Ein Beitrag Zur Umbenennung Der Lüneburger Hindenburgstrasse ______
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Wahlplakat 1933 EIN BEITRAG ZUR UMBENENNUNG DER LÜNEBURGER HINDENBURGSTRASSE ___________________________________________________________________________________ Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort 4 Einleitung 5 Hindenburg – ein Ehrenbürger der Stadt Lüneburg 6 Exkurs: „Unserem Reichspräsident und Führer im Weltkrieg Hindenburg, und Adolf Hitler, dem Führer der deutschen Politik … ein dreifaches Heil!“ 10 Von der Gartenstraße zur Hindenburgstraße I 15 Von der Hindenburgstraße zur Gartenstraße 17 Von der Gartenstraße zur Hindenburgstraße II 19 Exkurs: Oskar Heideborn - ein Exponent des Lüneburger Bürgertums nach 1945 20 Der Hindenburg-Mythos im Spiegel der Lüneburger Presse nach 1945 33 Thesen und Gegenargumente zur historischen Bedeutung Hindenburgs in den Leser/-innenbriefen der Landeszeitung 40 Chronologie: 55 - Hindenburg - eine preußisch-deutsche Militaristenkarriere 55 - Hindenburg – vom „Kandidaten der Republikgegner“ 57 zum Wegbereiter des deutschen Faschismus - Hindenburgs Unterstützung beim Aufbau und an der Festigung 57 des faschistischen Machtapparats Herausgeber: Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Kreisvereinigung Lüneburg, Gewerkschaftshaus, Heiligengeiststraße 28, 21335 Lüneburg [email protected]; www.vvn-bda-lg.de Druck: Campus-Copy Lüneburg Auflage: 250 Lüneburg, April 2014 Wir bedanken für die finanzielle Zuwendung zur Erstellung dieser Broschüre beim „Verein der Bundestagsfraktion DIE LINKE e. V.“ 2 ___________________________________________________________________________________ Liebe Leserin! Lieber Leser! Nachdem 1947 nicht so sehr durch innere Ein- sicht, sondern mehr durch äußere Vorschrift (Anordnung der Alliierten) die Hindenburg- „Historische, personengebundene Straßen- straße wieder ihren ursprünglichen Namen und Gebäudenamen wollen zurecht an hervor- (Gartenstraße) erhielt, dauerte es nur lediglich ragende Persönlichkeiten erinnern, ihre ge- fünf Jahre, bis 1952, als erstmals wieder eine schichtliche Bedeutung würdigen und auch auf rechtsbürgerliche Mehrheit im Rat der Stadt ihr vorbildhaftes Wirken aufmerksam machen. dominieren konnte und die erste „Amtshand- Die Straßen- und Gebäudenamen werden so- lung“ dieser neuen Rechtskoalition machte dann zumeist Teil einer politischen „Alltagskul- deutlich, dass an die politische Symbolgebung tur“, werden Begriffe, die durch den notwendi- des Jahres 1933 angeknüpft werden sollte. Es gen Gebrauch in die Alltagssprache eingehen. ist wohl bundesweit ein Novum, dass in einer Zugleich symbolisieren die Namen aber auch Stadt ein und derselbe Straßenzug somit zum den „Zeitgeist“ ihres Benennungsdatums, sie zweiten Male nach Hindenburg benannt wurde. stehen stellvertretend für die politischen Ab- sichten ihrer Benenner. Mit dieser Schrift wird versucht, einen antifa- Genauso verhält es sich auch mit der Be- und schistischen Beitrag zur derzeitigen lokalpoliti- Umbenennung der Hindenburgstraße. Hinden- schen Debatte um die Umbenennung der Hin- burg – dieser Name stand für die Benenner im denburgstraße zu leisten. Wir verzichten da- Rat der Stadt Lüneburg (ob Nazis im Jahre rauf, nochmals das militärisch-politische Wir- 1933 oder Rechtskonservative 1952) für den ken des Namenspatrons zu beschreiben (das „Wegbereiter der nationalen Erhebung“ und ist in der Literatur nachlesbar), sondern setzen den „Befreier des deutschen Ostens“… (für an der lokalpolitischen Debatte an, wobei in den) Geist des Militarismus und Krieges, des zwei vertiefenden Exkursen das politische Um- Revanchismus und des deutschen Faschismus feld des „Zeitgeistes“ der Jahre 1933 und 1952 …“ in Lüneburg beschrieben wird. Diese Worte sind zu finden in einer Schrift un- serer Vereinigung, in der wir unsere Forderung nach einer Umbenennung der Hindenburg- Ein erstes Kapitel widmet sich der Diskussion straße untermauerten – im Jahre 1987, also um die Lüneburger Ehrenbürgerschaft Hin- vor über einem Vierteljahrhundert. Diese For- denburgs (auf die mehrfach von konservativer derung fand im Rat der Stadt Lüneburg bis Seite positiv zur Begründung des Straßenna- heute keine Mehrheit. mens hingewiesen wurde), ein von Mythen umranktes Feld lokaler Erinnerungspolitik. Der Hinweis auf den „Zeitgeist“ der jeweiligen Straßenumbenennung nach Hindenburg In den weiteren Kapiteln folgt eine Darstellung scheint uns aus mehreren Gründen wichtig, der Diskussionen um die jeweilige Umbenen- weil er die ungebrochene Kontinuität des auto- nung der Hindenburg-/Gartenstraße, wie sie je- ritär-militaristischen Denkens innerhalb der Lü- weils im Rat der Stadt Lüneburg geführt wurde, neburger Führungsriege erkennen lässt – von eingeleitet mit einigen Worten über die politi- der Weimarer Republik bis weit in die bundes- schen