1 Geschichtspolitischer Kontext

Das Jahr 2009 ist für die Stadt von herausragender Bedeutung. Im Herbst jährt sich die Friedliche Revolution zum 20. Mal. Die Friedliche Revolution 1989 und in deren Folge die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten 1990 sind zwei zentrale Eckpfeiler der jüngeren deutschen Geschichte.

Die Friedliche Revolution ist ein wesentlicher Teil der demokratischen Tradition der Bundes- republik. Sie gehört als erster mit friedlichen Mitteln erfolgreicher antidiktatorischer Aufstand zu den besonderen Ereignissen der deutschen Geschichte. Die Bürger im Osten Deutsch- lands errangen 1989/90 die Demokratie selbst und schufen damit die Voraussetzung für ein Leben in von allen Nachbarn anerkannten Grenzen in Einheit und Freiheit aller Deutschen.

Aus Anlass des 20. Jahrestages im Jahr 2009 will die Stadt Leipzig die überragende politi- sche und historische Bedeutung der Friedlichen Revolution in besonderer Weise öffentlich wahrnehmbar machen. Das Jahr 2009 soll als Fixpunkt dienen, die verschiedenen Aktivitä- ten in unserer Stadt sinnvoll in einer Weise zu verknüpfen, die dem Ereignis „9.Oktober 1989 – Friedliche Revolution“ auf städtischer, nationaler und internationaler Bühne ein unverkenn- bares Profil verleiht.

1.1 Die Friedliche Revolution in Leipzig

Leipzig kommt hier eine besondere Verpflichtung zu. Das entscheidende Ereignis, der Durchbruch der Friedlichen Revolution war die große Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 in Leipzig, als 70.000 Demonstranten ihre Angst überwanden und sich mit dem Ruf „Wir sind das Volk!“ den bewaffneten Sicherheitskräften entgegenstellten. Leipziger Bürge- rinnen und Bürger haben im Herbst 1989 entscheidend zum Sturz des DDR-Regimes beige- tragen.

Kein Ort steht daher so exemplarisch und authentisch für die Friedliche Revolution wie Leip- zig. Viele große und kleine Orte hatten „ihre“ friedliche Revolution. Aber der Tag der Ent- scheidung war der 9. Oktober 1989.

Zahlreiche Museen, Einrichtungen und Vereine in Leipzig setzen sich mit der „Friedlichen Revolution“ auseinander: das „Zeitgeschichtliche Forum“, das „Archiv Bürgerbewegung e.V.“, das Museum „Runde Ecke“ mit dem „Bürgerkomitee Leipzig e.V.“, die Außenstelle der Bun- desbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit der ehemaligen DDR, die Initiative „Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober“ oder das Stadtgeschichtliche Museum. Das jüngst vorgestellte Gedenkstättenkonzept der Bundesregierung hat Leipzig deshalb völ- lig zu Recht als „das“ Zentrum der Erinnerung an den Widerstand gegen das SED-Regime anerkannt.

Zudem gibt es auf Bundesebene erfolgversprechende Bemühungen, neben Berlin in Leipzig ein Einheits- und Freiheitsdenkmal zu errichten. In seiner Sitzung vom 9. Juli 2008 hat sich der Leipziger Stadtrat deshalb zu einem Freiheits- und Einheitsdenkmal des Bundes in Leip- zig bekannt.

Für den 9. Oktober 2009 sind eine Fülle von Veranstaltungen in Vorbereitung, die diese An- sprüche dokumentieren und untermauern.

1 1.2 Die Bedeutung der Leipziger Ereignisse

Der 9. Oktober 1989 ist für die Stadt Leipzig aber kein lediglich historisches Datum. Der Stadt erwächst aus den Ereignissen des 9. Oktober die politische Verpflichtung, der Stimme der Demokratie, der Gewaltlosigkeit und der Kritik auch unter veränderten Zeitläufen Gehör zu verschaffen.

20 Jahre nach der Friedlichen Revolution, die der Demokratie im europäischen Maßstab zum Durchbruch verholfen hat, will die Stadt Bilanz ziehen. Welche Hoffnungen und Wünsche belebten die Umbrüche in Osteuropa? Welche Erwartungen haben sich erfüllt? Welche Träume sind gescheitert, welche Ansprüche warten weiter auf ihre Einlösung? Wie tief ist die Demokratie in den Lebensverhältnissen der Menschen angekommen? Weckt sie noch En- thusiasmus, ist sie zur Routine geworden? Ist sie nur die öffentliche Erscheinung für Macht- spiele ganz neuer Art? Für „gelenkte Demokratien“ oder „Mediendemokratien“? So viele Fra- gen drängen hier nach Antwort.

Auch in den Ländern mit langer demokratischer Tradition kommen immer neue Fragen auf. Sie speisen sich aus dem Rückgang der Wahlbeteiligung (national und europäisch), dem Mitgliederverlust der Parteien und dem sinkenden Vertrauen in die demokratischen Instituti- onen und die Politik.

Es ist daher hohe Zeit, über den Zustand der Demokratie im globalen Maßstab nachzuden- ken. Im Prozess der Globalisierung entstehen neue politische, wirtschaftliche und ideologi- sche Machtkomplexe, die mit den erprobten Formen politischer Partizipation schwer zu er- reichen und scheinbar noch schwerer zu steuern sind. Genau darin aber besteht der ur- sprüngliche demokratische Anspruch: dass der mündige Citoyen im politischen Akt die Be- dingungen seiner gesellschaftlichen Existenz bestimmen und verändern kann.

Demokratie ist stets eine risikoreiche Angelegenheit. Bedroht von inneren und äußeren Ver- ächtern, unwahrscheinlich und fantastisch in ihrem Vertrauen auf die Weisheit des Volkes, lebendig und kraftvoll in dem Maße, wie sie sich den Widersprüchen stellt, die ihrer Realität entgegen stehen.

Die Friedliche Revolution ist der Stadt Leipzig Anspruch und Ansporn zugleich, sich diesen Fragen zu stellen. Mit einer Fülle von Veranstaltungen sollen mögliche Perspektiven für „De- mokratie im 21. Jahrhundert“ aufgezeigt werden.

2 2 Der 9. Oktober in Leipzig

2.1 Der 9. Oktober in Leipzig seit 1990

Bereits in den ersten Jahren nach der Friedlichen Revolution 1989 gedachten die Leipziger Bürger der Ereignisse des 9. Oktober in vielfältiger Weise: mit dem traditionsreichen Frie- densgebet in der Nikolaikirche, mit Kundgebungen auf dem Augustusplatz, Straßenmusik, Bürgerforen, Konzerten und einem offenen Rathaus. Seit 1995 bis 2006 lud die Stadt Leipzig ihre Bürger aus Anlass und in zeitlicher Nähe zum 9. Oktober regelmäßig zu einem Bürger- fest ins Rathaus ein. (Eine Wiederaufnahme ist mit Blick auf nachfolgende Schwerpunktset- zungen nicht vorgesehen.)

Unübersehbar hat sich das Gedenken an die Friedliche Revolution des Jahres 1989 in den vergangenen zehn Jahren in dreifacher Hinsicht gewandelt.

1. Veranstaltungsangebot

Von 1997 bis 2008 hat sich das Veranstaltungsangebot am 9. Oktober und im unmittelbaren Zusammenhang mit diesem Gedenktag quantitativ und qualitativ deutlich ausgeweitet. Wies der Einladungsprospekt für das Jahr 1997 insgesamt acht Veranstaltungen aus (darunter das Friedensgebet in der Nikolaikirche, Podiumsgespräche, Konzerte und das Bürgerfest) verdoppelte sich die Veranstaltungszahl bis zum Jahre 2008.

Wichtige Veranstaltungen des Gedenkens an den 9. Oktober haben in den vergangenen zehn Jahren einen festen Platz im Veranstaltungskalender und Bewusstsein der Leipziger Bevölkerung gefunden: • die Rede zur Demokratie (seit 2001 in der Nikolaikirche) • das Demokratieforum (seit 2001 im Gewandhaus) • ein Symposion zu Zeitfragen (seit 2000 im Zeitgeschichtlichen Forum) • die Verleihung des „Preises für die Freiheit und Zukunft der Medien“ (seit 2007 durch die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig) • die Lichtinszenierung „Nacht der Kerzen“ (seit 2007 auf dem Nikolaikirchhof) • die Filmnacht (seit 2002 im Museum in der „Runden Ecke“).

