Zur Flora des Sihltales von der Stadt bis zum Höhronen

Elias Landolt Umschlagbild / Cover picture:

Verlauf des Sihltales. Panoramasicht in drei aufeinander folgenden Bildern. Oberes Bild: Die entspringt am Druesberg (2281 m) (erstes Drittel, hinten, mit Felsbän- dern von links oben nach rechts unten). Der höchste Berg hinten ist der Tödi (3614 m). Die Sihl erreicht den Kanton Zürich etwa 20 km nordwärts auf der linken Seite des Bildes am Fuss des Höhronen (lang gestreckter Hügelzug, 1229 m, in der Mitte des Bildes). Im Vordergrund am rechten Rand liegt . Mittleres Bild: Im Vordergrund zieht sich längs des Sees der , dahinter liegt das Sihltal vor der Fortsetzung des Höhronen. Am rechten Bildrand beginnt der Rossberg. Unteres Bild: Am linken Bildrand erhebt sich vor dem Rossberg der südliche Teil der Albiskette. Der höchste Punkt am rechten Rand ist der Bürglen (915 m). Der ganze bewaldete Hang gehört zum nationalen Wildnispark . Zwischen dem Zimmerberg und der Albiskette liegt das Sihltal. Die Sihl fliesst etwas über 10 km weiter längs der Kette nordwärts bis in die Stadt Zürich und mündet unterhalb des Hauptbahnhofes in die .

Course of the Sihl . Panorama view in three pictures. Upper photo: The Sihl river originates from Druesberg (2281 m, the mountain in the back- ground on the left side. It enters the Canton of Zurich on the left side of the photo at the base of Höhronen (1220 m), the chain in the middle. The highest mountain in the background is Tödi (3614 m). In front at the base of the Zimmerberg the city of Horgen can be seen. Middle photo. In front the chain of Zimmerberg stretches along the lake. In between Zimmer- berg and Höhronen (behind) lies the valley of the Sihl. Lower photo: The southern part of the chain of forms the background of the photo. The highest point of the chain is Bürglen (915 m). The wooded slope of the Albis belongs to the national park Sihlwald. The Sihl continues between the chains of Zimmerberg (in front) and Albis continues towards northwest. About 10 km further the Sihl reaches the city of Zurich where it flows into the river Limmat not far from the main train station.

Fotos: W. Lämmler NEUJAHRSBLATT

herausgegeben von der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich

auf das Jahr 2012

214. Stück

2011 Veröffentlichung der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich im Anschluss an den Jahrgang 156 der Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich

Redaktion: Conradin A. Burga, Frank Klötzli und Marlies Gloor

Ausgegeben am 31. Dezember 2011

ISSN 0379-1327

Die Redaktion der Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich dankt der Fachstelle Naturschutz des Kantons Zürich und der Stiftung Rübel für einen Beitrag an die Druckkosten.

Druck und Verlag: KOPRINT AG, Untere Gründlistrasse 3, CH-6055 Alpnach Dorf

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Quellenregister gestattet Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Elias Landolt (Zürich)

Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 5

ZUSAMMENFASSUNG

Im Anschluss an eine floristische Kar- ter im Süden. Sie beträgt im Norden des tierung der Stadt Zürich in den Jahren Untersuchungsgebietes etwa 450, im 1984 – 1998 auf Quadratkilometerba- mittleren Teil 400 und im Süden 350. sis wurde als Fortsetzung das Gebiet Von den 204 Arten, die nur in der Stadt des Sihltales zwischen Zürich und dem und nicht ausserhalb vorkommen, sind Höhronen in zwei Schritten untersucht 48 % Neophyten, 32 % Archaeophyten (1999 – 2005 und 2005 – 2011). Insgesamt und nur 20 % Indigene, während von sind (Zürich eingeschlossen) 249 km2 fest- den 90 Arten, die nur ausserhalb der gehalten worden. Eine «Flora» sämtlicher Stadt vorkommen oder vorkamen, 91 % Arten mit Beschreibungen, Schlüssel und Indigene, 4 % Archaeophyten und nur Verbreitungskarten ist daraus entstan- 6 % Neophyten sind. In der Stadt Zürich den (ca. 1500 Seiten), die später beim (1400 Arten, ausgestorbene Arten einge- ZDSF (Zentrum des Datenverbundnetzes schlossen) und im gesamten Gebiet (1500 der Schweizer Flora, http://www.crsf.ch), Arten) sind fast 60 % indigene Arten, Genf und beim Amt für Landschaft und etwa 20 % Archaeophyten und gut 20 % Natur des Kantons Zürich (www.natur- Neophyten. In stark versiegelten Stadttei- schutz.zh.ch) deponiert wird und abge- len steigt der Anteil Neophyten bis über rufen werden kann. Einige Resultate wer- 50 %. Die Prozentzahlen in der höchsten, den in der vorliegenden Arbeit erwähnt. wenig dicht besiedelten Gemeinde Hüt- Insgesamt wurden 2113 Arten in die ten (738 Arten) betragen 81, 7 und 12. «Flora» aufgenommen; davon sind 615 Nach dem Vorkommen von Pflanzen- häufige Kultur- und Zierpflanzen oder arten wurden im Gebiet 7 Landschaften zufällig eingeschleppte Arten, die höch- unterschieden und geomorphologisch, stens lokal und kurzfristig verwildern. klimatisch und floristisch verglichen. 1498 Arten sind oder waren während der Der deutliche Rückgang der Pflanzendi- letzten 160 Jahre mindestens 30 Jahre versität in einzelnen Vegetationen wird lang in stabilen Populationen vorhanden. demonstriert und die Ursachen und mög- Von diesen sind 177 oder 13 % ausgestor- liche Gegenmassnahmen werden dis- ben und 284 wurden neu eingebracht kutiert. Die Verbreitung von invasiven und bürgerten sich ein. Die Flora ist also Neophyten wird kurz aufgezeigt und artenreicher geworden, wobei die Diver- Bekämpfungsmöglichkeiten erörtert. sität vor allem in der Stadt zugenommen In kühleren und höheren Lagen spie- hat. Allerdings haben 42 % der bishe- len invasive Neophyten nur noch eine rigen Arten abgenommen und nur 30 % geringe Rolle. zeigen eine höhere Frequenz. Verschiedene kritische Arten, die man Die mittlere Artenzahl pro km2 ist in der früher nicht oder selten unterschied, wer- Stadt und Umgebung grösser als wei- den kurz vorgestellt.

Schlagwörter: Albis – – Höhronen – Hütten – Üetliberg – Zimmerberg – Zürich – Moorlandschaft – Steilhänge – Florenwandel – Florenkar- tierung – Biodiversität – invasive Arten – Schutzmassnahmen 6 Flora of the valley of Sihl between Zurich and Höhronen

SUMMARY

From 1984 to 1998, a square-kilometer south (about 400 in the middle part of base floristic map of the city of Zurich the study area and 350 in the southern was completed, after which, from 1999 part). 48 % of the 204 species growing to 2011, the mapping was continued only within the city and not outside of south of the city of Zurich, into the it are Neophytes, 32 % Archaeophytes, region of the towards Höhro- and only 20 % indigenous species. Of nen, a mountain range that straddles the 99 species occurring only outside the borders of the cantons of Zurich, the city 91 % are indigenous species and and Schwyz. In total, an area of 249 km2 Archaeophytes and Neophytes comprise was investigated. A «Flora» of all species only 4 % and 6 %, respectively. Of the of the region, with morphological and species in the City of Zurich (1400 spe- ecological descriptions, a key, and distri- cies, including extinct species) and in the bution maps, was created (approx. 1500 whole study area (1500 species) nearly pages). The «Flora» will be distributed at 60 % are indigenous species, about 20 % ZDSF (Zentrum des Datenverbundnetzes Archaeophytes and a little more than der Schweizer Flora, http://www.crsf.ch) 20 % Neophytes. In the densely popula- in Geneva and at the Canton of Zurich ted inner city with a high percentage of Office of Landscape and Nature (Amt sealed soils, the Neophytes consisted of für Landschaft und Natur des Kantons more than 50 % of the species. Hütten, Zürich), from where it will be accessible the highest situated and sparsely popu- by download for the general public. lated community of the study area had In this paper some results of the investi- 738 plant species, of which 81 % were gation are presented. indigenous species, 7 % were Archaeo- The «Flora» contains 2113 species alto- phytes and 12 % were Neophytes. gether. Of these 615 are frequently cul- The study area was divided into 7 lands- tivated or ephemerophytes. The rest of capes according to geomorphological, 1498 species are native or have been climatic and floristic properties. established in the study area for at least The study demonstrates the reduction 30 years. Of these species 177, or 13 %, of plant diversity in various vegetations, are extinct and 284 are newly introdu- outlines the reasons of the loss, and dis- ced and established within the last 160 cusses possible countermeasures. years. During this time, the flora became The distribution of invasive Neophytes and richer, especially in the city of Zurich. possibilities of controlling the expansion However, of the presently occurring spe- are shown. Generally, invaders are less cies, 42 % decreased and only 30 % incre- important in cooler and higher regions. ased in frequency. The average number Various critical species not previously, or of species per km2 is larger in the city, very rarely distinguished are presented (approx. 450), than in the regions further shortly.

Key words: Albis – Hirzel – Hütten – Höhronen – Üetliberg – Zimmerberg – Wetlands – Steep Slopes – Flora Change – Flora Mapping – Bio- diversity – Invasive Species – Flora Protection Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 7

INHALT

A TEXT

ZUSAMMENFASSUNG / SUMMARY 5

VORWORT 9

1 ERFORSCHUNG DES GEBIETES 11 1.1 Bisherige Untersuchungen 11 1.2 Neue Abklärungen und Methoden der Kartierung 13

2 BESCHREIBUNG DES GEBIETES UND DER LANDSCHAFTEN 15 2.1 Lage, Geologie 15 2.2 Klima 17 2.3 Geomorphologisch-klimatische Gliederung 18 2.4 Übersicht über das Gebiet anhand der farbigen Abbildungen 20

3 ÜBERSICHT ÜBER DIE FLORA 23 3.1 Herkunft und Entwicklung der Flora 23 3.2 Typische Arten und Vegetationen 26 3.3 Allgemeine Resultate der Kartierung 28

4 FLORISTISCHE BESONDERHEITEN DER EINZELNEN LANDSCHAFTEN 31 4.1 Unterschiede zwischen dem nördlichen und dem südlichen Teil 31 4.2 Überbaute Ortschaften und Verkehrswege 36 4.3 Täler und Flusslandschaften im Norden (ausserhalb überbauter Gebiete) 38 4.4 Bergzüge und Hügel der Molasse 41 4.4.1 Bergzüge und Hügel der Molasse im nördlichen Teil 42 4.4.2 Bergzüge und Hügel der Molasse im südlichen Teil (ohne Höhronen) 45 4.4.3 Höhronen 47 4.5 Moränenlandschaft zwischen Zimmerberg und Menzingen 53 4.6 Talgrund des Sihltales zwischen Zürich und Schindellegi 60 8 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

5 DYNAMIK DER FLORA 63 5.1 Veränderungen der Flora in den letzten 160 Jahren 63 5.2 Die Bedeutung von Neophyten und invasiven Arten 75

6 TAXONOMISCHE PROBLEME 79

7 ZUKÜNFTIGE ENTWICKLNG DER FLORA; ERHALTUNG DER BIODIVERSITÄT 85

VERDANKUNGEN 88

LITERATURVERZEICHNIS 89

GLOSSAR 92

B VERBREITUNGSKARTEN UND FARBTAFELN 94

VERBREITUNGSKARTEN 94 Karten 2 bis 63 94

FARBTAFELN 110 Legenden zu den Farbtafeln II bis VI 110 Legenden zu den Farbtafeln I und VII bis XVI 112 Bildernachweis 113 Farbtafeln I bis XVI 114 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 9

VORWORT

Bei der vom Autor zwischen 1985 und Es interessierte nun, wie weit die Ver- 2000 durchgeführten floristischen Kar- hältnisse in der politischen Gemeinde tierung der Stadt Zürich zeigte sich, dass Zürich typisch für das östliche Mittelland die Artenzahl der Pflanzen unerwar- sind. Ich dehnte deshalb die Kartierung tet hoch war, da sich zahlreiche fremde der Flora von Zürich auf ein weiteres Arten in den letzten 160 Jahren neu in Gebiet aus, um abzuklären, ob und wie der Stadt angesiedelt und teilweise auch sich die Flora und ihre Dynamik ändern, in die nähere nicht überbaute Umgebung wenn die klimatischen Bedingungen ausgebreitet hatten. Diese Pflanzen- abweichen und Bevölkerungsdichte und arten, sofern sie sich nach dem Jahr 1500 Bewirtschaftsintensität sich ändern. der heutigen Zeit einfanden, werden als Als neues Kartiergebiet wurde das süd- Neophyten bezeichnet. Insgesamt konn- lich an das kartierte städtische Gebiet ten 1211 Arten festgestellt werden, die anschliessende Areal zwischen Zürich- sich innerhalb der politischen Grenzen see und Reppischtal südwärts bis zum der Stadt Zürich selbständig vermeh- Höhronen ausgewählt (Tafel I, S. 114). ren konnten. Von diesen waren 58 % Dieses Gebiet zeichnet sich gegenüber ursprünglich einheimische Arten (Indi- jenem der politischen Gemeinde Zürich gene), 19 % vor dem Jahr 1500 durch den durch folgende Merkmale aus: Menschen eingeschleppte oder einge- • grössere Nähe zu den Alpen führte Arten (Archaeophyten) und 23 % • im Mittel höhere Lagen (höchste Neophyten. Indigene siedeln vor allem Berglagen ganz im Süden etwas über in Wäldern, an Steilhängen und in und 1200 m, in Zürich bis wenig unter längs von Gewässern, zum Teil auch in 900 m); entsprechend sind die Tempe- wenig intensiv bewirtschafteten Wiesen. raturen etwas tiefer Archaeophyten und Neophyten kom- • mehr Niederschläge (bis über men dagegen eher in bewirtschafteten 1500 mm statt knapp 1000 mm mitt- Flächen, in Gärten, längs Verkehrsanla- lere jährliche Niederschläge im Nor- gen und Schuttplätzen vor. Insgesamt den von Zürich und entsprechend sind in den letzten 160 Jahren in Zürich mehr nasse und mehr saure Böden 159 Arten ausgestorben, und 284 haben (durch die grössere oberflächliche sich neu eingebürgert. Auswaschung bedingt) Der im Allgemeinen in den letzten Jahr- • weniger dichte menschliche Besied- zehnten beobachtete Rückgang der lung und entsprechend weniger ver- Artenvielfalt hielt sich erfreulicherweise siegelte Böden in der Stadt Zürich in Grenzen, beson- Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die ders da er durch die Einbürgerung der folgenden Fragen zu beantworten: 284 neuen Arten sehr grosszügig kom- • Wie reagiert die Pflanzenwelt auf pensiert wurde. Der Verlust von 159 die relativ geringen Unterschiede der teilweise im Mittelland seltenen und Umweltbedingungen in den beiden oft spezialisierten Arten ist trotzdem Kartiergebieten? bedauerlich. 10 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

• Hat sich die Flora in den letzten 160 falt des Gebietes hinweisen und ihn Jahren in den einzelnen Teilgebieten ermuntern, das einzigartige Gebiet zu unterschiedlich verändert? erkunden und zu erleben. • Was können wir unternehmen, um die heutige Biodiversität im Gebiet zu erhalten? Die Kartierung hat mir neben dem Artenreichtum auch die Vielfalt und Schönheiten der Landschaften im Unter- suchungsgebiet gezeigt, die einen ein- zigartigen Erholungsraum darstellen, aber heute Vielen nur wenig bekannt sind. Ausser auf den Gratwegen der Üetliberg-Albiskette und den Uferwe- gen der Sihl und der Seen trifft man nur wenige Spaziergänger. Dabei bleibt etwa die weitflächige hügelige Morä- nenlandschaft des Zimmerberges mit den zahlreichen Mooren und Riedwiesen und dem grossartigen Blick auf die Glar- ner- und Schwyzer Alpen vielen Wan- derern unvergesslich. Der Sihlwald ist zwar, seit er nationaler Wildnispark ist, etwas bekannter geworden, aber seine weitflächigen Buchenwälder sind trotz der nahen Grossstadt in ihrer Einsamkeit und Grosszügigkeit einzigartig. Die Sihl ist in ihrem Teil oberhalb Dorf noch wenig berührt und je nach Wit- terung lieblich verspielt oder reissend und bedrohlich. Die steilen Felswände, die sie teilweise umrahmen, und die vie- len grossen Felsbrocken in ihrem Bett sind ungewohnt für einen Mittelland- Fluss. Schliesslich muss der Höhronen erwähnt werden, der auf seiner Nord- seite mit steilen, von felsigen Tobeln durchzogenen, stets feuchten und oft farnreichen Abhängen beeindruckt und floristisch einen Hinweis auf die nahen Alpen gibt. Auf dem Grat des Berges ste- hen saure Nadelwälder, die uns in ihrem Aussehen fremd anmuten und an die nahen Alpen erinnern. Die vorliegenden Darlegungen sollen den Leser auf die Schönheiten und Viel- Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 11

1 ERFORSCHUNG DES GEBIETES

1.1 Bisherige Untersuchungen

Das Gebiet um Zürich wurde bereits reichen biologischen und naturschütze- seit Conrad Gessner (1516 – 1565) bota- rischen Tätigkeiten den Ehrendoktor nisch gut erforscht und besonders im 19. der Universität Zürich. Seine vielseitigen Jahrhundert eingehend bearbeitet und Kenntnisse über biologische Organis- dokumentiert (vgl. LANDOLT 2001, pp. men des Gebietes sind in verschiedenen 18 – 23). Die Kartierung der Stadt Zürich, Publikationen zusammengestellt (z. B. in einer umfangreichen «Flora» 2001 HÖHN 1917, 1934, 1936, 1939). Höhn zusammengefasst und ausgewertet, ist hat in seinen Werken viele Artenlisten in den vorliegenden Bericht einbezogen. erarbeitet und auch Fundorte einzel- Es sei erwähnt, dass 2010 eine moderne ner angetroffener Arten notiert. Zahl- Kartierung des ganzen Kantons unter reiche polykopierte Listen von Arten der Leitung von Dr. Thomas Wohlge- aus Naturschutzgebieten in der Gegend muth begonnen hat, deren Durchfüh- sind bei der Fachstelle Naturschutz des rung und Veröffentlichung aber minde- Kantons Zürich und in einer Spezial- stens 10 Jahre dauern wird. sammlung der Universität deponiert Während innerhalb des Untersuchungs- und können dort für Vergleiche mit den gebietes also die Stadt Zürich als Uni- heutigen Verhältnissen eingesehen wer- versitätsstadt mit dem Katzenseegebiet den. Neben Höhn hat auch Lehrer Ernst und der Üetliberg- und Zürichberg- Oberholzer (1886 – 1965) aus Samsta- kette eine relativ gute Dokumentation gern, ein Kenner der Brombeeren und aufweist (vgl. LANDOLT 2001), sind die Farne, zahlreiche Pflanzen im Gebiet der Gebiete im Sihltal südlich von Zürich bis Höhronen gesammelt. Albert Schny- in den Kanton Schwyz unterschiedlich der (1856 – 1938) von Wädenswil, Bahn- intensiv erforscht. hofvorstand in Buchs (SG), untersuchte Im 19. Jahrhundert botanisierten bereits vorwiegend eingeschleppte Pflanzen. Georg Wahlenberg (1780 – 1851), In Horgen bearbeitete der Gärtner Rudolf Schulthess (1802 – 1833), Peter Ernst Gattiker (1901 – 1993) die Flora Eggler (Küster in Wollerau, sammelte der Gemeinde und errichtete zwei Her- um 1870; sein Herbar in der Sekundar- barien (Horgen und Sihlwald mit insge- schule wurde nicht eingese- samt etwa 4000 Belegen). Diese befin- hen, seine Funde sind aber in der Litera- den sich in den vereinigten Herbarien tur erwähnt) im Gebiet südlich der Stadt Z/ZT im Botanischen Garten der Univer- Zürich. Im letzten Jahrhundert befasste sität. In neuerer Zeit (ca. 1955 – 1980) sich vor allem Walter Höhn-Ochsner durchsuchte Edwin Urmi vom Institut (1885 – 1981), Sekundarlehrer in Zürich für Systematische Botanik der Universi- (siehe LANDOLT 1982) intensiv mit der tät Zürich die Gegend für die floristische Naturgeschichte des Gebietes zwischen Kartierung der Schweiz. Über die einzel- Höhronen und Hirzel. Er ist in Hütten nen Sammler von Pflanzen im Univer- aufgewachsen und erhielt für seine zahl- sitätsherbar hat Bernhard Weber 2010 12 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen bibliographische Daten zusammenge- Eugen Baumann (1868 – 1933). Manu- stellt, die dort eingesehen werden kön- skript zur Zürcher Flora (BAUMANN 1933). nen (http://www.zuerich-herbarien.uzh. Bei den von NAEGELI & THELLUNG (1905) ch/datenbanken/sammlerliste.php). erwähnten und auf 70 Seiten zusam- Die Belege der Arten aus dem Kanton mengestellten 1049 Arten von Ruderal- Zürich sind in den beiden Zürcher Hoch- und Adventivpflanzen im Kanton Zürich schulherbarien (Z/ZT) nach Arten und fällt auf, dass weitaus der grösste Teil aus geographischen Gebieten geordnet dem Gebiet der Stadt Zürich kommt. Aus und können dort studiert werden. Aus dem übrigen Teil meines Untersuchungs- zeitlichen Gründen wurde die Durch- gebietes stammen schätzungsweise sicht der Belege auf etwa 1/3 der Arten kaum 5 %. 73.5 % der erwähnten Arten (600 Arten) beschränkt und häufige und sind vom Areal des Hauptbahnhofes und wenig kritische Arten nicht berücksich- der umliegenden Kiesgruben belegt. Die tigt. Allerdings haben sich manche Arten Ruderal- und Verkehrsflächen, aber auch dann rückblickend doch als komplexere die überbauten Orte im Sihltalgebiet systematische Einheiten erwiesen, als wurden dagegen nur wenig beachtet, angenommen. Eine völlige Überarbei- weil diese Flächen nicht sehr artenreich tung aller Belege würde möglicherweise waren, aber auch nicht an den Exkursi- in Bezug auf die taxonomische Gliede- onsrouten der meisten Botaniker lagen. rung noch einige unerwartete Befunde Eine Ausnahme machen etwa die Ort- aufdecken. Da die Belege aus dem Her- schaften Horgen und Wädenswil, die bar ZT innerhalb der Schweiz nur teil- nur teilweise im Untersuchungsgebiet weise geographisch sortiert sind, habe liegen, sowie das gut erforschte Samsta- ich dort nur einen kleinen Teil der Fund- gern. Generell wurden adventive Arten, orte der erwähnten Arten nachgeprüft. die nur während kurzer Zeit an einem Insgesamt kontrollierte ich aus den Ort wuchsen, also sich nirgends wäh- beiden Zürcher Herbarien etwa 5’000 rend längerer Zeit halten konnten, kaum Bögen. erfasst. Neben der Durchsicht von lokaler und Bei BAUMANN (1933) sind die meisten bis regionaler Literatur und der Herbarien etwa 1930 aufgefundenen Arten zusam- bildeten vor allem die folgenden Werke mengefasst und mit detaillierten Fund- eine wesentliche Grundlage, um das ortsangaben versehen. Das Manuskript frühere Vorkommen der Arten aufzuzei- ist im Herbar Z/ZT im Botanischen Gar- gen: ten deponiert, eine Kopie liegt beim Albert Kölliker (1817 – 1905). Verzeich- Amt für Landschaft und Natur des Kan- nis der Phanerogamischen Gewächse des tons Zürich. Cantons Zürich (KÖLLIKER 1839). Erst in neuerer Zeit ist auch die Flora und Otto Naegeli (1871 – 1938) und Albert Vegetation des Sihlwaldes etwas näher Thellung (1881 – 1928). Die Flora des betrachtet worden, weil dieser Wildnis- Kantons Zürich. 1. Teil: Die Ruderal- und park, der zum grössten Teil der Stadt Adventivflora des Kantons Zürich (NAE- Zürich gehört, als nationaler Erlebnis- GELI & THELLUNG 1905). park anerkannt wurde (vgl. ETTER 1947b, Martin Rikli (1868 – 1951). Die Flora KREBS 1962, ZÜST & al. 1988, LANDOLT des Kantons Zürich. 2. Teil: Die Pterido- 2006b). phyten des Kantons Zürich (RIKLI 1912). Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 13

