Überbilder Sprechen Schriftenreihe Der Gesellschaft Für Film- Und Fernsehwissenschaft (GFF) 8 Heinz-B
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ÜberBilder sprechen Schriftenreihe der Gesellschaft für Film- und Fernsehwissenschaft (GFF) 8 Heinz-B. Heller/Matthias Kraus/Thomas Meder Karl Prümm/Hartmut Winkler (Hrsg.) Über Bilder Sprechen Positionen und Perspektiven der Medienwissenschaft Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich Schüren Verlag Deutschhausstr. 31 · 35037 Marburg www.schueren-verlag.de © Schüren 2000 Das Titelbild zeigt eine Szene aus L’AVVENTURA von Michelangelo Antonioni Alle Rechte vorbehalten Druck: WB-Druck, Rieden Printed in Germany ISBN 3-89472-315-7 Inhalt Vorwort . 7 Zwischen den Medien – zwischen den Disziplinen Hartmut Winkler Die prekäre Rolle der Technik. Technikzentrierte versus ,anthropologische‘ Mediengeschichtsschreibung. 9 Gudrun Schäfer „Sie stehen Rücken an Rücken und schauen in unterschiedliche Richtungen“. Zum Verhältnis von Medienwissenschaft und Publizistik- und Kommunikationswissenschaft . 23 Knut Hickethier Binnendifferenzierung oder Abspaltung – Zum Verhältnis von Medienwissenschaft und Germanistik. Das ,Hamburger Modell‘ der Medienwissenschaft . 35 Yvonne Spielmann Aspekte einer ästhetischen Theorie der Intermedialität . 57 Andrzej Gwózdz (Inter)Medialität als Gegenstand der Filmwissenschaft . 69 Ikonographie und ihre medialen Diskurse Norbert M. Schmitz Bewegung als symbolische Form. Die Ikonologie und der Kunstbegriff der Medienwissenschaften . 79 Thomas Meder Nach Ferrara. Sieben Arten, ein Passagen-Bild zu verstehen . 97 Wolfgang Kabatek Physiognomie und Ikonographie Berührungspunkte zweier Lesbarkeitskonzepte . 117 5 Ralf Adelmann/Judith Keilbach Ikonographie der Nazizeit. Visualisierungen des Nationalsozialismus . 137 Annette Tietenberg Wiedersehen mit Alten Meistern. Zur Verwendung der Fotografie in der zeitgenössischen Kunst . 151 Ikonographische Konfigurationen im Film Christine N. Brinckmann Die Rasur: eine ikonografische Reihe . 169 Barbara Struif Fotografie im Film bei Peter Greenaway . 183 Lena Christolova/Joachim Paech Zeit geben: Eine dekonstruktive Lektüre des Films Smoke (1994) . 205 Hermann Kappelhoff And The Heart Will Go On And On – Untergangsphantasie und Wiederholungsstruktur in dem Film Titanic von James Cameron . 223 Medienwissenschaft in der Vermittlung 168 – kanal für fernsehtheorie, postgeschichte und digitale bilder Fernsehwissenschaft: viele Gegenstände – eine Wissenschaft? Konzeption einer Einführung . 245 Thomas Beutelschmidt Der Traum vom Sehen – Zeitalter der Televisionen. Intentionen und Inszenierungen einer Fernseh-Ausstellung. 259 Autorinnen und Autoren . 277 6 Vorwort Über Bilder sprechen. Positionen und Perspektiven der Medienwissenschaft Der vorliegende Band versammelt Überlegungen, die erstmals auf Jahrestagun- gen der Gesellschaft für Film- und Fernsehwissenschaft (GFF) vorgestellt wur- den. Sie haben ihren gemeinsamen Rahmen in einem Diskurs der methodischen und gegenständlichen Selbstreflexion, der die Gesellschaft angesichts tiefgrei- fender Veränderungen der medialen und medienwissenschaftlichen Szenerie in den letzten Jahren beschäftigt hat. So fand im Herbst 1997 an der Universität Mainz eine Tagung unter dem Titel Medienwissenschaft: ein Gegenstand – viele Wissenschaften statt. Sie stand vor allem im Zeichen einer Entwicklung, deren Charakteristika erst in den fortgeschrittenen neunziger Jahren in dieser Schärfe hervortreten sollten: So offensichtlich die rasant anwachsende gesellschaftliche Bedeutung der audiovisuellen Medien sich manifestierte, so unübersehbar sind die Anzeichen einer Diffusion der einschlägig berufenen Wissenschaft(en). Kaum etabliert an den deutschen Hochschulen (in zumal nicht selten noch fragi- len institutionellen Zusammenhängen), ist/sind sie involviert in dramatische mediale Veränderungsprozesse und konfrontiert mit Herausforderungen, de- nen sie, so die Skeptiker, nicht oder nur bedingt gewachsen erscheint/erschei- nen. Zum einen gegenständlich: Die digitale Revolution zeitigt nicht allein neue Praxen, sie zwingt zugleich eine an den traditionellen Leitmedien Film und Fernsehen entwickelte Theorie und Analyse zur kritischen Selbstreflexion, min- destens aber zur Relativierung ihres Medienbegriffs. Zum anderen methodisch: Die wissenschaftsgeschichtlich, -politisch und -ökonomisch erklärbare Diffu- sion (als Kehrseite einer Ausdifferenzierung) der mit den modernen Medien be- faßten Fachdisziplinen zieht zugleich insgesamt deren Marginalisierung als er- kenntnis- und praxiskritisches Korrektiv nach sich. Im Horizont einer Topo- graphie, deren Claims vor allem von der Kommunikationswissenschaft, der Pu- blizistik, der Soziologie, der Psychologie, der Film- und Fernsehwissenschaft, der Pädagogik und nicht zuletzt von den