Zum breiten Spektrum des Gedenkens zählen jedoch auch viele nicht alljährlich stattfinden- de Veranstaltungen: Konzerte, Foren und Ausstellungen an unterschiedlichen Orten, die Ein- weihung von Denkmälern (1999 – Gedenktafel an der Runden Ecke und Nikolaisäule auf dem Nikolaikirchhof, 2003 – Lichtinstallation auf dem Nikolaikirchhof), die Verleihung der Ehrenmedaille der Stadt Leipzig, die Konferenz der Partnerstädte Leipzigs und nicht zuletzt auch die Eröffnung des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig (1999).

2. Gedenkstruktur

Zur Verankerung des Gedenkens an die Ereignisse von 1989 im Bewusstsein der Öffentlich- keit trägt in nicht geringem Umfang die Ausgestaltung des 9. Oktober als Gedenktag der Friedlichen Revolution bei. War in den ersten Jahren lediglich das Friedensgebet in der Niko- laikirche zeitlich gesetzt, so hat sich seither ein fester Ablauf regelmäßig stattfindender Ver- anstaltungen etabliert, der Gedenken sowohl über die Inhalte (9. Oktober – Tag der Friedli- chen Revolution, Herbst `89 – Aufbruch zur Demokratie) als auch durch die Struktur jährlich wiederkehrender Fixpunkte ermöglicht und zugleich eine eigene Gedenkkultur und Tradition generiert: • 16.00 Uhr – Rede zur Demokratie (Nikolaikirche) • 17.00 Uhr – Friedensgebet (Nikolaikirche) • 19.00 Uhr – Demokratieforum (Gewandhaus) • 21.00 Uhr – Lichtinszenierung „Nacht der Kerzen“ (Nikolaikirchhof)

3 3. Fokussierung und Institutionalisierung

Sichtbares Zeichen der Veränderung des Gedenkens an die Friedliche Revolution `89 war zudem dessen inhaltliche Fokussierung und eine parallel vollzogene Institutionalisierung ei- nes freien Trägers der Gedenkveranstaltungen.

Inhaltlich richtet sich das Gedenken heute vor allem auf den 9. Oktober als den Tag der Friedlichen Revolution in Leipzig. Sichtbares Zeichen dieser Fokussierung ist die Verände- rung der Präsentation der Gedenkveranstaltungen: Das traditionelle Motto „Aufbruch zur Demokratie“ wird nunmehr stets gemeinsam mit dem Leitsatz „Tag der Friedlichen Revoluti- on – Leipzig 9. Oktober“ verwendet.

Bis zum Ende der letzten Dekade liefen die Fäden für die Gedenkveranstaltungen noch bei der Stadt zusammen. Vom zugrunde liegenden Selbstverständnis zeugt die Veranstaltungs- übersicht zum Jubiläum 1998: „Stadt Leipzig. Wir erinnern an den Herbst `89“. Seit 2003 liegt die Federführung der Planung, Organisation und Koordinierung der Gedenkveranstaltungen bei der heutigen Initiative „Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober 1989“, einem Zusammenschluss aller beteiligten Veranstalter, in der die Stadt Leipzig durch das Referat Grundsatzfragen, das Referat Medien, Kommunikation und Stadtbüro sowie über das Ge- wandhaus, die Volkshochschule und das Stadtgeschichtliche Museum vertreten ist. Die en- gagierte Beteiligung der Leipzig Tourist und Marketing GmbH trägt heute maßgeblich dazu bei, die Botschaft des 9. Oktober auch im Stadtmarketing deutlich erkennbar zu machen.

2.2 Einführung eines städtischen Gedenktages

Der 9. Oktober ist ein Schlüsseldatum der Friedlichen Revolution. Es war der Tag der Ent- scheidung. Die Bedrohung durch die Staatsgewalt war enorm, doch die Demonstranten in Leipzig ließen sich nicht einschüchtern. Der friedliche Demonstrationszug von 70.000 Leipzi- ger Bürgern um den Ring brachte die Wende, es war der Tag, der Deutschland veränderte.

Deshalb führt die Stadt Leipzig den 9. Oktober anlässlich des 20. Jahrestags der Friedlichen Revolution 2009 als städtischen Gedenktag ein, der jährlich würdig begangen werden soll. Dabei geht es nicht um eine Historisierung des Gedenkens, sondern darum, den 9. Oktober als „Tag der Freiheit“ dauerhaft im Gedächtnis unserer Stadt zu verankern und als Impuls für zukunftsweisende Aktivitäten zu nutzen (siehe Punkt 2.4 Ausblick für die Jahre 2010ff).

Die Grundlage für die Einführung eines städtischen Gedenktages „9. Oktober“ bietet das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Sonn- und Feiertage im Freistaat Sachsen, das der Sächsische Landtag in seiner Sitzung am 5. März 2008 beschlossen hat (veröffentlicht in GVBl. Nr.6 vom 26.04.2008, S. 274). Im neu eingefügten § 2a wird geregelt, dass die Ge- meinden einen örtlichen Gedenktag zur Erinnerung an die Friedliche Revolution 1989 durch Satzung bestimmen können (§ 2a SächsFSG). Es wird vorgeschlagen, die Hauptsatzung um einen neu einzufügenden § 2a, wie aus dem Satzungsentwurf in der Anlage ersichtlich, zu ergänzen.

2.3 Gründung der „Stiftung Friedliche Revolution 1989“

Das entscheidende Ereignis der Friedlichen Revolution war die große Montagsdemonstrati- on am 9. Oktober 1989 in Leipzig. 70.000 Demonstranten stellten sich mit dem Ruf „Wir sind das Volk!“ den bewaffneten Sicherheitskräften entgegenstellten. Leipziger Bürgerinnen und Bürger haben im Herbst 1989 entscheidend zum Sturz des DDR-Regimes beigetragen. Vie- le haben Leben, Gesundheit und Freiheit aufs Spiel gesetzt, um Raum für Demokratie zu

4 schaffen. Sie haben gezeigt, dass mit Gewaltlosigkeit und Zivilcourage gesellschaftliche Verhältnisse veränderbar sind.

Dieser Botschaft soll die Stiftung verpflichtet sein. Ihr Anliegen ist es, Lehren aus den Ereig- nissen des Jahres 1989 zu ziehen und diese für die Gegenwart und Zukunft nutzbar zu ma- chen. Sie will sich in ihrem Einsatz gegen Unterdrückung, Unrecht und Gewalt vom Geist der Friedlichen Revolution leiten lassen.

Die Stiftung führt den Namen „Stiftung Friedliche Revolution 1989“.

Art und Umfang der städtischen Beteiligung an der „Stiftung Friedliche Revolution 1989“ wird durch gesonderten Beschluss der Ratsversammlung geregelt (siehe Vorlage „Stiftung Fried- liche Revolution 1989“). Zum einen ist eine Beteiligung der Stadt Leipzig durch die Übertra- gung eines Geldbetrages in Höhe von 150.000 € in das Grundstockvermögen der Stiftung vorgesehen. Zum anderen wird die Stadt in den Stiftungsorganen Kuratorium und Stifterver- sammlung vertreten sein.

2.4 Planungen für das Jubiläum 2009

2.4.1 Einführung

Die Initiative „Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober“ hat im Jahr 2007 den Ruf aus Leipzig „40 + 20= 60 Jahre Bundesrepublik“ initiiert, der von Persönlichkeiten des politi- schen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens unterzeichnet wurde. Die Initiative hat mit die- ser prägnanten Formel die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass die letzten sechzig Jahre deutsche Nationalgeschichte vierzig Jahre der Zweistaatlichkeit und zwanzig Jahre des ver- einten Deutschlands sind. Die Friedliche Revolution schuf die Voraussetzung nicht nur für die Wiedervereinigung, sondern auch für die endgültige Rückkehr Deutschlands als gleich- berechtigter Partner in die europäische Völker- und Wertegemeinschaft.

Die Stadt Leipzig will das 20-jährige Jubiläum des Tages, mit dem Nationalgeschichte ge- schrieben wurde und der Weg zur deutschen Einheit frei wurde, als einen Meilenstein deut- scher Geschichte feiern. Es ist die Chance, die positiven Traditionen der Friedlichen Revolu- tion angemessen in der gesamtdeutschen Geschichte zu verankern und verstärkt für die Werte von Freiheit und Demokratie zu sensibilisieren.

