JOE BONAMASSA HENRIK FREISCHLADER PANTERA mit King Bee Shakedown BAND Rat Race Carousel This Love ORIGINALSONG ORIGINALSONG GUITAR-CLASSIC SONGS CD Heft Nr. 221 Ausgabe 10/2018 das magazin für gitarristen und bassisten

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TRAUMHAFTER SOUND über Ton, Songs & Les Pauls

50 JAHRE UND NOCH IMMER FRISCH Die wichtigsten Gitarrenalben 1968

RIFFS & LICKS Zakk Wylde & Mick Ronson

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IM INTERVIEW + INTERVIEWS THRICE JOE BONAMASSA · · CLUTCH · MONSTER TRUCK INTRO

HANDMADE GUITARS

Wenn die Seele strippt

a hat der gute Charly ja mal Clarke (guitar 3/18) – ich bin noch richtig einen vorgelegt! Der im Nachhinein von mir selbst ge- überaus geschätzte Kollege rührt! mit den stets passenden Ganz offenbar lege ich praktisch Schlussworten fasst das Le- Monat für Monat meine Seele in des ben eines echten Bluesers Lesers Hand und habe es bisher auf Seite 146 dermaßen nicht einmal bemerkt. Und in dieser treffend zusammen, dass Ausgabe geht der Seelenstrip gar mirD beim Lesen nicht nur vor noch weiter – nun ist die Unterwä- echtem Mitgefühl die Tränen nur sche dran. Soll heißen: In die Liste so über die Bäckchen gelaufen sind, son- der wichtigsten Gitarrenalben, die vor 50 Jah- dern dass er mich damit doch tatsächlich in ren in die Läden kamen (ab Seite 58), ist einzig Zugzwang bringt – nach dem Muster: Der und alleine mein ganz persönliches Herzblut Mann gewährt den Lesern einen tiefen Ein- geflossen. Literweise. blick in sein Seelenleben, und ich knalle ihnen Trotzdem bin ich ein wenig geschockt, dass nur immer irgendwelchen unverbindlichen ich in der Vergangenheit so tiefe Einblicke ge- Quatsch vor die Brust. Was für ein Schlag in boten habe, ohne es bemerkt zu haben. Ausge- die Magengrube. Das hab’ ich jetzt davon ... rechnet ein Blueser hat mich, wenn auch ver- danke, Charly! mutlich ohne Absicht, darauf gestoßen. Des- Panikartig blättere ich in den vergangenen halb noch einmal, aber jetzt ohne Sarkasmus: Ausgaben – und stelle schnell fest: So ganz Danke, Charly! stimmt das ja dann doch nicht, dass ich nichts von mir preisgebe. In guitar 7/18 schreibe ich In diesem Sinne: Haut rein! im „Intro“ etwa über meine gefühlsbetonte Neigung zu Vinyl – wenn das mal nicht ein Blick in meine tiefste Seele ist! Oder in guitar 4/18: Da erfährt der ge- neigte Leser intimste Fakten über meine musi- kalischen Vorlieben! Oder meine Trauerreden auf Malcolm Dr. Jürgen Ehneß Young (guitar 1/18) und auf „Fast“ Eddie Chefredakteur

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MS_Guitar_18-10_drittel.indd 1 06.09.18 11:23 10 Inhalt 2018 Interviews/Storys 32 Joe Bonamassa 38 Shooter Jennings 40 Tim Sult/Clutch 44 René Riewer/Prada Meinhoff 48 / 50 Jeremy Widerman/Monster Truck 62 Workshop-Special: Slash 52 Dustin Kensrue & Teppei Teranishi/Thrice 56 Special: Vor 50 Jahren – die zehn wichtigsten Gitarrenalben 1968

Workshops 62 Workshop-Special: Slash 72 Legends-Special: Mick Ronson 80 Masterpiece: Ozzy Osbourne/Zakk Wylde – No Rest for the Wicked 92 Fretboard-Compendium: CAGED zum Dritten – die Praxis 95 Guitar-Cosmos: Mozartkugel 32 56 Interview: Joe Bonamassa Special: Vor 50 Jahren 98 Bluescafé: Joseph Spence – „Comin’ In on a Wing and a Prayer“

