Nr. 3 | Brückengeneration 5 | Oktober·November 2017 | Euro 5,50 Österreichische Post AG PZ16Z040851P Amt der Kärntner Landesregierung Abteilung 6 – Unterabteilung Kunst und Kultur Burggasse 8, 9021

TOTENKULT mit dem BRÜCKE-Kulturkalender www.bruecke.ktn.gv.at ein.wort.zuvor

Der Tod

Kalt macht er jeden. Aber kalt lässt er wohl niemanden, der Tod. Die Unentrinnbarkeit macht ihn zu einer zeitlosen Angelegenheit. Aus der Graphic Novel „Der Staub der Ahnen“ von Felix Pestemer (siehe auch den Buch.Tipp auf DIE Eine das Ende greif- und spürbar machende BRÜCKE-Seite 25). Dieses zeichnerische Werk über den mexikanischen Totenkult begreift Diagnose, der Verlust eines geliebten Men- sich als Teil eines Werkkomplexes über die Vergänglichkeit. Pestemers Haltung zum Leben und zum Tod schen oder die Diskurse über das Recht auf rührt nicht allein von den Eindrücken und Erlebnissen aus Mexiko her, sondern u.a. auch von der Zeit Leben, Sterbehilfe, Abtreibung oder die als Zivildiener in einem Sterbekrankenhaus. Fotos: mit freundlicher Genehmigung von avant Verlag und Felix Pestemer Todesstrafe erhitzen die Hirne und Herzen und Seelen. Häufig ist er Opfer einer Dop- pelmoral – abhängig davon ob man selbst, die uns Nahestehenden, gesichtslose Frem- de oder gar Schuldbeladene betroffen sind. Vor der Schöpfung aber ist jedes Leben gleich unbedeutend oder wertvoll. Vom eigenen Ich ausgehend bis hin zum großen Ganzen ist der Tod vielleicht der wirkmäch- tigste Lehrmeister zum Begreifen der uns innewohnenden Schöpfungsverantwortung. welter.skelter Die Verantwortung für jedes Leben und die höchst persönliche Verantwortung zu leben. Diese Schöpfungsverantwortung gebietet Das wird nichts mehr und gebiert auch das Schöpferische – in mit dem Schnitter und mir. all seinen Spiel- und Eigenarten. Der Kunst Verehrte Damen und Herren, sollten Sie an dieser Stelle inspirierte und salbungsvolle Worte ist der Tod wohl eine der beflügelndsten zum zentralen Thema der aktuellen BRÜCKE, dem Tod, erhoffen oder gar erwarten, dann Musen. Manche werden zu seinem exzessi- würde ich Sie bitten, diese Zeilen einfach zu überspringen. Allen anderen sei Folgendes ins ven Voyeur, manche versuchen ihn in sei- Stammbuch geschrieben: Der Tod und ich, wir pflegen nicht das allerbeste Verhältnis. Und nem drastischen Spannungsfeld zwischen dafür trägt dieser elendige Hund allein die Schuld! Todesfurcht und -faszination zu fassen, Ich bin noch keine elf, da kommt er, der Schnitter, und nimmt mir die Mutter. Unangemel- manche philosophieren, malen, musizieren, det und ohne jegliche Vorwarnung taucht er auf, erledigt in einem Akt erbärmlicher Feig- spielen oder schreiben gegen ihn an und heit die friedlich Schlafende, ignoriert dabei die Kinder im Nebenzimmer, nimmt die Mutter manche heben ihn empor oder entmachten mit und legt sie ab auf einem Haufen von allem, was schon gestorben war, oder lässt sie, ihn indem sie ihn transzendieren. Oftmals die Tote, einfach fallen und dann liegen, irgendwo, am Rande zur allumfassenden Dunkelheit rittert Mensch wohl auch um die Illusion vielleicht oder möglicherweise gar mitten im Herzen der Finsternis. Ich weiß es doch nicht eines Quäntchens Unsterblichkeit. und es ist mir im Grunde auch völlig egal. Alles, was ich weiß, ist, dass man nicht einfach eindringt in verschlossene Häuser, um sich zu nehmen, was man will. Das ist, im Falle die- DIEse BRÜCKE ist eine kleine, feine ses Unerbittlichen, nicht nur nicht anständig, sondern in höchstem Maße lebensverachtend. Momentaufnahme verschiedener Denk- Mit anderen Worten: ein No-Go! arten, Geschöpfe und kunstvoller Schöpfun- Und er, der nimmersatte Henker, belässt es ja nicht bei dem Vorfall. Nein. Keine 25 Jahre gen zum großen Übergang ins Unfassliche. sollten seit dem gewaltsamen Fortschaffen der Mutter vergangen sein, eh diese feige Bes- tie mir jeden genommen hatte, der in der Familie vor mir auf die Welt gekommen war. Und „alles ist rand dazu – das verzeihe ich dem Totmacher niemals – auch noch den besten irdischen Freund, und vergessen und übergang.“ den ich mir vorstellen kann. Dem immer noch nicht genug, wird er, der Knochenmann, am Ende aller Tage mich und jeden dahingerafft haben, den Sie und ich kennen, und in seiner unermesslichen Gier nach allem, was lebt – es tut mir leid, dies Ihnen hier so unverblümt stecken zu müssen –, so lan- ge nicht ruhen, bis er auch Ihnen schlussendlich den Garaus gemacht hat. So einer ist das nämlich, der Tod. Einer, der einfach keine Ruhe gibt. Einer, der keine Ruhe geben kann, eh er nicht alles, was auf diesem verfluchten Planeten kreucht und fleucht und tut und macht, gemordet hat. Ein rasender Berserker, genau so einer ist das nämlich. Sollten Sie selbst – was ich Ihnen von Herzen wünsche –, sei es durch gewachsenen Glau- Gabbi Hochsteiner ben, sei es durch fernöstliche Gelassenheit, diesem Ungeheuer, wenn er irgendwann dann Chefredaktion DIE BRÜCKE an Ihre Tür klopft, dennoch mit Respekt oder gar Demut begegnen, so will ich Ihnen zu Ihrem Mut und Ihrer unerhörten Stärke gratulieren und mich gebührend vor Ihnen verbeu- gen: dafür dass Sie dem nämlichen Konzept von Leben und Tod, von der Vergänglichkeit alles Irdischen und derlei Nonsens, wohl etwas Gutes abgewinnen können. Ich selbst bin für solche Größe leider zu schwach, zu angsterfüllt und auch zu nachtragend, und ich befürchte, dass es in diesem Leben nichts mehr wird mit dem Schnitter und mir. ● Oliver Welter Musiker, Schauspieler und Autor. Geboren in Klagenfurt, lebt in Klagenfurt und Innsbruck, stirbt vermutlich in Klagenfurt oder Innsbruck oder gar nicht. BRÜCKEN.BOGEN

2 welter.skelter. Der Schnitter und ich. Oliver Welter 4 Werkstättengespräch: Doris Scheiring. Sterbekultur als Lebenskultur. Gabbi Hochsteiner NEU: BÜCHER, CDS UND 6 Erde zu Erde ... Zu unserem Umgang mit den Verstorbenen. Michael Cerha TICKETS FÜR BRÜCKE- 8 kurz war er da. Von Grabmälern und Verdrängungsweltmeistern. Horst L. Ebner LESERINNEN UND LESER 10 Überirdische Klänge. Musik im Angesicht des Todes. Sabine Weyrer Überall wo Sie dieses Symbol finden, können Sie an einer 12 Auf ein Wort mit dem Knochenmann. Unsere Sprache. Heinz-Dieter Pohl Verlosung teilnehmen. 13 ge.denk.mal. eine Erinnerungskultur. Karl Vouk 14 Erinnerungsarbeit und Opfergedenken. Fortschritte und Rückschläge. Peter Gstettner 16 Auf der Nordseite der Erinnerung. Rede der Loibl-Gedenkveranstaltung. Alois Hotschnig 17 Lass dich heimgeigen. Josef Winklers neues Stück am . Anna Baar 18 Wie ist das, wenn man tot ist? Der Tod im Kinderbuch. Andrea Kirchmeir Buch-Verlosung 19 Der Tod in der Kärntner Literatur. Katharina Herzmansky 20 Der Vergänglichkeit auf der Spur. Brückengespräch mit Valentin Oman. Karoline Feyertag 22 Todessprung. Von der Symbolkraft antiker Grabmalerei. Mario Rausch 23 Begegnung mit der vergessenen Kulturfamilie der Ritter von Mack. Bernhard Brudermann 24 Der Tod und der Volksglaube. Sabine Weyrer Buch-Verlosung 25 literatur.tipp. Der Staub der Ahnen. Anna Woellik Buch-Verlosung 26 Noch ist der Tod kein Fest. Ein philosophisches Gedankenspiel. Herbert Maschat 27 Botengang. Facetten und Klumpen. Teil 2. Alexander Widner 28 kari.cartoon. Heinz Ortner | Astrid Langer 29 Briefe aus Paris. Zwei Kärntnerinnen in der Künstlerkolonie. Riki Werdenigg | Verena Walzl 30 Franz Yang-Mocˇnik im MMKK. Christine Wetzlinger-Grundnig 31 kultur.tipp. Lange Nacht der Museen. Sofia Grabuschnig Ticket-Verlosung 32 edition B kunst.aus.druck. Anna Kohlweis. Nora Leitgeb extra.blatt. Kunstdruck Echo Chamber 34 Elements of Sculpture. Zur Formensprache Bruno Gironcolis. Bettina M. Busse 35 Musil-Hybrid. Motor für künftige Lesegenerationen. Walter Fanta Buch-Verlosung 36 Kunst muss die Wirklichkeit zerstören. Werner Kofler. Chevalier des Mots. Wilhelm Huber 37 kultur.tipp. Wolfgang Walkensteiner. Werk und Ausstellung. Markus Mittringer 38 Kunst im Knast. „Als Musiker bin ich wer.“ Wolfgang Rössler 39 buch.tipp. Guido Katols malerisches Werk. Georg Mitsche Buch-Verlosung 40 vorlese.prvo branje. Christoph W. Bauer und Lydia Mischkulnig. 42 buch.tipps. „Lesen Sie gefälligst!“ Buch-Verlosung 44 musik.tipps. „Das Beste … steht nicht in den Noten.“ Tonträger-Verlosung 45 seite.ohne.namen. Der Stand der Dinge. Michael Herzog 46 horizonte. 12 Seiten Kulturveranstaltungen und Infos. 47 da.schau.her. Ulrich Plieschnig. Geranientod. Magdalena Felice 49 denk.mal. Der schmucke Mann von Molzbichl. Geraldine Klever 51 kinder.kulturtipp. Das lesezeichen-Festival. Andrea Kirchmeir 53 kultur.tipp. Memento mori. Ruth Hankos Werk. Jutta Steininger 57 kultur.t(r)ipp. Die Mumie im Römermuseum Teurnia. Franz Glaser 58 film.infos. Der Film-Stipendiat 2017. David Clay Diaz NEU Der BRÜCKE-Kulturkalender als Beilage. Ein Augenblick Brücke Fotoserie nach einer Idee von Stefanie Grüssl ‚in vitro‘ Brückenschlag zwischen künstlichem und natürlichem Leben, zwischen Ethik und Wissenschaft, zwischen Anfang und Ende. ● Fotograf Laurent Mekul *1979 in Klagenfurt, lebt nach Aufenthalten in Wien und London derzeit in Stockholm, Laurent Mekul fotografische Ausbildung u.a. an der Central St. Martin University of Arts, London |

Foto: Ausstellungen in London, Berlin, Stockholm und Österreich.

Cover: Titel ‚Ruhe‘ Das Coverbild ist auf einer Reise durch Kanada entstanden, auf der ich mich mit Totenkult auseinandergesetzt habe. Auf der Insel Alert Bay entstand dieses Foto, das zwei verschiedene Totenkulte harmonisch miteinander vereint. Das Motiv stammt von einem Friedhof der First Nations. Ich versuche mit einem Fotoapparat gemachte Bilder ebenso gegenständlich-abstrakt wie gemalte Bilder aussehen zu lassen. Ich strebe danach, das Sichtbare in seiner schönsten aber auch abstrakten Form einzufangen. © Laurent Mekul

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 3 Werkstättengespräch: Sterbekultur als Lebenskultur

Ich bleibe bis zur Schwelle, Hospizbewegung mit einem Stand am mehr gelernt, wie man mit über die ich nicht mitgehen kann. Alten Platz vertreten ist. Man kann beob- dem Tod und all seinen Ich bleibe bis zum letzten Atemzug. achten, wie die Leute ihres Weges in Gefühlen umgeht. Man will unsere Richtung gehen und wenn sie die Kinder vor Trauer schützen Hospiz – den Tod – erkennen, wird aus- und abschirmen. Wenn der Der Tod. Welches Bild ersteht als erstes in gewichen. Hase oder der Hund stirbt, wird dem Ihnen auf? weinenden Kind schnell ein neuer gekauft. Der Abschied. Das Bild dazu ist „der Welche Leichen sind das, die da im Keller Das können wir aber mit der Oma schon Weg“. Der Abschied ist eine Natürlichkeit. unserer Gesellschaft liegen, wenn’s ums nicht mehr machen. Oft wird das Kind Der Tod ist nicht etwas, das nur mit dem Sterben geht? dann aus dem Trauergeschehen heraus- Sterben zu tun hat. Er kann genauso ein Die Kultur dafür, die ist uns abhanden- genommen. Aus der Hilflosigkeit ent- Abschied von einer Lebensphase und der gekommen. Die Hospizbewegung steht stehen Tabus. Und aus Tabus entsteht Übergang in eine andere sein. Es gibt auch dafür, dass wieder eine Sterbekultur Hilflosigkeit. viele Abschiede in einem Menschenleben, implementiert wird. Die der ewigen Jugend wie das Ende der Kindheit oder die Meno- nacheifernde Gesellschaft führt dazu, dass Liegt im Tod, in der Hilflosigkeit, vielleicht pause einer Frau. Das sind alles Abschie- man als alter Mensch „entwertet“ wird. ein maßgeblicher Geburtsmoment der Spi- de, die ich sehr bewusst in mein Leben Wenn man krank wird, wird einem attes- ritualität und der Religionen? integriert habe. Die Patienten, die mich tiert, dass man etwas falsch gemacht hat. Ich glaube ja. Die meisten Menschen einladen bei ihnen zu sein – in einer sehr Man ist selbst schuld, weil man sich nicht brauchen etwas, um hoffen zu können. intimen Zeit – nehmen eine Maske sofort gesund genug ernährt, geraucht oder sich Das brauche ich auch. Für dieses Uner- wahr. Ich muss authentisch sein. Ich darf nicht ausreichend bewegt hat. Sterbende klärliche, das Unsichere, da bedarf es oft und muss Mensch sein, so wie ich bin, um haben keine Lobby. der Religionen, um diesen Gedanken, dass andere überhaupt begleiten zu können. Es fehlt uns die kulturell verankerte wir sterben werden, leben zu können. Das sind Geschenke, die mich dazu anhal- Selbstverständlichkeit, das Leben in seiner ten, genau nachzuschauen in meinem Ganzheit anzunehmen. Mit dem Tod. Es Was ist der Tod? Ein physischer Zustand? Leben. ist fatal sich gegen ihn zu wehren und dem Die Loslösung der Seele vom Körper? Eine Wir haben keine Generalprobe für den Jugendkult hinterherzuhasten. Ich habe Befreiung … endlich Endlichkeit? Tod. Und diese vielen Abschiede, diese letztes Jahr beschlossen, meine Haare nicht Ich möchte glauben, dass die Seele sich vielen kleinen Tode, sie sind ein Einüben mehr zu färben, sie weiß sein zu lassen. loslöst und in einen Raum geht, dessen des Loslassens. Die heute Hochbetagten, Oft werde ich angesprochen, wie toll das Definition für mich jetzt nicht wichtig ist. sie können den Tod oft als dazugehörend ist. Aber im nächsten Satz wird gesagt, Ich lasse das offen. annehmen. Sie tragen in sich eine Natür- dass sie (meist Frauen) sich das für sich lichkeit, die in unserer modernen Gesell- selbst nicht vorstellen können. Sonst Welchen Stellenwert haben Rituale im schaft verloren gegangen ist. würden sie ja alt aussehen. Das hat etwas Umgang mit dem Tod, was leisten sie? damit zu tun, das Leben anzunehmen. Mit Es ist entscheidend, der Trauer Raum Ist der Tod also ein Tabu? seinen Abschieden und der dazugehören- und sich ihr hinzugeben. Dabei greifen Ja, das ist er immer noch. Das erlebe ich, den Trauer. Wir brauchen eine Sterbekul- wir auch auf die verschiedenen Religions- indem ich das Thema Tod durch meine tur als Teil unserer Lebenskultur. riten zurück. Auch zahlreiche Menschen Profession verkörpere und eine häufige ohne Religiosbekenntnis befolgen trotz- Erstreaktion in meinem Bekanntenkreis Haben Sie einen Wunsch für den Umgang dem diese Riten. Weil sie ein haltgebendes jene ist, dass man zu mir sagt, wir reden der Gesellschaft mit dem Tod? Gerüst sind, wenn plötzlich alles anders heute aber nicht vom Tod. Eine Abwehr Ja, das Thema muss früh in den Famili- ist und der Alltag zusammenbricht. dem Thema gegenüber, ohne dass ich es en präsent sein. Darauf ist auch eines zur Sprache gebracht habe. unserer Projekte, „Hospiz macht Schule“, Im Tod sind wir alle gleich … oder? Diese Abwehr erlebe ich auch in der ausgerichtet. Die jetzige Elterngeneration Ja. Wir sind Menschen. Egal was wir Öffentlichkeit, beispielsweise wenn die hat schon vielfach selbst zuhause nicht waren, wir sind alle gleich.

4 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Doris Scheiring, aufgewachsen in Niederösterreich, lebt seit 37 Jahren in Ferlach, ist seit 2009 pädagogische Leiterin sowie ehrenamtliche Hospizbegleiterin der Hospizbewegung der Diakonie de La Tour. Foto: Gabbi Hochsteiner

Ist es heute in unseren Breitengraden selbst- nicht mitgehen kann. Ich bleibe bis zum man das Leben nicht künstlich verlängert, verständlich, in Würde zu sterben? letzten Atemzug. sondern die Natürlichkeit des Sterbens Nein. Dafür müssen wir auch zuerst den annimmt. Begriff „Würde“ definieren und das kann Was bewegt todkranke und sterbende nur jeder für sich selbst. Für manchen ist Menschen? Wie geht es Ihnen mit Ihrer eigenen End- es würdevoll, in einer Institution zu ver- Es geht darum, sich getraut zu haben, lichkeit? sterben, weil das Bedürfnis da ist, dass sich selbst zu leben. Am Lebensende wird Jede einzelne Begleitung bedeutet für jemand Professioneller greifbar ist. Die unter Umständen sehr gehadert. Zum mich auch, mich mit meiner Endlichkeit meisten Menschen wollen jedoch zuhau- Beispiel weil man eine gewisse Zeit ver- auseinander zu setzen. Jeder Sterbende se sterben. In diesem Punkt versuchen säumt hat, weil man einer großen Liebe hinterlässt mir ein Geschenk in Form von wir Hilfestellung zu geben, damit der nicht gefolgt ist oder sie überhaupt nicht dem Appell, mir mein eigenes Leben genau Sterbende auch zuhause bleiben kann. einmal gefragt hat. Weil man eine Frau anzuschauen. Ist da etwas, das aufgear- Viele Menschen versterben nämlich ent- geheiratet hat, aus Anstand, weil sie ein beitet gehört? Haderst du mit etwas? Gibt gegen ihres Wunsches in Institutionen. Kind bekommen hat und man am Ende es Wünsche, die erfüllt werden möchten, Weil sie, wenn Atemnot eintritt, noch feststellt, es hat sich nicht ausgezahlt. oder sind’s nur Wünsche, die schöner sind schnell ins Krankenhaus gebracht werden Männer die sagen, sie haben zu viel gear- wenn sie Wunsch bleiben? Es hat mich – obwohl es vielleicht gar keine Atemnot beitet. geerdet und gefestigt. ist, sondern das sogenannte „Todesras- Der Sinn des Lebens, das ist auch so ein seln“, ein völlig natürlicher Vorgang. Aber Thema. Die heute hochbetagte Generation (Wie) Hat sich Ihre Einstellung zum Tod im Angehörige erschrecken natürlich. Da ist hatte noch nicht diese Gelegenheit, sich Laufe des Lebens gewandelt? es unsere Aufgabe da zu sein und zu sagen, selbst derart zu leben, wie wir es heute Ich werde älter und bekomme immer das passt so, das gehört dazu, es ist jetzt tun. Ihre Ausrichtung, ihr Sinn des Lebens neue Impulse – durch meine Begleitungen, so weit und damit dem Sterbenden die war es oftmals, durchzukommen und zu vielleicht durch den Blick auf das Sterben furchtbare letzte Fahrt ins Krankenhaus überleben. Froh zu sein, aus dem Krieg in einer anderen Kultur. Meine persönliche zu ersparen um dann dort zu versterben. zurückgekommen zu sein. Froh zu sein, Haltung zum Tod ist nichts Statisches, in Diesbezüglich sind wir in Kärnten (nach die Kinder durchgebracht zu haben. Auch das ich gebettet bin. Wien) leider trauriger Spitzenreiter. da ist ein Wandel passiert – was Sinn gibt im Leben. Die nachfolgende Generation Haben Sie Angst vor dem Tod? Wie und wieso sind Sie zu der Aufgabe ist jene, die sagt, ich hab mich nicht gelebt, In meiner heutigen Situation nicht, nein. gekommen, Menschen in ihrer letzten ich bin nicht zu meinen Gefühlen gestan- Aber ich weiß nicht, wie es sein wird. Wie Lebensphase zu begleiten? den, hätte ich doch öfters nein gesagt. gesagt, es gibt keine Generalprobe. Wir Aus meiner Geschichte heraus. Eines erleben gleich das große Finale. Tages kam jemand aus der eigenen Fami- Wie ist Ihre Haltung zum Recht des Men- ● Gabbi Hochsteiner lie ins Altersheim. Da habe ich diese schen über Leben und Tod zu bestimmen DIE BRÜCKE Ambivalenz erlebt, dass alte Leute sterben – konkret im Fall von Sterbehilfe? wollen, weil sie das Leben mit den vielen Ein klares Nein zu aktiver Sterbehilfe. Einschränkungen, die das Alter gebracht Weil ich persönlich erlebt habe, was es hat, unerträglich finden. Wenn es schließ- bedeuten kann, wenn Menschen von lich aber soweit war, tatsächlich zu gehen, Palliativmedizinern und der Hospiz gut haben sie trotzdem Angst gehabt. Durch begleitet werden. Wenn das körperliche einen Hospizkurs habe ich dann verstan- Leid gelindert ist, müssen wir nachfragen, den, dass es dabei darum geht, dass die was da noch schmerzt. Soziale Schmerzen, meisten Menschen einfach nicht allein spiritueller Schmerz, … wenn man auch gelassen werden wollen. Wie wichtig es diese Schmerzarten lindert, ändern Men- ist, dass es da Menschen gibt, die sagen, schen, die sterben wollten, wiederholt ihre ich bleibe bis zur Schwelle, über die ich Meinung. Aber ich stehe auch dafür, dass

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 5 Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub Zu unserem Umgang mit den Verstorbenen.

Tausend oder zweitausend Jahre genügen, dass die Men- schen einander ein- und wieder ausgraben. Letzteres, um daraus zu erfah- ren, wie man früher beigesetzt wurde und wie man damals gelebt hat. Das ist keine Störung der Totenruhe, man nennt es Wissenschaft, und es beruht auf einem institutionalisierten allgemeinen Interes- se. Das werden künftige Generationen genauso haben. Man muss also fast beden- ken, was es denn dann über unsere Kultur aussagen wird, wenn aus Anlass irgend- eines Bauvorhabens in zweitausend Jahren drei Meter unter dem Erdniveau einer unserer Friedhöfe zum Vorschein kommt. Es wird ein merkwürdiger Bruchteil dessen sein, was die Wahrheit ist. Aber, nehmen wir an, es würde sich um einen Ohne unsere schrecklichen Schmerzen ihre Toten begraben!“ Wenn man das nicht für unsere Begriffe üblichen christlichen beim Abschied von einem geliebten Men- noch provokanter deuten möchte, als es Friedhof handeln, so wäre doch unüber- schen zu spüren, würde vielleicht ein sowieso ist, könnte man sagen: Obwohl sehbar, dass wir damals, also heute, Wissenschaftler unseren Umgang mit dem unsere Begräbnisse fast immer sehr stim- unsere Verstorbenen mit keinerlei Grab- Tod in Zusammenhang mit dem liturgi- mungsvoll waren, die schöne Musik, die beigaben ausgestattet haben. Die Wachs- schen Satz bringen: „Erde zu Erde, Asche weinenden Menschen, die ganzen Blumen klumpen im Erdreich können es ja nicht zu Asche, Staub zu Staub.“ Er verweist und Kränze mit letzten Grüßen – aber ja, gewesen sein. Es gibt kaum Anhaltspunk- auf die Genesis-Tradition der Erschaffung wir haben die Obsorge für unsere Verstor- te für metaphysische Spekulationen, des ersten Menschen aus Lehm, aber auch benen dabei belassen, dass wir sie ins anders als noch am spätrömischen Fried- auf die hebräische Buß-Tradition (Hiob Grab gelegt haben. Manchmal pilgerten hof auf dem Kathreinkogel bei Schiefling, 42,6), somit auf das Vorhandensein irgend- wir noch dorthin, um ihrer zu gedenken, wo Ehepaare verschlungen beigesetzt und eines kollektiven Schuldbewusstseins. manchmal haben wir eine Kerze angezün- die Leichname nach dem Sonnenaufgang Der Verweis würde unsere relativ det. Aber der Tod war, haben wir gedacht, ausgerichtet wurden. Wir müssen an etwas schnelle Rückführung der sterblichen das Ende der Zuständigkeit der Lebenden. geglaubt haben, vielleicht durch das über- Überreste in den Naturkreislauf erklären. Der Befund wird etwa für die USA recht all auftauchende Kreuz symbolisiert, das Ein weiterer Wissenschaftler, dem sofort anders ausfallen. Dort wird man dereinst abstrakter als die Körper war, von denen, alle anderen widersprächen, könnte einen auf Gräber aus der Ära der Präsidenten anders als etwa in China, in jedem Grab Satz ins Spiel bringen, den noch zweitau- Barack Obama oder Donald Trump stoßen, immer gleich mehrere aus verschiedenen send Jahre früher ein gewisser Jesus von in denen die Holzsärge zunächst mit einer Zeiten verstaut wurden. Nazareth gesagt haben soll: „Lass die Toten dicken Schicht Beton und darüber noch

6 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 1874 entwickelte Friedrich Siemens in seiner Dresdner Glasfabrik die als „Regenerationsofen“ bezeichnete erste europäische Anlage zur Leichenverbrennung. Foto aus: Die Gartenlaube, 1874 Der letzte Weg am Friedhof Annabichl. Der „Leichenwagen“ kann längst weiß sein. Sein Inhalt ist immer öfter eine Urne. Foto: BKG Umweltschutz über den Tod hinaus. Bio-Urne aus biologisch vollständig abbaubarem Zellulose-Material zur Beisetzung in der Natur. Foto: BKG Das Grab als eindrucksvolles Denkmal. Hier: Thomas Koschats letzte Ruhestätte auf dem Friedhof Annabichl. Foto: BKG

einmal mit Kunststoff ummantelt wurden. behalte. Das tritt allerdings in den Hinter- demnächst bereits fünf davon. Bis zu zehn Ob daraus von der Wissenschaft der rich- grund angesichts des Wandels, der seit aus Zellulose gefertigte, biologisch voll- tige Schluss gezogen wird, dass die Ein- etwa zwei Jahrzehnten eingetreten ist. Ein kommen abbaubare Urnen werden dort gesargten die Hoffnung hatten, eine viel würdevolles Gedenken an jedes gelebte um auswählbare Bäume für 90 Jahre fortgeschrittenere Medizin könnte sie Leben an einem Ort der Ruhe und des beigesetzt. „Wir könnten auch sagen, für einmal wiederbeleben, ist fraglich. Ja nicht Friedens ist mit dem Zeitgeist gar nicht zehn Jahre, aber wir möchten bewusst einmal, dass in den US-Tiefkühlfriedhöfen so leicht vereinbar. „Unser Umgang mit unterstützen, dass das Gedenken an die die Verstorbenen deshalb mit den Beinen den verstorbenen Angehörigen ist viel Verstorbenen etwas ist, das die Generati- nach oben gehängt wurden, damit bei individueller geworden“, sagt Andreas onen übergreift“ (Waldher). einem Stromausfall die Köpfe als Sitz des Waldher, Geschäftsführer des größten Auch Sonderformen der Beisetzung Bewusstseins zuletzt auftauen, wird diese Bestattungsunternehmens des Landes, der werden von den 28 Kärntner Bestattungs- Wissenschaft womöglich wissen. „Bestattung Kärnten GmbH“. Das Begräb- unternehmen erfüllt. Dazu zählen die Also richten wir unser Augenmerk nis als Gemeinschaftsveranstaltung einer Seebestattung in Adria oder Nordsee, die lieber auf die Gegenwart. Rund 5.000 Dorfgemeinschaft kommt kaum noch vor, Umwandlung der Asche in einen Diaman- Todesfälle gibt es jährlich in unserem die feste Form, von katholischer und ten in der Schweiz, oder auch die hierzu- Bundesland. In den urbanen Räumen evangelischer Kirche getragen, wird häu- lande allerdings noch nie nachgefragte werden zwei Drittel der Verstorbenen figer abgewandelt. Ein „gebeamtes“ Video „Weltraumbestattung“. Das Familiengrab eingeäschert, nur mehr ein Drittel wird über den Verstorbenen statt der Grabrede, im Garten ist in Kärnten zwar im Einklang erdbestattet. Selbst am Land beträgt der sein Lieblingssong als musikalische mit dem Bürgermeister möglich, wird aber Anteil der Einäscherungen bereits 50 Umrahmung, das Kondolenzbuch im Inter- wegen der Probleme bei einem Besitz- Prozent. Dabei war die Erdbestattung seit net, und kaum noch eine Spiegelung der wechsel nicht empfohlen. der Verbreitung des Christentums in ganz sozialen Hierarchie an der Grabstatt. Und wenn man wollte, dass die Asche Zentraleuropa zur einzigen Beisetzungsart Stark aufgewertet wurde zudem der eines Angehörigen in einen Feuerwerks- aufgestiegen. Aber die Aufklärung mit der Aspekt der Ökonomie, auch in Bezug auf körper gefüllt und als Rakete am Himmel Erkenntnis, dass verwesende Leichen die Grabpflege, die für gartenlose Stadt- verpulvert wird, müsste man sie trotz neun problematisch für die Böden seien, der bewohner schon ein Know-how-Problem verschiedener Bestattungsgesetze in Öster- Materialismus, den die Arbeiterbewegung darstellt, mit der Folge, dass es erstmals reich überhaupt zuerst in die USA über- auf ihre Fahnen schrieb und die Platznot seit langem auf vielen Friedhöfen wieder führen lassen. Davon könnte einen als auf den Friedhöfen in den Großstädten freie Gräber gibt. Die platzsparenden, geprägten Abendländer neben den Kosten änderten im 19. Jahrhundert die allgemei- dennoch ästhetisch sichtbar um die Erhal- auch der Satz des antiken Staatsmanns ne Haltung. 1874 entwickelte der Glasfa- tung der traditionellen Friedhofskultur Perikles abhalten, der da lautete: „Die brikant Friedrich Siemens in Dresden den bemühten natursteinernen Urnensäulen Kultur eines Volkes erkennt man daran, ersten „Regenerationsofen“ zur Leichen- des jungen Wernberger Ingenieurbüros wie es mit seinen Toten umgeht.“ verbrennung, zwei Jahre später entstand „Grabkult“ suchen und finden hier eine ● Michael Cerha in Mailand das erste moderne Krematori- Marktchance. Aber auch die extrem pfle- * 1953 in Vorarlberg, Autor, Dramaturg und Kulturjourna- list. Kärntner Kulturkorrespondent der Tageszeitung Der um Europas. geleichten, naturnahen Grabstätten in den Standard. Publizierte zuletzt u.a. die poetische Text- In abgelegenen Gebieten Kärntens stößt „Friedensforsten“ werden stark nachge- sammlung documents und das Kinderbuch Albine. Lebt seit 2010 in Damtschach. die Feuerbestattung immer noch auf Vor- fragt. Erst 2012 legalisiert, gibt es im Land

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 7 „... kurz war er da ...“ Von Grabmälern, verteilter Asche und Verdrängungsweltmeistern.

Nein, keiner hat eine Gstättner und meint damit das Familien- Maler Franco Kappl und bezeichnet sich Ahnung von dem was grab in Annabichl. Das einzige was er selbst als Verdrängungsweltmeister. danach kommt. Wir kennen gerne hätte, wäre ein eigener Grabstein, Alfred Goubran hingegen weiß sogar schon die unterschiedlichsten Verspre- am Familiengrabstein sei praktisch kein seine Grabinschrift: chungen – Wiedergeburt, Himmel, Hölle, Platz mehr. Alfred Goubran ruht an diesem Ort, Hades, Jungfrauen, Gelage mit den Göttern „Letzte Ruhestätte, das ist nicht so ein- kurz war er da – schnell wieder fort! oder Nichts – keiner wäre je zurückge- fach, ich bin ja in zwei Welten zu Hause“, kommen und hätte berichtet. Vielleicht sagt die Schriftstellerin Anna Baar. „Der Das mit dem schnellen wieder fort sein, verdrängen wir das Thema Tod vor allem Friedhof in Bol auf Brač bei meinen Insel- könne man zweideutig lesen. Im Zweifels- deshalb so gerne, weil es so viel Unge- ahnen ist ein wunderbarer Platz, mit Blick fall ist es eine Aufforderung an die Besu- wissheit birgt. auf das Meer und die im Wind bewegten cher, die dereinst am Friedhof beim Stift Was wir vom Tod in unserer irdischen Pflanzen, es sollen ja auch die Besucher St. Georgen am Längsee verweilen, wo Welt offensichtlich sehen, sind Grabmäler. des Grabes davon etwas haben …“, aber sich der Schriftsteller einen Sonnen- Solche Grabstätten können zu regelrech- dort könnte nur ein Teil ihrer Asche in platz am Familiengrab mütterlicherseits ten Hotspots werden, wenn der Bestattete der Friedhofsmauer deponiert werden, die gewählt hat. entsprechend berühmt war zu Lebzeiten. andere Hälfte sollte schon in Klagenfurt Eros und Tod sind Eckpfeiler der Kunst Elvis in Graceland, Jim Morrison in Paris, verbleiben, sonst sei die hiesige Verwandt- von Cornelius Kolig und er wird seine Franz Kafka in Prag und speziell zu den schaft möglicherweise beleidigt. Aber da letzte Ruhestätte definitiv im Paradies Tagen der deutschsprachigen Literatur bleibt ja noch einige Zeit für Überlegungen, haben. Das Paradies ist ja der Baukomplex auch Ingeborg Bachmann in Klagenfurt- denn wie heißt es bei Josef Winkler: „Wenn in Vorderberg im Gailtal, den er seit Jahr- Annabichl – der Gräbertourismus ist nicht es soweit ist …“ zehnten errichtet, der seine Kunst be- zu unterschätzen. Insider orientieren sich An die Hinterbliebenen und auch an herbergt und letztendlich auch ihn auf- bei der Urlaubsplanung schon mal auf der die eigene Seele denkt der Schauspieler nehmen wird. Website www.findagrave.com. Oliver Vollmann. In jugendlichen Jahren, Ähnlich wie im Fall Anna Baar will auch Wenn man dann einmal tot ist, kann mit Selbstmordgedanken – wie sie jeder Kolig seine Asche an mehreren Orten im man bei der Grabgestaltung nicht mehr hat – dachte er an einen toten Gang in Paradies verteilt wissen. Im innersten Hof mitreden, zu Lebzeiten könnte man es. der Hermannshöhle in Niederösterreich, ist die Urne für ihn und seine Frau Doris Das tun viele zwar nicht, aber manche wo er sich unauffindbar hätte verkriechen schon vorbereitet, auch das Denkmal der machen sich schon sehr konkrete Gedan- können. Aber die Höhle ist nicht mehr beiden am Futterplatz der Katzen steht ken. Freilich, ein Künstler lebt in seinen und auch die dunklen Gedanken sind bereits und dann gibt es noch eine Menge Werken fort, aber manche machen sich Vergangenheit. Eine Familiengruft müt- an Überlegungen. Urnen sind ja im ganzen durchaus Gedanken darüber, wie denn terlicherseits stünde in Wien-Hernals Paradies zu finden. „Überall könnte ein die letzte Ruhestätte aussehen soll, oder bereit, aber dort schaut es schauderbar wenig Asche hineingeben werden, reizvoll auch nicht. aus, nein, es wird wohl das Grab von wäre es auch, Asche mit Honig zu vermi- „Darüber habe ich noch nicht nachge- Großmutter, Vater und Onkel in Juden- schen und sich so von den Bienen in der dacht!“, sagt Josef Winkler auf die Frage, burg werden. „Schließlich könnte es ja gesamten Umgebung verteilen zu lassen“, wie er sich denn sein Grabmal vorstellt, sein, dass ich bei meiner Seelenwande- sagt Kolig, durchaus mit einem Augen- will er auch gar nicht. Mit schallendem rung beim eigenen Grab vorbeischaue zwinkern. Lachen beantwortet Tomas Hoke die Fra- und da muss das Platzerl schon passen, Der Tod gehört zum Leben dazu und er ge zunächst, „nein keine konkrete Vor- sonst vertschüsst sich die Seele und kommt bestimmt, ganz egal ob man sich stellung“. Zwar gibt es in Saag den ehe- wandert aus …“ und kommt möglicher- fürchtet, ob man verdrängt oder sich schon maligen Karner, eine Familiengrab- weise als Wanze irgendwo im Kongo zu Lebzeiten mit dem Ende beschäftigt. kapelle, aber ob er da liegen will sei wieder zur Welt. Vielleicht sollte man den Tod nicht zu dahingestellt. Reizvoller wäre es, spurlos Einen Grabstein aus rotem Glas mit ernst nehmen, genauso wie das Leben. zu verschwinden, er sei ja kein Pharao, sandgestrahlter Inschrift hat die Künstle- Mit ein wenig Leichtigkeit ist das irdische der sich samt Hofstaat einbuddeln lassen rin Melitta Moschik für einen Anwalt Sein wesentlich angenehmer zu absolvie- möchte. Grab und Tod, für Tomas Hoke entworfen. Der steht am Friedhof St. ren und möglicherweise auch das Ableben. kein reizvolles Thema, die Beschäftigung Leonhard in Graz, aber für sich selbst? Und das mit dem Grab? Nun, das ist ja damit birgt ja einen Rattenschwanz an „Ich bin eine leidenschaftliche eigentlich gar nicht so sehr für einen Schwierigkeiten, schon allein die Sache Verdrängerin, freilich ein paar schräge selbst, vielmehr ist es etwas für die Hin- mit dem künstlerischen Nachlass, „nein, Gedanken hab ich mir schon gemacht, terbliebenen. da sollen sich die Erben damit befassen“. aber nichts Konkretes.“ ● Horst L. Ebner „150 Meter von Ingeborg Bachmann „Überhaupt keine Ahnung, nein noch 53, geboren in Lienz, mit zwei Jahren ins Lavanttal und fürs Studium nach Wien übersiedelt, ORF-Redakteur, entfernt und 50 Meter von Perkonig, da nie daran gedacht, man geht ja irgendwie seit 2012 Organisator der Tage der deutschsprachigen werde ich dereinst liegen“, sagt Egyd davon aus, dass man ewig lebt“, sagt der Literatur.