2.4.2 Organisationsstruktur und Finanzierung

Der 9. Oktober wird von einer Vielzahl von Akteuren inhaltlich und organisatorisch vorberei- tet. Allen voran ist hier die Initiative „Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober“ zu nennen. Aber auch das Zeitgeschichtliche Forum und die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH haben wichtige Teile der Gesamtorganisation übernommen. Städtischerseits ist die Zuständigkeit seit kurzem im Dezernat Kultur mit Unterstützung des Geschäftsbereiches des Oberbürgermeisters angesiedelt. Die Koordinierung wird über die beiden noch zu besetzen- den Stellen Veranstaltungsmanagement im Dezernat Kultur erfolgen. Die Öffentlichkeitsar- beit erfolgt über das Referat Medien, Kommunikation und Stadtbüro und die Leipzig Touris- mus und Marketing GmbH zusammen mit den jeweiligen Veranstaltern.

Bisher hat die Stadt Leipzig für die Organisation der Veranstaltungen anlässlich des 9. Okto- ber ein Budget von 5000 € eingeplant, das dem Referat Medien, Kommunikation und Stadt- büro zugeordnet ist.

5 Um das Jubiläum im Jahr 2009 herausragend begehen zu können und die würdige Gestal- tung eines städtischen Gedenktages am 9. Oktober in den Folgejahren zu gewährleisten, sollen von der Stadt Leipzig folgende Mittel aufgewendet werden:

1. Lichterfest und Künstlerische Lichtinstallation: Zuschuss an die Leipzig Tourist und Marketing GmbH in Höhe von 200.000 Euro aus dem Verwaltungshaushalt (Gesamt- kosten 1,5 Mio. Euro).

2. Projekte freier Träger: 40.000 Euro aus dem Verwaltungshaushalt.

3. Kongress „Demokratie im 21. Jahrhundert“: 100.000 Euro aus dem Verwaltungshaus- halt (Gesamtkosten 345.000 Euro).

4. Bürgermeisterkonferenz „Urban Development and Democracy: Visions for the next de- cade “: 30.000 Euro aus dem Verwaltungshaushalt.

5. Festakt der Stadt Leipzig, der Landesregierung des Freistaates Sachsen und des Sächsischen Landtages: 20.000 Euro aus dem Verwaltungshaushalt (Gesamtkosten 60.000 Euro).

6. Aufstockung des jährlichen Budget für Veranstaltungsorganisation: 10.000 Euro aus dem Verwaltungshaushalt.

7. einmaliger Beitrag zum Grundstockvermögen der „Stiftung Friedliche Revolution 1989“: 150.000 Euro aus dem Vermögenshaushalt.

2.4.3 Lichterfest auf dem Innenstadtring

Die Verbindung von Kunst, Licht und Stadt hat in Leipzig eine Jahrhunderte dauernde Tradi- tion. Licht gilt als Medium der Kommunikation und als Ausdruck bürgerlicher Freiheit. In die- ser Tradition stehend symbolisierte das durch die Bürger 1989 in die Stadt getragene Ker- zenlicht die zentrale Botschaft der Bürgerbewegung: ihr Bekenntnis zu Freiheit und Demo- kratie.

Mit dem Lichterfest 2009 auf dem Innenstadtring soll an die Demonstrationen vom Herbst 1989 erinnert und zugleich die 1989 von Leipzig ausgehende Botschaft erneuert werden. Lichterfest und Lichtinstallation sind nicht zu übersehende Zeichen des tief verwurzelten Freiheitswillens und demokratischen Bekenntnisses Leipziger Bürger.

Das Lichterfest 2009 stellt eine zeitgemäße Qualität im Umgang mit der Erinnerung an den Herbst 89 dar. Es ist emotionaler Höhepunkt und Ausklang der Feierlichkeiten zum 9. Okto- ber 2009 und rückt die Leipziger und ihre Gäste in besonderer Weise – die Teilnehmer sind als „Demonstranten“ um den Innenstadtring unverzichtbarer Bestandteil des Projekts – in den Mittelpunkt des Festes.

Die Idee eines Lichterfestes am 9. und 10. Oktober 2009 wird durch die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Lichtkünstler Jürgen Meier kon- zeptionell vorbereitet und umgesetzt.

6 Das Lichterfest hat drei inhaltliche Ebenen: 1. die Friedliche Revolution und die Demonstration vom 9. Oktober 1989, 2. den städtebaulichen Kontext des Demonstrationsweges und 3. eine prospektive europäische Dimension.

Geplant ist, dass sich zahlreiche Projektpartner unter dem gemeinsamen künstlerischen Mot- to – „Bürgerschaftliches Engagement – 1989 & heute“ – jeweils mit einem eigenen Licht- kunstprojekt an Gebäuden rings um den Innenstadtring einbringen und diesen damit in ein thematisches Lichtkunstprojekt verwandeln. Für Leipzigs Bekenntnis zu Freiheit und Demo- kratie wird durch das Lichterfest ein einzigartiges emotionales Umfeld mit hoher nationaler und internationaler Aufmerksamkeit geschaffen.

Um dem europäischen Gedanken und der internationalen Dimension des 9. Oktober in be- sonderer weise Rechnung zu tragen, wird jede Installation stellvertretend für eine Partner- stadt Leipzigs stehen. Alle Partnerstädte sind eingeladen, ihr Licht am 9. Oktober 2009 in der Stadt Leipzig leuchten zu lassen.

Das Lichterfest 2009 wird im Anschluss an das Friedensgebet in der Nikolaikirche beginnen und den 9. Oktober 2009 feierlich abschließen. Ort der Veranstaltung ist der Weg, den die Demonstranten 1989 über den Ring genommen haben. Dieser Weg beginnt auf dem Niko- laikirchhof. Augustusplatz, Georgiring, Hauptbahnhof, Tröndlinring und Goerdelerring schlie- ßen sich als weitere Abschnitte an (vgl. Planungsdokumentation der LTM). Wichtige Punkte des Weges, sogenannte Landmarken, werden durch Großprojektionen (z.B. Cityhochhaus, Wintergartenhochhaus), Infoterminals (Wiedergabe audiovisueller Archivinformationen) und künstlerische Aktionen (Beiträge von Chören, Performances darstellender Künstler, Straßen- theater u.a.m.) in besonderer Weise akzentuiert. Den Abschluss des Lichterfestes 2009 ges- talten alle Teilnehmer auf dem Augustusplatz („Nacht der Kerzen“).

Für den Zeitraum des Festes soll der Innenstadtring (Augustusplatz/Georgiring/Willy-Brandt- Platz/Tröndlinring/Goerdelerring/Dittrichring) für den Fahrverkehr gesperrt und als Fußgän- gerstrecke freigegeben sein.

Die Durchführung des Lichterfestes erfordert eine intensive Kooperation des Veranstalters, der Leipzig Tourismus und Marketing GmbH, mit den Ämtern der Dezernate III und VI.

2.4.4 Konferenz „Demokratie im 21. Jahrhundert. Bilanz und Per- spektive“

Der 9. Oktober 1989 ist für die Stadt Leipzig eine politische Verpflichtung. Der Stimme der Demokratie, der Gewaltlosigkeit und der Kritik soll auch unter veränderten Zeitläufen das Gehör gesichert und - soweit notwendig - verschafft werden.

Deshalb plant die Stadt Leipzig im Herbst 2009 eine Konferenz, die diesen Leipziger Impuls für Gegenwart und Zukunft fruchtbar machen und sich dem Thema " Demokratie im 21. Jahrhundert" widmen soll. Ihre Aufgabe ist es, kritisch Bilanz zu ziehen und eine nüchterne, aber zugleich konstruktive Perspektive aufzuzeigen. Schönreden ist angesichts der schwieri- gen Situation, in der sich die Demokratie derzeit unter ganz unterschiedlichen Aspekten be- findet, nicht erwünscht.

Dabei kommt dem Dialog zwischen Wissenschaft und Bürgergesellschaft eine wichtige Rolle zu. Leipzig als Stadt der Friedlichen Revolution will die Diskussion zu den Zukunftsperspekti- ven für Demokratie und Zivilgesellschaft aus dem wissenschaftlichen Diskurs in die Öffent- lichkeit tragen und die Bürger daran beteiligen. Aus den Erfahrungen von 1989 heraus, sieht

7 sich die Stadt einerseits in einer besonderen Verantwortung den Demokratiediskurs fortzu- führen, anderseits kann sie aber auch diese Erfahrungen für die Zukunft nutzbar machen.