1.2 Neue Abklärungen und Methoden der Kartierung

Nach Beendigung der «Flora der Stadt Herbar, die ich nicht mehr bestätigen Zürich» (LANDOLT 2001) habe ich mit der konnte, wurden auf den Verbreitungskar- Kartierung der südlich an das Stadtge- ten als «ausgestorben» gekennzeichnet. biet anschliessenden Flächen südwest- Die rezenten Vorkommen jeder Art lich des Zürichsees in den Bezirken Hor- erhielten nach der Häufigkeit in der Flä- gen und Affoltern begonnen (Tafel I). che drei verschiedene Zeichen. Dabei Zur Erforschung der Flora des Gebietes wurde nicht unterschieden zwischen wurde jeder Quadratkilometer möglichst Arten, die langjährig bereits in der Flä- vollständig nach Pflanzenarten durch- che vorkommen und solchen die erst sucht und eine Liste der gefundenen in den letzten 50 Jahren in das Gebiet Arten erstellt. Die einzelnen Flächen eingewandert sind oder eingeschleppt beging ich mehrfach und zu verschie- wurden. Dadurch ist die frühere Ver- denen Jahreszeiten. breitung nicht immer genau zu erken- Neu aufgenommene Listen der typischen nen. In einem Gebiet wo fast nur kleine Arten aus Naturschutzgebieten (etwa lokale Populationen auftreten, sind oft 140 Reservate, darunter besonders nur leere Kreise angegeben. Dies ist Moore und Riedwiesen) liegen jetzt im besonders in stark überbauten Flächen Archiv der Fachstelle Naturschutz des (etwa in der Stadt Zürich) der Fall, wo Kantons Zürich und können dort nach viele sonst im Gebiet einheimische Arten Übereinkunft eingesehen werden. angepflanzt oder aus Gärten verwildert Die Bevölkerungsdichte des Gebietes sind und nicht direkt an das ursprüng- 1 beträgt etwa 4000 pro km2, jene der liche Verbreitungsgebiet anschliessen. Gebiete 2 und 3 knapp 1000 pro km2. Solche Gebiete gehören eigentlich nicht Alte Fundortsangaben aus Literatur und zur ursprünglichen Verbreitung.

Die 249 untersuchten km2 wurden in drei Schritten kartiert: Gebiet 1 politische Gemeinde Zürich 1985 – 1998 122 km2 Gebiet 2 zwischen den Südgrenzen der Stadt Zürich 1999 – 2005 79 km2 südwestlich des Zürichsees bis zur Linie Horgen – Hirzel – Sihlbrugg Dorf Gebiet 3 südlich des Gebietes 2 bis zum Höhronen 2005 – 2011 48 km2

Folgende Symbole wurden für die Bezeichnung der Vorkommen verwendet (Verbreitungskarten Seite 96 – 109): die Art kommt im Quadrat vor: in > 200 Exemplaren und auf > 100 Aren die Art kommt im Quadrat vor: in > 20 Exemplaren und auf 1 – 100 Aren die Art kommt im Quadrat vor: in < 20 Exemplaren oder auf < 1 Are die Art ist verschollen: Angaben eindeutig lokalisierbar die Art ist verschollen: Angaben nur ungefähr lokalisierbar die Art ist verschollen: innerhalb der letzten 30 Jahre noch vorhanden 14 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Da eine vollständige Absuche jeder ständig bearbeitet sind. Dazu gehö- Fläche aus Gründen der Zeit und der ren die Gattungen Festuca (Schwingel), Zugänglichkeit nicht möglich war, ist Alchemilla (Frauenmantel), Hieracium damit zu rechnen, dass Vorkommen von (Habichtskraut), Rosa (Rose), Taraxacum Arten in einzelnen Flächen nicht ent- (Pfaffenröhrchen). Von diesen wurden deckt wurden. Auch ein Übersehen von von mir zahlreiche Belege gesammelt, Arten, die nur während einer kurzen deren Identität nachgeprüft werden Zeitdauer zu erkennen sind, ist nicht kann. auszuschliessen. Das Fehlen einer Art Auch zu anderen seltenen und kritischen in der Verbreitungskarte bedeutet also Arten herbarisierte ich Belege und depo- nicht immer, dass die Art nicht mehr vor- nierte sie im Herbarium Z/ZT (im Bota- handen ist, sondern nur, dass sie nicht nischen Garten). Insgesamt sind 7000 gefunden oder nicht erkannt wurde. Exemplare aus dem Gebiet der Stadt Ein gewisser Vorbehalt muss auch bei Zürich und 5000 Exemplare aus dem der Feststellung der Identität von Arten Gebiet zwischen Zürich und dem Höhro- gemacht werden. Es zeigte sich, dass ver- nen im Herbarium abgelegt. Sie können schiedene Artengruppen in Kleinarten dort jederzeit eingesehen werden. unterteilt werden können, die bisher Als Dokumentation sind die Ergeb- bei uns nicht unterschieden wurden, nisse in einer «Flora» zusammenge- z. B. Polygala (Kreuzblume), Centau- stellt, die als Erweiterung der Flora der rea jacea aggr. (Wiesen-Flockenblume) Stadt Zürich vorliegt und alle Arten und von denen Experten der Gruppen des Gebietes aufschlüsselt und kurz in bei uns fehlen. Besonders kritisch sind ihren biologischen, ökologischen und dabei Artengruppen, die sich obligat chorologischen Eigenschaften charak- oder fakultativ apomiktisch (also ase- terisiert. Bei etwa der Hälfte der Arten xuell) fortpflanzen und die deshalb in (vor allem bei seltenen und kritischen) zahlreiche Kleinarten unterteilt wer- sind Fundorte mit Koordinaten angege- den können. Da wegen gelegentlicher ben. Für jede Art, die einheimisch oder Bastardierung viele Übergangsformen eingebürgert ist oder während minde- auftreten, braucht es meist Experten, stens 30 Jahren war, liegt eine Verbrei- welche die Gliederung zuverlässig durch- tungskarte vor. Die Daten werden beim führen. Ich hatte das Glück, verschie- ZDSF in Genf und beim Kanton Zürich, dene Experten beiziehen zu können. Amt für Landschaft und Natur (www. Heinrich E. Weber, Osnabrück, prüfte die naturschutz.zh.ch, Rubrik Veröffentli- Brombeeren (Rubus). Bei verschiedenen chungen), gespeichert und sind abruf- Gattungen der Farne (besonders Dryo- bar. pteris, Wurmfarn) erhielt ich Hilfe durch Die lateinischen Namen sind grössten- Jakob Schneller, Zürich, bei Orchideen teils dem Synonymie-Index der Schwei- (besonders der Gattung Dactylorhiza, zer Flora (AESCHIMANN & HEITZ 2005), die Orchis) durch Walter Schmid-Fisler, Uster deutschen Namen dem Bestimmungs- und bei Utricularia durch Rolf Rutishau- schlüssel zur Flora der Schweiz (HESS et ser. Ich bin diesen und weiteren Mitar- al. 2010) entnommen. beitern, die ich um Rat fragen durfte, sehr dankbar. Leider fehlten mir Exper- ten für einige schwierige Gattungen, die deshalb von mir nicht oder nur unvoll- Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 15

2 BESCHREIBUNG DES GEBIETES UND DER LANDSCHAFTEN

2.1 Lage, Geologie

Das Untersuchungsgebiet liegt im Mit- die Karte von HANTKE (1967) Auskunft. telland südlich der Stadt Zürich (Tafel I, Das Untersuchungsgebiet wird neben S. 114) und gehört zu einer Hügelland- der Sihl durch mehrere weitere Flüsse in schaft. Das Grundgestein bildet die aus Südost-Nordnordwest-Richtung durch- dem Tertiär stammende Molasse, die an flossen. Es sind dies die Glatt (nur in der den Steilhängen der Sihl und der Berg- Stadt Zürich das Gebiet erreichend), die züge aufgeschlossen ist. Limmat mit dem Zürichsee (nur in der Die Gesteinsunterlagen der einzel- Stadt Zürich und auf der Halbinsel Au nen Teillandschaften werden im Kapi- im Gebiet eingeschlossen), sowie die tel 4 erwähnt. Im Allgemeinen sind die Reppisch. Dieser kleine Fluss entspringt Gesteine kalkhaltig und oft tonreich. Die im Gebiet im Türlersee und fliesst west- Böden über Sandstein und Nagelfluh lich der Albiskette gegen die Limmat können aber besonders im Süden ausge- bei Dietikon. Da er nicht aus den Alpen laugt und sauer werden. kommt und nur kurzzeitig nach Gewit- Die Sihl misst heute zwischen dem Ein- tern oder bei Landregen viel Wasser tritt ins Untersuchungsgebiet bei Schin- führt, ist sein Einfluss auf die Flora eher dellegi und dem Zusammenfluss mit gering. Bei relativ steilen Ufern und oft der Limmat unterhalb des Platzspitzes ziemlich raschem Fluss entwickelte sich ungefähr 25 km. Ursprünglich floss sie kaum eine eigenständige Flora. Die Glatt ab Sihlbrugg Dorf in einem tiefen Gra- hat ebenfalls keine Verbindung mit den ben gegen den Zugersee. Später wurde Alpen, fliesst aber durch ein breites Tal der mehrere hundert Meter tiefe Gra- und führt so viel Wasser, dass sie höhere ben durch Schotter und Moränen aufge- Wasserpflanzen enthält und über das füllt und die Sihl suchte sich ihren Weg Grundwasser weite Flächen beeinflusst. nach Norden zwischen Albis- und Zim- Die Limmat hat als Alpenfluss viel Was- merbergkette. Während der Eiszeiten ser, bringt aber im Unterschied zur Sihl überdeckte der Rhein-Linthgletscher keine Diasporen aus den Alpen durch den grössten Teil des Gebietes bis unter den Zürichsee hindurch und verhält sich die höchsten Gipfel vom Höhronen und wegen der Seeregulierung ähnlich wie Albis. Auf dem Zimmerberg hinterlies- die Glatt unterhalb des Greifensees. sen die Gletscher das in Karte 1 (WAGNER Das Wasser der Sihl, die ursprünglich aus 2002) dargestellte Relief, einer Abfolge den Schwyzer Alpen kommt, wird nach von Mittelmoränen und flachen Mulden- dem Stau des Sihlsees zur Energiege- tälern. Ausser an den steileren Molasse- winnung grösstenteils in den Zürichsee hängen und den schotterhaltigen Fluss- geleitet. Damit unterliegt der Fluss wei- böden ist die Landschaft grösstenteils ter unten nicht mehr den Wasserschwan- mit Moränen der letzten Eiszeit bedeckt. kungen der Frühjahrsschmelze in den Zur Geologie des gesamten Gebietes gibt Alpen. 16 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Karte 1. Moränenlandschaft nördlich von Hirzel (aus WAGNER 2002). «Die grosse linksseitige Mittelmoräne des Linthgletschers fuhr in den Würm-Höchststadien um 720 m Höhe auf Molas- sefels und schüttete die hochgelegene Moränenserie Hirzel – Höhi – Chapf.» Zwischen den von rechts unten nach links oben streifenden Mittelmoränen bildelten sich über Grundmo- räne und Seekreidenablagerungen Nassböden, die sich in der Nacheiszeit zu Sumpfwäldern mit Föhren oder mit Schwarz-Erlen ausbildeten. Später hat der Mensch diese Nassbodenvege- tationen als Streuwiesen genutzt. In den letzten 150 Jahren wurden die Böden teilweise drai- niert und aus den Nasswiesen gedüngte Fettwiesen und Weiden gewonnen Map 1. Moraine landscape north of Hirzel (from WAGNER 2002). «In the maximum stage of Würm glaciation, the huge medial moraine track of the -glacier reached molassic ground at 720 m above sea level and accumulated the morainic series of Hirzel – Höhi – Chapf.» Bet- ween the middle moraines wet soils developed above ground moraines and gyttja. Swamp forests with Pinus or with Black Alder covered the region. Later, the land was used as litter meadows. Within the last 160 years a great part of this land was drained and transferred to fertilized meadows and pastures. Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 17

2.2 Klima

Das Untersuchungsgebiet liegt im öst- Die entsprechenden Werte für das Albis- lichen Mittelland und hat entsprechend gebiet lauten: der alpennahen Lage ein typisch suboze- Zürich 68 Sihlwald 83 Albisbrunn 90 anisches Klima. Die mittleren Temperaturen erreichen je 75 Medikon 84 Hirzel 95 nach Höhenlage im Winter (Dezember, Stallikon 82 Wädenswil 88 Albishorn 95 Januar) zwischen – 4 und + 1.5 °C und im Sommer (Juli, August) zwischen 15 und Je höher Q, desto ozeanischer das Klima. 19.5 °C. Die mildesten Wintertempera- Entsprechend der Reihenfolge der Zah- turen treten entlang des Zürichsees und len nimmt die Ozeanität von Norden in der inneren Stadt von Zürich auf, die nach Süden (Zürich – Hirzel) und von wärmsten Sommertemperaturen in der unten nach oben (Zürich – Sihlwald – inneren Stadt. Albishorn) zu. Da der Höhronen inner- Die mittleren jährlichen Niederschläge halb des Gebietes am südlichsten liegt variieren zwischen 950 mm (ganz im und am höchsten ist, kann man anneh- Nordosten) und über 1500 mm (Höhro- men, dass seine Werte noch einiges nen) (Karte 2, S. 94). Entsprechend den höher sind. höheren Niederschlägen nimmt auch die Wie die Pflanzenarten auf diese Kli- Ozeanität des Klimas von Norden nach maunterschiede reagieren, wird im Kapi- Süden zu. LÜDI & STÜSSI (1941) haben vor tel 4 unter den einzelnen Landschaften etwa 70 Jahren das Klima im Albisgebiet näher aufgezeigt. näher untersucht und eine Formel des pluviothermischen Quotienten (Q) ange- wendet, der ein Mass für die Ozeanität wiedergibt und auf Emberger zurück- geht. 1000P Q ! (TM " Tm)(TM # Tm)

TM mittlerer Maximumwert Tm mittlerer Minimumwert, je in absoluter Temperatur P mittlere jährliche Niederschlagsmenge in mm 18 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

2.3 Geomorphologisch-klimatische Gliederung

Entsprechend den klimatischen Bedin- Föhrenwälder und rutschige Felshänge gungen und der Bevölkerungsdichte charakteristisch. kann das untersuchte Gebiet in verschie- dene nach Topographie und Vegetation 4 Bergzüge und Hügel der Molasse unterschiedliche Landschaften unterteilt im südlichen Teil (ohne Höh- werden. Die für die Flora wichtigen Teil- ronen) gebiete sind: Steilhänge im Sihltal oberhalb Sihlbrugg 1 Seen- und Flusslandschaften im Dorf (ohne Höhronen); Albiskette zwi- Norden schen Albispass und Sihlbrugg Dorf; Sihl- Täler und Regionen von Zürichsee, Kat- wald. zensee, Glatt, Limmat, untere Sihl, ohne Vor allem Buchenwälder und Buchen- überbaute Gebiete und Verkehrsanla- Tannenmischwälder; dazwischen Fett- gen. wiesen und -weiden. Urprünglich vor allem Ried-, Moor-, Ufer- und Wasservegetationen, von 5 Höhronen denen heute nur noch kleine Reste übrig Gipfelgrat, Nordhänge und oberste Süd- geblieben sind. hänge des Höhronen zwischen Gott- schalkenberg und Wildspitz; Kuppen 2 Überbaute und stark versiegelte und Südhang nördlich des Sihltales zwi- Städte und Ortschaften sowie schen Finsterseebrücke, Kt. Zug, und Verkehrsanlagen in unteren Schindellegi, Kt. Schwyz. Lagen Buchen- und Tannenmischwälder; auf Vor allem Stadt Zürich, linksufrige dem Grat vorwiegend Tannen-Fichten- Gemeinden am Zürichsee, aufwärts bis wälder; Weiden und Fettwiesen; am Wädenswil, , Langnau, sowie Südrand ein Hochmoor (Abschwändi). Bahn- und Strassenanlagen. Die Vegetation ist durch besondere städ- 6 Moränenlandschaft zwischen tische Standortsfaktoren charakterisiert. Zimmerberg und Menzingen Hügelige Moränenlandschaft beidseits 3 Bergzüge und Hügel der Molasse des Sihlgrabens, im Nordosten zwischen im nördlichen Teil Langnau – Gattikon und Wollerau – Kette Gubrist – Käferberg – Zürichberg Schindellegi, Kt. Schwyz, und im Südwe- – – Öschbrig; Entlisberg; Üetli- sten zwischen Sihlbrugg Dorf und Fin- berg-Albiskette, südwärts bis zum Albis- stersee, Kt. Zug. pass; Aeugsterberg; Langenberg. Riedwiesen und Moore, dazwischen Vor allem Waldvegetationen, Wiesen Fettwiesen und -weiden und kleine und Weiden, an den Hängen und am Waldparzellen; im Norden rechts der Sihl Fuss der Hänge auch Riedwiesen; ver- auch Buchen-Tannenmischwälder und einzelt kleinere Seen (z. B. Türlersee); Nadelwaldforste. an den Steilhängen sind wechselfeuchte Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 19

7 Talgrund der Sihl zwischen All- mend Zürich und Schindellegi Unter dem Einfluss des Grundwassers der Sihl stehendes, meist schmales Areal längs der Sihl zwischen der Allmend Zürich und Schindellegi, Kt. Schwyz. Vor allem Ufergebüsche, schmale Auen- waldstreifen, Uferpionierflora, wechsel- feuchte Weiden. 20 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