8 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Eine Kolig-Gemeinschaftsurne im „Paradies“ mit der Spiegelung des künftigen Bewohners. Foto: Horst Ebner | Skulptur von Wolfgang Walkensteiner am Ehrengrab von Gert Jonke am Wiener Zentralfriedhof. Foto: Niclas Anatol | Denkmal des Ehepaares Kolig im „Paradies“ in Vorderberg. Foto: Horst Ebner | Grab von Ingeborg Bachmann in Klagenfurt Annabichl. Foto: Horst Ebner | Grabtafel von Giselbert Hoke im Karner in Saag. Foto: Horst Ebner | Grabtafel von Viktor Rogy an der Friedhofsmauer in Arnoldstein. Foto: Horst Ebner

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 9 Überirdische Klänge Lieder zur Totenwacht, Requien, Trauerkompositionen – im Angesicht des Sterbens und des Todes war und ist Musik allgegenwärtig. Ein geruhsamer Streifzug durch das deutsche und slowenische Kärntner Lied sowie klassische Werke, die in Kärnten zu Papier gebracht wurden.

Wie vielfältig, geheimnisvoll und in seiner Kärntner Liedes ist laut Klement die star- vorwiegend als weiße Frau, Art einmalig ist doch das Kärntner Lied: ke Heimatverbundenheit, die in den doch vielmehr widmet man Da gibt es beispielgebend die kennzeich- Texten immer wieder thematisiert wird. sich dem Thema rundherum. Er nenden Vierzeiler, Schnadahüpfl genannt, Die letzte Strophe des Liedes „In da hat keine bildliche Bedeutung, er ist ein gemütvolle Gesänge, kecke Liebeslieder Mölltal-Leitn“ bringt dies zum Ausdruck: Symbol. Viele dieser Totenlieder sind eine wie das Trutzg’sangl, Arbeitslieder, „In da Mölltålleitn auf da Sunnaseitn, da christliche Ausdeutung. Maria gilt dabei Scherz- und Spottlieder, die G’stanzln und is a Råst jo no amål so schöan. Wånns mih oft als Fürsprecherin des Toten. Das Abwie- der weidmännischen Tradition entspre- außastrågn in an hölzern Schrågn, tuats gen der Seelen, ob gut oder böse, wird chend, eine Vielzahl an Jagdliedern. Da mih auf d´Sunnaseitn einelegn.“ Oder der ebenfalls thematisiert, wobei dieses Motiv dem Kärntner ein freudiges und zugleich Refrain in Andreas Asenbauers „Hamat, bereits in der griechischen Mythologie zu melancholisches Gemüt nachgesagt wird, Hamat“: „Bei dir, mei Hamat, suach i Ruah, finden ist.“ Die slowenischen Totenlieder liegen die Themen Liebe, Leben und Tod druckt da Tod mir d’Aug’n zua, in dein dürften laut Logar Schöpfungen des Barock eng beieinander. Die Lieder zur Toten- Schoß die letzte Råst, is mei Wunsch nach sein, einige sind in den Liedersammlungen wacht wurden damals, als noch nicht jeder Müah und Låst.“ der Reformation enthalten und finden sich Friedhof eine Aufbahrungshalle besaß, Sang man einst zu vielerlei Anlässen, bis in die Romantik hinein. von Verwandten, Bekannten und Nachbarn an langen Winterabenden, nach der Arbeit, Eine Besonderheit Südkärntens, welche im Hause des Verstorbenen gesungen. Mit bei Familienzusammentreffen, so hastet sich von Lavamünd bis in das steirische diesen Klängen nahm der Tote Abschied nun die Schnelllebigkeit über vieles hin- Bad Radkersburg erstreckt, ist das Schrei- vom Leben und seinen Lieben. Auf Ottilie weg und lässt auch die Besinnung zum ben von Totenliedern für den Verstorbenen Herbert ist das von Edmund Herbert schon Tod teils nicht mehr zu. Klement: „Ich direkt, welches zur Verabschiedung vor 1849 gehörte „Verlåssn“ zurückzu- bemerke in den letzten Jahren die Sehnsucht gesungen wird. Logar: „Aus diesen Lebens- führen, welchem später Thomas Koschat der Kärntner, dies wieder zu spüren, junge beschreibungen ist eine ganze Gattung an die Anfangsworte entnahm, vertonte und Leute kommen vermehrt in die Konzerte. Totenliedern entstanden, die als eigene es somit wohl zum berühmtesten Kärntner Im Kärntner Lied kommt das Schöne und Lieder weiter bestehen geblieben sind.“ Volkslied wurde: „Im Wåld steht a Hügerl, das Traurige heraus, beides sollte man im Ein See als Inspirationsquell. Die viel Bleamerln blühn drauf, durt schlåft Leben sehen.“ Landschaft rund um den Wörthersee und mei arms Diandle, koa Liab weckts mehr Die „weiße Frau“ im slowenischen dessen Harmonie übten einst eine starke auf, durthin is mei Wållfåhrt, durthin is Kärntner Lied. Ähnlich dem deutschen Anziehungskraft auf bedeutende Kompo- mein Sinn, durt merk i recht deutlich, wia Kärntner Lied, ist auch im slowenischen nisten der Hoch- und Spätromantik sowie verlåssn i bin.“ Volkslied der vertonte Tod nicht primär der Neuen Musik aus. Der norddeutsche Karlheinz Klement, seit 30 Jahren Kärnt- vorhanden und gewissermaßen abstrakt Komponist Johannes Brahms (1833 – ner Chorleiter und langjähriges Mitglied dargestellt. Musik-Ethnologe und Landes- 1897) verbrachte seine Sommer in den des Kärntner Volksliedwerks erzählt: „Im kulturpreisträger (2016) Engelbert Logar Jahren 1877, 1878 und 1879 in Pört- Jahr 1890 ist dieses Lied berühmt geworden zum slowenischen Liedgut in Kärnten: schach. Gustav Mahler (1860 – 1911) und ging folglich um die Welt, es wurde in „Die Lieder handeln vom Sterben, vom bewohnte bis 1907 in Maiernigg die rund 18 Sprachen übersetzt.“ Abschied nehmen. Der Tod ist zwar in „Villa Siegel“, von der er jeden Tag zu Eine weitere Besonderheit des deutschen einigen Werken präsent, im Slowenischen seinem Komponierhäusl hinauf stieg. Und

10 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Wo man den Klängen von Johannes Brahms schier lauschen kann: Die Hohe Gloriette in Pörtschach. Foto: Wörthersee Tourismus Gustav Mahler Komponierhäusl in Maiernigg. Foto: Sabine Weyrer | Der Klang der Vergänglichkeit. Foto: Dieter Schütz – pixelio.de Noten- und Textbeispiel aus den Totenliedern des slowenischen Kärntner Liedes. Foto: Sabine Weyrer

Alban Berg (1885 – 1935) schuf einen Teil einst schrieb: „Bergs als Requiem gestalte- nachzeichnen. Die Trost spenden, Raum seiner Werke von 1932 bis 1935 in seinem tes Violinkonzert, dem er neben der Erinne- für das Gedenken schaffen und einen mit Waldhaus in Auen bei Velden. Lässt man rung an eine Kärntner Volksweise den himmlischen Klängen tief berühren. Für sich dieser Tage von der südlichen Land- Bachschen Choral auf den Text ,Es ist genug! den Klagenfurter Domorganisten Klaus schaft dazu verführen, einen Spaziergang Herr, wenn es dir gefällt, so spanne mich Kuchling ist diese Musik „Seelenhören und entlang des Sees zu unternehmen, schweift doch aus‘ eingeflochten hatte, wurde auch spirituelle Nahrung“ zugleich. Gemeinsam der Blick dabei über die ruhigen Wellen, zu seinem eigenen Requiem. Er starb weni- mit ihm, Mezzosopranistin Bernarda Fink die von Zeit zu Zeit ans Ufer schwappen ge Monate nach dessen Vollendung.“ und Florian Berner (Violoncello), findet und so trägt einem der Wind über den See In seinem Komponierhäusl in der Ost- am 29. Oktober im Klagenfurter Dom das unweigerlich folgende Worte von Johannes bucht des Wörthersees schrieb Gustav erste Allerseelenkonzert dieser Art unter Brahms wieder ans Gehör: „Ja, der Wör- Mahler seine 5., 6., und 7. Symphonie, die dem Namen „Im Himmelreich“ statt. „Wir thersee ist ein jungfräulicher Boden, da 4. vollendete er dort, die 8. begann er und beschäftigen uns mit den Fragen nach dem fliegen die Melodien, dass man sich hüten es entstanden dort auch Teile aus den Tod und was die Seele lernen soll. Auf muss, keine zu treten.“ Komponierte er sogenannten Kindertotenliedern. Hierbei behutsame Weise wird in Musik und Spra- meist fröhlich-heitere, helle Werke, zu handelt es sich um einen Liederzyklus, che eine Annäherung gesucht, Worte des dem ihn die Landschaft und die Südsonne der zwischen 1901 und 1904 entstand. Trostes werden zu hören sein, aber auch inspirierten, wie etwa seine berühmte Mahler selbst hatte 11 Geschwister, von Herausforderndes.“ Namensgebend ist der Zweite Symphonie, war auch die viertei- denen sechs im Kindesalter den Tod fan- geistliche Gesang „Im Himmelreich“ von lige Motette „Warum ist das Licht gegeben den. Man sagt, seine Frau Alma konnte Hans Gál (1890 – 1987), mit dessen Wor- den Mühseligen?“ teilweise hier entstan- nie verstehen, dass er diese Lieder kom- ten dieser Beitrag einen würdigen, ja den. Wird anfangs der Sinn menschlichen ponierte, während seine eigenen beiden überirdischen Ausklang finden soll: „Im Leidens und Sterbens hinterfragt, folgen Kinder vergnügt im Garten spielten. Umso Himmelreich ein Haus steht, dahin ein weitere biblische Texte aus den Klagelie- tragischer ereilte das Schicksal die Eltern goldener Weg geht, die Säulen sind von dern Jeremias, dem Brief des Jakobus und wenige Jahre später: Tochter Maria Anna Marmelstein, da legte unser Herr hinein die letztlich dem Lutherchoral: „Mit Fried und verstarb am 5. Juni 1907 in Maiernigg an edelsten Gesteine. In diesem Haus geht Freud ich fahr dahin, in Gottes Willen. einer Scharlach-Diphterie. Im Buch von niemand ein, der nicht von allen Sünden Getrost ist mir mein Herz und Sinn, sanft Anton Fuchs „Auf ihren Spuren in Kärnten“ reine.“ und stille. Wie Gott mir verheißen hat: der ist zu diesem schmerzhaften Verlust nach- ● Sabine Weyrer Tod ist mir Schlaf geworden.“ zulesen: „Noch im selben Jahr löste Mahler Die Autorin arbeitet als freie Journalistin und Texterin in Kärnten. Etwas weiter westlich des Wörthersees seinen Vertrag mit der Wiener Hofoper und und um etwa 50 Jahre später entstand hier am Ende dieses Jahres reiste er nach Ame- Allerseelenkonzert „Im Himmelreich“ ein weiteres großes Werk. Das Violinkon- rika. Nach Maiernigg und in sein Kompo- 29. Oktober, 17 Uhr, Dom zu Klagenfurt zert – Postludium in Excelsis von Alban nierhäusl, von dem er sich stets so ungern Bernarda Fink (Mezzosopran), Florian Berner (Violoncello), Klaus Kuchling (Orgel) Berg. Er komponierte es in seinem Wald- getrennt hatte, kehrte er nie mehr zurück.“ Karten unter 0676 – 87722778 sowie auf haus, bevor er 1935 todkrank nach Wien Im Himmelreich. Totenlieder, Klänge, www.klauskuchling.at zurückkehrte, wo er kurz darauf verstarb. die Wege des Schmerzes, der Hoffnung, Und wie der Schriftsteller Anton Fuchs des Verlustes, des Scheiterns und mehr

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 11 Auf ein Wort mit dem Knochenmann Ein Rundgang durch unsere Sprache an den Grenzen des Lebens und ein Blick auf Allerseelenbräuche.

Der Tod und das Sterben sind bekanntlich also Gott, der damit den letzten abkratzen, militärisch u.a. kon- zwei Begriffe, die uns durch das ganze Wunsch des Sterbenden erfüllt. kret fallen, salopp ins Gras beißen, Leben begleiten, wohl wissend, dass sie Verhüllende Bezeichnungen für über die Klinge springen u.v.a. mehr. auch uns einmal betreffen werden – doch das Sterben sind u.a. ableben, abtreten, Aus der Mundart die Patschen strecken wir verdrängen dies im täglichen Leben. dahinscheiden, entschlafen (auch hinüber- (bzw. aufstellen), ähnlich auch im Slowe- Wenn aber jemand aus unserer näheren schlafen, entsprechend slowenisch zaspa- nischen stegniti noge/pete „die Füße/ Umgebung das Zeitliche segnet, wird uns ti oder preminiti), heimgehen (daher Heim- Fersen ausstrecken“ oder mundartlich dies umso deutlicher ins Bewusstsein gang für den Tod), Abgang (entspricht dem počne strast „die Patschen abschütteln“. gerufen. Diese Redewendung ist eine Exitus in der Medizin), Abschied oder Bezug auf die materielle Seite nehmen beliebte Metapher für etwas, was oft Ableben usw. Verhüllende allgemeine Redewendungen wie slowenisch mund- unvermutet eintritt, worüber man aber Redewendungen sind u.a. sein Leben artlich ta zodni jopič nema doužekov „der nicht gerne spricht. Daher hat (nicht nur) aushauchen (slowenisch izdihniti), in den letzte Rock hat keine Taschen“, denn unsere Sprache eine ganze Reihe von letzten Zügen liegen, seinen Geist aufgeben diese braucht man nicht mehr, denn man Metaphern, verhüllenden Redewendungen (bzw. aushauchen, entspricht slowenisch kann nichts in den Tod mitnehmen. und sowohl derben als auch saloppen zdihniti svojo dušo); metaphorische Auch für den Tod selbst gibt es zahlrei- Sprüchen hervorgebracht, mit denen das Redensarten sind u.a. in die ewigen Jagd- che verhüllende und figürliche Bezeich- Sterben sozusagen umschrieben oder gründe eingehen, von der Bühne des Lebens nungen. So z.B. Freund Hein (in Österreich sprachlich verdrängt wird. Wollen wir hier abtreten, vor seinen Richter (oder Schöpfer) nicht üblich), Sensen- und Knochenmann, nun einen Rundgang durch den Wort- treten (slowenisch stopiti pred obličje Gevatter (Tod), Schnitter, aus dem Bairi- schatz unserer Sprache an den Grenzen najvišjega „vor das Antlitz des Allerhöchs- schen ist der Boandlkramer „Beinkrämer“ des Lebens machen – mit Ausblicken auf ten treten“), die Augen für immer schließen, bekannt, den es in Österreich kaum mehr die Sprache unserer slowenischen Mit- den Weg allen Fleisches gehen und schließ- gibt. Aber es gibt auch einige Redewen- bürger. lich die Uhr ist abgelaufen bzw. die letzte dungen wie mit dem Tode ringen (von Die im ganzen deutschen Sprachraum Stunde (bzw. das letzte Stündlein) hat schwerst Erkrankten), oder metaphorisch verbreitete Redewendung das Zeitliche geschlagen. jemanden um den Tod schicken, das heißt segnen ist seit dem 17. Jahrhundert bezeugt Als saloppe Redewendungen können vergeblich um etwas bitten – dahinter und hat ihren Ursprung darin, dass sich gesehen werden daran glauben müssen, steckt die Wunschvorstellung, dass der nach alten Vorstellungen der Sterbende die letzte Fahrt antreten, in die Grube fallen eigene Tod noch lange ausbleibt. Scherz- auf seinen Tod vorbereitet, um von der (bzw. fahren), die Radieschen (auch Erd- haft ist die weit verbreitete Redensart „Zeitlichkeit“ (der irdischen Welt) äpfel) von unten ansehen/anschauen (bzw. Gratis ist nur der Tod und der kostet's Leben. Abschied zu nehmen, indem er um Gottes betrachten), den Löffel abgeben, eher derb Auch er ist dem Tod von der Schaufel (oder Segen bittet. Der eigentlich Segnende ist sind u.a. dahingerafft werden, krepieren, Schippe) gesprungen, wenn das Ringen mit

12 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Valentin Oman, „Denkmal : Deportation!“, Klagenfurt/Ebenthal, ca. 325 x 150 cm, 2005-2012. Foto: Ernst Peter Prokop ge.denk.kultur eine Erinnerungskultur „Jeder ist ein letzter Zeuge für Dinge, Menschen, Erlebnisse, die mit ihm unweigerlich verschwin- den werden … Eine Vergangenheit, die nicht mehr erinnert wird, gibt es nicht“, schreibt Rüdi- ger Safranski im Buch Zeit – Was sie mit uns macht und was wir aus ihr machen. Jedes Gedenken ist an die Zeit gebunden, jeder Mensch mit seiner individuellen Zeit bildet eine Astrid Pazelt (siehe auch DIE BRÜCKE-Seiten 17 und 26), Fastentuch mit Totentanz, aus Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. der Teurniaserie 2011, Acryl auf altem Tuch, 220 x 130 cm | Inspiriert vom Bodenmosaik Gelegentlich wird die Eigenzeit zur Kollektivzeit, der Begräbniskirche in Teurnia, entwickelte die Künstlerin eine Abstraktion eines wenn ein Leben von der Gesellschaft als beson- Mosaikmotives, einem Schachbrett ähnlich, in den Farben Schwarz, Weiß und Rot. Die ders hervorragend erachtet und z. B. mit einem Botschaft aus der Antike hat Astrid Pazelt in die Gegenwart geholt, sie mit dem Thema Ehrengrab bedacht wird, in welchem Heroen Totentanz verbunden und künstlerisch zu deuten versucht. Foto: Michael Koschutnig Giselbert Hoke, Detailansicht aus Giselbert Hokes Fresko Totentanz, 1953, in der einer Gesellschaft gebettet werden. Bazon Aufbahrungshalle des Villacher Waldfriedhofes. Foto Joachim Krenn Brock freilich spricht von den Müllmännern als Wolfgang Walkensteiner, OGU, Eitempera auf Leinen, 2012. Foto: Sammlung Liaunig den wahren Helden des Alltags. Nach der Schockstarre des 2. Weltkriegs begann die Aufarbeitung der NS-Gräuel, wovon eine Reihe von Mahnmalen zeugt (2005 Holo- caust-Mahnmal von Peter Eisenman, Berlin | dem Tode von Erfolg gekrönt war. bersegnung und Totengedenken auf allen 2012 Deportationsdenkmal von Valentin Oman, Rund um den Allerseelentag sind in den Friedhöfen zur Erinnerung an die verstor- Ebenthal Klagenfurt). Schon 1950 wurde auf Alpenländern zahlreiche Volksbräuche benen Verwandten und Freunde. Relativ der slowenischen Seite des Loiblpasses/Ljubelj entstanden, die weitgehend in Vergessen- jung ist der Brauch, Kreuze an Stellen ein Denkmal für die Opfer des KZ Mauthausen heit geraten sind. Diese Allerseelenbräu- tödlicher Verkehrsunfälle aufzustellen. errichtet, die für den Tunnelbau zwangsver- che drehten sich im Wesentlichen um das Sie erinnern an die Verunglückten und pflichtet wurden. Boris Pahor beschreibt im Motiv der Stellvertretung der „armen mahnen die Autofahrer an entsprechende 1967 erschienen Werk Nekropola die fünfzehn Seelen“ durch Dienstboten, Arme und Umsicht im Straßenverkehr. Vermehrt Monate, die er in fünf Konzentrationslagern überlebte und stellt die Frage, was unter men- Bettler, später dann durch Kinder und kann man auch dauerhaft aufgestellte und schenunwürdigen Umständen überhaupt eine Jugendliche, die bei Heischegängen Almo- gepflegte Kreuze an Unfallstellen beob- Sünde sei? sen, erst Naturalien, später Geldspenden, achten. Doch wie und wie lange muss erinnert werden? einsammelten. In Vergessenheit geraten Einerseits sind viele alte Allerheiligen- Die Literaturwissenschaftlerin und Holo- sind auch die Gebildbrote, die zum Toten- und Allerseelenbräuche in Vergessenheit caustüberlebende Ruth Klüger hat in ihrer Auto- gedenken verteilt wurden, die Allerheili- geraten, andererseits ist einer davon über biografie die Eignung von Erinnerungsstätten gen- und Allerseelengebäcke wie z.B. die Umwegen wieder neu erstanden: Hallo- als Lernorte und Museen bestritten. Sie ver- Bettlerkrapfen oder Allerheiligenstriezel, ween mit seinen Kürbisfesten und wehrt sich gegen „Pathos und Kitsch“, die den die in Zopfform gebacken wurden. Der Gespensterpartys usw. Der Name beruht Blick auf die Realität verstellen und den Opfern Volkskundler Günther Biermann nennt auf englisch All Hallows’ Eve, ist also der nicht gerecht werden. Martin Walser sprach für Unterkärnten die Hadnnickl, das sind Abend vor Allerheiligen. Dieser Brauch sich gegen die Ritualisierung von Gedenktagen Brote aus Heidenmehl, Honig, Milch und war ursprünglich vor allem im katholi- aus, denen er lediglich die Qualität des „Lippen- Mohn. Sie sind heute nur mehr zu Weih- schen Irland verbreitet und wurde von gebets“ zubilligt. Was also tun? Den 10. Okto- nachten üblich (slowenisch hejdovec oder irischen Einwanderern in die USA ber abschaffen, alle Kriegs- und Partisanen- miznjak). In Osttirol waren bis vor kurzem gebracht, wo sie ihre Bräuche in Erinne- denkmale entsorgen? Läuten wir ein Ende der am Allerheiligentag noch die „Krapfen- rung an die Heimat weiterpflegten. Erinnerungskultur ein? Vieles ist auf die Vergan- schnapper“ unterwegs – Kindergruppen, ● Heinz-Dieter Pohl genheit bezogen, kaum wo gibt es Zeugnisse die von Haus zu Haus gingen, wobei sie * 1942 in Wien, Univ.-Prof. für Allgemeine und Diachrone des „Herzensgebetes“ eines neuen Europa. Sprachwissenschaft an der damaligen Hochschule für ● Karl Vouk Süßigkeiten, Salzgebäck und in Fett her- Bildungswissenschaften und heutigen Alpen-Adria-Uni- ausgebackene Krapfen erhielten. Sie versität Klagenfurt, Ruhestand seit 2007, doch weiter in * 1958 in Klagenfurt/Celovec, Studium der Architektur an der der Forschung tätig (in der Lehre bis 2013). Forschungs- Akademie der bildenden Künste in Wien, freischaffender bedankten sich mit dem Spruch „Vergelt's schwerpunkte: Orts- und Flurnamenforschung, deutsch- Künstler, Kurator und Textautor, Ausstellungen und Projekte in Österreich, Slowenien und Deutschland. Info: www.vouk.at Gott tausendmal für die armen Seelen!“ slowenischer Sprachkontakt, Dialektologie, Sozio- linguistik, Österreichisches Deutsch. Am Tag vor Allerseelen ist das „Fest aller Heiligen“ – Allerheiligen – mit Grä-

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 13 Erinnerungsarbeit und Opfergedenken Fortschritte und Rückschläge im Umgang mit der Erinnerung an die KZ-Opfer vor der eigenen Haustüre.

„Die Vergangenheit nicht zu kennen heißt, des SS-Gauleiters Friedrich Rainer in Beispiel: Während für die im sich selbst nicht zu begreifen“. Klagenfurt. Der äußerste Kreis der Hölle Loibl-KZ ermordeten Häftlin- reichte weit in die besetzten Gebiete von ge, deren Leichen unter freiem Friaul und Slowenien, in denen der „Chef Himmel auf einem Scheiterhaufen ver- Junge Loibl-Guides. Die Erinnerungsini- der Zivilverwaltung“, Friedrich Rainer, brannt wurden, bis heute keine sichtbaren tiative „Mauthausen Komitee Kärnten / mit aller Brutalität den antifaschistischen Gedenkzeichen gesetzt wurden (immerhin Koroška“ organisiert die jährlichen inter- Widerstand der Bevölkerung unter- sind seit 25 Jahren die Namen von 36 nationalen Gedenkveranstaltungen beim drückte und die NS-Verfolgungsmaßnah- Loibl-KZ-Opfern bekannt), gibt es an der ehemaligen KZ-Loibl-Nord sowie die Aus- men nebst der „Germanisierung“ des Mauer der nahen Kirche St. Leonhard im bildung junger Menschen zu „Loibl-Gui- Landes mit der Rücksichtslosigkeit eines Loibltal schon seit langem eine Namens- des“. Diese Bildungsinitiative befähigt die deutsch-österreichischen Herrenmen- tafel für die im 1. und 2. Weltkrieg gefal- Guides nicht nur dazu, qualifizierte Beglei- schen vorantrieb. lenen Soldaten. tungen am authentischen Ort anzubieten, Fehlendes Gedächtnis der Gesell- Die Überlebenden und die Nachkommen sondern auch auf die Lebensweltproble- schaft. Wie wir heute wissen, hat keiner der in den Konzentrationslagern, Eutha- matik von jungen Menschen einzugehen, der Mauthausen-Häftlinge freiwillig das nasieanstalten, Gestapogefängnissen und die heute nicht selten selbst mit Ausgren- Tor des Lagers durchschritten. Die meisten auf den Erschießungsstätten ermordeten zung, Nationalismus, Sexismus und All- von ihnen gaben die Hoffnung nicht auf, Männer, Frauen und Kinder, wissen tagsrassismus konfrontiert sind. Die the- dass ihre Widerstandskraft ausreichen zumeist gar nicht, wo sie würdige Orte oretischen Kenntnisse, die diesen würde, das Martyrium zu überleben. Für für ihre Trauer vorfinden und wo sie ihrer Lernprozessen das notwendige Fundament viele kam dann das Kriegsende am 8. Mai Vorfahren gedenken sollen. Was die Fami- geben, werden unter wissenschaftlicher 1945 zu spät. Aber auch für die KZ- lien der nachkommenden Generationen Anleitung erarbeitet. Ein Beispiel: Gegen- Überlebenden wurde die NS-Zeit nie zu aber ganz grundsätzlich vermissen, ist wärtig arbeiten wir an einer topografi- einer Vergangenheit, die spurlos verging. das „Gedächtnis der Gesellschaft“. Und schen Verortung der mehrfachen tödlichen Dafür sorgte schon die Nachkriegsgesell- das ist in der Tat bemerkenswert: Für alles Einkreisung jener Mauthausen-Häftlinge, schaft, die bereitwillig die ehemaligen und für jedes wird in Kärnten ein Bekennt- die sich in den beiden Konzentrationsla- Täter integrierte, die Spuren an den Tat- nis gefordert: ein Bekenntnis zur Heimat, gern Loibl-Nord und Loibl-Süd von 1943 orten verwischte und sich der „fremden zur Volksgruppe, zum Abwehrkampf, zum bis 1945 zu Tode schufteten. Der innerste Toten“, der NS-Opfer, in der unwürdigsten 10. Oktober, zum Bundesheer, zum Grenz- Kreis der Hölle war von einem doppelten Form entledigte – für sie gab es nur ano- schutz, zur Militärmusik, zum GTI-Treffen, Stacheldrahtzaun umgeben. Der mittlere nyme Massengräber – während der eige- … Ein öffentliches Bekenntnis dahinge- umschrieb den Bereich des Kärntner NS- nen „Heldensöhne“ auf Namenstafeln und hend, dass die „fremden Toten“ vom Loibl Hoheitsgebietes mit der Terrorzentrale Kriegerdenkmälern gedacht wurde. Ein auch „unsere“ Mordopfer waren – wenn-

14 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Reste von Fundamenten am Gelände des ehem. Loibl-KZ-Nord. Die Steine hätten zwar viel zu erzählen, aber sie sprechen nicht. Das müssen wir tun. Ruine eines Kamins am ehemaligen KZ-Gelände Loibl Nord. Modell einer großen Gedenkinstallation des japanisch-deutschen Künstlers Seiji Kimoto (www.kimoto.eu). Die Realisierung ist für 2018 beim Loibl-Tunnelportal auf der Nord- und Südseite geplant. Gedenkveranstaltung 2016: Unsere „Ortstafel“, behängt mit einem von Manfred Bockelmann gezeichnetem Häftlingsportrait. Fotos: Peter Gstettner

gleich ihre Mörder vielleicht auch aus- chen vor der eigenen Haustüre und die Knochen der NS-Opfer. Ich erachte es schließlich „deutsche“ Nazischergen und Weigerung, die Verantwortung für die deshalb als unwürdig, wenn heute die keine der unsrigen „Heimattreuen“ waren, Aufklärung und die Erinnerungsarbeit zu Nachkommen von Opfern und Tätern die ja angeblich am Eismeer oder vor übernehmen. Zum anderen, die schlei- öffentlich gemeinsame Versöhnungsritu- Stalingrad „unsere Heimat“ verteidigt chende und harmlos daher kommende ale feiern und dies als Beweis für die haben – fehlt. Wiederbetätigung in Form herzeigbarer eigene Großzügigkeit in Sachen Vergan- Bruch mit dem verordneten Geschichts- Symbole der Naziherrschaft und in Form genheitsbewältigung ansehen. bild. Dieses Versäumnis ist umso erstaun- der Wiederbelebung der so genannten Der bekannte Holocaustforscher Raul licher, da doch gerade in Kärnten in den Täter-Opfer-Umkehr. Waren nicht doch Hilberg hat einmal gesagt: „Die Vergan- letzten 25 Jahren im Bereich der Erinne- alle Österreicher „das erste Opfer“ Hitlers? genheit nicht zu kennen heißt, sich selbst rungskultur beachtliche Fortschritte Und war nicht Kärnten gleich ein „dop- nicht zu begreifen“. Der Wunsch, sich erzielt wurden. Die Erinnerungsarbeit hat peltes Opfer“? Erlitt nicht Kärntens hei- selbst zu begreifen, ist nur zu erfüllen, eine Breitenwirkung erzielt, die noch vor mattreue Bevölkerung „unter Hakenkreuz wenn man bereit ist, den mühevollen Weg einer Generation undenkbar war. Es gab und Titostern“ ein zweifaches Martyrium? der Arbeit an der Erinnerung zu gehen. zwar keinen Quantensprung, aber doch Da gesagt wird, dass zumindest im Tode Und jeder Schritt, den man in dieser den gelungenen Start eines Hürdenlaufs: doch alle „gleich“ sind, die Täter und die Richtung unternimmt, führt unweigerlich Vielen Angehörigen der jüngeren Gene- Opfer jetzt ununterscheidbar wären, könn- zu dem Wunsch, auch die gesellschaftli- ration wurde bewusst, dass mit der Tra- ten sich die Nachkommen doch über die chen Zusammenhänge zu begreifen, aus dition des braven Befolgens der vorge- Gräber der Vorfahren hinweg versöhnend denen immer wieder Gewalt entsteht – schriebenen Erinnerungspolitik und des die Hände reichen und ein unbefangenes, auch die Gewalt, die wir den Opfern antun, von oben verordneten Geschichtsbildes gemeinsames Totengedenken zelebrieren. wenn wir sie verschweigen, wenn wir sie gebrochen werden muss, damit die unhin- Wer sollte sie daran hindern? Die eigene namenlos machen und „vergessen“ oder terfragten Rituale vor den Kriegerdenk- Vernunft tut es nicht. Und die Toten haben wenn wir sie mit den „ehrbaren“ Kriegs- mälern als ein gesellschaftliches Problem, ja keine Stimme mehr, um dieser Stellver- toten vermischen. rückführbar auf einen falschen Opferbe- treteranmaßung Einhalt zu gebieten. ● Peter Gstettner griff, erkannt werden. Die Folgen dieser Auffassung sind fatal: * 1945 in Niederösterreich, Studium der Psychologie und Erziehungswissenschaft in Innsbruck, 1981-2004 Hürdenlauf & Täter-Opfer-Umkehr. Diejenigen, die die NS-Vergangenheit auf Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Zudem lassen gegenwärtig zwei Umstän- diese Weise für „bewältigbar“ halten, Klagenfurt, gründete 1994 das Mauthausen Komitee Kärnten/Koroška und den Verein Memorial Kärnten de die ohnehin verschlungenen Wege der vernebeln die gerade erst wieder mühsam Koroška. loibl-memorial.uni-klu.ac.at | Erinnerungsarbeit zu einem „Hürdenlauf ins Bewusstsein gehobene Unterscheidung www.memorial.at/memorial gegen die Zeit“ werden. Einmal, das zwischen den Kriegstoten in den „Helden- beharrliche Verschweigen der NS-Verbre- gräbern“ und den unwürdig verscharrten

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 15 Auf der Nordseite der Erinnerung Rede im Rahmen der diesjährigen Gedenkveranstaltung des Mauthausen Komitees Kärnten/Koroška auf dem Appellplatz des ehemaligen KZ-Areals Loibl Nord.

Die Ermordeten ließ man am Wegrand liegen. Sie haben kein Grab. Wenige Meter vom Lager entfernt erinnern die steinernen Skulpturen des Künstlers Georg Planer an sie. In Form ehemaliger, zerschlagener Straßensteine liegen sie in dem gedachten Gräberfeld auf einer Verkehrsinsel im Gras. Foto: Siegmund Kastner

Zunächst ist das Südlager im Straßensteine liegen sie in dem gedachten dort, wo Wachtürme errichtet werden, Juni 1943 gebaut worden. Vom Gräberfeld auf einer Verkehrsinsel im diese Wachtürme im Auge zu behalten. Südlager aus sind die Häftlinge Gras. Sie sind alle defekt, aber jeder dieser Und darauf aufmerksam zu machen, wenn jeden Tag in Arbeitskommandos über die Steine ist anders, ist eigen, und so erhalten wieder daran gedacht wird, Grenzen dicht alte Straße in den Norden getrieben wor- die Einheitshäftlinge mit ihrer Einheits- zu machen und Mauern zu errichten, vor den, oder mit LKWs, haben das Gelände kleidung noch einmal die Individualität Menschen, die vor Terror und Not auf der geholzt, terrassiert und das Lager gebaut. zurück, die ihnen mit den Nummern, Flucht sind. Auch die Verpflegung wurde während des durch die Kleidung und durch die willkür- Hinsehen oder Wegsehen, beides sind Baus des Nordlagers im Südlager bereit- liche Austauschbarkeit ihres Schicksals wir, und die Entscheidung darüber ist gestellt, auf der Südseite. Es gab einen geraubt worden ist. immer auch eine Entscheidung über uns riesigen Suppenkessel aus Eisen, den vier Durch Partisanen sind einundzwanzig selbst. Die Geschichte ist hörbar, und sie Häftlinge getragen haben, die alte Pass- Fluchten gelungen. ist teilbar, sie ist mitteilbar, sie spricht Straße hinauf und auf der nördlichen Auf all dem wuchs nach dem Krieg ein sich uns zu. Sie erzählt davon, wozu wir Seite herunter, auch im Winter, nach dichter Wald, fünfzig Jahre und mehr, und fähig sind, wozu wir auch fähig sind. Und Möglichkeit alles im Laufschritt, so dass es wurde vergessen, was war. Auf der sie erinnert mich an den dichten Wald in sie ungefähr um Mittag im Nordlager Südseite hat man nicht aufgehört, sich zu mir selbst, den es ständig aufs Neue zu waren. Dann wurde die Suppe ausgegeben, erinnern. Auf der Südseite blieb die Erin- lichten gilt. und mit dem leeren Kessel sind sie wieder nerung wach.1995 setzte das Erinnern Die verschwiegene Form der Geschichte zurück. Die äußere Postenkette verlief auch auf der Nordseite ein, und in den wächst in uns ein, sie wuchert und kapselt großräumig um die gesamte Baustelle Jahren seither wurde eine Lichtung um sich ab, um irgendwann aufzubrechen und einschließlich des Lagers, die innere Pos- die andere in diesen Wald des Vergessens von neuem virulent zu werden. Doch im tenkette um den Kernbereich der Baustel- geschlagen. Der Blick ist dabei nicht in Wissen-Wollen, im Zuhören und im Dar- le. Alle fünfzehn oder zwanzig Meter die Vergangenheit gerichtet, sondern mit- über-Reden öffnet sie sich und wird kennt- standen SS-Wachen. Die Verbindung, die ten ins Leben, ins Zentrum dessen, was lich, so unbegreiflich sie im Letzten wohl Linie zwischen ihnen war eine gedachte unsere Gesellschaft im Innersten aus- auch immer bleiben wird. Todeslinie. Jeder Häftling, der diese macht. Ist es doch immer auch die Gegen- So viel in den Jahren seit 1995 nun auch gedachte Linie zwischen zwei Posten wart, die zutage tritt, mit ihren Fragen an auf der nördlichen Seite des Loibl in dieser überschritten hat, wurde erschossen. Es das Heute und Jetzt. Wie umgehen mit Hinsicht geschehen ist, so viel ist noch zu gab regelmäßig Häftlinge, die haben eine dem, was uns umtreibt, mit den gesell- tun, es ist immer noch erst der Anfang Markierung bekommen, am Rücken, die schaftlichen Gegebenheiten und Entwick- einer Erzählung, die „Erinnerung“ heißt, vielleicht denunziert worden sind, dass lungen, auf die Antworten zu finden sind, und für die es kein Ende geben kann. sie zu langsam arbeiten, oder dass sie und die sich durchaus auch als Möglich- Die Häftlinge, die das Lager überlebt Gerät beiseite geschafft haben. Denen keiten herausstellen können, und als haben, aus der Erinnerung daran, was wurde in der Früh hinten ein roter Fleck Chance, und nicht immer nur als die ihnen widerfahren ist, wurden sie wohl aufgenäht, was für die Wachen bedeutete, Bedrohung, als die sie zunächst vielleicht nie befreit, wer hätte das leisten können, der darf am Abend nicht mehr lebend erscheinen mögen. außer vielleicht sie selbst. zurück. Die Meldung nach Mauthausen Es geht darum, Position zu beziehen, und Und doch ist dieser Ort immer auch ein lautete „auf der Flucht erschossen“, eine das Fundament dafür, ein Fundament dafür Ort der Befreiung, der Überwindung des- Standardmeldung, meist mit einer Skizze findet sich hier am Appellplatz am Loibl, sen, was war und was ist. So soll auch an in der Art einer Kinderzeichnung, die denn auch von diesem Ort aus, und vom die gedacht werden, die diese Befreiung Bäume, der Weg, und die Wachen, und Schicksal der Menschen hier ausgehend, gebracht haben, an den Widerstand, an zwischen den Wachen der „Fluchtweg“ – ist auf die heutigen Herausforderungen die, die sich für die Befreiung und für die strichliert. einzugehen, aus dem Wissen oder doch Freiheit eingesetzt haben und einsetzen Die Ermordeten ließ man am Wegrand immerhin aus dem Wissen-Wollen um das und für den Dialog, für das Miteinander, liegen, zur Abschreckung, wie es hieß. Auf Damals und Jetzt. an die Hilfsbereiten und an die Helfenden Scheiterhaufen wurden sie dann ver- Unsere Erfahrungen mit Ausgrenzung heute und jetzt. brannt. Sie haben kein Grab. Wenige Meter und Absonderung von Menschen aus der ● Alois Hotschnig vom Lager entfernt erinnern die steinernen Gesellschaft sollten uns hellhörig dafür * 1959 in Berg im Drautal, lebt als freier Autor in Innsbruck, wurde bereits vielfach ausgezeichnet – Skulpturen des Künstlers Georg Planer gemacht haben, Tendenzen dieser Art u.a. erster Preisträger des Gert-Jonke-Preises 2011. an sie. In Form ehemaliger, zerschlagener schon in ihren Ansätzen zu erkennen, und

16 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Foto: Adrian Hipp | © Kulturabteilung der Stadt Villach Astrid Pazelts Künstlerbuch „Villacher Totentanz“ beschäftigt sich mit den Opfern der NS-Zeit. Das Buch ist ein Unikat (42 x 31 cm), die 32 Seiten sind aus Leinwand geschnitten und mit Acrylfarbe bearbeitet. Das Buch wird als ein Stück Kunst im öffentlichen Raum vor dem Dinzlschloss in Villach dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich gemacht – Eröffnung im Rahmen der Langen Nacht der Museen am 7. Oktober.