Hier seien nur einige Themen skizziert:

1. 20 Jahre nach der Friedlichen Revolution, die der Demokratie im europäischen Maß- stab zum Durchbruch verholfen hat, ist es Zeit, Bilanz zu ziehen. Es stellt sich eine Fül- le von Fragen. Welche Hoffnungen und Wünsche belebten die Umbrüche in Osteuropa? Welche Er- wartungen haben sich erfüllt? Welche Träume sind gescheitert, welche Ansprüche war- ten weiter auf ihre Einlösung? Wie tief ist die Demokratie in den Lebensverhältnissen der Menschen angekommen? Weckt sie noch Enthusiasmus? Ist sie zur Routine ge- worden? Ist sie nur die öffentliche Erscheinung für Machtspiele ganz neuer Art? Für „gelenkte Demokratien“ oder „Mediendemokratien“? Viele Fragen drängen hier nach Antwort. Aber auch in den Ländern mit demokratischer Tradition kommen immer mehr Fragen auf – auch wohl wegen des Verlustes der ideologischen Gegenposition. Fragen nach dem Rückgang der Wahlbeteiligung (national und europäisch), nach dem Mitgliederver- lust der Parteien und nach dem sinkenden Vertrauen in die demokratischen Institutio- nen und die politische Klasse im Allgemeinen.

2. Es ist hohe Zeit, über den Zustand der Demokratie im globalen Maßstab nachzuden- ken. Im Prozess der Globalisierung entstehen neue politische, wirtschaftliche und ideo- logische Machtkomplexe, die mit den erprobten Formen politischer Partizipation schwer zu erreichen und scheinbar noch schwerer zu steuern sind. Genau darin aber besteht der ursprüngliche demokratische Anspruch: dass der mündige Citoyen im politischen Akt die Bedingungen seiner gesellschaftlichen Existenz bestimmen und verändern kann. Müssen wir diese Demokratie im Angesicht globaler Vernetzung vielleicht neu er- finden? Wie ein Rousseau und ein Diderot, ein Franklin und ein Washington die Repu- blik im 18 Jahrhundert neu erfunden haben?

3. Diese Fragen haben auch längst die Wissenschaften erreicht. Neue Begriffe wie „Post- Politik“, „Good Governance“ oder „Global Governance“ deuten auf eine derartige Kons- tellation hin. Der Nationalstaat scheint nicht mehr der natürliche Körper der Demokratie zu sein. Welche Entwicklung die Demokratie im 21. Jahrhundert angesichts wachsen- der sozialer Unterschiede, religiöser Fundamentalismen und kultureller Eigenarten an- nimmt, erscheint nicht so sicher, wie viele Berufsoptimisten meinen.

4. Allemal ist die Demokratie eine risikoreiche Angelegenheit: bedroht von inneren und äußeren Verächtern, unwahrscheinlich und fantastisch in ihrem Vertrauen auf die Weisheit des Volkes, lebendig und kraftvoll in dem Maße, wie sie sich den Widersprü- chen stellt, die ihrer Realität entgegen stehen.

Angesicht der – hier nur angedeuteten – Vielfalt der aktuellen Themen zur Demokratie heute wird die Konferenz 2009 den Auftakt bilden, dem dann alle zwei Jahre weitere Konferenzen folgen werden. An Themen wird es über lange Zeit nicht mangeln. Die Konferenz "Demokra- tie im 21. Jahrhundert. Bilanz und Perspektive" will sich diesen Themen stellen. Demokratie, der institutionalisierte Ort der Kritik, lebt von der Kraft der Selbstbefragung.

8 Die Stadt Leipzig bereitet die Konferenz „Demokratie im 21. Jahrhundert.“, deren Eröffnung der Ministerpräsident des Freistaates Sachen, der Oberbürgermeister Leipzigs und der Eh- rendirigent des Leipziger Gewandhausorchesters vornehmen werden, in enger Zusammenarbeit mit einer Vielzahl anderer Institutionen vor, von denen das Bundesministe- rium des Inneren, der Freistaat Sachsen (Sächsische Staatskanzlei, Staatministerium für Wissenschaft und Kunst), die Bundeszentrale für politische Bildung, das Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, die Stiftung Aufarbeitung, die Universitä- ten in Halle und Leipzig sowie das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig regelmäßig beteiligt sind.

Medienpartner der Stadt Leipzig sind „Die Welt“ und „Welt am Sonntag“ sowie der Hörfunk des Mitteldeutschen Rundfunks. Nach Abschluss der Veranstaltung ist eine Zusammenstel- lung und Publikation der Konferenztexte (Referate, Podiumsdiskussionen, Medienberichte) vorgesehen.

2.4.5 Bürgermeisterkonferenz „Urban Development and Democ- racy: Visions for the next decade“

Internationale Bürgermeisterkonferenzen haben sich als ideale Möglichkeit eines umfassen- den Gedankenaustauschs der höchsten kommunalpolitischen Repräsentanten europäischer und außereuropäischer Großstädte auf der politischen Bühne fest etabliert und sich zugleich als Podium des grenzüberschreitenden Dialogs bewährt.

Bereits zum 10-jährigen Jubiläum der Friedlichen Revolution 1999 hatte die Stadt Leipzig Bürgermeister zur Teilnahme an den Feierlichkeiten und zum Gedankenaustausch im Rah- men einer „Mayors Conference“ eingeladen. Die vor zehn Jahren begonnene Zusammenar- beit soll nun zum 20-jährigen Jubiläum weitergeführt und vertieft werden. Leipzig soll dabei im Kontext des Netzwerkes der Partnerstädte als der Ort intensiven Nachdenkens über de- mokratische Prozesse auf kommunaler Ebene profiliert werden. Hierbei werden insbesonde- re die Verbindung "gebaute und gelebte Stadt" und die Stadtentwicklungsprozesse in Leip- zig, die für andere Städte innerhalb Europas bereits jetzt als richtungsweisend gelten, her- vorgehoben.

Zu der vom 8.-10. Oktober 2009 stattfindenden Konferenz werden 30 Bürgermeister aus al- len Teilen Europas, aus Afrika, Amerika und Asien, darunter die meisten Bürgermeister der Leipziger Partnerstädte, nach Leipzig kommen. Auf der Agenda der Konferenz stehen neben einem Einführungsvortrag von Frau Professorin Saskia Sasson, vier Arbeitssessionen zum Konferenzthema „Urban Development and Democracy: Visions for the next decade.“ und die Teilnahme der Bürgermeister an den offiziellen Feierlichkeiten zum Gedenken an die Friedli- chen Revolution 1989.

Zusammen mit den anderen städtischen Veranstaltungen zum 9. Oktober, insbesondere mit der zwei Wochen nach der Bürgermeisterkonferenz stattfindenden Konferenz „Demokratie im 21. Jahrhundert“, soll die Bedeutung von Leipzig als Ausgangspunkt der Friedlichen Re- volution vom Herbst 1989 im gesamteuropäischen Bewusstsein gehalten und gestärkt wer- den.

2.4.6 Gemeinsamer Festakt der Sächsischen Landesregierung, des Sächsischen Landtages und der Stadt Leipzig

Aus Anlass des 20. Jahrestages und im Gedenken an den Tag der Friedlichen Revolution wird von der Sächsischen Landesregierung, dem Sächsischen Landtag und der Stadt Leip- zig ein gemeinsamer Festakt vorbereitet. Dieser wird am 9. Oktober 2009 (11 bis 13 Uhr mit

9 anschließendem Empfang) im Leipziger Gewandhaus durchgeführt und würdigt die Friedli- che Revolution als Ergebnis freiheitlich-demokratischen Handelns von Bürgern in ganz Sachsen.

Der Festakt ist die zentrale Veranstaltung der Feiern zum 20. Jahrestag der Friedliche Revo- lution in Sachsen. Vorgesehen sind Reden des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland (zugleich „Rede zur Demokratie“), des Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen, des Präsidenten des Sächsischen Landtages und des Oberbürgermeisters der Stadt Leipzig.

Neben hochrangigen Vertretern aus Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur werden Zeit- zeugen, Bürgerrechtler und Vertreter demokratischer Basisinitiativen als Repräsentanten der Bevölkerung zum Festakt eingeladen. Eine Übertragung des Festaktes im öffentlich- rechtlichen Rundfunk gewährleistet zudem eine weit über die Landesgrenzen hinaus rei- chende Wahrnehmbarkeit der Stadt Leipzig als Ausgangspunkt der Friedlichen Revolution vor 20 Jahren.

