30. Januar 1933 – 80 Jahre Danach

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30. Januar 1933 – 80 Jahre Danach Rundbrief 3|4 AG Rechtsextremismus/Antifaschismus beim Bundesvorstand der Partei DIE LINKE 2012 30. Januar 1933 – 80 Jahre danach ILTNHA EDITORIAL . 3 Matthias Höhn, MdL 30 . JANUAR 1933 – 80 JAHRE DANACH Das deutsche Großkapital, der Keppler-Kreis und die NSDAP. Eine unentbehrliche Vorgeschichte des 30. Januar 1933 . 4 Reiner Zilkenat Die verkannte Niederlage. Das Dilemma des deutschen Kommunismus 1933 . 25 Klaus Kinner Ein Zeitungsartikel vom 26. Januar 1933 – und ein Kommentar 80 Jahre später . 32 Karl Sachse »Vorstoß zum Sozialismus«? Die wirtschafts- und gesellschafts- politischen Pläne der SPD im Sommer 1932 . 34 Reiner Zilkenat »Hitler Reichskanzler – Heraus zum Generalstreik!« . 41 Günter Wehner 130 Jahre Georgi Dimitroff – Zur Erinnerung an den Reichstagsbrandprozess . 44 Ulrich Schneider In der deutsche Zange! Vor 80 Jahren entstand eine Konzeption für die Unterwerfung der Balkanländer mit wirtschaftlichen Mitteln . 47 Martin Seckendorf »Lebhafte Heilrufe« – Die Gründung des Reichseinheitsverbandes des Deutschen Bewachungsgewerbes e.V. 1933 . 53 Stephan Jagielka Kapitalisierte Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Reflexionen angesichts des Buches »Von Arisierung bis Zwangsarbeit« . 59 Siegfried Ransch Kindheitserfahrungen . 66 Horst Helas April 1933: reichsweiter Boykott und ein gestelltes Foto . 69 Horst Helas NEUES ZU RECHTSEXTREMISMUS UND ANTIFASCHISMUS Der Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Thema Naziterror . 71 Gerd Wiegel Die völkische und extrem nationalistische Rechte Russlands (Teil 1) . 75 Karl Heinz Gräfe Rassismus und Antiziganismus in Bulgarien . 83 Sevim Dagdelen MdB ZUR DISKUSSION Ein Stein des Anstoßes. Der Gedenkstein in Berlin-Friedrichsfelde . 89 Jürgen Hofmann BERICHTE UND INFORMATIONEN Praktizierter Verfassungsschutz. Vorschläge zur Auflösung des Inlandsgeheimdienstes . 94 Jan Korte MdB Adam König ist tot . 103 »Das Kartell der Verharmloser« . 106 Julia Wiedemann 25 Jahre »Topographie des Terrors« . 107 Horst Helas Anschläge auf Wahlkreisbüros nehmen zu . 108 Julia Wiedemann REZENSIONEN UND ANNOTATIONEN . 109 E DITORIAL Erinnern, um zu widerstehen! Liebe Leserinnen und Leser, am 30 . Januar des kommenden die einen Blick in andere Teile Europas werfen . Sevim Dagde- Jahres jährt sich die Machtübernahme der Nazis zum acht- len berichtet über Rassismus und Antiziganismus in Bulgarien . zigsten Male . Unmittelbar nach dem 30 . Januar 1933 folgten Karl Heinz Gräfe befasst sich mit der völkischen und nationa- die Entdemokratisierung Deutschlands, die Gleichschaltung listischen Rechten in Russland . Zur Situation in Deutschland und die die Verfolgung und Ermordung politischer Gegner . stellt Gerd Wiegel die neuesten Erkenntnisse aus dem NSU- Antisemitismus wurde zur Staatsräson . Untersuchungsausschuss vor, und Jan Korte bespricht das ak- Für den »Rundbrief« ist dieser Jahrestag Anlass, die Zusam- tuelle Buch von Claus Leggewie und Horst Meier, in dem sie für menhänge und Hintergründe von 1933 zu reflektieren und eine Abschaffung des Verfassungsschutzes plädieren . zugleich den heutigen Umgang mit der NS-Vergangenheit in Über