10 11 Lass dich heimgeigen, Vater oder Den Tod ins Herz mir schreibe

Vorauszuschicken ist: Josef Winklers dass sein Kärntner Landsmann Odilo der Menschen und Tiere anreichert. Immer jüngstes Werk, ein Burgtheater-Auftrags- Globocnik, als Leiter der „Aktion Rein- wieder an den Grenzen des Sagbaren legt stück, das im November im Wiener Kasi- hardt“ für den planmäßigen Massenmord Josef Winkler den Finger in Kriegswunden, no am Schwarzenbergplatz uraufgeführt am jüdischen Volk verantwortlich, nach schraubt, stampft und gräbt sich in Grün- und im kommenden Frühling als erwei- seinem Zyankali-Selbstmord während der de und Abgründe, um mit der Wut der terte Fassung unter dem gleichnamigen Festnahme von britischen Soldaten bei Verzweiflung das Skelett des Massenmör- Titel als Roman bei Suhrkamp erscheinen Nacht und Nebel in den Sautratten ver- ders ans Licht zu zerren, das im gemein- wird, muss für Aufsehen und Aufruhr scharrt worden ist, ausgerechnet in jenem schaftlichen Nährboden nach den Schick- sorgen, und nicht – jedenfalls nicht nur am Kameringer Ortsrand gelegenen salen der Lebenden greift. Was mit der – im Hinblick auf Sprache und Weise, Gemeinschaftsfeld, auf dem auch die Anklage des Vaters beginnt, wird so zur sondern auch was die Geschichte betrifft. bäuerliche Familie des Autors Getreide martialischen Achterbahnfahrt durchs Obwohl die Grundelemente des Winkler- und Mais anbaute, bricht es aus ihm her- Dämonium einer von Sprechtabus und schen Sujets beibehalten werden – wieder aus. In einem nicht enden wollenden Halbwahrheit geprägten Dorfgemeinschaft. ringt er mit dem Vater, wieder deliriert Wortanfall speit er dem Vater, der wie die Radikaler denn je wird uns das wilde er sich in einem Wort(voll)rausch hinter anderen Dorfleute Zeit seines Lebens kein Kärnten vor Augen geführt. Weil Josef die Kulissen seines Heimatdorfs Kamering Sterbenswort über den im Acker vermeint- Winkler mit Odilo Globocnik nicht nur die zurück, wo er sich in gewohnter Manier lich für immer zum Verschwinden Tragödie einer Familie und eines Dorfes einmal als teilnehmender, ein andermal gebrachten NS-Verbrecher verlor, seinen ausgräbt, sondern die belastete Geschich- als teilnahmsloser Beobachter unter das Ekel über das vom Leichengift des Mas- te eines ganzen Landes, in dem die unheil- schon in früheren Arbeiten ein- und vor- senmörders entheiligte täglich Brot vor volle Aura vertuschter Opfer- und vor geführte Personal mischt –, lässt sich nach die Füße. Der wiederholte Versuch, das allem Täterorte immer noch wirkt. So den ersten drei Sätzen erahnen, dass es Verschweigen des Vaters gewaltsam zu gesehen ist Lass dich heimgeigen im zwei- diesmal keine gewöhnliche Heimkehr ins knacken, begegnet uns mit Blick auf den fachen Sinn die Geschichte einer Heim- wahrscheinlich literarisch bestdokumen- schon im Ackermann aus Kärnten ange- Suchung. tierte Dorf Österreichs (© Klaus Kastberger) führten väterlichen Zuruf Red oder scheiß ● Anna Baar ist. Lieber Vater! Böser Vater! Warum hast Buchstaben in einer tragischen Gegensei- * 1973 in Zagreb, Kindheit und Jugend in Wien, Kärnten und Dalmatien, lebt in Klagenfurt, Schrift stellerin, im Juli du geschwiegen?, poltert er da los, und es tigkeit. Jetzt dreht der Sohn den Spieß erschien ihr zweiter Roman „Als ob sie träumend gingen“. klingen die Kreuzesworte Christi an: Mein eben um, stochert wie besessen im Acker- Gott, mein Gott, warum hast Du mich ver- boden der Sautratten, in dem das Böse Burgtheater Wien: Josef Winkler – Lass dich heimgeigen, Vater lassen?. wächst und gedeiht, sich – ach, wie gut, oder Den Tod ins Herz mir schreibe. Als der Büchnerpreisträger fast dreizehn dass niemand weiß – in Roggen, Weizen Uraufführung am 10. November Jahre nach dem Tod des Vaters erfährt, und Mais und schließlich in den Körpern www.burgtheater.at

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 17 Elisabeth Helland Larsen: Marine Schneider „Das Leben und ich“. Foto: Verlag Kleine Gestalten, 2016 Peter Schössow: „Gehört das so??!“ Foto: Carl Hanser Verlag Wolf Erlbruch: „Ente, Tod und Tulpe“, Verlag Antje Kunstmann. Foto: Wolf Erlbruch

„Wie ist das, wenn man tot ist?“ Der Tod im Kinderbuch. Kinder begegnen den Themen Tod und Sterben auf vielfältige Weise. Kinderbücher, insbesondere Bilderbücher, können ihnen bei eigenen schmerzlichen Verlusterfahrungen helfen, den Tod zur Sprache zu bringen.

Wie lässt sich der Tod Kindern gegen- gestalterische Anspruch ist hoch, die haben. Gelingt es dem Buch, die Norma- über überhaupt formulieren? Erwachse- Themenpalette umfassend. „Schwierige lität des Sterbens zum Ausdruck zu brin- ne neigen dazu, ihnen die Auseinander- Themen“ wie Tod und Verlust werden gen, kann es eine tiefere und innigere setzung mit dem Thema ersparen zu nicht mehr ausgeklammert. Ein qualitäts- Beziehung zur Wirklichkeit herstellen und wollen, obwohl Kinder unverkrampft und volles Bilderbuch ist im besten Fall dazu Kindern den Tod als einen Teil des Lebens mit einer gewissen Neugierde an den Tod geeignet, sich gemeinsam mit Kindern begreiflich machen. herangehen, selbst in Trauersituationen. dem Tod allgemein zu nähern, sie auf das ● Andrea Kirchmeir Sie haben unterschiedliche und berech- Thema vorzubereiten und in Verlustsitu- als Religions- und Museumspädagogin mit kunsthistori- schem Hintergrund sowie als dreifache Mutter täglich tigte Fragen zum Sterben und zum Tod. ationen zu trösten. Dabei gilt es, das Kind mit Kindern und Jugendlichen unterschiedlichen Alters Wichtig ist, sie einzubeziehen und sie mit seinen individuellen Bedürfnissen in befasst.

durch sachliche, kindgerechte Erklärun- den Blick zu nehmen und sich für den chneider chneider gen zu informieren. Parallel dazu bedarf situativ richtigen Zugang zu entscheiden. s Das Leben und ich eine Geschichte über den tod elland Larsen & Marine h elisabeth helland Larsen es emotionalem Rückhalt, wodurch Kinder Bilderbücher zu Tod, Verlust und Trau- Marine schneider lisabeth e

erfahren, dass ihre Gefühle wahr- und er sind in ihrer Herangehensweise sehr ernstgenommen werden. Hilft man ihnen, facettenreich. Sie rücken generell das ihre mitunter sprunghaft wechselnden Unfassbare und Endgültige am Tod in den Das Leben und ich Gemütsbewegungen in solchen Ausnah- Mittelpunkt ohne in Stereotype abzuglei- mesituationen in Worte zu fassen, lernen ten und versuchen, für Kinder klare sie, ihre eigenen, irritierenden Emotionen Worte zu finden. Denn die Benennung der Elisabeth Helland Larsen, Marine Schneider: zu verstehen, einzuordnen und auszudrü- Geschehnisse und Emotionen ist heilsamer Das Leben und ich. Eine Geschichte über den Tod cken. Wenn Eltern ihre eigenen Glaubens- als das Nichtausdrücken, das belastende Verlag Kleine Gestalten, 2016 | 14,90 Euro einstellungen vermitteln, sollten sie dabei Situationen nur verschlimmert. Die große ISBN: 978-3-89955-770-1 Bedacht darauf nehmen, den Tod als etwas Vielfalt in dem Genre – ob sachlich, sen- Zum Buch: Das Buch lebt von den Erfahrungen Natürliches, zum Leben-Gehörendes zu timental, humorvoll oder skurril – unter- der Autorin, die seit 20 Jahren als Clown in charakterisieren. Schonend gemeinte streicht die aktuelle pädagogische Haltung: Kinderhospizen auftritt. Behutsame, kindlich- träumerische Illustrationen lassen einen Umschreibungen, die die Endgültigkeit Kindern muss ihr eigener Trauerweg weiblichen Tod durch eine Welt sanfter Schönheit des Todes herunterspielen, wecken mit- zugestanden werden! Viele Bücher bein- ziehen. Mit ehrlicher, zugleich poetischer Sprache unter falsche Vorstellungen und Ängste. halten autobiografische Züge und zeigen holt das für Kinder ab 4 Jahren empfohlene Fördert man eine altersgemäße Ausein- persönliche Wege auf, mit Tod und Trau- Bilderbuch den Tod zurück ins Leben. Es spiegelt eine unbekannte Welt wider bzw. entfaltet eine andersetzung mit dem Thema, was auch er umzugehen. Sie spiegeln die vielschich- neue, durchaus hoffnungsvolle Sicht der spielerisch und nonverbal erfolgen kann, tigen Empfindungen in solchen Situatio- Wirklichkeit, wo Tod und Leben Teile eines so zeigt man dem Kind Möglichkeiten auf, nen und erzählen lebensnah bis umfassenden Ganzen sind. zu lernen, mit dem Tod umzugehen. ungeschönt, liebevoll bis lustig-befreiend, Kinderbücher zielen heute auf die ohne pädagogisch zu erklären. Skizzen- DIE BRÜCKE VERLOST kindliche Autonomieentwicklung. Sie hafte Illustrationen fangen mehr das zwei Exemplare Es gewinnen die ersten zwei E-Mail- wollen weniger erziehen, als fördern und Ganze ein, als dass sie Einzelheiten preis- SchreiberInnen an: [email protected] unterhalten. Bilderbücher nehmen nach geben. Freundliche Farben strahlen Wär- Als Betreff „Das Leben und ich“ und im E-Mail wie vor eine zentrale Rolle in der Kinder- me aus und verdeutlichen jene Bindungen, bitte Ihren vollständigen Namen sowie Ihre Postadresse angeben. Der Rechtsweg ist kultur ein und prägen das Literaturver- die in Form von Erinnerungen über ausgeschlossen. ständnis von klein auf. Ihr literarisch- schmerzhafte Erfahrungen hinaus Bestand

18 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Tod in der Kärntner Literatur

Ruth Hanko, Ohne Titel, Holzschnitt 59 x 42 cm, 2011. Foto: Ferdinand Neumüller

Der Tod ist, wie in der Literatur du so schön“ (in: Die Bettler- dem Kontrast von Tod und Leben eine der im Allgemeinen, so auch in der schale, 1956), imaginiert das wohl augenfälligsten Gestaltungen zuteil- Kärntner Literatur ein häufiges, lyrische Ich den Tod als schüt- werden lassen und das Tragen des verun- um nicht zu sagen allgegenwär- zendes Obdach. Doch nicht fallten römischen Jünglings Piccoletto tiges Thema. Die folgenden Beispie- immer ist es die erlösende Kom- durch das bunte, pralle Marktgeschehen le können also nur (subjektive) Auswahl ponente, die Lavant in den Vorder- gleichsam als filmisches Gemälde insze- und Versuch einer Gewichtung sein, die grund stellt, vielfach sind auch Vorstel- niert, als Grablegung oder Pietà, bei der einen Eindruck von der Vielfältigkeit der lungen vom Tod der Eltern, oder Schönheit und Schrecken unauflöslich literarischen Darstellung des eigentlich abstrakter, von der Erfahrung des Ver- miteinander verbunden sind. Unsagbaren und Unbegreiflichen vermit- waist-Werdens auch im Sinne eines all- Vom Tod bzw. vom Ende her motiviert teln sollen. umfassenden Verlassenheitsgefühls, vor- sind vielfach auch die Texte Alois Hotsch- Ingeborg Bachmann (1926-1973) hat herrschend. nigs (1959). Mit seinem Erzähldebüt „Aus“ bekanntlich ihr Spätwerk als „Todesarten“- Florjan Lipuš‘ (geb. 1937) literarisches (1989) nimmt eine sprachliche Distanzie- Projekt begriffen. Gemeinsam ist den Schaffen steht insgesamt unter dem Ein- rung als Befreiung ihren Anfang. Ausgelöst Texten die Darstellung der vernichtenden druck der Deportation und Ermordung der durch den Tod des Vaters, versucht der Dimension von Faschismus im politischen Mutter durch die Nationalsozialisten. In Sohn die erfahrene Gewalt und Demüti- wie im privaten, zwischenmenschlichen seiner jüngsten Publikation, „Mirne duše“ gung auf- und abzuarbeiten, indem er den Bereich. Das utopische Moment einer (2015), deutsch „Seelenruhig“ (Jung und Vater gleichermaßen durch das Erzählen Hoffnung, das Bachmann von Anfang an Jung 2017), erzählt der Autor von der Welt sterben lässt und begräbt. In späteren und beharrlich der destruktiven Kraft der Kindheit und Jugend und führt dabei Werken weicht die Vehemenz subtileren entgegensetzt – „zugrunde gehen“, heißt eindringlich vor Augen, dass das Heran- Konstellationen, der Tod und die damit bei ihr auch den Dingen auf den zu Grund wachsen und das Leben insgesamt mit verbundene Auseinandersetzung mit gehen –, erscheint vor diesem Hintergrund Grenzerfahrungen und Initiation mit Ver- einem Erbe bleiben aber bestimmend. auch als Überlebensstrategie. lust und dessen Überwindung einhergeht:. Elke Laznia (geb. 1974) nähert sich dem Robert Musil (1880-1942) hat, um eine „Die Toten werden zu Brücken, über die er Thema Tod in Andeutungen und zielt auf Brücke zur ersten fundamentalen Katas- gehen wird, auf denen er haltmachen und die Empfindung. In dem Prosagedicht trophe des 20. Jahrhunderts zu schlagen, in die Tiefe starren wird, von Ufer zu Ufer „dein und mein. nie unser“ erzählt sie von in seiner Erzählung „Das Fliegenpapier“ wechseln wird [… ].“ In dem Band befindet einem nächtlichen Spaziergang, der ein (entstanden 1913, erschienen 1936 im sich zudem eine, in der österreichischen Paar, ein Ich und ein Du, an einem Fried- „Nachlass zu Lebzeiten“) minutiös den Literatur nach 1945 einzigartige und hof vorbeiführt. Der Anblick der Kerzen Todeskampf einer Fliege beschrieben, die gewissermaßen stoffliche Beschreibung lässt die Grenzen zwischen Lebenden und in ihrer Fokussierung auf das Detail die der Seele, die ja der christlichen Tradition Toten, zwischen Todeswunsch und Todes- Monstrosität des Todes bzw. des Sterbens zufolge den Tod überdauert. angst verwischen und ruft die eigene darzustellen vermag und, einem Common- Unter den nach 1945 geborenen Auto- Verlassenheit in Erinnerung: „durch den Sense innerhalb der Musil-Forschung rinnen und Autoren führt in punkto Tod hohen Zaun sehen wir die zarten roten zufolge, das Massensterben im Ersten kein Weg an Josef Winkler (geb. 1953) Lichtpunkte, wie zufällig hingesät (die Weltkrieg vorwegnimmt: „Noch am nächs- vorbei. Der Selbstmord zweier Jugendli- Seelensaat), einmal mehr einmal weniger, ten Tag wacht manchmal eine auf, tastet cher, die sich mit einem Kalbsstrick in da flackern die armen Seelen der Dage- eine Weile mit einem Bein oder schwirrt der Pfarrhofscheune des heimatlichen bliebenen, der widerwillig Verschonten, mit dem Flügel. Manchmal geht solch eine Dorfes erhängen, ist Ausgangspunkt des sag ich zu dir, die zünden ihre kleinen Bewegung über das ganze Feld, dann Schreibens und steht gleichsam program- armen Seelen an, denen, die gehen durften, sinken sie alle noch ein wenig tiefer in matisch über dem Gesamtwerk. Der damit sie zurückfinden und sie zu sich ihren Tod.“ Abschied aus großer räumlicher Distanz holen.“ (in: Salzgehalt. Dichtungen, Müry Ganz anders, aber nicht weniger ein- und die Verbindung der Kulturen führen Salzmann, 2017.) drucksvoll stellt sich Tod im Werk der zu wunderbaren Bildgebungen, wie in ● Katharina Herzmansky Christine Lavant (1915-1973) dar. Die „Roppongi. Requiem für einen Vater“ Germanistin, literarischer Brückenpfeiler, Mitarbeiterin der Unterabteilung Kunst und Kultur Autorin, die von Geburt an durch Krank- (2007), wo der verstorbene Vater in Gestalt heit gezeichnet ist, kann dem Tod auch eines weißen Reihers am Ufer eines japa- tröstliche Seiten abgewinnen. In ihrem nischen Teiches landet. In der Novelle Gedicht „Verschriener Tod, für mich bist „Natura morta“ (2002) hat Josef Winkler

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 19 Valentin Oman, * 1935 in St. Stefan/Šteben bei Villach, einer der bedeutendsten Künstler unseres Landes, neben zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland – darunter auch im Oman und Jemen – hat Oman vielfältige Arbeiten für den öffentlichen Raum realisiert. www.oman-valentin.com Foto: Ferdinand Neumüller

sie sind auf trockenem Grund gemalt und nicht auf feuchtem. Das einzige echte Fresko habe ich für die Verabschiedungs- halle in Annabichl gemacht, eine sehr frühe Arbeit [siehe Abbildung 3]. Danach stellte ich fest, dass diese eine Schicht, die man auf den Putz aufträgt, nicht aus- reicht, um die Vielschichtigkeit, aber auch die Brüchigkeit des Menschen darzustel- len. Durch den Versuch, mehrere Farb- schichten sichtbar zu machen, erhielt ich zwei unterschiedliche Resultate: Zum einen sind meine Bilder „Schweißtücher der Menschheit“, Spuren oder Abdrücke von menschlichen Gesichtern und Figuren auf der Leinwand. Zum anderen begann Der Vergänglichkeit ich für die Gestaltung des Altarraums in Tanzenberg direkt an der Mauer zu arbei- ten. Diese Arbeitsweise habe ich auch in auf der Spur meinem Atelier später immer mehr aus- Requiem für den homo sapiens gebaut. Das Malen an der Mauer erlaubt es mir, meine Routine als Maler zu zer- stören, die „Geläufigkeit“ zu ruinieren. Meine Seccomalereien habe ich zuerst mit Denkt der Mensch heute Valentin Oman: Es wäre besser mit Molino, später mit Gaze überklebt, und überhaupt noch an den jenen zu sprechen, die tagtäglich mit Tod nach dem Eintrocknen wieder abgezogen. Tod? Löst unsere eigene und Vergänglichkeit konfrontiert sind: Dieses Überkleben und Abziehen habe ich Vergänglichkeit in Zei- den Krankenschwestern und Ärzten in immer wieder wiederholt, in Tanzenberg ten virtueller Existenz den Krankenhäusern, den Seelsorgern arbeitete ich über ein Jahr vor Ort. Dadurch überhaupt noch Nach- und Sterbebegleitern. Ich als Künstler wurde der Prozess der Vergänglichkeit denklichkeit aus? Und hat betrachte den Tod aus einem ästhetischen selbst auch sichtbar. Auf diese Weise nicht gerade die Kunst schon Blickwinkel. Es geht mir ähnlich wie dem gelang es in Tanzenberg, dass die gemal- immer nach Wegen gesucht, dem Tod zu vor kurzem im Alter von 103 Jahren ver- ten Figuren aus der Wand heraustreten, entrinnen oder zumindest der Vergäng- storbenen Maler K.O. Götz, der – befragt denn sie sollten nicht wie aufgemalt lichkeit ein Denkmal zu setzen? Das zum Tod – antwortete, er habe darüber erscheinen. Gleichzeitig wollte ich durch Requiem verweist sowohl auf eine musi- noch nicht nachgedacht. Und er fügte dazu: diese neue Technik auch meine Routine kalische Komposition als auch auf das „Aber vielleicht sollte ich doch.“ und damit die Deutlichkeit der Figur gesamte Ritual menschlichen Totengeden- Karoline Feyertag: Dann sprechen wir zerstören. Beim „Decollagieren“ spielt kens. Für den Künstler Valentin Oman vielleicht besser zuerst über Ihre Malerei. deshalb auch der Zufall eine große Rolle: bildet es das Leitmotiv seines ästhetischen Die Technik, die Sie im Laufe der Zeit Welche Schichten von Farbe werden abge- Zugangs zum Tod. In einem BRÜCKE- entwickelt haben, die Vielschichtigkeit tragen, abgerissen? Was bleibt übrig? Gespräch von und mit der Philosophin der Bilder, die mittels eines speziellen Karoline Feyertag: Kann man Ihre noch Karoline Feyertag reflektiert Valentin Abziehverfahrens entsteht, erinnert in nicht abgeschlossene Serie „Ecce Homo“, Oman über die Vergänglichkeit der Welt ihrer Ästhetik an Freskenmalerei. in welche sich das für den Altarraum und des Menschen, die sich mitunter in Valentin Oman: Es handelt sich dabei in Tanzenberg geschaffene „Requiem für der Vergänglichkeit der Kunst selbst nicht um Fresken, die meisten meiner den homo sapiens“, [Abbildung 2: Secco- spiegelt. Malereien basieren auf der Secco-Technik, malerei 1986/87], aber auch die Wandma-

20 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Abb. 1: “Ecce homo lux eterna”, Glasfenster St. Stefan, 2008. Foto: Ferdinand Neumüller | Abb. 2: Ausschnitte Seccomalerei, Kirche Tanzenberg, 1986/87. Foto: Ernst Prokop Abb. 3: Verabschiedungshalle Annabichl, 1965. Foto: Ferdinand Neumüller | Abb. 4: “Fossil”, Mischtechnik auf Papier, 2011. Foto: Ferdinand Neumüller

lereien im Profanbau des slowenischen Annabichl entstanden. Was mich in der Valentin Oman: Die Kunst kann die Gymnasiums, einreihen, als Memento mori Malerei von Anfang an interessiert hat, Vergänglichkeit nur verzögern. Hinzu verstehen? Soll es den Menschen an seine war die künstlerische Gestaltung des kommt, dass ich Spuren hinterlassen Sterblichkeit erinnern? Oder könnte öffentlichen Raumes. Aus diesem Blick- möchte. Ich habe den Ehrgeiz, meine es uns auch daran erinnern, dass wir winkel kann auch meine Experimentier- eigenen Spuren sichtbar zu machen, die vielleicht bald nicht mehr Menschen, freude und die Weiterentwicklung neuer nicht austauschbar sind. Ich frage mich sondern etwas Anderes, Neues sein Materialien verstanden werden. Was zeigt oft: Was hat Bestand? Was wird zerstört? werden, Cyborgs oder transhuman? Bedeu- Vergänglichkeit? Zum Beispiel Rost. Ich Das Thema Verlust ist für mich in vieler- tet das „Requiem für den homo sapiens“ hatte schon sehr früh den Wunsch, rosti- lei Hinsicht zentral: Auch in Bezug auf auch einen Abschied vom sterblichen ge Bilder zu malen und habe mich gefragt: den Verlust meiner eigenen Werke. Die Menschen? Wie kann ich Eisenstaub zum Rosten Angst, alles zu verlieren, ist sehr präsent. Valentin Oman: Die Serie „Requiem für bringen? Mittlerweile kann ich in kürzes- Obwohl man sich auch fragen muss: Was den homo sapiens“ befasst sich mit der ter Zeit Rost erzeugen, d.h. die Vergäng- geschieht in Syrien, im Jemen? Was wur- Kulturgeschichte der Menschheit. Ich habe lichkeit von zwei Stunden verdeutlichen. de alles mutwillig durch den Menschen mich nie besonders für l’art pour l’art [Abbildung 4: „Fossil“, Mischtechnik auf zerstört? Und schließlich muss man sich interessiert, es gab immer ein Thema, das Papier, 2011] auch fragen: Was kommt nach dem Tod? mich geleitet hat. Ohne Thema, ohne an Karoline Feyertag: Und somit die Ver- Bei uns hat moderne und zeitgenössische den „Ecce Homo“ zu denken, geht bei mir gänglichkeit auch beschleunigen ... Kunst erst seit etwa vierzig Jahren ihren nichts. Aber ich kann als Maler nur andeu- Valentin Oman: Ja, gewissermaßen. Platz in Sakralräumen gefunden. In einem ten, dass es eine Menschheitsgeschichte Und sichtbar machen. Diese Sichtbarma- Sakralraum wie zum Beispiel der Kirche mit den verschiedensten Kulturen und chung soll einen Freiraum für den Betrach- St. Stefan konnte ich die alten Glasfenster Minderheiten gibt. Durch die von mir ter, nicht nur für den außenstehenden, neu gestalten. Im Mittelpunkt steht wieder entwickelte Arbeitstechnik kann ich auch sondern auch für mich selbst, mit sich der homo sapiens, die menschliche Figur, die Zeit unter dem Vorzeichen der Ver- bringen. Ein Bild soll nicht zu schnell die sich nun allerdings – auch ohne Son- gänglichkeit spürbar machen. Bei dem „ausgeschaut“ oder „durchschaut“ wer- ne – in Licht auflöst. [Abbildung 1: „Ecce „Requiem“ mit seinen Figuren, die aus den. In diesem Sinn spielt die Zeitlichkeit homo lux eterna“, 2008] Mit der von mir der Wand heraustreten, steht es dem eine große Rolle für meine Arbeit als entwickelten Technik, die fossile Struk- Betrachter frei, die Vergänglichkeit des Künstler. Die Energie des Gesehenen und turen im reliefartig geschmolzenen Glas Menschen zu sehen oder etwas Neues, Geschehenen, die investierte Zeit wird sichtbar macht, kann ich andeuten, was neue Gestalten des Menschlichen. Auch dabei direkt auf die Bilder übertragen, uns vielleicht nach dem Tod erwartet. wenn ich sogenannte „Landschaftsbilder“ wird in ihnen auf geheimnisvolle Weise Gelbes Licht und Ultramarin – zwei Farb- male, interessieren mich weniger Himmel spürbar. varianten. Deutlicher kann und will ich und Erde als das, was unter der Erde liegt. Karoline Feyertag: Philosophisch nicht mehr werden. Denn mehr als eine Ich mache eher histologische Schnitte betrachtet zeichnet den Menschen gerade Andeutung kann es nicht sein. durch Erdschichten, um die Fossile sicht- sein Bewusstsein von der eigenen Ver- ● Karoline Feyertag bar zu machen, die der Mensch hinterlas- gänglichkeit aus. Gemeinsam mit der * 1977, Philosophin zwischen Wien, Paris und Klagenfurt, Lehrbeauftragte am Institut für Philosophie, sen hat – Autoschrott erscheint dann als Fähigkeit zur Sprache bzw. Schrift unter- AAU Klagenfurt sowie Mitarbeiterin im FWF-PEEK-Projekt fossile Struktur unserer Zeit. Auch sind scheidet ihn dieses Wissen um die eigene „Dizziness-A Resource“, Akademie der Bildenden Künste, Wien. meine Soča-Bilder immer als Kulturland- Sterblichkeit, um die Endlichkeit des schaftsbilder zu verstehen – Stichwort Lebens, wahrscheinlich von den übrigen Aktuelle Ausstellung: Isonzoschlachten und Erster Weltkrieg. Lebewesen. Sollte nicht eigentlich dieses noch bis 26. Oktober, Alte Burg Gmünd: Ich habe immer Geschichte und Politik Bewusstsein alle Menschen trotz ihrer „Valentin Oman – Malerei“. Die Ausstellung präsentiert neben neuen Arbeiten aus der Serie zusammengedacht. Schon an der Akade- Unterschiede miteinander verbinden? Und „Ecce Homo“ eine Auswahl von Zeichnungen und mie in Wien habe ich als Thema meiner ist die Kunst letztlich nicht auch der Ver- Rostbildern. www.alteburg.at Abschlussarbeit eine Verabschiedungs- such, einen Umgang mit diesem mitunter (Veranstaltungstipps) halle für mich selbst gewählt. Daraus ist belastenden und angsteinflößenden Wis- später dann die Verabschiedungshalle in sen zu finden?

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 21 Deckplatte der Tomba del Tuffatore mit der Darstellung des „Tauchers“ (480/70 v. Chr.), Museum von Paestum. Foto: Michael Johanning 2001 (UTC) | wikimedia Langseite der Tomba del Tuffatore (480/70 v. Chr.), Museum von Paestum. Foto: Velvet | wikimedia Langseite der Tomba del Tuffatore (480/70 v. Chr.) mit Bankettdarstellung, Museum von Paestum. Foto: Velvet | wikimedia Todessprung Von der Symbolkraft antiker Grabmalerei.

Im heißen Sommer des Jahres 1968 mach- damentaler Bedeutung, was Erkenntnisse den Abstraktion der Gestalt des Tauchers, ten italienische Archäologen etwa 90 über die griechische Malerei jener Epoche welche die Realität einiger anatomischer Kilometer von Neapel entfernt einen auf- betrifft; sie ist – von der Vasenmalerei Details von jeder Beziehung zum Alltäg- sehenerregenden Fund: Eineinhalb Kilo- abgesehen – quasi unbekanntes Terrain. lichen trennt, in dieser Figur ein unge- meter südlich der bekannten Ruinenstät- Das „Grab des Tauchers“ trägt Verzie- wöhnliches Todessymbol zu sehen, aus- te Paestum, dort, wo heute die Ortschaft rungen in einzigartiger Qualität und Form: gedrückt durch einen Sprung, der uns Tempa del Prete liegt, hatte man in der an den längeren Wandstücken ist ein vom irdischen Leben ins Jenseits bringt. Antike einen Friedhof, eine Nekropole, großes Gelage dargestellt, bei dem sich Die neueren Forschungen zeigen jedoch, angelegt und vom 6. bis zum 4. Jahrhun- zehn liegende Gestalten vergnügen. Die dass das Grab des Tauchers sich in eine dert v. Chr. die Toten bestattet. Hier ent- Tatsache, dass es sich durchwegs um lokale Tradition einfügt, die sich dank deckte man ein Grab, das weltberühmt Männer handelt, die in einem Fall in anderer Gräber im Museum Paestum werden sollte als „Tomba del Tuffatore“, homoerotischer Stellung gezeigt sind, gibt rekonstruieren lässt. Vor allem das sog. als „Grab des Tauchers“. einen Einblick in die Lebenswelt vermö- Palmetten-Grab wirft neues Licht auf das Die Gräber, die man um Paestum gefun- gender Griechen Unteritaliens in klassi- Rätsel des Taucher-Grabes, da es auf der den hat, sind in der Regel Kastengräber, scher Zeit. Dass die homoerotischen Bezie- Deckplatte denselben Rahmen mit vier sie bestehen also aus mehreren Kalkstein- hungen sich zur damaligen Zeit nicht nur Palmetten in den Ecken zeigt, wie er auch platten, die gemeinsam einen steinernen auf die griechische Lebenswelt beschränk- den Taucher einrahmt. Es gab also in Sarkophag bilden. Die Seitenwände und ten, sondern auch Etrusker und Italiker Paestum eine lokale Tradition, die diese Abdeckung dieser Begräbnisstätten waren einbezogen, bezeugt eine Inschrift, die in Form der Bildsprache kannte und repro- reich mit Malereien verziert. Die Bilder einer etruskischen Siedlung nahe des duzierte. Damit ist die Theorie von einer wurden in Fresko-Technik aufgetragen, heutigen Salerno gefunden wurde: auf etruskischen Beeinflussung der Grabma- an der zum Inneren des Grabs gewandten dieser sind Griechen, Etrusker und Italiker lereien von Paestum endgültig überholt. Seite der Platten: das bedeutet, dass man als Partner beim Liebesspiel genannt. Die Das Wasser hatte eine starke Symbol- sie gleichsam nur für die Begräbnisgäste Wahl dieses Themas sollte wohl die geho- kraft in der altgriechischen Vorstellung und den darin Bestatteten anbrachte, da bene soziale Stellung des Verstorbenen von der Unterwelt: Bekannt sind die sie ja von außen nicht zu sehen waren. zum Ausdruck bringen und vielleicht auch Flüsse Styx und Acheron, die die Ober- von Als man das Grab des Tauchers gefunden ein Abbild seines iridischen Lebens sein. der Unterwelt trennten. Der Acherusische hatte, war von der „Entdeckung der großen Etwas ganz Besonderes ist jedoch das See ist eines der weniger bekannten griechischen Malerei“ die Rede. Tatsäch- Motiv auf der Deckplatte des Grabes: Hier Gewässer der Unterwelt. Hier sollten sich lich aber sehen wir uns mit höherer ist ein nackter junger Mann zu sehen, der die Verstorbenen um Vergebung bemühen Wahrscheinlichkeit einem Produkt aus von der Höhe eines Sprungturmes herab und rituell reinigen, um für die weitere einer griechischen Kolonie in Italien vor einem weiten, hellen Hintergrund mit Reise ins Jenseits gerüstet zu sein. Tauch- gegenüber, wie der Vergleich mit kampa- dem Kopf voraus in gestreckter Haltung te der Jüngling von Paestum bei seinem nischer Keramik aus derselben Epoche ins azurblaue Wasser springt. Der Archäo- Todessprung in dieses Gewässer ein? ersichtlich macht. Doch der Fund von loge Mario Napoli, der die erste populäre ● Mario Rausch Malereien aus einer so frühen Zeit, man Veröffentlichung über die aufregenden studierte in Wien und Athen Archäologie und Alte Geschichte und lebt als freier Journalist in Klagenfurt. schätzt, dass sie um 480 / 470 v. Chr. Funde auf den italienischen Büchermarkt entstanden sind, war zweifellos von fun- brachte, glaubte auf Grund der weitgehen-

22 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Titelseite der „Gedenkschrift eines verdienstvollen Wiener Bürgers“ aus 1904. Franz Edler von Mack. Valentin Maximilian Julian von Mack. Fotos: Gedenkschrift eines verdienstvollen Wiener Bürgers, Wien 1904, im Besitz von Jörn Allwein

Begegnung mit der vergessenen Kulturfamilie der Ritter von Mack Ein Kult-Spaziergang im Radius des Wulfenia-Kinos bis zum Friedhof St. Martin in Waidmannsdorf. Ausschweifen in vergangene Jahrhunderte, Österreichs Kulturgeschichte und über Kontinente.

Einen Besuch in Klagenfurts Wiens Innenstadt, drei Schlösser im Kulturleben ließen sich fortsetzen, da Wulfenia-Kino könnte man mit nahe Wiens (Mauer, Speising, gibt’s etwa auch verwandtschaftliche einem kleinen, etwa dreißig Kalksburg), schuf wunderschö- Beziehungen zur Familie Ephrussi, in Paris Minuten dauernden Spazier- ne Parkanlagen und ließ eine und Wien bekannte und wohlhabende gang im Radius von etwa 300 Pfarrkirche errichten. Sein Sohn Kunstmäzene des Fin de Siècle. Metern verknüpfen, um auf den Valentin heiratete die Tochter Nach Verlusten der herrschaftlichen Spuren bekannter, aber auch ver- des Professors Valentin von Leb- Besitzungen kehrten Teile der von Macks gessener Kulturmenschen zu wandeln. macher, einem Wegbereiter der Geburts- Mitte des 19. Jahrhunderts nach Kärnten Nahe der Steinernen Brücke findet sich hilfe in Österreich, dessen Familie seit (Klagenfurt, Moosburg, Glandorf) zurück, jene verwunschene Villa, in welcher der dem 12. Jahrhundert in Pulst bei Sankt wo diese nun bürgerlichen Berufen nach- aus einer Bleiburger Familie stammende Veit ansässig war. gingen. In den späten 1990er Jahren Komponist Anton von Webern, Schüler Einige illustre Nachkommen eben dieser verstarb die letzte Namensträgerin und und Kommilitone Arnold Schönbergs, Alliance sollen hier erwähnt werden: etwa ruht nun am Waidmannsdorfer Friedhof. prägende Phasen seines Lebens verbrach- Katharina von Mack, die gemäß den Dank deren Sohn, dem Architekten Jörn te (was Anton Fuchs so schön in der Ergebnissen weltweit renommierter Allwein, der seine Kindheit und Jugend BRÜCKE Nr. 7/8 im Jahr 1978 beschrieb). Musikwissenschaftler eine Schülerin Beet- in Klagenfurt verbrachte, in Graz studier- In die andere Richtung, vorbei an den hovens war und als dessen „unsterbliche te und nun seit bald fünf Jahrzehnten als gelben Nachkriegswohnhäusern, erbaut Geliebte“ in Frage kommen könnte. Mack- erfolgreicher Architekt in Südafrika und unter wesentlicher Mitwirkung des Groß- Töchter heirateten in beste Familien der Griechenland tätig ist, konnte die vaters des Verfassers, zu jenem Stern- spätbarocken und biedermeierlichen Zeit 250- jährige Geschichte dieser vielseitigen hochhaus, in dem Christine Lavant ein, beispielsweise in die wohlhabende Kulturfamilie gut recherchiert werden. unglückliche Jahre verbrachte, wie sie in Reedersfamilie Godeffroy, das Grafenge- Nach dem gedanklichen Ausschweifen (nicht edierten) Briefen schrieb. schlecht Lamezan-Salins oder in die Fami- in vergangene Jahrhunderte, Österreichs Auf dem gegenüberliegenden Friedhof lie des Tier- und Landschaftsmalers Franz Kulturgeschichte und über Kontinente findet sich in einer entlegenen Ecke das von Pausinger. Eine spätere Nachkommin hinweg, kann man nun innerhalb weniger Grab der letzten zwei Generationen der war die vor allem auf Deutschlands Büh- Minuten wieder das Wulfeniakino er- Familie der Ritter von Mack, deren Mit- nen bekannte Schauspielerin Tilla Duri- reichen und wird dort auf alle Fälle mit glieder seit dem 18. Jahrhundert immer eux, eine der meistgemalten Damen im einem schönen und besonderen Film wieder eng mit Österreichs Kulturge- Berlin der 1920er Jahre (Pierre Auguste belohnt werden. schichte verbunden waren und an die hier Renoir, Lovis Corinth, Max Oppenheimer, ● Bernhard Brudermann erinnert werden soll: Der Aufstieg begann Max Liebermann oder Oskar Kokoschka). aufgewachsen in Mieger/Gemeinde Ebenthal. Studium Romanistik und Geschichte in Graz und Wien. Forscht zu Zeiten Maria Theresias, als der aus Sie betrieb in den 1930er Jahren eine über interkulturelle Beziehungen Kärnten-Friaul-Sloweni- einfachen Verhältnissen stammende, viel- Künstlerpension in Abbazia an der Kvar- en und über „vergessene“ Kulturschaffende. Dank dem unvergesslichen Fabjan Hafner. seitige und verdienstvolle Goldarbeiter ner-Bucht und war verheiratet mit dem Franz Mack zum Hofjuwelier avancierte Kunstsammler Paul Cassirer, dessen Nef- und zu einem der engsten Vertrauten der fe wiederum der Ehemann der südafrika- berühmten Kaiserin wurde. Innerhalb nischen Literaturnobelpreisträgerin Nadi- seines Lebens erwarb er Realitäten in ne Gordimer wurde. Die Namen der Macks

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 23 Der Tod und der Volksglaube Der Umgang mit dem Tod im Alpenraum hat sich über die Jahrhunderte hinweg bis in die Gegenwart einer steten Wandlung unterzogen. Und blieb manches Ritual ewiglich in seiner jeweiligen Zeit haften, so gibt es einige wenige Bräuche, die noch heute in stillen Augenblicken von Tod und Trauer gelebt werden.