2.4.7 Tagungs- und Publikationsprojekt der Universität Leipzig „1989 in globalgeschichtlicher Perspektive“

Das Tagungs- und Publikationsprojekt der Universität Leipzig blickt in globalgeschichtlicher Perspektive auf das Jahr 1989. Es betrachtet 1989 als entscheidende Zäsur für Zentral- und Osteuropa mit weit darüber hinaus gehender Bedeutung (Veränderung internationaler Be- ziehungen, Fortschritt der Demokratisierung, Überwindung von Diktaturen, Übergang zur Marktwirtschaft). 1989 wird als Beginn einer neuen Etappe der Globalisierung, die nun ein Bewusstsein und einen Begriff ihrer selbst entfaltet, angesehen: Die Hoffnungen auf neue Formen der „Global Governance“ und auf eine Friedensrendite nach dem Kalten Krieg spre- chen dafür. 1989 in diesen globalgeschichtlichen Kontext einzubetten, heißt auch, über die Bedeutung der von Leipzig ausgehenden Revolution neu nachzudenken.

Das Vorhaben befindet sich damit am Schnittpunkt zweier wichtiger Traditionen: Mit der Friedlichen Revolution 1989 hat sich Leipzig einen Platz in der Weltgeschichte des ausge- henden 20. Jahrhunderts erobert. Seit zwei Jahrzehnten inspiriert der Durchbruch, der im September/Oktober 1989 zur gewaltfreien Beendigung der europäischen Spaltung und der realsozialistischen Ordnung durch die Leipziger Demonstranten geschafft wurde, eine Kultur selbstbewussten bürgerschaftlichen Engagements. Zudem hat sich Leipzigs Universität schon im ausgehenden 19. Jahrhundert als Vorreiter international orientierter Forschung über globale Zusammenhänge etabliert und führt diese Tradition heute in einem Zeitalter voranschreitender Globalisierung weiter.

Nimmt man beide Traditionen zusammen, dann bilden sie eine Einladung zur Reflexion über die globale Bedeutung von Umbrüchen, wie sie im Herbst 1989 ihren Ausgang nahmen. Vier Bereiche werden Gegenstand des Tagungsprojekts der Universität Leipzig sein:

1. die europäische Einbettung der Friedlichen Revolution und die globalen Kontexte der Überwindung der europäischen Teilung

2. die strategische Umorientierung Chinas und die Entwicklung Ost- und Südasiens in Auseinandersetzung mit der geschwächten weltpolitischen Rolle der Sowjetunion/ Russlands

3. die neuen Chancen zur Überwindung verkrusteter politischer Regime, stagnierender ökonomischer Entwicklung in ausgebeuteten Volkswirtschaften sowie der Apartheid in Afrika durch mehr oder minder erfolgreiche Demokratisierungen

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4. die neue weltpolitische Rolle der USA als verbliebene Supermacht und die gravieren- den Veränderungen in Mittel- und Südamerika.

Beabsichtigt ist, diese vier Bereiche in vorbereitenden Workshops mit internationalen Part- nern zu behandeln und damit die Grundlage für eine große Abschlusskonferenz im Oktober 2009 in Leipzig zu schaffen. Diese Konferenz wird im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig stattfinden und die neuesten Forschungsergebnisse eines weltweiten Forschungsverbundes präsentieren.

Auf der Tagung wird zugleich ein Studienband vorgestellt, der die Geschichte des Umbruchs von 1989 erstmals in globaler Perspektive aufarbeitet und vier Themenkreise dokumentiert: Begründungen einer neuen Weltordnung, Globale Ereignisverflechtungen und ihre Wahr- nehmung, Kontingente Vernetzung von Ereignissen oder Strukturzusammenhang sowie die Erinnerungspolitik.

11 2.4.8 Veranstaltungsübersicht (Stand 31.Dezember 2008)

Veranstaltungen

Datum Uhrzeit Ort Veranstaltung Mitwirkende Veranstalter

2.10. Innenstadt Symbolische Übergabe der dauerhaft instal- Stiftung Aufarbeitung Bürgerkomitee (auch lierten Stelen zur Kennzeichnung wichtiger (Förderer), Stadträte Leipzig e.V. 7.10. Orte der Friedlichen Revolution in der Leipzi- mögl.) ger Innenstadt

8.10. – Grassimuseum Bürgermeisterkonferenz „Urban Development Oberbürgermeister, Stadtverwaltung 10.10. and Democracy: Visions for the next decade“ ca. 30 Bürgermeister Leipzig

8.10. Verleihung des Leipziger Medienpreises für Medienstiftung der die Freiheit und Zukunft der Medien Sparkasse Leipzig

8.10. 19:30 Uhr Oper Leipzig Opernpremiere: Ensemble der Oper Oper Leipzig Luigi Nono – “Al gran sole carico d’amore“ Leipzig

9.10. – World Peace Conference Mitglieder von Rotarier- Rotary-Club Leipzig 11.10. clubs 9.10. 10:00 Uhr Augustusplatz Weihe der Demokratieglocke mit 20 Vertreter von Bund, Land Kulturstiftung Leipzig, Glockenschlägen und Stadt Nikolaikirche

9.10. 11:00 – Gewandhaus Festakt der Sächsischen Staatsregierung, des Bundespräsident, Freistaat Sachsen, 14:00 Uhr Sächsischen Landtags und der Stadt Leipzig alle Ministerpräsidenten Sächsischer Landtag, der Bundesländer, Stadt Leipzig Live-Übertragung durch MDR (Funk) und Phö- Präsident des nix (?, Fernsehen) vorgesehen Sächsischen Landtags, Oberbürgermeister der Abfolge der Reden: Stadt Leipzig 1. Ministerpräsident Sachsen 2. Bundespräsident (Rede zur Demokratie)

12 3. Landtagspräsident 4. Werner Schulz (angefragt) 5. OBM Leipzig anschließend Empfang

9.10. 17:00 Uhr Nikolaikirche Friedensgebet (mit der Uraufführung einer Nikolaikirche zeitgenössischen Komposition zu den Seligpreisungen)

9.10. ab 18:00 Nikolaikirchhof – Illumination des Innenstadtringes/Lichtfest Mitwirkung der Leipziger LTM, Uhr Ring – Partnerstädte bei der Initiative 9. Oktober (nach dem Augustusplatz Ort der Veranstaltung ist der Weg, den die Illumination des Ringes Friedens- Demonstranten 1989 über den Ring genom- gebet) men haben. Dieser Weg beginnt mit dem Ni- Hans-Dietrich Genscher kolaikirchhof/Augustusplatz und gliedert sich (mdl. Zusage) in die weiteren Abschnitte Georgiring und Hauptbahnhof, Tröndlinring und Goerdelerring (Rückweg optional: Gesamtring oder über Grimmaische Straße).

An ausgewählten Punkten entlang des Ringes sind besondere Aktionen geplant.

Unter dem Arbeitstitel „Geeintes Europa“ fin- det der Abschluss/das Finale auf dem Augus- tusplatz statt: - Installationen auf dem Augustusplatz leuchten - Teilnehmer gestalten eine riesige `89 - Chorprojekt mit Leipziger Chören und Chö- ren aus den Partnerstädten - Theatergruppen tragen die Botschaft in alle Welt

13 Je nach Gestaltung des Wochenendes ist eine (Teil)Wiederholung am 10. Oktober denkbar.

9.10. ab 20:30 Nikolaikirche Festkonzert: Gewandhausorchester EuroArts, Uhr Felix Mendelssohn Bartholdy, Johann Dresdner Kammerchor Nikolaikirche Sebastian Bach, Steffen Schleiermacher (Uraufführung) Sybilla Rubens – Sopran N.N. – Alt Arte-Themenabend, evtl. Live-Übertragung Werner Güra – Tenor durch den MDR N.N. – Bass

10.10. 16:00 – Gedenkstätte Veranstaltungen im Rahmen der Sonderaus- Bürgerkomitee Leipzig 22:00 Uhr Museum in der stellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen e.V. „Runden Ecke“ Revolution“

10.10. Zeitgeschichtliches Museumsfest Zeitgeschichtliches Forum Leipzig Forum Leipzig

10.10. Thomaskirche Festkonzert „Hohe Messe in h-Moll“ von Amici musicae e.V. Amici musicae e.V. Leipzig

11.10. 9.30 Uhr Thomaskirche Festgottesdienst mit Übergabe / Einweihung Thomaskirche Leipzig des von Houston gestifteten Friedensfensters

11.10. Altes Rathaus, Oratorienkonzert: Westsächsische Sächsischer Festsaal Günter Neubert – „Wo der Herr nicht das Philharmonie Musikbund Haus baut ...“

15.10. – Zeitgeschichtliches Internationales Tagungs- und Zentrum für Höhere 17.10. Forum Leipzig Publikationsprojekt Studien der Universität „1989 in globalgeschichtlicher Perspektive“ Leipzig

14 22.10. – Gewandhaus Internationale Konferenz „Demokratie im 21. Stadtverwaltung Leip- 24.10. Jahrhundert. Bilanz und Perspektiven.“ zig, Dezernat IV

Live-Übertragung bei MDR-Figaro am 23.10. von 18.00 bis 20.00 Uhr

Ausstellungen

Laufzeit Ort Titel Sonstige Informationen

15.01.2009 – 31.12.2009 Gedenkstätte Museum in der „Run- Sonderausstellung „Leipzig auf Regelmäßige Begleitveranstaltun- den Ecke“, ehem. Stasi-Kinosaal dem weg zur Friedlichen Revoluti- gen, Reihe „Montagsgespräche“, on“ Filmvorführungen, etc.