die publizistische Arbeit hinaus werden wir mit einer Deutschland kritisch unter die Lupe zu nehmen . Abschlie- Veranstaltung an den Beginn des dunkelsten Kapitels deut- ßend wollen wir einen Bogen zur Gegenwart schlagen . Er scher und europäischer Geschichte erinnern . Am 30 . Januar zeigt, wie wichtig die Erinnerung an das Jahr 1933 ist, um zu 2013 im Kino »Babylon« in Berlin-Mitte wollen wir »Erinnern, verstehen, was Neofaschismus und Rechtsextremismus bis um zu widerstehen« . Wir sagen, dieses Thema gehört in den hin zur Mordserie des NSU für die Gesellschaft bedeuten . Blickpunkt gesellschaftlicher Debatten . Unser Anspruch ist 30 . Januar 1933: Noch am selben Tag rief die KPD Württem- es, gesellschaftlich zu sensibilisieren und Widerstand zu we- berg zum Generalstreik auf: »Massenstreik! Hitler Reichs- cken: gegen Neofaschismus, Antisemitismus und Rassismus, kanzler! Wir sind bereit, Schulter an Schulter im engsten Klas- aber auch gegen unglaubliches Behördenversagen im Zusam- senbündnis den drohenden Schlag des Faschismus durch menhang mit der Mordserie der NSU . den kühnen Gegenschlag mit der Waffe des Massenstreiks zu beantworten!« Auf den Aufruf zum Generalstreik geht Gün- Matthias Höhn, ter Wehner in seinem Beitrag in diesem »Rundbrief« ein . Die Bundesgeschäftsführer der Partei »DIE LINKE« Hoffnung auf den Aufstand erfüllte sich leider nicht . Die Reichstagsbrand-Notverordnung vom 28 . Februar 1933 bil- dete den gesetzlichen Rahmen zur Verfolgung politischer Geg- ner . Ulrich Schneider erinnert in seinem Beitrag an den Reichs- Redaktionelle Anmerkung: tagsbrandprozess und Georgi Dimitroff, dem eine Schlüsselrolle in diesem Prozess zugedacht war . Die Diskussion um diesen Viele der in diesem Heft abgedruckten zeitgenössischen Fo- Prozess, um Täter, Anstifter und Nutznießer hält bis heute an – tos und Flugblätter drucken wir mit der Genehmigung des Karl und ist Beispiel dafür, wie Geschichte gemacht wird . Dietz Verlages ab, wofür wir Dr . Jörn Schütrumpf herzlich dan- Im Beitrag des »Rundbrief«-Redakteurs Reiner Zilkenat zum ken (S .22, 25, 58, 63, 67, 82, 93, 104 f ., 111) . Für das Recht, deutschen Großkapital werden der Keppler-Kreis und seine die beiden Fotos auf den Seiten 68 und 70 publizieren zu dür- Bedeutung für den Aufstieg Hitlers näher beleuchtet . Wilhelm fen, danken wir dem Landesarchiv Berlin (Fotoabteilung, F Keppler, mittelständischer Unternehmer und Mitglied der NS- Rep . 290, II 6939 u . II 6755) . Hinweise auf mehrere der hier DAP, unterstützte Hitler mit Kontakten in die Wirtschaft . Zu wiedergegebenen Zeitungsartikel und Flugschriften (S . 129– den Mitgliedern des Keppler-Kreises zählten einflussreiche 131) erhielten wir von Peter Klaar (Berlin-Neukölln) . Mehrere Repräsentanten der Industrie- und Bankenwelt . Mit deren Hil- Reproduktionen aus amtlichem Schriftgut entstammen dem fe sollten die wirtschaftspolitischen Forderungen der NSDAP damaligen Staatsarchiv Potsdam (S .65, 112, 136 ff .), das vor und des Großkapitals in Einklang gebracht werden . längerer Zeit aufgelöst worden ist . Wir sind außerstande zu Wie sah die Situation der Opposition gegen Hitler 1933 in sagen, wo sich die entsprechenden Akten mittlerweile befin- Deutschland aus? Klaus Kinner betrachtet die Lage der KPD den . Die Kopien wurden bereits 1990/1991 angefertigt . 