2.4 Übersicht über das Gebiet anhand der farbigen Abbildungen

Das Umschlagbild zeigt das Untersu- Nadelwälder sind in der Regel gepflanzt. chungsgebiet von Nordosten her. Es ist An den Steilhängen wachsen Steilhang- fast die ganze Länge des Tales von der Föhrenwälder mit sehr typischem Arten- Stadt Zürich entlang der Üetliberg-Albis- sortiment (Tafel IV/1 – 3), z. T. sind auch kette und des Höhronen abgebildet. offene Rutschflächen vorhanden. Einzig der unterste Abschnitt zwischen Die Steilhänge in den mergelreichen Bürg len auf der Höhe der Station Sihl- Landschaften unterlagen früher der wald und dem Üetliberg fehlt. Wie die Erosion viel stärker als heute. Die auf Tafel I zeigt, befindet sich die Landschaft der Tafel IV/1 abgebildete Falätsche war entlang der Sihl nördlich von Zürich zwi- noch um 1900 fast ganz waldlos und schen dem Limmattal-Zürichsee und dem erlaubte deshalb vielen lichtbedürftigen Einzugsgebiet der Reuss und den Zuger Pionierarten das Aufkommen. Durch Grenzen im Westen des Kantons Zürich. Verbauung der Bäche wurde die Ero- Im Süden beginnt das Gebiet mit dem sion soweit eingedämmt, dass an vie- Eintritt der Sihl beim Höhronen aus dem len Orten des Erosionstrichters wieder Kanton Schwyz in den Kanton Zürich. Holzpflanzen aufkommen konnten, die Es umfasst in der vorliegenden Fassung, die Hänge stabilisierten und für wei- eingeschlossen die ganze Stadt Zürich, tere Arten eine Bodenschicht mit gün- ungefähr 250 km2 und reicht von 390 m stigerem Wasser- und Nährstoffhaushalt an der Limmat im Norden bis 1229 m auf schufen. dem höchsten Punkt des Höhronen. Das Der seit einigen Jahrzehnten zuneh- Gebiet südlich der Stadt Zürich ist in der mende Stickstoffeintrag aus der Luft hat vorliegenden Arbeit unterteilt in drei den Boden soweit gedüngt, dass eine vorwiegend bewaldete Berg- und Hügel- Wiederbesiedlung nach einem Abrutsch gebiete und zwei wenig bewaldete Tal- innert einiger Jahre erfolgen konnte. oder Plateaugebiete (siehe Kapitel 2.3) Die allgemeine Stabilisierung der Steil- Auf die überbauten städtischen Gebiete hänge führte dazu, dass kleinere Ero- und auf die Seen und Flusslandschaft sionsstellen zuwachsen konnten, der der Limmat und Glatt wird in diesem Hang sich durchgehend bewaldete Abschnitt nicht eingegangen, ebenso und weitere Erosionen ausblieben. Der wenig auf Verkehrsanlagen. Boden wurde mit Sträuchern oder einer Wiese von Molinia arundinacea (Strand- 1 Üetliberg-Albiskette und andere Pfeifengras), Calamagrostis varia (Bunt- Molassegebiete im Norden (Tafel Reitgras) und Brachypodium pinnatum II/1 zeigt die Albiskette vom Üetli- (Fieder-Zwenke) bewachsen, und viele berg nach Süden mit dem südlichen der besonders interessanten Arten ver- Ende des Reppischtales, rechts im Bild). schwanden. Auch kamen Buchen und Höchster Punkt ist der Üetliberg mit andere Laubbäume auf und verdrängten 871 m. Laubwald mit Buche herrscht vor, mit der Zeit die Föhren und Mehlbeeren in höheren und nordexponierten Lagen (s. Tafel IV/3, ein Bild vom Pfefferberg, auch Buchen-Tannenmischwälder. Reine wo in den letzten 70 Jahren 6 Arten ver- Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 21 schwunden sind und junge Föhren kaum hochmontan-subalpinen Arten charak- mehr vorkommen) (s. Kapitel 4.4.1). teristisch. Ein Unterschied des Höhronengebietes 2 Südlicher Teil der Albiskette mit zu den beiden nördlich davon gelegenen breiten zum Teil naturnahen Waldgebie- Hügel- und Berggebieten der Molasse ten (Sihlwald, Tafel II/1, hinter dem Rep- ist der Aufbau der Molasseschichten. pischtal im Hintergrund des Bildes, in der Während beim Höhronen die Abhänge, Tafel III/1 sieht man den Albis von Süd- vor allem in Bachschluchten, durch osten). Die Albiskette steigt hier etwas dicke Sandsteinschichten, seltener durch höher als im nördlichen Teil (bis 915 m) Nagelfluhfelsen unterbrochen sind und weist verschiedene montan-subal- (Tafel V/1), werden die Felsabbrüche bei pine Arten auf, die dem Norden fehlen. den nördlichen Gebieten durch breite Auch auf der Tafel II/2 sieht man den süd- Mergelschichten gegliedert, die eine lichen Teil der Albiskette von Süden her stete Erosion erleiden (s. Falätsche, Tafel mit dem Aeugsterberg (ganz links) und IV/1). Beim Höhronen stabilisiert sich der rechts den nördlichen Teil mit dem Üetli- Hang nach einem Felsabbruch relativ berg. Der südliche Teil ist ähnlich bewal- rasch, und der Wald schliesst die Lücke det wie der nördliche, die Föhrenwälder nach wenigen Jahrzehnten völlig. Die an den Steilhängen haben sich indessen Felsen werden stark beschattet und sind in den letzten Jahren zum grossen Teil in nur mit wenigen Arten bewachsen, auf Buchenmischwälder umgewandelt, und nassen Stellen etwa von Teppichen mit viele der seltenen Arten sind verschwun- Chrysosplenium oppositifolium (Gegen- den (Kapitel 4.4.2). Auch hier sind reine blättriges Milzkraut, Tafel XIV/4, Karte Nadelwälder meist gepflanzt. In dieser 50), das sonst im Mittelland recht sel- Landschaft liegt der Wildnispark Sihl- ten ist. In den feuchten Schluchten und wald, der vor allem durch seine gross- bewaldeten Schutthalden sind einige flächigen nicht mehr genutzten Buchen- montan-subalpine Alpenpflanzen sehr wälder und Buchenmischwälder bekannt typisch, etwa Lunaria rediviva (Ausdau- ist. ernde Mondviole, Tafel XIV/2, auf dem Bild oben rechts mit Resten vorjähriger 3 Der Höhronen ist abgesetzt von Früchte = Silberlinge); im Gebiet wächst der Albiskette durch die Niederungen sie nur am Höhronen (Karte 49) s. Kapi- bei Sihlbrugg Dorf und erreicht 1229 m tel 4.4.3. Höhe. Er hat nur wenig reine Laubwäl- der, dafür aber einen reichen Anteil an 4 Typisch für das Untersuchungsgebiet Weiss- und Rottannen, und auf dem ist die Moränenlandschaft zwischen Kamm oben tritt die Buche fast ganz Zimmerberg und Menzingen, die in zurück und ein saurer Tannen-Fichten- den Tafeln II/2 und 3 und III/1, 2 und 3 wald mit Heidelbeeren in der Kraut- zu sehen ist. Die Landschaft zwischen schicht und moosigem Boden herrscht Richterswil – Schindellegi und Gattikon vor (Tafel III/2: Bergkette hinten, von – Menzingen wurde von den Gletschern Süden her aufgenommen und Tafel V/3: der Eiszeit mit tonreicher Grundmoräne Nadelwald auf dem Kamm). Auch hier überkleistert. Der Boden ist für Was- sind allerdings viele Rottannenwälder ser weitgehend undurchlässig. Dort, wo gepflanzt. Am Nordhang sind gut aus- zwei Gletscherzungen aufeinander sties- gebildete Hochstaudenbestände mit sen und verschmolzen, entstanden rund- 22 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen liche bis länglich ovale Moränenhügel, Auf der etwa 13 km langen Strecke zwi- die noch heute in der Landschaft deut- schen Schindellegi und Sihlbrugg Dorf lich als Drumlins zu erkennen sind (Karte sind einzig 8 Brücken und Stege vorhan- 1, S. 16). Im Gebiet sind die steileren den. Zeitweise führt auf einer oder auf bewaldet (Tafel III/3), die flacheren mit beiden Seiten ein romantischer Spazier- Wiesen bedeckt (Tafel III/2). Oft stehen weg entlang der Sihl und besonders die auf solchen Hügeln einzelne Linden, die Gegend um den Sihlsprung ist mit ihren das Aussehen der Landschaft prägen. In steilen Felswänden, den vielen Fels- den zahlreichen Mulden zwischen den brocken an und in der Sihl und mit den Drumlins, in denen das Wasser nicht Stromschnellen sehr eindrücklich (Tafel abfliessen oder versickern konnte, ent- VI/3). Im Tal selbst gibt es nur eine Sta- standen kleine Seen, von denen die mei- tion des öffentlichen Verkehrs bei der sten verlandeten. Die Böden vermoorten Finsterseebrugg. Die Sihl ist also in die- dort, d. h. die abgestorbenen Pflanzen- sem geographischen Bereich abgelegen reste bauten sich im nassen und deshalb und vom Menschen nur wenig berührt. sauerstoffarmen Boden nicht vollständig Ab Langnau bis zur Mündung in die Lim- ab. Es entstand Humus und später Torf. mat ist sie fast ganz kanalisiert und hat Mit der Erwärmung der Temperaturen viel von ihrem Reiz verloren. Unterhalb konnten an etwas erhöhten Stellen auch der Brunau wird sie bis zum Sihlhölzli Bäume (Weiden, Erlen, Föhren) auftre- von der Autobahn überdeckt. Beim Bau ten und einen lockeren Moorwald bil- des Üetlibergtunnels wurde ein Teil der den. Die Moore sind reich an seltenen Sihl revitalisiert, d. h. der Damm wurde Arten und enthalten viele Orchideen auf einer kurzen Strecke entfernt (Tafel und auffällige Blütenpflanzen wie Gen- VI/4), und die Sihl kann bei Hochwasser tiana pneumonanthe (Lungen-Enzian) einen kleinen Teil der Allmend über- oder Iris sibirica (Sibirische Schwertlilie) schwemmen. Es ist zu hoffen, dass sich (Kapitel 4.5). mittelfristig an dieser Stelle Auenvege- Heute wird in der ganzen Landschaft an tation entwickelt, wie sie heute sonst flacheren Hängen und auf drainierten längs der Sihl weitgehend fehlt. Böden intensive Viehwirtschaft betrie- ben.

5 Talgrund des Sihltales zwischen Zürich und Schindellegi. Die Sihl durchstösst unterhalb Schindellegi, das zur Schwyzer Gemeinde Feusis- berg gehört, einen Felshang, Scheren genannt, der aus schräg gestellten mer- geligen Schichten besteht. Nach dieser schlecht zugänglichen Schlucht windet sich der Fluss durch ein enges felsiges Tal an der Hüttner Brugg (Tafel VI/1 und 2) und an der Finsterseebrugg vorbei nach Westen und anschliessend nach Nordwe- sten. Das Tal ist unten meist schmal und enthält nur wenige Wiesen und Gehöfte. Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 23

3 ÜBERSICHT ÜBER DIE FLORA

3.1 Herkunft und Entwicklung der Flora

Eisfreie Gebiete beschränkten sich in einer kleinen Kolonie vorhandene während der letzten Eiszeit auf einige Alpen-Pestwurz (Petasites paradoxus) wenige Flächen des Höhronen (oberhalb oder der etwas weiter verbreitete aber 1000 – 1100 m) und der Albiskette (ober- doch seltene Bewimperte Steinbrech halb 700 bis 800 m). Diese kleinflächigen (Saxifraga aizoides). Früher wuchs unter Areale, auf der Albiskette kaum über den Felsen des Üetliberges auch das 1 km2, auf dem Höhronen etwa 2 km2, Alpen-Leinkraut (Linaria alpina) (Tafel reichten kaum zum Überleben von Popu- VII/2) und Fleischers Weidenröschen lationen während mehreren Tausend (Epilobium fleischeri) (Tafel VII/1), die Jahren, zumal das Klima auf den ganz einesteils durch den Schatten der grösser vom Eis umgebenen Flächen für den werdenden Bäume, andernteils durch Pflanzenwuchs sehr ungünstig war. Für das Sammeln von allzu eifrigen Botani- die Besiedlung der damals im Sommer kern zum Verschwinden gebracht wur- aperen Stellen war das Klima zu kühl, den. Weitere Nacheiszeitrelikte konnten und es ist anzunehmen, dass nur ganz sich an den nördlichen Steilhängen der wenige Arten dort überdauern konnten. übrigen Üetliberg-Albiskette halten, sind Die meisten Arten in den Alpen, die aber heute wegen der Stabilisierung der heute die subalpine und alpine Stufe Böden und des Dichtwachsens der Wäl- besiedeln, überlebten auf den höheren der ausgestorben oder stark gefährdet. Gipfeln der Nordalpen, auf so genann- Vor etwa 13000 Jahren siedelten sich ten Nunatakern (Berggebiete, die ober- im ganzen Gebiet Pflanzen kalter Step- halb der Gletscher eisfrei blieben) oder pen und Zwergstrauchheiden an. Dann am nördlichen Rand der Gletscher, die wanderten die ersten Bäume (Föhren im Limmattal bis Würenlos reichten. und Birken) in das Gebiet ein. Ab 9000 Wir müssen davon ausgehen, dass die Jahre vor heute erschienen die ersten Besiedlung mit Pflanzen erst während Laubgehölze (Ulme, Eiche, Linde, Esche, der nacheiszeitlichen Erwärmung (etwa Ahorn) in unserem Gebiet und bildeten vor 18000 Jahren) allmählich aus der zumindest in mittleren und unteren Umgebung erfolgen konnte. Ein kleiner Lagen Eichenmischwälder. Die Weiss- Teil dieser Erstpioniere vermochte seit tanne kam etwa vor 8000 Jahren und der frühen Nacheiszeit bis heute an kli- wenig später auch die Rottanne in die matisch günstigen konkurrenzarmen östlichen Voralpen, während die Buche Stellen (z. B. Felsen, Rutschflächen) als erst vor wenig mehr als 6000 Jahren das Nacheiszeitrelikte überdauern (siehe Gebiet erreichte. Die Veränderungen Ausführungen im Kapitel 4.4.1). Pioniere der nacheiszeitlichen Vegetationsent- sind im Allgemeinen sehr empfindlich wicklung sind ausführlich bei BURGA & auf kleine Änderungen ihrer Standorts- PERRET (1998) dargestellt. Das sukzessive bedingungen. Beispiele sind etwa an der Einwandern von Waldpflanzen schaffte Falätsche anzutreffen, so die nur noch durch fortschreitende Bodenbildung 24 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen günstige Wasser- und Nährstoffbedin- überdauerte (Toteisseen). Dort entstan- gungen und behinderte das Wachstum den Schwingrasen mit Carex lasiocarpa von niedrig bleibenden Pflanzen durch (Behaartfrüchtige Segge) und Carex Entzug des Lichtes. limosa (Schlamm-Segge). Auf vernässten Böden vor allem in Mul- Bei den Gebirgspflanzen des Höhronen den siedelten sich bereits in der Späteis- kann angenommen werden, dass sie bis zeit Sumpfpflanzen an, die sauerstoff- heute noch in Kontakt mit den Popula- arme Böden ertragen konnten. In diesen tionen der relativ nahen südlichen Berge Böden wurden die abgestorbenen Pflan- stehen, die bis in die subalpine Stufe rei- zenteile nur teilweise abgebaut. Es kam chen (z. B. Rossberg, Fluebrig, Aubrig, zu Humusanreicherung und Torfbil- Mythen). Viele der Alpenpflanzen auf dung und schliesslich zur Entstehung dem Höhronen haben sich wahrschein- von Mooren. Viele Moore entwickelten lich erst nach der Besiedlung durch den sich nach Einwanderung von Föhren und Menschen eingefunden, der mit der Schwarz-Erlen zu Moorwäldern, wenn Beweidung auch der Kuppenlagen ab sie nicht vom Menschen genutzt wurden dem 17. Jahrhundert günstige Standorte (s. unten). Nur an sehr nassen nährstoff- schuf. armen Stellen kam es zur Bildung von Der Mensch lebte in der Anfangszeit der Hochmooren, die sich natürlicherweise Besiedlung vor 5000 bis 6000 Jahren von nur teilweise bewalden. der Jagd und vom Einsammeln essbarer Die Arten in den Mooren überdau- Teile von Pflanzen und anderen Orga- erten die Eiszeiten ebenfalls am Rande nismen, hatte aber auf die Entwicklung der Gletscher und in unvergletscher- der Vegetation noch wenig Einfluss. ten Gebieten der Alpen. Viele Alpen- Später schuf er in die dicht mit Wald pflanzen, die in den Alpen in feuchten bedeckten Landschaften durch Bewei- Rasen wachsen, besiedelten auch diese dung und Anlegen von Ackerland offene Moore, wo sie bis auf den heutigen Tag Flächen und ermöglichte dadurch auch wegen der lokal kühleren Temperaturen lichtbedürftigen Pflanzen das Gedei- und der geringeren Konkurrenz über- hen. So konnten sich einige nacheiszeit- leben konnten, z. B. Parnassia palustris lich eingewanderte Pflanzenarten trotz (Studentenröschen), Aster bellidias- der wärmeren Bedingungen erneut aus- trum (Alpenmasslieb), Primula farinosa breiten, und einige Alpenpflanzen (z. B. (Mehl-Primel) und Gentiana verna (Früh- Arten der Weiden) fanden in höheren lings-Enzian). Neben den Alpenpflanzen Lagen unter den neu geschaffenen Ver- beherbergen die Moore auch Arten, die hältnissen ein Auskommen. In den letz- aus Osteuropa und Sibirien stammen ten 160 Jahren hat sich der menschliche und erst in wärmeren Zeiten bei uns ein- Einfluss auf die Landschaft verstärkt, wanderten, z. B. Iris sibirica (Sibirische und durch Rationalisierung und Intensi- Schwertlilie) oder Gentiana pneumonan- vierung der Landwirtschaft wurden vie- the (Lungen-Enzian). len Arten die Lebensmöglichkeiten ent- Zum Teil entstanden in der frühen Nach- zogen, was allgemein zur Verarmung eiszeit auch kleinere Seen, auf deren der Vielfalt beigetragen hat. Nur in den Grund sich unduchlässige Seekreiden überbauten Gebieten hat sich die Vege- ablagerten und die zum Teil verlande- tation völlig verändert und die Arten- ten. Das waren vor allem Mulden, in zahl wieder erhöht. denen das Gletschereis noch längere Zeit Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 25

Vergleichen wir den Zeitraum seit Beginn der nacheiszeitlichen Entwicklung (ca. vor 18000 Jahren) mit der hundert mal kürzeren Periode der Florenentwick- lung, die wir in der gegenwärtigen Stu- die betrachten (160 Jahre), so erken- nen wir, wie rasch sich die Flora in der betrachteten Periode verändert hat. 26 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

3.2 Typische Arten und Vegetationen

Nacheiszeitlich bildeten sich bei der Wie- stark gestört, dass ihre Zugehörigkeit derbesiedlung durch Bäume je nach den zu einer natürlichen Vegetationseinheit vorhandenen klimatischen und Boden- nur undeutlich erkennbar ist. So sind bedingungen verschiedenartige Wälder. auch auf vielen Laubwaldstandorten Waldfreie Vegetationen waren natürli- der unteren Lagen reine ertragsgün- cherweise auf felsige instabile Hänge, stige Rottannenforste gepflanzt wor- auf periodisch überschwemmte Flächen, den, die einen natürlichen Nadelwald auf wenige Hochmoore und auf Wind- vortäuschen. Der Boden und damit auch wurfstellen beschränkt. Durch die Tätig- die Begleitflora werden in der Folge keit des Menschen weicht der Aufbau teilweise von den gepflanzten Bäumen der Vegetationen heute bei uns erheb- geprägt. lich vom naturnahen Zustand ab. Zudem Die verschiedenen Waldvegetationen sind auch naturnahe Vegetationen mit ihren ökologischen Anforderungen nicht völlig stabil, sondern verändern und Artzusammensetzungen sind bei sich zyklisch im Laufe von einigen Jahr- ELLENBERG & KLÖTZLI (1972) zusammenge- zehnten, wobei die verschiedenen Sta- stellt. dien der Vegetation mosaikartig neben- Die naturnahen Vegetationen werden einander vorkommen. Ein naturnaher neben der Höhenlage vor allem durch Wald und auch andere Vegetationen die beiden Faktoren Feuchtigkeits- und können sich also periodisch verändern, Säuregehalt des Bodens charakterisiert. und auch die Artenzusammensetzung Aber auch der Nährstoffgehalt, die unterscheidet sich, ohne dass dafür ver- Wechselfeuchtigkeit und die Stabilität ändernde Umweltsfaktoren erkennbar des Bodens spielen eine Rolle. sind (vgl. KLÖTZLI 1995). Dieser Autor Als Beispiel der Gliederung von natur- verglich die Arten auf pflanzensozio- nahen Vegetationen ausserhalb des logischen Versuchsflächen z. B. im Sihl- Waldes sei auf die Untersuchungen von wald und anderen Orten der Albiskette Mooren und Streuwiesen bei KLÖTZLI zwischen 1974 und 1994. Dabei wurde (1969) hingewiesen. In seiner Arbeit sind festgestellt, dass an den gleichen Flä- viele Objekte des Gebietes mit pflanzen- chen 25 – 80 % der Arten nicht mehr vor- soziologischen Aufnahmen vertreten, handen waren, während 30 – 80 % in den die auch als Dokument der damaligen früheren Aufnahmen fehlende Arten Artenverbreitung stehen. hinzukamen. Demgegenüber kann der Auf die vielen durch den Menschen stär- Vergleich der Flora von grossflächigen ker beeinflussten Vegetationen (Wiesen, Arealen innerhalb einer Zeitperiode von Weiden, Ruderalfluren) kann in diesem mehreren Jahrzehnten einen Wechsel Zusammenhang nicht im Detail einge- von Arten aufzeigen, der auf eine Ver- gangen werden. änderung bestimmter Faktoren hinweist Der verbreitetste naturnahe Wald im (s. Kapitel 5.1). Untersuchungsgebiet ist der Buchen- Die Waldvegetationen werden oft durch wald, der in unteren Lagen fast über- den Menschen (Bewirtschaftung!) so all ausser auf sehr nassen und sehr tro- Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 27 ckenen Standorten vorkommt und in Sie beschränken sich auf Rutschstellen dem Fagus sylvatica (Buche oder Rotbu- an den Molassehängen (z. B. Falätsche), che) dominant ist. An vielen Orten im Überschwemmungsstellen im Bereich Tiefland, wo früher der Mittelwaldbe- der Sihl und auf Hochmoore. Natür- trieb vorherrschte, war Quercus robur liche Hochmoore sind ausser Teilen des (Stiel-Eiche) ein wichtiger Bestandteil Moors Abschwändi auf dem Gottschal- des Waldes. In höheren Lagen mischt kenberg kaum mehr vorhanden. Sie sich besonders auf feuchteren Böden wurden aufgeforstet oder gedüngt. natürlicherweise Abies alba (Weisstanne Die verschiedenen Hochmooranflüge oder Tanne) und Picea abies (Rottanne etwa auf dem Moränenplateau würden oder Fichte) der Buche bei. Auf feuch- sich ohne Streuschnitt oder Beweidung ten bis nassen Böden dominiert Fraxi- zu Moorwäldern entwickeln. Auch das nus excelsior (Esche) vermischt mit Acer Moor Abschwändi wird durch den Men- pseudoplatanus (Berg-Ahorn), und an schen als Streulieferant genutzt und ist sehr nassen Standorten kommt Alnus zum Teil abgetorft. Der dort ursprüng- glutinosa (Schwarz-Erle) oder längs von lich vorhandene lockere Berg-Föhren- Bächen Alnus incana (Grau-Erle) auf. wald wurde um 1920 gerodet (MERZ Reine natürliche Nadelwälder mit Abies 1966) und keine einzige Berg-Föhre ist und Picea (Weiss- und Rottanne) sind im Hochmoor übrig geblieben. Auch aus im Gebiet auf die Kuppengebiete des allen anderen Mooren des Gebietes ist Höhronen beschränkt, da dort die sauren anfangs des 20. Jahrhunderts die Berg- und wechselfeuchten Böden von Fagus Föhre von den Bauern entfernt oder (Buche) gemieden werden (Tafel V/3). von Gärtnern ausgegraben worden Im Unterwuchs sind Vaccinium myrtillus oder infolge der Moorzerstörungen ver- (Heidelbeere) und viel Moos häufig, oft schwunden. Häufige Bäume in Mooren durchzogen von Lycopodium annotinum sind Schwarz-Erlen (Alnus glutinosa) und (Wald-Bärlapp) (Tafel XII/1), an trocken- Moor-Birken (Betula pubescens). eren Stellen auch mit Avenella flexuosa (Wald-Schmiele) und Blechnum spicant (Rippenfarn) (Tafel XII/2). Eine Besonder- heit für die wechselfeuchten steileren, aber stabilen Molassehänge ist Taxus baccata (Eibe), die unter den Buchen eine zweite Baumschicht bildet und eine Krautschicht wegen der Schattenwir- kung weitgehend verhindert. An den stark wechseltrockenen Molassehängen, wo die Buche wegen Schwierigkeiten im Wasserhaushalt und wegen der Insta- biliät des Bodens schlecht gedeiht, ist der Föhrenwald charakteristisch, dessen Kronen nicht schliessen und die deshalb auf dem belichteten Boden vielen spezi- ellen Arten das Wachstum ermöglichen. Naturnahe baumlose Vegetationen sind im Untersuchungsgebiet selten. 28 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

3.3 Allgemeine Resultate der Kartierung

Die mittlere Artenzahl pro km2 Flä- gesamt sind es 204 Arten, die ausserhalb che beträgt rund 420 (246 Flächen). Die des Stadtgebietes nicht vorkommen. kleinsten Zahlen betreffen die 3 nicht Dagegen wurden ausserhalb des Stadt- einbezogenen Seeflächen mit nur etwa gebietes nur 90 Arten (ausgestorbene 10 Arten. Die meisten Arten (bis 607 pro inbegriffen) gefunden, die in der Stadt km2) finden sich in den Quadraten um Zürich nicht vorkommen (s. Tab. 1). Von den Katzensee, die neben artenreichen diesen 90 sind 81 (91 %) indigene Arten, Ufer- und Moorgebieten auch noch Bau- also Arten, die ohne Zutun des Men- und Verkehrsareale umfassen. Flächen, schen in das Gebiet einwanderten. Der die grösstenteils mit wenig geneigten Unterschied zu den 20 % Indigenen der Wäldern und intensiv bewirtschafteten nur in der Stadt Zürich vorkommenden Landwirtschaftsarealen bedeckt sind, Arten ist auffällig, ebenso jener der enthalten zwischen 180 und 320 Arten. Neophytenprozente. Neophyten zeigen Interessant sind die geographischen meist wärmere Temperaturen an, ent- Unterschiede des Artenreichtums sprechend dem gegenüber der wenig und der Prozentzahlen von Neo- überbauten Umgebung um 1 – 4 °C wär- phyten zwischen den 3 in Nord-Süd- meren Stadtklima. Die meisten der nur Richtung gelegenen Kartiergebieten. ausserhalb der Stadt wachsenden Indi- Das Gebiet 1 (politische Gemeinde genen sind von Natur aus Bewohner Zürich) hat einen mittleren Artenbe- kühlerer Gebiete (entsprechend der stand pro Fläche von ungefähr 450; das höheren Lage). Es wird interessant sein, südlich angrenzende Gebiet 2 zwischen festzustellen, ob in den nächsten Jahr- Zürich und Sihlbrugg weist im Mittel um zehnten durch die Erwärmung die Pro- 400 Arten pro Fläche auf und das Gebiet zente der Indigenen ab- und jene der 3 (zwischen Sihlbrugg und dem Höhro- Neophyten zunimmt. nen) 350. Diese doch recht deutlichen Die Tab. 2 zeigt, dass die Zusammenset- Unterschiede hängen wahrscheinlich zung von einheimischen (indigenen) und mit der abnehmenden Verstädterung von durch den Menschen eingebrachten von Norden nach Süden zusammen. Die Arten (Archaeophyten und Neophyten) Stadt Zürich und in geringerem Mass stark vom Grad der Urbanisierung der die einzelnen Vorstädte zeigen ein wär- Gegend abhängt. meres Klima und enthalten vielfältige Hütten, eine Streusiedlung von weni- städtische Standorte, die dem Süden ger als 1000 Einwohnern, liegt nördlich fehlen. Das ozeanische Klima und die des Höhronen auf etwa 700 m Höhe wegen der etwas höheren Lage küh- und ist grösstenteils ländlich geblie- leren Verhältnisse begrenzen das Vor- ben. Städtische Strukturen sind noch kommen von verschiedenen Arten. Die kaum vorhanden, wenn auch in letz- Stadt Zürich enthält deshalb viele neu ter Zeit zahlreiche Pendler zugezogen eingewanderte fremde Arten, die der sind. Die Gemeinde umfasst an ebenen Umgebung fehlen (siehe unter den ein- und wenig steilen Hängen Wiesland und zelnen Landschaften im Kapitel 4). Ins- Weideland, daneben im Sihlgraben und Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 29