„O dieser Weltweisheit Kinder, Begriff beschreibt ein oft von Versen Von Volksglauben und Riten. Generell alle, die noch am Leben sind, setzt in euer Herz zwei Worte, begleitetes, mittelalterliches Bildmotiv, beschäftigt die Menschen zeitlebens die die von Christus sind gehört worden. indem in einem Reigentanz abwechselnd eine Frage: Was passiert zur Stunde des das eine: komm her, das andere: gehet hin. Lebende und Tote auftreten. Einer der Todes, was kommt danach? Im 19. Jahr- Durch das erste haben die Guten Gewinn. wohl frühesten und bekanntesten Toten- hundert war die Angst vor dem Tod Sobald sie in den Himmel kommen, da nehmen sie des Guten Nutzen wahr. tänze Österreichs befindet sich in der natürlich allgegenwärtig, man wusste Das andere weist die Bösen in die Pein Kärntner Gemeinde Metnitz. Die Fresken nicht, was in dieser Transformation vom der Hölle, die auch ewig wird sein. am Karner der Metnitzer Pfarrkirche St. Diesseits ins Jenseits passiert. Dies spie- Darum ich euch getreulich rate, tut euch ab üppiger Taten, Leonhard dürften um 1500 entstanden gelt sich vielerorts in Sagen, Märchen und denn die Zeit ist kurz in diesem Leben.“ sein, seit 1968 befinden sich die wertvol- verschiedenen Riten wider, wie Heimo len Originale im Totentanzmuseum nord- Schinnerl, Leiter der Abteilung Volkskun- östlich der Kirche. Ein monumentales de im Landesmuseum Kärnten aus seinen mittelalterliches Totentanzfresko, ein Aufzeichnungen heraus liest: „Die Leute Vor dem Tod sind alle gleich, mittelalterlicher Karner mit Freskenkopi- sind damals mit dem Verstorbenen anders er holt hoch und niedrig, en, ein Totenschiff und moderne Toten- umgegangen als heute, da die Aufbahrung arm und reich. Eine Bot- tanzdarstellungen findet man hier sowie noch zu Hause in den eigenen vier Wänden schaft als Fundament für die das beeindruckende Metnitzer Totentanz- stattgefunden hat. Daraus resultieren natür- Ewigkeit. Stets im Wandel ist spiel, das international bekannt ist und lich viele überlieferte Bräuche.“ hingegen der Umgang mit dem alle vier Jahre aufgeführt wird. Bei dem Vielerorts plagte die Menschen die Sterben. War der Tod im Mittelalter Freskenband selbst handelt es sich um 25 Angst vor sogenannten Wiederkehrern, allgegenwärtig, zelebrierte man im 19. Figurenpaare mit einem vierzeiligen Tote, die wieder kommen und möglicher- und 20. Jahrhundert eine Vielzahl an Riten Spruchband darunter. Der Künstler dieses weise Schaden anrichten konnten, noch und Bräuchen, wird die Thematik in der Totentanzes ist leider unbekannt, sehr Schulden zu begleichen hatten oder keine heutigen Gesellschaft zum Großteil ano- wohl bekannt hingegen ist die Kärntner Ruhe finden wollten. „Um dem entgegen nymisiert betrachtet. Doch der Reihe nach. Künstlerin Kiki Kogelnik. Sie hat 1996 zu wirken, hat man dem Verstorbenen immer Totentanz. Die Kunst des Totentanzes den romanischen Rundkarner der Pfarr- die Augen verschlossen, als Schutz vor dem erlebte seine erste Blüte in Mitteleuropa kirche St. Laurentius in Stein im Jauntal bösen Blick. Man hielt die Uhr an, verhäng- gegen Ende des 15. Jahrhunderts. Leid- umgestaltet und einen totentanzartigen te alle Spiegel im Haus und trug den Toten volle Katastrophen, die Pest, die Türken- Reliefzyklus aus verschiedenfarbigen nach der dreitägigen Totenwache immer belagerungen und dergleichen mehr raff- Keramikziegeln gestaltet. Die Figuren mit den Füßen voran aus dem Haus, damit ten zahlreiche Menschenleben dahin, der drücken Heiterkeit aus, dem Tod soll dieser hinaus schaut und nicht zurück.“ Tod war im Mittelalter stetiger Begleiter. dadurch der Schrecken genommen wer- Für willkommene Wiederkehrer wurde Hohe Sterblichkeit, geringe Lebenserwar- den. Berühmt im Alpe-Adria-Raum ist auch hingegen von Allerheiligen auf Allerseelen tung, er war allgegenwärtig, was die der slowenische Ort Hrastovlje für seine die sogenannte Seelenspeise bereitet. Ein Menschen dazu veranlasste, ihm ein romanische Dreifaltigkeitskirche mit dem gedeckter Tisch mit Brot, Wasser, Messer, Gesicht zu geben. Totentänze gibt es dar- Totentanz-Fresko des istrischen Malers Kreuz und Kerze sollte den verstorbenen aus resultierend in ganz Europa, der Johannes aus Kastav (1490). Seelen als Bewirtung dienen.

24 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Felix Pestemer | avant Verlag Fotos:

Kiki Kogelniks Totentanz im Karner Stein im Jauntal. Foto: Gemeinde St. Kanzian/Hermagoras Verlag Metnitzer Totentanz, mittelalterliches Fresko um 1500. Foto: Metnitzer Totentanzmuseum literatur.tipp Totentanz-Fresko Hrastovlje/Slowenien. Foto: Sabine Weyrer Der Staub der Ahnen Während hierzulande Allerheiligen und Allersee- len als Tage der besinnlichen Trauer begangen werden und der Tod allgemein kein zu Späßen ermunternder Geselle ist, wird in Mexiko ausge- lassen gefeiert. Am dia de los muertos, dem „Diese Riten finden sich im gesamten Angst vor dem absoluten Ende und trotz wichtigsten Feiertag des Landes, wird mit Bräu- Alpenraum auf ähnliche Weise, wohl auch unserer hochstehenden Kultur will man sich chen und Ritualen der Verstorbenen gedacht, deswegen, weil wir in unserem regionalen mit diesem Thema nicht vertraut machen“. die so besonders sind, dass sie in die UNESCO- Wirkungsfeld es mit einem Kulturtransfer Ob so manches Ritual eine Renaissance Liste des immateriellen Kulturerbes Aufnahme zu tun haben. Die Kärntner Slowenen haben erlebt? Damals waren diese Riten offen- fanden. In der Graphic Novel „Der Staub der durchaus ähnliche Bräuche wie die Seelen- sichtlich dazu da, um Ordnungen vorzu- Ahnen“ bringt sie uns Felix Pestemer, der viele speisung oder das Leichenmahl. Die Nuan- geben, damit sich die Hinterbliebenen an Sommer seiner Kindheit und Jugend auf dem cierung kann teilweise verschieden sein, etwas orientieren konnten, Halt fanden Hof des Kärntner Familienclans am Fuße des aber im Grundkanon geht es um dasselbe. und nicht hilflos zurück blieben. Um es Ulrichsbergs verbrachte, mit folgender beein- Viele der Bräuche reichen zeitlich noch bis abschließend in den Worten des Künstlers druckend bebilderten Geschichte näher: Euse- in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein“, Peter Brandstätter zu sagen, dessen Toten- bio Ramirez kehrt nach 20 Jahren in seine alte berichtet Schinnerl. tanz-Bildzyklus permanent im Totentanz- Heimat zurück um mit der Familie Rojas, die ihn Totenfaden, Sterbebesteck und Toten- museum Metnitz ausgestellt ist: „Wer den einst wie einen Sohn behandelt hatte, mit der krönlein. Ebenfalls üblich war zu dieser Tod möglichst verdrängt, Gott und auch es zum Bruch kam, Frieden zu schließen. Doch Zeit das Auflegen des sogenannten Toten- seinen Widersacher, den Teufel, Diabolus, die Nachricht vom plötzlichen Tod des kleinen fadens: „Der Tote war auf Brettern aufge- Satan, oder wie man ihn benennen will, Benito Rojas trifft ihn sosehr, dass er fluchtartig wieder aufbricht. In einem Brief an Consuelo, bahrt und von einem Sterbetuch bedeckt. vergisst oder zur Seite schiebt, wird vieles Benitos Mutter und Schwester seines vor vielen Darüber legte man den Totenfaden. Dieser auf dieser Welt nie begreifen können.“ Jahren verunglückten Freundes Victor, gedenkt bestand aus einem Faden mit drei Wachs- ● Sabine Weyrer er am Tag der Toten allen verstorbenen Famili- kreuzlein im Abstand von Stirn, Mund, bis Die Autorin arbeitet als freie Journalistin und Texterin in Kärnten. enmitgliedern der Rojas. zu den betenden Händen oder zu den Fuß- Felix Pestemers prächtige Illustrationen im Stil enden. Ein Bannritual, damit der Tote nicht Tipps: des magischen Realismus geben Zeugnis der mehr wächst.“ Sterbebesteck fand man „Der letzte Takt – Totenlieder und traditionellen bunten Feierlichkeiten und schil- laut Schinnerl zu jenen Zeiten in jedem Verabschiedungsrituale in Kärnten Sendetermin: 29. Oktober, 18.30 Uhr, ORF II dern eine heiter-morbide Atmosphäre: In den Bauernhaus, welches aus Kerzen, Kruzifix Häusern werden fulminant geschmückte Altäre und einem Gefäß mit Weihwasser bestand. Metnitzer Totentanzmuseum aufgebaut, Unmengen gelb leuchtender Toten- „Der Pfarrer war auf den entlegenen Höfen Öffnungszeiten 10. April – 26. Oktober, blumen zieren die Friedhöfe, wo mit viel Musik, nicht immer sofort greifbar, meist wurde 10 – 12 und von 14 – 17 Uhr oder nach Lärm und Knallerei, Totenschädeln aus Zucker- Vereinbarung, Montag Ruhetag. der Leichenzug nach der Hausaufbahrung www.metnitz.gv.at/totentanz/museum guss für die Kinder und viel Tequila für die vom Pfarrer abgeholt. Der Verstorbene Erwachsenen ein Fest gefeiert wird, bis es um wurde auch nie von den unmittelbaren Metnitzer Totentanzspiel 2018 Mitternacht für die Verstorbenen Zeit ist, wie- 27. Juli, 28. Juli, 3. und 4. August 2018 der ins Jenseits zurückzukehren. Angehörigen gewaschen und eingekleidet, Info und Karten: Vinzenz Ebner, darum kümmerten sich die Nachbarn.“ 0664 – 87 51 797, [email protected] ● Anna Woellik Auch gab es die Besonderheit, dass man Mitarbeiterin der UA Kunst und Kultur ledigen Frauen ein Totenkrönlein aufsetz- Buch-Tipp: Felix Pestemer: te. „Bestehend aus geweihten Wachsstöcken, Der Totentanz im Karner Der Staub der Ahnen mit Rosmarinzweigen bestickt, galt es als Stein im Jauntal Graphic Novel | Avant Verlag, Symbol dafür, dass die Verstorbene im Hrsg. Gemeinde St. Kanzian Berlin 2011 | 88 Seiten | Hermagoras Verlag, 1997 Softcover | 24,95 Euro Jenseits mit Jesus verheiratet werden konn- deutsch, slowenisch, ISBN: 978-3-939080-61-9 te.“ Zwei solcher seltenen Totenkrönlein englisch sind im Bestand des Landesmuseums 80 Seiten | 10 Euro Kärnten und stammen aus St. Stefan im ISBN 978-3-85013-569-6 Lavanttal. Hilflosigkeit als Zeichen der Zeit. DIE BRÜCKE VERLOST DIE BRÜCKE VERLOST Einige Rituale werden heute noch in man- 3 Exemplare 1 Exemplar chen Tälern gelebt, erzählt Schinnerl, Es gewinnen die ersten drei E-Mail-Schreiber- Es gewinnt die/der erste E-Mail-SchreiberIn an: viele gerieten in Vergessenheit: „Früher Innen an: [email protected] | Als Betreff „Toten- [email protected] | Als Betreff „Staub der Ahnen“ und im E-Mail bitte Ihren vollständigen Namen sowie war der Tod im Lebenszyklus verankert, tanz – Kiki Kogelnik“ und im E-Mail bitte Ihren vollständigen Namen sowie Ihre Postadresse Ihre Postadresse angeben. Der Rechtsweg ist heute ist das fast anonymisiert. Man hat angeben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. ausgeschlossen.

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 25 Astrid Pazelt, Ausschnitt aus dem Künstlerbuch „Villacher Totentanz“ 2016, Acryl auf Leinwand. Astrid Pazelt – unter anderem eine Schülerin von Valentin Oman und Markus Lüpertz – arbeitet seit vielen Jahren auch zum Thema Totentanz. www.malbuero.at Foto: Adrian Hipp | © Kulturabteilung der Stadt Villach

Noch ist der Tod kein Fest Ein philosophisches Gedankenspiel zum Dasein, dem Tod und dem Nichtmehrsein.

„Kommt, reden wir zusammen, Gleichen in seinem Dasein. Dies scheint Zarathustra lehrt uns: „Viele sterben zu wer redet, ist nicht tot.“ doch bemerkenswert, konnte sich doch spät und einige sterben zu früh. Noch der Mensch täglich in Endlichkeit – z.B. klingt fremd die Lehre: »stirb zur rechten dem Ende des Tages, dem Ende der Arbeit Zeit!« ... Freilich, wer nie zur rechten Zeit Unser Dasein, ein stetiges Bemühen, das usw. – einüben. Warum verhält er sich lebt, wie sollte der je zur rechten Zeit Verschwinden unserer Endlichkeit zu dann wie ein Frischling gegenüber der sterben? ... Wichtig nehmen alle das Ster- verzögern? Ludwig Wittgenstein, Lehrer, Endlichkeit seines Lebens? Das Nichtmehr- ben: aber noch ist der Tod kein Fest ... Techniker, Logiker und einer der bedeu- hiersein ist uns gewiss. Eine Negation Meinen Tod lobe ich euch, den freien Tod, tendsten Philosophen sagte: „Ich war dieses Zustandes konnte bislang noch nie der zur mir kommt, weil ich es will. Und keineswegs erschrocken, als ich erfuhr, wahrgenommen werden. wann werde ich wollen? ... Man muss dass ich Krebs habe, aber ich war´s, als Der Tod gebietet das Schweigen. „Jede aufhören, sich essen zu lassen, wenn man ich erfuhr, dass man dagegen etwas unter- Leiche spottet der Sprache.“ (Todesmeta- am besten schmeckt.“ nehmen könnte, denn ich hatte nicht den phern, Thomas Macho) Sie soll jegliches Sobald unser Dasein existiert, wird es Wunsch, weiterzuleben.“ Fördert also das Reden erwürgen. Unser Bewusstsein macht von der Anwesenheit des Todes beschattet Erkennen unseren Todestrieb, den Wunsch, nie die Wahrnehmung des eigenen Todes. und lebenslänglich begleitet. Die „creatio rechtzeitig zu sterben und nicht auf unse- Was wir beobachten und auch zu erkennen ex nihilo“ endet im Nichts. „So ergibt sich ren Meriten zu verwelken? Zählen etwa vermögen, ist immer der Tod von Mitmen- der existentialphilosophischen Gesamt- Einfältigkeit, Bequemlichkeit oder Denk- schen, der uns je nach emotionaler oder schau das Bild des Menschen als einer mangel zu unseren starken Motiven, dem geistiger Nähe zu diesen Menschen unter- ungefragt in die Welt geworfenen, endli- Leben treu zu bleiben, d.h. möglichst schiedlich berührt. Das Sterbenkönnen chen, zwischen die dunklen Pole Geburt lange zu leben? benötigt keinen geistigen oder haptischen und Tod eingezwängten, in unaufhellbare Der Begriff Dasein sollte nicht als Gegen- Vorspann, keine Matura oder ein Univer- Situationen hineingestellten, im tiefsten wart verstanden werden. Die Gegenwart sitätsstudium. Zum Sterben sind wir jeder- Grunde angsterfüllten, nichtigen Kreatur.“ ist nur eine Arbeitshypothese – ein ständig zeit gebildet, einfältig, arm, reich oder alt (Stegmüller) wirksames „Gewesensein.“ Was uns sinn- genug. Genie oder Tölpel? Der Tod behan- Die Todesgewissheit ist ein Faktum. Wie lich wahrnehmbar umgibt, ist immer delt beide mit gleicher Sorgfalt. müsste eine Todeslogik beschaffen sein, Vergangenheit, was wir erwarten: Zukunft. Wir vermögen den Tod nicht zu erleben um das WIE und WANN unseres Todes, „Vita brevis“ – das Leben ist kurz. Die wie Weihnachten oder den Frühling. Der fern von einem Suizid, voraussagen zu Diagnose einer tödlichen Krankheit macht Tod verbietet uns, unsere letzte Reise als können? Wie würden wir solche Prognosen die Lebensdauer mit hinreichender Wahr- Rundreise zu buchen. Der Tod ist ein ertragen? Mit Hilfe von zwei Urteilen und scheinlichkeit quantitativ bestimmbar. Der Meister der Überraschung. einer Schlussfolgerung vermögen wir wohl philosophisch, psychologisch oder künst- Epikur tröstet uns vor dem Schrecken die Todesgewissheit von Menschen zu lerisch weitgehend unbelastete Mensch des Todes: „… denn solange wir existieren, bestätigen, mehr aber nicht. Eine leistungs- stirbt in der Regel so traurig wie ein ist der Tod nicht da und wenn der Tod da fähige „Leichenlogik“ ist noch nicht in gequältes Tier. Sein Dasein entgleitet ihm ist existieren wir nicht mehr.“ Dazu Hegel: Sicht. Es besteht ein unaufhebbarer Wider- ins Nichtsein, ins „unbestimmte Unmittel- „Der Mensch stirbt auch aus Gewohnheit.“ spruch zwischen Lebenden und Toten. Die bare“ und wird begleitet von der Musik Viele Künstler versuchen sich mit ihrem Toten verraten uns weder ihre Befindlich- seines Weinens. Der Mensch weint häufig, Werk kreativ gegen den Tod aufzulehnen. keit, noch unter welcher Obhut sie toten. wenn er sterben muss. Das Tier verendet Doch: Gegen die Sterblichkeit kämpfen Ein Weiterleben nach dem Tod in welcher meist in stiller Zurückgezogenheit. heißt gegen Gott kämpfen. Ein zeitlicher Gestalt und wo auch immer – ob oben, Denkt das Denken den Tod, so bedenkt Aufschub ist möglich, doch die Niederlage unten oder zeitlich befristet im Fegefeuer es einen Wartenden in noch abwesender unvermeidlich. Die Unsterblichkeit muss – ist nicht gesichert. Diese Diskurse war- Anwesenheit. gebildeten Menschen öde und fad erschei- ten noch immer geduldig in der Kläranla- Die Grundbefindlichkeit eines sterben- nen? In ihr gebietet die Langeweile im ge unseres Denkens auf Verifikation oder den Menschen ist fast immer die Angst Modus der „Wiederkehr des ewig Gleichen“ Falsifikation. vor dem möglichen Nichts sowie die Furcht – wie Nietzsche seinen größten Gedanken ● Herbert Maschat vor dem Ende der Wiederkehr des bislang nannte. Werkzeugmacher, Handwerksmeister, Lehrer, Techniker, Logiker, Nov.phil.

26 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Alexander Widner, geboren 1940 | verschiedene Orte in Österreich und anderswo | mannigfaltige Berufe, Ansichten, Vorstellungen, Obsessionen, Vermutungen, Behauptungen, Irr tümer, Narreteien | lebt jetzt und voraussichtlich für den Rest seiner Tage in Klagenfurt | etliche Veröffentlichungen, zuletzt: Ashburns Knöpfe, Stark wie ein Nagel, Postscriptum oder Der exquisite Kadaver. ©Johannes Puch Foto:

BOTENGANG – Facetten und Klumpen – Teil 2 Unveröffentlichtes aus der Widner‘schen Schreibwerkstatt zum Thema Tod.

Der Mensch ist kein Buch mit unter den Schlägen seines Gottes. Ich mehr, jetzt ist die Zeit zu schreiben. Ver- sieben Siegeln, der Mensch hatte eine Welt und diese Welt ist jetzt dammt, nein, der Kopf ist doch längst ist ein offenes Buch, das zer- Asche. vertrocknet, entlang dem Körper. Finito. fleddert. Das Leben ist schön, ● Weshalb finito? Du hast doch nie wirklich aber gar so schön auch wieder Die paar Dinge auflesen, die einem Leben geschrieben. Und hast auch noch alle nicht. Ein Jahr ist lang, aber und Schauen und Hören zutragen. Und andern verachtet, die sich mit dem Schreib- gar so lang auch wieder nicht. dann die einzige Form von Glück angehen: zeitabnützen ernsthaft eingelassen haben. Der Alltag ist lausig, aber gar so im Sterben keine Plage haben. Weltankläger, Weltenrichter, Welterklärer, lausig auch wieder nicht. Die Komik ist ● Weltentzückte, Weltbeglücker, Weltver- komisch, aber gar so komisch auch wieder Die Österreicher, die gern und füglich und rammler, Weltensauger, Strategen der nicht. Essen ist gut, aber gar so gut auch fürsorglich gehorchen, demonstrieren Weltherrlichkeit, Landschafts-, Wetter-, wieder nicht. Der Tod ist kapriziös, aber nicht gegen Diktatoren, nur gegen Demo- Küchen- und Wohnzimmerbeschreiber, gar so kapriziös auch wieder nicht. Alles kraten. Die langweiligen, doch aufwendi- nachahmend das stockende Gespräch, das ist, aber gar so auch wieder nicht. Alles gen Demonstrationen gegen die ÖVP-FPÖ- sich im Gewäsch verstümmelt, Weltentei- ist halb. Segen der Halbheit. Sie enthebt Regierung – wer erinnert sich noch, ler, Rabauken des Weltelends, Welten- uns jeder Rechtfertigung, jeder Konse- zweitausend wars – waren recht eigentlich kundler, Weltverbieger, was immer es ist, quenz. Die Willkür strafft sich. ein Freispruch für eben diese Regierung, das sich als mehr ausgibt als es ist, jedes ● ihre Legitimierung als demokratische dieser Gewerbe eine Scheußlichkeit bis Allerletzten Endes ist alles vergeudet, weil Regierung. Denn Österreich wagt nur die auf den Tod. wir vergeudet werden. Von Mensch, Gott, gefahrlose Demonstration. Und meint sich Schön ist es, wo man jenseits von dort Raub, Gleichgültigkeit, Überdruss. Und zu kennen. nichts mehr sagen kann. Musik. Musik, natürlich wird mit jedem Tod die ganze (Leg dich an mit jemandem, der nichts nicht geklügeltes Gestocher regloser Menschheit ausgelöscht. zu verlieren hat. Und du wirst dich ken- Notenklauber, denen man das Notenpapier ● nenlernen. Oder tot sein. Dort, wo mutiges verbrennen müsste, um sie von ihren Die Menschheit, einig darin, ein karnie- Benennen, wie es einer der unsrigen Untaten abzuhalten. Die Dinge in rebus felndes Glück behalten zu wollen, daher Plauderminister in einer allen gefällig zu musicis, die ein Jahrhundert einspielten, einig in der Entschlossenheit, das behen- sein habenden Festspieleröffnungsrede kamen nicht aus Wien, wo nach Mahler de, doch irrwitzig zusammengezimmerte der Kunst hoch anrechnet, die eben bei Ratlosigkeit alles stilllegte, schrecklähm- Glücksgebäude nicht einstürzen zu lassen, uns wahrlich keines Mutes bedarf, sondern te, in die Klamaukkiste greifen, die ver- oder gar abreißen zu müssen, wird umso nur eines offenen Mauls, in Folter oder jagte Fantasie in die Theorie laufen ließ, rabiater in ein Unglück gestoßen, von dem Tod umschlagen kann. Aber dort spricht sie kamen von Debussy, Ravel, Reger, sie nur der Tod befreien kann. Den aller- kein gottseibeiunsriger Minister und Skrjabin, Strawinsky, Respighi, Gershwin, dings bedeckt sie mit Nichtbeachtung, demonstriert kein unsereiniger Demons- Prokofjew, Bartk, Schostakowitsch, de Angst ist die einzige Regung, die sie ihm trant. Falla, Albéniz, Chatschaturjan par exem- händeringend entgegenhält. Nun hat sie ● ple. Und daneben die armen Buchstaben alles: Elend und Angst. Und Unkenntnis, Und noch ein Wort verlieren, und dann in ihrem Dämmer. Jetzt finito. Von Kopf da sie übereinkam, dem Tod keinen Gedan- noch eines, und dann noch eins ums und Hand gehen die Dinge nur schleppend ken zu überlassen. andere? Verdienen denn nicht auch die zäh mehr herunter. Ablegen. Ausatmen. ● Worte endlich Ruhe? Vergessen. Langweile ist zu kostbar, als dass der Genug. Schreiben ist das Ausweichen ● Alexander Widner Stumpfsinnige daran teilhaben dürfte. vor der Aufgabe, und sei es der Rumor zu Langweile ist das Ruhen zwischen den leben. Ein junger Mensch, der schreibt, Welten, zwischen Leben und Tod, zwi- ist keine lebendige Figur, einem Gran schen Mensch und Gott. Lächerlichkeit, das sich zur Tonne aus- ● wachsen kann, nicht entkommend. Ein Nuages gris. Liszt spielt den Altersgrimm Hanswurst im Sterbebett zuletzt. Kommen in die Tastatur des Todes und duckt sich die Fährnisse des Alters, zu leben ist nichts

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 27 28

DIE BRÜCKE KARI.CARTOON Sie lebt auf den Dächern von Klagenfurt, unterhält sich gerne mit Dachziegeln, ist musisch bewandert, mal Wissenschaftler, mal Preisträger und immer wahnsinnig wichtig. wahnsinnig immer und Preisträger mal Wissenschaftler, mal bewandert, musisch ist Dachziegeln, mit gerne sich unterhält Klagenfurt, von Dächern den auf lebt Sie Langer Astrid Raum. deutschsprachigen ganzen im Ortner Heinz Nr.3|Brückengeneration 5– Okt./Nov.17 , der Mann mit der feinen Spitze, Jahrgang 1953, Villacher Cartoonist, bildlicher Darsteller der Tiefen des Menschen, zeichnet für renommierte Zeitungen Zeitungen renommierte für zeichnet Menschen, des Tiefen der Darsteller bildlicher Cartoonist, 1953,Villacher Jahrgang Spitze, feinen der mit Mann der , , * in Klagenfurt, ihre Werke umspannen die Bereiche Malerei, Comic und Karikatur. Die Dachziegl ist eine von Astrid Langer eigens für DIE BRÜCKE entwickelte Figur. Figur. entwickelte BRÜCKE DIE für eigens Langer Astrid von eine ist Dachziegl Die Karikatur. und Comic Malerei, Bereiche die umspannen Werke ihre Klagenfurt, in * , Riki Werdenigg, Installation SMOKE | SIGNAL: Räucherstäbchen & Rauchmelder, 300 x 200 x 80, 2 h | Aktion. Reaktion. Verständnis. Missverständnis. „BEEEEP BEEEEP BEEEEP BEEEEP …“. Foto: Eden Sarna

Verena Walzl, Aufnahme aus dem Kärnten-Atelier, Vorbereitungen für das Open Studio im Zuge des Marais Festivals. Foto: Léa Girardin

Briefe aus Paris Zwei junge Kärntner Künstlerinnen in der französischen Künstlerkolonie.

Riki Werdenigg und Verena Walzl sind lienresidenz zum Off Space [Anm. nicht- der feucht-heißen Stadt und im Internet die beiden Kärntner Künstlerinnen, die kommerzielle, unabhängige Ausstellungs- postete jeder Nachrichtendienst das Video in diesem Jahr jeweils für sechs Monate räume für junge, zeitgenössische Kunst] von Trump und Macron auf der Champs in einem gemeinsamen Atelier der Stadt umfunktionierten und die Patina der Élysées. Als ich die „Get Lucky-Perfor- Klagenfurt und des Landes Kärnten in der Familie, die dort bis dato über Jahrzehnte mance“ der Militärparade meiner ersten „Cité Internationale des Arts“ in Paris lebte, zur Atmosphäre der raumspezifi- hier gewonnenen Freundin schicke, ant- leben und arbeiten. Das Kärnten-Atelier schen Arbeiten werden ließen. Für die wortet sie: „Politics nowadays is a joke.“ ist eines von über 300 Ateliers in dieser Rauminstallation ‚seems familiar. a stran- Im Août (August) ist Paris dann ganz internationalen Künstlerresidenz. Die ers- ge piece of harmony‘ habe ich Jacqueline anders. Es ist leer und ruhig auf den ten Bewohner waren anno 1986 die beiden und Pierres Badezimmer wieder belebt. Straßen, die Leute ziehen sich aufs Land Kärntner Künstler Gerd Wucherer und Während Besucher für wenige Minuten zurück oder schwimmen irgendwo im Peter Krawagna. Viele weitere folgten. Die einzeln den Raum betreten konnten wur- Meer. Viele Lokale sind geschlossen und in Klagenfurt geborene Installationskünst- de drinnen versucht, impulsiv familiäre alles bewegt sich langsamer. In der Cité, lerin Riki Werdenigg zieht Bilanz über ihr Vertrautheit zu skizzieren. einer – wie es der Name schon sagt – Stadt Paris-Stipendium im ersten Halbjahr, seit Ein anderes Konzept wurde mit LAST in der Stadt, war vom langsamen August Juli residiert die aus Bad St. Leonhard im ONE OUT TURN OFF THE LIGHTS verwirk- allerdings weniger zu spüren. Fast jeden Lavanttal stammende Bildhauerin Verena licht. Zwanzig KünstlerInnen waren ein- Abend fand irgendein Open Studio statt Walzl in der französischen Künstlerkolo- geladen, im Schaufenster der Galerie und viele neue Leute haben ihre Ateliers nie und erzählt davon. l’inlassable jeweils vierundzwanzig Stun- bezogen. Hier ist ein guter Ort, um Künst- den ihren Kunstschaffungsprozess zu lerInnen aus verschiedenen Ländern ken- Paris, die Stadt deren Spannung neben reflektieren. Der eigentliche Galerieraum nenzulernen und zu erfahren, wie sie den großen Museen und den unzähligen wurde einstweilen zum Storage Room, in arbeiten und was sie beschäftigt. Galerien, Off Spaces und Events vor allem dem sich zur Eröffnung das Publikum Momentan bereite ich meine Ausstel- die natürliche Vielfalt mit ihren alltägli- anhand gehäufter Indizien, Materialien lung für das Stadtteil-Festival ,Traversées chen Straßenszenen ausmacht, bietet als und Werkzeuge jeweiliger KünstlerInnen, du Marais’ im September vor. Dabei wird Großstadt und Kunstmetropole einen mar- einen individuellen Festivalplan zusam- es vor allem um politische Fragestellungen kanten Input für Kunstschaffende. menstellen konnte. Die Installation SMOKE im Kontext zeitgenössischer Kunstpraxis Im Zentrum, am rechten Ufer der Seine, | SIGNAL war Ende Juni im Fenster zu bzw. die gesellschaftliche Rolle von Künst- liegt die Cité Internationale des Arts, ein sehen. lerinnen und deren Selbstzuschreibungen in den Sechzigern errichteter Gebäude- ● Riki Werdenigg innerhalb und außerhalb ihrer sozialen komplex. Bildende KünstlerInnen, Musi- Szenografin und Installationskünstlerin, * 1989 in Sphären gehen. Neben einer Videoinstal- Klagenfurt, lebt und arbeitet derzeit in Wien, wo sie kerInnen und SchriftstellerInnen leben zuletzt Transdisziplinäre Kunst an der Universität für lation mit Text arbeite ich dafür außerdem und arbeiten hier auf Zeit Tür an Tür. angewandte Kunst studierte. mit mir neuen Materialien, wie beispiels- Konzerte, Open Studios, Lesungen und weise Keramikfliesen. Neben Museums- andere Salons ergeben sich aus nachbar- besuchen nutze ich die Zeit in Paris schaftlicher Initiative der Residents; diese konkret auch dazu, einige Orte, die im Situation schafft einen selten guten Ich bin jetzt seit drei Monaten in Paris Leben des Lyrikers Paul Celan eine Rolle Umschlagplatz für interessante Kollabo- und mittlerweile finde ich mich in den gespielt haben, zu besuchen und für mich rationen und Ausstellungsprojekte. Gegenden rund um die Pont Marie auf so gut wie möglich zu dokumentieren. Aus diesem Pool entstand während beiden Seiten der Seine etwas besser ● Verena Walzl meines sechs-monatigen Aufenthalts unter zurecht. Im Juli musste ich erstmal ankom- * 1987 in Wolfsberg, studierte Germanistik und Kunst- geschichte in Graz, anschließend Textuelle Bildhauerei anderem auch die Idee zu ‚Jacqueline & men und mich am Bastille-Tag an die an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Ausstel- Pierre‘, eine Ausstellung für die wir im Freude über Militäraufmärsche gewöhnen. lungsbeteiligungen und Lesungen u.a. in Teheran und Madrid. Kollektiv eine leerstehende Pariser Fami- Die Kampfjets flogen tief über den Dächern

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 29 Ferdinand Neumüller Fotos:

Franz Yang-Mocˇnik Ich bin die Botschaft und mein Interpret Museum Moderner Kunst Kärnten 26. Oktober 2017 bis 14. Jänner 2018

Franz Yang-Močnik, vormals auch Franz wertes Œuvre entwickelt, das die Bereiche wiedergeben. Die Schau beschreibt keine Motschnig, wurde 1951 in Waisenberg der Malerei, Grafik und Skulptur umfasst, chronologische Werkentwicklung, sondern bei Völkermarkt geboren. Heute lebt und dessen hervorragende Qualität dem Künst- ist vielmehr nach inhaltlichen und stilis- arbeitet der Künstler in Graz. Seine künst- ler eine unikale Position als Maler und tischen Perspektiven ausgerichtet. lerische Ausbildung erhielt er ebendort Zeichner zusichert und das bisher mehr- Im Zentrum der Kunst stehen bei Franz an der Ortweinschule, die er als Gasthörer fach mit Preisen ausgezeichnet wurde – Yang-Močnik von Beginn seiner Tätigkeit der Meisterklasse für Malerei bei Franz unter anderem mit dem Österreichischen an – auf der Suche nach einem authenti- Rogler von 1970 bis 1973 besucht hat. Staatsstipendium und dem Förderungs- schen Bild – der Mensch, die Gesellschaft Nichtsdestotrotz ist Franz Yang-Močnik preis für Bildende Kunst des Bundesmi- und die eigene Existenz. Die Zeichnung eigentlich Autodidakt. An der Schule, an nisteriums für Unterricht und Kunst und ist seit jeher das zentrale Mittel des Künst- der man sich für den Surrealismus inter- mit dem Würdigungspreis des Landes lers. Sie ist ihm Ausdrucks- und Bewälti- essierte, wo hingegen der Künstler stets Kärnten. Im Jahr 2007 wurde Franz Yang- gungsinstrument seiner Befindlichkeit, ein Anhänger des Realen war, galt er als Močnik der Professorentitel verliehen, im von körperlichen und seelischen Zustän- Außenseiter. Anstoß und Impulse politi- Jahr 2014 erhielt er das Große Ehrenzei- den, von Erfahrungen und ebenso von scher, philosophischer und künstlerischer chen des Landes Steiermark. äußeren Bedingungen, Repressionen und Natur erhielt er nachhaltig durch die Das Museum Moderner Kunst Kärnten Druck. Sie ist das Mittel, mit dem der damaligen Grazer Intellektuellenkreise, präsentiert nun Arbeiten aus den letzten Künstler sich selbst nähert und sich die mit denen er in Kontakt stand. Konsequent 45 Jahren in einer Werkschau, die in einem Welt aneignet. verfolgte Franz Yang-Močnik seine sub- Überblick das umfassende und heteroge- Franz Yang-Močnik ist ebenso Philosoph jektiven Interessen in der Kunst und ging ne Gesamtwerk vermitteln und die Leis- wie messerscharfer Beobachter und klarer unbeirrt seinen Weg; mit einem großen tungen des Künstlers in den Fokus von Analytiker. Er formuliert seine Erkennt- Talent ausgestattet – mit beeindruckenden Ausstellungsbetrieb und Öffentlichkeit nisse schonungslos in einer ausdrucks- zeichnerisch-malerischen Fähigkeiten, stellen soll. Die versammelten Arbeiten starken künstlerischen Sprache, mit der einer tiefen Sensorik und Empathie, intel- stammen zu einem großen Teil aus dem er das Dasein in all seinen Facetten lektuellem Bewusstsein sowie überzeu- Besitz des Künstlers, zu einem geringeren drastisch, eindrucksvoll und manchmal gender Ausdrucksstärke. Seit 1972 ist der aus der Kunstsammlung des Landes Kärn- auch poetisch schildert. Als Maler und Künstler freischaffend tätig, seit 1973 mit ten/MMKK und wurden von privaten und Zeichner ergründet der Künstler den seiner Arbeit in internationalen Ausstel- öffentlichen Leihgebern dankenswerter- Menschen in seinem Sein, als ausgesetz- lungen vertreten, bereits in den 1980er- weise zur Verfügung gestellt. tes Individuum, in Freuden und Nöten, in Jahren zählte er, im Umfeld der Neuen Die Werke sind in der Ausstellung in Angst, Leid und Schmerz, und führt ihn Malerei, zur Spitze der österreichischen zehn Räumen in unterschiedliche Gruppen als vereinzeltes, als geistiges wie körper- Kunstentwicklung. gegliedert, die schwerpunktmäßig die liches und sexuelles Wesen vor Augen – Franz Yang-Močnik hat in den vergan- Themenbereiche der künstlerischen Aus- vollzogen durch eine starke, expressive genen vier Jahrzehnten ein bemerkens- einandersetzung von Franz Yang-Močnik Handschrift, eine markante Linienführung,

30 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17

ORF/ORF-Design Foto: kultur.tipp Lange Nacht der Museen Abends, wenn andernorts die Lichter ausgehen, findet heuer zum 18. Mal in ganz Österreich die Lange Nacht der Museen statt. In der Dämme- Antlitz, 2008, Öl und Collage auf Leinwand, 55 x 38 cm rung des 7. Oktobers öffnen in Kärnten von 18 Müllsäcke, 2012, ÖL auf Leinwand, 150 x 84 cm bis 1 Uhr morgens insgesamt 72 Ausstellungen Trinker in einer Kneipe, 2005, Kohle auf Leinwand, 255 x 185 cm Radfahrer, 2006, Kohle auf Leinwand, 230 x 180 cm und Galerien verschiedenster Art für Nacht- Café Hawelka, 1986,Öl auf Leinwand, 160 x 130 cm schwärmer und KunstliebhaberInnen ihre Türen. Unter den Besonderheiten der diesjährigen Nacht der Musentempel befindet sich unter anderem die Galerie Freihausgasse in Villach: Die Ausstellung „Ich muss malen“ lädt zu einem Rundgang durch die letzte Schaffensphase des Malers Giselbert Hoke. In Villach verweilend zeigt der Kulturverein | Warmbad Hannes Mleneks Ausstellung „Physical Dynamics“. In der Stadtgalerie Klagenfurt eröffnet sich gemäß dem Titel „ECHT? Das Phänomen Fäl- schung“ ein interessanter Abriss über das Fäl- scherwesen in Kunst, Kultur, Wissenschaft und die aufs engste mit der psycho-somati- bringen. Holzskulpturen der Frühzeit und Wirtschaft. Am Stauderplatz begeistert die schen Disposition des Künstlers verbun- Materialbilder erweitern die Bandbreite Kulisse des Jugendstilfestsaales Klagenfurt im den ist, die sowohl Zeichnung als auch des künstlerischen Ausdrucksfeldes, das abendlichen Ambiente mit der neuesten Pro- Malerei und Collage prägt und die sich in in jüngster Vergangenheit durch literari- duktion der Tanzcompagnie Omega kai Alpha. den Porträts, den Selbstporträts wie auch sche Versuche auf Leinwand ergänzt wird. In den ländlichen Regionen können Kulturinter- essierte z.B. im Museum des Nötscher Kreises in den figürlichen Darstellungen von ● Christine Wetzlinger-Grundnig in die Kunstwerke großer Meister – wie jene Einzelpersonen oder menschlichen Kom- Kunsthistorikerin, Direktorin des Museums Moderner Kunst Kärnten von Franz Wiegele und Anton Kolig – eintau- munikationssituationen wiederfindet. In chen. Eine weitere Besonderheit ist die Galerie den Werken der vergangenen Jahre, die Weitere Infos: Muh in Wolfsberg: Ein originaler Kuhstall wurde auf überlebensgroßen Formaten Men- Ein Text und eine Skulptur von Gundi Feyrer, die 2003 zur Schaufläche für zeitgenössische schenbilder zeigen, die mit Hilfe langer sich direkt auf Franz Yang-Močnik und sein Werk beziehen, begleiten die Ausstellung im Foyer des Kunst umfunktioniert und eröffnet am 7. Okto- Stangen, die den Stift halten, ausgeführt Museums ein. Die in Deutschland geborene und ber die Ausstellung „Schein und Sein“ mit Wer- werden müssen, erreicht der Künstler in Spanien lebende Künstlerin und Schriftstellerin ken des Malers Smitty Brandner. Dazu liest nicht nur ein extremes körperliches wurde zur Teilnahme am Projekt von Franz Yang- Katharina Kaufmann ihre Kurzgedichte voll von Močnik eingeladen. Engagement im Schaffensakt, sondern überraschender Wortakrobatik und farbstarken Ein umfassender, ausstellungsbegleitender fasziniert vor allem auch mit immenser Bildern. Der Künstler selbst gibt musikalische Katalog mit Texten von Günther Holler-Schuster, Überzeugungskraft und Ausdrucksstärke, Heimo Strempfl, Johannes Rauchenberger und Kostproben in Form von mehreren Live-Sets mit insbesondere, wenn er zu Themen von Christine Wetzlinger-Grundnig erscheint im Improvisationen auf der E-Gitarre. Zwanzig sozio-politischer Aktualität oder kultur- Heyn-Verlag. Häuser bieten ein individuelles Kinderprogramm geschichtlicher Brisanz greift, wie Dar- Die Ausstellung wird im Anschluss an die und im Innenhof des Stadthauses Klagenfurt stellungen der Schmerzerfahrung in zeit- Präsentation im Museum Moderner Kunst lädt eine Kinderwerkstatt zum Malen mit Künst- Kärnten ab 20. Jänner 2018 im Kulturzentrum lerfarben auf großen Formaten. Infos & genössischen Sportarten oder etwa in bei den Minoriten in Graz zu sehen sein. Kreuzigungen des menschlichen Körpers. Programm: langenacht.orf.at Ebenso einzigartig-charakteristisch for- Museum Moderner Kunst Kärnten ● Sofia Grabuschnig muliert sind die besonderen Atmosphären, Burggasse 8, 9021 Klagenfurt * 1996 in St. Veit an der Glan, Studentin am Institut für Di-So 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr, Theater-, Film- & Medienwissenschaft sowie am Institut für die Franz Yang-Močnik im Alltagsleben feiertags 10-18 Uhr Publizistik und Kommunikationswissenschaft in Wien. in Graz aufnimmt und in Caféhaus-, Bar- www.mmkk.at und Straßen-Bildern wiedergibt, sowie DIE BRÜCKE VERLOST jene, die die gegenstandslosen Gemälde 5x2 Tickets für die Lange Nacht der Museen kennzeichnen – abstrahierte Landschaften abzuholen beim Treffpunkt Museum in Klagenfurt am und Räume, die die äußere Realität in Theaterplatz oder in Villach am Nikolaiplatz. Senden Sie uns dafür ein E-Mail mit Namen, E-Mail, Telefon und Einklang mit der inneren Befindlichkeit Ihrem gewünschten Abhol-Ort an: [email protected] des Malers in quasi „Seelenlandschaften“ Die GewinnerInnen ziehen wir unter allen bis zum und „Wesensräumen“ zur Anschauung 4. Oktober bei uns eingelangten E-Mails.