Songs 147 Sonderzeichentabelle 148 Green Day – „American Idiot“ 154 Joe Bonamassa – „King Bee Shakedown“ ORIGINALSONG 163 Henrik Freischlader Band – „Rat Race Carousel“ ORIGINALSONG 169 Pantera – „This Love“

Aguado/Redferns 72 Juan 80

Legends-Special: Mick Ronson Masterpiece: Ozzy Osbourne/Zakk Titelfoto: Wylde – No Rest for the Wicked

4 10/18 INHALT

Test & Technik 102 Guitar-Dreams: Höfner Verythin Green Line Guitar (E-Gitarre) 106 Guitar-Dreams: DiDonato Guitars Custom Tiger Eye (E-Gitarre) 110 Guitar-Dreams: G&L Doheny (E-Gitarre) 114 LTD Nergal-6 (E-Gitarre) 116 Music Man Valentine (E-Gitarre) 118 Squier Vintage Modified Baritone Jazzmaster (E-Gitarre) Höfner Verythin Green Line Guitar 102 120 Schecter SLS Elite C-7 Multiscale (E-Gitarre) 122 Fame Forum II & Forum IV Classic (E-Gitarre) 126 Jackson Pro Series Soloist SL2Q HT Northern Lights (E-Gitarre) 128 Vox MVX150C1 (Verstärker) 131 EVH 5150 EL34 50 Watt Top & 212ST Box (Verstärker) 134 Bluguitar Amp1 Mercury Edition & Twincab (Verstärker/Effekt) 136 Tech 21 VT Bass 200 (Bassverstärker) 138 Electro-Harmonix Oceans 11 (Effekt) G&L Doheny 110 139 Alexander F-13 Neo Flanger (Effekt) 128 Vox MVX150C1 140 Komet K.O.D.A. (Effekt) 142 KMA Audio Machines Queequeg & Horizont (Effekt)

Rubriken 3 Intro 6 guitar-CD + Downloads 7 CD-Booklet 8 guitar-News: Aktuelles & Verlosungen 22 Tourdaten 26 Rezensionen: CD, Vinyl & DVD/Blu-ray 27 guitar-Abonnement 55 55 Pickup – zu gewinnen: LTD EC-1000 Fluence Pickup – zu gewinnen: 144 Händlerverzeichnis LTD EC-1000 Fluence 146 Charleys Bluestalgia/Anzeigenindex/Impressum

5 Joe Bonamassa INTERVIEW JOE BONAMASSA PROGRESSIVER TRADITIONALIST Joe Bonamassa ist einer der bodenständigsten Superstars des Planeten. Obwohl er klassischen Blues liebt, ruht er sich anno 2018 nicht auf seinen erreichten Lorbeeren aus und präsentiert sich mit der frischen LP Redemption vielseitiger denn je. Wir sprachen mit Joe über die Entstehung der Scheibe, seine Vintage- Sammelleidenschaft und missverständliche Äußerungen zum Thema „Effektpedale“.

oe, auf Redemption gehst du konsequent den vor zwei Alben eingeschlagenen Weg – der aus hundert Prozent neu kompo- nierten Stücken besteht – weiter. Warum hast du eigentlich dein altes Original-Coversong-Konzept ad acta gelegt? Joe Bonamassa: Jeder Künstler covert Songs, und ich konnte so den Hörern einige meiner weniger bekannten Favoriten näher- bringen. Irgendwann fand ich mich in Nashville in diesem Zirkel unglaublicher Songwriter wieder und beschloss, in meine Seele hineinzuhören.J Als ich das tat, erkannte ich, dass keiner ein Lied so wiedergeben kann wie der Komponist selbst, und in diesem Zuge gefiel mir die Idee, eine Platte mit komplett frischem Material aufzunehmen, immer besser. Mir schwebt auch vor, irgendwann alleine eine LP in nur einem Raum in drei Tagen fertigzustellen.