Tab. 1. Herkunftsklassen der nur innerhalb und nur ausserhalb der Stadt Zürich vor- kommenden (nicht ausgestorbenen) Arten in %. A Archaeophyten; I Indigene; N Neophyten. n Artenzahl Tab. 1. Origin categories of the species growing either only outside or only inside the city limits of Zurich as compared to the total study area (excluding extinct species). Values dis- played are percentages. A Archaeophytes; I Indigeneous species; N Neophytes. n number of species Gebiet n Herkunftsklasse IAN Nur innerhalb der Stadt Zürich 204 20 32 48 Nur ausserhalb der Stadt Zürich 90 91 4 5 Ganzes Untersuchungsgebiet 1321 59 21 21

Tab. 2. Herkunftsklassen der Arten im ganzen Untersuchungsgebiet, in der Stadt Zürich und in der Gemeinde Hütten sowie ausgestorbene Arten in % A Archaeophyten; I Indigene; N Neophyten; RE seit 1839 im Gebiet ausgestorben. n Artenzahl Tab. 2. Origin categories of the species growing in the whole study area, within the city of Zurich and within the municipality of Hütten (including extinct species). Values displayed are percentages A Archaeophytes; I Indigeneous species; N Neophytes; RE extinct in the study area since 1839. n number of species Gebiet Flächenzahl n Herkunftsklassen IANRE Ganzes Gebiet 249 1498 59 21 21 13 Stadt Zürich 122 1399 58 19 23 13 Gemeinde Hütten 9738817 1211 an den Steilhängen des Höhronen Wald Bewirtschaftung zurückzuführen. Ausser (etwa 40 % der Gemeindefläche). Im dem Streuland gibt es kaum nährstoff- nördlichen Teil der Gemeinde befindet arme Wiesen und Weiden mehr. Früher sich eine Moränenmulde mit einem klei- waren auf den armseligen Weiden im nen See (Hüttensee oder Hüttnerseeli) Gebiet des Höhronen zahlreiche Arten und weiten Flächen von Streuwiesen. aus den höher gelegenen Alpengebie- Die 81 % von indigenen Pflanzenarten ten im Süden eingewandert, die durch weisen auf eine vorwiegend ländliche das Wiederaufforsten oder die inten- Gegend und sind für das schweizerische sive Düngung in den letzten 120 Jahren Mittelland wie für die gesamte Schweiz wieder verschwanden, besonders, da sie ungewohnt, ebenso der niedrige Pro- auch klimatisch am unteren Rande ihrer zentsatz der Neophyten (12 % gegen- Verbreitung standen. Im Grunde genom- über 17.5 % in der gesamten Schweiz) men müsste man diese ausgestorbenen und der Archaeophyten. Der hohe Pro- Weide-Arten lokal als Archaeophyten zentsatz der in den letzten 160 Jah- oder Neophyten bezeichnen; denn ohne ren ausgestorbenen Arten ist in dieser die menschliche Tätigkeit würden sie ursprünglichen Gegend fast ganz auf die erst in höheren Lagen natürlicherweise Intensivierung der landwirtschaftlichen vorkommen. Indessen werden allgemein 30 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen lokale Differenzierungen der Herkunfts- letzten 160 Jahren sehr empfindlich klassen nicht berücksichtigt. waren. Unter den im Gebiet ausgestorbenen In Bezug auf den Anteil von Neophyten Arten sind prozentual deutlich mehr liegt das Untersuchungsgebiet mit 21 % Archaeophyten als in der Flora des und die Stadt mit 23 % nur wenig über gesamten Gebietes und der Stadt, was dem Prozentsatz in der Schweiz (17.5 %). darauf hindeutet, dass Archaeophyten Dagegen enthalten einzelne Quartiere gegenüber den Veränderungen in den der Stadt Zürich über 50 % Neophyten.

Tab. 3. Prozentuale Artenanteile der Herkunftsklassen I, A, N in verschiedenen Gebieten A Archaeophyten; I Indigene; N Neophyten 1 Anteil von I, A, N an den im Gebiet ausgestorbenen Pflanzen 2 Anteil von I, A, N in der Flora der Stadt Zürich 3 Anteil von I, A, N im ganzen Untersuchungsgebiet Tab. 3. Species percentage of the origin categories I, A, N in various areas A Archaeophytes; I Indigeneous species; N Neophytes 1 Percentage of I, A, N within the extinct species of the whole study area 2 Percentage of I, A, N within the city of Stadt Zürich 3 Percentage of I, A, N within the whole study area 123 I 46 58 59 A 32 19 21 N 22 23 21 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 31

4 FLORISTISCHE BESONDERHEITEN DER EINZELNEN LANDSCHAFTEN

In den folgenden Kapiteln 4.1 bis 4.5 werden einzelne typische Landschaften bota- nisch näher beschrieben. Die städtischen Gebiete sind in der Flora von Zürich (LAN- DOLT 2001) bereits ausführlicher behandelt.

4.1 Unterschiede zwischen dem nördlichen und dem südlichen Teil

Aus den Untersuchungen geht klar her- Süden reichen die höchsten Berglagen vor, dass die Flora über das ganze deutlich über 900 m, während im Norden Untersuchungsgebiet nicht einheit- 800 m nur selten überschritten werden. lich ist, sondern sich von Norden nach Das Klima ist deshalb im Süden generell Süden deutlich verändert. Zwar gibt etwas kühler und ozeanischer (höhere es einen gemeinsamen Grundstock an Luftfeuchtigkeit, mehr Niederschläge, weit verbreiteten Arten, die charakte- weniger Sonneneinstrahlung). ristisch sind für das mitteleuropäische Die südliche Begrenzung der nörd- Klima. Darüber hinaus ist aber ein Nord- lichen Arten liegt sehr unterschiedlich. Süd-Gradient zu erkennen. Von den im So gedeiht etwa Ranunculus aurico- ganzen Gebiet einheimischen oder in mus s. l. (Gold-Hahnenfuss) nur noch in den letzten 160 Jahren während minde- den nördlichen Teilen der Stadt Zürich stens 30 Jahren eingebürgerten Arten (Karte 8), Pulmonaria obscura (Dunkel- sind 235 (15 %) in mehr als 80 % und 226 grünes Lungenkraut) noch knapp süd- (14 %) in 50 – 80 % aller Flächen vorhan- lich der Stadtgrenze (Karte 9) und Sca- den. Die übrigen 71 % der Arten zei- biosa columbaria (Tauben-Skabiose) gen besondere ökologische Ansprüche, (Karte 10) bis Sihlbrugg, allerdings nicht denen nicht jede Fläche entspricht, oder in einer geschlossenen Verbreitung sie sind relativ wenig konkurrenzfähig, wie bei Waldarten, sondern wegen des so dass sie sich nur an wenigen Stellen Zurückgehens der mageren Wiesen nur halten können. noch lückenartig. Auch Viola alba, das Die Grenze zwischen dem nördlichen Weisse Veilchen, eine wärmebedürftige und dem südlichen Teil ist nicht scharf Art mässig trockener magerer Wiesen und verläuft auf der Linie Aeugst – Albis- und lichter Wälder, kommt südlich nur pass – Langnau – . Dies entspricht bis etwa Sihlbrugg Dorf vor und nur in ungefähr der Linie der jährlichen Nie- unteren Lagen (Karte 11). derschläge von 135 cm. Nördlich der Viele Archaeophyten (vor allem Feld- Linie liegen die Niederschläge zwischen unkräuter und Arten magerer Wiesen) 95 – 135 cm, südlich davon zwischen und ein grosser Teil der Neophyten sind 135 – >160 cm (siehe Karte 2, S. 94). Im auf den nördlichen Teil beschränkt (vgl. 32 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen die prozentual fast doppelt so vielen aquilegiifolium (Akeleiblättrige Wie- Archaeophyten und Neophyten in der senraute) liegt die nördliche Grenze Stadt Zürich wie in der Gemeinde Hüt- nur wenig nördlich des Höhronen (Tafel ten, Tab. 2). Archaeophyten und Neo- VIII/3, Karte 12). Arten, wie diese, kön- phyten sind mir keine bekannt, die nur nen teilweise durch die Sihl weiter nach im südlichen Teil des Gebietes vorkom- Norden transportiert werden. Einzel- men. In Tab. 4 sind einige Arten des Nor- fundorte der südlichen Pflanzen in der dens zusammengestellt. Stadt Zürich sind meist durch Anpflan- Die nördliche Begrenzung der südlichen zung und Verwilderung zustande Arten ist teilweise durch die Mittel- gekommen, weshalb die natürliche temperatur und die Höhe über Meer Grenze auf den Vegetationskarten oft bedingt, z. T. auch durch die geringere nicht sehr klar ist. Verbreitungsdichte von Mooren und Eine häufige Nordgrenze liegt beim Riedwiesen im Norden. Für Thalictrum Albispass, siehe z. B. Lonicera nigra

Tab. 4. Typische indigene Arten des nördlichen Teils, die dem südlichen Teil weitge- hend fehlen + ausgestorben Tab. 4. Typical indigenous species of the northern part, mostly absent in the southern part + extinct Aster amellus Berg-Aster Blackstonia perfoliata Durchwachsener Bitterling Tafel VIII/4, Karte 26 Bupthalmum salicifolium Ochsenauge Tafel IX/3, Karte 29 Campanula glomerata Büschel-Glockenblume Campanula rapunculoides Acker-Glockenblume Carex acuta Zierliche Segge Carex distans Entferntährige Segge Carex divulsa Unterbrochenährige Segge Carex pilosa Gewimperte Segge Carex tomentosa Filzige Segge Dactylis polygama Aschersons Knaulgras Dipsacus pilosus Behaarte Karde Hordeum murinum Mäuse-Gerste Koeleria macrantha + Zarte Kammschmiele Koeleria pyramidata Pyramiden-Kammschmiele Lathyrus linifolius Berg-Platterbse Orchis purpurea Purpur-Orchis Pulmonaria obscura Dunkelgrünes Lungenkraut Karte 9 Ranunculus auricomus s. l. Gold-Hahnenfuss Karte 8 Rubus rhomboidalis Rautenförmige Brombeere Scabiosa columbaria Tauben-Skabiose Karte 10 Scilla bifolia Zweiblättriger Blaustern Stachys alpina Alpen-Ziest Torilis japonica Japanische Borstendolde Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 33

(Schwarzes Geissblatt) (Tafel XI/2, Karte Karte 14). Die Funde in der überbauten 13). Einzelne der südlichen Arten sind Stadt stammen alle von verwilderten nördlich des Albis noch isoliert am Üet- Pflanzen aus Gärten. In ähnlicher Weise liberg vertreten, z. B. Cardamine penta- verhält sich Luzula sylvatica (Wald-Hain- phyllos (Finger-Zahnwurz) (Tafel XIV/1, simse); auch diese Art ist in der Stadt oft

Tab. 5. Typische indigene Arten des südlichen Teils, die im nördlichen Teil nicht oder nur selten vorkommen Tab. 5. Typical indigenous species of the southern part, mostly absent in the northern part Asplenium viride Grüner Streifenfarn Blechnum spicant Rippenfarn Tafel XII/2, Karte 41 Cardamine pentaphyllos Finger-Zahnwurz Tafel XIV/1, Karte 14 Carex paniculata Rispen-Segge Carex pilulifera Pillen-Segge Centaurea thuilleri Thuillers Flockenblume Tafel VIII/2, Karte 25 Circaea alpina Alpen-Hexenkraut Chrysosplenium alternifolium Wechselblättriges Milzraut Tafel XIV/3, Karte 15 Dactylorhiza lapponica Lappland-Orchis Eriophorum vaginatum Scheidiges Wollkraut Euonymus latifolius Breitblättriges Pfaffenhütchen Festuca altissima Hoher Schwingel Gentiana pneumonanthe Lungen-Enzian Karte 35 Geranium sylvaticum Wald-Storchschnabel Tafel XI/3, Karte 37 Hieracium lactucella Ohr-Habichtskraut Hypericum dubium Stumpfes Johanniskraut Lonicera alpigena Alpen-Geissblatt Lonicera nigra Schwarzes Geissblatt Tafel XI/2, Karte 13 Luzula sylvatica Wald-Hainsimse Nardus stricta Borstgras Pedicularis palustris Sumpf-Läusekraut Poa supina Niedriges Rispengras Polygonatum verticillatum Quirlblättriges Salomonssiegel Polygonum bistorta Schlangen-Knöterich Ranunculus aconitifolius Eisenhutblättriger Hahnenfuss Ranunculus lanuginosus Wolliger Hahnenfuss Rubus nessensis Aufrechte Brombeere Rubus plicatus Gefaltete Brombeere Senecio ovatus Fuchs’ Kreuzkraut Thalictrum aquilegiifolium Akeleiblättrige Wiesenraute Tafel VIII/3, Karte 12 Trollius europaeus Trollblume Karte 39 Veratrum lobelianum Gewöhnlicher Germer Tafel XI/4, Karte 38 Veronica urticifolia Breitblättriger Ehrenpreis 34 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen angepflanzt und lokal verwildert. Ein Es zeigt sich, dass Arten, die im Norden weiteres Beispiel einer südlichen Ver- nicht zu finden sind, in kühleren und breitung im Gebiet und zusätzlich mit ozeanischeren Gebieten vorkommen wenigen Fundstellen am Üetliberg ist und im Mittel auf nährstoffärmeren Chrysosplenium alternifolium (Wechsel- Böden wachsen. blättriges Milzkraut) (Tafel XIV/3, Karte Um aufzuzeigen, welche standörtlichen 15). In Tab. 5 sind weitere typische Arten Unterschiede zwischen dem nördlichen des südlichen Teils angeführt. und dem südlichen Teil des Untersu- Allgemein gilt: Je stärker der mensch- chungsgebietes auftreten, wurden 5 liche Einfluss desto grösser der Anteil ökologische Zeigerwerte aus 3 ähnlichen an Neophyten und Archaeophyten. Flächen der nördlichen, der mittleren Gegenden mit viel Wiesen und wenig und der südlichen Bergzüge und Hügel Ackerland (hier der südliche Teil des der Molasse (Üetliberg, Albis, Höhronen) Gebietes) sind ärmer an Archaeophyten. von 1 km2 km Grösse verglichen (Tab. 7). Vergleicht man die Zeigerwerte für Tem- Allen drei Flächen ist gemeinsam: peratur, Kontinentalität und Nährstoffe • fast nur Waldvegetation (weniger als (nach LANDOLT & al. 2010) so sieht man 15 % Wiesland) deutliche Unterschiede zwischen dem • nur sehr wenige Häuser und versie- nördlichen und dem südlichen Teilgebiet gelte Flächen (Tab. 6). • keine bedeutenden Verkehrslinien

Tab. 6. Mittlere Zeigerwerte (nach LANDOLT et al. 2010) für Temperatur (T), Kontinenta- lität (K) und Nährstoffe (N) der nur im südlichen (s.T.) bzw. nur im nördlichen Teilgebiet (n.T.) vorkommenden Arten Tab. 6. Mean ecological indicator values (after LANDOLT et al. 2010) of temperature (T), continentality (K) and nutrients (N) of the species only growing in the southern (s.T.) or only in the northern part (n.T.) of the study area. Arten nur im n.T. s.T Anzahl (n) 198 116 Temperatur (T) 4.3 2.5 Kontinentalität (K) 3.6 2.6 Nährstoffe (N) 3.2 2.8

Tab. 7. Anteil von Herkunftsklassen der Pflanzenarten, die in 3 vergleichbaren Kartier- flächen am Üetliberg, am Albis und am Höhronen wachsen in % I Indigene; A Archaeophyten; N Neophyten. n Artenzahl Tab. 7. Percentages of origin categories of plant species growing in a mapping square of a comparable slope on Üetliberg (Ue), Albis (Al) and Höhronen (Ho) I Indigenous species; A Archaeophytes; N Neophytes; n number of species Ort Koordinaten Herkunftsklassen n IAN Ue = Üetliberg 679 / 245 87 5 8 432 Al = Albis 684 / 233 94 3 3 314 Ho = Höhronen 694 / 224 90 4 6 299 Alle Arten in Ue, Al, Ho 249 km2 8569523 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 35

• ziemlich steile allgemeine Nordostex- gen im Höhronen-Gebiet zusammen. In position mit lokal auch anderen Expo- den 3 untersuchten Flächen sind keine sitionen grösseren Nassstellen vorhanden. Der • geologisch im Molassegebiet geringste Unterschied zwischen den Flä- • Höhe über Meer: Höhronen: chen zeigt sich beim Reaktionswert. Ein- 870 – 1225 m. Albis: 580 – 890 m. Üetli- deutig hat der Höhronen die sauersten berg: 640 – 830 m. Böden, obwohl ein Teil der allerdings Die Tab. 7 lässt erkennen, dass alle 3 Flä- nur selten direkt an die Oberfläche kom- chen ähnliche Verteilungen der Einwan- menden Felsen kalkhaltig ist. Allerdings derungsklassen aufweisen und sich rela- ist bei der Molasse vom Höhronen der tiv naturnah verhalten. Anteil des kalkreichen Mergels geringer Der Vergleich der 5 Zeigerwerte in Tab. als am Üetliberg oder Albis. Der tiefere 8 deutet darauf hin, dass der Üetliberg Reaktionswert am Höhronen hängt vor und der Albis entsprechend der etwas allem mit den höheren Niederschlägen geringeren mittleren Höhe der Flä- zusammen, die basenhaltige Ionen aus che gegenüber dem Höhronen einen den Oberböden stärker auswaschen. höheren Temperaturwert aufweisen. Bei Nach meinen Erfahrungen sind Unter- der Kontinentalitätszahl zeigt der Üetli- schiede bei den Mittelwerten der Zeiger- berg deutlich die höchste Zahl, gefolgt werte von mehr als 0.2 – 0.3 Punkten und vom Albis und vom Höhronen. Dies mindestens 11 vorhandenen Arten gesi- entspricht der grösseren Kontinentali- chert. Je mehr Arten am Durchschnitt tät des Klimas im Norden des Gebietes. beteiligt sind, desto besser ist die Sicher- Der Wert der Bodenfeuchtigkeit weist heit abgestützt. Es wurden auch die Zei- nicht so grosse Differenzen auf, aber gerwerte für Nährstoffe (N) und jene für immerhin sind die Werte des Höhronen Wechselfeuchtigkeit (W) untersucht. Die im Mittel deutlich höher als beim Albis Unterschiede sind aber für gesicherte und besonders beim Üetliberg. Dies Angaben zu gering. hängt mit den grösseren Niederschlä-

Tab. 8. Mittlere Zeigerwerte für die Pflanzenarten der 3 Flächen aus Tab. 5 I Indigene; A Archaeophyten; N Neophyten T Temperatur; K Kontinentalität; F Bodenfeuchtigkeit; R Bodenreaktion Ue Üetliberg; Al Albis; H Höhronen. n Artenzahl Tab. 8. Mean ecological indicator values of the plant species presented in Table 5. I Indigeneous species; A Archaeophytes; N Neophytes T Temperature; K Continentality; F Soil humidity; R Soil reaction Ue Üetliberg; Al Albis; Ho Höhronen. n number of species Herkunft der Arten T K F R n allen 3 Flächen gemeinsam 3.3 2.8 3.2 3.3 202 nur Ue 3.7 3.3 2.9 3.6 128 nur Ue und Al gemeinsam 3.6 2.8 3.0 3.5 78 nur Ue und Ho gemeinsam 3.0 3.0 3.2 3.2 24 nur Al 3.5 2.8 3.0 3.4 18 nur Al und Ho gemeinsam 2.9 2.4 3.6 3.0 16 nur Ho 2.8 2.5 3.4 2.7 57 total von allen 3 Flächen 3.6 2.9 3.1 3.4 523 36 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