26.08.2009 – 15.11.2009 Stadtgeschichtliches Museum Zwischen Recht und Versöhnung - Mediengespräch: 24.08.2009 Studioausstellung Neubau Tagebuchblätter Herbst 1989 Eröffnung: 25.08.2009 Böttchergässchen 3 (Matthias Klemm)

26.08.2009 – 15.11.2009 Stadtgeschichtliches Museum Zwei Welten (Arbeitstitel) Mediengespräch: 24.08.2009 Sonderausstellung Neubau Fotografien aus vier Jahrzehnten Eröffnung: 25.08.2009 Böttchergässchen 3 (Gerhard Gäbler)

28.05.2009 – 09.10.2009 Zeitgeschichtliches Forum Leipzig Flagge zeigen? Die Deutschen und ihre Nationalsymbole

10.2009 – 02.2010 Zeitgeschichtliches Forum Leipzig Bildikonen (Arbeitstitel)

03.10.2009 – 10.01.2010 Museum der bildenden Künste „60/40/20“ - Entwicklung der bil- Eröffnung: 03.10.2009 denden Künste zwischen 1949 und 2009 ab Oktober 2009 Oper Leipzig Frauen in der Revolution von 1989

15 2.4. Ausblick auf die Jahre 2010ff

Erklärtes Ziel der Stadt Leipzig ist, das Thema „Friedliche Revolution 1989“ neu in den Fokus zu nehmen und stadtpolitisch aufzuwerten. Zugleich soll der Tag der Friedlichen Revolution zu einer deutlich erkennbaren Botschaft im Rahmen des Stadtmarketings werden.

Auch wenn bei allen gegenwärtigen Aktivitäten das Jahr 2009 und das 20-jährige Jubiläum als Fixpunkt dient, um dem Ereignis „9. Oktober 1989 – Friedliche Revolution“ auf städti- scher, nationaler und internationaler Bühne ein singuläres Profil zu verleihen, müssen bereits heute Grundlagen für die inhaltliche Fortentwicklung eines zukunftsorientierten Gedenkens gelegt und die Voraussetzungen für eine angemessene Würdigung der Revolutionsereignis- se in Leipzig geschaffen werden.

Eine wichtige Voraussetzung für eine solche Fortentwicklung und Würdigung schafft die Stadt Leipzig mit der Einführung eines städtischen Gedenktags am 9. Oktober und der ihr hieraus erwachsenden Verpflichtung, diesen Gedenktag jährlich in herausragender Weise zu begehen. Mit dieser Verpflichtung und dem Ziel das Thema „Friedliche Revolution 1989“ stadtpolitisch aufzuwerten, verbindet die Stadt Leipzig perspektivisch drei Aufgaben:

1. Gestaltung lebendiger Erinnerung

Die Veranstaltungen zum Gedenken an den 9. Oktober 1989 werden dauerhaft in attraktiver und würdiger Weise gestaltet. In der Herausbildung und Festigung einer eigenen Gedenkkul- tur und Tradition, die zum einen über die Inhalte „9. Oktober – Tag der Friedlichen Revoluti- on“ und „Herbst `89 – Aufbruch zur Demokratie“ und zum anderen durch die Struktur jährlich wiederkehrender Fixpunkte ermöglicht wird, besteht eine besondere Chance, Erinnerung lebendig zu halten und die Lehren der Friedlichen Revolution an künftige Generationen wei- terzugeben.

Im Wissen um diese Chance wird die Stadt Leipzig alle Aktivitäten von Veranstaltern, insbe- sondere der Initiative „Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober 1989“, unterstüt- zen, die darauf gerichtet sind, dem 9. Oktober als Gedenktag der Friedlichen Revolution durch einen Kanon alljährlich stattfindender Veranstaltungen (Rede zur Demokratie, Frie- densgebet, Demokratieforum, Nacht der Kerzen) ein markantes und prägendes Gesicht zu verleihen.

Um den 9. Oktober alljährlich in einem würdigen Rahmen begehen zu können und so daran zu erinnern, welche herausragende Bedeutung die Friedliche Revolution für die deutsche und europäische Geschichte besitzt, wird das jährliche Budget für die Organisation eigener und im Rahmen der Initiative „Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober 1989“ durchgeführter Veranstaltungen sowie zur Unterstützung von Projekten freier Träger auf 40.000 Euro aufgestockt.

2. Fortentwicklung zukunftsorientierten Gedenkens

Der Jahrestag der Friedlichen Revolution ist jedes Jahr ein besonderer Anlass, den Umgang mit demokratischen Werten und Bürgerrechten in den Blick zu nehmen. Die diesem Anliegen gewidmeten jährlichen Tagungen, Symposien und Podiumsdiskussionen im Zeitgeschichtli- chen Forum Leipzig, der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, der Außenstelle der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, im Stadtgeschichtlichen Museum, der Universi- tät Leipzig und an anderen Orten sind unverzichtbarer Teil eines zukunftsorientierten Ge- denkens der Bürgerinnen und Bürger und erfahren auch über das Jahr 2009 und das 20- jährige Jubiläum hinaus Anerkennung und Unterstützung seitens der Stadt Leipzig.

In besonderer Weise trägt die Stadt ihrer Verpflichtung zur Fortentwicklung eines zukunfts- orientierten Gedenkens mit der Ausrichtung einer Konferenz Rechnung, die sich den Heraus- 16 forderungen von „Demokratie im 21. Jahrhundert“ stellen will. Aus den Erfahrungen von 1989 heraus, sieht sich die Stadt in einer besonderen Verantwortung den Demokratiediskurs fort- zuführen. Zugleich kann sie die Erfahrungen des Wendeherbstes für die Zukunft nutzbar machen.

Angesicht der bereits angedeuteten Themenvielfalt zur Demokratieentwicklung im 21. Jahr- hundert ist vorgesehen, der Auftaktkonferenz im Herbst 2009 weitere Konferenzen folgen zu lassen. Ziel der Stadt Leipzig als Veranstalter ist es, eine internationale Konferenz zu etablie- ren, die alle zwei Jahre in Leipzig stattfindet und die das Thema zu einem Leipziger Marken- zeichen macht.

3. Verankerung der Erinnerung im öffentlichen Raum

Voraussetzung für eine über den Gedenktag und sein unmittelbares zeitliches Umfeld hinaus reichende kontinuierlichen Pflege und Präsentation des Erbes der Friedlichen Revolution in Leipzig ist die dauerhafte Verankerung der Erinnerung im öffentlichen Raum.

Die Stadt Leipzig bekennt sich zu ihrer Verpflichtung, den eingeschlagenen Weg der Erinne- rung an die Friedliche Revolution 1989 in der Verbindung von lebendiger Gedenkkultur und manifester Verankerung des Gedenkens im öffentlichen Raum konsequent weiter zu verfol- gen.

Die Stadt Leipzig unterstreicht ihr Festhalten an einer angemessenen und sichtbaren Würdi- gung des Beitrags der Bürgerinnen und Bürger der Stadt zur Friedlichen Revolution durch ein Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal in Trägerschaft des Bundes. Die Stadt Leipzig wird ihre Aktivitäten zur Verankerung der Erinnerung an die Friedliche Revolution auf dieses Ziel ausrichten.

17 3 Verankerung der Erinnerung der Friedlichen Revolution im öf- fentlichen Raum

3.1 Zielsetzung und Sachstand

Die Verankerung der Erinnerung der Friedlichen Revolution im öffentlichen Raum geht ein- her mit der Schaffung und Gestaltung von Erinnerungsorten. Erinnerungsorte ziehen mate- rielle und immaterielle Gegebenheiten zusammen, sie stehen für einen dezidiert selektiven gegenwartsbezogenen Umgang mit Vergangenheit. Zum einen dienen sie als Identifikations- anker der Bevölkerung. Zum anderen fungieren sie als öffentlichkeitswirksame Instrumente der Selbstdarstellung sowie zur Legitimation politischer Entscheidungen.

