Karl Lehmann Und Karl Schefold Im Jahr 1945

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Karl Lehmann Und Karl Schefold Im Jahr 1945 ZEITSCHRIFT FÜR KLASSISCHE ARCHÄOLOGIE 63. JAHRGANG 2020 REVUE D’ARCHÉOLOGIE CLASSIQUE RIVISTA DI ARCHEOLOGIA CLASSICA 2020 . Jahrgang 63 Antike Kunst HERAUSGEGEBEN VON DER VEREINIGUNG DER FREUNDE ANTIKER KUNST · BASEL A N T I K E K U N S T 63 . Jahrgang 2020 ZEITSCHRIFT FÜR KLASSISCHE ARCHÄOLOGIE Herausgegeben von der Vereinigung REVUE D’ARCHÉOLOGIE CLASSIQUE der Freunde antiker Kunst · Basel RIVISTA DI ARCHEOLOGIA CLASSICA Inhalt Brigitte Freyer-Schauenburg Julien Beck, Andreas Sotiriou Eine Milesierin in Samos? Baie de Kiladha 2019 . 120 Zur Serie der unterlebensgrossen Sitzfiguren aus Milet (Taf . 1–3) . 3 Tafeln 1–13 Norbert Franken Lastenträger . Zum Verständnis zweier römischer Bonzestatuetten Chronik 2019 . 125 aus Ägypten (Taf . 4– 5) . 25 Geführte Studienreisen . 127. Abkürzungen . 130 Guy Ackermann, Laureline Pop Hinweise und Richtlinien . 130. Une statue de L . Mummius Achaicus au Gymnase Beihefte zu Antike Kunst . 132. d’Érétrie? (pls . 6 –8) . 36 . Mariella Cipriani Online-Berichte Due rilievi Ludovisi ritrovati nell’Ambasciata degli Stati Uniti d’America a Roma (tavv . 9– 10) . 55 < http://www .antikekunst .org/wp/publikationen/die- grabungsberichte/ > Alexandra Kankeleit Briefe aus dem Exil: Karl Lehmann und Lorenz E . Baumer, Alessia Mistretta Karl Schefold im Jahr 1945 (Taf . 11) . 69 Topografia ed urbanistica di Lilibeo . Nuovi dati dagli scavi dell’Insula IX di Capo Boeo (tavv . 15–17) . 135 Grabungen: Elena Mango, unter Mitarbeit von Marcella Boglione Martin A . Guggisberg, Marta Billo-Imbach, Nor- und Aleksandra Mistireki bert Spichtig Achter Vorbericht zu den Forschungen in Himera Basler Ausgrabungen in Francavilla Marittima (2019) . .153 . (Kalabrien) . Bericht über die Kampagne 2019 (Taf . 12) . .93 . Alle hier abgedruckten Grabungsberichte auch Online Karl Reber, Denis Knoepfler, Amalia Karapaschali- zugänglich dou, Tobias Krapf, Daniela Greger, Guy Ackermann, Jérôme André Les activités de l’École suisse d’archéologie en Grèce en 2019 . L’Artémision d’Amarynthos et les pistes de course du Gymnase d’Érétrie (pl . 13) . 105 . ALEXANDRA KANKELEIT BRIEFE AUS DEM EXIL: KARL LEHMANN UND KARL SCHEFOLD IM JAHR 1945 Karl Schefold, Klassischer Archäologe und Mitbe­ Karl Lehmann (1894 –1960) gründer dieser Zeitschrift, hinterliess nach seinem Tod im Jahr 1999 einen umfangreichen Nachlass. Erstmalig Karl Lehmann (Taf. 11, 1. 2; Abb. 1) wurde am 27. soll hier seine Korrespondenz mit Karl Lehmann aus September 1894 in Rostock geboren 6. Sein gleichnamiger dem Jahr 1945 vorgestellt werden, auf die mich freundli­ Vater war als Juraprofessor an der Universität Rostock cherweise sein ältester Sohn Dian Schefold aufmerksam tätig, wo er mehrere Standardwerke verfasste 7. Seine gemacht hat 1. Ihm gilt mein ausdrücklicher Dank für Mutter, Henni Lehmann, war eine politisch und sozial seine grosszügige Unterstützung, seine Offenheit und engagierte Malerin und Schriftstellerin 8. Beide Eltern sein nicht ermüdendes Interesse an den Themen « Grie­ kamen aus jüdischen Familien und traten nach ihrer chenland, Archäologie und Krieg »2. Hochzeit zum Protestantismus über. Karl