4.2 Überbaute Ortschaften und Verkehrswege

Die überbauten Orte und Verkehrswege Galeopsis angustifolia (Schmalblättriger haben eine überraschend reichhaltige Hohlzahn) (Tafel VII/3, Karte 16). Die Art Flora und zwar aus folgenden Gründen: stammt ursprünglich aus Kalkgeröllhal- den der Alpen und des Juras, besiedelte 1 Sie enthalten sehr viele ökologische später steinige Äcker und ist heute im Nischen, die in der naturnahen Land- Mittelland fast ganz auf warme Stellen schaft nicht oder nicht mehr vorhan- in Bahnanlagen beschränkt. den sind, z. B. Pflastersteinflächen, Die folgende Liste (Tab. 9) umfasst Mauern, Kleingärten, Parkanlagen, Arten, die bei uns fast nur längs Ver- Rasen, Schuttplätze, Lebendzäune, kehrswegen vorkommen. Sechs Zeiger- Bahnborde, Strassenböschungen, werte weisen auf einige der Lebensan- Strassenränder, Bahnkiesflächen, Bra- sprüche hin. chen etc. Die Zeigerwerte deuten auf hohen Wärme- und Lichtbedarf, geringe Feuch- 2 Steine, Asphalt und Mauern spei- tigkeitsansprüche und eher basische chern Sonnenwärme, die sie wieder und nährstoffreiche Bodenansprüche. an die Umgebung abgeben. Das all- Der Standort längs Bahnen und Stras- gemeine Klima ist deshalb um 1 – 4°C sen, aber auch auf versiegelten Flächen wärmer als in der Umgebung. Beson- in der Stadt ist im Verhältnis zu anderen ders Arten aus wärmeren Gegenden Standorten im Gebiet meist sehr warm, finden hier gute Lebensbedingungen mit grossen Temperaturdifferenzen, tro- und weniger Konkurrenz. cken, kalk- und nährstoffreich. Verglei- chen wir die Werte mit jenen der weit 3 Besondere Bedingungen an einzel- verbreiteten Waldpflanzen von Tab. 8, nen Orten wie hoher Stickstoff- oder so fällt ein deutlich geringerer Wert bei Salzgehalt des Bodens, Tritt, Weg- den Waldpflanzen für Temperaturen transport von Falllaub (zugunsten (T = 3.6), Kontinentalität (K = 2.9) und von Frühlingsblühern) usw. schaffen Reaktionszahl (R = 3.1) auf, ebenso ein Lebensmöglichkeiten für neue spezi- höherer Wert für Bodenfeuchtigkeit (F = alisierte Arten. 3.1). Die hier nicht ausgerechneten Licht- und Nährstoffzahlen (L und N) würden Die Verbreitung einzelner Arten kann für Waldgebiete geringer ausfallen, wie sehr eng an Verkehrsträger gebunden man aus den Beispielen in LANDOLT (1977) sein, wie z. B. bei Geranium purpureum für verschiedene Waldgesellschaften (Purpur-Storchschnabel) (Tafel VII/4, ersehen kann. Karte 17), das längs von Eisenbahnlinien Früher war die Flora der Bahnareale wächst. Die Art wurde erst um 1980 neu artenreicher, da mit den Bahnen Samen eingeschleppt und hat sich im Gebiet vieler neuer Arten eingeschleppt wur- innert weniger Jahre längs der Bahntras- den und sich im Bahnkies gut halten und sees im Kies eingebürgert. Ein weiteres vermehren konnten. Mit der Anwen- typisches Beispiel einer Geleisepflanze ist dung von Herbiziden und dem Einführen Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 37 von Kontainern für den Warentransport, Verkehrsanlagen als Lebensräume. Aller- aus denen allfällige Samen nicht ent- dings konnte der grösste Teil der sei- weichen können, sind die meisten die- nerzeitigen Unkrautflora der Äcker und ser Arten verschwunden. In den letzten kultivierten Felder keine Überlebens- Jahren sind Herbizide weniger intensiv möglichkeiten finden. Sie werden gele- angewendet worden, so dass die bahn- gentlich als Ansaaten an Verkehrsplät- begleitende Flora wieder etwas vielfäl- zen und anderen Stellen beobachtet, tiger geworden ist. halten sich dort aber nicht ohne ste- Mehr über die Flora von Bahnarealen tiges neues Ansäen; z. B. Kornblume und anderen Verkehrsträgern der Stadt (Centaurea cyanus), Kornrade (Agros- Zürich findet man bei LANDOLT (2001, S. temma githago), Rittersporn (Delphi- 38 – 40). nium-Arten), Venusspiegel (Legousia Charakteristisch für die Flora überbauter speculum-veneris), Acker-Wachtelwei- Gebiete in der Stadt Zürich sind einige zen (Melampyrum arvense) (Karte 19). Archaeophyten, die sich an warmen Wenige Arten fanden auch Ersatzstand- und trockenen Orten ansiedeln kön- orte wie etwa der Acker-Frauenman- nen. Neben den hohen Temperaturen tel (Aphanes arvensis) (Karte 18) oder ist auch eine geringe Konkurrenz durch Sherardia arvensis (Ackerröte), die im andere Pflanzenarten Voraussetzung für Norden des Gebietes in mässig trockene ein Überleben. Besonders Baubrachen, Rasen eindringen konnten. Lagerplätze, nicht gepflegte Wegrän- der und Hinterhöfe eignen sich neben

Tab. 9. Arten, die an Verkehrsträger gebunden sind, mit Zeigerwerten T Temperatur; K Kontinentalität; L Licht; F Bodenfeuchtigkeit; R Bodenreaktion; N Bodennährstoffe Table 9. Species associated with traffic installations and their ecological indicator values T Temperature; K Continentality; F Soil humidity; R Soil reaction; N Soil nutrients Lateinischer Name Deutscher Name T K L F R N Arenaria leptoclados Dünnästiges Sandkraut544144 Cerastium brachypetalum Kleinblütiges Hornkraut4.524143 Cerastium pumilum Niedriges Hornkraut4.524142 Crepis foetida Stinkender Pippau 4.544244 Crepis pulchra Schöner Pippau 4.543244 Draba muralis Mauer-Felsenblümchen4.5242.543 Epilobium dodonaei Rosmarin-Weidenröschen4441.543 Erophila praecox Frühes Hungerblümchen4.5441.542 Galeopsis angustifolia Schmalblättriger Hohlzahn3.544253 Geranium purpureum Purpur-Storchschnabel 5341.534 Papaver dubium Zweifelhafter Mohn4.544233 Scrophularia canina Hunds-Braunwurz 4.544253 Tragopogon minor Kleiner Bocksbart 4.524233 Tragopogon dubius Grosser Bocksbart 4.5441.544 Mittel der Zeigerwerte 4.5 3.4 3.9 1.6 3.9 3.3 38 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

4.3 Täler und Flusslandschaften im Norden (ausserhalb überbauter Gebiete)

Die Täler der Limmat und des Zürich- Aus den Feuchtgebieten ausserhalb der sees sowie der Glatt waren während der Katzenseen sind nach den Ergebnissen der Eiszeiten mit Eis bedeckt. Die flacheren Kartierung etwa 40 typische Wasser- und Stellen der Täler wurden mit lehmigen, Sumpfpflanzen verschwunden, darun- wasserundurchlässigen Moränen über- ter die folgenden Arten, die auf Stadt- deckt. Im Einflussbereich der Sihl liegt gebiet heute fehlen: Allium angulosum auch kalkhaltiger Schotter. Nacheiszeit- (scharfkantiger Lauch) (Karte 20), Carex lich entwickelten sich verbreitet Auen- buxbaumii (Buxbaums Segge), Lathyrus wälder und Ufervegetationen. Der palustris (Sumpf-Platterbse), Oenanthe Mensch hat auch diese Vegetationen lachenalii (Lachenals Rebendolde). extensiv genutzt, vor allem als Streuwie- Uferwiesen am Zürichsee sind heute auf sen. Im späten 19. und im 20. Jahrhun- den oberen Teil des Sees beschränkt, dert wurde ein grosser Teil der Streu- von Schirmensee und von der Au an wiesen und Ufervegetationen durch aufwärts. Noch Kölliker erwähnt vom Meliorationen, grossflächige Uferauf- Zürichhorn etwa 50 Wasser- und Sumpf- schüttungen und Überbauungen zer- pflanzen, darunter auch solche, die stört, aber auch durch Kanalisierung heute im Kanton nicht mehr vorkom- oder Verlegung von Fliessgewässern, men: z. B. Calamagrostis pseudophrag- Wasserstandsänderungen und Auffüllen mites (Schilfähnliches Reitgras), Lemna von Seen und Teichen. Von den noch vor gibba (Bauchige Wasserklinse), Ranuncu- 160 Jahren reichhaltigen Streuwiesen, lus reptans (Wurzelnder Hahnenfuss). Mooren und kleinen stehenden Gewäs- Die Riedwiesen um die Halbinsel Au sern, die den grössten Teil der Zürich- wurden in der vorliegenden Kartierung seeufer, des unteren Limmattales und berücksichtigt. Sie sind heute von der des Glatttales bedeckten, ist fast nichts kantonalen Fachstelle für Naturschutz mehr übrig geblieben. wieder fachgemäss gepflegt und in Damals war der grösste Teil der Ebene Teilbereichen regeneriert worden und des Limmattales zwischen Aussersihl beherbergen eine Reihe von Arten, die und der Kantonsgrenze sowie zwischen im Kartiergebiet ausschliesslich oder Dübendorf und Seebach Sumpfgebiet, fast ausschliesslich nur hier vorkom- ebenso die Uferwiesen des Zürichsees men: Calamagrostis canescens (Graues zwischen Bendlikon und Tiefenbrunnen, Reitgras, nur noch Katzenseen und die Ende des 19. Jahrhunderts über deckt Abschwändi), Carex disticha (Zweizeilige wurden. Auenwälder sind fast keine Segge, nur noch Katzenseen), Allium mehr vorhanden. Nur einige botanisch angulosum (Kantiger Lauch) (Karte 20), nicht sehr vielfältige Waldreste bilden Gratiola officinalis (Gnadenkraut, nur einzelne schmale Streifen längs der Lim- wenige angepflanzte Stellen), Lathyrus mat unterhalb und Höngg. palustris (Sumpf-Platterbse), Oenanthe Die zahlreichen Herbarbelege von die- lachenalii (Lachenals Rebendolde), Tha- sen Orten zeigen, welche Pflanzen lictrum flavum (Gelbe Wiesenraute, nur damals noch vorgekommen sind. noch Katzenseen), Zizania latifolia (Was- Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 39 serreis, ostasiatische Art, die vor vie- Das Katzenseegebiet konnte trotz len Jahrzehnten am Ausee angepflanzt zeitweiliger (ca. 1955 – 1975) Vernach- wurde und am Ufer proliferiert, aber nur lässigung der Bewirtschaftung einen selten blüht). erstaunlich grossen Teil seiner ehema- Zwei Neophyten kommen nur an den ligen Artenvielfalt behalten. Allerdings Ufern des unteren Zürichsees und sind dort wegen der Rationalisierung der Limmat vor: Butomus umbella- der Landwirtschaft zusätzlich 36 Arten, tus (Schwanenblume), selten blühend die auf den Äckern um den Katzensee und erst um 1910 am damaligen Alpen- herum früher häufig waren, verschwun- quai ausgesetzt, und Rorippa amphibia den. (Teichkresse) (Karte 21) um 1980 einge- Genauere Angaben über vorhandene wandert. und verschwundene Arten von Nass- Wäre nicht das bereits seit dem 17. standorten im Gebiet der Stadt Zürich Jahrhundert bei Naturforschern sehr findet man in der Flora der Stadt Zürich berühmte Katzenseegebiet erhalten (LANDOLT 2001). Eine Vegetationskarte geblieben, hätte die Stadt Zürich einen basierend auf Vegetationsaufnahmen grossen Teil ihrer Artenvielfalt verloren aus den Jahren 1964 und 1965 (KLÖTZLI und müsste heute auf ein sehr wert- 1969) ist 2008 erschienen (OKUTOMI & volles Erholungsgebiet verzichten. KLÖTZLI).

Tab.10. Liste von seltenen oder ausgestorbenen Arten aus Gewässern und Riedwiesen im Gebiet des Katzensees * ausserhalb des Katzenseegebietes im nördlichen Teilgebiet nicht vorhanden ° nur am Zürichsee (im Gebiet heute nur noch Au) °° nur am untersten Zürichsee, an der Limmat und im Limmattal + im Katzenseegebiet ausgestorben und nur noch selten im Süden ++ im ganzen Gebiet ausgestorben Tab. 10. Rare and extinct species from waters and wetlands of Katzensee area * except for populations growing in the Katzensee area, species does not grow in northern part of study area ° only grows on the shores of Lake Zurich (within the study area only in Au) °° only grows along the northernmost part of Lake Zurich and the + disappeared within the last 160 years from the area of Katzensee and is now restricted to very few places in the southern part of the study area ++ disappeared from the area of Katzensee within the last 160 years and could no longer be found within the whole study area Asperula cynanchica Feld-Meister Bolboschoenus maritimus Meerbinse * Cardamine dentata Sumpf-Schaumkraut * Carex canescens Graue Segge + Carex chordorhiza Rankende Segge ++ Carex dioica Zweihäusige Segge * Carex hartmanii Hartmans Segge * Carex pseudocyperus Scheinzypergras-Segge * Carex vulpina Fuchs-Segge * Catabrosa aquatica Quellgras ++ Cicuta virosa Wasserschierling ++ 40 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Cirsium tuberosum Knollige Kratzdistel + Cladium mariscus Schneidebinse * Cyperus flavescens Gelbe Zyperbinse * Cyperus fuscus Braune Zyperbinse * Drosera anglica Langblättriger Sonnentau + Eleocharis acicularis Nadelförmige Sumpfbinse + Eriophorum gracile Schlanke Wollbinse + Eriophorum vaginatum Scheidige Wollbinse + Euphrasia montana Berg-Augentrost + Gentiana cruciata Kreuz-Enzian + Gentiana pneumonanthe Lungen-Enzian + Karte 35 Gentiana verna Frühlings-Enzian + Gratiola officinale Gnadenkraut + Hydrocotyle vulgare Wassernabel * Liparis loeselii Glanzkraut + Ludwigia palustris Ludwigie ++ Lycopodiella inundata Überschwemmter Bärlapp + Odontites verna Frühlings-Zahntrost ++ Oenanthe aquatica Wasserfenchel ++ Ophioglossum vulgatum Natterzunge * Orchis palustris Sumpf-Orchis * Pedicularis palustris Sumpf-Läusekraut + Polygala comosa Schopfige Kreuzblume + Polygala vulgaris Gewöhnliche Kreuzblume + Potamogeton coloratus Gefärbtes Laichkraut * Karte 23 Ranunculus circinatus Steifblättriger Hahnenfuss * Ranunculus trichophyllum Schlaffblättriger Hahnenfuss + Rhynchospora fusca Braune Schnabelbinse ++ Sagina nodosa Knotiges Mastkraut ++ Salvia sylvestris Hain-Salbei + Salvia verticillata Quirlblättrige Salbei ++ Scheuchzeria palustris Blumenbinse ++ Senecio paludosus Sumpf-Kreuzkraut + Spiranthes aestivalis Sommer-Wendelorchis + Teucrium botrys Trauben-Gamander ++ Teucrium scordium Knoblauch-Gamander ++ Trichophorum alpinum Alpen-Haarbinse + Triglochin palustre Dreizack + Utricularia bremii Bremis Wasserschlauch * Vaccinium uliginosum Moorbeere + Vaccinium vitis-idaea Preiselbeere + Tafel XII/3, Karte 42 Viola persicifolia Pfirsichblättriges Veilchen * Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 41

4.4 Bergzüge und Hügel der Molasse

Die Berg- und Hügelgebiete der Molasse Die Molasse besteht im Gebiet vor allem lassen sich in 3 Teilgebiete unterteilen: aus Mergel- und Sandsteinschichten, die miteinander abwechseln. Auf den höch- 1 Berge und Hügel nördlich Albispass sten Gipfeln und gegen Süden sind auch – Langnau – Thalwil: Ketten zwi- Nagelfluhfelsen vorhanden. Der Boden schen Glatt und Limmat (Gubrist, an den Hängen ist im Allgemeinen kalk- Hönggerberg, Zürichberg, Adlisberg, reich, wechselfeucht, oft schlecht durch- Öschbrig); Entlisberg; Üetliberg- und lüftet und instabil. Albiskette südwärts bis Albispass; Neben den allgemein im ganzen Gebiet Aeugsterberg; Langenberg verbreiteten Arten sind nur ganz wenige weitere Arten allen 3 Gebieten gemein- 2 Berge und Hügel im Gebiet süd- sam (z. B. Tab. 11) lich des Albis, aber ohne Höhronen Im Unterschied zum Höhronen sind die (Albiskette zwischen Albispass und beiden anderen Molassegebiete von den Sihlbrugg Dorf; Sihlwald) Voralpen isoliert und haben eine mehr oder weniger selbständige floristische 3 Höhronen (Berggebiet südlich Sihl- Stellung. brugg Dorf zwischen Sihl und Süd- grenze des Kantons Zürich)

Tab. 11. Gemeinsame Arten der drei Berg- und Hügelregionen Tab. 11. Species growing in all three areas of the mountain and hill regions Calamagrostis varia Buntes Reitgras Campanula cochleariifolia Kleine Glockenblume Centaurea montana Berg-Flockenblume Daphne mezereum Gewöhnlicher Seidelbast Euphorbia dulcis Süsse Wolfsmilch Hypericum montanum Berg-Johanniskraut Lathyrus vernus Frühlings-Platterbse Petasites albus Weisse Pestwurz Rosa pendulina Alpen-Hagrose Rosa tomentosa Filzige Hagrose 42 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

4.4.1 Bergzüge und Hügel der Molasse im nördlichen Teil

Die Ketten zwischen Glatt und Limmat tung die Lebensmöglichkeiten dieser (Gubrist bis Pfannenstil) und zwischen Pflanzen vernichtet. Ein weiteres noch Limmat und Reuss (Entlisberg; Üetliberg- an einem einzigen Ort in der Falätsche und Albiskette südwärts bis Albispass; vorkommendes nacheiszeitliches Relikt Aeugsterberg; Langenberg; Westseite ist Petasites paradoxus (Alpen-Pestwurz) des Zimmerberges südwärts bis Sihl- mit weissfilzigen Blattunterseiten und brugg Dorf) enthalten viele gemeinsame etwas spitzen Blättern. Die später einge- Arten, s. Tab. 17 – 19 oder HOLDEREGGER et wanderten Gebirgs- und Steppenpflan- al. (1996). zen überlebten an den instabilen stei- Verschiedene einheimische Arten dieses len Felshängen besonders im nördlichen Areals wanderten bereits in der Nach- Teil, wo die Sonneneinstrahlung grösser eiszeit in das Gebiet und bilden heute und der Bodenwasserhaushalt extremer Nacheiszeitrelikte, die sich an den Steil- war. hängen der Berge besonders an den Typisch für diese Gruppe von Arten sind rutschigen Hängen halten können. Pinus uncinata (Berg-Föhre), Juniperus Oft werden sie auch als Eiszeitrelikte communis (Gewöhnlicher Wacholder), bezeichnet, was aber kaum der Wirk- Vicia sylvatica (Wald-Wicke) (Tafel VIII/1, lichkeit entspricht, da mit Ausnahme Karte 24), Carduus defloratus (Berg- der höchsten Gipfel (etwa Üetliberg) Distel) (Tafel IX/2, Karte 28) und viele alle diese Berge während den Eiszeiten weitere Arten der Tab. 17 bis 19. Beson- unter Eis lagen und deshalb keine über- ders empfindlich gegen Konkurrenz und lebenstüchtigen Populationen bilden Schatten sind Arten, die im Schutt und konnten. Zwei nacheiszeitliche Relikte, Geröll wachsen, wie Leontodon hyose- die seit dem Rückzug der Gletscher im roides (Hainlattichblättriger Löwenzahn, Gebiet ausharren konnten, sind abgebil- Karte 62), Leucanthemum adustum det und wurden bereits erwähnt: Lina- (Berg-Margerite, Karte 63), Saxifraga ria alpina (Alpen-Leinkraut) (Tafel VII/2) mutata (Veränderter Steinbrech). und Epilobium fleischeri (Fleischers Wei- Die meisten der hier erwähnten Arten denröschen) (Tafel VII/1). Es sind typische des nördlichen Teilgebietes sind auf Pionierpflanzen, die sonst in den Alpen lichte naturnahe Standorte angewie- in Gletschervorfeldern und feuchten sen: vor allem auf lichte Föhrenwälder Geröllstellen auf kalkhaltigem Gestein und Rutschhänge. Sie verschwinden, wachsen. Sie überdauerten nördlich wenn der Hang sich stabilisiert und neu Uto-Staffel auf einem kleinen Geröllfeld bewächst oder wenn der offene Wald unterhalb Nagelfluhfelsen und wurden bei günstigen Nährstoffbedingungen als Besonderheit von begeisterten bota- zuwächst. Da die Wälder früher stark nischen Sammlern für Herbarbelege aus- genutzt wurden und die Böden so ver- gerissen und weitherum ausgetauscht. armten und vermehrt auch rutschten, Neben dem unüberlegten Raub der waren für die erwähnten Arten an stei- Arten durch Botaniker hat die entlang leren Hängen zahlreiche Lebensmög- des Felsfusses aufkommende Beschat- lichkeiten vorhanden. Mit der Aufgabe Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 43 der landwirtschaftlichen Nutzung der Weitaus am besten ausgebildet ist die Wälder (ausser zur Holzlieferung), mit hier dargestellte Flora am Üetliberg, vor der Stabilisierung der Hänge und mit allem an einzelnen Gräten auf der Süd- dem Stickstoffeintrag aus der Luft ver- seite und auf der Nordseite (z. B. Falät- besserten sich die Wuchsbedingungen sche, Gelbe Wand; unterhalb Station (abgesehen vom Licht) für dominante Üetliberg). Für Literatur über den Üet- Arten. Die bisherigen Arten wurden liberg sei auf LANDOLT (1978, 2001) und überwachsen und verdrängt. Es gibt über die Falätsche auf HOLDEREGGER et viele Pflanzenaufnahmen aus früheren al. (1996) verwiesen. Am Üetliberg sind Zeiten, die beim Vergleich mit heutigen nach LANDOLT (2001) 18 Arten ausgestor- Beständen den grossen Artenverlust ben, wobei dazu auch 7 Arten magerer aufzeigen (s. z. B. Tab. 21). Zuerst ver- Weiden gehören, die wegen Aufgabe schwanden Arten aus den kleineren der mageren Weiden keine Lebensmög- Tobeln, wo durch die Stabilisierung und lichkeiten mehr haben. Südwärts gegen Aufgabe der Waldnutzung die Wälder den Albispass werden die artenreichen auch an steilen Hängen zuwuchsen. Die Standorte langsam seltener, etwa noch Stabilisierung der Hänge verhinderte am Langnauer Berg (Nord- und Südseite) die Lebensbedingungen von Pionier- und am Girstel. Einer der letzten Stand- pflanzen. Etwa in der Gubrist-Pfannen- orte dieser Flora an der Albiskette ist der stil-Kette sind die typischen Steilhang- Risibuck oder Risenhügel, der seinerzeit arten heute fast völlig verschwunden noch von SCHMID (1933) floristisch auf- (vgl. z. B. HOLDEREGGER 1994). Im Gebiet genommen wurde und an dessen west- enthält fast nur noch das Wehrenbach- lichem Fuss sich Reste eines Waldsumpfes tobel einige dieser Arten, z. B. Blacksto- befinden (Tab. 17). Interessant ist auch nia perfoliata (Bitterling), Buphthalmum der Risleten-Hang, weil er noch nicht salicifolium (Ochsenauge), Cirsium tube- völlig stabil ist, mit Aster bellidiastrum rosum (Knollige Kratzdistel), Phyteuma (Alpen-Masslieb), Buphthalmum salicifo- orbiculare (Rundköpfige Rapunzel), Pru- lium (Ochsenauge) (Tafel IX/3, Karte 29), nella grandiflora (Grossblütige Brunelle), Campanula cochleariifolia (Kleine Glo- Rhinanthus glacialis (Gletscher-Klapper- ckenblume), Leucanthemum adustum topf). Am Entlisberg sind noch einige (Berg-Margerite) (Karte 63), Pinguicula Arten am Südhang mit dem kleinen vulgaris (Gewöhnliches Fettblatt) und Felsabbruch vorhanden, so Anthericum Pinus uncinata (Berg-Föhre). Am Albis- ramosum (Ästige Graslilie), Aster bellidi- horn gibt es nur noch einen sehr kleinen astrum (Alpenmasslieb), Buphthalmum Rest der Hangvegetation (Tab. 19). salicifolium (Ochsenauge) (Tafel IX/3, Die Steilhänge östlich der Sihl enthalten Karte 29), Carlina biebersteinii (Bieber- ebenfalls wenige Steilhang-Föhrenwäl- steins Golddistel) (IX/1, Karte 27), Peu- der und kleinere Rutschhänge: Schle- cedanum cervaria (Hirschwurz), Thymus geltobel, Schüepenloch, Pfefferberg polytrichus (Alpen-Thymian) (Karte 61), (Tab. 18). Viele dieser ursprünglich sehr Vincetoxicum hirundinaria (Schwalben- reichhaltigen Flächen sind allerdings wurz), Leontodon hyoseroides (Hainlat- bereits am Zuwachsen (siehe Kapitel 5). tichblättriger Löwenzahn) (Karte 62). Ein letzter guter Ort für die Flora dieses Ein isolierter Fundort von Veronica urti- nördlichen Hügel- und Bergareals ist die cifolia (Breitblättriger Ehrenpreis) im Nordseite des Aeugsterberges, die noch Westen des Berges ist bemerkenswert. eine grosse, allerdings stark reduzierte 44 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Vielfalt aufweist. Ausgestorben sind hier kommt sie nur an wenigen Stellen der z. B. Petasites paradoxus (Alpen-Pest- Nordschweiz vor, im Gebiet auch noch wurz), Leontodon hyoseroides (Hain- in einigen Pärken der Innenstadt von lattichblättriger Löwenzahn), Saxifraga Zürich. aizoides (Bewimperter Steinbrech). Die trockenen Wiesen befinden sich Besonders eindrücklich sind die reichen fast alle am Südhang der mittleren und Bestände von Cypripedium calceolus nördlichen Albiskette, kleinflächig und (Frauenschuh). mosaikartig mit Streuwiesen verzahnt: Mehr Arten aus diesem Bergareal stehen z. B. Ankenweid, Langweid, Rossweid, im Kapitel 5, wo über die Dynamik der Langnauer Berg, Wiese ob Kirche Stal- Arten berichtet wird. likon, Sprächerberg. Die meisten der Neben den Steilhangwäldern gibt es als Hangwiesen werden heute aber gedüngt artenreiche Biotope noch wenige Tro- und als Fettwiesen genutzt, wobei sie ckenwiesen, zahlreiche Hangstreuwie- den grössten Teil der Artenvielfalt verlo- sen und wenige Muldenmoore und Ufer- ren haben. Die artenreichste und vielfäl- wiesen (etwa am Türlersee). tigste Wiese, die Streuweid, liegt auf der Auf dem Langenberg, der bereits zum rechten Seite der Sihl, auf dem Gemein- Wildnispark Sihlwald gehört, darf als degebiet von Hirzel. Sie weist heute Besonderheit Dactylis aschersoniana noch viele Arten auf, die weiter südlich (Aschersons Knaulgras) genannt wer- fehlen, z. B. den. Die Art wächst an der höchsten Stelle des Hügels im lichten Wald. Sonst