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 31 edition B kunst.aus.druck Echo Chamber Anna Kohlweis

Anna Kohlweis mit einer Denimskulptur, die sie für das Elsewhere Museum in Anna Kohlweis

Greensboro, North Carolina, gemacht hat. Foto:

Anna Kohlweis, geboren 1984 in Klagen- und ziemlich düster, und trotz aller Düs- ungen werden nicht mehr ganz wahr- furt, derzeit in Wien lebend, ist Multime- ternis definitiv ihr hoffnungsvollstes genommen oder als unwahr abgelehnt. dia-Künstlerin, Sängerin und Songwrite- Album bisher. Die Texte sind in Englisch, Verschwörungstheorien, Fanatismus oder rin, Musikproduzentin und Illustratorin das Cover wie üblich von ihr selbst gestal- Radikalismus können dabei geschürt in den Bereichen Malerei, Video, Zeich- tet. Anna Kohlweis tritt regelmäßig im werden. nung, Faserkunst, Sound und Fotografie. In- und Ausland auf. Am 1. Dezember 2017 Die Zeichnung von Anna Kohlweis ist Sie besuchte den musischen Zweig im ist sie im Kulturhofkeller in Villach zu zweigeteilt. In der oberen Bildhälfte ist Realgymnasium BRG Klagenfurt-Viktring, sehen. ein Mensch zu erkennen, der sich groß- studierte Theater- und Medienwissenschaf- Anna Kohlweis schreibt, zeichnet und flächig schwarz gestaltet markant vor dem ten an der Universität Wien und wechsel- illustriert Cartoons und andere Drucksor- weißen Hintergrund abhebt. In der Sei- te 2009 in die Akademie der bildenden ten, die sie als „Camp Frienemy Press“ tenansicht liegt eine Betonung auf der Künste Wien, wo sie ihr Diplom 2014 in vertreibt. Am 14. und 15. Oktober hat sie Gestik der beiden Arme, die zum leicht der Klasse für Kontextuelle Malerei bei einen Tisch auf dem CoZi Comics und geöffneten Mund geführt sind und die Ashley Hans Scheirl machte. In seiner Zinefest in Frankfurt, einem Festival für klare Haltung derjenigen signalisiert, die Klasse werden unter anderem Fragen nach Comics, Illustration und Zines (Magazine), ihre eigenen Worte betonen wollen. Ein der Beziehung des Körpers zu Material, das in Zusammenarbeit mit studioNAXOS schwarzer Kreis schwebt über den Hän- Technologie, Arbeitstechnik sowie zu und Naxosatelier parallel zur Frankfurter den, der sich als schwebendes Auge sozialen, politischen, wissenschaftlichen Buchmesse stattfindet. Dort zeigt sie ihre herausstellt und der die mit den Händen und finanziellen Kontexten und Produk- Zines, Sticker, Postkarten und Drucke. eine körpereigene Handpuppe formt. Man tionsbedingungen nachgegangen. Gender, Ihre Arbeiten wurden in verschiedenen könnte meinen, mit einer anderen Person Sexualität, Klasse, Ethnizität und „Trans“- Zeitschriften veröffentlicht und werden zu sprechen, aber im Grunde tauscht man themen werden aufgerollt und Sexualität regelmäßig in Radio und Fernsehen in sich nur mit sich selbst aus. Die untere in den Medien und deren Machtverhält- Österreich und Deutschland vorgestellt. Bildhälfte ist im auffallenden Gegensatz nissen reflektiert. Sie stellte aus und trat auf in Österreich, zu dem klar konturierten Körper wesent- Die vielseitige Anna Kohlweis nutzt Deutschland, Italien und den Vereinigten lich abstrakter gehalten. Ausgefranste visuelle Künste und Musik in gleichen Staaten. Sie war artist-in-residence im Rinnspuren von oben nach unten scheinen Maßen und erschafft in ihren Zeichnun- Paul Artspace in St. Louis, Missouri, dem auf das virtuelle Netzwerk mit seinen gen, Comics, Videos, Texten und mit ihrer Elsewhere Museum in Greensboro, North zahlreichen Verästelungen zu verweisen. Musik einen Erzählraum, der sich um Carolina und auf der Red Bull Music Trotz aller Zufälligkeit beschränken sich gefühlsbetonte Themen wie Hoffnung, Academy 2013 in New York City. 2015 die grau-schwarzen Spuren allerdings auf Angst, Verletzlichkeit oder Trauer dreht. erhielt sie den Kunstpreis der Stadt Vil- ein klar begrenztes rechteckiges Feld, Physische und psychische Empfindungen lach. Ihr Musikvideo Devil aus dem Jahr was wiederum den Echokammer-Effekt werden gleichermaßen aufgegriffen und 2009 war für den Content Award beschreibt. www.annakohlweis.com mit den verschiedenen Medien bearbeitet. in der Kategorie Fempower, sowie für den ● Nora Leitgeb Seit 2006 ist Anna Kohlweis als Musi- FM4 Award bei den Amadeus Austrian Kunsthistorikerin und Kulturmanagerin für zeitgenössi- sche Kunst, Graz und Klagenfurt | im Vorstand der kerin aktiv. Unter dem Pseudonym „Paper Music Awards nominiert, das Musikvideo Lend|hauer – Verein zur Belebung des Lendkanals und Bird“ veröffentlichte sie drei Alben, In pieces für den ASIFA AWARD/ Kuratorin temporärer Kunstinterventionen im Lendhafen | Kuratorische Assistenz im kunstraum lakeside, Klagenfurt momentan hat sie als „Squalloscope“ ihr Best Austrian Animation 2011. zweites Album fertiggestellt. Exoskeletons Anna Kohlweis arbeitet immer wieder Konzerttermin: For Children ist ihr 5. Full-Length-Soloal- seriell, so ist die beigelegte Zeichnung Teil Anna Kohlweis alias Squalloscope und bum und wie bei den anderen Alben zuvor der Serie „Echo Chamber“. Der Echokam- die Formation Little Big Sea, 1. Dezember, ab 19:55 Uhr, im Kulturhofkeller in Villach übernahm sie sämtliche Arbeitsschritte mer-Effekt beschreibt ein Phänomen in dafür selbst, vom Schreibprozess über den sozialen Medien: Menschen tauschen Produktion, Aufnahme, Mixing, Artwork sich online in Newsfeeds mit Gleichge- und Video. Die eine-Frau-Arbeit, so sinnten aus – und bekommen dann ihre bezeichnet die Künstlerin und Musikerin eigene Meinung mehrfach als Echo zurück. ihr selbstständiges Arbeiten an den Alben, Durch den verstärkten virtuellen Umgang ist über einen Zeitraum von zwei Jahren mit Menschen gleicher Meinung kommt in amerikanischen artist-residencies, auf es zu einer Verengung der Weltsicht, man Reisen und in österreichischen Wohnun- isoliert sich gegenüber Informationen, die gen geschrieben und zum Großteil in nicht dem eigenen Standpunkt entspre- „Squalloscope – Exoskeletons for Children“, ihrem alten Kinderzimmer in Klagenfurt chen und bekommt den Eindruck, dass das 5. Full-Length-Soloalbum von Anna Kohlweis, wird am 3. November auf Seayou Records aufgenommen worden. Exoskeletons For die eigene Einstellung der Allgemeinheit (Österreich) und Fake Four Inc. (USA) Children ist sehr textlastig, ziemlich lustig entspricht. Andere, abweichende Anschau- veröffentlicht.

32 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Anna Kohlweis | Echo Chamber | 2016 | Tusche und Acryl auf Papier Bruno Gironcolis Skulptur „Wir Villacher Kinder“ am Europaplatz in Villach. Fotos: Joachim Krenn Bruno Gironcoli. Foto: Privatarchiv

Elements of Sculpture Zur Formensprache Bruno Gironcolis.

Bruno Gironcoli, 1936 in Villach geboren, wickeln, an einer Sache weiterzuarbeiten, Villach gezeigt, die danach in der Giron- 2010 in Wien gestorben, gehört zweifels- sie immer wieder herzunehmen, sie immer coli-Ausstellung 2018 im mumok in Wien ohne zu den wichtigsten und außerge- wieder in die Hände zu nehmen und sie zu sehen sein werden. wöhnlichsten Künstlern seiner Generati- zu probieren, von allen Seiten, die möglich Im Ausland wurde der Künstler aktuell on. Sein herausragendes künstlerisches sind. Das ist mein Thema.“ (zitiert nach mit einer umfassenden Präsentation sei- Werk nimmt im Feld der internationalen B.M. Busse, Die Skulpturen 1956 – 2008, nes skulpturalen Werkes im Frühjahr zeitgenössischen Skulptur eine einzigar- Ostfildern 2008, S. 236) 2017 in der Clearing Gallery (Brüssel) tige Stellung ein. Bruno Gironcolis Vorbilder sind – ins- gewürdigt. Seit September 2017 ist noch Ausgangspunkt für die Ausstellung besondere das Frühwerk betreffend – in bis Ende des Jahres außerdem die Skulp- „Bruno Gironcoli. Elements of Sculpture der internationalen Kunstszene der 1960er tur „Figur mit ovalförmigen Hängeteilen 1964 – 2008.“, die sich mit der Entwick- Jahre verortet. Die Entwicklung seiner (4-teilig)“ von 1984 – 1990 aus der Samm- lung der skulpturalen Formensprache des eigenständigen und auf den ersten Blick lung des Museums Moderner Kunst Kärn- Künstlers seit den frühen 1960er Jahren irritierenden Formensprache vollzog sich ten in Paris Meudon zu sehen – und zwar beschäftigt, ist die zwischen 2003 und u.a. in der Abgeschiedenheit seines großen in dem zur bedeutenden Privatsammlung 2004 entstandene Skulptur „Wir Villacher Bildhauerateliers, das Teil der Bildhauer- André Bloc gehörenden „Skulpturenpark“. Kinder“. Der Guss mit den beeindrucken- schule der Akademie der Künste in Wien ● Bettina M. Busse den Maßen von 420 x 640 x 380 cm, eine war, die Gironcoli von 1977 bis 2004 Kunsthistorikerin und Kuratorin, Berlin/Wien. Kuratierte zahlreiche internationale Ausstellungen und betreute der letzten großen Skulpturen, die im leitete. ebenso viele Publikationen, etwa über Joseph Beuys, Atelier des Künstlers in der Akademie der Nach relativ klassischen künstlerischen Jenny Holzer, Anish Kapoor, Jannis Kounellis, Otto Muehl u.v.a. Aktuell Kuratorin der Gruppenausstellung ICON in Künste in Wien entstanden sind, steht in Anfängen mit Akten und Porträtstudien, der Galerie Krinzinger, Wien. Von 1996 bis 2011 am MAK Villach prominent am Europaplatz. Sie die das Bemühen des Künstlers offenbaren, in Wien als Kuratorin tätig. 2003 gemeinsam mit Kasper König verantwortlich für den österreichischen Pavillon besteht aus einem Halbkreis und auf tel- eine eigene Darstellungsweise des mensch- auf der 50. Biennale di Venezia. Seit 2010 Betreuung des Nachlasses von Bruno Gironcoli und Mit-Initiatorin des lerartigen Scheiben angebrachten Baby- lichen Gegenübers zu finden, gelangt er Bruno Gironcoli Estate, seit 2014 Kuratorin der Bruno figuren, die – anders als in Gironcolis über den Werkstoff Polyester, ein in den Gironcoli Werkverwaltung/Estate Bruno Gironcoli. früheren Werken – stark individualisiert 1960er Jahren revolutionäres Material, zu Bruno Gironcoli. dargestellt sind. Flankiert werden sie von einer – wie Gironcoli selbst formulierte Elements of Sculpture. Gefäßen in Herzform, die metaphorisch – „eigenständigen und zeitgenössischen 1964 – 2008. für Ernährung und Versorgung stehen. Darstellungsform des Menschen“. Villach :Galerie Freihausgasse Alle maßgeblichen Komponenten dieser Für Bruno Gironcoli war die Reduzie- Vernissage am 28. November, 19 Uhr, zu sehen bis 10. Februar 2018 Skulptur sind Elemente, die der Künstler rung der Porträts auf abstrakte Formen www.villach.at/stadt-erleben/kultur/ seit Jahrzehnten verwendet hat (Babys, – so genannte „Köpfe“ (1964 das erste Mal galerie-freihausgasse Teller, Herzgefäße), oder Formen, mit in Polyester) – der Beginn der Entwicklung www.facebook.com/galeriefreihausgassevillach denen er sich thematisch-stilistisch lange seiner eigenen künstlerischen Sprache. Zeit auseinandersetzte – etwa dem Kreis Ausgestellt wurden diese Arbeiten das bzw. Halbkreis. Diese konstante Bearbei- erste Mal1967 in der Klagenfurter Galerie tung von Formen und Themen, die immer Hildebrandt. wieder neue Ausformung wiederkehrender Neben für diese Thematik exemplari- stilistischer Module ist typisch für die schen skulpturalen Arbeiten der Jahre Schaffensweise des Künstlers: 1964 bis 2008, werden in der Ausstellung „Meine Angelegenheit ist vielleicht das in der Galerie Freihausgasse auch Arbei- motorische Weiterschreiten, Weiterent- ten auf Papier aus der Sammlung der Stadt

34 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Die letzte Aufnahme von Robert Musil aus dem Jahr 1942 am Schreibtisch in Genf. Foto: Robert-Musil-Institut | Kärntner Literaturarchiv – Sammlung Corino Ausschnitt der letzten Manuskriptseite von insgesamt mehr als 10.000 Manuskriptseiten Robert Musils. Foto: ÖNB Musilnachlass Ser Nov 15.093

Musil-Hybrid – Motor für künftige Lesegenerationen Eben ist Band 4 der Gesamtausgabe bei Jung und Jung im Auftrag des Robert-Musil-Instituts erschienen – höchste Zeit, den Band, die Ausgabe und das Drumherum der Musil-Edition vorzustellen.

Band 1 und 2 (Herbst 2016) beinhalten Die neue Ausgabe richtet sich an künf- die Hybrid-Konstruktion aus komfortabel das Erste Buch des Romans Der Mann ohne tige Lesergenerationen. Bei ihrer Gestal- gestalteter Buchausgabe und Online-Wis- Eigenschaften (Erstdruck 1930), Band 3 tung und Ausstattung wird auf Lesekom- sensbereitstellung gilt einem in heraus- (Frühjahr 2017) den Ersten Teil des Zwei- fort Wert gelegt, auf typographische fordernder Weise unterhaltenen Werk der ten Buchs (Erstdruck 1932). Band 4 enthält Qualität, so wie es Musil selbst wichtig Weltliteratur. die Fortsetzung des Zweiten Buchs, an der war. Er notierte im April 1930 in sein ● Walter Fanta Musil 1936-1942 arbeitete, die er aber Tagebuch: „Rowohlt hat mir Proben Herausgeber der Musil Gesamtausgabe, Germanist/ Historiker, geb. 1958, aufgewachsen in Spittal, Villach, nicht mehr fertigzustellen vermochte. Mit geschickt. Ich wählte die größte der von Lienz, pflegt nicht nur sein hauptberufliches Stecken- dem Kapitelentwurf Atemzüge eines Som- ihm als zulässig bezeichneten Schriften pferd Robert Musil, sondern im Nebenberuf traktiert er den autochthonen Homo Caranthanus, genannt Puschnig mertags, dem letzten, das Musil schrieb, und schlug ihm eine noch größere vor.“ (so der Titel des 2011 beim Wieser-Verlag erschienenen bevor er am 15. April 1942 in Genf ver- Die Ausgabe folgt dem Prinzip der letz- Romans). starb, schließt der Band. Er beginnt mit ten Hand. Nur die jeweils letzte Fassung den 20 Kapiteln, die Musil schon in Druck der aus dem Nachlass edierten Kapitel- geben wollte, was durch den Anschluss entwürfe soll vor die Augen der Leser Österreichs 1938 verhindert wurde. Dar- gelangen. Es handelt sich um eine Lese- auf folgen die Kapitel zur Fortsetzung und ausgabe ohne editorische Siglen und schließlich die Genfer Versuche, einzelne Fußnoten. Kapitel zu ersetzen. Die ‚Engführung‘ des Alles Wissenswerte zu Musils Texten ursprünglich als breites Panoptikum der wird das Internet-Portal MUSILONLINE Gesellschaft Kakaniens konzipierten enthalten. Bereits seit 2016 existiert der Robert Musil Gesamtausgabe in 12 Bänden Romans – in der ‚letzten Liebesgeschich- Prototyp www.musilonline.at mit digitalen Hrsg. Walter Fanta, Jung und Jung te‘ der Geschwister Ulrich und Agathe – Textversionen in Musil-Text, Bilddateien Erscheinungsdatum: 2016 – 2022 12 Bände, Leinen mit SU führt dieser Band vor: dass die Liebe zu der Quellen im Archiv und textgenetischen Gesamtumfang ca. 6000 Seiten nichts anderem führt als zu Gesprächen, Dossiers zu den Romankapiteln im Kom- 35 Euro pro Einzelband | 370 Euro bei ja, dass die Liebe nichts anderes ist als mentar. Auf den Ausbau des Online- Subskription der Gesamtausgabe Reden über sie. Erst in Band 5 (erscheint Kommentars wird das Robert-Musil-Ins- im Frühjahr 2018) wird die große Geschich- titut unter der Leitung von Anke Bosse in te die Leser wieder einholen: Er erzählt den nächsten Jahren seine gebündelten DIE BRÜCKE VERLOST 3 Exemplare des 4. Bandes in zu mehreren Strängen geordneten Kräfte richten. Ein FWF-gefördertes Pro- Es gewinnen die ersten drei E-Mail- Kapitelentwürfen aus 1933-1936, wie es jekt mit Artur Boelderl als Hauptmitar- SchreiberInnen an: [email protected] | zum Krieg kam. In Band 6 (Herbst 2018) beiter wird 2018-2022 einen interdiskur- Als Betreff „Robert Musil Gesamtausgabe“ und werden die Nachlassvorstufen aus den siven Online-Kommentar verwirklichen. im E-Mail bitte Ihren vollständigen Namen sowie 1920er-Jahren abgedruckt. In den Bänden In ihm werden Informationen, Erläute- Ihre Postadresse angeben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. 7-10 wird in den Jahren 2019 und 2020 rungen und mögliche Interpretationen zu das restliche Œuvre von Robert Musil Musils Texten online abrufbar. Die ange- veröffentlicht. strebte musterhafte Erschließung durch

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 35 „Kärnten ist, wo Werner Kofler und ich mitten in zwei einander alpenländisch tölplerisch mit Witzen rufschädigenden Städten etwa zur gleichen Zeit, nämlich zu Beginn der Nachkriegszeit, in diese Welt hineingeworfen worden sind, … und das auch noch in einer Gesellschaft von Menschen, die meist, und zwar seit der frühesten Kindheit, auf die jeweils widerlichst mögliche Weise nicht nur uns, sondern auch einander gegenseitig bekämpften aufgrund ihrer … , nicht nur lustfeindlichen, sondern auch kunstfeindlichen, phantasiefeindlichen Nachkriegsmoral, die alles Schöpferische mit verbittertem Abscheu, … aufs widerlichste zu überschütten pflegte …“, schrieb Gert Jonke, der 1964 bei den St. Veiter Kulturtagen gemeinsam mit seinem ungleichen Bruder Werner Kofler zum ersten Mal an die literarische Öffentlichkeit trat, und weiter heißt es bei Jonke: „In dieser Atmosphäre aufgewachsen, sowohl Werner Kofler als auch ich, haben wir vermutlich gerade deswegen auf verschiedene Weise mit der intensivsten möglichen Beschäftigung mit künstlerischen Dingen begonnen …“

Und diese intensivste mögliche Beschäf- tigung mit künstlerischen Dingen, des am 8. Dezember 2011 verstorbenen Werner

Archiv RMI Kofler, kann man in seinen Büchern nachlesen, vom 17. – 19. November bei Foto: den St. Veiter Literaturtagen und vom 19. – 21. Oktober beim Symposion im Robert-Musil-Institut anhören. Aufgrund seiner unbarmherzigen Öster- Kunst muss die reich-Kritik, der Geschliffenheit und der Musikalität seiner Sprache, wurde er Wirklichkeit zerstören immer wieder mit Thomas Bernhard ver- glichen und gehört zweifellos zu jenen Werner Kofler, Chevalier des Mots österreichischen Autoren, bei denen mora- lischer und ästhetischer Anspruch untrennbar miteinander verbunden sind. Aber Kofler war kein Selbstdarsteller wie Bernhard, er verschanzte sich „Am Schreibtisch“ und zog von dort gegen die Verdrängung der Vergangenheit, die Ver- lotterung der Sprache, die Ausbeutung der Natur und den Größenwahn des Künstlers zu Felde. Und möglicherweise, weil er kein Selbstdarsteller war, ist, wie Elfriede Jelinek meint, an ihm das Verbre- chen der Nichtbeachtung durch den Lite- raturbetrieb verübt worden, jedenfalls einen großen Teil seines Lebens lang: „Seine Texte sind vielleicht vor seiner Wut, seinem Zorn geflohen, als wäre etwas noch stärker Verdunkelndes hinter ihnen hergerast, dem sie entkommen wollten, um nicht von ihrem eigenen Schöpfer wieder verschlungen zu werden. Aber da war kein Versteck. Dieser Autor hat dem Geschehen in Österreich, vor allem in Kärnten, immer schärfere Linsen vorge- Aus dem Nachlass: Typoskript „Am Schreibtisch“ Sig. 11/W7/2. Foto: Archiv RMI schaltet, durch die er geschaut hat, ja,

36 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Ohne Titel 80 x 65 cm, 2015, Eitempera auf Leinen. Foto: repros foto Peter Putz | ewigesarchiv.at klar, auch in grimmiger Heiterkeit, und störung der Zerstörung, ein philosophi- die Schweinereien dort wurden immer sches Vergnügen?“ kultur.tipp noch größer (sie haben nicht nur größer Werner Kofler ist gestorben, bevor er ausgesehen), keiner hätte sie am Ende den Gipfel erreichen konnte. Aber was Walkensteiner Ausstellung größer und giftiger beschreiben können hätte er mit dem Ruhm angefangen? Denn Wolfgang Walkensteiner ist Maler. Lange schon als er ...“ das, was nicht zusammen geht, wie Elfrie- ringt er dem Auftragen von Farbe auf Leinwand In „Guggile“, seinem zweiten Buch, hat de Jelinek sagte, die Macht und die Dürf- immer wieder neue Ergebnisse ab. Erklärt er Werner Kofler, der 1947 als Sohn einer tigkeit der Mächtigen, das war für sie eine ein Bild für fertig, folgt dem ein weiteres. Ein kleinbürgerlichen Kaufmannsfamilie in der großen Besessenheiten des Dichters, großes Werk hat er angelegt – und wird doch nicht müde, dieses weiter auszubauen. Er weiß, Villach zur Welt gekommen ist, seiner und jetzt sehe es so aus, als hätte nur er, bei allen auch die Grenzen des eigenen Medi- Kindheit und Jugend im provinziellen und die, die ihn gelesen haben, diese ums sprengenden Verfahren, die er erprobt Nachkriegsösterreich ein Denkmal gesetzt: Besessenheit als Besitz. Kofler war ein (das konventionelle Bildformat überschreiten, „alle personen, orte und begebenheiten schweigsamer Mensch. Nur in seinen Teile ausschneiden und intarsieren, ins Skulptu- sind wahrheitsgemäß erstunken und erlo- wissenden Augen blitzte manchmal die rale hinaus treten, Schrift als Fährte beifügen, gen. wenn personen sich namentlich Freude darüber auf, verstanden worden ...), der „Unterschied“ in kleinsten Abweichun- betroffen fühlen, ist dies zufällig und vom zu sein. gen liegt, in Akzidentien. autor nicht beabsichtigt.“ So lautet das „Kunst muss die Wirklichkeit zerstören Wolfgang Walkensteiners Werk eröffnet einen Motto, das Kofler seiner österreichischen … Immer wieder sage ich: Komme her, Kosmos. Auf seine Art und Weise von vielen Antiidylle vorangestellt hat. Die kunstvol- du Wirklichkeit, jetzt wird abgehandelt, Seiten her beleuchtet, mehrseitig betrachtet le Montage aus persönlicher Erinnerung, ich traktiere sie auch, Sie wissen nicht und natürlich – hallo Erkenntnis – zu keiner Floskeln und Zitaten, aus Fragmenten wie! Und doch: Sie macht umso unverfro- widerspruchsfreien Summe gebracht. Wahrheit individueller und kollektiver Erinnerung, rener weiter.“ geschieht (frei nach Heidegger) im Prozess des gilt heute als eines der bedeutendsten und ● Wilhelm Huber Entbergens, Wahrheit „west“, der Wahrheitsge- prägnantesten Beispiele für die Beschäf- Rezensent, Destillateur und gemeinsam mit Klaus Amann halt der Kunst ist (frei nach Adorno) „ein Vieles“ Gestalter der St. Veiter Literaturtage. tigung mit den eigenen Wurzeln, die – der Betrachter ist Wolfgang Walkensteiner Thomas Bernhard als „Herkunftskomplex“ nicht zwangsläufig Verbündeter, er ist ihm Kol- bezeichnet hat. Kofler selbst bezeichnete Aktuelle Veranstaltungen zu Werner Kofler: laborateur. Er soll und muss mithelfen dabei, seine Texte als „Racheakte“. voranzukommen, weitere Fragen zu stellen, St. Veiter Literaturtage 2017 – Werner Kofler nicht müde zu werden. Darin liegt Walkenstei- Sowohl in seinem Theaterstück mit dem Rathaushof St. Veit an der Glan, ners zutiefst humanistisches Weltbild – nicht provokanten Titel „Tanzcafé Treblinka“, www.literaturtagesanktveit.at verborgen, nicht vergraben: man muss es nur als auch im zweiten Band seines Tripty- 17.11. um 19:30 Uhr: Wolfram Berger liest aus Koflers Prosa, sehen wollen, aufsuchen – heißt: sich (auch) chons, „Hotel Mordschein“, sowie in sei- Einführung Klaus Amann auf Walkensteiner einlassen, darauf, dass in nem letzten Buch, das den düster prophe- 18.11. um 19:30 Uhr: seiner Kunst keine zementierte Ausgangslehre tischen Titel „Zu spät“ trägt, stellt sich Antonio Fian liest Koflers Hörspiele und Texte über Kofler, Einführung Klaus Amann zur Anwendung gebracht wird, darauf, dass Kofler unermüdlich die Frage, mit welchen 19.11. um 11 Uhr: Weltbezug durch keinerlei Heilslehre zu hinter- Mitteln Kunst nach Ausschwitz zu arbei- Maja Haderlap liest Koflers „Mutmaßungen gehen ist. Er ist einer jener Magier, denen Gold ten habe: „Mit Gips, Pappmaché? Oder mit über die Königin der Nacht“, musikalische ist, was immer sie finden. Eitempera mag eine wirklichen Leichen oder Leichendarstel- Begleitung von Oliver Welter, Einführung seiner alchemistischen Techniken sein, die Wilhelm Huber lern, Zelluloid, Papier? Oder wäre es Freude an einem bedingungslosen „es gibt aber abstrakter gefällig, einfach nichts, Luft, Werner Kofler intermedial auch!“ die vielleicht wichtigere. Ich seh ihn als Leere, Rauch aus dem Schornstein?“ 19. – 21. Oktober: Internationale, öffentliche Brüter, dessen Nest eben nicht hermetisch Kofler, der in seinen Texten lineare Tagung des Robert-Musil-Instituts und der abgeschirmt ist, um im Erfolgsfall das Patent, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Tagungsort: die Macht, inne halten zu können. Seine Bom- Handlung und klar definierte Personen Robert-Musil-Institut, Bahnhofsstraße 50, verabscheut, unablässig die Perspektive Klagenfurt. Infos & Programm: www.aau.at/musil ben sind Kometen, die ebenso von fernen Wel- wechselt und Anspielungen liebt, führt u.a. am DO 19.10. um 19:30 Uhr: Lesung mit ten und Zeiten künden, wie sie als Trägerrake- seine Leser mit immer größerer Sicherheit Antonio Fian: Hommage an Werner Kofler – ten für pralle Damenärsche ganz und gar von an den Rand des Abgrunds. In „Am Nachrichten aus einem toten Hochhaus und dieser Welt sind. Wichtig ist, die Freude am Auszüge aus Hörspielen von Fian/Kofler inkl der Erkenntnisgewinn als Folge des Bohrens, die Schreibtisch“ vergleicht er übrigens das Eröffnung der Ausstellung Werner Kofler Freude daran, auf immer wieder neue Oberflä- Schreiben mit dem Bergwandern und die intermedial. chen zu stoßen, und die zu lesen. Ansonsten ist Literatur mit einer Seilschaft, bei der er Werner Kofler: Tanzcafé Treblinka schnell und unrevidierbar alles der „Vernut- nicht der Erste sei. Kleist, Büchner, Kafka, 19. – 21. Oktober, jeweils 20 Uhr, zung“ (Heidegger) anheimgefallen. Beckett, Bernhard … seien ihm vorausge- neue buehne villach, Inszenierung: Ute Liepold | ● Markus Mittringer theater wolkenflug. Koflers einziges Theater- gangen. Durch das Seil verbunden schrit- Publizist ten sie leichten Schrittes voran. Vielleicht stück, in dem es in hochverdichteter Sprache um die maßgeblichen Verwicklungen von Kärntnern wiederholt der Jüngste von ihnen, was die in die Nazi-Vernichtungsmaschinerie geht. Konfiguration – Wolfgang Walkensteiner anderen vor sich hinsummten: „Die Zer- www.neuebuehnevillach.at von 13. Oktober – 31. Dezember im Café beiuns, Klagenfurt, 13.10. Vernissage, 19 Uhr

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 37 Kunst im Knast: „Als Musiker bin ich wer“ Die jährlichen Aufführungen des Klagenfurter Gefängnischores gelten als Geheimtipp. Für die Musiker sind die Proben die Gelegenheit, für kurze Zeit ein anderer Mensch zu sein.

Dass im Chor eine ganz besondere Atmo- die Justizanstalt am St. Veiter Ring, statt- Wer zu sein. Mehr zu sein als ein Straf- sphäre herrscht, hatte sich rasch von dessen haben sie eine Einladung bei sich. registerauszug. Über sich hinauszuwach- Zelle zu Zelle herumgesprochen. Während Nach dem Konzert passieren sie wieder sen mit den Mitteln der Kunst. Das war der Proben wird das Gefängnisreglement die Sicherheitsschleuse, um später den es, was Anstaltsleiter Peter Bevc den mit all den Formalismen für eine Weile anderen draußen von den inhaftierten Häftlingen in Klagenfurt ermöglichen aufgehoben. „Eine Stunde lang ohne Künstlern zu erzählen. Die Sänger, Musi- wollte, als er vor sieben Jahren den Gefan- Paragrafen und Schlüsselrasseln, ohne ker und Tänzer aber kehren nach der genenchor aus der Taufe hob. Zugleich Muss, einfach Mensch sein“, sagt Herbert Aufführung wieder in ihre Zellen zurück, sollte die Teilnahme für die Musiker ein K., ein Enddreißiger mit kurz geschorenen mit Türen, die sich nur von außen auf- Leistungsausweis sein. „Für manche ist Haaren und rundem Gesicht, der nicht schließen lassen. Im Wissen: Das Publi- es das erste positive Zeugnis, das sie je in erzählen möchte, warum er im Gefängnis kum war eine einmalige Verbindung zur ihrem Leben bekommen haben.“ sitzt. Außenwelt. Eine Möglichkeit, sich über Was 2010 als Experiment startete, wur- Im Chor ist man per Du mit den musi- etwas anderes mitzuteilen als über die de bald zu einer fixen Einrichtung. Die kalischen Leitern, es wird geblödelt und Taten, deretwegen sie eine Gefängnis- jährlichen Vorführungen des Klagenfurter gelacht. Ein Hauch von Freiheit weht strafe verbüßen. Gefängnischores gelten als Geheimtipp: durch die Anstalt. Die Kapelle in der „Uh, das war eine Aufregung“, sagt für Musikinteressierte und Menschen, die Justizanstalt gibt den Persönlichkeiten Herbert. „Angst vor dem Versagen, Angst einen unvoreingenommenen Blick hinter der Gefangenen Raum. Nicht immer läuft vor der Blamage.“ Walter S., ein junger die Gefängnismauern werfen möchten. alles nach Plan, oft kippen die Proben ein Landarbeiter, der wegen Schlägereien und Neugierig war auch der Musiker Herwig wenig, weil Teilnehmer die Gelegenheit einiger Diebstähle schon zum dritten Mal Zamernik, der mit seiner Combo „Fuzzman nützen, einmal einfach ausgelassen zu im Knast gelandet ist, nahm die Sache and the Singing Rebels“ vor drei Jahren sein. „Die Generalprobe war eine Katas- lockerer. Er sollte die Cajón trommeln ein Konzert im Häfn gab. Einer von vielen trophe“, sagt Herbert. und beruhigte seine aufgeregten Kollegen. Höhepunkten. Vor einigen Jahren, erzählt Er sollte bei der Aufführung ein Solo Sollten sie nicht mehr weiter wissen, Bevc, habe ein Häftling aus Afrika ein singen, „Halleluja“ von Leonard Cohen. werde er ihnen per Handzeichen helfen. Blues-Solo hingelegt, das die Zuhörer Vor Publikum, 200 Leute von draußen, Früher war er Schlagzeuger. Auftritte vor sprachlos hinterlassen habe, bevor ein die ins Gefängnis kommen, weil sie gehört Publikum sind für ihn nichts Neues, gewaltiger Applaus eingesetzte. Bevc sei hatten, dass die Aufführungen des Gefan- ungewohnt bloß die übergroße Bedeutung dann auf die Bühne gegangen, habe den genenchors etwas Besonderes sind. Diese eines Konzertes für sein Selbstbewusst- Musiker umarmt und zum Publikum Menschen kommen ohne Haftbefehl in sein. „Als Musiker bin ich wer“, sagt er. gesprochen: „Morgen sitzt er in einem

38 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 „Zuneigung“. Foto: Guido Katol buch.tipp Guido Katols malerisches Werk Franz Blei schrieb 1924 „Das große Bestiarium der modernen Literatur“, ein Buch von nahezu E I N L A D U N G „göttlicher“ Bosheit. Und in einem Teil seiner

Z U M Malerei erinnert Guido Katol, geb. in Villach und Schüler von Maria Lassnig, technisch ausgereift „S I N G I N G I N T H E JA I L“ und motivisch subtil an die Tradition dieser Bes- ********** tiaria. Die Farben trägt Guido Katol kräftig, mit breitem, pastosem Strich auf und verleiht

W A N N ? W O ? M I T W I R K E N D E: dadurch seinen Arbeiten eine dreidimensionale 22. Mai 2015, um 15.00h In der Anstaltskapelle der Der Gefangenenchor unter der Justizanstalt Klagenfurt Leitung von Eduard Oraže Auftritt von Fuzzman & the Singin Rebels. Komponente, seine Figuren heben sich vom

Purtscherstraße 2 Natascha Konzilia 9020 Klagenfurt (Rhythmusgruppe) Der Klagenfurter Gefangenenchor Bildgrund ab, „befreien“ sich gleichsam von die-

Dieter und Matthias Bucher bei einem Auftritt. (HäfenHipHop und Jailhouserock ) sem. Und, so der Künstler in einem Gespräch, er Einladung „Singing in the Jail“. arbeite langsam, Schicht für Schicht auftragend, Fotos: JVA Klagenfurt/Privat fallweise auch abkratzend, neu beginnend. Guido Katol hat eine Vorliebe für Tiere, die er mit anthropomorphen Zügen versieht. So z. B. im Bild Anstandswauwau (2008), in dem eine

gesellschaftliche Anstandsdame zu einem zäh-

Um Voranmeldung wird erbeten, entweder per E-Mail unter: nefletschenden Wolf mutiert, der geifernd ein [email protected] oder telefonisch unter: 0463 / 57 560 220 Flugzeug, weil er abgeschoben wird.“ Die zu besuchen. Das ist eine Frage der junges Mädchen bewacht, aber auch ein- Achtung: Keine Mobiltelefone, Fotogeräte oder andere Gegenstände mitbringen! Hälfte der Zuhörer, erzählt Bevc, habe Menschlichkeit, aber auch der Vernunft: schüchtert. Oder wie in Anstoß (2011), in dem Tränen in den Augen gehabt. Der straffäl- Was, wenn er die Gelegenheit zum Unter- ein Elefant eine Frau dazu auffordert, etwas zu lig gewordene Asylwerber aus Afrika war tauchen nützt? beginnen – quasi ein tierischer Pädagoge, der für sie zu einer Persönlichkeit geworden, Solche Fragen stellen sich beim Gefäng- mit Spiel und nicht mit dem Rohrstock lehrt. zu einem Menschen aus Fleisch und Blut nischor nicht. Die kleine Kapelle ist ein Mehrfachbrechungen und Ironie kommen auch in vielen Bildtiteln zum Ausdruck, wie Bärtha mit einer goldenen Stimme. Ort, in dem es kein Misstrauen geben (2010) für ein Mädchen und einen Bären oder „Es kursiert die falsche Vorstellung, muss. Der Raum gehört der Musikalität, Zuneigung (2009) für ein Kind und einen Löwen, dass Kriminelle wie Raubtiere sind. Mit schlummernden Talenten die keine Gefahr die sich einander zuneigen oder doch einander dem Gefangenenchor können wir zeigen, für die Allgemeinheit sind – sondern eine zugeneigt sind? Gegenständliches Katalogbuch dass es sich um Menschen handelt, die Bereicherung. „Im Gefängnisalltag lernt würdigt erstmals das malerische Werk Guido eine besondere Leistung erbringen“, sagt man, rau zu sein. Im Chor kann ich meine Katols umfassend. Otto Hans Ressler und Bevc. Er sei, erzählt er, immer wieder weiche Seite zeigen“, sagt Herbert. Katharina Herzmansky verorten es in ihren Bei- verblüfft zu sehen, wie sich die Körper- Seine Versagensängste waren unberech- trägen kunstwissenschaftlich, Alexander Widner haltung der Musiker ändere, wenn sie tigt. Als er Cohens „Halleluja“ sang, nähert sich ihm auf literarische Weise. wahrgenommen werden. „Gelobt zu wer- herrschte andächtige Stille im Raum. Mit ● Georg Mitsche den ist für viele eine Erfahrung, die sie kurzer Verspätung brandete Applaus los. * 1959 in Klagenfurt, seit zwei Jahrzehnten im zuvor noch nie gemacht haben.“ Alle Namen der Gefangenen geändert. Kunstbereich beschäftigt. ● Bevc sitzt in seinem ebenerdigen Büro Wolfgang Rössler Guido Katol, mit Blick auf den Theaterplatz, auch hier 36, aus Steindorf am Ossiacher See, lebt in Wien, Katalogbuch mit zahlreichen ist freier Autor und Journalist, unter anderem für Farbabbildungen sind die Fenster vergittert. Der Anstalts- die NZZ am Sonntag und das Standard-Album. leiter ist 57 Jahre alt, Brigadier, hat eine Leinen mit SU | Ritter Verlag, September 2017 | 216 Seiten kerzengerade Haltung und schnörkellose de./engl. | 39 Euro Nächstes öffentliches Konzert des ISBN: 978-3-85415-560-7 Sprache, an der Wand hängt ein Bild von Gefängnischores Klagenfurt im Juni 2018 Keith Harring. Vor ihm liegt der tägliche Info unter: [email protected], Berg von Akten, die er abzeichnen muss. 0463 – 57 560 220 Er entscheidet in letzter Instanz über individuelle Lockerungen, etwa ob ein DIE BRÜCKE VERLOST Gefangener ohne Begleitung Ausgang 2 Exemplare bekommt, um sterbenskranke Angehörige Zur Verlosung siehe BRÜCKE-Seite 42.