Mehrheitsverhältnisse im Stadtparla- republikanischen Zeiten hinein. Es war die ment. erste „Amtshandlung“ des Magistrats der Stadt Lüneburg nach den Märzwahlen 1933, die als Eine besondere Rolle bei der Meinungsbildung symbolisch bedeutungsvollen, politischen Akt der Bevölkerung kommt sicherlich der lokalen aus der Gartenstraße die Hindenburgstraße Presse zu, in den Jahrzenten ab 1945 noch machte. Dass mit dieser Straßenumbenen- sehr viel stärker als heute. Aus diesem Grunde nung der Reichspräsident Hindenburg nicht wurde die Lüneburger Landeszeitung darauf etwa als ein „langjähriges demokratisches hin durchgesehen, welches Bild sie in den letz- Staatsoberhaupt“ geehrt wurde, sondern aus- ten Jahrzehnten von Hindenburg zeichnete schließlich in seiner Funktion als Wegbereiter und mit welchen Methoden sie einen Hinden- des deutschen Faschismus, ist an der Begrün- burg-Mythos verbreitete. Das Ergebnis dieser dung 1933 zu erkennen und daran, dass diese Durchsicht wurde in einem weiteren Kapitel be- Namensgebung niemals zuvor im Rat der schrieben. Stadt zur Debatte stand. 3 ___________________________________________________________________________________ Dass aber auch dieses Blatt den „kurzen Früh- ling des Antifaschismus“(Bloch) erlebte, sei zur „Ehrenrettung“ dieser Zeitung hier hervorgeho- ben: Am 19. März 1946 veröffentlichte die LZ einen redaktionellen Meinungsbeitrag über die Rolle Hindenburgs, der an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig lässt (siehe Kasten rechts). Undenkbar, dass sich die LZ-Redaktion heut- zutage in dieser eindeutigen Weise äußern würde. Kaum ein anderes kommunalpolitisches Thema stand in den letzten Jahren/Jahrzehn- „… Das bringt uns auf den Fall Hindenburg. ten derart im Mittelpunkt der LZ-Leserbriefspal- Dieser wird von vielen, allzuvielen Deutschen ten wie die Diskussion um die NS-Vergangen- heit der Stadt und insbesondere die Umbenen- immer noch als positive Figur deutscher Ge- nung der Hindenburgstraße. Obwohl mehrfach schichte angesehen. Für eine Erkenntnis der von der Redaktion als beendet erklärt, flammte Zusammenhänge und eine brauchbare Beur- sie immer wieder auf. Die Argumente der Le- teilung unserer Zukunft muss diese Anschau- serbriefschreiber/-innen, soweit sie der Beibe- haltung des Straßennamens mit Bezug auf die ung revidiert werden… Rolle Hindenburgs dienten, haben wir in einem Es war bekannt, dass Hindenburg ein kaiser- weiteren Kapitel als Thesen formuliert und die- treuer, in reaktionärsten Anschauungen befan- sen Thesen die historischen Sachverhalte ge- genübergestellt. gener, zu demokratischer Führerschaft unge- Ein Dank geht an dieser Stelle an Herrn Jobst eigneter Mann war. Dennoch wurde er zweimal Müller, der die überwiegende historische Re- Reichspräsident. Mit Hilfe seiner charakterlo- cherche zu diesem Kapitel geleistet hat. sen Berater wurde er der Wegbereiter der Bar- Argumente und Fragen der genannten Leser- barei in Deutschland… briefautoren/-innen, die auf eine scheinbar Verlorene Kriege werden in Deutschland schwierige Praktikabilität der Straßenumbe- schnell vergessen. Das deutsche Volk ließ sich nennung abzielen (Adressenänderung der An- wohner/-innen) sind zwar auch ernst zu neh- von seinen geschlagenen Feldherren sogar men, finden aber hier keinen Eingang, weil beschuldigen, der Front heimtückisch den be- diese Probleme bei jeder anderen Straßenum- rüchtigten „Dolchstoß“ beigebracht zu haben. benennung auch gelöst werden können Es vergaß sich so sehr, dass es Hindenburg (ebenso wie bei einem Wohnortwechsel der Bewohner dieser Straße) und wir uns in dieser zum Präsidenten der Republik machte. Schrift ausschließlich mit der Frage auseinan- Man achtet ein Staatsoberhaupt. Man achtet dersetzen, ob eine politische Figur wie Hinden- es aber nicht über Gewissen und Erkenntnis burg einen ehrenden Straßennamen verdient. hinaus. Hindenburg war einer der Schädlinge Eine chronologische Kurzübersicht über das in deutscher Geschichte. Ein Präsident, … der Wirken Hindenburgs als Militär, als Politiker ein Amt führte, das er mit Fug und innerem und in seiner Verantwortlichkeit für den Aufbau Recht nicht verwalten konnte, der ein Kabinett und die Festigung des faschistischen Machtap- der Totengräber deutscher Freiheit in Eid parats schließt diese Schrift in einem letzten Kapitel ab. nahm, das noch nicht einmal in den Verhand- lungen der Parteien zustande gekommen war, Zwei Exkurse haben wir in diese Schrift einge- war unmöglich. fügt zum Weiterlesen und zur vertiefenden In- formation: Hindenburgs Rolle zu durchschauen wird eine der bittersten Aufgaben für uns Deutsche wer- 1. Um der Frage ansatzweise auf den Grund den, weil es bedeutet, den personifizierten Irr- zu gehen, welche Interessen und welche örtli- tum deutscher Haltung zu Deutschland wie zur chen Bevölkerungsgruppen ab 1930 die rechtskonservative