Blackstonia perfoliata Bitterling Tafel VIII/4, Karte 26 Carex tomentosa Filzige Segge Carlina vulgaris Gewöhnliche Golddistel Crepis praemorsa Abgebissener Pippau Galium pumilum Kleines Labkraut Gentiana cruciata Kreuz-Enzian Orchis ustulata Echte Brandorchis Tafel IX/4, Karte 30 Polygala amblyptera Stumpfflügelige Kreuzblume Polygala comosa Schopfige Kreuzblume Scabiosa columbaria Tauben-Skabiose Karte 10

Als besondere Arten der Streuwiesen innerhalb der nördlichen Molasseberge, die in den anderen Landschaften nur selten vorkommen, sind zu nennen: Buphthalmum salicifolium Ochsenauge Tafel IX/3, Karte 29 Carex tomentosa Filzige Segge Cirsium tuberosum Knollige Kratzdistel Dianthus superbus Sumpf-Prachtnelke Tafel X/2, Karte 32 Rhinanthus glacialis Gletscher-Klappertopf Tafel X/1, Karte 31 Serratula tinctoria Färber-Scharte Silaum silaus Rosskümmel Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 45

Einige Besonderheiten des Türlersees sind: Achillea ptarmica Sumpf-Schafgarbe Acorus calamus Kalmus Blysmus compressus Quellbinse Eriophorum gracile Schlanke Wollbinse Potamogeton alpinus Alpen-Laichkraut Potamogeton nodosus Knotiges Laichkraut Trichophorum alpinum Alpen-Haarbinse Vaccinium oxycoccus Moosbeere Veronica catenata Lockerähriger Ehrenpreis

4.4.2 Bergzüge und Hügel der Molasse im südlichen Teil (ohne Höhronen)

Die Landschaft umfasst den Albis südlich vorkommen, aber an der Üetlibergkette des Albispasses mit dem Sihlwald. Die meist fehlen. Es sind vor allem verbrei- nähere Lage zum Höhronen zeigt sich an tete Arten, die auf etwas kühleres Klima zahlreichen Arten aus mittleren Gebirgs- angewiesen sind. lagen, die auch im Höhronen-Gebiet

Chrysosplenium alternifolium Wechselblättriges Milzkraut Tafel XIV/3, Karte 15 Dactylorhiza lapponica Lappland-Orchis Festuca altissima Hoher Schwingel Geranium sylvaticum Wald-Storchschnabel Tafel XI/3, Karte 37 Lonicera nigra Schwarzes Geissblatt Tafel XI/2, Karte 13 Luzula sylvatica Wald-Hainsimse Polygonum bistorta Schlangen-Knöterich Ranunculus aconitifolius Eisenhutblättriger Hahenfuss Ranunculus lanuginosus Wolliger Hahnenfuss Trollius europaeus Trollblume Karte 39 Veratrum lobelianum Gewöhnlicher Germer Tafel XI/4, Karte 38 Veronica urticifolia Breitblättriger Ehrenpreis

Die selteneren Steilhangarten, die im num (Alpen-Bergflachs). Dies geschieht nördlichen Areal zu bewundern sind, vor allem, weil die Steilhänge fast alle fehlen im südlichen Teil weitgehend stabilisiert sind, da der Wald dank der oder sind in den letzten Jahrzehnten reichlichen Niederschläge und dem verschwunden, wie etwa Thesium alpi- Stickstoffeintrag nach einem Erdschlipf 46 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen rascher wieder aufwächst und der mög- Ausserhalb des Sihlwaldes besiedelt sie lichen Pionierflora zu wenig Licht zur noch das Chaltenbodenholz (Schönen- Entwicklung lässt. Föhrenwälder sind berg). Früher (1988) wurde sie auch von praktisch nicht mehr vorhanden. Aber F. Klötzli oberhalb dem Alten Tobelhof auch steile magere Wiesen wie im nörd- gefunden (seither verschwunden). Eine lichen Areal fehlen weitgehend. An den einzelne Pflanze wurde am Ufer des Steilhängen sind dicht wachsende Laub- Zürichsees beim Zürichhorn gesammelt. und Nadelmischwälder vorhanden, an Daphne laureola (Lorbeer-Seidelbast) weniger steilen Hängen werden Fettwei- (Tafel XI/1, Karte 36) ist ebenfalls im den und -wiesen bewirtschaftet. Gebiet auf den Sihlwald beschränkt. Die Im Folgenden soll noch kurz auf den nächsten Fundstellen befinden sich am Sihlwald hingewiesen werden: Der Nordhang der Lägern und in der Inner- Wald gehörte ursprünglich zu einem schweiz. grossen Teil der Fraumünsterabtei. Mit Sonst ist der Sihlwald in einer Grösse von Ausnahme von wenigen landwirtschaft- über 10 km2 ein einzigartiges vielseitiges lich genutzten Flächen wurde er seit Ökosystem mit eindrucksvollen Wäldern. jeher meist als Hochwald genutzt und Infolge der Nutzungsaufgabe wird der diente seit dem Mittelalter der Stadt Wald zwar dunkler werden und wenig Zürich als Holzlieferant. Die Stämme lichtbedürftige Pflanzen enthalten, konnten auf der Sihl bis in die Stadt aber vielen Organismengruppen eröff- geflösst werden. nen sich neue Entfaltungsmöglichkeiten, Seit wenigen Jahren steht der Wald als wie sie im Mittelland kaum mehr beste- Wildnispark unter Schutz und ist heute hen. Einige Feuchtgebiete am Rande des der erste national anerkannte Naturer- Parkes (Summerhalden, Schnabelwiesen, lebnispark der Schweiz, in dem grosse Langmoos, Erlenmoos) werden weiter- Teile weder bewirtschaftet noch sonst- hin wie bisher bewirtschaftet, und es ist wie vom Menschen genutzt werden. zu hoffen, dass sie so ihren biologischen Es besteht eine neue Vegetationskarte Reichtum erhalten. Die beiden letzteren (ZÜST et al. 1988) und eine Floraübersicht werden hier zur «Moränenlandschaft (LANDOLT 2006b). zwischen Zimmerberg und Menzingen» Im Park wachsen drei Arten, die in ande- gezählt, die beiden ersteren gehören ren Teilen des Gesamtgebietes kaum zur Landschaft «Bergzüge und Hügel der auftreten und auch in der Schweiz nur Molasse im nördlichen Teil». sehr zerstreut vorkommen: Poa remota (Entferntähriges Rispen- gras) tritt im Untersuchungsgebiet nur im Sihlwald auf und besiedelt vor allem wechselnasse, flachere Stellen im halb- lichten Wald. Da die Art von anderen Rispengräsern schwierig zu unterschei- den ist, wird sie möglicherweise nicht immer erkannt. Carex strigosa (Magere Segge) ist im Untersuchungsgebiet fast nur auf den Sihlwald beschränkt und wächst eben- falls an ziemlich dunkeln, nassen Stellen. Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 47

4.4.3 Höhronen

Der Höhronen ist ein voralpiner Gebirgs- einer dicken Humusschicht und saurem, zug, der West-Ost verläuft und Höhen sehr nährstoffarmem Oberboden. bis über 1200 m erreicht. In der vorlie- Nach SCHULER (1975) wurde der Höhronen genden Kartierung wurde das Gebiet bereits im Mittelalter besiedelt und ein zwischen Sihl und der südlichen Kan- grosser Teil des ursprünglichen Waldes tonsgrenze gegen die Kantone Schwyz gerodet und ausserhalb der Dorfkerne und Zug berücksichtigt. Nur wenige der vor allem als Weideland genutzt. Die kartierten Flächen reichen südlich noch Bewirtschaftung des Waldes fand im über den Grat und die Kantonsgrenze. 19. Jahrhundert grossenteils im Kahl- Der Höhronen besteht aus sogenann- schlag statt, was zu grösseren Hangrut- ter subalpiner Molasse, die vorwie- schungen führte. Auch die Weiden gend aus den abgelagerten Gesteinen zeigten sich oft wenig stabil. Etwa ab der frühen Alpenfaltung entstanden Mitte des 19. Jahrhunderts verzichtete ist. Später wurden diese alpennähe- man deswegen auf wenig ertragreiche ren Molasseschichten über die nördlich und abgelegene Weiden. Diese wurden anschliessende Mittelland-Molasse über- sich selbst überlassen oder aufgefor- schoben. Die Gesteine bestehen grös- stet. Im Mittel ist der Höhronen heute zu stenteils aus Sandsteinen und Nagelfluh; 53 % bewaldet. Von dieser Waldfläche im Unterschied zur Molasse der Üetli- bestand um 1850 noch etwa ein Drittel berg-Albiskette sind kalkreiche Mergel aus Weideland von nährstoffarmen, sau- seltener. ren Borstgrasweiden. Auf der Nordseite Die Niederschläge sind sehr hoch (1500 des Höhronen umfasste das ursprüng- bis über 1600 mm). Die jährlichen Mittel- liche Weideland z. B. die Gebiete temperaturen liegen entsprechend der Gschwänd (Kt. Schwyz), Flächen ober- Höhenlage zwischen 8 und 5 °C (Gott- halb Chuen und Mistlibüel (Kt. Zürich) schalkenberg 5.4 °C). Besonders der sowie oberhalb Greit (Kt. Zug). Auch ein Nordhang des Höhronen zeichnet sich Teil der Gratflächen (Dreiländerstein, durch sehr hohe Luftfeuchtigkeit und Höhboden, Gottschalkenberg) wurde kühle Temperaturen aus. Im Spätherbst beweidet. Heute sind die mageren Wei- und Winter ist die Sonneneinstrahlung den fast alle verschwunden. Falls nicht höher als in Zürich (weniger Nebellagen), wieder bewaldet, wurden sie gedüngt im Frühling und Sommer aber deutlich oder in Fettwiesen überführt. Im Gebiet tiefer. Der Südhang des Höhronen und sind mir einzig zwei kleine Weideflächen das Ägerital, die sich ausserhalb unseres bekannt, die noch einige Reste von sub- Gebietes befinden, sind in Bezug auf das alpin-obermontanen Weiden umfassen: Temperaturklima für die Pflanzenarten deutlich günstiger (HÖHN 1937). Die 1. Kleines Tal westlich von Chlausenchap- Böden sind grösstenteils saure Braun- peli (Kt. Zug), das längs des kleinen Sees erden, auf den Gipfelkuppen tendieren und des Moorrandes von Abschwändi sie auch zu Bleicherdeböden (Podsol) mit führt, mit den folgenden Arten: Anten- naria dioica (Zweihäusiges Katzen- 48 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen pfötchen), Alnus viridis (Alpen-Erle) auf wenig geneigten stabilen Hängen (Tafel XIII/1, Karte 44), Arnica montana und Kuppen gekennzeichnet durch Mas- (Arnika); Bartsia alpina (Alpen-Braun- senentwicklung von Vaccinium myrtil- helm) (Tafel XV/3, Karte 54), Campa- lus (Heidelbeere) und Avenella flexuosa nula scheuchzeri (Scheuchzers Glocken- (Wald-Schmiele) und durch zahlreiches blume) (Tafel XV/2, Karte 53), Crepis Blechnum spicant (Rippenfarn) (Tafel aurea (Gold-Pippau), Homogyne alpina XII/2, Karte 41) sowie häufige Luzula syl- (Alpenlattich), Nardus stricta (Borstgras), vatica (Wald-Hainsimse). Auffällig ist das Potentilla aurea (Gold-Fingerkraut), Vac- an einzelnen Orten flächenartig ausge- cinium vitis-idaea (Preisselbeere) (Tafel breitete Lycopodium annotinum (Wald- XII/3, Karte 42), Vaccinium uliginosum Bärlapp) (Tafel XII/1, Karte 40). Der (Moorbeere). Wald sieht ursprünglich aus, und man würde kaum ahnen, dass er an manchen 2. Unterstes Teilstück der Greitweid (Kt. Orten vor etwas mehr als hundert Jah- Zug) mit: Arnica montana (Arnika), Cam- ren gepflanzt wurde, was an der Gleich- panula scheuchzeri (Scheuchzers Glo- altrigkeit der Bäume zu erkennen ist. ckenblume) (Tafel XV/2, Karte 53), Car- Botanisch ist die Gegend deshalb inte- lina simplex (Silberdistel), Crepis aurea ressant, weil bereits viele hochmontan- (Gold-Pippau), Nardus stricta (Borstgras). subalpine Arten, die sonst erst ab etwa 10 weitere Borstgrasweiden-Arten sind 1200 m auftreten, den Wald charakteri- bereits seit längerer Zeit ausgestorben sieren oder früher dort noch vorkamen. (in Tab. 12 unter 1+ aufgeführt). Auf der Neben den ausgedehnten Weisstannen- Zürcher Seite habe ich von diesen Arten Rottannen-Mischwäldern, die oft sehr ausser Scheuchzers Glockenblume und farnreich sind, fallen am steilen Nord- dem Borstgras keine mehr gesehen. hang die zahlreichen Schluchtwald- und Nach F. Klötzli (mdl.) befinden sich im Hochstaudenpflanzen auf, die auf nas- nur etwa 3 km südwärts der Kartierungs- sen Böden reiche Bestände bilden, mit grenze gelegenen Ägeriried auf 900 m den Arten: Adenostyles alliariae (Grauer Höhe noch heute Antennaria dioica Alpendost) (Tafel XIII/3, Karte 46), Aco- (Zweihäusiges Katzenpfötchen), Cala- nitum platanifolium (Platanenblätt- magrostis villosa (Woll-Reitgras), Nardus riger Eisenhut) (Tafel XIII/4, Karte 47), stricta (Borstgras) und Vaccinium viitis- Aconitum neomontanum (Pyramiden- idaea und V. uliginosum (Preiselbeere Eisenhut) (selten), Athyrium distenti- und Moorbeere). folium (Alpen-Waldfarn), Chaerophyl- lum hirsutum (Berg-Kerbel), Cicerbita Der Höhronen ist eine der eigenartigsten alpina (Alpen-Milchlattich) (Tafel XIII/2, und eindrücklichsten Landschaften im Karte 45), Petasites albus (Weisse Pest- Kanton Zürich. Neben dem Oberland ist wurz), Ranunculus platanifolius (Plata- er das einzige Gebiet, das in die hoch- nenblättriger Hahnenfuss), Ranuncu- montane Stufe steigt, aber nur aus einer lus lanuginosus (Wolliger Hahnenfuss), einzigen langen, gegenüber den Mittel- Lamium montanum (Berg-Goldnessel), land-Hügelzügen quer gestellten Kette Saxifraga rotundifolia (Rundblättriger besteht. Der grosse zusammenhän- Steinbrech). Besonders eindrücklich ist gende Wald, der besonders im oberen Lunaria rediviva (Ausdauernde Mondvi- Teil aus Fichten, Tannen und wenigen ole) (Tafel XIV/2, Karte 49) in den feuch- Buchen besteht, ist in den Gipfellagen ten Bachrunsen des Steilhanges, die oft Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 49 zusammen mit Cardamine pentaphyllos benden Sprosse regelmässig abgeweidet (Finger-Zahnwurz) (Tafel XIV/1, Karte werden. Schliesslich bilden sich so unter 14) im späten Frühling mit lila leuch- dem Einfluss der Beweidung eigenar- tenden Tupfern die üppigen Feuchtwäl- tige Erlenspaliere. Aber der Strauch ist der durchzieht. Die im Gebiet auf den stets sprungbereit... . Als im Jahr 1919 Höhronen beschränkte Anthriscus nitida die Beweidung der Sparenweid infolge (Glänzender Kerbel) wächst eher ent- des Überganges an die Korporation Zug lang feuchter, nährstofreicher Ränder eingestellt wurde und die ganze Pflan- von Waldwegen und Böschungen. Chae- zengesellschaft bis zur endgültigen Auf- rophyllum hirsutum (Behaarter Kerbel) forstung sich eine Zeitlang selbst über- ist auf die höchsten Lagen beschränkt lassen blieb, war es für mich geradezu und wächst an mässig trockenen, nähr- ein ergreifendes Schauspiel, mit welch stoffreichen Wald- und Gebüschrändern. unglaublicher Schnelligkeit sich die Die Flora der Nordhänge des Höhronen Weide in einen Buschwald von Alpener- ist noch ähnlich vielfältig wie vor 100 len verwandelte». Die heute noch vor- Jahren. Der auffälligste Verlust ist das handenen an einer Hand abzählbaren Verschwinden von Alnus viridis (Alpen- kleinen Erlensträucher auf Abschwändi Erle) (Tafel XIII/1, Karte 44), die offen- und einem Felsen nordöstlich Greit zei- bar früher von der Bewirtschaftung des gen nichts mehr von dieser Lebenskraft. Menschen (Beweidung, intensive Holz- Sie werden in kurzer Zeit verschwinden. nutzung) profitierte. Heute trifft man sie Die zahlreichen feuchten Felsen im dun- nur ganz vereinzelt auf der zugerischen keln Wald sind heute wegen Lichtman- Seite. HÖHN-OCHSNER (1937) konnte noch gels nur wenig bewachsen. Typisch ist im schreiben: «Unter den Sträuchern des Bereich von feuchten Felsen und steilen Bergwaldes nimmt die Alpenerle, den Bachufern Chrysosplenium oppositifo- ersten Platz ein. Vom Kamme bis zur Sihl lium (Gegenblättriges Milzkraut) (Tafel hinunter sucht sie jeden kahlen Fleck für XIV/4, Karte 50), das sich gegenüber sich zu beanspruchen und zwar nicht nur dem an nassen Waldwegen und in wech- innerhalb des Waldareals, sondern auch selfeuchten Wiesen wachsenden Chry- auf den Bergweiden. Bei Kahlschlägen sosplenium alternifolium (Wechselblätt- und Neuaufforstungen macht sie sich riges Milzkraut) (Tafel XIV/3, Karte 15) daher unangenehm bemerkbar und ver- durch die gegenständigen Blätter und hindert im Verein mit der Staudenflora kleineren Blütenstände auszeichnet. das Emporkommen der lichtbedürftigen Wenig beschattete Felsen und entspre- Arten. So wird sie denn im Jungwuchs chende Felspflanzen sind fast keine mit anderen Hochstauden als Unkraut mehr vorhanden. So fehlen heute entfernt.» Und 1939 schreibt er über die etwa Euphrasia salisburgensis (Salzbur- Alpen-Erle: «Der gefährlichste Feind der ger Augentrost) und Kernera saxatilis Weide ist jedoch die Alpenerle (Alnus (Kugelschötchen), die früher selten vor- viridis). Hat sie einmal Wurzeln gefasst, kamen. Valeriana tripteris (Dreiblatt- versucht sie auf raffinierte Art der Wir- Baldrian) (Tafel XV/1, Karte 52) kann kung des Viehverbisses zu entgehen. Sie noch gelegentlich angetroffen werden, entwickelt nämlich eine grosse Zahl von daneben die weiter verbreiteten schat- Seitentrieben, die sich eng dem Boden tentoleranten Asplenium trichomanes, anschmiegen. Es scheint ihr nichts zu A. viride und A. ruta-muraria (Braunstie- schaden, wenn auch alle nach oben stre- liger und Grüner Streifenfarn sowie 50 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Mauerraute) (die mittlere Art nur an (Woll-Reitgras), die sonst nur in höheren feuchten, kühlen Orten) sowie Cystopte- Lagen auf Silikatgestein oder saurem ris fragilis (Gewöhnlicher Blasenfarn). Humus anzutreffen ist. An den noch etwas belichteten Felsen Eine Besonderheit des Höhronen im wie etwa südlich Cholfass auf 1000 m Untersuchungsgebiet ist der Moorkom- wachsen Campanula cochleariifolia plex Abschwändi, der neben verschie- (Kleine Glockenblume) und Aster bellidi- denen Hochmoorpflanzen auch subal- astrum (Alpenmasslieb). Zu erwähnen ist pine Arten umfasst (s. Tab. 12, unter der die auf dem gleichen Grat etwas höher Zahl 4). oben gedeihende Calamagrostis villosa