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 39 Unveröffentlichte Lyrik von Christoph W. Bauer. Formal ist das Gedicht dem Wandern eines Flusses – der sich windet, vordrängt, zurückweicht, einen Umweg wandelt und immer ankommt – nachempfunden. Forian Schneider quasi una fantasia schubertiana Foto:

für Ernst Sigot dessen züge plötzlich vereisen zertritt den geyer ehe er sich in deine so lauf ich mir durchs ohr in deinem seele frißt o elend wie alles menuetto achtneunvier sich zur faden prosa verknöchert auf einer fahrt nach klagenfurt schriebst du einmal an wen noch gleich vom lindenwurm zum lindenbaum ach an den spaun den financier nehme ich dich mit auf meine reise nach lemberg war der übersiedelt in deinen tänzen und sonaten du siehst wir kommen weit herum fließt du über tief in mich und hochosterwitz st. veit an der glan schaust bald forsch aus meinen augen verfolgt von schaurigen triolen so sind wir nun halt unterwegs hältst du es nirgendwo lang aus im unterwegssein da sind fragen am wenigsten vielleicht in dir

VORLESE.PRVO BRANJE wo bist du mein geliebtes land meine ruh ist hin mein herz ist schwer gesucht geahnt und nie gekannt ich finde sie nimmer und nimmer mehr das land das land so hoffnungsgrün ließest du den kupelwieser wissen lass sein ich kann es nicht mehr sehen bald triffst du ihn in tanzenberg was soll uns aus der hoffnung blühen? den schober auch den schwind ja alle denn wieder ist kein land in sicht sind sie gekommen dich zu hören und wieder fragt der seufzer wo ist denn sichtbar wirst du nur in klängen das land das unserer sprache spricht strafst jeden biedermeier lügen bis an die zungenwurzel kriecht das pathos zielgerichtet selbstbewusst wer sich der einsamkeit ergibt so lauf ich mir durchs ohr in deinem wer nie sein brot mit tränen aß in anarchischen akkorden als wär das leben ein bildungsroman dreimäderlhaus ade berté in dem jeder sich verlieren muss auch klagenfurt auf wiedersehen sieht er vor worten den sinn nicht mehr so sind wir nun halt unterwegs hast letzteren aufgesogen in musik vom lindenwurm zum lindenbaum ihn aufgezogen wie eine uhr über im unterwegssein da ist zukunft deren ziffernblatt die takte brechen im unterwegssein da sind fragen so ist prometheus ton geworden maria saal könnt dir gefallen das ist zu platt um dich zu fassen ist es die neugier die dich treibt die nachwelt glättet was rau sein will sie wird nicht müd sie wird nicht matt was aufschrei ist und angstruf wird der weg ist ihr stets neu ist deinem intellekt gedankt sie braucht nicht lockung so lauf ich mir durchs ohr in deinem braucht nicht lohn auf einer fahrt nach klagenfurt die sehnsucht bleibt dir treu so sind wir nun halt unterwegs from franz to kiki taubenpost grad rauschen wir übern semmering berauscht von ihr ins unnahbare ins steirische du kennst es ja berauscht besoffen fremde ferne von einer nacht in fürstenfeld aus dem blauen tauchst du auf da merkt man erst wie müd man ist am brunnen vor dem tore erspart blieb dir beileibe nichts und träumst in dessen schatten in graz hingegen recht vergnügt uns so manchen süßen traum wollt wien dir noch nicht in den kopf uns so manchen süßen die heimatstadt und ihr geschwätz uns so manchen vergessen auch in gmunden einst wo bist du mein geliebtes land höchst ungeniert dort fast zuhaus gesucht geahnt und nie gekannt und nun erneut auf sommerreise so lauf ich mir durchs ohr in deinem bruck leoben knittelfeld menuetto achtneunvier in friesach steigen wir kurz aus in deinem kupelwieser walzer sehen petersberg die burgruine tanzt einstein plötzlich mir entgegen als wär die welt mit brettern vernagelt und verbietet mir endlich das maul an bergen mangelt es kärnten nicht ins fenster wachsen traurige nester ● Christoph W. Bauer vöcklabruck ist überall * 1968 in Kolbnitz/Kärnten, lebt in Innsbruck. Die Lyrik hat es ihm angetan, Christoph W. Bauer schreibt aber in allen Genres. die scheibe spiegelt dein gesicht

40 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Der Beginn einer Langversion von Gedichtmonologen, worin Lydia Mischkulnig Material aus Aslyverfahren verarbeitet. Es handelt sich laut Autorin um den „Auszug eines Einzugs“. Erstveröffentlichung. Margit Marnul

Café Bleiberecht II Foto:

Die Erstfrau hat keines, Ich will nicht verstehen, eure und falls das nicht klappt, Asylgrund auch nicht. Prüfungsangst. als Kritiker zu enden. Ich will nicht verstehen, eure Familienzusammenhang ist alles. Ausbildungsdauer. Lebenserzählung betreiben und wie schnell darüber dissertieren … Ohne, Da sind mir die Katzen lieber, landet sie denn sie putzen ihren Dreck Was der Verlust einer Tochter bedeutet? auf der afghanischen Straße. mit der eigenen Zunge vom Fell. Die Sprache ein Schriftwissen. Babykotze auf dem Autoleder. Mit, Das Blut auf der Stirn, bleibt sie hier, wenn das Kind verunfallt – ● Lydia Mischkulnig eingesperrt zu Hause. ich kenne diese Art Katastrophen. 1963 geboren in Klagenfurt, studierte Bühnenbild an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz,

darauf an der Filmakademie in Wien Drehbuch und Pro- VORLESE.PRVO BRANJE Das muss man anders sehen: Und andere, duktion. Schreibt Erzählungen, Lyrik, Essays, Kolumnen- beiträge und Romane – zuletzt: Schwestern der Angst, Eifersucht gibt es bei ihr nur die beflissene Verschwiegenheit Roman, Wien/Innsbruck 2010; Vom Gebrauch der in den Träumen. der Welt gegenüber Wünsche, Roman, Wien/Innsbruck 2014; Die Paradies- maschine, Erzählungen, Wien/Innsbruck 2016. Die Rache der Frau wäre fürchterlich. und die Kunst des Zeit-Totschlagens, Herausgeberin der Reihe Nadelstiche im Theodor Kramer Verlag. Konzeptionistin und Leiterin von Gesprächsreihen Sie trauert um die Tochter. die so quält. zu Literatur im Literarischen Quartier Alte Schmiede, Was nützt es mir, als dass ich das Wien. Lehrbeauftragte an der Universität für angewandte Kunst in Wien, Gastprofessorin und Vortragende an Wer will das schon verstehen? versteh? ausländischen Universitäten. Lieber die Gesprächsfetzen von Ich putz den Boden, ich wische die Zahlreiche Preise und Stipendien: u.a. Bertelsmann- Literaturpreis beim Ingeborg-Bachmann-Preis 1996, Kaffeetrinkern auffangen, Tische. manuskripte-Preis 2004, Elias-Canetti-Stipendien 2007 von Kohlehydraten und Hydranten, und 2014. Der Veza-Canetti-Preis 2017 wird der Autorin am 4. Oktober 2017 verliehen. transnationalen Literaturen, Die Tochter wurde von ihrem Mann Lissabonnern und Rom, erschlagen. vom Drachenfliegen am Strand. In jeder Familie ist einmal Ähnliches Während sie einander verliebt passiert. in die Augen schauen, In grauer Vorzeit, von den Bildungswegen erzählen, in der Zukunft, pilgert die Erstfrau zum Grab der hier sogar, Tochter – werde ich einmal gewesen sein, sie hackt die Hände der Mörder ab. nichts bleibt ausgeschlossen. Und den Rest. Kauf dir ein ärmelloses T-Shirt, Nein, ich will von der Liebe sprechen, trage die Haare offen. und diese Liebe Das hätte vielleicht einmal macht keine schönen Augen, die Tochter zu ihrer Tochter gesagt. sie sagt stattdessen scharf, Das ist mein Ansuchen, ich will dich vor mir schützen. das ist mein Asylgrund. Was hätte sein können? Die Erstfrau schlich sich zum Krummsäbel Ich hasse Volontariate, und entmannte die Mörder. Volontäre des Wohlstands, Das ist ihr Asylgrund. zu glauben Das ist sie. das Gefühl zu kennen, Ich will nicht verstehen, eure alles verloren zu haben, Diplomatenakademie. nur um darüber zu schreiben,

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 41 42

DIE BRÜCKE BUCH.TIPPS „Lesen Sie gefälligst!“ Sie „Lesen den Autor und Buchtitel und Autor den FUNKTIONIERT’S: SO – VERLOSUNG i B gefragt. Spürsinn detektivischer deren ist wieder und ... Staunen zum Kinder die bringt Professors des schungslabor For im Substanz schillernde eine auch Doch Zeugs. unverständliches Professor der brabbelt seither denn sich, in es haben Gurken Diese verspeist. Fernsehstudios ner Münch eines Backstage-Raum im Flick sor Profes die Snack-Gurken, geheimnisvollen die um alles sich dreht Rasselbande Sonnenburger der Abenteuer neuen Im Kinderbuchtipp Exemplare 3 2017| 12Euro | verlag wolf der 157| Seiten Russwurm-Biro Gabriele Verband SchriftstellerInnen Kärntner Hrsg. 2016 KSV-Literaturwettbewerbs des Texte Ausgewählte – feinheiten Tidl. Christine und Scharf Rebekka Ramnek, Hugo Possnig, Eva Kos, Bianca Jonke, Christina Hoppe, Alraune Maria Gregoritsch, Tatjana Goerner, Ronny Feinig, Stefan Drexler, Maria Helena | Auer Miriam und Auer Paul Stallhofer, Angelika Lauer, Greta von Texten Mit erschienen. wolf-verlag der im „feinheiten“ als form Buch in erstmals sind Beiträge weitere und 2016 Wettbewerb dem aus Siegertexte Vier Kärnten. in Literatur neue für Wettbewerben wichtigen den zu Klagenfurt, STW der preis Lyrik dem und Bachmannpreis tionalen) (interna dem neben zählt Er aus. raturpreis Lite einen Zweijahresrhythmus im Verband SchriftstellerInnen der schreibt 2002 Seit feinheiten 3 Exemplare 3 am Buchpräsentation 978-3-7074-2120-0 ISBN 9,95| | Euro Jahren 9 ab | 2017 120| Seiten September Verlag, G & G Gurken-Schurken-Krimi Der Motschiunig: Ulrike forderte n Kooperation mit Tochter Hanna (10) Hanna Tochter mit Kooperation n irgit Sacherer irgit 14. Oktober 14. DIE BRÜCKE VERLOST BRÜCKE DIE VERLOST BRÜCKE DIE Nr.3|Brückengeneration 5– Okt./Nov.17 Peter Handke Peter in der Buchhandlung Heyn Heyn Buchhandlung der in und im E-Mail Ihren vollständigen Namen und Postadresse angeben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. ausgeschlossen. ist Rechtsweg Der angeben. Postadresse und Namen vollständigen Ihren E-Mail im und (*1942 in Griffen) bei der Verleihung seiner Ehrendoktorwürde in Klagenfurt in Ehrendoktorwürde seiner Verleihung der bei (*1942 Griffen) in

Es gewinnen die jeweils ersten E-Mail-SchreiberInnen: [email protected]. Als Betreff Betreff Als [email protected]. E-Mail-SchreiberInnen: ersten jeweils die gewinnen Es -

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cba.fro.at/series/ramneks-wurlitzer Wurlitzer: Ramneks Sendereihe, Zur 105,5. AGORA radio svobodni / AGORA radio en frei dem mit Kooperation in erscheint Buch Das spielen. Kopf seinem in die Songs, den mit Ramnek Hugo Performance-Autor musikbegeisterte der spielt Buch jüngsten seinem In Scheiben: alten zu Texte neue 45 Ge-Ge-Generation Meine Exemplare signierte 3 am Buchpräsentation 978-3-351-05042-9ISBN 20| Euro 2017 Verlag, 288Seiten | Aufbau | Roman schlief. hier Wer Straub: Isabella scheint. entfernen zu selbst sich von weiter immer nur doch sich und ist Suche der auf Philipp der in Welt, an Parallel-Wien einem in Roman dieser auch ist „Südbalkon“ Debüt ihr Wie trägt. herum sich mit er das Hausner, Rudolf von Bildes eines Reproduktion eine Homeless“, „Suddenly den bei Schlafplatz ein studio, Fitness- einem in Spind Ein Heimaten: punktuelle noch nur Roman drittem Straubs Isabella in bleiben Kuhn Philipp Protagonisten Dem Freundin. Frau, Haus, Job, weg: anderen der nach Gewissheit eine bricht Leben seinem in doch Sicherheitstüren, verkauft Mann Der schlief. hier Wer 3 Exemplare 3 | Hauptplatz Wolfsberg, | Klagenfurt Künstlerhaus | (Stromgitarre) Friessnegg Jörg & (Mundharmonika) Ottowitz Arthur mit Ramnek Hugo Tönen: und Worten aus Buchpräsentation 978-3-99029-262-4 ISBN Euro 18,80 | 120 Seiten ca. 2017 Verlag, Wieser | Jukebox. Eine Ge-Ge-Generation Meine Ramnek: Hugo gesiedelt: Eine unmögliche, skurrile unmögliche, Eine gesiedelt: 19. Oktober 19. DIE BRÜCKE VERLOST BRÜCKE DIE DIE BRÜCKE VERLOST BRÜCKE DIE 12. Oktober 12.

in der Buchhandlung Heyn im Rahmen einer Jam Session Session Jam einer Rahmen im ramnek.at/live/ 13. Oktober 13. , 19Uhr,,

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ISBN 978-3-85454-134-9 ISBN 18Euro | 2017 120| Seiten November Kärnten, für Geschichtsverein | Klagenfurt in Gurk Diözese der Archiv dem aus Inkunabeln Illustrierte Text. und Bild in Lesen Hensle-Wlasak: Helga Bücher. gedruckten frühen der Bildschmuck dem auf liegt Arbeit der Hauptaugenmerk Das berücksichtigt. 1495, von Perottus Nicolaus des Grammatik der Ausgabe die etwa Besonderheiten, werden hinaus Darüber 1495). (Venedig Medicinae culus Fasci berühmten dem wie Traktaten chen naturwissenschaftli frühesten den zu hin bis Literatur theologische und Schulbücher über Liturgika traditionellen den von Bogen der sich spannt Inhaltlich ausgewählt. beln Inkuna illustrierte 16 wurden Buch das Für Buchdrucken. frühen von Sammlungen ßen gro den zu österreichweit damit gehört und Gurk Diözese der Archiv das zählt 1500) bis (Druckwerke Inkunabeln 850 Rund Inkunabeln Illustrierte 3 Exemplare 3 978-3-85435-847-3 ISBN 2017 19,80| Verlag, Euro Drava Comic | Bellum Post Stacheldraht hinter Frauen Partisanen. die für dungsfrau Verbin zur wurde und fliehen konnte Sie te. ende Stacheldraht hinter Volyne aus Jüdin böhmische als die Esterkésová, Helena schließlich Und verbergen. zu Gestapo der vor so sich um Nazis, den bei Zwangsarbeit zur freiwillig sich meldete Pláteníková mila Jar Widerstandskämpferin verliebten. ander inein Schlutup Fabrik der in Zwangsarbeit der während sich die Vaters, tschechischen eines und Mutter polnischen einer Tochter Hocková, Františka sind. verbunden lager Arbeits nationalsozialistische das durch ten Lebensgeschich deren Frauen, drei von … ... Comic-Geschichten Drei Exemplare 3 DIE BRÜCKE VERLOST BRÜCKE DIE DIE BRÜCKE VERLOST BRÜCKE DIE

Viel Glück! Viel ------3 signierte Exemplare signierte 3 978-3-99014-146-5 ISBN | 19Euro | 2017Seiten 85 | | Salzmann Müry | Wien – Salzburg Hartinger Ludwig von Zeichnungen Dichtungen Salzgehalt. Laznia: Elke Brückenpfeiler. literarischer Kultur, und G K haben. behalten Durchlässigkeit ihre Nahtstellen und sind heilt ver oberflächlich nur so haupt, über wenn Verletzungen, frühe Kindheit“lassenerahnen, dass Seele“,„Fontanellenund unserer „denSchmelzpunktenzubis der reichtoderIcheinemdabeiDu aufgehen.ZwiespracheDie mit Bedeutungszusammenhängen neuenvariiertinlässtundes es MärchenoderSprichwörtern auf, greiftterFormelhaftessie aus Mitun gebend. Atem und Raum gesetztihrerOffenheitinund sparungenEllipsenund bewusst Aus allem vor und Interpunktion zise,sindBilder,Rhythmus und prä sehr Sprache ihre ist dringt, vor Empfindung und Tat Seele, schenInnenAußen,undLeib und zwi Erwachsensein, und Kind- zwischenTraumWachen,und schwerzugängliche Bereiche Autorinwohldiehierbei in Wie vor. Sagbaren des Grenzen „Dichtungen“nochweiterdiean lässt,aktuellendenstößtin übergehen ineinander Sprechen lyrisches und erzählendes (2014) Debüt-Roman„Kindheitswald“ ElkeLaznia,bereitsdie ihremmit VehikeldesKommunikation.der unzureichen als führt, Augen vor einer“doppelseitigen Sprache“ insgesamtdas Umgangdenmit (Ver-)SchweigenOffenlegen,und Verhüllenein Enthüllen,und abgelegtundten,an- werden, zugeschnit „Tarnkleider“ wie die oderSchichten,ten Worten,mit Häu mit Umgehen ein wie ist Es Salzgehalt atharina Herzmansky atharina ermanistin, Mitarbeiterin der UA Kunst Kunst UA der Mitarbeiterin ermanistin, DIE BRÜCKE VERLOST BRÜCKE DIE

------Bernhard Hüttenegger: Bernhard Robert-Musil-Institut. am J W Sprache! chen einfa eindringlichen, genauen, schönen, seiner mit geschichte, Liebes alltäglichen merkwürdig dieser Erzähler ehrliche der hat, angerichtet er Was Auflesen. an. es käme rung Erfah subjektive spezielle die auf WIE, das auf sondern WAS, das auf nicht Ziele, exotische Schreiben. Das ses. Gedächtnis des Fehlfunktion eine Erinnerung, Die gnation. Liebe? der Rache die Hass, bleibt? Was es? nützt Doch büße. ich bereue, ich beichte, hat. verlassen immer betrogen, immer sie er Weil hinaus. Leid zugefügte ihm von ihr viele das schreit Sie en. Frauenschrei vom erzwungen ist Männerbeichte Die nichts. es wird Halbkugeln zwei der heit Ein platonischen der Mit Frau. Mann/ tun. zu Liebe mit Hat – Internat. im Eltern, den von Kind, als Zurücksetzung, der von Rührt Laster. Vom wegen. unserem nach Suche der Auf flucht. Insel Nordflucht. Wienflucht. hinaus. es treibt Uns also? Heimatroman Ein lebt. Jetzt herkommt. Hüttenberger Wo tun. zu Provinz unserer mit Hat wollen. verstehen die Frauen, für Und unten. siehe gangs, Jahr Meines Narren. alte uns Für lesen! zu unbedingt Bitte Lebensbeichte 3 Exemplare 3 978-3-903144095ISBN 19,45| Euro 149Seiten 2017 keiper, Edition | Roman Narren alten eines Beichte ahrgang 1958, Germanist und Historiker, Historiker, und 1958,Germanist ahrgang alter Fanta alter DIE BRÜCKE VERLOST BRÜCKE DIE THULE

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- - - - - Verzweiflung und spätem Ver spätem und Verzweiflung Brüchen,Wiederversöhnungen, zweiJahrzehnte währende, von werden,zuschildert Böttiger die kulativpsychologisierendoderzu spe je ohne recherchiert, bisch Akri werden. zu Schriftstellerin studierenWienzuundin – Klagenfurterin,schickte sichan, restnachWiengereist. Sie,eine Buka über war wurden, bracht umge NS-Arbeitslager einem in gebürtigeDichter, dessenEltern Czernowitzaus1948.derEr, JahresbeidenWiendesdieim liebenundgelernt hatten sich PaulCelan.mannundKennen Bach Ingeborg Protagonisten: Alltaglebennichtwar.Diezu handelteinervonLiebe,im die prallenzweierSchutzloser. Es Aufeinander vom erzählt buch Sach neues Böttigers Helmut Dunkles uns sagen Wir 3 Exemplare 3 978-3-421-04631-4ISBN Euro 22,70 | 2017 DVA, Seiten 280 | Celan. Paul und Bachmann Ingeborg zwischen Liebesgeschichte Die Dunkles. uns sagen Wir Böttiger: Helmut Bachmannpreis. beim Juror und Standard * S Lestrange. Gisèle frau Ehe Celans sowie Weigel Hans Frisch,MaxHansWerner Henze, eint,sindkleinePorträts von ver Literaturgeschichte mit Zeit- das Buch, dieses in Eingewoben trennennichtsiemehrzuwaren. raturjenenfanden,Ortdeman Lite der Feld im so und bezogen GedichtenCelanin aufeinander arbeitet,sichBachmannwie und herausge Gedichtexegesen sen präzi in wird Stupend gonisten. Prota beiden der Werkes schen lyri des Vermessung genaue schlägt,bieteteraucheine nachZürich,bisdieserden Band KlagenfurtWienundüberRom graphischweitereinBogenvon geo nur nicht ist Es raturstars. Lite späteren beiden der schaft Freund begleitete stummen 1965 in Bern, ist Literaturkritiker beim beim Literaturkritiker ist 1965Bern, in tefan Gmünder tefan DIE BRÜCKE VERLOST BRÜCKE DIE

------DIE BRÜCKE ------auf Band zu sprechen. zu Band auf sie um zusammen, rungsfetzen Erinne seine Klee Protagonist ihr kramt Band“, letzte „Das Becketts in Krapp Schriftsteller der Wie schreiben. zu diese wie Geschichte eine gegeben, Baar Anna nur es ist Roman, im Hebamme der wie Und verriete. Irdischen die an nicht Engel der Weisheit die er damit gedrückt, Lippen die auf Finger den Klee sie hat Schrei, ersten dem vor noch Lebens, des le Schwel der An sehen. zu Kindes des Seele die in gegeben, es war mitgibt. Text ihren durch Reise die auf Lesern ihren Autorin die den Kompass, der wohl ist Cocteaus, Jean Zitat vorangestelltes Roman em neu Baars Anna Dieses, lügst?“ du was wahr, auch das „Ist Textbildpoesien im Musilhaus Klagenfurt Musilhaus im Lesung: ISBN Euro 20 | Seiten 208 2017 Verlag, Wallstein | Roman gingen träumend sie ob Als AnnaBaar R W genug. nahe nicht lange noch Und / üblich als fung Schöp der Herzen dem näher Etwas / Ungeborenen den bei wie / Toten den bei gut so grad wohne ich Denn / fassbar nicht gar ich bin Diesseitig Seite: letzten der auf Gedicht Klees Paul wie kryptisch, genauso ist und Frieden und Krieg von Tod, und Liebe Geburt, von märchenhaft erzählt Buch Dieses Helden. des Name der einmal nicht Land, kein Ort kein gewiss: nichts ist igkeit Genau erzählerischen der Trotz Sätze. ihrer Brutalität und Schönheit lyrischen der in und Textbildpoesien Baar‘schen den in sich verliert Sie Vexierbild. großen einem in sich verliert sie Absurdität, skurriler in Krapp ler Icherzäh der wie nicht sich liert ver Klee Figur erzählte die Aber A ezensent,Destillateur mannGestalterder St. ilhelm Huber ilhelm Nr.3|Brückengeneration 5– Okt./Nov.17

978-3-8353-3124-2 978-3-8353-3124-2 23. November 23. :

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DIE BRÜCKE MUSIK.TIPPS „Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.“ den in nicht steht Musik der in Beste „Das den Band- & CD-Titel & Band- den FUNKTIONIERT’S: SO – VERLOSUNG Exemplare signierte 3 2017 | Oktober MoorhouseRecords/8Merch, Trouble Trax: Jam K M on“. „Carry sinngemäßTrackeinem auf es heißt schließlichnächstenJahrzehnte…die für noch auch das und …Rocken) (zumKraft die liegtRuhe der InHektik. oderEile keine gibt Es Zeit.sichlassen Songs Die Rolle. zentraleeinebereichern.Zeit spieltDabei modernenBluesden auch klassischen als Eigenkompositionen,den9 sowohl mitdie limitiertenStück)streng(100einerAuflage in LPserscheinen gibt,diehören zu nen Cover-Versio auch ersterer auf es Während Besonderheiten.Vinyl-Versionesder gibt auf auch als CD derbegleiteten. aufSowohl Tourneederen auf Jahren 10 vorTraxer Jam die„Nazareth“, diewieBands Rock Hard Einflussvon der auch sich zeigtTracks teren här den auf allem Vor rockend. hart bis zart von –verschiedenen BluesFacettendes in Songs 12 manifestierendiesein sichUnd Stärken.eigenendie vertrautsondernauf erzwingen,nichtswill man übertrieben – nie wirktGesangPhantasie, derund keit Genauig durch überzeugt Instrumentierung besticht.DetailDie fürsbesondereLiebe durchbodenständig unddiebleibtMusik, diekraftvolle FundamentBlues-Rockfürdas „Trouble“,derLP/CDbildet neuenihrer auf „BumBum“(Schlagzeug).PruggermasAuch Tho sowie (Gitarre) Seebacher Achim Bass), Gitarre),HatbergerSieghard„Sigi“& (Vocals & (VocalsFian„Harte“Erhard Besetzungmit der inJahren 12 seit1999, seit es gibt FeldkirchnerDieBlues-Rock-Band Trax Jam „Trouble“Traxin Jam Gustav Mahler Gustav ulturreisender und -schaffender und ulturreisender ichael Herzog ichael DIE BRÜCKE VERLOST BRÜCKE DIE Nr.3|Brückengeneration 5– Okt./Nov.17

www.jam-trax.com (1860 – 1911), Staatsoperndirektor und Komponist und (1860 1911),– Staatsoperndirektor und im E-Mail Ihren vollständigen Namen und Postadresse angeben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. ausgeschlossen. ist Rechtsweg Der angeben. Postadresse und Namen vollständigen Ihren E-Mail im und

Es gewinnen die jeweils ersten E-Mail-SchreiberInnen: [email protected]. Als Betreff Betreff Als [email protected]. E-Mail-SchreiberInnen: ersten jeweils die gewinnen Es - - - - TYXart.de Kaufmann Dieter – Bachmann Ingeborg come may days rough – Tage härtere kommen Es tätig. Kärnten Radio von Programm das für Redakteurin sendungsverantwortliche als auch aber ist Ö1, und Kärnten Radio für Jazz und Musik zeitgenössische Klassik, Bereichen den aus Sendungen u.a. gestaltet Sie l A zuversichtlich. auch aber Offen, harmonischennichtin Klängenbadet. Vertrautheitvergessendie lässt,dasssie ziehtsicheineWandlungunverhoffterzu hin voll Hinhören näherem bei aber gründlich, uner Weise gewisser in ist Musik Diese zugespielt,„ver-stimmt“. Kaufmannwirdverschoben, elektronisch DieterbeioftElenaso Denisovawie und – schenGeschehensdamitGeigerin auchdie– musikali des Mittelpunkt im Streicher die dreiweiterenInstehen WerkenCDderauf ergibtgroßeerstdasGanze. Zusammenklangunausweichlichist und lässtnichtunseinsamzurück, dennein vielenimmereinevondienurseinkann, StimmejedesEinzelnen, dieseundStimme, dieWerkgegenKriegfüreindenund ist Es Kaufmann. Dieter von op.11“ „Evocation derenGedichteGrundlage die bildenfür Bachmann, Ingeborg Dichterin Kärntner der kommen„Eshärtere Tage“eineTextzeile ist auslöst. uns in sie die an, Emotion nichthörbar.kommtvielmehrEs die auf entzifferbar,nichtwahrnehmbar, schongar ZeichenoderLinien,allerdings vielefürnicht NotenalsoderPapierstehtzwaraucham– geschrieben,fastalleverständlich,für Musik Widerspruchein sich,Worteinstehen ZeitgenössischefassenWorteMusikzuistin Kaufmann Dieter 3 signierte Exemplare signierte 3 ebt in Graz, Mitarbeiterin des ORF Landesstudio Kärnten. Kärnten. Landesstudio ORF des Mitarbeiterin Graz, in ebt ngelika Benke ngelika DIE BRÜCKE VERLOST BRÜCKE DIE

- - - Beat an seinem Platz ist. Auch die schnelle die Auch ist. Platz seinem an Beat entspanntzurücklehnt, weilwirklich jeder sicheinemmanStückdemIntoPlacebei – GroovesdieFallingfügenbeiundsichinwie sehrhomogen.Solos Diebleiben kompakt Energie.der Allgemein wirkenStückedie treiben mit und frisch präzise, spielt Šticker ständigenSoundSchlagzeugerbei.Der Lan eigen zum trägt Limitierung diese genau abwechselndRolleBassistendiedes und übernehmen Lackner Lukas boarder Key der und Steurer Yannic Gitarrist Der bestehtKeyboard,aus GitarreDrums.und mationBesetzung.u.a.dieist Band Die For dieser an Spezielle Das Back“. is Future DeltavonConcept ihreDebüt-CD „The Kelomat.präsentierenNun dreiMusikerdie kommen90ernOmnibusdenmitausoder fixeFormationals weiterbesteht. Beispiele tringgemeinsamMusikdievertiefte in und Vik Musikforums des Jazzworkshop beim nichtersteistdieTrio-Besetzung,Es sichdie Concept Delta 3 signierte Exemplare signierte 3 Oktober 12. Konzert: CD-Release Erscheinungsdatum: Back is Future The Concept: Delta Landeskonservatorium am Jazz-Saxophon S M facebook.com/deltaconcept hörenswertundten Jazz-Fans.nichtfürnur Kärn aus Szene jungen der Lebenszeichen trotzdemineinandergut fügen.kräftigesEin stilistischunterschiedlichen Teilen,sichdie LatinPatternGitarreder überraschtund mit trastiertsind.Gobelin beginnt einemmit kon Melodien luftigen und Sounds flächigen nichtüberspielt, dichtendiedaBeats mit NummernrenFutureBackwirkenThewieis axophonist, Komponist, Professor für für Professor Komponist, axophonist, ichael Erian ichael DIE BRÜCKE VERLOST BRÜCKE DIE

im im raj Viel Glück! Viel , Klagenfurt, 20:30 Uhr 20:30 Klagenfurt, ,

1. Oktober 1.

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Erste Hilfe (First Aid | Foto: Backstage Pro) für den Punk um den Missstand (Foto: Kapu) der Dinge anzuprangern. Wünsche nimmt der Alkbottle-Weihnachtsmann (Foto: Thomas Zeidler) entgegen, versus 10 Jahre Langeweile kämpft das Kwadrat beim Jubiläumskonzert mit Colours of Monochrome (Foto: Backstage Pro/Hellefant).

Der Stand der Dinge Alter und (halbwegs) Neuer Punk in Kärnten … ein aktueller Blick auf zwei Bands, die dorthin gehen wo es weh tut … und wer brav alle Schmerzen aushält, auf den wartet der Weihnachtsmann.

