenzmodell zu was Kinder oder Jugendliche in einem be- schiede zwischen den Leistungen sind bauen, muss systematisch beschrieben stimmten Alter wissen und können sollten, und auf welche anderen Merkmale die werden, in welchen Kontexten und Situa- sondern dies auch mit Testverfahren zu Unterschiede möglicherweise bezogen tionen diese Kompetenzen genutzt wer- messen. werden können. den sollen und welche Wissensbasis dafür Dafür braucht man einen Aufgaben- Für die mathematische und naturwis- erforderlich ist: „naturwissenschaftliches pool, der ein solches Kompetenzmodell senschaftliche Grundbildung verfügen wir Wissen“ zum einen und „Wissen über die systematisch repräsentieren kann. Die über entsprechende Kompetenzmodelle Naturwissenschaften“ zum anderen. Idee hinter solchen Tests besteht darin, (für das Ende der Grundschulzeit und das Dieses Wissen kann und muss auf- die Schülerinnen und Schüler gezielt mit Ende der ersten Sekundarstufe). Solche gefächert werden, etwa nach „Lebenden Situationen/Aufgaben/Problemstellungen Modelle wurden inzwischen auch in sog. Systemen“, „Physikalischen Systemen“, zu konfrontieren und gewissermaßen be- Bildungsstandards der KMK (also länder- „Technologischen Systemen“ und quer zogen auf diese Stichprobe von repräsen- übergreifenden Anforderungen) aufgegrif- dazu nach deklarativen Wissensbeständen tativen Aufgaben eine Stichprobe aus fen und in Vergleichsstudien genutzt. Sie („Wissen, dass“) und prozeduralen Be- ihren Verhaltensmöglichkeiten zu ziehen gehen auch in die Curriculumentwicklung ständen („Wissen, wie“). (und damit das Verhaltenspotential als als Bezugspunkte mit ein, wobei man In diesem Kompetenzmodell für natur- latentes Merkmal zu erfassen). dann nicht nur Strukturmodelle für Kom- wissenschaftliche Bildung sind aber auch Auf diese Weise kann man vorher- petenzen braucht, sondern Entwicklungs- nicht-kognitive Komponenten vorgesehen, sagen, wie die Schülerinnen und Schüler modelle. nämlich Orientierungen wie „Interesse an andere typische naturwissenschaftliche Vielleicht muss ich noch hervorheben, den Naturwissenschaften“, „Wertschät- Aufgaben oder Probleme lösen würden. dass diese Grundbildungstests doch ein zung naturwissenschaftlicher Forschung“ Und man kann damit etwa auch erfassen, relativ breites Leistungsspektrum erfas- oder „Verantwortung gegenüber der Um- was die Schülerinnen und Schüler in ei- sen. Die Tests differenzieren sehr gut im welt und natürlichen Ressourcen“. nem Staat oder Bundesland können, auf oberen Leistungsbereich und man ist da- Auf dieser Grundlage kann man ein welchem Niveau naturwissenschaftlicher mit durchaus in der Lage, Schülerinnen Strukturmodell naturwissenschaftlicher oder mathematischer Grundbildung sich und Schüler zu identifizieren, die beson- Grundbildung ausdifferenzieren, mit dem Schülerinnen und Schüler im Mittel befin- ders gut sind in den Naturwissenschaften man nicht nur der Frage nachgehen kann, den und wie groß aber auch die Unter- oder der Mathematik bzw. vielleicht sogar

10 MinervaPreis Jülich | 2016 in beiden Bereichen. Mit diesen Tests Aber man kann solche Ergebnisse ja sich kaum oder nicht für die Naturwis- kann also der Talentpool für eine ver- noch etwas differenzierter betrachten. senschaften und bekunden auch nicht, tiefte naturwissenschaftliche oder mathe- Dann stellt man zum Beispiel fest, dass in dass sie sich später in Studium und Beruf matische Bildung, für eine Spezialisierung Deutschland ca. 12 Prozent der Jugend- mit Naturwissenschaft oder Technik be- in Studiengängen zum Beispiel erfasst lichen in die Gruppe der besonders fassen wollen (Größenordnung etwa ein werden. Auf der anderen Seite, weniger leistungsstarken „Top-Performer“ (festge- Drittel). erfreulich, findet man Informationen über macht an den obersten Kompetenzstufen) Und auch dieser Anteil besonders leis- den Anteil von jungen Menschen, die in fallen. In Japan sind das über 18 Prozent, tungsstarker junger Menschen, die sich Gefahr sind, den Anschluss zu verlieren. in Finnland über 17 Prozent, in Australien nicht für die Naturwissenschaften inter- Während wir für die Grundbildung in und Neuseeland sind das knapp 14 Pro- essieren, fällt in relevanten Vergleichs- Mathematik und Naturwissenschaften zent. In der Mathematik ist das Bild sogar ländern niedriger aus. Natürlich wäre die also über einigermaßen tragfähige und noch etwas dramatischer (Korea, Japan, Erwartung verfehlt, dass alle in Mathe- empirisch belastbare Kompetenzmodelle die Schweiz, die Niederlande, Belgien matik und Naturwissenschaften leis- verfügen, fehlen uns solche Modelle noch haben deutlich höhere Anteile als tungsstarken Schülerinnen und Schüler weitgehend für weiterführende Aus- Deutschland mit 17,5 %). später entsprechende Studiengänge oder bildungswege oder Studiengänge. Hier Wenn man sich also die Befunde über Berufe ergreifen (gibt es ja viele, die in finden wir zwar Lehrpläne und Prüfungs- die Jahre ansieht, dann hat sich das allen Fächern ausgezeichnet sind), aber aufgaben, die allerdings eher aus der Durchschnittsniveau der mathematischen man könnte da ja auch von einer Art bisherigen Erfahrung und auf der Basis und naturwissenschaftlichen Grundbil- Wettbewerb sprechen, die besonders gemeinsamer Überzeugungen entwickelt dung zwar deutlich verbessert; aber die guten für die „MINT“-Felder zu gewinnen. wurden. Talentförderung hängt in diesen Berei- Vielleicht erwähne ich an dieser Stelle Nach diesem Exkurs über Modelle chen etwas hinterher. Das ist vor allem einen Punkt, der mir etwas Sorgen mathematischer und naturwissenschaft- aus einem Grund erstaunlich: Deutsch- macht: In den letzten 15 Jahren können licher Grundbildung können wir uns ein land hat ein Schulsystem, das nach Leis- wir zwar eine erfreuliche Verbesserung wenig mit dem entsprechenden Grund- tung differenziert und einen Teil der im Leistungsniveau der Schülerinnen und bildungsstand befassen. Schülerschaft (inzwischen je nach Bun- Schüler in Deutschland beobachten, aber 2. Naturwissenschaftliche Grund- desland fast um die Hälfte) auf dem Gym- wir finden leider immer wieder Hinweise, bildung und naturwissenschaftlicher nasium beschult. dass sich im Bereich von Motivation Unterricht Eine Idee der Differenzierung besagt, und Interesse an Mathematik und den Im Dezember 2016 werden die Ergeb- dass damit eben auch eine differentielle Naturwissenschaften die Lage nicht ver- nisse der PISA-Erhebung aus dem Jahr Förderung der Schülerinnen und Schüler bessert, sondern tendenziell eher ver- 2015 veröffentlicht werden. Über diese verbunden sei. Man müsste also erwarten, schlechtert hat. kann ich nichts sagen und werde mich al- dass das differenzierte Schulsystem in Gerade mit Blick auf die „MINT-Bildung“ so auf den letzten Bericht bezogen auf Deutschland zu einer höheren Zahl von und Nachwuchsprobleme müssen wir das Erhebungsjahr 2012 berufen müssen. Schülerinnen und Schülern auf Spitzen- mehr dimensionale Bildungsziele verfolgen Im Vergleich der OECD-Staaten war niveau führen würde. und uns nicht nur auf Leistung konzent- das Bild für Deutschland durchaus posi- Aber das ist offensichtlich nicht der rieren. Das heißt für mich, das Interesse tiv; das Wissen und Können der Schüle- Fall, wenn wir die Ergebnisse Deutsch- an „MINT“-Gegenständen zu unterstützen rinnen und Schüler in den Naturwissen- lands im Spitzenbereich mit Staaten wie und zumindest sicher zu stellen, dass so schaften (und auch in der Mathematik) Finnland, Japan, Korea oder auch Austra- etwas wie eine Interessiertheit bleibt, lag deutlich über dem Mittel der OECD- lien und Neuseeland vergleichen, die in denn wir wissen ja, dass Kinder vor und Staaten, nur mehr wenige Staaten (Japan, der Sekundarstufe nicht differenzieren. außerhalb der Schule naturwissenschaft- Finnland, Estland und Korea) waren signi- Lassen Sie mich die Erkenntnis aus diesen liche Fragen und Probleme als durchaus fikant besser. Befunden so formulieren: In Deutschland reizvoll betrachten. Gegenüber PISA 2000, als Deutschland besteht nach wie vor eine Herausforde- Und nun einige Sätze zum Unterricht. in allen Leistungsbereichen signifikant rung darin, Talente im „MINT-Bereich“ Ich hatte vorhin von „Kopf, Herz und unter dem OECD-Mittel lag, hatte sich das angemessen zu fördern. Hand“ gesprochen und Fertigkeiten, das Bild deutlich gebessert. Da bei den Tests Wir haben noch ein zweites Problem, Handeln und Tun erwähnt. Im Bereich immer auch ein Pool von Aufgaben aus auf das wir bei PISA 2006 stießen, als des naturwissenschaftlichen Unterrichts der ersten Testrunde mitverwendet wird, wir im Bereich Naturwissenschaften auch wird ja gerne von „hands-on“-Zugängen kann man feststellen, dass die Leistungen die Motivationslage differenziert unter- gesprochen. Damit sind vor allem Gele- wirklich besser geworden sind: Die Schü- suchen konnten (Prenzel u.a., 2007): Ein genheiten für die Schülerinnen und Schü- lerinnen und Schüler in Deutschland relativ großer Anteil der Schülerinnen ler gemeint, im Unterricht selbst zu meistern heute viele Aufgaben, an denen und Schüler, die in den Naturwissen- experimentieren, oder aber bei außer- sie im Jahr 2000 gescheitert wären. schaften (und auch in der Mathematik) zu unterrichtlichen Gelegenheiten, etwa in So weit war/ist eigentlich alles erfreulich. den Top-Performern zählen, interessieren Schülerlaboren.

MinervaPreis Jülich | 2016 11 In gewisser Weise kann man die halten werden, Schlüsse aus den Experi- trieren, wie Talentförderung höchst er- „hands-on“-Bemühungen als Gegenbewe- menten zu ziehen, aber im Unterricht folgreich betrieben werden kann. gung zum „kreidelastigen Demonstrati- auch ausreichend Zeit darauf verwendet 3. Herausforderungen onsunterricht“ (wie das Jürgen Baumert wird, theoretische Überlegungen anzu- Ich hatte einige gute Nachrichten einmal formuliert hat) verstehen. Bei stellen und Anwendungsmöglichkeiten vorgetragen: Über die im dreijährigen unterschiedlichen Gelegenheiten, einmal außerhalb der Schule zu betrachten. Abstand erfolgenden PISA-Vergleiche in einer Videostudie zum Physikunterricht Dieses Unterrichtsmuster orientiert zeichneten sich Stück um Stück in der und dann in Zusatzerhebungen zu PISA, sich – zumindest ein Stück weit – an Mathematik und in den Naturwissen- haben wir versucht, Unterrichtsmuster zu Prinzipien des „Inquiry based learning“ schaften deutliche Verbesserungen im erfassen und diese auf Leistungsergeb- (oder „Inquiry based Science Teaching“), Wissen und Können ab. Bei den letzten nisse und motivationale Merkmale zu be- das oftmals als „forschendes Lernen“ ins Tests im Jahr 2012 zeigte Deutschland in ziehen. Deutsche übersetzt wird. Bei diesem Un- allen Bereichen signifikant deutlich bes- Lassen Sie mich die Ergebnisse etwas terricht spielt das Stellen von naturwis- sere Leistungen als der OECD-Durch- plakativ zusammenfassen: Bei einem senschaftlichen Fragen eine wichtige Rol- schnitt. Viele Schülerinnen und Schüler Unterricht, bei dem Schülerinnen und le, das Klären von vorliegender Evidenz, meistern heute Aufgaben in der Mathe- Schüler sehr viel Zeit und viele Gelegen- das Planen von Untersuchungen, um die matik und in den Naturwissenschaften, heiten zum Experimentieren haben, findet Frage beantworten zu können, wie auch an denen ihre Altersgenossen vor 12 Jah- man tatsächlich Hinweise, dass dieser das sorgfältige Durchführen und Auswer- ren kläglich gescheitert wären. Wenn Unterricht mehr Spaß macht und als ten und nicht zuletzt die kritische Diskus- man versucht, die Fortschritte in Schul- anregend erlebt wird. Aber – leider – ist sion des Vorgehens und der Befunde. jahren zu fassen, dann kann man sagen, nicht gesagt, dass die Schülerinnen und Lassen Sie mich aber noch auf einen dass die Schülerinnen und Schüler Schüler sich damit Wissen aneignen Punkt eingehen, der als trivial erscheinen mit ihrem Wissen und Können heute fast und naturwissenschaftliches Denken und mag, es aber keineswegs ist. Dieser be- ein Schuljahr weiter sind als die Schüle- Arbeiten besser verstanden haben. trifft die Zeit, die wir für die Naturwissen- rinnen und Schüler im Jahr 2000. Die Problematisch wird dieser Unterricht, schaften und Mathematik einsetzen, Zusammenhänge mit sozialer Herkunft wenn zu wenig Zeit bleibt für Überle- nicht nur im regulären Unterricht, sondern und Migration sind gegenüber damals gungen, für das Stellen und Diskutieren auch in außerunterrichtlichen Angeboten. deutlich abgeschwächt. von Fragen, für das geistige Durch- Natürlich konkurrieren alle Fächer um Das sind Fortschritte, die wir nicht arbeiten und Durchdringen bis hin zur Zeit in der Stundentafel. Für die Natur- verspielen dürfen. Deshalb halte ich es Ordnung und Verdichtung dessen, was wissenschaften scheint es wichtig zu für wichtig, bisherige Anstrengungen zur gelernt werden sollte. Allerdings – erfreu- sein, die knappe Zeit zu bündeln, mindes- Verbesserung der „MINT“-Bildung fortzu- licherweise – darf ich sagen, dass ein tens in Doppelstunden, weil nur so die setzen und zu verstärken. Wichtig scheint solcher weitgehender „hands-on“-Unter- Chance besteht, in einem Block eine es mir zu sein, weiter an den Curricula zu richt in Deutschland eher die Ausnahme Problemstellung einzuführen, die Frage- arbeiten, diese auf Bildungsstandards zu ist (Größenordnung 13 Prozent). stellung zu diskutieren und zu klären, beziehen und entsprechend auf wichtige Sehr viel häufiger dagegen (ca. 33 Zeit für Experimente (und deren Planung, Grundlagen zu konzentrieren z. B. das Prozent) trifft man auf ein Unterrichts- Durchführung, Auswertung und Präsen- Verständnis von Basiskonzepten oder muster, bei dem viel erklärt und auch tation) zu haben und die Erkenntnisse das Verständnis naturwissenschaftlicher- diskutiert wird, dann aber sehr wenige und Ergebnisse zu durchdringen und zu Denk- und Arbeitsweisen, das Modellie- Gelegenheiten für die Schülerinnen und verdichten. ren zu betonen, dabei Herausforderungen Schüler bestehen, selbst zu experimen- Wir finden aber auch viele Hinweise, und Möglichkeiten digitaler Technologien tieren oder selbst Experimente zu entwi- dass die Nutzung zusätzlicher Zeit in au- zu berücksichtigen (auch als Unterstüt- ckeln. Bei einem solchen Unterrichtsmus- ßerunterrichtlichen Angeboten eine wich- zung für stärker individualisierte, fall- und ter lernen die Schülerinnen und Schüler tige Rolle spielt, und zwar ganz beson- problemorientierte sowie kollaborative deutlich mehr als bei einem vorwiegen- ders für die Förderung von Talenten. Lernumgebungen) und kumulatives Ler- den „hands-on“-Unterricht, aber ihre Mo- Ganztagsprogramme bieten hier eigent- nen zu unterstützen. Viele Verbesserun- tivation und ihr Interesse werden nicht lich viele Möglichkeiten, aber sie schei- gen in den Ergebnissen der letzten Jahre unterstützt. nen derzeit noch nicht überall intensiv verdanken wir einer verstärkten Qualitäts- Mit Blick auf die beiden Zielgrößen, für „MINT“-AGs genutzt zu werden. Auch sicherung, z. B. durch Schulevaluationen naturwissenschaftliches Wissen und Ver- die Rückbindung zum Unterricht scheint oder Vergleichsarbeiten – und darauf auf- stehen einerseits und Interesse anderer- an vielen Orten nur zum Teil zu gelingen. setzenden Bemühungen um Qualitäts- seits, scheint der Unterricht am stärksten Das ist meiner Ansicht nach eben auch entwicklung, z. B. in den Fachgruppen. zu sein, in dem die Schülerinnen und der Hintergrund, vor dem Initiativen wie Auch wenn das manchen Lehrkräften Schüler „dosiert“ Gelegenheit haben, das Haus Overbach gerade mit dem lästig erscheint, trägt das deutlich zu selbst zu experimentieren, vor allem eige- Science College höchste Anerkennung einer Professionalisierung des Lehrer- ne Experimente zu planen und dazu ange- verdienen, weil sie modellhaft demons- berufs bei. Und wir müssen weiter an der