Tab. 12. Liste von bemerkenswerten Arten des Höhronen 1 magere, meist saure Weiden und offene Waldstellen 2 nährstoffreiche, feuchte und oft steinige Hochstaudenfluren und Wälder 3 kalkhaltige Felsen und Felsschutt 4 Moore und Riedwiesen (vor allem Abschwändi) und nasse Stellen 5 magere, humose Wälder * nur Abschwändi + ausgestorben Tab. 12. List of notable species of Höhronen 1 meagre and mostly acidic pastures 2 tall herb vegetation on humid, often stony soils rich in nutrients 3 calcareous rocks and scree 4 bogs and fens 5 forests on nutrient-poor, humous soils * only Abschwändi + extinct Lateinischer Name Deutscher Name Standort Abbildungen Aconitum neomontanum Pyramiden-Eisenhut 2 Aconitum platanifolium Platanenblättriger Eisenhut 2 Tafel XIII/4, Karte 47 Adenostyles alliariae Grauer Alpendost 2 Tafel XIII/3, Karte 46 Adenostyles glabra Kahler Alpendost 3 Alnus viridis Alpen-Erle 1, 4 Tafel XIII/1, Karte 44 Antennaria dioica Zweihäusiges Katzenpfötchen 1, 4* Anthriscus nitida Glänzender Kerbel 2 Arnica montana Arnika 1, 4 Athyrium distentifolium Alpen-Waldfarn 2 Bartsia alpina Alpen-Braunhelm 4* Tafel XV/3, Karte 54 Blechnum spicant Rippenfarn 5 Tafel XII/2, Karte 41 Botrychium lunaria Mondraute 1+ Calamagrostis canescens Graues Reitgras 4* Calamagrostis villosa Wolliges Reitgras 1 Campanula barbata Bärtige Glockenblume 1+ Campanula scheuchzeri Scheuchzers Glockenblume 1, 4 Tafel XV/2, Karte 53 Carex brachystachys Kurzährige Segge 3 Carex canescens Graue Segge 4* Cicerbita alpina Alpen-Milchlattich 2 Tafel XIII/2, Karte 45 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 51

Lateinischer Name Deutscher Name Standort Abbildungen Carex pauciflora Wenigblütige Segge 4* Carlina simplex Silberdistel 1 Carlina vulgaris Golddistel 4 Chaerophyllum villarsii Villars Kerbel 1 Chrysosplenium Gegenblättriges Milzkraut 4 Tafel XIV/4, Karte 50 oppositifolium Cirsium rivulare Bach-Kratzdistel 4+ Coeloglossum viride Hohlzunge 1, 4 Corallorrhiza trifida Korallenwurz 5+ Crepis aurea Gold-Pippau 1* Crepis conyzifolia Dürrwurzblättriger Pippau 1+ Crocus albiflorus Weissblütiger Krokus 1+ Cystopteris montana Berg-Blasenfarn 3+ Dactylorhiza maculata s. str. Gefleckte Orchis 4 Diphasiastrum alpinum Alpen-Bärlapp 1+ Epilobium alpestre Quirlblättriges 2+ Weidenröschen Erica carnea Erika 3 Euphrasia salisburgensis Salzburger Augentrost 3 Gentiana lutea Gelber Enzian + Gentiana utriculosa Aufgeblasener Enzian 4+ Gentiana verna Frühlings-Enzian 4* Hieracium bifidum Gabeliges Habichtskraut 3+ Hieracium prenanthoides Hasenlattichartiges 2 Habichtskraut Homogyne alpina Alpenlattich 1, 4* Huperzia selago Tannen-Bärlapp 5 Hypericum maculatum Geflecktes Johanniskraut 1 Juncus filiformis Fadenförmige Binse 4* Juncus bulbosus Zwiebel-Binse 4 Kernera saxatilis Kugelschötchen 3+ Leontodon helveticus Schweizer Löwenzahn 1+ Listera cordata Herzblättriges Zweiblatt 5+ Lunaria rediviva Ausdauernde Mondviole 2 Tafel XIV/2, Karte 49 Luzula luzulina Gelbliche Hainsimse 5 Lycopodium annotinum Wald-Bärlapp 5 Tafel XII/1, Karte 40 Melampyrum sylvaticum Wald-Wachtelweizen 1+ Nigritella rhellicani Schwarzblütiges Männertreu 1+ Potentilla aurea Gold-Fingerkraut 1* Polygala serpyllifolia Quendelblättrige 1 Kreuzblume Primula farinosa Mehl-Primel 4* Karte 51 Pseudorchis albida Weissorchis 1+ 52 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Lateinischer Name Deutscher Name Standort Abbildungen Pyrola media Mittleres Wintergrün 1 Pyrola minor Kleines Wintergrün 1 Ranunculus platanifolius Platanenblättriger 2 Hahnenfuss Rhododendron ferrugineum Rostrote Alpenrose 1+ Rhododendron hirsutum Behaarte Alpenrose 3+ Rumex alpestris Aronstabblättriger Ampfer 2 Karte 48 Sagina saginoides Alpen-Mastkraut 1+ Saxifraga rotundifolia Rundblättriger Steinbrech 2 Sedum villosum Behaarter Mauerpfeffer 4+ Streptopus amplexifolius Knotenfuss 2 Swertia perennis Moorenzian 4+ Tozzia alpina Tozzia 4 Tafel XV/4, Karte 55 Trichophorum cespitosum Rasige Haarbinse 4* Trifolium badium Braun-Klee 1+ Vaccinium oxycoccus Moosbeere 4* Vaccinium vitis-idaea Preiselbeere 4* Tafel XII/3, Karte 42 Vaccinium uliginosum Moorbeere 4* Valeriana montana Berg-Baldrian 3+ Valeriana tripteris Dreiblatt-Baldrian 3 Tafel XV/1, Karte 52 Viola biflora Zweiblütiges Veilchen 4* Willemetia stipitata Kronlattich 4 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 53

4.5 Moränenlandschaft zwischen Zimmerberg und Menzingen

Die Landschaft zwischen Richterswil – Unterschied zu den Riedwiesen inner- Schindellegi und Gattikon – Menzingen halb der nördlichen Molasseberge gibt wurde von den Gletschern der Eiszeit es in der Moränenlandschaft oft Reste mit tonreicher Grundmoräne überklei- von Hochmooren (z. B. Gubel, Grindel- stert. Der Boden ist für Wasser weitge- moos, Chrutzelenmoos, Spitzenmoos, hend undurchlässig. Dort, wo zwei Glet- Moosacher). Typische Arten der Riedwie- scherzungen aufeinander stiessen und sen und Moore der Landschaft sind in verschmolzen, entstanden rundliche bis Tab. 13 zusammengestellt. länglich ovale Moränenhügel (Drum- lins) (Karte 1, S. 16). Im Gebiet sind die steileren bewaldet, die flacheren mit Wiesen bedeckt (Tafel III/2 und 3). Oft stehen auf solchen Hügeln einzelne Lin- den (Tilia), die das Aussehen der Land- schaft prägen. In den zahlreichen Mul- den zwischen den Drumlins, in denen das Wasser nicht abfliessen oder versi- ckern konnte, entstanden kleine Seen, von denen die meisten verlandeten. Die Böden vermoorten dort. Der entstan- dene Torf wurde teilweise abgebaut. Mit der Erwärmung der Temperaturen konnten in den Mooren an etwas erhöh- ten Stellen auch Bäume (Weiden, Erlen, Föhren) auftreten und einen lockeren Moorwald bilden. Heute wird in der ganzen Landschaft an flacheren Hängen und auf drainierten Böden intensive Viehwirtschaft betrie- ben. An steileren Hängen stehen meist kleine Waldpartien. In den Mulden, an flacheren, undrainierten Stellen siedeln Moore und Riedwiesen. Selten sind Seen oder künstliche Weiher (z. B. Hüttensee, Gattiker-Weiher, Waldweier, Bergsee, Teufenbachweiher, Itlimoos-Weiher) vor- handen. Fettwiesen, Weiden und kleine Wälder sind meist von relativ wenigen allgemein verbreiteten Pflanzenarten bedeckt. Der Artenreichtum der Gegend liegt in den Mooren und Riedwiesen. Im 54 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Tab. 13. Typische Arten für Moore und Riedwiesen der Moränenlandschaft zwischen Zimmerberg und Menzingen ° auch in anderen Landschaften des Untersuchungsgebietes * in den Feuchtwiesen der nördlichen Molasseberge nicht vorhanden oder nur selten 1 auch im Katzenseegebiet 2 auch im Türlerseegebiet 3 auch in der Abschwändi Tab. 13. Typical species of the wetlands of the moraine landscape between Zimmerberg and Menzingen ° also in other landscapes of the study area * missing or nearly so in the wetlands of the northern molassic mountains 1 also in the area of Katzensee 2 also in the area of Türlersee 3 also in Abschwändi Lateinischer Name Deutscher Name Fundort Abbildungen Agrostis canina Hunds-Windhalm *1,2 Alisma plantago-aquatica Wegerichblättriger Frosch- löffel Andromeda polifolia Rosmarinsheide *1,2 Aster bellidiastrum Alpenmasslieb ° Blysmus compressus Quellbinse *1 Calluna vulgaris Heidekraut *1,2 Caltha palustris Sumpf-Dotterblume ° Cardamine udicola Ried-Schaumkraut ° Carex appropinquata Sonderbare Segge * Carex canescens Graue Segge * Carex davalliana Davalls Segge ° Carex demissa Niedergebogene Segge ° Carex diandra Zweistaubblättrige Segge * Carex disticha Zweizeilige Segge * Carex echinata Stern-Segge *1,2 Carex elata Steife Segge ° Carex elongata Langährige Segge ° Carex flava Gelbe Segge ° Carex hostiana Hosts Segge ° Carex lasiocarpa Behaartfrüchtige Segge *1,2 Carex lepidocarpa Kleinfrüchtige Segge ° Carex limosa Schlamm-Segge * Carex panicea Hirsen-Segge ° Carex pulicaris Floh-Segge * Carex paniculata Rispen-Segge ° Carex rostrata Geschnäbelte Segge * Tafel X/4, Karte 34 Carex vesicaria Blasen-Segge * Centaurea pannonica Schmalblättrige Flocken- ° blume Centaurea thuilleri Thuillers Flockenblume ° Tafel VIII/2, Karte 25 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 55

Lateinischer Name Deutscher Name Fundort Abbildungen Cirsium palustre Sumpf-Kratzdistel ° Coeloglossum viride Hohlzunge *3 Dactylorhiza fuchsii Fuchs’ Orchis ° Dactylorhiza incarnata Fleischfarbige Orchis ° Dactylorhiza lapponica Lappländer Orchis ° Dactylorhiza majalis Breitblättrige Orchis ° Dactylorhiza ochroleuca Hellgelbe Orchis * Dactylorhiza pulchella Schöne Orchis * Dactylorhiza traunsteineri Traunsteiners Orchis ° Danthonia decumbens Liegender Dreizahn ° Drosera anglica Langblättriger Sonnentau *1 Drosera rotundifolia Rundblättriger Sonnentau * Eleocharis austriaca Österreichische Sumpfbinse ° Eleocharis quinqueflora Armblütige Sumpfbinse 1 Eleocharis uniglumis Einspelz-Sumpfbinse ° Epilobium palustre Sumpf-Weidenröschen ° Equisetum fluviatile Schlamm-Schachtelhalm ° Equisetum palustre Sumpf-Schachtelhalm ° Eriophorum angustifolium Schmalblättrige Wollbinse ° Eriophorum gracile Schlanke Wollbinse *1,2 Eriophorum latifolium Breitblättrige Wollbinse ° Eriophorum vaginatum Scheidige Wollbinse *2,3 Galium palustre Sumpf-Labkraut ° Galium uliginosum Moor-Labkraut ° Glyceria fluitans Flutendes Süssgras ° Glyceria notata Gefaltetes Süssgras ° Glyceria striata Gestreiftes Süssgras *3 Gentiana asclepiadea Schwalbwurz-Enzian ° Gentiana pneumonanthe Lungen-Enzian ° Karte 35 Gentiana verna Frühlings-Enzian ° Geranium palustre Sumpf-Storchschnabel ° Gymnadenia densiflora Dichtblütige Handwurz ° Karte 33 Gymnadenia conopsea Mücken-Handwurz ° Gymnadenia odoratissima Wohlriechende Handwurz ° Herminium monorchis Einknollige Herminie ° Hieracium umbellatum Dolden-Habichtskraut ° Hypericum dubium Stumpfes Johanniskraut ° Hypericum tetrapterum Scharfkantiges Johannis- ° kraut Iris pseudacorus Gelbe Schwertlilie ° Iris sibirica Sibirische Schwertlilie ° Juncus acutiflorus Spitzblütige Simse ° Juncus alpino-articulatus Alpen-Simse ° 56 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Lateinischer Name Deutscher Name Fundort Abbildungen Juncus articulatus Gegliederte Simse ° Juncus filiformis Fadenförmige Simse 3 Juncus conglomeratus Knäuelige Simse ° Juncus subnodulosus Knötchen-Simse ° Leersia oryzoides Wilder Reis * Lemna minor Kleine Wasserlinse ° Lemna trisulca Dreifurchige Wasserlinse ° Leontodon danubialis Donau-Löwenzahn ° Liparis loeselii Glanzkraut * Listera ovata Eiblättriges Zweiblatt ° Lotus pedunculatus Sumpf-Schotenklee ° Lycopodiella inundata Überschwemmter Bärlapp * Lycopus europaeus Europäischer Wolfsfuss ° Mentha aquatica Wasser-Minze ° Menyanthes trifoliata Fieberklee ° Molinia arundinacea Strand-Pfeifengras ° Molinia caerulea Blaues Pfeifengras ° Orchis mascula Männliche Orchis ° Orchis militaris Helm-Orchis ° Orchis morio Kleine Orchis ° Orchis aestivalis Sommer-Brandorchis * Pedicularis palustris Sumpf-Läusekraut 2,3 Peucedanum palustre Sumpf-Haarstrang 1,2 Pinguicula vulgaris Gewöhnliches Fettblatt ° Platanthera bifolia Zweiblättriges Breitkölbchen ° Platanthera chlorantha Grünliches Breitkölbchen ° Poa palustris Sumpf-Rispengras ° Polygala amarella Sumpf-Kreuzblume ° Polygala vulgaris Gewöhnliche Kreuzblume ° Potentilla palustris Sumpf-Blutauge ° Ranunculus flammula Brennender Hahnenfuss ° Rhinanthus minor Kleiner Klappertopf ° Rhynchospora alba Weisse Schnabelbinse *1,3 Salix aurita Ohr-Weide ° Salix repens Kriechende Weide *3 Schoenoplectus lacustris Seebinse ° Scutellaria galericulata Sumpf-Helmkraut ° Silene flos-cuculi Kuckucksnelke ° Sparganium microcarpum Kleinfrüchtiger Igelkolben ° Sparganium natans Kleiner Igelkolben ° Sparganium neglectum Übersehener Igelkolben ° Spiranthes aestivalis Sommer-Wendelorchis ° Spirodela polyrhiza Teichlinse ° Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 57

Lateinischer Name Deutscher Name Fundort Abbildungen Succisa pratensis Teufelsabbiss ° Taraxacum palustre Sumpf-Pfaffenröhrchen ° Thalictrum aquilegiifolium Akeleiblättrige Wiesenraute ° Tafel VIII/3, Karte 12 Tofieldia calyculata Kelch-Liliensimse ° Thelypteris palustris Sumpf-Lappenfarn ° Trichophorum alpinum Alpen-Haarbinse * Trichophorum cespitosum Rasige Haarbinse *3 Trollius europaeus Trollblume ° Karte 39 Typha shuttleworthii Shuttleworths Rohrkolben * Utricularia australis Übersehener Wasserschlauch ° Utricularia minor Kleiner Wasserschlauch ° Vaccinium oxycoccus Moosbeere *1,2,3 Vaccinium uliginosum Moorbeere *3 Valeriana dioica Zweihäusiger Baldrian ° Valeriana officinalis Echter Baldrian ° Veratrum lobelianum Gewöhnlicher Germer ° Tafel XI/4, Karte 38 Viola canina Hunds-Veilchen * Viola palustris Sumpf-Veilchen *1,2 Viola schultzii Schultz’ Veilchen *

Einige wenige Arten, die früher im Moränengebiet vorkamen, fehlen heute: Arnica montana Arnika (im Gebiet noch im Moor Abschwändi und bei Greit) Carex acuta Zierliche Segge Carex chordorrhiza Rankende Segge Carex dioica Zweihäusige Segge Cyperus flavescens Gelbe Zyperbinse (sonst selten) Cyperus fuscus Braune Zyperbinse Drosera intermedia Mittlerer Sonnentau (nicht mehr im Gebiet) Isolepis setacea Moorbinse Lysimachia thyrsiflora Strauss-Gilbweiderich (gelegentlich offenbar von lokalen Naturschutzgruppen neu gepflanzt, z. B. Wilersee, Muserholz) Scheuchzeria palustris Blumenbinse (nur ausserhalb des Gebietes im Moor von Rothenthurm) Swertia perennis Moorenzian (nur ausserhalb des Gebietes im Moor von Rothenthurm) Triglochin palustre Dreizack Veronica scutellata Schild-Ehrenpreis (im Gebiet noch im Moor Abschwändi)

Andere Arten sind sehr selten und kommen nur noch an 1 – 3 Orten vor: sie stehen in Tab. 14. 58 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Tab. 14. Seltene Moor- und Riedwiesenarten der Moränenlandschaft zwischen Zim- merberg und Menzingen (nur 1 – 3 Vorkommen). Angaben zwischen Klammern stammen von Orten ausserhalb der Moränenlandschaft. Tab. 14. Rare fen and bog species of the moraine landscape between Zimmerberg and Menzingen (only one to three occurrences). Locations in parantheses indicate places species are found outside the moraine landscape Blysmus compressus Quellbinse Wilersee Carex disticha Zweizeilige Segge Spitzenmoos; (Au; Katzensee) Carex limosa Schlamm-Segge Spitzenmoos; (Katzensee) Coeloglossum viride Hohlzunge ; (Chäshalden) Dactylorhiza ochroleuca Hellgelbe Orchis Sagen Dactylorhiza pulchella Schöne Orchis Hüttensee; Sagen; Buechmatt; Hinterberg; (Gattikermoos) Eriophorum gracile Schlanke Wollbinse Chrutzelen; (Türlersee) Eriophorum vaginatum Scheidige Wollbinse Chrutzelen; Spitzenmoos; Buechmatt; (Abschwändi) Glyceria striata Gestreiftes Süssgras Hüttensee; Chrutzelen; (Gottschalkenberg) Herminium monorchis Herminie Gschwänd; Schönenberg; Gubel; (Langnauerberg, Wehrenbachtobel) Juncus filiformis Fadenförmige Binse Rechberg; (Abschwändi) Leersia oryzoides Wildreis Sagen; Gattiker-Weiher Liparis loeselii Glanzkraut Chrutzelen; Gattiker-Weiher Lycopodiella inundata Überschwemmter Bärlapp Spitzenmoos Orchis aestivalis Sommer-Brandorchis Gattikermoos Spiranthes aestivalis Sommer-Wendelorchis Chrutzelen; Spitzenmoos; Erlenmoos; (Wehrenbachtobel) Trichophorum cespitosum Rasige Haarbinse Samstagern; Hinterberg; (Abschwändi) Viola canina Hunds-Veilchen Tüfenmoos; Hinterberg; Geristegmoos Viola schultzii Schultz’ Veilchen Hinterberg

Betrachten wir die grosse Anzahl der chen auch bei guter Pflege teilweise vorkommenden Moor- und Riedwiesen- über 10 % der Arten verloren (s. Kapitel pflanzen im Gebiet, so machen die in 5.1). den letzten 160 Jahren verschwundenen Die gute Erhaltung der Artenvielfalt 13 Arten einen vergleichsweise kleinen im Moränengebiet verdanken wir der Teil aus. Berücksichtigen wir zudem, dass durchgehenden Pflege der Riedwiesen einige Arten auf der angeführten Liste in diesem Gebiet. Die Bauern nutzten (Tab. 13) früher nicht aufgefunden wur- noch bis in die siebziger Jahre die Wie- den, so können wir feststellen, dass die sen zur Streugewinnung, d. h. die Flä- Blütenpflanzenarten der Nassstandorte chen wurden jährlich im Herbst gemäht in der Moränenlandschaft insgesamt und die Streu als Ersatz für Stroh weg- kaum abgenommen haben. Allerdings geführt. Getreideanbau findet in der haben einzelne der Ried- und Moorflä- Regel aus klimatischen Gründen nicht Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 59 statt, da die Niederschläge zu hoch und die Sonneneinstrahlung zu gering ist, aber auch weil der Boden meist schlecht durchlüftet ist. Streuwiesen wurden kaum gedüngt, und durch den jähr- lichen Schnitt sind Nährstoffe aus dem System weggeführt worden, so dass dieses trotz Stickstoffeintrag aus der Luft relativ mager blieb. Heute sind die Streuwiesen und Moore geschützt und werden erfolgreich gepflegt. Nur der Rand der Flächen ist eutrophiert und kleine Flächen sind deshalb besonders gefährdet. Anders ist es in Gebieten mit weniger Niederschlag, wo auch Getreide angebaut wird. Nach dem zweiten Welt- krieg wurde hier die Streu kaum mehr genutzt und die Riedwiesen und Moore oft nicht mehr geschnitten, selbst wenn sie unter Naturschutz standen. Vor 1970 war für viele für den Naturschutz Tätige noch nicht klar, dass ein Aufhören der üblichen Bewirtschaftung die Nasswie- sen verbuschen und verwalden lässt und die vielen typischen Arten mangels Licht zum Verschwinden bringt. Erst Ende der siebziger Jahre, als das rasche Verschwin- den der Moorpflanzen, deretwegen man ja Schutzgebiete schaffte, bemerkt wurde, begann man im ganzen Kanton die Schutzgebiete wieder zu entbuschen und regelmässig zu pflegen. Wenige Jahrzehnte der fehlenden Streuenut- zung bewirkten, dass zahlreiche licht- bedürftige Arten bereits überwachsen waren und verschwanden. Besonders niedrige Pflanzen, die ihre Hauptblätter am Grunde in einer bodennahen Rosette besitzen, wurden verdrängt, etwa Gen- tiana verna (Frühlings-Enzian), Primula farinosa (Mehl-Primel) oder Drosera- Arten (Sonnentau). 60 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