Auf der Landkarte der Kärntner Punk- finger entgegenstrecken – diese Musik ist nur was ihre Liebe zum Gerstensaft Bands wird man nicht so schnell fündig. gegen alles – das Anti wird zum Programm betrifft) kommen mit ihrem Vollgas-Punk- Ein „Missstand“, der mit gleichnamiger und zeigt, dass es nach wie vor wichtig Rock auf ihrer „Fett wia Christkindl“ Tour Band behoben werden sollte. Zumal es die sein kann oder besser noch sein muss, die am 1. Dezember ins ((stereo)). „Lauter Punkrock-Band um Mani K. Pitalist, Dani Attitüde auch nach so langer Zeit zu wie die Sau“ wird es aber nicht nur knapp und Patze schon seit 1993 gibt. Und seit bewahren. „Keine Liebe für dein Scheiß- vor Weihnachten, sondern ebenso mit dem damals ist in Kärnten viel passiert: Ban- land“ oder „Glaube? Lieber Hoffnung“ Metall-Festival „Follow the Goat“ am kenskandale, Landeshauptmänner sind spielt auf jenes provinzielle Kleingeist- 14. Oktober. Zum ersten Mal in der Band- gestorben und Politiker mussten sich vor denken an, das den wahren politischen geschichte kommen die deutschen Death/ Gericht verantworten. „Die netten Jahre und religiösen Hass hervorbringt. Wut Black-Metaller von Obscurity (mit neuem sind vorbei“, hieß es auf dem zweiten (mit der musikalischen Hau-Rein-Metho- Album „Streitmacht“ im Gepäck) nach Album der Band und Songs wie „Heimat de) gegen Hass bietet die Band als Rezept Kärnten. Unterstützt werden sie von Under zu Asche“ boten der Wut freien Lauf. Nun an und dies ohne jegliche Rücksicht was Destruction, CroworD und Church of sind einige Jahre ins Land gezogen und man in Stadt und Land von ihnen denken Necrolust. Davor und dazwischen darf der Deutschpunk hat durch seine stetige möge – denn schließlich heißt es „Es gibt man träumen und sich erinnern – etwa Anti-Haltung an Interesse und Beliebtheit kein ruhiges Hinterland“. mit Tagträumer am 18. November im eingebüßt. Doch gerade jetzt scheint die Dass es aber auch Nachwuchsbands aus ((stereo)), einem ungewöhnlichen Doppel Stunde der Klagenfurter Band (eigentlich der Sparte Punk-Rock gibt, beweist die zwischen steirischer Heimatmusik und aus Passering) gekommen zu sein, denn Band „First Aid“. Erste Hilfe in Sachen Wienerlied mit Natalie Ofenböck und die fast 15 Jahre Musikerfahrung, die auf Punk geben die St. Veiter Brüder Markus dem Nino aus Wien am 28. Oktober im den Schultern der Punk-Rocker lasten, (Vocals & Gitarre) und Christian (Drums) Kulturhofkeller in Villach oder, dass mit wiegt nicht schwer, sie ist vielmehr befrei- Waldhauser. Unterstützung bekommen Noobs, Colours of Monochrome und Ian end, was sich auf dem neuen Album „I sie von Christopher Wohlfahrt (Vocals & Jules & Matteo Orenda zum 10-jährigen can`t relax in Hinterland“ besonders gut Bass). Obwohl sie bereits seit dem Jahr Bestehen des Klagenfurter Kwadrats am zeigt. Mit dem Plattenlabel AGP gelang es 2000 existieren, gelten sie als relativ neu 14. Oktober im Jugendzentrum ein Kon- der Combo, die bestmögliche Option in und als die Kärntner Hoffnungsträger für zert bei freiem Eintritt geben. Sachen Vertrieb für Punkrock und Aggro- den Punk-Rock in der Szene – zumal sie ● Michael Herzog pop zu wählen. Etwas wollen „Missstand“ am Musikwettbewerb „Local Heroes“ teil- geboren im gleichen Jahr wie Ziggy Stardust, Kultur- reisender & -schaffender, Metro- und Kosmopolit, am aber auf keinen Fall – das musikalische nahmen und dort mit ihrem von Bands liebsten auf Musikfestivals zu Hause, gerne aber auch an Rad neu erfinden – das entspräche auch wie Bad Religion, Green Day und Rancid ruhigen Orten und in Museen, promovierte in Geschichte und Medien. nicht der Punk-Attitüde. Natürlich gibt es inspiriertem Punk sowohl Jury als auch Abwechslung, etwa wenn sie eine Kolla- Publikum im Klagenfurter ((stereo)) Alle Termininfos auf: boration mit den Label-Kollegen von Fah- begeisterten. Zusätzlich machte man www.stereoclub.at nenflucht eingehen oder das gefühlvolle zuletzt im Vorprogramm von Turbobier www.kulturhofkeller.at www.kwadrat.cc „Scheiße auf Repeat“. Man muss sie ein- auf sich aufmerksam. Die sehr ähnlich fach lieben, wenn sie einem den Stinke- gelagerten Jungs von Alkbottle (nicht

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 45 Popkultur – Opium für das Volk!? Am 17. November findet im Bambergsaal/ Parkhotel Villach die Veranstaltung Popkul- tur – Opium für das Volk!? statt. Die Popkul- Musikalisches Mosaik tur dringt in der globalen Welt nicht nur als Am 13. Oktober bietet sich die Gelegenheit, in St. Lorenzen im Lesachtal in das klangsinn- Lifestyle-Phänomen ein, sondern streckt liche Violin-Universum von Elena Denisova einzutauchen und am 15. Oktober mit dem ihre Fühler auch in politische Sphäre. Hierzu Konzertabend Serenata – grenzenlose Musik im Greisslermuseum Thörl-Maglern in die referieren Klaus Theweleit und Manfred Beschreibung der Liebe in der österreichischen und italienischen Musik (Puccini, Mozart, Prisching. Sie behandeln die Entstehung Schubert usw). Im Congress Center Villach musizieren die Salzburg Chamber Soloists am und Entwicklung der Popkultur und greifen HORIZONTE 19. Oktober und am 3. November bietet das Kammerorchester Con Fuoco ein klassi- gekonnt die Fragen auf, ob die Subkultur, sches Aufgebot. In Villach verweilend gibt am 24. Oktober Eva Maria Marold im Parkho- welche schon den Status einer dominanten tel ein Chansonprogramm zum Besten, Regine Kofler und Michael Martin Kofler teilen Einheitskultur hat, der Weltgesellschaft sich ebendort am 30. November die Bühne für französische Musik aus drei Jahrhunderten. gefährlich werden kann? Sind die traditio- Kammermusikalisch wird es am 29. Oktober auch im Museum Liaunig, wo das Altenberg nelle (Hoch)Kultur und unser demokratisch Trio Wien zum diesjährigen sonusiade-Abschlusskonzert zu Gast ist. Am selben Tag lädt die organisiertes Zusammenleben in Gefahr? nur mit Kerzen beleuchtete Klagenfurter Domkirche zum Allerseelenkonzert mit Bernar- Jene Themen werden beleuchtet. ● da Fink (Mezzosopran), Florian Berner (Violoncello) und Domorganist Klaus Kuchling. Klas- Foto: Prisching / politicum.at sisch „aufgegeigt“ wird am 26. November am Konservatorium in Klagenfurt bei der Mati- nee Geige & Co. Unter der Leitung von Brian Finlayson geben Studierende klassische und zeitgenössische Werke von Beethoven, Brahms, Tournier und Vasks zum Besten. Infos: www.kulturchannel.at ● Foto: Altenberg Trio Wien – © Nancy Horowitz

SONUS Finale | Philo-Café Klang & Genuss Ein Treffpunkt für „Denkwillige“ und Mit einem vollgepackten Rahmenprogramm Gesprächsraum der besonderen Art, um wird am 15. Oktober das SONUS Finale im den Fragen nach Sinn und Sein auf dem Werner Berg Museum begangen und Grund zu gehen, neue Sichtweisen kennen anschließend gebührend im Brauhaus Brez- zu lernen und mit Impuls und Gespräch die Auf der TONsPUR Welt vielleicht etwas besser verstehen zu nik gefeiert. Der dreifaltige Kunstgenuss Nach dem Erfolg des letzten Jahres geht können, ist das Philo-Café jeden letzten führt zuerst in die Ausstellungen, wo Kura- das Musikfestival TONsPUR vom 23. – 26. Freitag im Monat im Klagenfurter raj. Dem tor Harald Scheicher und der kunstaffine November in die nächste Runde, das dies- langjährigen Impulsgeber Dr. Manfred Raimund Grilc durch die zwei Jahresausstel- jährige Programm im Warmbaderhof Villach Moser folgte nach dessen Pensionierung lungen von Gottfried Helnwein und Wer- umschließt sowohl lustvoll interpretierte Reinhard Kacianka, Kulturwissenschafter ner Berg führen. Die musikalische Umrah- Musik als auch kabarettistische Einlagen an der Alpen-Adria-Universität. Das Thema mung gestaltet das SONUS – Trio, den und wird heuer auf vier Konzerte erweitert. dieses Wintersemesters ist die „Gesell- Abschluss bildet ein Essen im Brauhaus Die Interpreten wie u.a. Vienna Folk oder schaft im Wandel“. Weitere Termine: 20. Breznik, wo die Kulinarik mit sanfter das progressive-string Austro-Duo Bartolo- Oktober, 24. November, 26. Jänner Kammermusik umrahmt wird. meyBittmann werden dem Festivaltitel 2018 www.innenhofkultur.at ● Infos: www.sonus.at ● Foto: Lydia Gregorič gerecht und lassen die Linie zwischen klas- Foto: Stephanie Hofschlaeger /pixelio.de sischen Musikrichtungen verblassen, um individuelle Tonspuren abseits des Main- streams zu finden. www.promusica- .org ● Foto: ThermenResort Warmbad-Villach

46 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Ferdinand Neumüller, © Bildrecht Wien, 2017 Foto:

Klassische Kapriolen ((stereo)) Klagenfurt Ulrich Plieschnig, Geranientod, 1989, Öl und Ölkreide auf Leinwand, 105 x 120 cm, Kunstsammlung des Der älteste Musikveranstalter unseres Lan- Der Klagenfurter Kult(ur)-Club ((stereo)) Landes Kärnten/MMKK des, der Musikverein Kärnten, lädt am lädt am 7. Oktober zu seinem 12. Party- 7. Oktober zu „Genesis Vocalis – Am Geburtstagsfest, bei freiem Eintritt werden Anfang war die Musik“ in der Stiftskirche im Rahmen der Langen Nacht der Museen St. Georgen, wo der Kammerchor Wien eine neben der Ausstellung mit Günter Konrad da.schau.her musikalische Schöpfungsgeschichte nach- auch House Tunes mit DJANE Marta aus zeichnet; am 17. Oktober zu einem Mozart- Slowenien und eine Auswahl an local sup- Ulrich Plieschnig – Geranientod und Tschaikowsky-Abend der Zagreber port DJ´s geboten. Am 13. Oktober spielt Ulrich Plieschnig wurde 1959 in Klagenfurt Philharmonie mit Anneleen Lenaerts, der der junge, dialektreiche Kärntner Stefan geboren und wuchs im Gurktal auf. Er studierte Harfenistin der Wiener Philharmoniker und Thaler seine Album Release Show „Alle Zeit an den Akademien in Perugia (1979–80) und am 20. November, um das Kurpfälzische der Welt“. Laut wird es am 14. Oktober bei Wien (1980–85) Malerei. Langen Studien- und Kammerorchester Mannheim im Konzert- Metal-Klängen von Follow The Goat, u.a. Arbeitsaufenthalten in New York (1989/90) haus Klagenfurt zu behorchen. mit der deutschen Band Obscurity, die ihr und Paris (1992–94) folgten ausgedehnte Auf- Das junge Publikum kommt bei zwei Jeu- Kärnten-Debüt gibt. Am 15. Oktober gas- enthalte in zum Teil entfernten Gegenden die- nesse Kinderkonzerten auf seine musika- tiert die dreiköpfige Band Flowrag während ser Welt, oft weitab der kulturellen Zentren. lischen Kosten: am 14. Oktober mit den ihrer Österreichtournee in der Landeshaupt- Heute lebt und arbeitet der Künstler in Wien. Funky Currywurst Brothers, zwei langjäh- stadt und am 20. des Monats sagen ((ste- Die frühen Gemälde und Zeichnungen von rige Mitglieder der Percussion-Formation reo)) und CHL mit dem Georg Danzer Tri- Ulrich Plieschnig stehen im Geiste der farbrei- STOMP trommeln auf und mit allem, was bute-Konzert „Danke Danzer“. Für Licht- chen, expressiven Strömungen der Malerei der ihnen unter die Hände kommt; sowie am bildfreunde und KunstliebhaberInnen eröff- 1980er-Jahre und zeigen vegetabile, menschli- 25. November mit der für Kinder gezim- net am 3. November die Fotoausstellung che und tierische Figuren und Formen. Ende merten Lieder-Schatz-Kiste zum Mitsin- Linegrafie von Caroline Aspernig, die der 1980er-Jahre setzt eine Reduzierung der gen. www.musikverein-kaernten.at und Autodidaktin zeigt ihre Leidenschaft für die Farben und Formen in der Bildsprache des www.jeunesse.at ● Foto: Anneleen Lenaerts digitale Fotografie. Neben einigen anderen Künstlers ein. Den Bezug zu Gegenständen und Album-Release Shows und Partys vertreten Motiven stellt er, abseits einer illustrativen auch die bekannten Amadeus Austrian Beschreibung, oft nur noch über die Titel her, Music Award-Gewinner Tagtreaumer am die daneben auch auf innere Bewegungen wie 18. November ihr neues Album „Unendlich Seelenzustände oder Emotionen weisen. Er ver- Eins“. Und last but not least – vom Internet- wendet weniger und gedecktere Farben und Star zum angesehenen Musiker: Der Salz- nimmt auch die Dramatik des gestischen Farb- burger Rapper DAME gibt am 19. Novem- auftrags zurück. Auf seinen Gemälden entsteht ber ein Outoftime-Tour Konzert. Infos: ein feines Spiel von transparenten und decken- www.stereoclub.at ● Foto: ((stereo)) Kulturverein den Farbflächen und dazu grafische Zeichen und Formen. Ab circa 1993 beschränkt sich Plieschnig fast ausschließlich auf die Farben Grau und Orange, gelegentlich durch ein paar weitere Farben ergänzt. Ende der 1990er-Jahre lässt der Künstler schließlich auch den Pinsel weg, schüttet fortan die Farbe präzise auf seine Bilder und lässt sie, wohlgemerkt gesteuert, darauf verrinnen. Damit bannt er auch noch das direkt-gestische aus seiner Malerei. Oft beschränkt er die Gestaltung auf vertikale und horizontale Farbstriche und -flächen. Das Gemälde „Geranientod“, das als ein lyrisch abstraktes Stillleben bezeichnet werden kann, entstammt aus der Zeit der ersten Farb- und Formenreduktion des Künstlers im Zuge seines New York-Aufenthalts 1989. Es ist noch bis Neue Alpe Adria Musik 7. Oktober in der Ausstellung „fokus samm- im Museum Moderner Das Konzerthaus Klagenfurt lädt am 24. Oktober zu der Konzertreihe Auf den Nachbarn lung 05.STILLLEBEN“ Kunst Kärnten zu sehen. hören / Prisluhnimo sosedu in der Besetzung Tenor (Gabriel Lipuš) und Gitarre (Janez Gregorič). Der in Südkärnten lebende Komponist Janez Gregorič verleiht in seinem Werk ● Magdalena Felice der Schönheit der Zweisprachigkeit Ausdruck, aktuelle deutsche und slowenische Texte Kunsthistorikerin und Kunst/Kulturvermittlerin, bis 2004 in verschiedenen Projekten und Institutionen im Kunstbereich in (Fabjan Hafner, Gustav Januš, Martin Kuchling) bilden die Grundlage seiner Kompositionen. Graz tätig, seit 2004 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Gemeinsam mit der Pianistin Elisabeth Väth-Schadler nähert sich Gabriel Lipuš auch Museum Moderner Kunst Kärnten. bekannteren Werken wie unter anderem Stücken von Johannes Brahms und Anton Nagele. www.konzerthaus-klagenfurt.at ● Foto: Elisabeth Väth-Schadler, Janez Gregorič, Marko Lipuš

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 47 Hortus Musicus Der Verein ARCADE gedenkt am 28. November in Klagenfurt und am 29. November in Villach mit der Musikver- anstaltung Hortus Musicus dem 450. Geburtstag von Claudio Monteverdi. Das Jubiläum wird mit der Aufführung des Werks „Sestina“ begangen. In der komplizierten Versform einer Sestine, die dem Werk den Namen gibt, beklagt der Hirte Glauco den Tod der geliebten Nymphe. Von diesem aufgegeigt & quergespielt Werk ausgehend wurden folgende Kompo- … ist ein Festival für eine unkonventionellere Art von Folk Music aus dem Alpenraum, wel- nisten gebeten, im Blick auf Monteverdis ches vom kultur-forum-amthof heuer zum sechsten Mal im Feldkirchner Amthof serviert „Sestina“ eigene Versionen, Deutungen wird. Vom 10. – 12. November werden mit Mrs. Zwirbl drei junge VertreterInnen der neu- oder Variationen zu schaffen: Michael en Bayrischen Volksmusik und mit Faltenradio und Classic Alpin hörenswerte Ensembles Nowak, Fritz Keil, Günter Mattitsch, Rudolf dieses Genres aus Österreich zu erleben sein. Michael Uhr, ein lokaler Harmonikavirtuose Hinterdorfer. Der Literat Jani Oswald HORIZONTE ergänzt mit seinem erfrischenden „Mizˆ Marsch“ das Programm. Infos dazu sowie zu den vie- untermalt mit seinem poetischen Texten die len anderen Veranstaltungen des kultur-forum- amthof: www.kultur-forum-amthof.at ● musikalische Darbietung. Infos: ● Foto: Stefan Schweiger Foto: faltenradio www.hortusmusicus.at

Elektrosymphonie Musik von A-Capella bis Z Die österreichweite Konzerttournee Elec- Der Friesacher Schlagzeuger Klemens tric Church haucht seit 2013 reichlich Marktl beschallt am 7. Oktober in seiner bejahrten Gottes-Gemäuern mit modernen aktuellen Besetzung mit Stefan „Pista“ Bar- Elektrobeats, untermalt von live Instrumen- tus am Bass und Gregor Ftičar am Piano talmusik und Gesang – sowie einem monu- den Festsaal seiner Heimatstadt mit swin- HUTkultur mental anmutenden visuellen Konzept gender Jazzmusik und Songarrangements Die sechste HUTkultur-Saison geht am gegenwärtigen Zeitgeist ein. Am 9. und 10. aus eigener Feder. Am 31. Oktober gas- 6. Oktober mit einem Konzert von BLUE- November gastiert das Musikfestival inklu- tiert die (angeblich) bekannteste A-Capella- BURYme im sagenumwobenen Wolschart- sive massiger Laser- und Lichteffekte im Band Europas im Stadtsaal der Burgenstadt wald in der Gemeinde St. Georgen am Läng- Dom zu Klagenfurt. Musiker wie der DJ Friesach. Seit Anfang der 80er gelingt es see zu Ende. Das Singer/Songwriter-Duo Sergio Manoel Flores, der russische Star- den britischen Vokal-Artisten der Flying wird sein Publikum mit weichen Stimmen, Geiger Yuri Revichy oder die Singer/Song- Pickets, instrumentenfrei eingängige, ohr- Akustikgitarren und seiner elektrischen writerin Loretta Who interagieren mit bibli- wurmgefährdete Rhythmen und Melodien Baritongitarre – einem Zwitterwesen aus schen Geschichten. Im Mittelpunkt des heu- entstehen zu lassen. Im Jahr 1983 schuf Gitarre und Bass – bespielen. rigen Programms stehen der Erzengel Gabri- das Ensemble mit der A-cappella-Version www.hutkultur.at ● Foto: pfandlbauer/steyr el und dessen kritischer Blick auf die der Pop-Ballade „Only You“ einen Welthit. Menschheit. www.electric-church.at ● Am 11. November findet in Klagenfurt zum Foto: Electric Church dritten Mal der Ball Burlesque unter dem Motto der 20er und 50er in der Parkvilla in der Ebenthaler Straße 169 statt. Infos: www.kulturwirtin.at | www.ball-burlesque. com ● Foto: Archiv Theater Akzent

48 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Claus Vetterling Foto: denk.mal Fenstergucker Te Deum – Dommusik Der schmucke Mann Der Kunstverein Kärnten zeigt noch bis Klagenfurt 12. Oktober (Finissage mit Leseperfor- Der musikalische Herbst beginnt im Kla- von Molzbichl mance und Musik) die Ausstellung open genfurter Dom mit einem fulminanten Seit mehr als 20 Jahren werden im Museum windows. Der Alltagsgegenstand „Fenster“ Chor-Orchester-Konzert: Am 1. Oktober Carantana in Molzbichl Funde der Spätantike wird in den ungleichen künstlerischen Pers- bringt die Dommusik das Bruckner’sche und des Frühmittelalters präsentiert, die aus pektiven von Hanno Kautz, Melitta Moschik Te Deum – ein Werk, das von Bruckner als der Erforschung eines hier bereits in der 2. und Gertrud Weiss-Richter dargestellt und „Stolz meines Lebens“ bezeichnet, ihn zu Hälfte des 8. Jahrhunderts bestehenden Klos- ist ein Synonym für die Weltbeobachtung. dem Ausspruch bewegte: „Wenn mich der ters resultieren. 2014/15 wurde das bestehen- Zeitgleich stellt die Kleine Galerie die Arbei- liebe Gott einst zu sich ruft und fragt: ‚Wo de Frühmittelalter-Museum um einen neuen ten von Elisabeth Juan zum Thema „von hast du die Talente, die ich dir gegeben Baukörper erweitert (Planung: Architekturbüro der skulptur zur malerei“ aus. Von 19. habe?‘, dann halte ich ihm die Notenrolle Pinteritsch/Spittal an der Drau). Oktober – 16. November präsentieren mit meinem Te Deum hin, und er wird mir Da bereits aus früheren archäologischen Catrin Bolt, Hannes Zebedin und Regula ein gnädiger Richter sein.“ Weiters am Pro- Grabungen bekannt war, dass sich im Bereich Dettwiler in der Ausstellung da vase gramm: die Symphonie Nr. 2 für Orgel und des für den Neubau vorgesehenen Baufeldes kaputt verkaufe ich die blumen die Orchester von F. A. Guilmant und die Urauf- einst der Kirchenfriedhof befunden hatte, Absurditäten des alltäglichen Handelns und führung des eigens für den Klagenfurter beauftragte der Verein Historisches Molzbichl geben uns einen tieferen Einblick in das glo- Dom komponierten Konzertes für Orgel und den Bamberger Mittelalterarchäologen Claus bale, lokale und politische Denken. In der Orchester von Peter Planyavsky. Vetterling mit einer baubegleitenden archäolo- Kleinen Galerie findet zeitgleich die Ausstel- www.dommusik-klagenfurt.at ● gischen Untersuchung. lung „hier und jetzt“ von Karin Herzele Foto: Peter Planyavsky Von den 2013/14 ergrabenen früh- bis hoch- statt. www.kunstvereinkaernten.at ● mittelalterlichen Bestattungen hat ein Skelett in Foto: Catrin Bolt, Skulpturenpfad Art Villa Garikula 2005 der Fachwissenschaft besonderes Interesse hervorgerufen: Es handelt sich um einen ca. 46-60-jährigen, augenscheinlich männlichen Toten, der jedoch den Kopfschmuck einer Frau bei sich hatte. Aufgrund eines Hohlraumes und einer Steinpackung im Brustbereich des Ske- letts konnte nachgewiesen werden, dass der Leichnam unmittelbar nach dem Tod gepfählt und mit Steinen beschwert worden war – ein Bestattungsritual, das bisher nur von verstorbe- nen Wöchnerinnen bekannt war (diese sollten daran gehindert werden, ihre überlebenden Kin- der zu sich ins Totenreich zu holen). Die C14-Analyse (Radiokohlenstoffdatierung) [kunstwerk] krastal amnesty international des Skeletts ergab eine Datierung in die Mitte des 10. bis ins frühe 11. Jahrhundert. Über eine Steinmetz trifft Bildhauer am 6. Okto- Kunstausstellung DNA-Analyse erhofft man sich nun endgültige ber. Kunst, Handwerk und Wirtschaft bilden Vom 1. – 9. Dezember findet in Villach die Klärung des Geschlechts des Toten. eine starke Synergie. Diese zu stärken, traditionsreiche amnesty international – ● macht sich der Verein [kunstwerk] krastal Geraldine Klever Benefizkunstausstellung im KUNSTHAUS- * 1967 in Klagenfurt, Philologin, seit 2003 im Bundes- zur Aufgabe und lädt zu einer Vortragsreihe. SUDHAUS statt. Jedes zweite Jahr kann denkmalamt – Abteilung für Kärnten – tätig; schützt und Von 22. – 29. Oktober stellen im Rahmen pflegt gemeinsam mit drei KollegInnen insg. 3000 Kärntner amnesty Villach durch die breite Unterstüt- Denkmäler. der Treffner Kulturwochen Kreativschaf- zung der heimischen Künstlerschaft eine fende der Stiftung de La Tour ihre Arbeiten Ausstellung mit einem Querschnitt des zeit- Nähere Informationen zum „schmucken Mann im Bildhauerhaus Krastal aus. Von 4. – 30. genössischen Kunstschaffens in Kärnten von Molzbichl“ (Claus Vetterling) finden sich auf der Homepage des Bundesdenkmalamtes unter https:// November läuft die Ausstellung „OBSER- zeigen. Der Großteil der Ausstellung besteht VATION: INNEN – AUSSEN, Teil 3“. Ulrich bda.gv.at/de/denkmal-aktuell/artikel/2016/01/ aus mittel- bis kleinformatigen Werken. Der dunkle-jahrhunderte-in-neuem-licht-das-museum- Kaufmann und Sigrid Friedmann fordern in Reinerlös kommt zur Gänze der Menschen- carantana/ sowie in den vom Bundesdenkmalamt ihrem dritten Beitrag zum diesjährigen Jah- rechtsarbeit zu Gute. www.facebook.com/ herausgegebenen Fundberichten aus Österreich resprogramm des 50. Bildhauer Symposi- aikunstausstellung ● (FÖ 52, 2013 und 53, 2014). ons Krastal zur Interaktion auf – der Besu- Foto: amnesty international – Gruppe 47 Villach cher hat die Aufgabe zwei (einfache) Bilder zu erstellen. Veranstaltungsort ist jeweils das Bildhauerhaus in der Einöde bei Treffen. www.krastal.com ● Foto: Peter H Schurz

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 49 anSCHAUungen Die Alpen-Adria-Galerie in Klagenfurt zeigt Mar Vicente & von 5. Oktober (Vernissage) – 26. Nov- ember die Ausstellung anSCHAUungen | Josef Adam Moser Menschenbilder des Klagenfurter Fotogra- Annäherung an das Mögliche … öffnen mit ihren Werken neue Wahrneh- fen Gernot Gleiss. Zu sehen sind um die Unter diesem Titel gibt es ab 24. Oktober mungsebenen, die uns in die Welt des Geo- 60 Portraitarbeiten mit dem Fokus auf Men- Buch und Ausstellung von und zu Peter metrischen und Konstruktiven führen. Die schen, die entweder in Klagenfurt geboren Nigst, die Buchpräsentation und Vernissage

HORIZONTE Spanierin und der gebürtige Innsbrucker sind, hier leb(t)en, auf irgendeine Weise mit finden an der FH Kärnten, Campus Spittal an spielen gekonnt mit Farben und dem Raum, der Stadt verbunden sind oder das Stadtbild der Drau statt. Die neuste Publikation des um ihre Werke in Szene zu setzen. „Die prä gen. Gesellschaftlich bewegen sich die weit über die Landesgrenzen hinweg bekann- Bildkörper haben mindestens drei Ansich- Portraitierten in allen Bereichen. ten Architekten dokumentiert seine Vorstel- ten. Um das Objekt in seiner Gesamtheit www.stadtgalerie.net ● lungen und Position zur Architektur. ● und dessen Form- und Farbwirkung zu Foto: Gernot Gleiss – Klaus Kirchauer Foto: Peter Nigst erfassen, müssen sich die Betrachter in einem Wahrnehmungsraum bewegen“, sagt Mar Vicente zu ihren Arbeiten. Gleiches gilt für die Arbeiten von Josef Adam Moser. Die Objekte entziehen sich einer schnellen und eindeutigen Formdefinition, sie fordern dazu auf, deren Komplexität zu erforschen. Die Ausstellung Konzeptuelle Malerei mit imaginären Räumen kann noch bis 28. Oktober in der RitterGallery bestaunt werden. ● Foto: Josef Adam Moser

Kunstraum Lakeside Literatur-Symposion in Gmünd Noch bis 6. Oktober zeigt der Kunstraum Am 13. und 14. Oktober findet auf der Lakeside die Bildreihen Choros III Alten Burg in Gmünd das seit 2005 beste- (Koroška) von Sandra Man und Moritz hende Literatur-Symposion des Kärntner Majce. Hier wird eine choreografische Kon- SchriftstellerInnen-Verbandes statt. Im stellation zwischen räumlichen Bedingungen Jahr 2017 reiht sich die Tagung in das gro- von Landschaft als Natur, ihrer Perspektive ße Kulturprojekt des Kunstvereins Kärnten und Rezeptionsmöglichkeiten aufgezeigt. Ab „kopf/head/glava“ ein und befasst sich mit 12. Oktober (Vernissage) startet die Prä- dem Thema „Menschen | Leben | Bilder“ sentation des Duos kozek hörlonski, hier (Biografie/Autobiografie). Ziel der biennalen in Klagenfurt arbeiten sie mit Alexander Veranstaltung sind die Vernetzung und die Martinz zusammen. In ihren Projekten freundschaftlichen kulturellen Kontakte der bedienen die Künstler sich der Mythen, Literaturschaffenden sowie das Zusammen- deren Verbindung und Vermischung mit wachsen der drei Kulturen und Sprachräu- Brasilien in Gmünd regionalen Geschichtssträngen. Das Wiener- me des Alpe-Adria-Raumes. Das Symposion In der Kulturstadt Gmünd findet von 17. – gespann und der Kärntner orientieren sich ist am Samstag erstmals öffentlich für 19. November das Brasilianische Kultur- dabei inhaltlich und ästhetisch am Genre Nichtmitglieder zugänglich. Am Programm festival statt. Das vollgepackte Rahmen- des Horrorfilms. Ein wesentlicher Punkt in stehen u.a. Vorträge von Tatjana Florean- programm beinhaltet Tanz, literarische Bei- dieser Vorgehensweise ist, dass gesammel- gic (Triest) und Peter Waterhouse (Wien) träge von Brasilianischen Autoren, Malerei te Geschichten und lokale Mythen (Kärntner sowie Lesungen von Cvetka Bevc (SLO), und Photographie. Sambaklänge und die Sagen wie „Der Tod und die Tödin“, „der Birigit Bachmann (Gmünd) und Rezka damit verbundene Lebensfreude kommen Schratt (Škratl)“, u.v.m.) den internationalen Kanzian (Kärnten/Graz). Infos: Vorbildern eingewebt und in Szene gesetzt www.kaerntner-schriftsteller.at ● nicht zu kurz. ● Foto: Richard Schell werden. Die Ausstellung stellt mit künstleri- Foto: BirgitH / pixelio.de schen Mitteln eine Analyse von lokaler-, regionaler- und Filmgeschichte dar. Infos: www.lakeside-kunstraum.at ● Foto: kozek hörlonski & Alexander Martinz, Dämonische Leinwände – Uninvited, Moodboard, 2017

50 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Lesezeichen- Stadt Villach Maskottchen

Foto: von Lily Pril.

10 Jahre Eboardmuseum kinder.kulturtipp Auf den Tag genau feiert man am 5. Okto- ber mit Ken Hensley, Gitarrist, Gründungs- lesezeichen Marianne Bähr „Bis jetzt“ mitglied von Uriah Heep, 10 Jahre Eboard- museum Klagenfurt. Insgesamt bieten der Mit dem lesezeichen-Festival vom 17. Okto- Noch bis 27. Oktober stellt anlässlich des Oktober und November 12 Veranstaltungen ber – 18. November steht in Villach wieder 70. Geburtstages der Malerin Marianne im weltgrößten Keyboardmuseum. Darunter die Kinder- und Jugendliteratur im Fokus. Unter- Bähr das k & k in St. Johann im Rosental Austro Pop von „WIR 4“ am 13. Oktober, schiedlichste Programmangebote möchten unter dem Titel „Bis jetzt“ ihre Arbeiten Blues-Sir Oliver Mally am 20. Oktober, The jungen Menschen Lust auf die Welt der Bücher aus. Die Künstlerin meint zu ihrem Lebens- Doors Experience am 27. Oktober, ein und Geschichten machen. Der Umgang mit werk: „… Es geht mir vielmehr darum, mei- unrasiert singender Tonc Feinig am Sprache und Literatur sowie das Lesen als ne vielschichtigen Bildgedanken zu Papier 3. November. www.eboardmuseum.com ● wichtige kulturelle Schlüsselkompetenz, die zu bringen“. Bähr suggeriert dem Betrachter Foto: Three Tight Identität stiftet und Bildungschancen sicher- die Möglichkeit, eigens erlebte Erfahrungen stellt, wird dabei auf höchst unkonventionelle und Gedanken zu einem neuen Bild zu und unterhaltsame Weise vermittelt. Die Palette modellieren. www.kkcenter.at ● der großteils interaktiv angelegten Formate Foto: Marianne Bähr reicht von Radio/Hörspiel-Workshops über Konzerte, Lesungen, Lieddarbietungen, die Erarbeitung eigener Theaterstücke, Poetry Slam Sessions, einer Quiz- & Talkshow bis hin zu zirkuspädagogischen Mitmach-Acts. Junge Menschen werden ermutigt, mit Worten zu jonglieren, ihren Gedanken freien Lauf zu lassen, ihr eigenes Publikum zu erschließen und zu begeistern und sich in unterschiedlichen Rollen auszuprobieren. Die sich aus den kindli- chen bzw. jugendlichen Lebenswelten heraus entwickelten, ergebnisoffenen Theaterstücke und Performances haben zum Ziel, Kinder und Jugendliche zur Autonomie zu befähigen und verleihen der ambitionierten Gesamtveranstal- tung somit nachhaltige gesellschaftliche Relevanz. Kopfkino Einige Highlights: Die Galerie3 lädt zum Herbstauftakt ins „Kopfkino“ – eine Gruppenausstellung, die Nichts für Kinder, Konzert für Kinder ab 6 mit einer Performance der Künstlerin und mit Matthäus Bär, dem Frank Sinatra der Kinderunterhaltung, 18.10., 16:00 Akrobatin Martha Labil am 7. Oktober Hörspielerei, unverkrampfter Zugang zum Genre eröffnet wird. Ein zweiter Teil der Ausstel- Hörspiel und Radio für Kids ab 13, dessen Ergebnisse Tagebüchern/dnevnikovanje lung wird in magdas Lokal gezeigt. Am in eine abschließende Radiosendung münden, Bruchstücke aus den individuellen Lebens- 12. Oktober bietet Monika Ankele im Rah- 17.10., 24.10., 7.11., 14.11., 18.11. welten zweier Kärntner Kunstschaffender men der bis 11. November dauernden Aus- Spompanadeln auf 2 Radln, Lesung und Lieder mit stehen im Fokus dieser Ausstellung vom stellung eine Lecture Performance zur den Gebrüdern Moped für Kids ab 4, 6.11., 16:00 13. Oktober (Eröffnung um 19 Uhr) bis 12. Geschichte von Kunst und Psychiatrie. Im TURBOwerkstatt: Ein Ding, Erarbeitung eines Kopfkino vermischen sich Denken und Füh- eigenen Theaterstücks für Jugendliche ab 14, November in der Galerie Šikoronja 8.11., 19:00 Rosegg/Rožek. Die Visualisierung vermeint- len und die Vorstellungskraft der Künstlerin- nen und Künstler trifft auf die des Publi- LesezeichenSlam 2017, Poetry Slam für Leute ab 14 licher Banalitäten als bildhafte Relikte aus mit Amrei Baumgartl und Maya Zwatz, 10.11., 19:00 kums. Vom Tagtraum bis zur Paranoia reicht dem Alltag ihrer künstlerischen Praxis Sorriso, Lesung und Zirkus-Workshop für Kinder ab das Spektrum der Imagination – einer haben die Multimediakünstlerin Barbara 10 mit Michael Rohrer, 13.11., 14:00 Ambrusch-Rapp und der Maler, Zeichner Grundzutat künstlerischen Schaffens. Zu und Illustrator Mirko Malle völlig sehen sind Zeichnungen, Malerei, Stickerei Festivalprogramm unabhängig voneinander geschaffen. In und Objekte folgender KünstlerInnen aus gemeinsam getroffener Auswahl überlassen Deutschland und Österreich: Magid Ajjane, Die lesezeichen-Veranstaltungen finden durch- sie diese »tagebüchernen« Zeugnisse ihres Annemarie Arzberger, Linda Berger, Johan- wegs nachmittags und abends statt. Infos und Tuns nun der Betrachterin und dem nes Dechau, Peter Kapeller, Rohullah Kazi- Gesamtprogramm (kostenlos anzufordern): Betrachter zur weiteren Interpretation. mi, Josef Landl, Sylvia Manfreda, Ursula Mit- www.ju.villach.at/lesezeichen www.galerie-sikoronja.at ● ter und Patrick Roman Scherer. T: 042 42 – 2053434, [email protected] Foto: Barbara Ambrusch-Rapp, searching people www.galerie3.com ● ● Andrea Kirchmeir Foto: Annemarie Arzberger, 2016, „Vogelhaus“, Aquarell 47x 47cm Kunsthistorikerin, Religions- und Museumspädagogin

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 51 Wolkenflug & Faust & Sieben neuebuehnevillach Sekunden Ewigkeit Die neuebuehnevillach spielt noch bis 14. Peter Turrini zeigt am 5. Oktober im Con- Poetry Slam if you can Oktober „Money – Ich verdien´ nichts gress Center Villach sein Stück Sieben „Hazel Brugger passiert“ … am 4. Okto- Besseres!“ und von 19. -21. Oktober als Sekunden Ewigkeit. Der Schriftsteller und ber in der Klagenfurter Sezession. Die Gastspiel Werner Koflers Tanzcafe Treblin- Theatermacher gibt eine persönliche Einfüh- „böseste Frau der Schweiz“ zieht mit ihrem ka unter der Regie von Ute Liepold. Das rung in den Theaterabend. Die Hauptprota- neuen Solo-Programm aus, um die Welt zu Stück behandelt die Verstrickung von pro- gonistin Hedy Lamarr – sie war als erste verbessern. Immerhin für einen Abend. Am minenten Namen in NS-Verbrechen. Frau der Welt nackt auf einer Leinwand zu HORIZONTE 13. Oktober und am 10. November fin- Am 3. November feiert „Heilig Abend“, ein sehen – wird von der Kammerschauspiele- den ebenfalls in der Sezession der Lind- gar nicht besinnliches Weihnachtsstück von rin Sandra Cervik verkörpert und steht in wurmstadt wieder die SlamIYC Dichter- Daniel Kehlmann Kärnten-Premiere. Aus Turrinis Stück stellvertretend für einen wettstreite statt. Anlässlich von 15 Jahren Anlass des 75. Geburtstages von Peter Streifzug durch das 20. Jahrhundert. Am Poetry Slam Österreich präsentieren am Handke setzt das THEATER wolkenflug in 22. November kommt im Congress Center 1. Dezember Mieze Medusa und Markus Kooperation mit dem Robert Musil Insti- Villach Fausts -Tragödie erster Teil auf Köhle, zwei Austro-Urgesteine der poeti- tut Peter Handkes Publikumsbeschimp- die Bühne. Vom theater // an der rott wird schen Sprachakrobatik, ihr neues Buch fung neu in Szene. Die Regisseurin Ute Lie- eine Fassung von Uwe Lohr für vier Schau- „Slam, Oida!“ im Robert Musil Institut Kla- pold besetzt das Stück ausschließlich mit spieler gezeigt, die den Originaltext Goethes genfurt. 42 Texte bieten einen bunten Slam- Schauspielerinnen. Premiere ist am 15. verwendet, diesen mit Liedern der Kult- Querschnitt sowie zusätzlich gebündeltes November im Jazzclub Kammerlichtspiele. Band Queen kreuzt und den Bezug zum Poetry Slam Knowhow. www.neuebuehnevillach.at ● Heute sucht. www.kulturchannel.at ● www.slamifyoucan.at ● Foto: Ornella Cacace Foto: Peter Handke | © Ernst Peter Prokop Foto: Jan Frankl

Semper Reformanda Die Vögel der Christine Lavant – Mozart – Schubert Am 3. Oktober eröffnet die im Zeichen des Am 25. Oktober lässt das klagenfurter Am 7. Oktober lädt die Christine Lavant 500-Jahr-Jubiläums der Reformation stehen- ensemble Peter Wagners Nebochantnezar Gesellschaft in den Rathaus-Festsaal in de Ausstellung Semper Reformanda. Die oder Die Magie des Presslufthammers, Wolfsberg. Kammerschauspielerin Andrea Galerie de La Tour ist gespickt mit Künst- debütieren und geht der Frage nach: „Was, Eckert liest aus dem literarischen Werk der lerischen Darbietungen: Ein Reformations- wenn dem biblischen Schöpfer die Entwick- Dichterin Christine Lavant, Kammersängerin tor von Harald Rath, Malereien von Peter lung seiner Lieblingskreatur, des Menschen, Angelika Kirchschlager und der Pianist Smoley sowie Porträts von zentralen Figu- entglitten ist?“. Christine Lavants Gedicht Robert Lehrbaumer interpretieren Lieder- ren der Reformation. Im Kontext dazu zeigt „Ich möchte einen Becher haben“ über eine und Klavierwerke von Mozart und Schubert. Matthias Bodenstein zeitgenössische Wer- zerbrochene Liebesbeziehung ist am www.christine-lavant.at ● ke und geht der Frage nach, was Reformati- 18. November in der theaterHALLE 11 Foto: Christine Lavant | Robert Musil Institut on heute bedeutet. www.diakonie-delatour. der wortgewaltige Ausgangspunkt des zeit- at/atelier-de-la-tour ● genössischen Tanztheaters Die Vögel der Foto: Martin Luther | Stiftung de La Tour Christine. Die Reibung von Literatur, Musik, bildender Kunst und zeitgenössi- schem Tanz gleicht einem Dauerbrenner. www.klagenfurterensemble.at ● Foto: Ulrich Kaufmann