Redemption ist darüber hinaus dein bis dato vielseitigstes Werk. Neben dem Blues-Kern finden sich Stile wie Country, , Soul und klassischer Hardrock. Wenn wir meinen Back-Katalog einmal nüchtern betrachten, befinden sich darin alleine 13 Soloscheiben [Studio]. Du kommst dabei irgend- wann automatisch an den Punkt, an dem du dich wiederholst und dich selbst dabei erwischt, dass sich deine Platten ähneln. Als dies zum ers- ten Mal während des Kreativprozesses eintrat, zog ich die Notbremse und schrieb einfach das, worauf ich Lust hatte – ohne lästige Genre- grenzen! Das ist doch verdammt cool! Du wächst dabei als Künstler und umgehst den tödlichen Fehler, an Relevanz zu verlieren. Klar bekommt man in diesem Zuge auch viel Kritik um die Ohren gedonnert wie etwa „Spiel’ das weiter, was dich berühmt gemacht hat“ oder ähnliche Floskeln. Solcher Bullshit prallt jedoch an mir ab. Dar- über hinaus glaube ich auch nicht, dass ein Kreativer bei ein und der- selben Sache stoisch verharren sollte. Wenn du Dinge mit Hingabe tust, wird es automatisch bei deinen Fans klick machen. Dabei spielt auch nur ein Aspekt ein wirkliche Rolle: Es muss ehrlich sein!

Redemption hat einen enormen Spannungsbogen. Das sehe ich auch so. Auf unseren Konzerten spielen wir seit ungefähr fünf Monaten immer vier bis fünf Songs des und bekommen durch die Bank super Feedback! Das freut mich sehr und gibt mir jetzt zur Veröffentlichung ein noch besseres Gefühl, dass dieser Weg der absolut richtige war! Darum geht es doch eigentlich auch, wenn man eine Platte aufnimmt und Musik mit der Welt teilt, um eine Verbindung zwischen Künstler und Hörer zu erzeugen. Wenn du dabei dich selbst und deine Fanbase herausfordern kannst, ist das positiv und vermeidet Langeweile. Beispielsweise Bob Dylan ist ein Meister darin, seine Aus- richtung zu ändern. Manchmal ist das etwas schroff, aber abseits davon mal schießt du daneben ... aber ohne einen Versuch in diese oder jene bleibt er sich damit treu. Jeff Beck ist ein weiterer legendärer Protago- Richtung wäre das ganze Unterfangen doch einfach langweilig. nist, der stets nach vorn gerichtete Gitarrenalben eintütet. Unterm Strich müssen dir LPs während der Entstehung schlichtweg In Sachen Country-Music hast du ein packendes Duett mit dem groß- Spaß bereiten. Manchmal triffst du dabei genau ins Schwarze, manch- artigen Jamey Johnson auf Redemption.

33 INTERVIEW SHOOTER JENNINGS

Mit seiner schlichtweg Shooter produzenten, Dave Cobb [Jason Isbell, Chris Stapleton, Sturgill Simpson – Autor]. Was hat betitelten Platte präsentiert der euch wieder zusammengeführt? Dave und ich haben kurz zuvor zusammen musikalisch unberechenbare Sohn der Outlaw- das aktuelle von Brandi Carlile produ- Country-Legenden Waylon Jennings und Jessi Colter ziert. Eigentlich hatte ich schon Material für ein ganz anderes Album fertig, das ich nun sein achtes Album. Wir sprachen mit dem eigenwilligen auf die lange Bank geschoben haben, weil ich nach der Brandi-Platte spontan unbedingt ein Künstler, der Hank Williams, Jr. sowie traditionelles Country-Album im Hank-Willi- gleichermaßen schätzt und dicke mit ist. ams-Jr.-Stil mit Dave machen wollte. Ich habe so viele experimentelle Platten in den vergangenen Jahren gemacht, und all die neuen Country-Künstler machen jetzt eben- falls experimentelle Platten. Insofern war für hooter, verglichen mit dem Vorgän- komplette Hemingway-Romane abgetippt hat, mich die offensichtlichste und rebellischste geralbum Countach (for Girogio), dei- um dessen Schaffensprozess Wort für Wort zu Entscheidung, ein klassisches Boogie-Woogie- nem Tribut an Giorgio Moroder, den reproduzieren und zu analysieren. Ähnlich Country-Album zu machen! Synthie- und Film-Score-Komponisten ging es mir mit der Musik von Moroder. Ich der Achtziger, ist das neue Material habe seine Stücke komplett seziert, und das Dave und du habt eine lange gemeinsame Ge- eine 180-Grad-Wende und die überra- hat mich sehr viel über Arrangements gelehrt. schichte. Auf deinem 2005er Solodebüt Put schende Rückkehr zu deinen Country- Nach solch einem kaum noch zu übertreffen- The „O“ Back in Country habt ihr erstmals Wurzeln. den Experiment war es dann für mich auch zusammengearbeitet. Damals war Dave quasi Images SShooter Jennings: Die Giorgio-Platte war völlig okay, mal wieder etwas sehr Traditio- noch ein unbeschriebenes Blatt, heute ist er Getty eine der tollsten künstlerischen Erfahrungen nelles zu machen. der begehrteste und erfolgreichste moderne in meinem Leben. Hunter S. Thompson ist Roots-Musik-Produzent.