Ihr symbolischer Wert bleibt jedoch nicht einfach über die Dauer ihrer materiellen Existenz konstant. Ihre Wahrnehmungs- und Deutungsmuster werden stetig diskursiv verändert: Über das Anhängen neuer Semantiken lassen sich so identitätsstiftende Wirkungen und eine Imageaufwertung der Stadt erzielen, es besteht jedoch zugleich die Gefahr einer weitgehen- den Musealisierung von Geschichte.

Spätestens seit 1999 hat die Stadt Leipzig die Erinnerung an die Friedliche Revolution 1989 zielgerichtet in einer zweifachen Perspektive befördert und eine Verbindung von lebendiger Gedenkkultur und manifester Verankerung des Gedenkens im öffentlichen Raum ermöglicht. Vor allem im unmittelbaren Umfeld authentischer Orte der Friedlichen Revolution und unter direkter Bezugnahme auf diese Orte zeugen neu geschaffene Denkmale von den Ereignis- sen des Jahres 1989.

Nikolaisäule (Nikolaikirchhof) 1992 lobte die Kulturstiftung Leipzig gemeinsam mit der Stadt Leipzig einen internationalen Wettbewerb zur Gestaltung des Nikolaikirchhofs aus. Ausgehend von den Friedensgebeten in der Nikolaikirche eroberte sich 1989 der Protest den öffentlichen Raum. Eine mit Palmwe- deln gekrönte Säule aus dem Kirchenschiff ist auf dem Platz nachgebildet worden. Das Pro- jekt des Leipziger Künstlers Andreas Stötzner trägt den Gedanken des Aufbruchs symbo- lisch aus der Kirche hinaus. Zwei Drittel der zum Bau benötigten Mittel wurden durch Spen- den von Bürgern, Unternehmen und Einrichtungen erbracht. Am 9. Oktober 1999, dem zehn- ten Jahrestag der Friedlichen Revolution, wurde die Gedenksäule in Anwesenheit von Bun- deskanzler Gerhard Schröder, Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf und Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee der Öffentlichkeit übergeben.

Gedenktafel „Staatssicherheit“ (Dittrichring 24) Ein Nachguss des originalen Hausschildes der ehemaligen Bezirksverwaltung für Staatssi- cherheit Leipzig erinnert, verbunden mit der Inschrift „HIER BEFAND SICH VON 1950 - 1989 DIE Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig. BÜRGER BESETZTEN SIE WÄHREND DER MONTAGSDEMONSTRATION AM 4. DEZEMBER 1989“, an den Ort, von dem aus die Staatssicherheit fast 40 Jahre lang über die Geschicke der Stadt und ihrer Bürger bestimmte und würdigt zugleich deren friedliche Besetzung als einen zentralen Akt der Machtergreifung durch die Bürger der Stadt auf dem Weg zu einer demokratischen Erneuerung des Landes. Geschaffen wurde die Gedenktafel durch den Leipziger Künstler Matthias Klemm. Die Ein- weihung aus Anlass des 10-jährigen Jubiläums der Friedlichen Revolution vollzog am 9. Ok- tober 1999 der Bundestagspräsident Wolfgang Thierse.

Lichtinstallation und Brunnen (Nikolaikirchhof) Friedensgebete und Montagsdemonstrationen haben die Leipziger Nikolaikirche weltweit zum Sinnbild für die Friedliche Revolution von 1989 gemacht. 2003 wurde der Nikolaikirchhof mit Unterstützung der Stiftung „Lebendige Stadt“ zu einem Ort der Besinnung umgestaltet. Grundlage der Neugestaltung des Nikolaikirchhofs bildete ein Wettbewerb, den die Kulturstif- tung Leipzig zusammen mit der Stadt Leipzig und der Stiftung „Lebendige Stadt“ ausgelobt

18 hatte. Die feierliche Einweihung des neu gestalteten Nikolaikirchhofs durch Leipzigs Ober- bürgermeister Wolfgang Tiefensee fand am 9. Oktober 2003 statt.

Kernstücke der Neugestaltung sind – ergänzend zur 1999 errichteten Nikolaisäule – die Lichtinstallation des Leipzigers Künstlers Tilo Schulz mit 144 in das Bodenpflaster eingelas- senen farbigen Glaswürfeln sowie ein von David Chipperfield (London) entworfener Granit- Brunnen. Das Prinzip des Lichtkunstwerks „Öffentliches Licht“ auf dem Kirchhof, die zufalls- gesteuerte Zuschaltung je eines Leuchtwürfels der Installation pro Minute, symbolisiert den langsamen Aufbau friedlicher Versammlungen und erinnert so an die Bedeutung des öffentli- chen Raums als Podium der freien Meinungsäußerung mündiger Bürger. Der Brunnen, in einem eleganten und einfachem Stil gehalten, soll den Kirchhof vor St. Nikolai das ganze Jahr über als Ort der Kommunikation und Ruhe erlebbar machen.

3.2 Freiheits- und Einheitsdenkmal

Am 9. November 2007 fasste der Deutsche Bundestag den Beschluss, „in Erinnerung an die friedliche Revolution im Herbst 1989 und an die Wiedergewinnung der staatlichen Einheit Deutschlands ein Denkmal der Freiheit und Einheit Deutschlands“ zu errichten. Als nationa- les Symbol soll das Freiheits- und Einheitsdenkmal seinen Platz in Berlin-Mitte finden und im Jubiläumsjahr 2009 eingeweiht werden. Auf andere Orte, wie vor allem auf Leipzig, das eine herausragende Rolle bei der Friedlichen Revolution spielte, soll Bezug genommen werden.

Eine Initiative der Leipziger Bundestagsabgeordneten Rainer Fornahl und Gunter Weißger- ber, den Beschluss des Bundestages zu erweitern und den Bürgern der Stadt Leipzig durch die Bundesrepublik vor Ort ein Denkmal zu setzen, hat inzwischen fraktionsübergreifend eine breite Unterstützung gefunden.

Die Stadt Leipzig hat Bundestag und Bundesregierung in gleicher Weise daran erinnert, dass eine entsprechende Würdigung des Beitrags der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Leipzig noch aussteht und die Bundesregierung durch Ratsbeschluss (RB IV-1253/08) vom 9. Juli 2008 aufgefordert, „darauf hinzuwirken, ... dass in Trägerschaft des Bundes den Leipziger Bürgern und Bürgerinnen in der Stadt Leipzig ein Denkmal gesetzt wird, das ihren Beitrag zur Geschichte Deutschlands und Europas angemessen würdigt.“ Zur Einlösung des Rats- beschlusses wurde die politische Diskussion um die Errichtung eines Leipziger Korrespon- denzdenkmals zum Freiheits- und Einheitsdenkmal in Berlin seitens der Stadt intensiv fortge- führt.

Auf Anregung von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages am 20.11.2008 beschlossen, für das in Berlin geplante Ein- heits- und Freiheitsdenkmal 15 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Durch das Bundes- amt für Bauwesen und Raumordnung wurde die Website www.wettbewerb-denkmal.de am 19. Dezember 2008 freigeschaltet und damit der Wettbewerb für das Freiheits- und Einheits- denkmal ausgelobt.

Im Auslobungstext wird ein Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal explizit benannt: "In Leipzig selbst soll - außerhalb dieses Wettbewerbs, gemeinsam mit dem Freistaat Sachsen und der Stadt Leipzig - der Beitrag der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt zur friedlichen Revolution auf angemessene und sichtbare Weise gewürdigt werden" (Gestaltungswettbe- werb für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal in Berlin, Auslobungstext)

Ein erstes Gespräch des Oberbürgermeisters der Stadt Leipzig mit dem Kulturstaatsminister über die Gestaltung eines solchen Denkmals in Leipzig fand am 28. Januar 2009 statt.

19 3.3 Denkmal zur Friedlichen Revolution (Miley Tucker-Frost)

Bereits 2006 unterbreitete die US-amerikanische Künstlerin Miley Tucker-Frost der Stadt Leipzig ein Angebot, der Stadt und ihren Bürgern in Erinnerung an die Ereignisse im Herbst 1989 und ihres Beitrages zu Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit ein Denkmal zu schenken. Im Rahmen einer Besuchsreise des Oberbürgermeisters der Stadt Leipzig in die Partnerstadt Houston und eines Gegenbesuchs der Künstlerin im Sommer 2007 wurden erste Ideen zur Realisierung des Schenkungsprojekts besprochen.