12 MinervaPreis Jülich | 2016 Das Overbacher Saxophon-Trio: Alexander Winzen, Marius Reimert und Tobias Rau

Weiterentwicklung der Aus- und Fortbil- Talentförderung die Kopplung mit Merk- Talentförderung im „MINT-Bereich“ dung von Lehrkräften arbeiten; die ange- malen der sozialen oder kulturellen Her- setzt voraus, dass die Schule diesem laufene Qualitätsoffensive Lehrerbildung kunft verstärken könnte, im Gegenteil! Bereich Bedeutung zuspricht, in ihrem bietet dafür sehr gute Chancen. Talentförderung heißt zum Beispiel, Profil und Schulprogramm, in der Zusam- Aber wir sollten uns nun sehr viel ein anspruchsvolles Enrichment anzubie- menarbeit von Kolleginnen und Kollegen mehr um die Talentförderung kümmern. ten, das wirklich hilft, die Potentiale aus- aus den entsprechenden Fachgruppen, in Das heißt zunächst, Talente zu ent- zuschöpfen. Dafür bieten sich außerun- Zusammenarbeit mit außerschulischen decken, und dazu braucht es geeignete terrichtliche Angebote an, Schülerlabore, Partnern. Ohne eine solche Zusammen- Gelegenheiten und einen diagnostischen „Jugend forscht“-Aktivitäten, Wettbewer- arbeit dürfte es schwerfallen, an der Schu- Blick. Talente entdeckt man nicht unbe- be, und für ein gutes Enrichment im le einen größeren und systematischen dingt, wenn man nur auf die Schulfächer „MINT-Bereich“ ist gerade auch eine enge Effekt in der „MINT“-Nachwuchsförde- und Noten schaut. Ich fürchte, dass wir Zusammenarbeit mit Hochschulen oder rung zu erzielen. Und eine exzellente bisher nur einen kleinen Teil der Talente Forschungseinrichtungen in der Region „MINT“-Nachwuchsförderung muss kei- gerade für auch technische und gestal- angezeigt. Ich kann hier aus Erfahrungen neswegs andere Bereiche, wie etwa die terische Studien- und Berufsfelder tat- (auch aus anderen Projekten) von über- musisch-ästhetische Bildung vernachläs- sächlich entdecken. Eine verstärkte und wältigenden Effekten sprechen, die ge- sigen. Auch dies zeigt die heute preisge- gezielte Talentförderung dürfte nicht nur zielte Kooperationen und Enrichmentpro- krönte Einrichtung des Hauses Overbach, zu einer weiteren Verbesserung des Leis- gramme bewirken können. Im Übrigen der ich weiter viel Erfolg und Aner- tungsniveaus beitragen, sondern auch besteht auch eine durchaus interessante kennung für ihre ausgezeichnete Arbeit Schulen bereichern. Und ich würde die Talentförderung darin, die „Talente“ als wünsche! Sorge zurückweisen, dass eine verstärkte Tutorinnen und Tutoren wirken zu lassen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

MinervaPreis Jülich | 2016 13 Laudatio Ludwig Hecke Staatssekretär im Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen

von ganzheitlicher Bildung versteht. Sie vermitteln den Kindern nicht nur fach- liches Wissen und Fachkompetenzen, Sie leben ihnen christliche Werte vor und sind Ihren Schülerinnen und Schülern dadurch ein Vorbild. Vor allem in der heu- tigen Zeit, angesichts der rasanten Ver- änderungen in unserer Gesellschaft und weltweit, brauchen unsere Kinder und Jugendlichen starke Wurzeln. Denn wer dem Trend, einfache Antworten auf schwierige Fragen zu geben, etwas ent- gegensetzen soll, braucht beides: einen wachen, geschulten Verstand und eine gefestigte, menschliche Haltung. Was ist denn nun das Besondere an Ihrem Schulprofil? Es ist nicht einfach, das zu beschreiben, denn Ihre Schule – oder vielmehr Ihr Bildungszentrum – ist, soweit ich es überblicken kann, ein Uni- Ludwig Hecke kat in der bundesdeutschen Bildungs- landschaft. Ich möchte dennoch den Ver- such wagen. Sehr geehrter Herr Prof. Marquardt, „Mit dieser Preisverleihung werden 1918 wurde die Niederlassung Haus sehr geehrter Herr Bürgermeister Fuchs, besonders die Verdienste der Oblaten Overbach als Missionsschule gegründet – sehr geehrter Herr Prof. Prenzel, sehr des heiligen Franz von Sales für den Auf- in zwei Jahren können Sie also Ihr geehrter Pater Költringer, sehr geehrter bau und Erhalt dieser erfolgreichen Bil- 100-jähriges Jubiläum feiern. Im Zweiten Herr Vogelsang, sehr geehrter Herr Lingen, dungseinrichtung geehrt.“ – so steht es in Weltkrieg wurde die Schule von den Nati- liebe Lehrerinnen und Lehrer, liebe Schü- der Begründung. onalsozialisten geschlossen und später lerinnen und Schüler, liebe Eltern, meine Aber was wäre diese Bildungseinrich- durch Bombenangriffe zerstört. Bereits sehr geehrten Damen und Herren, tung ohne das Engagement der Schullei- ein Jahr nach Kriegsende wurde sie wie- Ihre Schule – oder vielmehr Ihr Bil- tung, der Lehrerinnen und Lehrer, der der eröffnet, es folgte der Ausbau zum dungszentrum – ist ein Unikat in der bun- Schülerinnen und Schüler und ihrer Eltern. Progymnasium und zur „Vollanstalt“. desdeutschen Bildungslandschaft. 160 Ich freue mich, die Verleihung des 1964 verließ der erste Abiturjahrgang Kinder wollten dieses Schuljahr Ihre MinervaPreises heute mit Ihnen allen zu das Gymnasium. Als zunächst altsprachli- Schule besuchen, 44 mussten leider ab- feiern! ches Gymnasium mit neusprachlichem gewiesen werden. Für diese 44 Kinder Im Namen von Frau Ministerin Löhr- Zweig hat Ihre Schule noch heute viele und ihre Eltern war das sicher eine Ent- mann begrüße ich Sie alle ganz herzlich. Lateinwähler bei der zweiten Fremdspra- täuschung – für Sie sind die Anmeldezah- Sie bedauert sehr, dass sie wegen ande- che. Durch die internationale Ausrichtung len eine Auszeichnung für die Qualität rer terminlicher Verpflichtungen die Lau- seit den 1990er Jahren sind auch die mo- Ihrer Arbeit! Mit dem Minerva-Preis, den datio nicht persönlich halten kann, denn dernen Fremdsprachen heute sehr stark – Sie als erste Bildungsinstitution erhalten, Sie setzen hier an Ihrem Gymnasium ich möchte als Beispiel nur die Comenius- erfährt Ihre Arbeit nun eine nach außen „Haus Overbach“ genau das um, was die Projekte mit Schulen in Polen, Frankreich sichtbare Würdigung. Ministerin unter guter Bildung im Sinne und Irland nennen.

14 MinervaPreis Jülich | 2016 Prof. Marquardt mit den Preisträgern: (v.l.) Heinz Lingen, Pater Josef Költringer, Thorsten Vogelsang, Tim Schöngens, Wolfgang Marquardt, Roland Dreßen und Rusbeh Nawab. Es fehlt Kerry Jago.

Schon viel früher jedoch führten Sie und Bildungsinnovationszentrum“ eröffnet. aus, die die Grenzen zwischen Wissen- einen Musikschwerpunkt ein. Seit 1985 Ich habe dieses Wort noch nie zuvor ge- schaft, Wirtschaft und Kultur überschrei- sind Sie mit Ihrer Singschule und mit hört – aber ich kann nachvollziehen, dass ten. Ihr Gymnasium „Haus Overbach“ mit mehreren Chören ein musikalisches Zent- die vorhandenen Worte nicht ausgereicht dem angeschlossenen Science College hat rum für die Region. Im Rahmen des Mu- haben, um das Besondere und Neue diese Auszeichnung wahrlich verdient! sikprofils des Gymnasiums bieten Sie Ih- dieses Science College zu beschrei- Es werden zu Recht „besonders die Ver- ren Schülerinnen und Schülern gleich ben. Das Science College ist außerschuli- dienste der Oblaten des heiligen Franz mehrere Orchester an – Junges Orchester, scher Lernort, aber an das Gymnasium von Sales für den Aufbau und Erhalt die- Sinfonieorchester und Blasorchester – angeschlossen. Hier können Schülerin- ser erfolgreichen Bildungseinrichtung ge- und fördern damit auch besondere Musik- nen und Schüler experimentieren und ehrt“ – dieser Teil der Begründung bedarf talente. Mit Ihren Konzerten öffnen Sie Lehrkräfte Fortbildungen machen. Die aber der Ergänzung. Aufbau und Erhalt Ihre Türen und ziehen ein begeistertes Dozentinnen und Dozenten der Veran- über fast 100 Jahre verdient eine Würdi- Publikum an – das sich sicher bereits auf staltungen kommen aus Schule und gung – aber vor allem die stetige Weiter- das traditionelle Overbacher Advents- Wissenschaft, insbesondere dem For- entwicklung macht diese Bildungsinsti- singen freut! schungszentrum Jülich und der RWTH tution so erfolgreich. Und das ist das Ver- Einzigartig ist das „MINT“-Profil Ihres Aachen. Es ist ein Lernort für den Bereich dienst der gesamten Schulgemeinschaft: Gymnasiums – kurz vor der Jahrtausend- „MINT“, aber auch für den interdisziplinä- Schulleitung, Lehrerinnen und Lehrer, wende entwickelt, ist es noch relativ ren Dialog. Und natürlich werden hier in Schülerinnen und Schüler und ihrer Eltern. jung. Bereits im Jahr 2000 wurde Ihre Haus Overbach auch ethische Aspekte Im Namen von Ministerin Löhrmann Entwicklungsarbeit mit der Auszeichnung von Wissenschaft und Forschung disku- und ganz persönlich gratuliere ich Ihnen als „MINT-EC-Schule“ belohnt. Die Junior- tiert. Das Science College Overbach – von Herzen zum Minerva-Preis 2016. Ingenieur-Akademie in Kooperation mit oder kurz SCO – ist damit ein einzigartiger Lassen Sie diese Auszeichnung Ansporn der Telekom Stiftung, ein Wahlpflichtfach Lernort, am Schnittpunkt von Schule und sein! Machen Sie weiter so! Denn wir für Schülerinnen und Schüler der Mittel- Wissenschaft, von Wissenschaft und Ethik, brauchen Schulen wie Ihre, die zeigen, stufe, ist nur ein herausragender Bau- mit großer Kraft für die Innovationsregion was möglich ist – für unsere Kinder und stein. Rheinisches Revier. Jugendlichen, als Vorbild für andere und Im Jahr 2009 wurde schließlich das Der MinervaPreis zeichnet herausra- zum Wohle unserer Gesellschaft. Science College Overbach als „Jugend- gende Persönlichkeiten und Institutionen Vielen Dank!