Fontaine, einer meiner Lieblingsautoren, und ich habe Shooter ist nach langer Pause wieder eine Wir beide waren damals noch grün hinter

Jimmy in einer Doku über ihn mal gesehen, dass er Kollaboration mit deinen einstigen Stamm- den Ohren, zwei Kids aus den Südstaaten in C

38 10/18 IntervIew Tim Sult/Clutch Ein Sound fur jeden Song Seit nunmehr fast 30 Jahren schwingt Tim Sult bei Clutch die SG. Auf dem neuen Album Book of Bad Decisions ging es im Studio zwischen Live-Sessions, Vintage-Amps und Soundsuche heiß her. Wir sprachen mit Tim über die Entstehung der Scheibe und über all die guten und schlechten Entscheidungen, die die Band im Laufe ihrer Karriere getroffen hat.

In Hochform (v. l.): Neil Fallon (voc), Dan Maines (b), Tim Sult (g), Jean-Paul Gaster (d)

hr habt euch für Book of Bad Decisions Decisions kann man sehr viele meiner Basic- zu bekommen. Die wurden aber nur als entschlossen, mit Vance Powell einen neuen Tracks hören, also die Aufnahmen, die wir als Grundlage verwendet, um alles einzeln neu zu Produzenten zu verpflichten. Wie kam’s? Band gemeinsam im Studio eingespielt haben. tracken. Tim Sult: Wir dachten uns einfach, wir Das ist etwas, das ich seit den Neunzigern so probieren mal was Neues aus. Wir wollten nicht mehr gemacht habe. Nicht nur Rhyth- Eure Songs durchlaufen vor den Aufnahmen verhindern, dass wir in eine Routine rut- mus-Tracks, sondern sogar einige Leads, die meist einen Live-Testprozess. Wie wichtig ist schen, in der alles nach Schema F abläuft. ich ganz spontan eingezockt habe, haben wir euch das? Also sind wir nach Nashville runter, um behalten, um das Feeling des Songs möglichst Gerade für Book of Bad Decisions war uns das Ieinen anderen Vibe zu bekommen. so zu erhalten, wie er entstanden ist. sehr wichtig, um die Songs im Studio mög- lichst tight spielen zu können. Das ist auch der Wie hat sich dieser neue Vibe auf das Recor- Eure Arbeitsweise zuvor war also deutlich Prozess, in dem die meisten Sachen geändert ding ausgewirkt? Overdub-lastiger? werden und neue Ideen einfließen. Während

Weatherman Music/Rough Trade Wir haben für dieses Album definitiv mehr Wir haben auch bei den vorherigen Alben wir in der Vergangenheit Songs noch fertig

C live aufgenommen als zuvor. Auf Book of Bad zusammen eingespielt, um diese Basic-Tracks geschrieben haben, während wir schon im

40 10/18 IntervIew

iSt mein Held“ Dass Gretsch-Gitarre und Kontrabass nicht unbedingt nur nach Rockabilly klingen müssen, beweisen The Living End. Das 1994 gegründete australische Trio veröffentlicht im September unter dem Titel Wunderbar bereits sein achtes Studioalbum und ist zeitgleich hierzulande auf großen Bühnen mit den Toten Hosen zu sehen. Wir sprachen mit Sänger und Gitarrist Chris Cheney.