Mit der Einbindung des Sachverständigenforums „Kunst am Bau und im öffentlichen Raum“, der Initiative „Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober 1989“ und des Bürgerko- mitees Leipzig in die Entscheidungsvorbereitung wurde in Leipzig sowohl ein künstlerisch- fachlicher als auch demokratischer Prozess der Meinungsbildung über das Denkmal ange- regt.

Anfang 2008 fand im Fachausschuss Kultur eine Anhörung von Frau Tucker-Frost statt, in der die Künstlerin ein Modell des Denkmals präsentierte und ihre Vorstellungen erläuterte. Zudem wurde das Denkmalprojekt im Ältestenrat vorgestellt. Ein sachkundiges Urteil war auf der Grundlage der bisher präsentierten kleinen und nur fragmentarischen Modelle noch nicht möglich.

Die Diskussion im Sachverständigenforum ist noch nicht abgeschlossen. Erst nach Vorlage eines Votums des Forums soll durch die zuständigen Gremien eine Entscheidung über die Umsetzung des Projekts getroffen werden.

3.4 Demokratieglocke

Im Sommer 2008 hat die Kulturstiftung Leipzig das Angebot der ostdeutschen Gießereiver- bände, der Stadt zum 9. Oktober 2009 eine Glocke mit einem hohen künstlerischen Aus- druckswert zu schenken (Demokratieglocke), aufgenommen, einen Gestaltungswettbewerb für die künstlerische Gesamtkonzeption ausgelobt und sich zugleich zur Übernahme der Kosten des Wettbewerbs und der Aufstellung der Glocke bereit erklärt.

Gegenstand des Wettbewerbs ist die Ideenfindung für eine künstlerisch plastische Installati- on einer Demokratieglocke, die am Eingang zur Grimmaischen Straße (vor dem Neubau des Café Felsche) aufgestellt werden und an die entscheidende Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989, mit der das Ende der DDR „eingeläutet“ wurde, erinnern soll. Die Installation ist als Bestandteil eines weitergehenden Gesamtprojekts zu gestalten, bei dem zu späterer Zeit an weiteren Orten der Ringpromenade Kunstwerke zur Erinnerung an die Friedliche Re- volution aufgestellt werden können.

Bis zum 30. November 2008 waren die Arbeiten der Wettbewerbsteilnehmer (Mark Hamilton, Jörg Herold, Via Lewandowsky, Ute Richter, Sabine Schirdewahn und Jürgen Stollhans) ein- zureichen. Anfang Dezember wurden diese der Jury vorgestellt. Gewinner des Gestaltungs- wettbewerb wurde Via Lewandowsky. Alle Arbeiten werden der Öffentlichkeit bis Februar 2009 präsentiert.

Der Guss der Demokratieglocke wird am 19. März 2009 im Beisein des Schirmherren Walter Christian Steinbach (Präsident der Landesdirektion) und von Pfarrer Christian Führer, die gemeinsam die Segnung des Glockengusses vornehmen, in Lauchhammer erfolgen. Die Weihe der Demokratieglocke mit 20 Glockenschlägen soll am Vormittag des 9. Oktober 2009 im Rahmen der Gedenkveranstaltungen zum 20-jährigen Jubiläum der Friedlichen Revoluti- on erfolgen.

20 3.5 Benennung einer Straße/eines Platzes nach der Friedlichen Re- volution

Den Beschluss, einen markanten Ort in der Stadt nach den Ereignissen des Herbstes 1989 zu benennen, fasste der Stadtrat am 18. April 2007. Vom 1. Juni bis zum 31. Juli 2007 fand eine Bürgerbeteiligung zur Benennung eines Platzes oder einer Straße in Erinnerung an die Friedliche Revolution im Herbst 1989 statt. Die Straße oder der Platz soll am 9. Oktober 2009, dem 20. Jahrestag des historischen Ereignisses, den neuen Namen erhalten.

Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung wurden von einer zeitweiligen Arbeitsgruppe, die sich aus den Ansprechpartnern "Straßenbenennung" der Fraktionen und aus Mitgliedern der Ver- waltung und der Initiative "Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober" zusammen- setzte, in einer Vorlage zusammengefasst.

Die Ratsversammlung nahm in ihrer Sitzung am 21. Mai 2008 die Vorschläge zur Kenntnis und bestätigte die Empfehlung (BS/RBIV-1205/08, Anlagen 1 und 2): "Die Benennung einer Straße/eines Platzes nach der Friedlichen Revolution wird mit den weiteren Vorschlägen zur Erinnerung an die Ereignisse des Jahres 1989 zusammengeführt, mit der Zielstellung, die geeignetsten für die Würdigung des 20. Jahrestages der Friedlichen Revolution am 09. Ok- tober 2009 auszuwählen."

3.6 „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ – Ausstel- lung im Stadtraum (Stelenprojekt)

Die Idee einer dauerhaften Installation von Stelen im Rahmen einer Ausstellung im Stadt- raum knüpft an ein Projekt aus dem Jahr 2004 an. Mit elf temporär installierten Stelen unmit- telbar an den Brennpunkte des Jahres ´89 erinnerte das Bürgerkomitee Leipzig e.V. an weg- weisende Ereignisse der Friedlichen Revolution.

In den Jahren 2006 bzw. 2007 hatten sich zwei Fraktionen des Leipziger Stadtrates ebenfalls für eine Kennzeichnung historischer Orte in Leipzig ausgesprochen und erste parlamentari- sche Initiativen auf den Weg gebracht. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass mit der Errichtung thematischer Stelen die Möglichkeit besteht, im Stadtbild wichtige Orte der DDR-Diktatur und entscheidende Orte des Herbstes 1989, die heute nicht mehr als diese erkennbar sind, erlebbar zu machen und somit die Erinnerung an sie wach zu halten. Die Stelen könnten aber gleichsam auch dazu dienen, für Demokratie, Meinungsfreiheit und Zi- vilcourage zu werben.

Das Projekt des Bürgerkomitees Leipzig e.V. „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revoluti- on“ – Ausstellung im Stadtraum (Stelenprojekt) will die in der Stadt Leipzig bereits vorhande- nen Erinnerungsorte durch 25 Stelen an verschiedenen Standorten ergänzen und so Ge- schichte an den Orten des Geschehens wieder lebendig und verständlich machen. Im Rah- men des Projekts entsteht eine Ausstellung im Stadtraum, die dauerhaft eingerichtet und deren gestalterische und bautechnische Umsetzung im Rahmen einer beschränkten Aus- schreibung gefunden werden soll. Das Bürgerkomitee Leipzig e.V. zeichnet für die Findung der 25 Orte der Stelen ebenso verantwortlich, wie für die Auswahl des Text- und Bildmateri- als.

Die Umsetzung des Projekts soll in enger Zusammenarbeit mit der Stadt erfolgen und mit der Einweihung der Stelen am 2. Oktober 2009 abgeschlossen werden. Dem Kulturamt der Stadt Leipzig liegt hierzu ein Antrag auf Projektförderung vor.

21 3.7 Der Ring als alternatives Freiheitsdenkmal

Vor dem Hintergrund des zwanzigjährigen Jubiläums der Friedlichen Revolution wurde durch die Ratsversammlung am 21. Mai 2008 beschlossen (RBIV-1181/08), „zu prüfen, ob die bis- her vorliegenden Projektideen für dauerhafte Installationen entlang des Innenstadtringes geeignet sind, die historischen Ereignisse des Jahres 1989, speziell des 9. Oktobers, au- thentisch nachzuzeichnen, künftigen Generationen in Form eines „lebendigen“ Denkmals zu erhalten und so die Basis für eine Erinnerungskultur zu bilden.“

Ziel dieses alternativen Freiheitsdenkmals ist es, mittels verschiedener Gestaltungselemente (Installation von Klang- und Bildsäulen, Bodenerinnerungsstücke, Lichtinstallationen, Stelen der Erinnerung, Gesteinsblöcken mit Inschriften) auf die enge Verbindung von Friedlicher Revolution und dem Gang der Demonstranten aus Leipzig und der gesamten DDR um den Ring hinzuweisen und die hier gegebene Chance des Gedenkens und der Mahnung an ei- nem authentischen Ort der Friedlichen Revolution zu nutzen.

Bei der Umsetzung des Ratsbeschlusses soll die Entwicklung in Berlin in bezug auf das ge- plante Freiheits- und Einheitsdenkmal abgewartet werden.

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