MinervaPreis Jülich | 2016 15 Dankesworte Pater Josef Költringer Rektor des Hauses Overbach

Sind wir, die jetzigen Akteure, mit der gleichen Klugheit ausgestattet wie unsere Vorgänger? Sind wir fähig, die richtigen Antworten auf die Herausforderungen des Heute und Morgen zu geben? Selbstbewusst, auch das gehört zu Overbach, darf ich sagen, ich meine ja. Hierzu darf ich zwei Aspekte aufgreifen, die ganz wesentlich zu Overbach gehör- ten und auch in Zukunft gehören werden: Wie bereits erwähnt, entwickelte Over- bach sich zu einer großartigen Ein- richtung, weil es viele gute, engagierte Ordensleute, Lehrer und Mitarbeiter gab und nach wie vor gibt. Einzigartig scheint mir allerdings die Bereitschaft vieler Insti- tutionen, Kommunen und vieler einzelner Menschen, mit Haus Overbach eng zusam- menzuarbeiten, wovon wir seit Jahren profitieren. Wir hätten diesen Preis nicht Pater Josef Költringer bekommen, wenn es nicht die großartigen Kooperationen mit der Landes- und Bezirksregierung, mit der Diözese Aachen, dem Kreis Düren, dem Forschungszent- Meine sehr verehrten Damen und habe, fast nie die Blumen gieße und die rum, der RWTH und der Fachhochschule, Herren, Fenster reinige, der Qualitätsanspruch mit vielen Stiftungen, der Stadt Jülich, Herzlichen Dank für die so positive des Chorleiters mir verbietet, dass ich den umliegenden Gemeinden und mit an- Darstellung unserer Einrichtung; wir freu- in einem der Chöre mitsinge und ich da- deren Schulen gegeben hätte. en uns sehr über diese Auszeichnung. durch selbst einer bin, der viel geschenkt Wir hätten diesen Preis sicher nicht Die heutige Überreichung dieses Prei- bekommt, der dankbar ist, dass er hier bekommen, ohne z. B. die langjährige Un- ses gilt nicht nur den hier anwesenden leben und arbeiten darf. terstützung von Prof. Treusch und von Vertretern von Haus Overbach, sondern Alle, die heute Overbach vertreten Prof. Marquardt als Berater und Mitglie- ist eine Auszeichnung für die vielen Mit- und voll Freude diesen Preis entgegen- der unseres Beirates. arbeiter, die Schulgemeinschaft (Lehrer, nehmen, machen dies also in Vertretung Wir wären nicht dort, wo wir heute Eltern, Schüler) und auch für all jene, die für die vielen Personen, die so oft im Hin- sind, wenn uns Professor Baumann, un- Haus Overbach in der langen Geschichte tergrund arbeiten, und für all jene, die ser derzeitiger Beiratsvorsitzender, nicht geprägt und der Einrichtung eine innere in der 100-jährigen Geschichte Overbach viel guten Rat, viel Zeit und viel Unter- und äußere Ästhetik verliehen haben. mit aufgebaut, Entscheidungen getroffen, stützung im politischen Raum geschenkt Es kommt vor, dass Menschen bei uns den Herausforderungen der Zeit entspro- hätte. Wir genießen es und freuen uns, vorbeikommen und mich beglückwünschen chen, viel Geld in die Hand genommen wenn Professoren, Doktoranden und zur Schönheit, zur Ausstrahlung und zur haben, um in Neues zu investieren. Sie Studenten aus Wissenschaft und For- Qualität dieser Einrichtung. Ich mache haben viel Zeit und Engagement einge- schung Vorträge in Haus Overbach halten dann aufmerksam, dass ich erst fünf Jahre bracht, weil ihnen die Kinder und Jugend- und Schülersymposien oder Workshops in Overbach sei, nur zwei Bäume gepflanzt lichen das größte Anliegen waren. mitgestalten.

16 MinervaPreis Jülich | 2016 Pater Josef Költringer während seiner Dankesrede

Die Entwicklung der letzten beiden In Dankbarkeit für das, was Sie alle Immer wieder kommt es vor, dass wir Jahrzehnte, die Ausrichtung auf „science und die vielen Menschen, die ich hier nicht Ordensmänner angesprochen werden, wie education“ und die Etablierung von Haus nennen kann, für Overbach gewirkt ha- es denn mit uns weitergeht, da wir nur Overbach als Plattform für Wissenschafts- ben, blicken wir mit Zuversicht in die Zu- sehr spärlichen Nachwuchs hätten und dialog wäre ohne die Unterstützung von kunft, weil wir ganz fest darauf vertrauen, es dadurch eine Frage der Zeit sei, wie außen nicht denkbar. dass Sie alle uns weiterhin unterstützen, lange es uns vor Ort noch gäbe. Sie wäre vor allem nicht möglich ge- die Qualität zu erhalten, den Inhalt wei- Die Antwort ist kurz und klar, wir sind wesen ohne einen Absolventen unseres terzuführen und mit neuen Initiativen und Optimisten; aber wir wissen es nicht. Es Gymnasiums, Herrn Landrat Wolfgang Ideen das Haus am Puls der Zeit halten. kommt, wie es kommt. Spelthahn, der leider heute nicht hier Ich bin überzeugt, eine christliche Ein- Wer genau hinsieht, wird merken, dass sein kann. Ohne ihn, ohne den Kreis gäbe richtung wie unsere muss in der heutigen wir Patres uns schon länger auf jene Aufga- es kein Science College Overbach, weil er Zeit dazu beitragen, Grenzen zu überwin- be zurückgezogen haben, die essentiell zu und die Verantwortlichen im Kreistag den, offen zu sein für andere Länder, Kul- uns gehört: den Glauben und den Zweifel wissen, dass die Qualifizierung der Schü- turen und Religionen und sie muss – gera- an Gott lebendig zu halten. Das genügt und ler und Jugendlichen in dieser Region nur de im Lutherjahr – ein Symbol für die dazu sind wir auch in Zukunft gerne bereit. erfolgreich sein kann, wenn es exzellente Einheit darstellen, denn ich weiß bis heu- Wenn wir einmal weiterziehen, aufbre- Schulen und Ausbildungsstätten im te keine wirklich gute Antwort auf die chen sollten - was immer zum Wesentli- „MINT-Bereich“ gibt. Frage eines Sextaners, warum ausge- chen eines Ordens gehört, also nicht Besitz Stellvertretend für alle hausinternen rechnet und einzig im Fach Religion, in und Sesshaftigkeit, sondern Aufbruch – , Mitarbeiter möchte ich noch Herrn Lingen dem so viel von Gemeinschaft gespro- dann vertrauen wir, dass eine Einrichtung erwähnen. Herr Lingen war 25 Jahre Leiter chen wird, die Klassengemeinschaften wie diese weiterlebt, die von uns aufgebaut unseres Gymnasiums und ist seit drei nach Konfessionen geteilt werden. und geprägt wurde, die von uns mit einer Jahren in der Geschäftsleitung tätig. Den Weil uns das Menschliche, das Christ- Richtung, mit Werten versehen wurde, die Preis, den unsere Einrichtung heute liche, das Gemeinsame und zugleich die nie Selbstzweck und nicht einmal nur Ei- bekommt, verdankt sie vor allem Ihnen, Offenheit für das Andere, für das Fremde gentum des Ordens war, sondern immer weil Sie Haus Overbach mit einer Qualität in der heutigen Zeit so wesentlich sind, auch den Schülern und Lehrern, den Men- ausgestattet, eine für die Region wegwei- freue ich mich auch, dass Herr Pfarrer schen, die hier ein- und ausgegangen sind, sende Richtung gelenkt und ein großes Dargel, der Vorstandsvorsitzende des gehörte, dann wissen wir, dass uns diese Netzwerk von Wissenschaftlern, Mitar- Christlichen Jugenddorfwerkes Deutsch- Einrichtung mit dem Schwerpunkt „ganz- beitern, Förderern und Interessierten mit lands, heute unter uns ist. Mit ihm streben heitliche Bildung für junge Menschen“ an Bord genommen haben, ohne all dem wir seit langer Zeit Wege der Ökumene überdauert. Mehr wollten wir nicht. Overbach heute nicht das wäre, was es ist. und der Zusammenarbeit an. Herzlichen Dank Ihnen allen.

MinervaPreis Jülich | 2016 17 Substanzerhalt und Inwertsetzung – Werke der Jülicher Schirmersammlung im Restaurierungsförderprogramm 2013 – 2016 Marcell Perse Leiter des Museums Zitadelle Jülich

Der in Jülich geborene Maler Johann 89 Werke von Schülern und Kollegen be- mus der innovativen Freilichtmalerei der Wilhelm Schirmer (1807 – 1863) beein- arbeitet werden. Dazu kamen sechs Ko- Schirmerschule zum Entstehen des deut- flusste durch seine Professur an der pistengemälde nach bekannten Vorbil- schen Impressionismus. Düsseldorfer Akademie und als Grün- dern Schirmers. Die durch Verschmut- Der Förderverein Museum hat die dungsdirektor der Karlsruher Kunstschule zung, Übermalungen und nicht sachge- Förderanträge für das Restaurierungspro- maßgeblich die Landschaftsmalerei im mäße Lagerung vor der Übernahme in die gramm Bildende Kunst des Landes NRW 19. Jahrhundert. Die Sammlung des Jülicher Museumssammlung entstande- gestellt und über die vier Jahre den Eigen- Museums Zitadelle Jülich spiegelt diese nen Schäden wurden in der Düsseldorfer anteil von 20 % der Kosten von insgesamt Entwicklung in Werken Schirmers, seiner Werkstatt Brakebusch restauriert. Reini- 187.664,48 € in Zusammenarbeit mit Schüler und Kollegen. Im Restaurie- gung und Firnisabnahmen machen die für dem Museum organisiert. Die Rede zur rungsförderprogramm des Landes Nord- die Wirkung der Landschaftswerke wich- Präsentation der ersten Arbeitsergebnisse rhein-Westfalen 2013 – 2016 konnten tigen Farbwerte wieder sichtbar. Die Öl- zum Internationalen Museumstag 2014 sieben Gemälde sowie sechs Zeichnungen studien im Restaurierungsprogramm sind und ein erster Überblick über die Maßnah- und Aquarelle von Schirmer selbst sowie Beispiele für die Beiträge des Naturalis- men werden nachfolgendend abgedruckt.1

Blick in das Pulvermagazin mit der Ausstellung „La Strada – Maler unterwegs“

18 MinervaPreis Jülich | 2016 „La Strada – Maler unterwegs.“ Zur Eröffnung der Ausstellung am 18. Mai 2014 Dr. Ingrid Stoppa-Sehlbach; Ministerialrätin im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW

Sehr geehrte Damen und Herren, ich durchzuführen. Kunstwerke, die vom Zerfall Werken Johann Wilhelm Schirmers ist seit begrüße Sie sehr herzlich zur Eröffnung und durch Beschädigung bedroht sind, Gründung des Museums als Städtische der Ausstellung „La Strada – Maler unter- sollen erhalten und so für die Zukunft Sammlung für Heimatkunde im Jahr 1902 wegs“. Mit dieser Ausstellung wird die Zita- gesichert werden. Das Land Nordrhein- ein Schwerpunkt in Jülich. Dieses Profil zu delle zu einem Ankerpunkt im Erlebnis- Westfalen stellt jährlich Mittel zur stärken macht Sinn und ist auch Hinter- raum Römerstraße. Dabei hat sich eine Konservierung und Restaurierung von grund für die Förderung der umfassenden hervorragende Synergie ergeben, denn Werken der Bildenden Kunst bereit. Ins- Restaurierungsvorhaben von Gemälden die Bilder der Jülicher Sammlung zeigen gesamt stößt das Programm auf eine Johann Wilhelm Schirmers. Im Restaurie- anschaulich, wie die reisenden Maler des sehr positive Resonanz. Den Institutionen rungsprogramm 2013 konnten im Rahmen 19. Jahrhunderts – die Maler auf der kommt besonders entgegen, dass auch des Gedenkjahres zum 150. Todestag Straße – die Welt gesehen haben. Dies ist kleinere Vorhaben gefördert werden, da Johann Wilhelm Schirmers insgesamt 21 ein hervorragender Anlass, viele Werke, sie in der Regel nicht in der Lage sind – Werke von ihm und seinen Schülern res- die mit den Mitteln des Restaurierungs- wenn überhaupt – allein hohe Mittel für tauriert werden. Das bedeutet, dass die programms Bildende Kunst des Landes die Instandsetzung aufzubringen. Das teils mehr, teils weniger beschädigten NRW instand gesetzt worden sind, auszu- Landesprogramm wird darüber hinaus Leinwandgemälde gereinigt und stabili- stellen. Mit der heutigen Eröffnung prä- bei den freiberuflich tätigen Restaurato- siert, störende nachträglich aufgetragene sentiert das Museum Kunstwerke von ren in NRW als positives Signal bewertet. Übermalungen und vergilbte Firnisschich- Johann Wilhelm Schirmer und seinen Erfreulich ist auch, dass von den Vor- ten abgenommen und Fehlstellen gekittet Schülern, die lange Zeit nicht in voller haben insbesondere Restauratoren und und retuschiert werden mussten. Schönheit zu sehen waren. Es ist also ein Werkstätten in NRW profitieren. Mit dem Die Ergebnisse sind Zeugnisse des Wiedersehen mit alten Bekannten, die Restaurierungsprogramm ist also ein Erfolgs! Es vermittelt sich der Eindruck, heute in neuem alten Glanz erstrahlen. doppelter Wirtschaftseffekt verbunden: dass engagierte und ehrgeizige Fachleute Auf den Philosophen Odo Marquardt für Museen und Restauratoren. kompetente Arbeit geleistet haben. Das ist die Aussage zurückzuführen: „Zukunft Aber zurück zu den Bildern von Jo- Team der Restaurierungswerkstatt Brake- braucht Herkunft“. Marquardt machte hann Wilhelm Schirmer: Von Beginn an busch hat in detektivischen Recherchen, deutlich, wie essentiell unsere histori- war das Vorhaben der Zitadelle Jülich mit dem Mikroskop, mit Infrarot- und schen Wurzeln für die weitere Entwick- von herausragender Bedeutung – auch Röntgenuntersuchungen, den Schadens- lung sind. Und auf welche Institution für das Land NRW! Denn der Landschafts- stand analysiert, im wissenschaftlichen könnte diese Aussage besser zutreffen maler Johann Wilhelm Schirmer wurde Diskurs Methoden entwickelt und mit als auf Museen. Hier können wir uns mit 1807 in Jülich geboren. Sein Name steht handwerklicher Präzision, mit Geduld und unserer Vergangenheit vertraut machen für die Düsseldorfer Malerschule und für Ausdauer die Restaurierungen durchge- und aus ihr lernen. Denn die Bewah- seinen Einfluss auf zahlreiche Künstler, führt. Werke kostbarster Kunst sind in rung unseres Erbes ist unverzichtbar die er unterrichtete. Über die Land- mühevoller und minutiöser Handarbeit für Fortschritt und Innovation. Diese schaftsmalerei Schirmers und die Düs- restauriert und konserviert worden. Das Maxime ist auch eine Grundlage für die seldorfer Malerschule sind in den vergan- war Kraftakt und Meisterleistung zugleich. Entscheidung der Landesregierung, den genen Jahren zahlreiche Ausstellungen Ich bin sicher, Sie stimmen mit mir über- Erhalt des kulturellen Bestandes als wich- präsentiert worden. Bei der Ausstellung ein: Die Anstrengungen haben sich ge- tiges kulturpolitisches Ziel in Nordrhein- „Landschaft macht Schule“ zum 200. Ge- lohnt! Und ich kann bestätigen, dass das Westfalen zu formulieren. Archivgut, burtstag des Künstlers 2007 und dem Landesprogramm 2014 fortgesetzt wird Bibliotheken und Kunstwerke sollen so groß angelegten Gemeinschaftsprojekt und der Antrag des Fördervereins Museum konserviert und restauriert werden, dass „Johann Wilhelm Schirmer – Vom Rhein- Jülich zur Fortsetzung der Restaurierun- sie noch lange von ihren historischen Be- land in die Welt“ mit sieben Partnern im gen von 30 Werken Johann Wilhelm deutungen zeugen können. Vor diesem Jahr 2010 stand das Land NRW ebenso Schirmers und seinen Schülern durch Hintergrund ist die Eröffnung der Ausstel- fördernd zur Seite wie bei Ankäufen von die Jury inzwischen positiv beschieden lung im Rahmen des diesjährigen Muse- Werken Schirmers. Zur Erweiterung der worden ist. umstages unter dem Motto „Sammeln Jülicher Sammlung konnte das Land den Abschließend gratuliere ich der Stadt verbindet“ ein guter Anlass! Mit einem Erwerb des Aquarells „Ahrlandschaft“ in Jülich, den Hausherren der Zitadelle und „Restaurierungsprogramm Bildende Kunst“ 2008 und des Ölgemäldes „Landschaft den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt werden Museen und Sammlungen dabei mit großer Eiche“ in 2010 fördern und so zu der glanzvollen Rückkehr Ihres Kultur- unterstützt, dringend notwendige Konser- dazu beitragen, das Profil dieser Samm- guts. Passen Sie gut auf Ihre wertvolle vierungs- und Restaurierungsmaßnahmen lung zu stärken.2 Denn das Konvolut von Sammlung auf!