n Australien füllen The Living End mit Chris Cheney in gelebt und mich dort sehr wohl gefühlt. Mit ihrer eigenständigen Melange aus Rock, Gretsch-Action der Wahl von Trump machte sich unter Freun- Rockabilly, Clash-artigen Punk-Anleihen den ein Gefühl der Enttäuschung breit. Die und eingängigen Refrains große Hallen USA, für viele das Land der unbegrenzten und charteten zweimal an der Topposition Möglichkeiten, fühlen sich jetzt verwundet. der dortigen Charts. Zudem hält die Band Aus dieser Stimmung heraus kam mir der Ge- den Rekord für das meistverkaufte Rockal- danke zu diesem Titel, der sagen soll, wie bum in der australischen Musikgeschichte. schön dieses Land doch sein kann. I Ihr habt Wunderbar in Deutschland aufge- Und wie seid ihr das Album angegangen? nommen ... Typischerweise komponieren, proben und ar- Chris Cheney: Ja, wir haben Anfang des Jah- rangieren wir unsere Songs etwa sechs Mona- res sechs Wochen hier verbracht: zwei Wo- te, bevor wir ins Studio gehen. Diesmal ent- chen in Berlin für die Vorproduktion, zwei schieden wir uns aber recht kurzfristig im Sep- weitere Wochen in Rotenburg an der Fulda tember 2017, ein Album machen zu wollen. Ich für die Aufnahmen im Toolhouse Studio und hatte diverse Ideen auf dem Rechner, die wir nochmals zwei Wochen in Berlin für Gesangs- im Proberaum ausgearbeitet haben. Dann habe aufnahmen und weitere Gitarren. ich weiter daran gearbeitet, etwa an den Tex- ten. Das war schon stressig, weil ich auch mei- Ihr habt die neuen Titel aber nicht erst im nen Hausstand in den USA auflösen musste. Studio komponiert, oder? viele Ideen verwerfen, um zu guten Songs zu Wir wollten ein Album mit persönlichen, Nein, wir gehen gut vorbereitet ins Studio – gelangen. Mein Kompositionswerkzeug ist die charaktervollen Songs. Abwechslung ist uns mit diversen Songs. Dazu hatten wir unse- Gitarre, und ich bin stets auf der Suche nach inzwischen wichtig. Zwar haben wir als rem Produzenten Tobias Kuhn [Toten Hosen, Hooklines. Wenn die steht, kann ich den Rest Rockabilly-Band begonnen, wollten aber im- Sportfreunde Stiller, Feine Sahne Fischfilet] eines Titels darum herum bauen. mer eine Rockband sein. Ich selbst sehe mich vorab einige fertige, einige unfertige Titel zu- Schön ist auch, dass man mit Produkten als Songwriter und verehre Leute wie Neil kommen lassen. Als wir loslegten, hatten wir wie „Garageband“ einen Beat laufen lassen Finn, Elton John oder Ryan Adams. die Auswahl auf etwa 15 Titel reduziert, die kann, zu dem man jammt, bis eine Idee wir gemeinsam angingen. Das war eine sehr kommt. So ist „Drop the Needle“ entstanden. Bewertet ihr eure Songs aus Publikumssicht? kreative Zeit, denn Tobias spielt selbst Gitarre. Es geht aber auch anders, wie etwa bei unserer Wir beurteilen die Musik bandintern. Man So haben wir zu viert gejammt und Dinge aktuellen Single „Don't Lose It“. Ich arbeitete kann nur raten, was die Fans mögen, und ausprobiert. Wir konnten uns Ideen zuspielen, mit Andy [Strachan, d] an einer Idee. Und als dann tun sie es vielleicht doch nicht. Aber wir was in positiver Weise Einfluss auf das Album ich aus einem Lick den Akkord wechselte, rief können im Proberaum feststellen, ob sich ein nahm. Er hat The Living End nichts wegge- Andy: „Don't lose it!“ Titel für uns großartig anfühlt, und dann nommen, sondern ein bisschen hinzugefügt. Ein anderer neuer Song, „Death of the hoffen, dass dieser Funke überspringt. American Dream“, begann mit Es gibt natürlich Fans, die sich Wie nimmt ein Titel bei dir seinen Anfang? dem Titel. Ich habe jetzt sie- ein zweites „“ Ich schreibe ständig Musik und muss dabei ben Jahren in Los Angeles Wunderbar

So soll Rock’n’Roll sein: roh, aufregend,

Malinowski direkt in die Fresse. Cybele C

48 10/18 Special

vor 50 JaHrEn – diE ZEHn WiCHtiGstEn GitarrEnalbEn

Was? Schon 50 Jahre alt und immer noch regelmäßig auf dem Plattenteller? Da kann man tatsächlich von echten „Klassikern“ sprechen. 1968 begann die Rockmusik so richtig zu erblühen. Verglichen damit könnte man die heutige musikalische Landschaft fast als öde bezeichnen.