von Philologen zu Medienexperten ge- wandelten Literaturwissenschaftlern abgesteckt werden, verstellt das selbstzen- trierte fachliche Beharrungsvermögen leicht den Blick auf das wirklich Neue und Wesentliche, das sich nur einer Wahrnehmung jenseits eingefahrener Per- spektiven erschließt. So erscheint es uns dringend geboten, dieses beziehungslo- se Nebeneinander aufzulösen, eine gegenseitige Wahrnehmung zu stimulieren 7 Vorwort und eine vergleichende Auseinandersetzung zu führen. Dabei dürften – neben Unvereinbarkeiten – auch viele Gemeinsamkeiten zu Tage treten. Es ist aber nur schwer vorstellbar, daß die Medienwissenschaften sich aus ihrer marginalen Rolle befreien können, wenn diese überfälligen Dialoge nicht geführt werden. Bewußt wurde die hier vorgeschlagene grenzüberschreitende Perspektive auch auf der Bochumer Jahrestagung 1998 – Ikonographien: zwischen analogen und digitalen Bildern – beibehalten. Als Verfahren der Modellierung von Visua- lisierungsstrategien und Bildverstehen standen neben methodischen Überlegun- gen im transdisziplinären Horizont vor allem ikonographische Fallstudien und ihre Einbettung in medial-diskursive Kontexte im Zentrum. Über Bilder sprechen: Schon der Titel benennt eine von vielen Schwierigkei- ten – angesichts eines immer komplexer werdenden Bildbegriffs –, denen sich die Autorinnen und Autoren der hier versammelten Beiträge zu stellen versuchen. Gedankt sei an dieser Stelle ausdrücklich Ulrike Bergermann (Paderborn) für redaktionelle Arbeiten. Die Herausgeber 8 Zwischen den Medien – zwischen den Disziplinen Hartmut Winkler Die prekäre Rolle der Technik Technikzentrierte versus ,anthropologische‘ Mediengeschichtsschreibung.1 1 Daß Henne/Ei-Fragen keineswegs trivial sind, merkt man immer dann, wenn es dennoch Streit über sie gibt. Und oft ist man schon einen erheb- lichen Schritt weiter, wenn man ein Problem als ein zirkuläres überhaupt erkennt. Hennen be- dingen Eier, bedingen Hennen, bedingen Eier. Oder ist es so, daß sich Henne- und Ei-Perspek- tiven dennoch unterscheiden? Es gibt also Streit. Unmißverständlich hat man mich darauf hingewiesen: „Medien bestimmen unsere Lage. Mit dieser lapidar formulierten, seine For- schungsergebnisse focusartig verdichtenden Aussage begann vor zehn Jahren das zunächst von der Zunft wenig beachtete Buch Grammophon Film Typewriter [...] des Berliner Literaturwissenschaftlers Friedrich Kittler. Sie prä- zisierte das vom ihm zuvor nur plakativ betriebene Programm der ,Austreibung des Geistes aus den Geisteswissenschaften‘ von 1980.“2 1 Zuerst erschienen in Telepolis-online: www.heise.de/tp/deutsch/Inhalt/co/2228/1.html (12.12.1997). 2 Maresch, Rudolf: „Blindflug des Geistes. Was heißt (technische) Medientheorie?“ In: Telepo- lis-online: www.heise.de/tp/deutsch/Inhalt/co/2231/1.html (12.12.1997). Bei dem Text handelt es sich um ein Ko-Referat, das die online-Zeitschrift Telepolis einem meiner Artikel glaubte bei- geben zu müssen: „Das Gespräch von Geert Lovink mit [...] Hartmut Winkler hat bereits heftige Diskussionen im Internet aufgerührt. Es geht dabei auch um den Ansatz einer kritischen Me- dientheorie in Deutschland. Wo aber soll sie ansetzen? Bei den Inhalten, wie man dies früher ge- macht hat, oder bei den technischen Gegebenheiten der Medien, die jeden Inhalt überformen? 9 Hartmut Winkler Und weiter: „Medientechnologien, die Muster der Wahrnehmung und Erfah- rung vorgeben, nicht Reflexion und Selbstbewußtsein, legen näm- lich die Normen und Standards fest, die einer existierenden Kultur die Auswahl, Speicherung und Übertragung relevanter Daten er- lauben. Erst sie verwandeln Menschen in Subjekte. Nach diesen materiellen, technischen und historischen Ermöglichungsbedin- gungen gesellschaftlicher Kommunikationen zu fragen, bedeutet, jene medientechnischen Blindheiten zu entziffern, die Wissen und Macht jahrtausendelang kennzeichneten, den Blindflug des Geistes ermöglichten und die Humanwissenschaften seit den Ta- gen ihrer Erfindung um 1750 sprechen machen.“3 Medien also bestimmen unsere Lage, – „die“, wie Kittler selbst dankenswerter- weise ergänzt, „(trotzdem oder deshalb) eine Beschreibung verdient“4. „Me- dien“, schreibt Kittler an anderer Stelle, „definieren, was wirklich ist“5. Und an- dere Autoren haben das Projekt aufgegriffen und radikalisiert: So glaubt Bolz in der Mediengeschichte das „physiologische Apriori des Denkens“ aufgefunden, eine Formulierung, die wie eine Art Feldzeichen über der gesamten Debatte steht: „Die Frage nach dem physiologischen Apriori eines Denkens ist keine hermeneutische, sondern – man ist versucht zu sagen: im Gegenteil, eine me- dientechnologische.“6 Umstandslos direkt gilt die Suche der „Dimension des Signifikanten“7; und Nietzsche wird aufgerufen, um von der abgründigen Kate- gorie des Sinns endlich zu den „Tatsachen des Leibes“ überzugehen.8