MinervaPreis Jülich | 2016 19 „Des Wunderbaren in Menge“ – Restaurierungsmaßnahmen an Gemälden der Schirmersammlung im Museum Zitadelle Jülich3

Das Museum Zitadelle Jülich vereint Malerschule, erster Professor für Land- Diese Arbeiten haben in Forschung und verschiedene Sammlungsbereiche: archä- schaftsmalerei an der von den Preußen Präsentation ein besonderes Profil der ologische Funde, kulturgeschichtliche neu eingerichteten Düsseldorfer Kunst- Jülicher Sammlung entwickelt. In den Objekte zur Geschichte von Stadt und akademie und Gründungsdirektor der letzten Jahren war es möglich, ausgehend Festung sowie eine Kunstsammlung zur Karlsruher Kunstschule, gab Johann Wil- von dieser Materialbasis umfangreiche Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts helm Schirmer entscheidende Impulse wissenschaftliche Erkenntnisse zur Mal- um den in Jülich geborenen Johann Wilhelm für die Entwicklung des Landschaftsfachs. technik Schirmers und der Düsseldorfer Schirmer (5.9.1807 – 11.9.1863). Als be- Die engagierte Ausbildung von über 300 Landschaftsmalerei zu gewinnen.7 Die deutender Vertreter der Düsseldorfer Schülern brachte ihm den Ruf als erfolg- kunsttechnologischen Beobachtungen er- reichster deutscher Kunsterzieher des möglichen nicht nur interessante Einbli- 19. Jahrhunderts ein.4 Das Museum Zita- cke in den Werkprozess, sondern liefern delle Jülich in der Geburtsstadt des Malers auch wichtige Parameter für die chrono- verfügt über eine große Sammlung zu sei- logische Einordnung von Werken und nem Werk, ergänzt um exemplarische Ar- die Echtheitsprüfung und Zuschreibungs- beiten seiner Schüler und seines Umfeldes. verifizierung neu auftauchender Gemäl- Seit der Ausstellung „Natur im Blick“ de. Ein Höhepunkt in Präsentation und 2001 bemüht sich das Museum intensiv Aufarbeitung der Sammlung war das um die Erforschung und Präsentation der vom Land NRW geförderte rheinland- Schirmersammlung.5 Die Kollektion wurde weite Verbundprojekt „Vom Rheinland mit der Gründung des Museums 1902 be- in die Welt“, das vom 200. Geburtstag gonnen und seither kontinuierlich gepflegt. des Malers 2007 bis zu Ausstellungen Sie umfasst heute ca. 190 Zeichnungen in Neuss, Düsseldorf, Bonn, Jülich, Abb. 1: Rudolf von Normann, und Aquarelle, 80 Ölgemälde sowie die Königswinter und Bergisch Gladbach Schweizer Landschaft mit einem Bergsee, komplette Künstler-Druckgrafik und Repro- 2010 reichte.8 Innerhalb der Arbeiten 1840, Öl auf Leinwand, 71,5 × 112 cm, duktionsgrafik. Hinzu kommt ein Doku- 2001 – 2010 wurden die Gemälde der Museum Zitadelle Jülich mentenarchiv mit Briefen und Urkunden. Jülicher Sammlung und die grafischen Inv.-Nr. 2013-0191 (restauriert) Rund 70 Schirmerschüler sind in der Bestände konservatorisch untersucht Umfeld-Sammlung durch Gemälde oder und notwendiger Restaurierungsbedarf Grafiken vertreten. Grundlage der For- größtenteils bearbeitet. Bislang nicht schungs- und Präsentationsarbeit ist ein abgeschlossen werden konnte die Res- Fotoarchiv zu Werken von Schirmer und taurierung von einigen Schirmerge- Schirmerschülern und eine Fachbiblio- mälden mit komplexerer Erhaltungs- thek zum Thema Landschaftsmalerei des problematik sowie die Bearbeitung der 19. Jahrhunderts.6 Da das Museum Zita- erheblichen Zahl von Schülerarbeiten. delle Jülich keine hauseigene Restau- Anlässlich des 150. Todestages von J. W. rierungswerkstatt hat, besteht mit dem Schirmer 2013 konnte dieses Arbeits- Dipl.-Restaurator Börries Brakebusch in paket unter Federführung des Förder- Düsseldorf eine langjährige Zusammen- vereins Museum Jülich e.V. mit Hilfe arbeit, sodass sich Erkenntnisgewinne des Restaurierungsprogramms Bildende Abb. 2: Adolf Doering, im Spezialgebiet Schirmer und seines Kunst des Landes NRW angegangen Sandhügel mit Gräsern, o. Dat., Umfeldes als Erfahrungsschatz addieren. werden. Beispielhafte Arbeitsergebnisse Öl auf Leinwand auf Karton, Seit 2000 werden mit notwendigen Res- wurden für Medienstationen in der Aus- 16,8 × 31,5 cm, Museum Zitadelle Jülich taurierungsarbeiten systematische mal- stellung aufbereitet und fließen so als Inv.-Nr. 2014-0111 (restauriert) technische Untersuchungen verbunden. zusätzlicher Aspekt in die Vermittlung ein.

20 MinervaPreis Jülich | 2016 Mit der konzentrierten Restaurierungs- großen Übermalung im Himmel trat nur aktion wurde der überregional wahrge- ein Kratzer mit wenigen Quadratzentime- nommene Sammlungsschwerpunkt des tern Schadensfläche zutage. Durch die Jülicher Museums nachhaltig gestärkt, da Restaurierungsmaßnahmen konnte nicht die Schirmersammlung nun nicht allein nur der Bildeindruck farblich und tonal künstlermonografisch präsentiert wird, dem ursprünglichen angenähert, sondern sondern der Maler im Kontext seiner Kol- auch originale Bildfläche wiedergewon- legen und Schüler an den Kunstakademien nen werden (Abb. 1, S. 20). Düsseldorf und darstellbar ist. Arbeiten eher unbekannter Schüler in In der Sammlung von Werken zu der Jülicher Sammlung, die in öffentli- Schirmers Schülern treffen im Jülicher chen Sammlungen kaum greifbar sind Museum sehr unterschiedliche Gemälde und deren Werk entsprechend schwierig zusammen, einerseits bezüglich der Be- zu beurteilen ist, haben häufig über- Abb. 4: Adolf Doering, Saale. Fähre bei kanntheit und Qualität der Maler und an- durchschnittlich von den Restaurierungs- Großwirschleben, o. Dat., Öl auf Leinwand dererseits bezüglich der Geschichte und maßnahmen profitiert. Als Beispiel sei auf Hartfaserplatte, 14,7 × 23,7 cm, des Erhaltungszustands der einzelnen hier der bislang nahezu unbekannte Museum Zitadelle Jülich Inv.-Nr. 2014-0115 Werke. Einige Beispiele aus den Restau- Schirmerschüler Adolf Doering (1813 – (restauriert) rierungsprojekten 2013/2014 sollen hier 1886) genannt.10 Der aus Bernburg an vorgestellt werden.9 der Saale stammende Künstler studierte Das Gemälde eines bekannteren von 1833 – 1836 in Schirmers Düssel- Schirmerschülers, Rudolf von Normann, dorfer Landschafterklasse. Es haben sich ist die frühe Schweizer Landschaft von einige seiner Werke im Familienbesitz 1840. Hier waren zunächst substanzer- erhalten. Als Schenkung der Nachfahren haltende Maßnahmen erforderlich. Durch gelangten acht Gemälde in die Jülicher punktuelle mechanische Einwirkung von Sammlung, von denen sieben im Restau- der Rückseite war es zu Ausbeulungen rierungsprogramm bearbeitet werden der Leinwand mit Ausbrüchen der Mal- konnten. Aus der Studienzeit hat sich ein schicht gekommen. Diese wurde gefestigt, Beispiel für die typischen detaillierten die Deformationen im Bildträger planiert. Freilicht-Ölstudien der Schirmerschule Weiterhin wurden nach der Abnahme der erhalten (Abb. 2, S. 20). Mögen die kom- vergilbten Firnisschicht vorhandene Retu- ponierten Ateliergemälde Doerings auch Abb. 5: Blick auf Plötzkau-Großwirsch- schen entfernt, die verfärbt und matt ein- nicht die Komplexität und Lebendigkeit leben von Südwesten mit der ehemaligen geschlagen waren. Unter einer handteller- der Malerei seines Lehrers Schirmer auf- Fährstelle an der Saale (2015) weisen, zeugen sie doch von künstleri- schem und handwerklichem Geschick. gegenüber der heutigen Situation wichti- In Familienbesitz und damit wohl aus dem gen Quellenwert hat. So zeigt die Ansicht ehemaligen Atelierbestand haben sich der Fährstelle bei Plötzkau-Großwirsch- einige kleinformatige Kompositionen erhal- leben südwestlich von Bernburg an der ten, die als Vorführmodelle möglicher Saale zwar eine künstlerische Überhö- bestellbarer großformatiger Gemälde ge- hung, die exponierte topographische Lage dient haben könnten (Abb. 3). Das Muse- der erhöhten Hausstellen am „Mühlberg“ um Zitadelle sammelt Gemälde nicht nur und des danebenliegenden Dorfes er- unter künstlerischen Aspekten, sondern möglicht aber die Orientierung (Abb. 4/5). betrachtet sie gleichermaßen als kultur- Die Saalequerung der heute unmittelbar und gesellschaftsgeschichtliche Quelle, westlich vorbeiführenden A14 hat die zum Beispiel mit der Frage, mit welchen ehemals zentrale „Fährstraße“ und den Produkten sich ein Künstler auf dem Ort insgesamt zur Sackgasse degradiert. Kunstmarkt etablieren konnte. In Doe- Gerade bei Gemälden unbekannterer rings Œuvre finden sich Wiedergaben von Maler fand durch die spätere Aufnah- Orten und Ansichten im Harz und heuti- me in die Museumssammlung eine Abb. 3: Adolf Doering, gen Sachsen-Anhalt, die im Repertoire gravierende Veränderung der Überliefe- Harz – Felsiger Flusslauf, o. Dat., der Düsseldorfer Maler bislang nicht be- rungs- und Nutzungsintention statt. Als Öl auf Laubholz, 15,6 × 18,5 cm, kannt sind und z. T. interessante Aspekte Objekte gehobener Wohnungsausstat- Museum Zitadelle Jülich zur Kulturlandschaftsentwicklung berüh- tung im 19. und frühen 20. Jahrhundert Inv.-Nr. 2014-0113 ren.11 Die Motive seiner Arbeiten schil- wurden Fragen künstlerischer Authen- (Zwischenzustand bei Firnisabnahme) dern Orte, bei denen die Veränderungen tizität nicht so wichtig genommen.