56 10/18 WORKSHOP-SPECIAL

ROCKT DEN TRAUM WEITER:

Slash (r.) mit ... und guitar-Autor Philipp SLASHguitar-Redakteur Marcel ... Am 11. Juni 2018, einen Tag vor der Guns-N’-Roses-Show in Gelsenkirchen, treffen wir Slash für ein Interview. Durch sein Erscheinen in Lederhose und Dracula-Shirt wischt die Gitarrenlegende jede Anspannung weg, die das in Gold gehaltene Interieur des 5-Sterne-Hotels aufkommen lassen könnte. Mit einem verschmitzten Lächeln hinter den dunklen Sonnenbrillengläsern und dem ergrauten Drei-Tage-Bart steht uns Slash Rede und Antwort zu seinem neuen

Soloalbum Living the Dream, seinen persönlichen Inspirationsquellen, OWNLO /D A D D

C

T der Gibson-Insolvenz sowie den Live-Konzerten mit Guns N’ Roses. R A 1 C 2 K 18 –

lash, ihr habt euch mit den Conspira- den Vorgängeralben. Wie konntet ihr als Band inside the Girl“ völlig aus den Wolken gefal- tors für das neue Album wieder mit noch mehr zusammenwachsen? len. Ich schwelgte in meiner ursprünglichen Michael Baskette zusammengetan, Ich denke, das Ausschlaggebende ist, dass wir Melodie, die ja durchaus etwas Romantisches der nicht nur deine beiden Vorgänger- das meiste in den Jahren 2015 und 2016 ge- hat, und ließ mich von den ersten verträumten alben Apocalyptic Love [2012] und schrieben haben, als wir auf Tour waren und Sätzen von Myles mitreißen – ich hörte wirk- World on Fire [2014] produziert hat- somit zusammen Eindrücke verarbeiten konn- lich nicht weiter zu –, bis Myles mir erklär- te, sondern auch mit , Iggy ten. Das Prinzip ist in fast allen Fällen so: te dass der Song nicht von einem Verliebten, Pop und Incubus zusammenarbeitete. Aus einem intuitiven Groove entsteht ein Riff, sondern von einem Stalker handelt. Myles hat Slash:S Ich arbeite gerne öfters mit Leuten, mit daraus ein Melodiepattern und daraus dann die Ballade, ohne dass ich es merkte, in eine denen ich gut auskomme. Außerdem enthält irgendwann eine Gesangslinie mit Texten. Wir Stalker-Story verwandelt! [lacht] der Albumtitel Living the Dream einen gewissen jammen bei jedem Soundcheck Ideen durch, ironischen Unterton. Es soll so etwas bedeuten was das Tourleben zu etwas Spannendem Der Riff des Songs „Serve You Right“ [Bsp. 1] wie „Mitgehangen, mitgefangen“ – auch wenn macht, da wir jeden Tag Ideen in unseren Köp- erinnert von seinem Groove an frühe AC/DC nichts auf dem Cover konkret darauf hinweist. fen reifen lassen können. oder Ted Nugent, der ja auch zu deinen Ju- Wir nehmen uns jedenfalls nicht zu ernst. [lacht] gendhelden zählte. Sind das bewusste Zitate? Myles’ [Kennedy, voc] Texte klingen teilweise Ich habe, ehrlich gesagt, keine Ahnung. Es Das Songwriting scheint ihr allerdings ernst- sehr intim. Entstehen diese in Absprache mit sind ja eher meditative Momente, in denen

Gene Kirkland, Getty Images haft zu betreiben. Viele der Arrangements dir und der Band? ich Riffs schreibe und bei denen etwas Un- C sind noch ausgefeilter und organischer als bei Nein, in der Tat bin ich bei dem Song „Lost terbewusstes zum Vorschein kommt. Sogar

62 10/18