1933, Reiner Zilkenat geht auf die wirtschafts- und gesell- Aus dem Bundesarchiv Berlin stammen die Schriftstücke schaftspolitischen Pläne der SPD im Sommer 1932 ein . auf den folgenden Seiten: BArch, R 8048/411, Bl . 42 (S . 6); Der Blick in die Vergangenheit und auf die kollektive Verant- BArch, R 72/73, Bl . 56 (S . 15); BArch, R 8051/7, Bl . 30 u . wortung bringt uns zurück zu den aktuellen Auseinanderset- RS (S . 30 f .); BArch, R 8005/48, Bl . 240 (S . 64); BArch, zungen . Unter der Rubrik »Aktuelles« erscheinen zwei Beiträge, R 72/174, Bl .167 f . (S .114 f .); BArch, R 1501/126130, Bl . 31 f 3 30 .J ANUAR 1933 – 80 JAHRE danach Das deutsche Großkapital, der Keppler – Kreis und die NSDAP: Eine unentbehrliche Vorgeschichte des 30. Januar 1933 Die Legenden-Bildungen zu den Ursachen der Machtüber- Am Vorabend des 80 . Jahrestages der Machtübergabe an gabe an die NSDAP begannen bereits am 30 . Januar 1933 . die deutschen Faschisten ist es deshalb von immenser po- Die deutschen Faschisten selbst sprachen von »nationaler litischer Relevanz, den Schleier des Geheimnisses zu lüften, Revolution« und »Machtübernahme«; sie proklamierten die der über den 30 . Januar 1933 und seine Vorgeschichte ge- Schaffung einer klassenübergreifenden »Volksgemeinschaft« . stülpt worden ist . Bürgerliche Autoren haben diese terminologischen Verschlei- erungs-Manöver der Nazis übernommen, zu denen auch die Selbstbezeichnung der deutschen Faschisten als »National- Hitler und die NSDAP – Lange Zeit sozialisten« gehört . Sie sind hierzulande Allgemeingut in den kein Thema für das Großkapital? Schulbüchern und den herrschenden Medien sowie in den am meisten verbreiteten Darstellungen zur Geschichte des Schon lange, bevor die NSDAP eine wähler- und mitgliederstar- Faschismus . Allerdings: Zeigen nicht auch linke Autorinnen ke Partei wurde, galten ihr und ihrem selbst ernannten »Füh- und Autoren, einschließlich des Autors dieser Zeilen, gele- rer« Adolf Hitler das Interesse einflussreicher Herren aus den gentlich manche Unbefangenheit beim Gebrauch von Be- Vorstandsetagen deutscher Monopole .4 Hinter verschlosse- griffen, die von den deutschen Faschisten absichtsvoll zur nen Türen wurde Hitler immer wieder die Gelegenheit geboten, Tarnung ihrer politischen Ziele und zur Irreführung des Publi- seine politischen Ansichten und Ziele unverblümt auszuplau- kums konstruiert worden waren? dern – ohne die lästige Rücksichtnahme auf die ansonsten in Derartige Praktiken dienen seit mittlerweile achtzig Jahren der Öffentlichkeit verkündeten Phrasen über einen angeblich einem einzigen Ziel: Ein genetischer Zusammenhang zwi- angestrebten »nationalen Sozialismus« . Meilensteine derarti- schen der Entstehung und dem Wachstum der Nazi-Bewe- ger Auftritte bildeten seine Rede vor dem renommierten »Ham- gung einerseits und der herrschenden bürgerlich-kapitalis- burger Nationalklub von 1919« am 28 .F ebruar 1926 und meh- tischen Gesellschaftsordnung andererseits sowie die aktive rere Ansprachen vor Großkapitalisten und Managern an Rhein Unterstützung der Faschisten durch einflussreiche Kreise des und Ruhr im gleichen und im darauf
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