52 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Ferdinand Neumüller Foto: kultur.tipp Memento mori “We live, we die and yet. Somehow there must be more”, besang Peter Hammill das Skanda- Kulturgastspiele Ronacher lon des individuellen Todes, ohne an Verheißun- gen eines besseren Lebens nach dem Tod zu Bereits zum siebenten Mal holen die KULTURGASTSPIELE unter der Intendanz von Günther glauben. Totengedenken, Kulte, Zeremonien, Beelitz Kulturschaffende auf die Bühne im Ronacher in Bad Kleinkirchheim. So zum Beispiel Rituale – das Memento mori zelebriert auch lesen am 7. Oktober die beiden Schauspieler Anna Schudt und Moritz Führmann aus den eigenen Tod, den persönlichen Abgang, „Joseph und seine Brüder“ von Thomas Mann. Am 10. Oktober gastiert dort Tubist und Tote erinnernd – „For whom the bell tolls, it Kabarettist Andreas Martin Hofmeir und erzählt in bester Tradition eines Gerhard Polt oder tolls for thee“. Sterben isoliert nicht vom Leben, Karl Valentin skurrile und wahre Geschichten aus seinem Leben. Am 14. Oktober liest auch wenn Todes- und Toten-Kulte zu festge- Friedrich von Thun aus Hemingways großer Novelle „Der alte Mann und das Meer“. Am setzten Zeiten adäquate Betroffenheit aufrecht- 26. Oktober liest Heike Katatsch aus „Rimini“, dem Roman von Sonja Heiss. Das ganze erhalten zu können glauben. Jeder Kult bedient Programm unter: www.ronacher.com ● sich inaugurierter und suspendierter Einbildun- Foto: Andreas Martin Hofmeir / Philippe Gerlach gen. Das Foto eines an die Küste gespülten toten Kindes genügt, die Welt kurzzeitig in Auf- ruhr zu versetzen. Wer denkt dabei an Tänze? Wenn sich Massen eingedenk ihres Todes auf die Flucht begeben, wenn Selektierte von der Rampe in Krematorien laufen, wenn Alltagsle- ben Tod bedeutet – darf ich bitten? Tausende Totenköpfe, tote Köpfe. Als Damien Hirst einen Schädel mit Diamanten besetzte, gab es Aufregung – ein Sakrileg, eine Entwei- hung, aber was schien verunstaltet? Totenge- denken, der Kult um Preziosen, die Klage über den Brain drain durch Sterben, Auslöschen, Meucheln, der Verlust von konkretem oder imaginärem Kapital. Robert Musil Institut Container25 Ruth Hankos Werk offeriert Totenköpfe immer wieder. In den Bildern oft besitzergreifend atta- Das Klagenfurter Musilhaus feiert Der Wolfsberger Kulturverein Container25 ckierend, eine handlangerische böse Gegen- sein 20-jähriges Bestehen und lädt am bietet ein umfangreiches Programm – u.a. wart. Auf den Keramiken auch als neckischer 6. Oktober zur Saisoneröffnung – u.a. mit auch zwei Aufführungen im Rahmen des Zierrat und ornamentales Motiv, das morbides Lesestationen mit Anna Baar, Alexander Monodramenfestivals MONO BENE. Inge- Beiwerk ironisch auf schmückenden Tand her- Widner, Isabella Straub und Engelbert Ober- samt werden sechs Produktionen an vier unterbricht. Substanz der Form, das Nichtige nosterer. Von 19. – 21. Oktober ehrt man Spieltagen – 17., 18., 19. und 20. Oktober zu denken. Auf Schloss Straßburg zeigte Ruth mit der internationalen Tagung Werner – in verschiedenen Spielstätten in Klagen- Hanko retrospektiv „Eros Gender Tod“ (s. Kata- Kofler intermedial den großen Kärntner furt, Villach, Hermagor, Wolfsberg, Völker- log). Figurativ, dann minimalistisch reduziert, Sprachvirtuosen. Neben Fachvorträgen und markt und Krumpendorf gezeigt. paraphrasiert sie libidinöse Energien linear einer Ausstellung liest Antonio Fian, der Musikalisch präsentiert Container25 am energisch, koloristisch in feinen Nuancen. Sie Vater der Dramolette. Zum 75. Geburtstag 25. Oktober die Musikervereinigung „5K entgrenzt das Totentanz-Szenario (s. Totentanz- des Schriftstellers Peter Handke gestaltet HD“ mit Schmieds Puls-Frontfrau Mira Lu Museum Metnitz), aktualisiert Geschlecht in u.a. Dietmar Pickl am 14. November die Kovacs und den 4 Jungs von Kompost 3. Differenz und Identität. Eingedenk eines Endes Lesung Als Fremder zu Hause. „Traum- Die improvisationslastige Jazz/Funk/ erstarrt sie nicht in festgezurrten Ritualen, vita- haft“ wird es am 23. November, wenn Groove-Truppe erweitert sich um eine der lisiert das Lustvolle, ohne sich je sentimental Anna Baar alle verschiedenen Facetten des ausdrucksstärksten Stimmen in Österreich. zu verausgaben. Sie optiert gegen routinierte Lebens in den Mittelpunkt stellt. In ihrer Am 4. November wird das Stück „Der Abgüsse immergleicher Mythen, abgetakelte Lesung Als ob sie träumend gingen regt allerletzte Tag der Menschheit (Jetzt ist Floskeln, müht sich nicht mit modischer Zeitge- sie zum Nachdenken an und spricht auch wirklich Schluss!)“, aus der Feder des nossenschaft. Wohl aber verlangt und bietet sie über verschiedene Arten des menschlichen Kabarettisten Hosea Ratschiller, aufgeführt. technisches Savoir-faire im Herstellen und Versagens, das Heldentum und die Liebe. Er erweckt 43 unterschiedlichste Protago- Schauen. Am 28. November wird den literarischen nisten zum Leben. Bespielt wird das Stück ● Jutta Steininger Debüts von Paul Auer mit Kärntner Ecke von den Zwillingsschwestern . RaDeschnig Kunsthistorikerin, Lektorin an der Alpen-Adria-Universität in Ring und Norbert Kröll mit Sanfter Asphalt Weiters gibt es ein Konzert am 25. Nov- den Bereichen Bild-, Medien- und Kulturwissenschaft, Gender. Raum gegeben. www.aau.at/musil oder ember von und mit den beiden Salzburger Ein weiteres Werk von Ruth Hanko www.musilmuseum.at ● Foto: Johannes Puch Punk-Formationen 3deutige Aussage und finden Sie auf BRÜCKE-Seite 19. Das Wrack. www.container25.at ● Foto: 5K HD / Astrid Knie

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 53 aviso

Museumsförderung 2018 De Ateliers Amsterdam Staatsstipendien Kärnten verfügt über eine vielfältige Muse- De Ateliers ist ein unabhängiges Künstlerin- Fotografie & Medienkunst umslandschaft, die wesentlich für die Erhal- stitut in Amsterdam, das Hauptaugenmerk Für originelle Werke im Bereich der Foto- tung von wertvollen Sammlungsbeständen liegt auf der künstlerischen Entwicklung von und Medienkunst vergibt das Bundeskanz- verantwortlich zeichnet. Für die Qualitätssi- jungen Talenten aus den Niederlanden und leramt Österreich für das Kalenderjahr cherung und -steigerung der bestehenden der Welt. Jeweils 20 KünstlerInnen erhalten 2018 fünf Staatsstipendien für Fotogra- Regionalmuseen werden – wie in den Vor- für die Dauer von zwei Jahren ein Stipendi- fie und drei Staatsstipendien für Medien- jahren – auch 2018 Mittel aus dem Kultur- um, ein eigenes Atelier im Zentrum Amster- kunst. Die Laufzeit der Stipendien beträgt förderungsbudget zur Verfügung gestellt. dams, wöchentliche Atelierbesuche etab- ein Jahr und sie sind jeweils mit 1.300 Grundsätzlich förderbar sind Museen, die lierter Kunstschaffender oder Theoretiker Euro monatlich dotiert. Bewerbungen bereits mit dem Österreichischen Muse- sowie Zugang zu den Werkstätten, der Bib- können noch bis 31. Oktober 2017 einge- umsgütesiegel (ÖMSG) ausgezeichnet sind, liothek und die Möglichkeit zur Teilnahme reicht werden. Details unter: sowie Museen, die (noch) nicht mit dem am vielseitigen Veranstaltungsprogramm. www.kunstkultur.bka.gv.at ● ÖMGS ausgezeichnet sind, aber hinsichtlich Bewerben können sich Bildende Einzel- derer eine maßgebliche regionale und KünstlerInnen als auch Künstlerduos, die inhaltliche Bedeutung bzw. Besonderheit am Anfang ihrer professionellen Laufbahn Stipendium für künstlerische besteht. Die Förderanträge für 2018 kön- stehen, bevorzugt werden Bewerber unter Fotografie & Medienkunst nen bis 31. Oktober 2017 eingereicht 30 Jahren. Gute Englischkenntnisse sind Das Land Kärnten vergibt zusammen mit werden. Nähere Infos unter: erforderlich. Das Stipendium für 2018 und der Landeshauptstadt Klagenfurt für den www.kulturchannel.at ● 2019 beträgt 13.655 Euro per anno. Die Zeitraum vom 1. Mai – 30. September Bewerbungsfrist ist von 1. Dezember 2018 ein mit 5.000 Euro dotiertes Sti- Kurzfilmwettbewerb: 2017 – 1. Februar 2018. Details unter: pendium (1.000 Euro pro Monat) an Foto- Filme einreichen! www.de-ateliers.nl/en ● und MedienkünstlerInnen – inkl. einer Ateli- erwohnung im Europahaus. Die Ergebnisse Das K3 Film Festival in Villach hat einen Kammermusikwettbewerb dieser kreativen Schaffensphase können im neuen Termin bekommen: 13. – 17. Dezem- „living studio“ der Stadtgalerie präsentiert ber. Anlässlich der Verschiebung können Der 10. Internationale Wettbewerb „Franz Schubert und die Musik der Moderne“ wird werden. Förderungswürdig sind Projekte vom 1. – 15. Oktober noch einmal Kurz- aus den Bereichen künstlerische Fotografie von 19. – 28. Februar 2018 an der Kunst- filme eingereicht werden. Teilnahmebe- und Medienkunst, die in besonderem Maße universität Graz in den Sparten Duo für rechtig sind Filmschaffende, die geboren die Möglichkeiten der neuen Medien bzw. oder wohnhaft in Kärnten, Slowenien, Fri- Gesang und Klavier (Lied) | Trio für Klavier, Violine und Violoncello | Streichquartett Technologien miteinbeziehen. Bewerbun- aul-Julisch Venetien sind ODER Filme, deren werden bis 30. Oktober 2017 entge- stattfinden. Anmeldungen sind noch bis gen Drehort in einer der drei Regionen ist. Die gengenommen, Details sowie das Bewer- 5. Oktober 2017 möglich. Das den Spar- eingereichten Werke dürfen nicht länger als bungsformular unter: www.kulturchannel.at ten zugeordnete Preisgeld beträgt 9.000, 30 Minuten sein. K3 ist offen für alle Mach- ● arten, es gibt keine Einschreibgebühr aber 13.500 und 18.000 Euro. Für die Gewin- Preisgelder in der Höhe von 2.300 Euro. ner ist ein Stipendium vorgesehen und bei Mehr Infos unter: www.k3festival.com ● herausragenden Leistungen werden in den ersten beiden Kategorien auch Sonderprei- se vergeben. TeilnehmerInnen müssen nach Architektenwettbewerb dem 28. Februar 1982 geboren sein und Unter dem Titel „nahtSTELLE 18“ sucht die dürfen nur in einer Kategorie antreten. FH Kärnten mit einem österreichweiten Details und Bewerbung unter: Architektenwettbewerb für HTL SchülerIn- schubert.kug.ac.at ● nen und Studierende nach Lösungen für eine Schiffsanlegestelle – die nahtSTELLE zwischen Wasser und Land – nahe des Steinhauses von Günther Domenig am Ossiachersee. Projektanmeldungen wer- den bis 1. Dezember entgegengenommen. Das gesamte Preisgeld beträgt 1.800 Euro (brutto) und wird auf die drei Erstgereihten aufgeteilt. Eine Umsetzung des Siegerpro- jektes beim Steinhaus ist geplant. Alle Details unter: www.fh-kaernten.at ●

Impressum Herausgeber, Medieninhaber und Copyright: Land Kärnten (Abteilung 6 – Unterabteilung Kunst und Kultur), 9021 Klagenfurt am Wörthersee, Burggasse 8, Mag.a Erika Napetschnig, E: [email protected], www.bruecke.ktn.gv.at | Redaktion: Gabbi Hochsteiner, Mario Waste, T: 050/536-16 231 | Weitere BrückenbauerInnen: Otwin Bernhard Mekul, Sofia Grabuschnig, Thomas Tschuitz | Kulturtermine: Daniela Vellick, T: 050/536-16 225 | Abos: Elisabeth Pratneker, T: 050/536-16 242 | Namentlich gekennzeichnete Bei träge geben die Meinung der Autorinnen und Autoren wieder. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge bei Bedarf zu kürzen oder zu ändern. Zur Verfügung gestelltes Text- oder Bild material wird (wenn nicht anders vermerkt) nicht retourniert. | Seitens der Autoren/Fotografen wurde dem Land Kärnten/Hrsg. vertraglich garantiert, dass einer Veröffentlichung und Verwertung der gelieferten Beiträge (Texte, Fotografien etc.) keinerlei Rechte Dritter entgegenstehen. | Art Direction & Brücken-Architektur: Harald Pliessnig, Grafik: Nicole Bacher-Brunner & Arne Schiemann, WERK1, T: 0463/320 420 | Druck: Kreiner Druck, Villach | Verlagspostamt: 9021 Klagenfurt am Wörthersee | Abonnement: 6 Doppel-Ausgaben 27,80 Euro inkl. KulturCard Kärnten, Porto und Versand.

Redaktionsschluss für die Ausgabe Dezember 2017/Jänner 2018: 1. November 2017 für den redaktionellen Teil (Beiträge bitte an [email protected]) 10. November 2017 für die Eintragung Ihrer Kulturtermine auf www.kulturchannel.at

54 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 NEU: Transparente Kulturförderung Um einen Anreiz für Private bzw. Unterneh- men zu schaffen, Kunst- und Kultureinrich- tungen finanziell zu unterstützen, sind seit 2016 Spenden an bestimmte gemeinnützige Kulturinstitutionen steuerlich absetzbar. Die begünstigten Einrichtungen werden auf einer Liste des BMF ersichtlich gemacht. Voraussetzung für die Aufnahme auf diese Liste ist, dass es sich um eine gemeinnützi- ge Institution (juristische Person, insbesondere Verein) im Sinne der §§ 34ff Koreanischer Kunstpreis Bundes abgabenordnung handelt, welche die Der Choreografin Andrea K. Schlehwein, der Schöpferin des NETZWERK AKS für zeitge- Förderung von Kunst und Kultur durch allge- nössischen Tanz im ART SPACE | stift millstatt, wurde im Juli für ihr mit elf jungen Profi-Tän- mein zugängliche künstlerische Tätigkeiten zern aus Korea umgesetztes Projekt „southeast of my desires“ im südkoreanischen Daegu (insbesondere Darbietungen aus dem der „Jeong Mak Arts Award“ verliehen. Eine Professur an der renommierten Korea National Bereich der Darstellenden Kunst) bezweckt. University of Arts in Seoul führte sie im September abermals nach Südkorea, wo sie neben Darüber hinaus muss die Institution zu die- ihrer Lehrtätigkeit zusammen mit den Mitgliedern von AKS | Seoul Section an einer Neupro- HORIZONTE sem Zweck Förderungen des Bundes oder duktion mit dem Titel „urban bodies“ arbeitete. Am 18. November wird es unter der künst- eines Bundeslandes erhalten, die in der lerischen Leitung von Andrea K. Schlehwein einen Beitrag zur Europäischen Theaternacht Transparenzdatenbank ersichtlich sind. Seit im ART SPACE geben, zudem arbeitet sie an einer Neuproduktion unter dem Arbeitstitel September werden alle Kulturförderungen „Briefe vom Abgrund / letters from the edge“, die am 22. Dezember in Millstatt Pre- des Landes Kärnten in die Transparenzda- miere feiern wird, sowie an der Wiederaufnahme ihres Stückes „I am not the one who you tenbank eingetragen. Kärnten ist damit think I am” am 28. und 29. Dezember. Infos: www.artspace-stiftmillstatt.com ● Foto: Sang Hoon Ok eines der ersten Bundesländer, die diesen Service anbieten. www.bmf.gv.at/steuern/selbststaendige- unternehmer/einkommensteuer/Info-spen- den-kuenstlerische-Taetigkeiten.html ● Anna Woellik, rechtliche Angelegenheiten der UA Kultur Foto: Brook Wallis

Neue Filmprojekte Im Zuge des zweiten Einreichtermins 2017 der Carinthian Film Commission (CFC) wurden folgenden vier Projekten Kärntner Filmfördermittel zuerkannt: dem Kinder krimi „Das schaurige Haus“ von MonaFilm – die Dreharbeiten beginnen im Herbst in Bad Eisenkappel, Filmemacher Klaus Graf, CFC-Frontfrau der Verfilmung der Geschichte des Am Bild: Peter Krawagna, Melitta Trunk, Andrea Leitner, Kulturreferent Christian Benger, Krapfenbäck Simmerle, dem Helden aus Peter Kaiser, Dieter Themel, Gaby Schaunig. Beiratsvorsitzender Arno Russegger. dem Wolschartwald, unter dem Titel Foto: Walter Fritz Foto: Büro LR Benger „Among Thieves“ von MR Film, Otto Retzers Machwerk über „Udo Jürgens – Landesauszeichnungen Eine Legende“ von der Lieblingsfilm Peter Krawagna wurde das goldene GmbH sowie „Glasboy“ von WILDart Film. Seit Gründung der CFC im Jahr 2015 wurden Ehrenzeichen des Landes Kärnten verliehen, bislang ins gesamt 34 von dem Förderbeirat ausgewählte Projekte unterschiedlichster Dieter Themel, das St. Veiter Musik- Genres gefördert. „Die regionale Wertschöpfung ist immens“, so Kulturlandesrat Chris- Urgestein, erhielt das große Ehrenzeichen tian Benger, „jeder eingesetzte Euro wird des Landes. „Jeder einzelne von Ihnen hat im Land vervierfacht“. Der Obmann des CFC-Förderbeirates, Arno Russegger, dazu: „Wir für das Land viel geleistet und Sie haben haben in den zwei Jahren eine breite Resonanz erreicht und beachtliche Ein reichungen mehr getan als gefordert. Ihre Leistungen erhalten. Kärnten hat wieder eine lebendige Filmszene“, fasst Russegger zusammen. sind beneidenswert und ein Spiegelbild Förderfähig sind Dokumenta tionen, Kinofilme und TV-Filme. Filmprojekte auf künstleri- einer Gesellschaft, die von verschiedenen schem Niveau sowie Nachwuchsfilmprojekte werden weiterhin vom Kulturreferat des Aspekten geprägt ist“, dankte LH Peter Landes gefördert. www.carinthia-filmcommission.at ● Kaiser den Geehrten. ●

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 55 Revolutionäre Kunst Die Ausstellung „Il Liberty e la rivoluzione europea delle arti“ ist (mit Stücken aus der Sammlung des Museum of Decorative Arts Prag) bis zum 7. Jänner 2018 im Museo Storico im Castello Miramare in Triest zu sehen. Bilder, Lithographien, Poster und dekorative Elemente wie Schmuck, Vasen, Gläser oder Einrichtungs- und Dekormöbel zeigen den Drang der Kunst nach Schönheit und einen Ausgleich zu schwierigen Lebens- situationen und sozialen Bedingungen zu schaffen. Die sogenannte Art Nouveau soll- te nicht nur die oberen sozialen Klassen

ALPEN-ADRIA-HORIZONTE ansprechen, vielmehr ging es um unabhän- gige Kunst und in diesem Maße wurde vor Harte Klänge Musik, die nie verblasst allem die Geschlechterrolle angesprochen. aus dunklen Wäldern Die Britische Bluesrock Band Procol Das neu entstandene Selbstbewusstsein Harum gehört zu den wichtigsten Vertre- der Frauen mit Drang nach Unabhängigkeit Dub-Echos aus dunklen Wäldern präsentiert tern in diesem Genre. Seit 1967 aktiv, 1991 und Freiheit war sowohl in der Gesellschaft Forest Swords am 5. Oktober im Kino nach dem Tod des Schlagzeugers B. J. Wil- als auch in der Kultur zu spüren. Neben den Siska in Laibach. Elektronische Klänge aus son neu gegründet, gehören Procol Harum dekorativen Elementen gibt es auch Arbei- der Beatles-Metropole Liverpool bringen nach wie vor zu den besten und erfolg- ten der beiden Jugendstil-Künstler Gustav den perfekten herbstlichen Soundtrack reichsten Live-Bands der Welt. Auch Song- Klimt und Alfons Maria Mucha zu sehen. nach Slowenien. Elektronisch beeinflusst und Platten-Erfolge gab es zahlreiche, wobei www.arte.it ● sind auch die Rap-Beats von Shabazz Palaces (19. Oktober) – so sehr, dass sie der musikalische Meilenstein, der 6-millio- Foto: Arte.it/Castello di Miramare/Alfons Mucha, 1900 sogar den geneigten Indie-Hörer begeistern nenfach verkaufte Song „A Whiter Shade of dürften. Denn die Hip-Hop-Kultur gehört Pale“ aus dem Album „Procol Harum“ nicht nur dem Rap, sondern auch einer (1967), bis heute unerreicht bleibt. Nicht Beat-Generation (J. Dilla, Clipping, Run the nur diesen Klassiker, sondern auch Songs Jewels), die von Funk-, Jazz-, Indie- oder aus dem aktuellen Album „Novum“ (2017, Krautrock-Interpreten beeinflusst wird. Und das erste nach 14-jähriger Schaffenspause) noch einmal Liverpool ohne Beatles – Stim- bringen Gründungsmitglied, Pianist und mungsbilder der härteren Gangart für die Sänger Gary Brooker mit seiner Band am Psyche präsentieren am 22. Oktober die 7. Oktober ins Palasport Forum nach Por- Herren von Anathema. Mit Unsane kom- denone. Peter Hammill, einst Protagonist men am 6. November die Götter des har- bei Van der Graaf Generator, spricht zwi- ten Noiserocks ins Kino Siska und ebenso schen Progressive- und Punk-Ästhetik göttlich versprechen die Konzerte der immer wieder aktuelle persönliche, aber Trash-Metal-Legenden Testament auch allgemeine globale Themen an, die es (26. November) sowie der Ambient-Jazzer zu hören lohnt (am 15. November im The Necks (27. November) zu werden. Teatro Candoni in Tolmezzo). www.azalea.it www.kinosiska.si ● ● Foto: Alex Asprey/Procol Harum Foto: Patrick O`Brien-Smith/Shabazz Palaces

56 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 Foto: Franz Glaser, Landesmuseum Kärnten kultur.t(r)ipp Römerin aus Ägypten – Mumie im Römermuseum Teurnia Seit der Entdeckung der Antike in der Renais- sance rückte auch die ägyptische Kultur zuneh- mend in das Blickfeld Europas. Vor diesem Hin- tergrund ist schließlich auch Mozarts Zauberflö- te zu sehen. Durch die Entdeckung des Inschriftsteines von Rashid (Rosette), dessen Tod und Geburt dreifacher, gleich lautender Text in Hierogly- Vergänglichkeit der Zeit phen demotischer und griechischer Schrift ver- Das MGML (Mestni Muzej Ljubljana) zeigt Im Rahmen des Festivals Friuli Venezia fasst war, eröffnete sich mit der Entzifferung zwei Retrospektiven zu Künstlern, die die Giulia Fotografia stellt die in Rom und Vil- 1822 die reiche, schriftliche Kultur Ägyptens slowenische Kunstszene damals und heute lach lebende Kärntnerin Regina Hübner – und damit auch eine Überlieferung außerhalb prägen bzw. beeinflussten. Die Auseinan- als einzige zeitgenössische Vertreterin der Bibel. Ägyptische Funde – voran Mumien – dersetzung von Tod und Leben bildete den Österreichs – ab 30. September ihr „Pho- gehörten seither zu den begehrten Objekten Schwerpunkt der Arbeiten von Joze Tisni- towork Zeit“ zur Schau. Ihre Arbeit ist ein der Gebildeten: Franz Ritter von Reyer schenkte kar († 1998). Dunkler Modernismus als Videostill des gleichnamigen Videos, das daher dem Geschichtsverein für Kärnten im eine wichtige Form des figuralen europäisch 2016 im MMKK Museum Moderner Kunst Jahre 1858 eine Mumie sowie einen skulpierten geprägten Modernismus befasste sich mit Kärnten gezeigt wurde. Sie thematisiert die Holzsarg, die nach dem Zweiten Weltkrieg nicht der Vergänglichkeit des Lebens. Bilder, die Vergänglichkeit und Wichtigkeit der Maßein- mehr ausgestellt wurden. Mit der Ausstellung möglicherweise Unbehagen auslösen, wer- heit Zeit. Die Ausstellung Donne & Foto- soll auf das alte Phänomen der Mehrfachidenti- den bis zum 25. Oktober in der Bezigrajs- grafia präsentiert neben Hübners Arbeiten tät im Römischen Reich und gleichermaßen im ka Galerija 2 unter dem Titel „Birth and Werke von 150 Fotografinnen des 20. Jahr- heutigen Europa aufmerksam gemacht werden. Death“ in Laibach als Ouevre zusammenge- hunderts mit Weltruf. Regina Hübners Maßgeblich für die Mumifizierung war der Glau- fasst. Im Gegensatz dazu findet man bei Schöpfung kann noch bis zum 17. Jänner be an die Unsterblichkeit der Seele sowie an Tugomir Susnik (30. November – 2018 in der Chiesa di San Francesco in Udi- Belohnung und Strafe im Jenseits. Die Seele 21. Jänner in der City Art Gallery Laibach) ne erlebt werden. www.reginahuebner.net ● (Ba) verließ bei Tag den Leichnam und kehrte das abstrakte Zusammenspiel der lebendi- Foto: Regina Hübner nachts zurück, gleich dem Werden und Verge- gen Farben, das seine Heimat sowohl in der hen des Sonnengottes. Bei der Mumie aus slowenischen Kunst der 70er Jahre als auch „Theben in Oberägypten“ handelt es sich um in der amerikanischen Nachkriegszeit hatte. eine etwa fünfundzwanzigjährige Frau namens Zuvor wird ebendort bis zum 12. Novem- Esoëris (dt. „große Isis“), die Taëris geboren ber urbane Kunst von Dusica Drasic, Anne hatte. Sie wurde im 2. Jahrhundert in der übli- Harild, Marusa Sagadin, Ovidiu Anton und chen Art mumifiziert, indem der Balsamierer Alban Muja gezeigt. www.mgml.si ● Gehirn und Eingeweide entfernte. Eine bemalte Foto: Tomo Jesenicnik/Joze Tisnikar, Birth and Death, 1975 Leinenkartonagemaske mit plastischen Brüsten bedeckt Gesicht und Oberkörper. Das Gesicht der Maske zeigt Vergoldung, die für Vergöttli- chung in der Römerzeit typisch ist. Der beige- fügte, gefaltete Papyrus ist zwar kein ausführli- ches Totenbuch, doch werden die wichtigsten Punkte für das Weiterleben genannt. Die Tote wird mit verschiedenen Göttern gleichgesetzt, damit sie Göttlichkeit und ewiges Leben Trigon 67 erlangt. Der Text schließt mit den Worten: „Dein Ba („Seele“) lebe in Ewigkeit, er verjünge „Ambiente Nuovo | Post Environment“ ist der sich in Ewigkeit!“ Titel der Reihe Trigon, die 1963 – als Aus- tausch von Künstlern aus dem damaligen ● Franz Glaser Archäologe, bedeutende archäologische Entdeckungen in Jugoslawien, aus Italien und Österreich – in Kärnten, 40 Jahre im Landesdienst, seit 2016 ehrenamtlicher Graz gegründet wurde. Da das Projekt Trigon 67, das bis zum 23. November im Künst- Mitarbeiter des Landesmuseum, Präsident des Bundes Kärnt- lerhaus in Graz läuft, vor allem auf die Außenbereiche und die Umwelt abzielt, ist der Titel ner Museen und Mitglied des Denkmalbeirates des BMUKK. „Ambiente/Environment“ durchaus passend gewählt. 15 verschiedene Positionen aus dem Ausstellung: Alpe-Adria-Raum (darunter auch jene des Kärntners Hans Schabus) handeln von Räumen Römermuseum Teurnia, St. Peter in Holz 1a, und Architektur in der zeitgenössischen Kunst. Damit soll nicht nur das Bestehen von Trigon 9811 Lendorf, T: 047 62 – 33807 | gewürdigt werden, sondern auch das 15-jährige Jubiläum des Steirischen Herbstes. Höhe- Öffnungszeiten: noch bis 31. Oktober, punkt des Trigon-Projektes ist ein Weg um das Künstlerhaus mit einer Installation der bei- jeweils Di – So von 9 – 17 Uhr den Architekten Günther Domenig und Eilfried Huth aus dem Jahr 1967. www.km-k.at ● Foto: Eilfried Huth/Transparente Temporärarchitektur Trigon 67

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 57 Kulturkino Gmünd Kino Millino Millstatt Programmkino im alten Theatersaal des Pfarrhofes Spielplan & Infos unter: www.kino-millstatt.at Gmünd. www.stadtgmuend.at | 04732 – 2215 24 | Kartenreservierung unter kino@kino-millstatt | [email protected] 0664 – 1258810 und 04766 – 2200 Von 13. – 29. November Betriebsurlaub. Foto: Tiago Lima Koch

Film-Stipendiat 2017 DO 26. Oktober, 19 Uhr CONSUELO handelt von der Suche nach einem Die wilde Maus Hampstead Park besseren Leben, von der Suche nach Selbst- Österreich, Deutschland 2017 | Regie: Josef Hader | GB 2017 | Regie: Joel Hopkins | Drama | 102 Min. bestimmung … und dem destruktiven Rund- Tragikomödie, Krimi | Auszeichnung bei der Diagonale Eine mit Diane Keaton und Brendan Gleeson umschlag, wenn einem dies verwehrt wird. 2017 | 102 Min. | Originalversion (deutsch) | ab 12 J. starbesetzte Oldie-Romanze zwischen einer Selbstbestimmung und Glück habe ich jeden- Bekrittelnde Menschen werden bevorzugt, die- eleganten Wittwe und einem Obdachlosen. Als falls momentan gefunden. In Paraguay gebo- ser Auffassung ist der etablierte Musikkritiker dessen Hütte im Londoner Hampstead Heath ren, in Peru die ersten Lebensjahre verbracht, Georg Endl. Doch er wird entlassen. Seiner Park abgerissen werden soll, lernen sich die in Österreich aufgewachsen und in Deutsch- Frau, die an nichts als an den nächsten beiden über eine Bürgerinitiative kennen … ● land studiert … nach New York nenne ich nun Eisprung denkt, verrät er kein Sterbenswört- Foto: Einhorn Verleih London meinen momentanen Lebensmittel- chen. Endl sinnt nach Rache, unterstützt wird punkt, der jedoch immer wieder mit meiner er von Erich einem Freund aus der gemeinsa- Heimat Wien Platz tauscht, da ich in den Vor- men Schulzeit. Tagsüber arbeiten beide an bereitungen zu meinem nächsten Spielfilm einer maroden Achterbahn im Wiener Prater, über vier Österreicher und deren widersprüch- nachts gehen sie auf Rachefeldzüge ... ● lichen Haltung zur Flüchtlingsthematik stecke. Foto: Ion Gavriel Momentan – denn unser Leben besteht aus Momenten. So wie der Film aus 24 Bildern pro Sekunde besteht, so besteht unser Leben aus unzählbaren Momenten. Allesamt anders und Porto einzigartig. Und viele dieser wertvollen PT/USA/F/PL 2016 | Regie: Gabe Klinger | Drama, Liebesfilm | 75 Min. | ab 6 J. Momente lebe ich nun seit Anfang Juli in Vil- lach und arbeite am besagten Spielfilmdreh- Porto, die alte portugiesische Hafenstadt ist buch, welches womöglich auch in der Region der Ort, an dem Jake (Anton Yelchin) und Mati realisiert wird. DO 16. November, 19 Uhr (Lucie Lucas) aufeinandertreffen. Beide sind Momente der Freude, der Suche, der Einsam- Marie Curie fremd in der Stadt, beide sind Außenseiter, keit, der Sehnsucht. Denn in einem unter- und beide sind auf der Suche … sie stürzen sie Deutschland, Polen 2016 | Regie: Marie Noëlle | sich Hals über Kopf in eine Affäre. ● Foto: Polyfilm scheiden sich Städte wie New York und Villach Dokumentarfilm | Auszeichnung: Bayrischer Filmpreis zumindest nicht voneinander: jeder Moment, 2017 | 100 Min. | deutsche Fassung | ab 8 J. egal wo, ist am schönsten, wenn man ihn mit Ein Unfall entreißt Marie Curie früh den Mann. jemanden, den man gerne hat, teilen kann. Sie setzt sich in der „männlichen“ Physiker- Eine weitere Ähnlichkeit zwischen diesen szene durch und erhält einen Lehrstuhl an der ungleichen Städten: innerhalb New Yorks habe Sorbonne. Doch kurz vor der Verleihung des ich knapp eine dreiviertel Stunde nach „Little 2. Nobelpreises, wird ihr eine Affäre mit einem Italy“ gebraucht, von Villach brauche ich ge- Kollegen zum Problem. Sie erfährt wie unver- nauso lange nach Italien. Aber ins echte. Die einbar Leidenschaft und tugendhafte Vernunft Lage dieser Stadt ist jedenfalls bestens geeig- Der wunderbare Garten sein können. ● Foto: P`ARTISAN Film Produktion net, um sich Inspiration zum Schreiben zu ho- der Bella Brown len. Mal schreibe ich auf meinem Balkon im GB 2016 | Regie: Simon Aboud | Komödie-Drama | Kulturhofkeller in der Lederergasse, mal am 99 Minuten | jugendfrei Weißensee (mein absoluter Favorit), mal im Als die schüchterne Bibliothekarin von ihrem lauschigen Nachbarort und mal in einem ro- Vermieter gezwungen wird, ihren verwilderten mantischen Café in der Lagunenstadt Venedig. Garten innerhalb eines Monats herzeigbar zu „Consuelo“ bedeutet Trost auf Spanisch. Die- machen, bekommt sie unerwartet Hilfe von ses Wort war schon immer von besonderer ihrem reichen, übellaunigen Nachbarn Alfie. Bedeutung für mich – deshalb, und weil es der DO 23. November, 19 Uhr Eine Komödie über die Freundschaft zwischen Name meiner geliebten Großmutter ist, ist es einer Einzelgängerin und einem mürrischen auch auf meinem Arm tätowiert. In der Antike Das Meer in mir alten Witwer. ● Foto: Luna Film gab es wohl sogar philosophische Anleitungen, Spanien, Frankreich 2004 | Regie: Alejandro Amenábar | Drama, Liebesfilm | Auszeichnungen: Oscar 2005, um Trost zu finden. Ich habe jedenfalls meine Golden Globe 2005 | 122 Min. | dt. Fassung | ab 14 J. eigene, persönliche Anleitung entwickelt. Die- Juni/Juli Ramón erlitt vor 27 Jahren einen schweren Die Bruecke 2017 se besteht aus Leben, Reisen und Schreiben. Badeunfall und ist seither vom Hals abwärts Kärnten.Film Und Villach ist ein wunderschöner, weiterer gelähmt. Seit dem taucht er in seiner Gedan- „Kärntner Filme“ in TV & Kino: Schritt auf meiner individuellen Landkarte. kenwelt ins Meer ab. Ramón will auch im wah- Die Supernase – einer Legende auf der Spur, ● David Clay Diaz ren Leben abtauchen, sprich sterben und am 1. Oktober um 12:30 Uhr in ORF2 | Von Juli – September war der 1989 in Paraguay geborene am 6. Oktober um 20:15 Uhr auf MelodieTV Regisseur David Clay Diaz als diesjähriger Film-Stipendiat kämpft sich bis vor das oberste spanische des Landes Kärnten und der Stadt Villach vor Ort. Gericht um das Recht auf einen selbstbe- Heimatleuchten Nockberge, www.davidclaydiaz.com stimmten Tod zu erwirken. Der Film beruht auf am 13. Oktober um 20:15 Uhr auf ServusTV einer wahren Geschichte. ● Foto: Tobis Film

58 DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 FILM.TIPPS

Volkskino Klagenfurt KC | Das 1926 gegründete Programmkino der Landeshauptstadt | Kinoplatz 3, 9020 Klagenfurt

ab 6. Oktober ab 6. Oktober ab 13. Oktober Happy End Mein Leben – Ein Tanz Träum was Schönes FR/Ö/D 2017 | Regie: Michael Haneke | Drama | Spanien/USA 2016 | Regie: Lucija Stojevic | Italien/Frankreich 2016 | Regie: Marco Bellocchio | DF und OmU (französisch) | 107 Min. Dokumentarfilm | OmU (spanisch) | 84 Min. | Drama | DF und OmU (ital.) | 134 Min. | ab 12 J. jugendfrei Die Laurents residieren im französischen Massimo verlor mit neun Jahren seine Calais, wo die Familie eine erfolgreiche Bau- Antonia Santiago Amador, besser bekannt geliebte Mutter. 40 Jahre später kann der firma betreibt. Als Patriarchin tritt Anne in als „La Chana“ die Königin des Flamenco erwachsene Mann jenes schicksalshafte Erscheinung. Sie hat ihren nichtsnutzigen der 60er- und 70er Jahre, kehrt nach 30jäh- Trauma weder überwinden noch verstehen. Sohn als Manager eingesetzt, er ist der Auf- riger Bühnenabstinenz fulminant auf die Er leidet an starken Phobien, meidet enge- gabe nicht gewachsen. Michael Haneke Tanzfläche zurück und lässt in der packen- ren Kontakt zu Menschen um möglichem greift mit seinem Lieblingsthema, in dem den Doku, die eine Hommage an das Aus- Schmerz zu entrinnen. Dies ändert sich eine gut situierte Familie stellvertretend für nahmetalent ist, tief blicken. Der Film offen- schlagartig mit dem Kennenlernen der The- die aufreißenden Gesellschaftsgräben des bart nicht nur den Aufstieg zum Weltstar rapeutin Elisa. Massimo verliebt sich in sie „Alten Europa“ steht, die Konflikte zwischen sondern auch die harten Zeiten und gewährt und mit ihrer Hilfe ist es ihm möglich, die Jung und Alt, Mann und Frau auf. Foto: Filmladen persönliche Einblicke ins Leben auf und Vergangenheit aufzuarbeiten und die Kraft neben der Bühne. Foto: Volkskino von Gefühlen zu spüren. Foto: movienet

Infos zu allen Filmen und zum aktuellen Programm finden Sie unter: www.volkskino.net. Unter dieser Adresse haben Sie auch die Möglichkeit Karten zu bestellen oder das aktuelle Kinoprogramm nach Hause zugesandt zu bekommen. Ermäßigungen für BRÜCKE- Kulturcard Inhaber KC | Kontakt: 0463 – 319880, [email protected]

Filmstudio Villach KC | Das Nahversorgerkino der Draustadt: Rathausplatz 1, 9500 Villach (im Stadtkino Villach)

23. Oktober – Premiere & Diskussion 25. Oktober 23. November Die dritte Option Panzerkreuzer Potemkin Live-Konzert zum Stummfilm Österreich 2017 | Regie: Thomas Fürhapter | UdSSR 1926 | Regie: Sergej Eisenstein | Spielfilm | We Stood Like Kings plays Koyaanisqatsi filmischer Essay | deutsche Originalfassung | rekonstruierte deutsche Nadeltonfassung | 49 Min. | 78 Min. | ab 14 J. ab 12 J. Film Koyaanisqatsi – USA 1982 | Regie: Godfrey Reggio | Experimentalfilm | 85 Min. | jugendfrei Wer entscheidet, was normal ist? Was tun, Aus Anlass des 100. Jahrestages der russi- Bereits im Vorjahr war die vierköpfige belgi- wenn über Leben und Tod entschieden wer- schen Oktoberrevolution zeigt das Filmstu- sche Post-Rock-Band „We stood like kings“ den muss? „Die dritte Option“ setzt Einzel- dio Villach Sergej Eisensteins Filmklassiker. im Filmstudio zu Gast und beschallten das schicksale im Zeitalter von Pränataldiagnos- Gezeigt wird eine bisher verschollen Publikum mit ihrem avancierten Soundtrack tik und Biopolitik in einen radikal gegenwär- geglaubte Tonversion vom Wiener Kompo- zu Berlin 1926. In diesem Jahr kehren sie tigen und gesellschaftspolitischen Zusam- nisten Edmund Meisel, eine digitale Rekons- wieder und vertonen mit Koyaanisqatsi ein menhang. Am 23. Oktober lädt das Filmstu- truktion, durchgeführt von der Universität weiteres Glanzstück der Filmgeschichte mit dio Villach in Kooperation mit dem Verein der Künste Berlin, dem Österreichischen ihren intensiven, kraftvollen wie auch berüh- Sternenkinder und dem Lebensweise-Maga- Filmmuseum und dem Technischen Muse- rend fragilen Klängen. zin im Anschluss an den Film zu einer Dis- um Wien mit Österreichischer Mediathek. Foto: The Institute for Regional Education kussion mit Pränatalexperten. Foto: Thiemfilm Foto: Österreichisches Filmmuseum

Das monatliche Programmheft wird auf Anfrage per Telefon oder per E-Mail zugesandt. Alle Filme sind im Detail auf der Homepage: www.filmstudiovillach.at sowie auf Facebook (Filmstudio Villach) einsehbar. Auf Anfrage werden auch spezielle Schulvorstellungen angeboten – ab 80 Personen zu einem Sonderpreis von 5 Euro p. P. (normal: 8,50 Euro | Ermäßigungen zum Preis von 7,50 Euro erhalten Inhaber der BRÜCKE-Kulturcard KC und der FH-StudentInnencard sowie Lehrlinge und SchülerInnen bis 19 | 10er-Block: 75 Euro). | Kontakt: 0650 – 920 40 35, [email protected] sowie über das Stadtkino Villach: 04242 – 27 000 | Kassa ab 17:30 Uhr

DIE BRÜCKE Nr. 3 | Brückengeneration 5 – Okt./Nov. 17 59 Kärntens Kulturzeitschrift macht LUST.AUF.KULTUR JAHRESABO ✚ Kultur Card für ermäßigte Eintritte um 27,80 € pro Jahr

IN DIE KULTUR EIN.TAUCHEN „DIE BRÜCKE“ Jahresabo (6 Ausgaben) frei Haus inkl. Kulturcard Kärnten um 27,80 Euro Abobestellungen unter: E [email protected] T 050 536 - 16242 www.bruecke.ktn.gv.at