Lehmann und seine Schwester 9 waren ebenfalls Konvertiten 10. Lehmann begann 1913 das Studium der Klassischen Ausgangssituation Archäologie in Tübingen. Nach weiteren Stationen in Karl Lehmann und Karl Schefold verbanden einige München und Göttingen sowie einer kriegsbedingten Gemeinsamkeiten: Beide fühlten sich der Heidelberger Unterbrechung 11 schrieb er sich 1918 an der Fried­ Universität mit ihrem Archäologieprofessor Ludwig rich ­Wilhelms­Universität in Berlin ein und schloss dort Curtius eng verbunden 3. Mehrere Jahre hatten sie für 1922 seine Dissertation über « Die antiken Hafenanlagen die ausländischen Zweigstellen des Deutschen Archäo­ des Mittelmeeres » ab 12. Seit 1920 war Lehmann mit El­ logischen Instituts (DAI) in Athen und Rom gearbei­ wine Hartleben 13 verheiratet und nannte sich fortan Leh­ tet 4. Hitlers Rassengesetze zwangen sie schliesslich ins mann­Hartleben. Das Paar hatte drei Söhne 14. Exil: Lehmann nach Italien und in die USA, Schefold In den Jahren 1922 –1923 hielt sich Lehmann als Rei­ in die Schweiz. Nach dem Krieg trafen beide die Ent­ sestipendiat des DAI in Rom und Athen auf. Es folgte scheidung, nicht mehr nach Deutschland zurückzukeh­ eine vorübergehende Anstellung an beiden Zweigstellen ren 5. des DAI. 1925 holte ihn Ludwig Curtius als Assistent an 6 Zu Karl Lehmann: Blanckenhagen 1961; Dercks 2013; Sandler 1964; Burck 1984; Fuchs – Burck 1988; Wagner 2001; Bergmann 2012; Obermayer 2014, 108 –132; Rass 2018. 7 Zu den Eltern Karl und Henni (Henriette) Lehmann: Wagner Antike Kunst 63, 2020, S. 69–92 Taf. 11 2001, 235 f.; Obermayer 2014, 108 f. 8 Zu Henni Lehmanns Engagement auf Hiddensee: < http://www. 1 Schefolds private Korrespondenz befindet sich im Besitz seiner hiddensee­kultur.de/1880_lehm.php > (Stand: Februar 2019). 1937 Söhne Dian (Bremen), Reimar (Amsterdam) und Bertram (Frankfurt beging sie Selbstmord. am Main). 9 Zu Lehmanns Schwester, der Etruskologin Eva Fiesel (1891–1937): 2 Ebenso bin ich Reimar und Bertram Schefold für ihr Interesse und Häntzschel 1994; Wagner 2001, 236; Maas 2010; Altekamp 2014, 34. wertvolle Hinweise zu Dank verpflichtet. Katja Sporn und Christof 10 Obermayer 2014, 108 –132; Häntzschel 1994, 358. Dipper unterstützten diese Arbeit durch anregende Diskussionen 11 Obermayer 2014, 109 –111; Möllenhoff – Schlautmann­Overmeyer und wohlwollende Kritik. 1995, 256. 3 s.u. Anm. 15. 45. 12 Lehmann 1923. 4 s. Kyrieleis 1979, 45 f.; Deichmann – Kraus 1979, 3; Jantzen 1986, 13 Elwine Hartleben (1894 –1961) war gelernte Büroangestellte; s. 108. Rass 2018, 751. Ihren Namen legte Lehmann nach der Scheidung 5 Literatur zur Kontextualisierung: Mann 1968; Mann 1986; Arendt 1944 ab; s.u. Anm. 75. 78. 1993; Mitscherlich 1994; Frei 2005; Schildt – Siegfried 2009, 50 f. 14 Wagner 2001, 237; Rass 2018, 751. Zum Kriegseinsatz von Leh­ 132 –138. manns beiden älteren Söhnen s.u. Anm. 77. A. Kankeleit, Briefe aus dem Exil: Karl Lehmann und Karl Schefold 69 die Universität Heidelberg 15. Seine Karriere in Deutsch­ land schloss er als Ordinarius an der Universität Münster ab, wo er die Jahre 1929 –1933 verbrachte 16. Das « Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeam­ tentums » sollte diesem geradlinigen Werdegang ein ab­ ruptes Ende setzen. Am 7.4.1933 verlor Lehmann