MinervaPreis Jülich | 2016 21 aus englischem Privatbesitz stammenden Fassung auch in der Jülicher Sammlung.13 Das Werk wurde 1880 als Stahlstichrepro- duktion von Eduard Willmann bekannt.14 Das gelungene Gemäldemotiv diente vie- len Künstlern und Schülern als Vorlage. In einem Brief von Schirmers Sohn Albrecht an den deutschstämmigen Sammler Wil- liam Karrmann in Cincinnati, USA, liest man: „Ich habe duzende von Schülern sich abmühen sehn den feinen Silberton im Camp[agn]asturm herauszubringen, vergeblich.“15 Drei posthume künstleri- sche Nachvollzüge von Schirmers Haupt- werk im Jülicher Museum wurden im Res- taurierungsprogramm bearbeitet (Abb. 8 – 10, S. 23). 16 Durch das Förderprojekt konnten das ausstellungsreife Aussehen der Kopien nach Schirmer wiederge- wonnen werden. Bei Schirmers Versionen der Campagna in den Museen Krefeld und Jülich ist der subtile Einsatz einer Abb. 6: Wilhelm Klein, Landschaft mit zwei Bäumen, um 1845 (?), Öl auf Papier auf Holz, flächig aufgebrachten Lasur erkennbar. 33,3 × 48,5 cm, Museum Zitadelle Jülich Inv.-Nr. 2011-0233 (Vorzustand und Restaurie- Bei diesen Lasuren handelt es sich nicht rungsergebnis) um einen eingetönten Firnis, sondern um modellierend zur weiteren Differenzie- rung eingesetzte Malerei, die das Ge- Beschädigungen wurden häufig durch Gemälde „Heranziehendes Gewitter in der samterscheinungsbild wesentlich mitbe- Übermalung kompensiert, die Behand- römischen Campagna“ geschaffen. Das in stimmt. Interessanterweise fand sich lung im Wohnumfeld erfolgte oft ohne den1850er-Jahren entwickelte Motiv ist bei der Schülerkopie Carl Wagners besondere Vorsicht und führte zu lang- neben dem Zentralwerk in der Staatlichen (1839 – 1923), der aus Karlsruhe stammt jähriger Verschmutzung. Durch Freile- Kunsthalle Karlsruhe in mehreren eigen- und an der dortigen Kunstschule studiert gung des Originalbestands konnte hier händigen Varianten überliefert,12 in einer hat – 1919 nach der großen Karlsruher die ursprüngliche Bildwirkung wiederge- wonnen werden. So z. B. bei der „Land- schaft mit zwei Bäumen“ von Wilhelm Klein (1821 – 1897), eine Freilichtstudie, die bereits durch die Wahl des Bildaus- schnittes schon wie eine kleine Land- schaftskomposition erscheint. Durch Aufkaschieren des Papiers und Retusche der Reißbrettstift-Löcher in den Ecken, mit denen das Papier im Malkastendeckel fixiert war, konnte die Studie daher leicht zum vollgültigen Gemälde aufgewertet werden (Abb. 6). Hier wurde nach einer Trockenreinigung die teilweise gelöste Bildschicht gefestigt und niedergelegt. Mit dem stark vergilbten Firnis wurden auch umfangreiche verfärbte Retuschen abgenommen. Kratzer und Fehlstellen in der Malschicht wurden retuschiert. Die nach einhelliger Meinung der zeit- genössischen Kunstkritik eindrücklichste „Verdichtung“ der klassischen Landschaft Abb. 7: Carl Friedrich Lessing, Eifellandschaft, o. Dat., Öl auf Papier auf Karton, um Rom hat J. W. Schirmer mit seinem 21 × 34,5 cm, Museum Zitadelle Jülich Inv.-Nr. 2014-0184 (restauriert)

22 MinervaPreis Jülich | 2016 Abb. 9: Wilhelm Mohr, Heranziehendes Abb. 10: Emil Engert, Heranziehendes Abb. 8: Carl Wagner, Heranziehendes Ge- Gewitter in der römischen Campagna, Gewitter in der römischen Campagna, witter in der römischen Campagna, 1919, ca. 1909, Öl auf Leinwand, um 1905, Öl auf Leinwand, Öl auf Leinwand, 90,7 × 109,8 cm, Muse- 73,4 × 110,10 cm; Museum Zitadelle 91 × 138,5 cm, Museum Zitadelle Jülich um Zitadelle Jülich Inv.-Nr. 2011-0117 Jülich Inv.-Nr. 2013-0099 Inv.-Nr. 2015-0136 (Zwischenzustand bei Firnisabnahme) (restauriert) (restauriert)

Version angefertigt, die diese Lasur nicht Die Einführung der Freilicht-Ölstudien Werkausstellung 2002 formulierte.22 Für (mehr?) aufweist –, ebenfalls eine pig- als wesentliches Element der Bildent- die Beurteilung dieses Wirkungs- und mentierte Lasur, bzw. eine patinierende wicklung in die Ausbildung an der Düssel- Rezeptionsprozesses im Hinblick auf abschließende Lasur (Abb. 8). Eine Be- dorfer Kunstakademie wird Johann Wil- einen deutschen Impressionismus ist das wertung dieser Lasur als zum Bild gehöri- helm Schirmer und Carl Friedrich Lessing Erscheinungsbild der Studien wesentlich. ge Patinierung oder Lasur im Gegensatz (1808 – 1880) zugeschrieben. Die Durch- zu einem später aufgetragenen, getönten sicht des überlieferten Œuvres bei Les- Galeriefirnis ist nicht eindeutig vorzuneh- sing ergibt allerdings nur relativ wenige men. Eine Anpassung des Gemäldes an Ölstudien, ein Beispiel war Gegenstand des ein um 1919 bereits gealtertes Original Restaurierungsprojektes (Abb. 7, S. 22). oder die Nachahmung einer im Original Seine Motivsammlung und Werkvor- erkannten Lasur erscheint vor dem Hin- bereitung stützte sich anscheinend in tergrund der oben skizzierten Erkenntnis- größerem Maße auf seine exzellenten se plausibel, weshalb eine Abnahme der Zeichnungen.19. Für Schirmer dagegen ist Schicht nicht in Frage kam. Eine andere eine enorm umfassende Produktion an Kopie des Motivs wird dem späteren Freilicht-Ölstudien belegt, noch im Nach- Architekten Wilhelm Mohr (1882 – 1948) lassverzeichnis von 1863 sind 610 ge- zugeschrieben, wohl während seines malte Studien aufgeführt.20 Während Studiums an der Düsseldorfer Kunstge- Schirmer in seinem offiziellen Werk ge- werbeschule 1906 bis 1909.17 Seine Kopie wisse konventionelle Grenzen der Land- entstand nach der Krefelder Version schaftsmalerei der Mitte des 19. Jahrhun- des Schirmergemäldes (Abb. 9).18 Die derts nicht überschritt und er als dritte Kopie entstand wieder in Karlsruhe Gründungsdirektor der Karlsruher Kunst- und wurde von Emil Engert (1877 – 1931) schule seit 1854 auch aus Prestige- ausgeführt, einem inoffiziellen Schüler gründen mit seinen biblischen Zyklen von (Abb. 10). Da die eigen- eine Annäherung an die klassischen Vor- händige Jülicher Version Schirmers Karls- bilder der Landschaftsmalerei und das ruher Hauptbild leicht verkleinert ent- traditionelle Historienbild forcierte – 2013 spricht, entsteht im Vergleich mit den wurde ein Entwurf zu seinem alttesta- Kopistengemälden und zusammen mit mentlichen Zyklus von Staffelbildern res- den vorbereitenden Zeichnungen und tauriert (Abb. 11)21 –, legte er in seiner einem Aquarell Schirmers für die Aus- Schülerschaft durch die koloristisch Abb. 11: Johann Wilhelm Schirmer, stellung im Museum Zitadelle ein ein- virtuose und atmosphärisch starke Ent- Eliasar und Rebekka am Brunnen, drucksvoller Komplex zur Bildgenese und wicklung der Freilichtmalerei „einen Keim um 1855, Öl auf Papier auf Holz, Rezeption von einem der Hauptwerke der Moderne“, wie es Siegmar Holsten 41,7 × 30,1 cm, Museum Zitadelle des Künstlers. treffend im Resümee der Karlsruher Jülich Inv.-Nr. 2012-0205 (restauriert)

MinervaPreis Jülich | 2016 23 In seinen Studien kristallisiert sich ein innovativer Darstellungsduktus mit z. T. überraschender Farbwahl heraus. Da die Studienmalerei jedoch damals zunächst nicht ausstellungsrelevant war und ent- sprechend Ölstudien außerhalb der Lehr- sammlungen der Akademien erst spät und dann auch nur in ausgewählten Beispielen in öffentliche Sammlungen ge- langten, sind die in Privatbesitz überlie- ferten Werke häufig stark verschmutzt oder verändert. In drei Fällen konnte durch das Restaurierungsprogramm die ursprüngliche Erscheinung von Schirmer- Studien wieder sichtbar gemacht wer- den.23 Bei der „Flusslandschaft im Abend- licht“, zu der in der Jülicher Sammlung bereits eine korrespondierende Zeich- nung vorliegt, konnte unter zwei Firnis- und Schmutzschichten, sowie älteren Abb. 13: Johann Wilhelm Schirmer, Steinerne Bogenbrücke über einen Bachlauf Retuschen eine „impressionistisch“ frisch am Waldrand (Exercierplatz Carlsruhe), vor 1863, Museum Zitadelle Jülich wirkende Studie freigelegt werden (Abb. Inv.-Nr. 2011-0162 (Vorzustand und Restaurierungsergebnis) 12).24 Auch bei einer Studie der Brücke auf dem Exerzierplatz in Karlsruhe fand durch Oberflächenreinigung und Firnis- abnahme eine starke Veränderung der Farbwirkung statt und der Gesamtein- Überlieferungsgeschichte in Mitleiden- rheinische Panoramen adaptiert hat.27 In druck gewann erheblich an Präsenz zurück schaft gezogen waren. Die Reihe beginnt der von Fahrbach auf ein loses Leinwand- (Abb. 13).25 mit einem frühen Studienblatt Andreas stück ausgeführten Studie „Hügelland- Mit im Restaurierungsprogramm bear- Achenbachs (1815 – 1910), von dem eine schaft“ befindet sich am oberen Bildrand beitet werden konnten weitere Ölstudien bestechend unprätentiöse Aufnahme ein ausgeprägtes Craquelé, das durch von bekannten und unbekannteren Schü- eines Hauses in Lissingen eine Studien- vorangegangene Überarbeitung mit undif- lern Schirmers, die ebenfalls durch ihre reise in die Eifel um Gerolstein belegt ferenzierten und mit der Zeit verfärbten (Abb. 14, S. 25), wie sie Lessing und Übermalungen überdeckt wurde. Dadurch Schirmer unter den Düsseldorfer Land- ging der fein gestaffelte Farbverlauf der schaftern populär gemacht haben.26 Das Himmelswiedergabe verloren, der durch Gebäude im äußeren Bereich der Burg Reinigung und Abnahme von Firnis und Lissingen hinter dem Tor an der Ecke Übermalung wieder freigelegt werden Prümer Straße/Klosterstraße ist noch konnte (Abb. 15, S. 25). Durch abschlie- heute leicht verändert erhalten. Das kleine, ßende punktuelle Retusche kann die at- vom Künstler auf Strohpappe aufgezoge- mosphärisch differenzierte Studie nun ne Blatt, wies Einrisse und Fehlstellen wieder in ihrem ursprünglichen Zustand auf. Die Pappe war ebenfalls eingerissen wahrgenommen werden, wozu auch die und aufgefasert. Neben der Konsolidie- originalen Löcher und Umrisse der Heft- rung und Ergänzung des Bildträgers zwecken in den oberen Ecken gehören, brachte auch hier Oberflächenreinigung mit denen die Leinwand beim Freilicht- und Firnisabnahme eine differenzierte, malen im Deckel des Reisemalkastens deutlich frischere Farbgebung zutage. angeheftet war. Die zweite Studie „Fluss- Besonders hervorzuheben sind zwei landschaft“ zeigt einen Blick auf den Rhein wunderbar duftige Überschaulandschaften (Abb. 16, S. 25). Die auf Papier gemalte Abb. 12: Johann Wilhelm Schirmer, von Carl Ludwig Fahrbach (1835 – 1902), Ölstudie ist in typischer Manier auf Karton Flusslandschaft im Abendlicht, der die Darstellungsweise entsprechend montiert und mit umlaufender schwarzer um 1855, Öl auf Papier auf Pappe, der Schirmerstudien aus Italien – wie Papierbandumklebung zum Kantenschutz 43 × 64 cm, Museum Zitadelle Jülich das Spitzenstück der Jülicher Sammlung gerahmt, so dass sie mit rückseiti- Inv.-Nr. 2013-0263 (Zwischenzustand „Villa bei Ariccia“ – mit ihrem atmosphä- gem Aufhänger als Anschauungsmaterial bei Firnisabnahme) risch dichten Weitblick kongenial für im Atelier aufgehängt werden konnte.