schlag­ artig seine Stelle 17. Er ging nach Rom, wo er sich mit Abb. 1 Karl Lehmann, undatierte Aufnahme Unterricht und Forschungsvorhaben zu Pompeji über Wasser halten konnte 18. Im Herbst 1935 wanderte er schliesslich mit seiner Familie in die USA aus, wo ihm Lehmann und sein Team hatten auf Samothrake zu­ eine Anstellung an der New York University angeboten nächst zwei Ziele vor Augen: die Ausgrabung des Kabi­ worden war. renheiligtums 23 und die Fertigstellung des archäologi­ Amerika stellte für Lehmann eine Zäsur dar: Beruflich schen Museums 24. In enger Zusammenarbeit mit seiner und privat sollte der knapp Vierzigjährige komplett neue zukünftigen Ehefrau, der US­Amerikanerin Phyllis Wil­ Wege beschreiten. Während seines ersten Lebensab­ liams 25, versuchte Lehmann zunächst Struktur und Ord­ schnitts in Deutschland hatte er sich international einen nung in das Grabungsgelände zu bringen 26. Namen gemacht: Er galt als profilierter Kenner der grie­ Zweiter Weltkrieg und Bürgerkrieg führten zu einer chischen und römischen Kunst. Zusätzlich hatte er bei achtjährigen Unterbrechung der Ausgrabungstätigkeit der Erforschung von antiker Architektur und Siedlungs­ auf Samothrake (1940 –1947) 27. Vermutlich wurde Leh­ geschichte wegweisende Akzente gesetzt 19. mann während der Besatzungszeit von amerikanischen Seine neue Professur am Institute of Fine Arts der Kollegen 28 über die Situation in Griechenland auf dem New York University bot ihm ein komplett neues Ar­ Laufenden gehalten 29. beitsfeld: die Erschliessung eines vielversprechenden Ge­ Zum Entstehungszeitpunkt der hier behandelten ländes auf der nordgriechischen Insel Samothrake 20. 1938 Briefe war Lehmann jedenfalls gut über die Lage der wurde mit den Ausgrabungen begonnen 21, und es stellt griechischen Bevölkerung auf Samothrake unterrichtet. sich die Frage, ob Lehmann in dieser Phase noch Kon­ Im Oktober 1944 hatte sich die deutsche Wehrmacht aus takt zu deutschen Archäologen in Griechenland hatte 22. Griechenland zurückgezogen. Gleichzeitig war die bul­ 15 Zu Ludwig Curtius (1874 –1954): Lullies – Schiering 1988, 186 f.; gen Emigranten konnte für diesen Zeitraum nicht nachgewiesen Löwith 2007, 64. 88 f.; 94; Obermayer 2014, 160 Anm. 110; Sailer werden. 2015, 377 f. (Personenregister); Diebner – Jansen 2016. 23 Lehmann 1955, 37 f. 16 Fuchs 1984; Burck 1984; Fuchs – Burck 1988; Wagner 2001, 237; 24 Lehmann 1955, 76 f.: erste Vorarbeiten für den Museumsneubau Obermayer 2014, 109 mit Anm. 10. fanden 1939 statt. 17 Rass 2018; zum Gesetz s.u. Anm. 113. 25 Lehmann wurde 1944 von seiner ersten Ehefrau geschieden. Im 18 Blanckenhagen 1961, 307; Fröhlich 2012, 99 Anm. 82. 83; Lorenz gleichen Jahr heiratete er zum zweiten Mal und wurde US­amerika­ 2012, 198 Anm. 56; Althoff – Jagust 2016, 27 Anm. 57. nischer Staatsbürger; zu Phyllis Williams Lehmann (1912 – 2004): 19 Auch im Exil riss sein Interesse am deutschen Wissenschaftsbe­ McCredie 2006. trieb nicht ab: Lehmann­Hartleben 1937; Lehmann­Hartleben 26 Lehman 1955, 5 f. 1939a; Lehmann­Hartleben 1939b. 27 Zu den amerikanischen Ausgrabungen auf Samothrake: Lehmann 20 Meritt 1984, 208 f. 1948; Lehmann 1949a; Lehmann 1949b; Lehmann 1955; Lehmann 21 Zu Voruntersuchungen
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