24 MinervaPreis Jülich | 2016 Diese Umgangsweise mit dem Studien- material findet sich ähnlich bei Schirmer sowie vielen seiner Schüler.28 Die Um- setzung eines solchen weiten Fernblick- panoramas in ein großformatiges Atelier- bild ist im Restaurierungsprogramm mit dem Gemälde „Landschaft mit lesen- dem Spaziergänger“ von Richard Burnier (1826 –1884) vertreten (Abb. 17, S. 26), das mehrere Geweberisse im Himmels- bereich aufwies. Der Landschaftspros- Abb. 15: Carl Ludwig Fahrbach, Abb. 16: Carl Ludwig Fahrbach, Flussland- pekt des von Schirmer und Andreas Hügellandschaft, 1873, Öl auf Leinwand, schaft, Öl auf Papier auf Karton aufgezogen, Achenbach geprägten Malers, der mit 29 × 38,3 cm, Museum Zitadelle Jülich um 1873, 30,4 × 40,3 cm, Museum seinem Atelierstandort Liège (Lüttich) Inv.-Nr. 2012-0208 (restauriert) Zitadelle Jülich Inv.-Nr. 2012-0209 signiert, zeigt einen Blick auf das (Zwischenzustand bei Firnisabnahme) Wesertal beim ostbelgischen Limbourg Richtung Südwesten. Am Hang rechts steht die Kirche Saint-Georges (Abb. 18, S. 26).29 Das Gemälde wurde erst im nun ein kleiner Streifen der nicht aus- wieder sichtbar gemacht werden.31 Das Rahmen vollendet. Durch einen späteren differenzierten Fleckenmalerei der Unter- Gemälde „Felsige Landschaft mit Kühen“ Rahmenwechsel mit knapperer Falz malung sichtbar, die mit dem Borsten- war stark verschmutzt und die Bildwir- bleibt umlaufend auf dem Gemälderand pinsel nass in nass aufgetupft wurde. Da kung durch ungleichmäßig aufgetragenen diese sich im gleichen Farbbereich be- und extrem vergilbten und verschmutzten wegt, fällt dieses Relikt der Entstehungs- Firnis stark verunklärt. Die schichtweise geschichte erst bei näherer Betrachtung Abnahme von drei unterschiedlichen auf. Unter dem vergilbten alten Firnis war Firnisschichten legte zuletzt eine Malerei dieser interessante Einblick in die Werk- mit brillianter Tiefenwirkung frei (Abb. 19a, genese vorher nicht erkennbar.30 Nicht S. 26). Weder die hinter einer Wolke umsonst leitet sich „Vernissage“ als durchbrechenden Lichtstahlen, noch die Begriff für Ausstellungseröffnungen vom subtil in die Landschaft eingefügte Staffa- Firnissen der Gemälde im Endzustand ab, ge waren vor der Restaurierung wahr- die gerahmt und oft erst in der Ausstel- nehmbar. Zusammen mit einem gleichfor- lungshängung von den Künstlern fertig- matigen italienischen Landschaftsgemälde gestellt wurden. Der Rahmen gehörte desselben Malers erarbeitete die Restau- selbstverständlich zum Ausdruck eines rierung die Möglichkeit zur Präsentation Kunstwerkes wesentlich dazu und auch eines qualitätvollen Bildpaares (Abb. deshalb geschah die letzte Überarbeitung 19b/20, S. 26). Die beliebte Motivkom- erst im Rahmen, um die Bildwirkung auf bination italienischer und deutscher diesen anzupassen. Entsprechend wurden Landschaft stellen eine Adaption der per- bei den Restaurierungsmaßnahmen auch sonifizierten Italia-Germania-Darstellungen die zugehörigen Rahmungen der Gemälde der Historienmalerei nach Friedrich Over- mit restauriert. Auch wenn es sich nicht beck als thematische Umsetzung für die immer um die ursprüngliche Rahmung Landschaftsmalerei dar, wie sie Schirmer handelt, ist die Bildfassung ein wesent- durch das großformatige Radierungspaar licher Teil der Überlieferung und gehört der Prämienblätter für den Kunstverein zur Geschichte des Objektes, das nicht für die Rheinlande und Westfalen 1841 nur Kunstwerk ist, sondern als kultur- „Die große Deutsche Landschaft“ und geschichtliche Quelle auch weitere Infor- „Die große italienische Landschaft“ popu- mationen zur Adaption und Nutzung lär gemacht hatte.32 Das großformatige überliefert. Gemälde „Waldschänke“ von August Hör- Abb. 14: , Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel ter (1834 – 1906), der mit Schirmer und Haus in Lissingen, 1833?, für die Übernahme einer Fernsicht-Dar- Lessing von Düsseldorf nach Karlsruhe Öl auf Papier auf Pappe, 24,8 × 17,3 cm, stellung in die Komposition einer Ideal- gegangen war, kombiniert eine Genreszene Museum Zitadelle Jülich landschaft konnte durch die mehrstufige mit typischen Merkmalen von Schirmers Inv.-Nr. 2014-0001 Reinigung eines Gemäldes des Schirmer- Landschafterschule wie detailreiche und (Vorzustand und Restaurierungsergebnis) schülers Carl Gustav Rodde (1830 – 1906) naturalistische Vordergrundgestaltung.

MinervaPreis Jülich | 2016 25 Abb. 18: Luftfoto mit Blick nach Süden auf die Spornlage der Oberstadt von Limbourg (B) an der Weser

zur Keilrahmenmontage die wesentlichen bestandssichernden Maßnahmen. Durch Abb. 17: Richard Burnier, Landschaft mit lesendem Spaziergänger, um 1860, die Restaurierungsmaßnahme konnte so Öl auf Leinwand, 71 × 90,4 cm, Museum Zitadelle Jülich Inv.-Nr. 2013-0121 (restauriert) ein eindrucksvolles Gemälde mit der marktgängigen Verbindung von Genre und Landschaft und einem überwältigenden Detailreichtum wiedergewonnen werden.34 Dazu kommen markante Baumindividuen schichte ein Problem. Das Gemälde war Die Stadtsilhouette am Horizont konnte mit dem Vanitas-Symbol des abgestor- im Laufe der Zeit auf einen zu kleinen, im Vergleich mit Druckgrafik als Münster benen Astes, wie schon Vorbilder in provisorisch aus verschiedenen Leisten- identifiziert werden (Abb. 22, S. 27).35 Ein der Niederländischen Landschaftsmalerei profilen gezimmerten Keilrahmen mon- weiteres Indiz für die Lokalisierung ist der des Goldenen Zeitalters im 17. Jahrhun- tiert und der Überspann beschnitten zweigeschossige Sandsteinspeicher mit dert um Jacob van Ruisdael (1628/1629 – worden. Die Oberfläche war stark ver- sehr kleinen Türen auf der linken Bildsei- 1682) es häufig verwendeten33, und wie- schmutzt und mit Firnis überdeckt. te. Solche Speicher finden sich westlich derum eine perspektivische Fernsicht über Neben der Firnisabnahme und Oberflä- von Münster im Gebiet der Baumberge, dem flachen Horizont (Abb. 21, S. 27). chenreinigung waren hier die Anfertigung wo durch die Nähe zu den Steinbrüchen Das große Format des Hörter-Bildes war eines stabilen neuen Keilrahmens und die auch für diese bäuerlichen Nebenge- in der Erhaltungs- und Überlieferungsge- Randanstückung eines neuen Überspanns bäude Sandstein verwendet wurde.

Abb. 19a: Carl Gustav Rodde, Abb. 19b: Carl Gustav Rodde, Abb. 20: Carl Gustav Rodde, Felsige Landschaft mit Kühen, um 1855, Felsige Landschaft mit Kühen, um 1855, Italienische Landschaft mit Ziegen, 1862, Öl auf Leinwand, 57,7 × 80 cm, Museum Öl auf Leinwand, 57,7 × 80 cm, Öl auf Leinwand, 58,3 × 82 cm, Zitadelle Jülich Inv.-Nr. 2011-0026 Museum Zitadelle Jülich Museum Zitadelle Jülich (Zwischenzustand bei der Abbnahme Inv.-Nr. 2011-0026 (restauriert) Inv.-Nr. 2010-0162 (restauriert) von drei übereinanderliegenden verschmutzten Firnisschichten)

26 MinervaPreis Jülich | 2016 Zur Verbindung mit Münster passt in der Figurenstaffage im rechten Bildvorder- grund ein mit einem weißen Hemd und grauer Hose bekleideter Mann (Abb. 23a, S. 28). Er trägt hohe Stiefel, eine einfar- bige Krawatte und ein Band, das über der rechten Schulter und unter der linken Achsel verläuft und zusätzlich eine klei- ne, kreisförmige, flache Kopfbedeckung ohne Schirm, ein sogenanntes Tönnchen, in den Farben blau-weiß-rot. Diese Person ist als Student anzusprechen. Die Farb- kombination kann mit der 1850 von elf Rheinländern gegründeten „Alten Müns- tersche Landsmannschaft im CC Rhena- nia von 1850“ in Verbindung gebracht werden.36 Die überzeugende Qualität des Gemäldes liegt in der publikumsorientier- ten Kombination von Landschaft mit den erzählfreudigen bunten Details der Genre- malerei – das Auge geht spazieren in den drei versetzten Ebenen des Mittelgrundes: von der Gruppe mit dem Corpsstudenten Abb. 21: August Hörter, Waldschänke, 1861, Öl auf Leinwand, 100,7 × 124,5 cm, über die Bank mit einem preußischen Museum Zitadelle Jülich Inv.-Nr. 2011-0098 (Zwischenzustand bei Firnisabnahme) Soldaten37 hin zu einer Gruppe Musikan- ten (Abb. 23b, S. 28). Dass die Bildwirkung durch mehrere (Abb. 24a/b, S. 28).38 Der auch durch wie das vorliegende typische Mühlenmo- sich überlagernde Schmutzschichten bis gemeinsame Reisen eng mit seinem tiv. Nach der Freilegung des eigentlichen zur Belanglosigkeit abnehmen kann, Lehrer Schirmer verbundene Kessler Bildes unter mehreren Schmutz- und Fir- führt eindrücklich das Beispiel von malte noch Ende des 19. Jahrhunderts nisschichten wirkt die Malerei trotz des Friedrich August Kesslers (1826 – 1906) romantische Gemäldekompositionen im gewöhnlichen Motivs in der Ausführung „Landschaft mit Wassermühle“ vor Augen Stil der frühen Düsseldorfer Malerschule frisch und durch seine Lichtführung über- zeugend. Das Sujet der Wassermühle wurde nicht zuletzt durch den „Maler- fürst“ Andreas Achenbach (1815 – 1910) in seiner Ausrichtung auf den Publikums- geschmack fast inflationär genutzt (Abb. 27, S. 29). Bei seinem kleinen Gemälde „Aufziehendes Gewitter an der Wasser- mühle“ konnte unter einem verbräunten Firnis und einer noch darunter liegenden Schmutzschicht ein authentisches Achen- bach-Gemälde mit Signatur und Datierung 1856 freigelegt werden. Die eindeutige Zuordnung der Signatur und maltechnische Verifikation von Achenbachs Urheber- schaft ist gerade aufgrund der zahl- reichen gefälschten Signaturen und Zuschreibungen bei Achenbachgemälden ein wichtiges Ergebnis der Restaurierung. Die starke Kunstmarktstellung von Achen- bachgemälden bei gleichzeitig unüber- schaubar großem Gesamtwerk befördert Abb. 22: Die Stadtsilhouette am Horizont des Hörter-Gemäldes im Vergleich zur Stadt- solche unseriösen Zuschreibungen. Im ansicht Münsters von Südwesten, Ausschnitt eines kolorierten Kupferstiches um 1585 Vergleich zu Kessler offenbart sich in von Braun-Hogenberg diesem kleinen Kabinettstück die große

MinervaPreis Jülich | 2016 27 Abb. 23a/b: Details aus dem Mittelgrund des Hörter-Gemäldes: Student und Musiker

Begabung Achenbachs, durchkomponierte des Gemäldes – dem Aufkleben des Ge- mit Wanderer“. Das Gemälde leitet sich Bildgestaltungen mit einer überzeugen- mäldes auf eine stützende zweite Lein- in der Motivwahl von den von Ruisdael den Natürlichkeit zu verbinden. Motivwie- wand – zu diesem Schadensbild, das- geprägten Sumpflandschaften und den derholungen und Variationen gerade von durch flächige Übermalung, vergilbten Niederdeutschen Landschaften Schirmers Wassermühlen finden sich auch im Werk Firnis und Schmutz nicht erkennbar war. der späten 1840er-Jahre her.41 Ein Detail- des 1869 nach Nordamerika ausgewan- Nach Abnahme der stark nachgedunkel- vergleich bei der Gestaltung der Staffage- derten Hermann Herzog (1831 – 1932).39 ten Übermalungen erforderten die um- figur und bei den Gräsern und der Baum- Er fertigte als Ölbild ein Mühlenmotiv, fangreichen Fehlstellen eine aufwändige darstellung zeigt große Übereinstimmung das wir auch als Radierung von Andreas kleinteilige Retusche, um die Gesamtwir- mit Schirmers „Jagdschloss mit Jägerstaf- Achenbach kennen.40 Seine „Wassermühle kung der Szenerie, die aus der Kraft des fage“ von 1830 und damit eine enge bei Gewitterstimmung“ wies einen Hitze- bewegten Wassers seine Spannung erhält, stilistische Verbindung mit frühen Schimer- schaden mit zahllosen abgeplatzten Farb- wiederherzustellen. gemälden.42 Ein Riss im oberen rechten bläschen auf (Abb. 26, S. 29). Möglicher- Unverhoffte Ergebnisse erbrachte die Bildviertel des Gemäldes war vermutlich weise kam es im Zuge einer Doublierung Restaurierung des Gemäldes „Landschaft Anlass zu einer Kleisterdoublierung der

Abb. 24a: Friedrich August Kessler, Landschaft mit Wassermühle, 1898, Öl auf Leinwand, 31,8 × 47,5 cm, Museum Zitadelle Jülich Inv.-Nr. 2011-0044 (Vorzustand) Abb. 24b: Dipl.-Restaurator Börries Brakebusch mit dem Restaurierungsergebnis von 24a

28 MinervaPreis Jülich | 2016 Abb. 26: Hermann Herzog, Wassermühle bei Gewitterstimmung, um 1860/70?, Abb. 25: Johannes Cornelis Jacobus Mali, Landschaft mit Wanderer, 1857, Öl auf Leinwand, 57,5 × 44 cm, Museum Öl auf Leinwand, 78 × 97,5 cm, Museum Zitadelle Jülich Inv.-Nr. 2010-0156 Zitadelle Jülich Inv.-Nr. 2013-0193 (während der Restaurierung) (während der Restaurierung)

Leinwand gewesen, die jedoch durch der Eichenrinde erinnern stark an Schir- den zur maltechnischen Untersuchung. unsachgemäße Ausführung zu Leinwand- mers Darstellungsart. Durch diese optisch So ist dieser Bereich der Museumsarbeit schrumpfungen und entsprechender prägnanten Verknüpfungen bereichert das auch eine lebendige Umsetzung des Jüli- Blasenbildung mit Farbabplatzungen ge- nun umfassend restaurierte Werk die cher Stadtmottos: „Historische Festungs- führt hatte (Abb. 25). Infolgedessen Schirmerausstellung im Vergleich zu stadt – Moderne Forschungsstadt“. Der wurde das Bild um 7,5 cm in der Breite Schirmers Sumpflandschaften und den Artikel soll durch die exemplarische verkleinert, was auch durch die exzen- druckgrafischen Ruisdael-Vorlagen um Darstellung der geleisteten Arbeit im trische Mittelstütze des eingekürzten einen besonderen Aspekt mit der Hintergrund dazu beitragen, vertieft sehen Keilrahmens kenntlich ist. Damit ein- Herausforderung zum vergleichenden zu lernen – und mit der Wahrnehmung hergehend wurden die Fehlstellen groß- Sehen. Das Ensemble ermöglicht die auch die Wertschätzung für die Schätze flächig übermalt. Bei der jetzigen Restau- Wahrnehmung eines durch Schirmer als der Museumssammlung zu steigern. rierung wurden diese Übermalungen Exponenten der Düsseldorfer Landschafts- entfernt und die Originalsubstanz ge- malerei geprägten Zeitgeschmacks. festigt. In der rechten unteren Bildecke Sammeln – Bewahren – Erforschen – wurde dabei die Originalsignatur „J. Mali Präsentieren – Im Vierklang der Grundauf- 1857“ freigelegt. Demnach ist das gaben eines Museums kommt der Pflege Gemälde dem aus Utrecht stammenden und Bewahrung der Objekte einer Samm- Münchener Maler Jan Mali (Johannes lung ein wesentlicher Stellenwert zu. Cornelis Jacobus Mali, 1828 – 1865) Über die Rückgewinnung von ausdrucks- zuzuweisen. Es ist als Beleg dafür zu starken Gemälden hinaus konnten durch werten, dass Schirmers Bildprägungen die Arbeiten des Restaurierungspro- auch abseits der Düsseldorfer Schule als gramms auch neue Erkenntnisse für maßgebliches Vorbild rezipiert wurden – die Forschung gewonnen werden – ein zumal bei einem Maler mit niederländi- Zugewinn an ästhetischer Qualität und kul- schem Ausbildungshintergrund, der auch turgeschichtlichem Quellenmaterial glei- Abb. 27: Andreas Achenbach, Aufziehen- von daher schon eine große Affinität zu chermaßen. Die Forschung zu Schirmer des Gewitter an der Wassermühle, 1856, Schirmers Ruisdaelrezeptionen hatte. Die ist ein Jülicher Produkt, das einen inter- Öl auf Leinwand, 25,6 × 32 cm, Detailfreude bei der Darstellung der nationalen Stellenwert behauptet, gerade Museum Zitadelle Jülich Wasserpflanzen und die haptische Qualität durch die Einbeziehung moderner Metho- Inv.-Nr. 2013-0066 (restauriert)

MinervaPreis Jülich | 2016 29 1 Eine Kurzfassung des Beitrages erschien in Wiener Edition z. B. auch erschienen in Oskar 25 Das Brückenmotiv von der anderen Seite ge- der Informationsbroschüre „Kunst in guten Berggruen, Die graphischen Künste 2, 1880, sehen findet sich wieder im Kompositionsge- Händen. Das Restaurierungsprogramm zu S. 16f. über Eduard Willmann (Museum Zi- mälde „Waldlandschaft mit Brücke und Rei- Bildende Kunst des Landes Nordrhein- tadelle Jülich Inv.-Nr. 2009-0099.1), als eines terstaffage“ von 1863, vgl. Neuss u.a. 2010, Westfalen“, Publikation 2015/MFKJKS 2081, von fünf Blättern in: Der Nassauische Kunst- S. 39 – 44. – Ein herzlicher Dank für die gute S. 268f., Abb. 7/8. verein seinen Mitgliedern für das Vereinsjahr Betreuung des Jülicher Antrages geht an Nor- 26 Mai 2016, S. 96f., Kat.-Nr. 1 (Stephanie Rupp). 1879/1880 (Museum Zitadelle Jülich Inv.-Nr. bert Madiwe, MFKJKS Düsseldorf sowie an Eine weitere Achenbach-Studie der gleichen 2015-0010.1) oder in dem von Carl Thonet Dorothee Fobes und Simone Heuken, Ver- Reise vom Wachhaus am Eingang der Burg band der Restauratoren e.V. Bonn. Jutsum 1883 in Philadelphia edierten und von Löwenstein in Gerolstein (Öl auf Papier, George Barrie verlegten Monumentalwerk 2 Abgebildet und besprochen im Katalog Neuss 23 × 17,5 cm) befindet sich in Privatbesitz. u.a. 2010, S. 261 u. 280f., Kat.-Nr. 21 sowie Meisterwerke of German Art (Museum Zita- S. 265, Abb. 3. delle Jülich Inv.-Nr. 2013-0141). 27 Vgl. zum Künstler Hornig 1985 u. Hornig 3 Der Titel deutet ein Zitat aus Schirmers 15 Brief vom 1.11.1868: Ewenz 2010, S. 185. 2004. Die vorliegenden neuen Fahrbach-Stu- Jugendzeit in Jülich um (Ewenz 2010, S. 35f.) dien wurden in Bd. 3 des Werkverzeichnisses 16 Inzwischen konnten zwei weitere Kopien nach auf die Motiv- und immense Werkfülle des aufgenommen, Hornig 2016, S. 31 u. 76, Kat.- Malers. dieser Motiv-Vorlage Schirmers erworben Nr. 427. u. 678. Jetzt auch Offergeld/Rupp/ werden: Richard Fresenius (1844 – 1903), Mu- 4 Georg Jacob Wolf, Ausstellung J. W., Schirmer Perse 2016, S. 508f., Abb. 5. – Zu Schirmers seum Zitadelle Jülich, Inv.-Nr. 2016-0200 und 1807 – 1863, Galerie Heinemann München, „Villa bei Ariccia“ Jülich 2001, S. 284ff., Kat.- Philipp Röth (1841 – 1921), Museum Zitadelle Oktober/November 1919, München 1919, Nr. 106. S. 11. Jülich, Inv.-Nr. 2016-0087. 28 Vgl. z. B. Karlsruhe/Aachen 2002, S. 12, Abb. 6 5 Jülich 2001 in Zusammenarbeit mit dem 17 Perse/Brakebusch 2016, S. 188 – 190, Abb. 1. 29 Mai 2016, S. 101f., Kat.-Nr. 4 (Annika Of- Forschungszentrum Jülich GmbH. 18 Vgl. Karlsruhe/Aachen 2002, S. 240f., Kat.- fergeld). Der topographische Hinweis wird 6 Die Bestände der Kunst- und Geschichts- Nr. 210/211. bibliothek des Museums und des Jülicher Andreas Kupka, Köln/Baelen s.V., verdankt. 19 Dies spiegelt auch der Inhalt des nach seinem Geschichtsvereins werden zur Online- Vgl. Jean de Hesselle, Limbourg, patrimoine Recherche erfasst und sind recherchierbar Tod komplett nach Cincinnati verkauften Ate- exceptionnel de Wallonie, Namur 2008, bes. unter www.museum-zitadelle.de/bibliothek. lierbestandes wieder, der hauptsächlich aus S. 28f., Abb. 34 u. S. 36ff. – Die Blickrichtung Zeichnungen bestand: Karlsruhe 1980. 7 Börries Brakebusch, Beobachtungen zur Mal- des Malers musste nach Überprüfung vor Ort technik Johann Wilhelm Schirmers, in: Jülich 20 Nachlassverzeichnis 1863, S. 6, Abschnitt II. geändert werden. Der Chor der in den Hang 2001, S. 353 – 377 sowie Neuss u.a. 2010 mit 21 Vgl. hierzu Siegmar Holsten, Die Tageszeiten. gebauten Kirche ist nach Osten ausgerichtet. den Beiträgen Börries Brakebusch: Maltech- Zur Entstehung des biblischen Landschafts- Der Standort des Künstlers lag nordöstlich nische Untersuchungen an Gemälden Johann des Sporns mit Saint Georges mit Blick nach Wilhelm Schirmers, S. 58 – 75; ders./Barba- zyklus mit Szenen aus dem Gleichnis vom ra Söhn-Veigl, Das Papier im Œuvre Johann Barmherzigen Samariter, in: Karlsruhe/Aa- Südwesten (Perse/Brakebusch 2016, S. 196 Wilhelms Schirmers, ebd. S. 76 – 109; Perse chen 2002, S. 216f. Südosten). 2010; Brakebusch 2012. 22 Siegmar Holsten, Johann Wilhelm Schirmer 30 Perse/Brakebusch 2016, S. 196f., Abb. 8. 8 Neuss u.a. 2010; dazu erfolgte eine Quellen- in den Spannungsfeldern von Wirklich- 31 Perse/Brakebusch 2016, S. 197f., Abb. 10. edition autobiographischer Schriften: Ewenz keit und Ideal, Modernität und Tradition, 2010. in: Karlsruhe/Aachen 2002, S. 9 – 16, hier 32 Vomm 2010, S. 430 – 433, Kat.-Nr. D 1841:1 9 Zum Zeitpunkt der Abfassung des Textes wa- S. 13 u. 16. u. D 1841:2 mit entsprechenden Gemälde- ren die Objekte der Programme 2015/2016 fassungen Abb. D 54 u. D 56. noch nicht ausgewertet, so dass sich der 23 Außer den beiden im Text besprochenen handelt es sich um „Flussschleife mit Insel“ 33 Vgl. Haberland/Perse 2010, S. 222f., Abb. Vorbericht auf die Jahre 2013/2014 konzen- 21 – 23. triert. – Im Kooperationsprojekt des Jülicher (Museum Zitadelle Jülich Inv.-Nr. 2007-0012), und Opladener Geschichtsvereins 2015/2016 eine vielleicht oberitalienische Ölstudie, die 34 Offergeld/Rupp/Perse 2016, S. 516, Abb. 15. zum Thema „Das Preußische Jahrhundert“ durch die Darstellung eines Dampfschiffes 35 Die Recherchen und Hinweise zur Lokalisie- konnten frisch restaurierte Werke der Öf- auffällt, da Schirmer ansonsten Elemente rung werden Alfred G. Smieszchala, Waren- fentlichkeit in der Ausstellung „Tiefernst und der technisierten Welt in seinen Studien aus- dorf, verdankt. stumm ist hier die Welt…“ zugänglich gemacht spart. Karlsruhe/Aachen 2002, S. 201, Abb. werden: Offergeld/Rupp/Perse 2016. Vgl. 155/1 u. Irene Haberland: „... das Ganze 36 http://die-rhenanen.de/geschichte/ zuletzt auch Perse/Brakebusch 2016, S. 188 – 205 aufgerufen 25.01.2017. und Mai 2016, S. 96f.,102f.,114f., 139/141, gleicht einer Höllenmaschine, doch soll keine Kat.-Nr. 1, 4, 14 und 31 (Stephanie Rupp/ Gefahr dabei sein.“ Technik im Spiegel der 37 Durch die roten Aufschläge ist die Uniform als Annika Offergeld). – Ausführliche Darstellung Landschaftsmalerei im 19. Jahrhundert, in: Infanterie gekennzeichnet, die Mütze ohne der Untersuchungs- und Restaurierungser- Gabriele Uerscheln/Matthias Winzen (Hrsg.), Schirm weist ihn als Mannschaftsdienstgrad gebnisse von Heinrich Schilkings Hauptwerk Reisen. Ein Jahrhundert in Bewegung, Köln aus. Der gelbe Fleck auf der Brust könnte „Jagd bei Blankenburg“ von 1848 aus dem 2009, S. 105 – 130, hier S. 111, Abb. 3 (noch einen Orden meinen. Restaurierungsprogramm 2015 siehe Perse mit falscher Lokalisierung Grenoble). 2015b, S. 148 – 150. 38 Perse/Brakebusch 2016, S. 189 – 191, Abb. 2. 24 Jülich 2001, S. 227, Kat.-Nr. 99: Landschafts- 10 Im Lexikon der Düsseldorfer Malerschule studie in der Ebene bei Karlsruhe; vgl. jetzt 39 Perse/Brakebusch 2016, S. 199 – 201, Abb. 1819 – 1918, Band 1, München 1997, S. 441 12/13. ist der Maler lediglich im Künstleranhang Perse 2015a, S. 194, Abb. 19/20. – Matthias ohne weitere Informationen, mit der erst W. Lehmann, Konz-Können, brachte ange- 40 Vgl. Wolfgang Pfeiffer, Andreas Achenbach. später veränderten Schreibweise Döring und sichts des für Karlsruhe ungewohnten Berges Das druckgraphische Werk, Oberhausen einem falschem Geburtsjahr 1815 aufgelistet. im Hintergrund eine italienische Lokalisie- 2014, S. 206f., Werkvz.-Nr. 1862/1; Exem- 11 Vgl. auch Perse 2015a, S. 198, Kat.-Nr. L47 rung der Ölstudie (und damit eine frühere plar Museum Zitadelle Jülich Inv.-Nr. 2015- (Altenau-Torfhaus im Harz). Datierung 1840) in die Diskussion (Mitteilung 0085.12. vom 17.1.2017). Es könnte sich um einen Blick 12 Siegmar Holsten/Ariane Mensger, Späte Itali- 41 Vgl. z. B. Jülich 2001, S. 306 – 309 und Schir- vom Rand der Potinischen Sümpfe auf den enerinnerungen. Die Campagnalandschaften, mers um 1847 datiertes Gemälde im Museum Monte Circeo handeln. Auf die große Entfer- in: Karlsruhe/Aachen 2002, S. 239 – 241. der bildenden Künste Leipzig, Karlsruhe/ nung ist nicht mehr zu sehen und abzubilden 13 Börries Brakebusch, Kat.-Nr. 28, in: Neuss Aachen 2002, S. 194f., Kat.-Nr. 148; vgl. auch als das ansteigende Satteldach mit der Spit- u.a. 2010, S. 294 – 297; zum vorbereitenden ein ähnliches Motiv von Lessing, Sumpf im ze zur Meerseite, vgl. z. B. eine Ölstudie von Aquarell Schirmers siehe ebd., Sabine Mor- Eichenforst, 1859 (Museum Schloss Burg gen, Kat.-Nr. 27, S. 292f. Dazu kommt eine Edmund Hottenroth, abgebildet in Matthias neu erworbene vorbereitende Zeichnung, Lehmann, Beiträge zur Landschaftsmalerei in a.d. Wupper: Düsseldorf/Oldenburg 2000, Museum Zitadelle Jülich, Inv.-Nr. 2014-0086. der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts: Dresden – S. 102). 14 Wolfgang Vomm, Kat.-Nr. D102, in: Neuss u.a. Weimar – Subiaco, Frankfurt/Konz 2017, 42 Offergeld/Rupp/Perse 2016, S. 518f., Abb. 2010, S. 467; außer der dort aufgeführten S. 356. 17/18 .

30 MinervaPreis Jülich | 2016 Literaturverzeichnis

Brakebusch 2012 Jülich 2001 Jülich, Opladen und das Rheinland zwi- Börries Brakebusch, J. W. Schirmer’s Natur im Blick. Die Landschaften des schen 1815 und 1914, Ausst.-Kat. Muse- 19th-century use of grisaille underpain- Johann Wilhelm Schirmer (Jülich 1807– um Zitadelle Jülich 2.7. – 18.12.2016), ting, in: Sigrid Eyb-Green u.a. (Hrsg.), The Karlsruhe 1863) (Führer des Stadtge- Villa Römer – Haus der Stadtgeschichte Artist’s Process. Technology and Inter- schichtlichen Museums Jülich 16), hrsg. Leverkusen 3.7. – 18.12.2016, Goch 2016, pretation. Proceedings of the fourth sym- v. Marcell Perse, Jülich 2001. posium of the Art Technological Source Karlsruhe 1980 S. 501 – 524. Research Working Group, London 2012, Carl Friedrich Lessing 1808 – 1880. Perse 2010 S. 203 – 204 und Taf. 90. Handzeichnungen aus dem Cincinnati Art Marcell Perse, Wie Bilder entstehen. Museum, Ohio/USA, Ausst.-Kat. Staatli- v. Büren/Perse 2015 Einblicke in das Atelier des Landschafts- Guido von Büren/Marcell Perse, Eine che Kunsthalle Karlsruhe 6.9. – 2.11.1980, malers Johann Wilhelm Schirmer, in: Rhei- Straße und ihre Folgen – das Informati- Karlsruhe 1980. nische Heimatpflege 47, 2010, S. 170 – onszentrum zur Via Belgica im Museum Karlsruhe/Aachen 2002 Zitadelle Jülich, in: Archäologie im Rhein- Johann Wilhelm Schirmer in seiner 176. land 2014, Stuttgart 2015, S. 243 – 245. Zeit. Landschaften im 19. Jahrhundert Perse 2015a Düsseldorf/Oldenburg 2000 zwischen Wirklichkeit und Ideal, Ausst.- Marcell Perse, Kains Flucht und die Kat. Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 20.4. – Carl Friedrich Lessing – Romantiker Landschaft nach Schirmer, in: Guido Sie- 14.7.2002, Suermondt-Ludwig-Museum und Rebell, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Aachen 24.8. – 17.11.2002, Heidelberg bert (Hrsg.), Brudermord im Schwurge- Düsseldorf 14.5. – 30.7.2000, Landes- 2002. richt. Naumburg und die Düsseldorfer museum Oldenburg 24.8. – 22.10.2000, Mai 2016 Malerschule (1819 – 1918), Ausst.-Kat. hrsg. v. Martina Sitt, Bremen 2000. Ekkehard Mai (Hrsg.), Die Eifel im Bild. Ewenz 2010 Schwurgericht Naumburg a. d. Saale Düsseldorfer Malerschule, Ausst.-Kat. Gabriele Ewenz (Hrsg./Bearb.), Johann 2.5. – 30.8.20145, S. 186 – 203, mit Kat.- Kunstkabinett Dr. Axe-Stiftung Kronen- Wilhelm Schirmer. Vom Rheinland in die Nr. L38 u. L39, S. 229f. burg/Eifel 2016/2017, Petersberg 2016. Welt, Bd. 2: Autobiographische Schriften, Nachlassverzeichnis 1863 Perse 2015b Petersberg 2010. Verzeichnis der von dem verstorbenen Marcell Perse, Heinrich Schilking und Haberland/Perse 2010 Director der grossh. bad. Kunstschule zu die Düsseldorfer Landschaftsmalerei um Irene Haberland/Marcell Perse, Wie Carlsruhe Professor J. W. Schirmer hin- Johann Wilhelm Schirmer, in: Petra Bilder entstehen. Einblicke in Schirmers terlassenen Kunstwerke, Karlsruhe 1863. Sondermann/Alfred G. Smieszchale Atelier, in: Neuss u. a. 2000, S. 210 – 235. Neuss u.a. 2010 Hornig 1985 Johann Wilhelm Schirmer. Vom Rhein- (Hrsg.), „…den Künstlern hinterherge- Verena Hornig, Carl Ludwig Fahrbach land in die Welt, Bd. 1: Katalog (Clemens- reist“ Heinrich Schilking. Ein westfäli- 1835 – 1902. Leben und Werk, Ausst.- Sels-Museum Neuss, museum kunst scher Maler des 19. Jahrhunderts, Ausst.- Kat. Städtische Galerie Villa Zanders palast Düsseldorf, LVR-LandesMuseum Kat. Stadtmuseum Warendorf 8.11.2015 – Bergisch Gladbach 27.4. – 2.6.1985 (Ver- Bonn, Museum Zitadelle Jülich, Siebenge- 24.1.2016, Petersberg 2015, S. 136 – 153 öffentlichungen der Städtischen Galerie birgsmuseum der Stadt Königswinter, Perse/Brakebusch 2016 der Villa Zanders 11), Bergisch Gladbach Städtische Galerie Villa Zanders Bergisch 1985. Gladbach, April 2010 – Januar 2011), Marcell Perse/Börries Brakebusch, Hornig 2004 hrsg. v. Marcell Perse u.a. Petersberg Die Schirmerschule und die beginnende Verena Hornig, Carl Ludwig Fahrbach 2010. Moderne. Aspekte zur Düsseldorfer 1835 – 1902. Werkverzeichnis Bd. 2, Offergeld/Rupp/Perse 2016 Landschaftsmalerei im späten 19. Jahr- Remshalden 2004. Annika Offergeld/Stephanie Rupp/ hundert, in: Roland Kanz/Christiane Pick- Hornig 2016 Marcell Perse, Die Preußische Rheinpro- Verena Hornig, Carl Ludwig Fahrbach vinz im Blick der Düsseldorfer Malerschule, artz (Hrsg.), Düsseldorfer Malerschule: 1835 – 1902. Werkverzeichnis Bd. 3, in: Guido von Büren/Michael Gutbier Gründerzeit und beginnende Moderne, Remshalden 2016. (Hrsg.), Das preußische Jahrhundert. Petersberg 2016, S. 188 – 205.

MinervaPreis Jülich | 2016 31 Die MinervaPreis-Träger 1994 – 2016 Der MinervaPreis wird alle zwei Jahre als Preis für besondere Verdienste um Jülich auf der Grenzlinie zwischen Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft verliehen.

1994 Professor Dr. Gert Kaiser, 2000 Professor Dr. Lucjan Jarczyk, 2004 SIG Combibloc GmbH, Rektor der Heinrich-Heine Univer­ Institut für Physik der Jagiel vertreten durch die Geschäfts- sität Düsseldorf und Präsident des lonischen Universität in Krakau, führer W. Walter Schäfers Wissenschaftszentrums NRW, für für seine hervorragenden seinen Sinn stiftenden Beitrag ­(Vorsitzender) und zur Begegnung zwischen Kultur Verdienste um den Austausch Dipl.-Ing. Manfred Schlapps, und Wissenschaft in der Stadt von Kultur und Wissenschaft für beispielhafte Beiträge ­Jülich „Festung und Forschungs- zwischen Jülich und Krakau zur gesellschaftlichen­ und zentrum – Jülicher Spiegelungen“ und für seine bleibenden Laudator: kulturellen Entwicklung der Beiträge zum wissenschaft- Prof. Dr. Wolfgang Frühwald, Region, insbesondere­ für Präsident der Deutschen lichen und persönlichen Dialog herausragende Verdienste ­Forschungsgemeinschaft zwischen Deutschen und um das Deutsche Glasmalerei­ Polen. museum und vorbildliches Laudator: 1996 Dr. Hartwig Neumann (posthum) Wolfgang Clement, ­Engagement im Breiten- und für sein Lebenswerk, die Spitzensport. ­Erforschung der Festungsstadt Ministerpräsident des Landes Jülich, und Nordrhein-Westfalen Laudator: Professor Dr. Jürgen Eberhardt, Peer Steinbrück, Fachhochschule Köln, für seine Ministerpräsident des Landes architekturhistorische Arbeit 2002 Dr. Heinrich Mussinghoff, Nordrhein-Westfalen „Jülich – Idealstadtanlage der ­Renaissance“. Bischof von Aachen, Laudator: und Prof. Dr. Udo Mainzer, Klaus Eberl, 2006 Dipl.-Phys. Ranga Yogeshwar, Landeskonservator Superintendent des Kirchen- ­ Wissenschaftsjournalist und krei­ses Jülich, für ihre hervor- Fernsehmoderator, für seine ragen­den Verdienste um die 1998 Dr. h.c. Johannes Rau, großen Verdienste bei der ver- Ministerpräsident a. D. des Region Bördelandschaft, die ständlichen und über­zeugenden Landes Nordrhein-Westfalen, für sie mit uner­müd­licher Für- seine historischen Verdienste um Vermittlung wissenschaftlicher sorge und klugen An­regungen ­Kultur und Wissenschaft im Lande Ergebnisse in den Medien und zum Gespräch auf dem Weg und in der Stadt Jülich und für bei Veranstaltungen,­ in denen seine erfolgreiche Ermutigung des zur Selbstver­gewisserung und die Jülicher Wissenschaft Dialogs zwischen den Kulturen. zu selbstbewusster­ gemein-­ Laudator: samer Zukunftsplanung hilf- immer wieder eine Rolle spielt. Prof. Dr. Joachim Treusch, reich begleitet haben. Laudator: Vorsitzender des Laudator: Dr. Jürgen Rüttgers, Fördervereins Museum Jülich, Vorstandsvorsitzender des Prof. em. Gerhard Curdes, Ministerpräsident des Landes ­Forschungszentrums Jülich RWTH Aachen Nordrhein-Westfalen

32 MinervaPreis Jülich | 2016 2008 Professor Dr. Peter Grünberg, 2012 Professor Dr. Dr. h.c. mult. 2016 Haus Overbach, Nobelpreisträger, Forschungs- Joachim Treusch, vertreten durch Pater Josef zentrum Jülich, für seine großen Präsident der Jacobs University Költringer, insbesondere für die Bremen, für seine hervorragenden Verdienste der Oblaten des heili- Verdienste durch seine erfolg­ Verdienste um die Begegnung gen Franz von Sales beim Ausbau reichen Arbeiten an der Grenzlinie von Kultur und Wissenschaft in und Erhalt dieser erfolgreichen zwischen Wissenschaft und Jülich und für seine bleibenden Bildungseinrichtung. Ebenso Wirtschaft, die die Stadt und Beiträge, die Jülich als historische würdigt der Förderverein das das Forschungszentrum­ Jülich Festungsstadt und moderne große Engagement der Schullei- weltweit bekannt gemacht haben, Forschungsstadt prägen. tungen und Lehrer, der Schüler Laudator: und Eltern, der Freunde und und für sein Engagement­ um Dr.-Ing. E.h. Ranga Yogeshwar, Förderer, das wesentlich zum internationale Verständigung im Wissenschaftsjournalist und Gelingen dieser Bildungseinrich- Internationalen Club Jülich und Fernsehmoderator tung beigetragen hat. in seinem wissenschaftlichen Laudator: Umfeld. Ludwig Hecke, Laudator: 2014 Professor Dr. Paul E. Vandenplas, Staatssekretär im Ministerium Ecole Royale Militaire / Koninklijke für Schule und Weiterbildung des Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Militaire School, Brüssel Landes Nordrhein-Westfalen Minister für Innovation, Professor Dr. van der Wiel, Festvortrag: Wissenschaft, Forschung und FOM-Instituut voor Plasmafysica, Prof. Dr. Manfred Prenzel, Techno­logie des Landes Nord- Nieuwegein, und Vorsitzender des Wissenschafts- rhein-Westfalen Prof. Dr. Gerd Wolf, rates, „Nachwuchs durch MINT- Forschungszentrum Jülich, für ihre Bildung fördern“ großen Verdienste im Fusionsfor- schungsprojekt „Trilateral Euregio Cluster“(TEC). Die Weitsicht der 2010 Dipl.-Ing. Leo Brandt (posthum) Preisträger bei der Gründung die- und ses neuartigen Modells einer wis- Landrat Wilhelm Johnen senschaftlichen Zusammenarbeit ­(posthum), innerhalb der EU und ihr heraus- ragendes Engagement, das zu für ihre großen Verdienste um zukunftsweisenden Ergebnissen den Wissenschaftsstandort Jülich des TEC führte, haben die Euregio und die Stadt Jülich und die Forschungsstadt Jülich Laudator: weltweit bekannt gemacht. Prof. Dr. Ludwig Laudator: Feinendegen, Professor Dr. Hardo Bruhns Prof. emeritus Ehemaliger Berater für Fusion in der Generaldirektion Forschung Heinrich-Heine-Universität der EU-Kommission, Vorsitzender Düsseldorf, ehem. Leiter des des Arbeitskreises Energie in der Instituts für Medizin des Deutschen Physikalischen Gesell- Forschungszentrums Jülich schaft

MinervaPreis Jülich | 2016 33 Die MinervaPreis-Verleihung wurde unterstützt durch:

Manfred Pfeifer

Museum Zitadelle Jülich

www.juelich.de/museum Museumsbüro Kulturhaus Öffnungszeiten Museum Zitadelle [email protected] Studiensammlung und Fachbibliothek April – Oktober Telefon: 02461 937680 Kleine Rurstraße 20 Montag – Freitag: 14 – 17 Uhr Telefax: 02461 9376820 52428 Jülich Samstag / Sonntag / Feiertag: 11 – 18 Uhr Postfach 1220 November – März 52411 Jülich Samstag: 14 – 17 Uhr Sonntag: 11 – 17 Uhr

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Herausgeber: Förderverein Museum Jülich e.V. (Die Verantwortung für den Inhalt der Beiträge liegt beim jeweiligen Verfasser.) | Konzept und Redaktion: Dr. E. Vietzke (v.i.S.d.P.), M. Perse | Grafik und Layout: Grafische Medien, Forschungszentrum Jülich| Bildnachweis: B. Brakebusch, Düsseldorf [S. 21 (Abb. 3 – 4), S. 22 – 25, S. 26 – 27 (Abb. 19 – 21), S. 28 (Abb. 24a), S.29 (Abb. 25 + 26)]; B. Dautzenberg, Museum Jülich [ S. 6, S. 18, S. 28 (Abb. 23), Rückseite]; R.-U. Limbach, Forschungszentrum Jülich [S. 2 – 5, S. 7 – 17]; M. Perse, Museum Jülich [S. 21 (Abb. 5), S. 26 (Abb. 18), S. 27 (Abb. 22), S. 29 (Abb. 24b + 27); S. Peters (Figur auf der Titelseite: MinervaPreis-Statue) | Kontakt: Förderverein Museum Jülich e.V. | E-Mail: [email protected] | Internet: www.juelich.de/museum | Telefon: 02461 51660 | Druck: WEISS-Druck GmbH & Co. KG in Monschau, www.weiss-druck.de

Rückseite: Augustusporträt in 3D-Druck, Original-Hinterkopffragment aus Stolberg: LVR-LandesMuseum Bonn; Vorlage für Gesichts- prothese: Louvre Paris; frühes 1. Jh. n. Chr., Rekonstruktion Museum Zitadelle Jülich/Forschungszentrum Jülich, ZEA-1

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