4.6 Talgrund des Sihltales zwischen Zürich und Schindellegi

Die Sihl durchstösst unterhalb Schindel- Energiegewinnung in den Zürichsee legi, das zur Schwyzer Gemeinde Feu- abgeleitet. Zwischen dem und sisberg gehört, einen Felshang, Scheren Schindellegi führt sie nur noch wenig genannt, der aus schräg gestellten mer- Wasser. Unterhalb Schindellegi ent- geligen Schichten besteht. Nach dieser hält sie vor allem Wasser der aus dem schlecht zugänglichen Schlucht windet Mythengebiet stammenden Alp, die sich der Fluss durch ein enges felsiges Tal ihrerseits die Biber aus dem Moorge- an der Hüttner Brugg (Tafel VI/1 und 2) biet von Rothenthurm aufgenommen und an der Finsterseebrugg vorbei nach hat. Weiter unten wird das Wasser gele- Westen und anschliessend nach Nordwe- gentlich zur Energiegewinnung und zum sten. Das Tal ist unten meist schmal und Betrieb von kleineren Fabriken abge- enthält nur wenige Wiesen und Gehöfte. leitet, was unterhalb der Wasserent- Auf der etwa 13 km langen Strecke zwi- nahme zu einzelnen Strecken mit spär- schen Schindellegi und Sihlbrugg Dorf lichem Wasser führt. Da gegenwärtig sind einzig 8 Brücken und Stege vorhan- in der Sihl nur wenig Wasser aus den den. Zeitweise führt auf einer oder auf höheren Alpen kommt, spielt die Früh- beiden Seiten ein romantischer Spazier- jahrsschneeschmelze für die Wasserfüh- weg entlang der Sihl und besonders die rung und den Grundwasserstand nur Gegend um den Sihlsprung ist mit ihren eine geringe Rolle. Das regionale Wetter steilen Felswänden, den vielen Fels- und lokale Gewitter bestimmen weitge- brocken an und in der Sihl und mit den hend die Höhe des Wasserstandes. Die Stromschnellen sehr eindrücklich (Tafel Ufer der Sihl sind abwärts bis Langnau VI/3). zu einem grossen Teil naturnah und wer- Im Tal selbst gibt es nur eine Station den kaum oder nur extensiv gepflegt. des öffentlichen Verkehrs zwischen den Für die Erholung sind sie aber wichtig genannten Stationen und zwar bei der und an vielen Orten von den Uferwe- Finsterseebrugg. Diese Buslinie, die von gen her zugänglich. Die Ufervegetation Menzingen nach Schindellegi fährt, ver- ist abhängig vom mittleren Wasser- kehrt im Tag nur wenige Male. Ein stünd- stand (ein langzeitiges Austrocknen lich fahrender Bus verkehrt von Horgen kommt kaum vor) und von den mecha- über den Horgener Berg und Schönen- nischen Wirkungen der periodischen berg nach Wädenswil. Ebenso verbin- Überschwemmungen, die auch eine det ein Bus Wädenswil mit Hütten. Zu Bodenentwicklung über dem Schotter den Stationen dieser Buslinien muss man verhindern oder wenigstens zeitweise vom Sihltal her einen Höhenunterschied verzögern. Da das Wasser relativ nähr- von 50 bis 100 m überwinden. Die Sihl ist stoffreich ist, sind Hochstaudenfluren also in diesem geographischen Bereich verbreitet, vor allem mit Petasites hybri- abgelegen und vom Menschen nur dus (Gewöhnliche Pestwurz) (Tafel XVI/I, wenig berührt. Karte 56), eine Art, die an den grossen Die Sihl entspringt in den Schwyzer im Umriss rundlichen Blättern erkennbar Alpen, wird aber nach dem Sihlsee zur ist, mit Ranunculus aconitifolius (Eisen- Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 61 hutblättriger Hahnenfuss), Chaerophyl- Ranunculus alpestris (Alpen-Hahnenfuss) lum hirsutum (Berg-Kerbel) und Senecio wurde 1822 in der Allmend bei Zürich alpinus (Alpen-Kreuzkraut) (Tafel VI/2, gesammelt (nach HÖHN 1961). Karte 57). Die letztere Art und Carduus personata (Kletten-Distel) haben in den letzten Jahren eindeutig zugenommen. HÖHN (1917) bezeichnet sie noch als sehr selten. Offenbar übt der ziemlich hohe Nährstoffgehalt der Sihl eine för- dernde Wirkung aus. Weitere nicht sel- tene Arten, die am Ufer entlang abwärts zum Teil bis Langnau zu finden sind und im oberen Teil der Sihl oft auch ausser- halb der Sihl vorkommen und als einge- bürgert gelten müssen, sind: Ranuncu- lus montanus (Berg-Hahnenfuss) (Tafel XVI/3, Karte 58), Ranunculus lanugino- sus (Wolliger Hahnenfuss), Thalictrum aquilegiifolium (Akeleiblättrige Wiesen- raute) (Tafel VIII/3, Karte 12), Aconitum neomontanum (Pyramiden-Eisenhut), Saxifraga rotundifolia (Rundblättriger Steinbrech), Polygonatum verticillatum (Quirlblättriger Salomonssiegel), Stella- ria nemorum (Hain-Sternmiere). Bestän- dig, aber nur an wenigen Stellen sind vorhanden: Adenostyles glabra (Kahler Alpendost) zwischen Scheren und Sihl- brugg, Erica carnea (Erika) beim Sihl- sprung, Valeriana tripteris (Dreiblatt- Baldrian) Schindellegi bis Sihlsprung (Tafel XV/1, Karte 52), Tozzia alpina (Tozzie, Tafel XV/4, Karte 55) im Sihl- wald. Anschwemmlinge aus den Alpen sind selten und siedeln sich meist nur kurzfristig im oberen Teil des Sihltals an. Gefunden wurden die in Tab. 15 mit °° bezeichneten Arten, ausserdem die heute nicht mehr auffindbaren Alche- milla nitida (Silbermantel), Carex sem- pervirens (Immergrüne Segge), Cirsium rivulare (Bach-Kratzdistel), Linaria alpina (Alpen-Leinkraut) (Tafel VII/2), Poa ceni- sia (Mont Cenis-Rispengras), Teucrium montanum (Berg-Gamander), Thesium pyrenaicum (Pyrenäen-Bergflachs). 62 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Tab. 15. Typische Arten für das Sihlufer und angrenzende Vegetationen * auch auf Höhronen ** auch auf Höhronen und Zimmerberg ° häufig längs der Sihl, aber auch seltener in der Umgebung, nicht aus höheren Lagen herabgeschwemmt °° im Gebiet nur als Pionierpflanzen im Kiesbett der Sihl. Hauptverbreitung in höheren Lagen im Einzugsgebiet der Sihl und deren Zuflüssen Tab. 15. Typical species of the banks of the Sihl and adjacent vegetations * also on Höhronen ** also on Höhronen and Zimmerberg ° often along the shores of the Sihl and more rarely in the surroundings; not washed down from higher altitudes °° washed down from higher altitudes; pioneer plants in the gravel of the Sihl with main distribution in higher mountains Aconitum neomontanum Pyramiden-Eisenhut ** Arabis alpina Alpen-Gänsekresse °° Asarum europaeum Haselwurz Barbarea vulgaris Gewöhnliche Winterkresse ° Bupleurum longifolium Langblättriges Hasenohr Karte 59 Cardamine amara Bitteres Schaumkraut ° Carduus personata Kletten-Distel °° Chrysosplenium oppositifo- Gegenblättriges Milzkraut * Tafel XIV/4, Karte 50 lium Equisetum variegatum Bunter Schachtelhalm °° Erica carnea Erika °° Gypsophila repens Kriechendes Gipskraut °° Tafel XVI/4, Karte 60 Heracleum mantegazzianum Riesen-Bärenklau ° Petasites hybridus Gewöhnliche Pestwurz Tafel XVI/1, Karte 56 Poa alpina Alpen-Rispengras °° Polygonatum verticillatum Quirlblättriges Salomons- * siegel Ranunculus aconitifolius Eisenhutblättriger Hahnen- ** fuss Ranunculus montanus Berg-Hahnenfuss °° Tafel XVI/3, Karte 58 Ranunculus lanuginosus Wolliger Hahnenfuss * Sanguisorba officinalis Echter Wiesenknopf ° Saxifraga rotundifolia Rundblättriger Steinbrech * Senecio alpinus Alpen-Kreuzkraut * Tafel XVI/2, Karte 57 Stellaria nemorum Hain-Sternmiere * Thalictrum aquilegiifolium Akeleiblättrige Wiesenraute ** Tafel VIII/3, Karte 12 Tozzia alpina Tozzie * Tafel XV/4, Karte 12 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 63

5 DYNAMIK DER FLORA

5.1 Veränderungen der Flora in den letzten 160 Jahren

Insgesamt wurden 2113 Arten in die vorhanden: Nuphar pumila (Kleine «Flora» des Gebietes Zürich – Höhronen Teichrose; früher am Hüttensee; im Mit- aufgenommen. Davon sind 615 nicht telland stark gefährdet), Drosera inter- völlig eingebürgert und können mittel- media (Mittlerer Sonnentau; früher bei fristig ohne Zutun des Menschen kaum Samstagern; im Mittelland stark gefähr- überleben. Es handelt sich um häu- det), Potentilla supina (Niederliegendes fige Kulturpflanzen, die nur selten und Fingerkraut) und Polypodium interjec- lokal verwildern, oder um zufällig ein- tum (Gesägter Tüpfelfarn). Die beiden geschleppte Arten, die nach kurzer Zeit letzten Arten waren möglicherweise nur wieder verschwinden. Von den übrigen vorübergehend eingeschleppt. 1498 Arten sind insgesamt 177 oder 13 % Dem Verlust von 177 Arten im ganzen in den letzten 160 Jahren verschwun- Gebiet steht eine Zunahme von 284 den. 116 Arten wachsen nur ausserhalb Arten gegenüber, die sich in den letzten der Stadt Zürich oder kamen früher wäh- 160 Jahren neu eingefunden und zumin- rend über 30 Jahren dort vor. Davon sind dest lokal eingebürgert haben. heute 26 (22 %) ausgestorben. Diese Man könnte also folgern, dass die Flora hohe Zahl ist überraschend und muss in unserem Gebiet in den letzten Jahren darauf zurückgeführt werden, dass 22 vielfältiger geworden ist. Betrachten wir dieser Arten Gebirgspflanzen sind, die aber, wie viele Arten zu-, beziehungs- sich seit jeher am unteren Rande ihrer weise abgenommen haben, oder ver- Verbreitung befanden, also nur kleine gleichen wir die Entwicklung an einigen Populationen umfassten. Viele dieser konkreten Fundorten, so ergibt sich ein Arten verdankten ihr Vorkommen der etwas anderes Bild (Tab. 16). Zudem muss extensiven Bewirtschaftung. Wiesen berücksichtigt werden, dass die neu hin- und Weiden waren früher mager und zugekommenen Arten fast alle zu weit entsprachen in ihren Wuchs- und Kon- verbreiteten Sippen gehören, während kurrenzbedingungen den Gebirgswie- die ausgestorbenen vorwiegend ökolo- sen. Heute sind diese Wiesen wieder zu gisch spezialisiert und deshalb in ihrem Wald geworden oder so stark gedüngt, Verbreitungsgebiet selten sind. dass die Gebirgspflanzen weichen muss- Die Abnahme wurde anhand der ten. Zusätzlich ist die klimatische Erwär- nicht mehr aufgefundenen Fundorte mung für ihr Gedeihen ungünstig. geschätzt, ergänzt durch persönliche Sehen wir von den verschwundenen Beobachtungen und Literaturanga- Gebirgspflanzen ab, so sind von den ben. Sind mehr als 1/3 der auf einer Arten im südlichen Gebietsteil, die nicht Verbreitungskarte vorhandenen Zei- in der Stadt Zürich vorkommen, gegen- chen Kreuze (= «ausgestorben»), deu- über früher nur 4 Arten nicht mehr tet das auf starke Abnahme, sind mehr 64 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Tab. 16. Veränderungen in der Häufigkeit der einzelnen Arten innerhalb des Untersu- chungsgebietes in den letzten 160 Jahren Tab. 16. Change of the species frequencies within the study area in the last 160 years Veränderungen % der veränderten Arten >> starke Abnahme 20 >mässige Abnahme 22 = wenig Veränderung 28 < mässige Zunahme 20 << starke Zunahme 10 als 5 % Kreuze, zeigt sich eine mässige den. Im Norden sind je nach Bewirtschaf- Abnahme an. Zunahmen wurden aus ter und Intensität der Bewirtschaftung dem Vergleich mit Literaturangaben noch wenige Reste vorhanden. Im geschätzt. Seltener sind etwas weni- Süden, wo die meist wärmebedürftigen ger als die Hälfte der vorhandenen ein- Unkräuter und die Getreidefelder von heimischen oder eingebürgerten Arten jeher seltener waren, besiedeln Acker- geworden, während kaum 1/3 zugenom- Wildkräuter höchstens noch wenige men hat (inbegriffen die neu eingetrof- Ersatzstandorte. Aber auch im Norden, fenen Neophyten). wo das Klima günstiger ist, überleben Bereits 1928 hat NAEGELI den Rückgang die Arten fast nur an Ersatzstandorten: von vielen Arten in den verschiedenen Brachland, Bahnareale, Wegränder, nicht Regionen des Kantons Zürich festgestellt versiegelte Plätze etc., also vor allem und diese detailliert aufgezählt, wobei ökologische Nischen in Städten. Einzelne er erwähnt, dass die grössten Verluste dieser Arten werden heute aus Natur- der Zürcher Flora am Zürichsee stattge- schutzgründen an geeigneten Stellen funden haben. Ebenso waren bereits ausgesät oder in besonders gepflegten damals zahlreiche Getreideunkräuter Brachen gehalten. im Kanton nicht mehr vorhanden. Dane- Ein attraktives Beispiel ist Melampyrum ben fehlten einige «präalpine» Arten im arvense (Acker-Wachtelweizen), eine Oberland und auf dem Höhronen und Art, die früher auch um Zürich in Äckern wenige Hochmoorpflanzen. Vom Verlust häufig war, heute aber in der Schweiz von Arten von Riedwiesen und lichten nur noch an ganz wenigen Orten im mageren Wäldern, die heute besonders nördlichen Mittelland und in den Zen- bedroht sind, liest man aber nur wenig. tralalpen unter kontinentalem Klima Heute stellen wir fest, dass in den letz- vorkommt (Karte 19). Auf der ande- ten 160 Jahren in den folgenden Vegeta- ren Seite haben etwa Aphanes arven- tionstypen Arten stark zurückgegangen sis (Acker-Frauenmantel) oder Sherar- sind: dia arvensis (Ackerröte) in der Stadt als Ersatzstandort mässig trockene Rasen 1 Unkrautfluren in Äckern und besiedeln können (Karte 18). Getreidefeldern Die Arten dieser Vegetationen sind zu 2 Ufervegetationen der grösseren über 90 % verschwunden, weil durch Seen und Flüsse Saatgutreinigung und Herbizidanwen- Während dank der Gewässerreinigungen dung fast alle Unkräuter zerstört wur- die Bedingungen für Wasserpflanzen Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 65 gegenüber früher meist nur wenig ver- mit ihnen viele früher sehr häufige schlechtert wurden, sind die Ufer der Arten, die heute besonders im Süden Flüsse und grossen Seen vorwiegend nur noch vereinzelt vorkommen wie Sal- zugemauert oder überschüttet, die Was- via pratensis (Wiesen-Salbei), Primula serstandsverhältnisse zum Teil verän- veris (Frühlings-Schlüsselblume), Scabi- dert und Standorte für die ehemaligen osa columbaria (Tauben-Skabiose) (Karte Uferpflanzen nicht mehr besiedelbar. Da 10), Anthyllis carpatica (Gewöhnlicher auch die anschliessenden Streuwiesen Wundklee), Hippocrepis comosa (Huf- meist drainiert und verbaut sind, fehlen eisenklee) oder Ranunculus bulbosus die ehemaligen Flachuferpflanzen (Knolliger Hahnenfuss). Die Notwendig- fast völlig. Verschwundene Uferpflan- keit einer Unterschutzstellung von den zen sind im Kapitel 4.3 angeführt. ohnehin nicht häufigen mageren Wie- Einige kleinere Mittellandseen wurden sen und Weiden wurde zu spät realisiert. durch die landwirtschaftliche Düngung Fast ganz verschwunden (nur je 2 Fund- der umliegenden Wiesen so nährstoff- orte und wenige Individuen) sind Orchis reich, dass Algen (vor allem auch Plank- ustulata (Echte Brand-Orchis) (Streu- ton-Algen dicht wuchsen und das Was- weid; Wehrenbachtobel) und Polygala ser zur Vegetationszeit trüben. Einige comosa (Schopfige Kreuzblume) (obere höhere Wasserpflanzen verschwanden in Streuweid und ob der Kirche Stallikon). der Folge aus Lichtmangel aus dem See. Ausgestorben sind etwa Helictotrichon Das Verschwinden der in der Schweiz pratense (Echter Wiesenhafer), Bothrio- nur noch an ganz wenigen Stellen wach- chloa ischaemum (Bartgras), Carex erice- senden Nuphar pumila (Kleine Teichrose) torum (Heide-Segge), Koeleria macran- im Hüttensee muss wohl auf diese Weise tha (Zarte Kammschmiele), Globularia erklärt werden. 1942 hat HÖHN geschrie- bisnagarica (Langstenglige Kugelblume). ben, dass die Art seit 1912 zugenommen Ersatzstandorte gibt es nur wenige, habe. In den letzten Jahrzehnten ist sie etwa steile Wiesenböschungen in Gär- aber mehrfach erfolglos gesucht wor- ten oder Friedhöfen, wegbegleitende den. In ähnlicher Weise sind im Hütten- Kiesflächen, Dachflächen. Oft wird aber see verschwunden: Potamogeton per- leider an solchen Orten Saatgut angesät, foliatus (Durchwachsenes Laichkraut), das nicht aus der Gegend stammt und Myriophyllum verticillatum (Quirlblätt- deshalb unerwünschtes fremdes Gengut riges Tausendblatt), Nymphaea alba mitbringt. (Weisse Seerose; nur noch eine kleine Das Wegfallen von mageren Weiden vor wahrscheinlich gepflanzte Kolonie am allem auf den Kuppen der Üetliberg-, unteren Ende) und Ranunculus circinatus Albis- und Höhronenkette hat viele (Steifblättriger Hahnenfuss). Pflanzen zum Verschwinden gebracht, siehe Tab. 12, Kapitel 4.4.3. Magere, 3 Magere Wiesen und Weiden, die saure Bergweiden, wie sie früher vor nicht oder nur wenig gedüngt allem am Höhronen verbreitet waren, werden sind durch Aufforstung und Düngung Im Unterschied zu Feuchtwiesen, die aus- fast ganz verschwunden. Im Untersu- serhalb der überbauten Stadt an vielen chungsgebiet sind nur noch ganz kleine Orten noch frühzeitig unter Schutz gestellt Reste auf der Greitweid und am Rande wurden, sind magere Wiesen und Wei- des Hochmoors Abschwändi übrig den fast überall verschwunden und geblieben. HÖHN-OCHSNER (1939) erwähnt 66 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen beispielsweise in einer Borstgrasweide Dadurch verringerten sich die Nähr- (mit Nardus stricta) vom Rossberg (Nord- stoffe, und der Baumbestand lichtete hang des Höhronen) auf 1030 m Höhe sich auf, so dass genügend Licht auf folgende heute im Gebiet sehr seltene den Boden kam und eine lockere Gras- oder ausgestorbene (+) Arten: Alnus und Krautschicht wachsen konnte. Die viridis (Alpen-Erle) (Tafel XIII/1, Karte Bäume und Sträucher entwickelten sich 44), Pseudorchis albida+ (Weissorchis), nur langsam, und an steileren Hängen Ranunculus montanus (Berg-Hahnen- entstanden immer wieder Rutschungen. fuss; heute noch am Sihlufer vorhan- Mit dem Wegfallen der intensiven Nut- den) (Karte 58), Potentilla aurea (Gold- zung erholte sich der Baumbestand an Fingerkraut, heute nur noch in wenigen vielen Orten, wuchs rascher, auch wegen Exemplaren zwischen Chlausenchappeli des hohen jährlichen Stickstoffeintrages, und Abschwändi), Polygala serpyllifo- der heute bis zu 40 kg N pro ha und lia (Quendelblättrige Kreuzblume, nur Jahr beträgt. Der starke Neuwuchs sta- noch Greitweid und Chlausenchappeli), bilisierte die Böden und liess die Wäl- Arnica montana (Arnika, nur noch Greit- der dichter und dunkler werden. Statt weid und Abschwändi), Crepis aurea der ursprünglichen Föhren und Spezi- (Gold-Pippau, nur noch Greitweid und alistenarten für magere Bedingungen Chlausenchappeli), Cirsium acaule+ entwickelten sich Buchen und andere (Stengellose Kratzdistel), Carlina sim- wüchsige Laubbäume und als Bodenve- plex (Silberdistel, wenige Fundorte getation schattenertragende, weit ver- mit einzelnen Exemplaren am Höhro- breitete Arten. nen), Phyteuma orbiculare (Rundköp- Ein erstes Anzeichen der Vegetationsver- fige Rapunzel, auf dem Höhronen nicht schiebung ist das Hochwachsen von fast mehr vorhanden), Gnaphalium sylvati- geschlossenen Rasen aus Molinia arun- cum (Wald-Ruhrkraut, auf dem Höhro- dinacea (Strand-Pfeifengras), Brachy- nen nur vereinzelt), Antennaria dioica podium pinnatum (Fieder-Zwenke) und (Zweihäusiges Katzenpötchen, nur noch Calamagrostis varia (Buntes Reitgras). am Rand des Moores Abschwändi), Cam- Wenige verbreitete Sträucher kommen panula scheuchzeri (Scheuchzers Glo- auf, und die vielen interessanten lichtbe- ckenblume, wenige Fundorte am Höhro- dürftigen Arten, die den Reichtum die- nen) (Tafel XV/2, Karte 53), Danthonia ser Vegetationen bewirken, verschwin- decumbens (Dreizahn, nur vereinzelt im den. Der Boden stabilisiert sich und Süden des Gebietes). Laubbäume wie Sorbus aria (Mehlbeere), Acer ssp. (Ahorn-Arten) und schliesslich 4 Lichte magere Wälder Fagus (Buche) kommen auf, und Pinus Magere Wälder, vor allem Steilhang- (Föhre) verschwindet mittelfristig. wälder weisen einen sehr starken Der bedauerliche Rückgang der Biodiver- Artenverlust auf. Die Wälder in vie- sität in diesen Hang-Gesellschaften sei len Gegenden des Gebietes wurden frü- noch durch die Tab.17 – 19 dokumentiert. her stark genutzt, das heisst, man liess Dort sind beispielshaft die Artenlisten sie nicht nur durch Gross- und Klein- von 3 Orten aus der Literatur aufge- vieh beweiden, sondern sammelte auch schrieben und mit dem heutigen Art- die abgefallenen Nadeln und Blätter vorkommen verglichen. Je nach Autor ein (Laubsäcke!) und streute teilweise sind auch die Arten der Umgebung mit Waldboden zur Düngung auf die Äcker. einbezogen. Ein genauer Vergleich lässt Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 67

Tab. 17. Veränderungen von Steilhang-Föhrenwäldern am Risibuck (Langnau). Liste von 2005 mit Angaben von SCHMID (1933) S auf der Liste von Schmid vorhanden N Anzahl Exemplare 0 nicht gefunden (seit Schmid ausgestorben) 1 bis 20 Ex. (Bäume und Sträucher bis 5 Ex.) 2 20 – 200 Ex. (Bäume und Sträucher 5 – 25 Ex.) 3 mehr als 200 Ex. (Bäume und Sträucher mehr als 50 Ex.) Tab. 17. Change in the species richness between 1930 and 2005 of steep pine forests bet- ween 1930 and 2005 on Risibuck (Langnau) (list from 2005 includes notes from SCHMID 1933) S on the original list of Schmid N number of specimens 0 not found anymore (since Schmid disappeared) 1 up to 20 specimens (trees and shrubs up to 5 specimens) 2 20 – 200 specimens (trees and shrubs 5 – 25 specimens) 3 more than 200 specimens (trees and shrubs more than 50 specimens) Lateinischer Name Deutscher Name S N Angaben bei Schmid Acer pseudoplatanus Berg-Ahorn 2 Actaea spicata Christophskraut 1 Adenostyles glabra Kahler Alpendost 1 Agrostis gigantea Riesen-Strausgras S 2 Alnus incana Grau-Erle 2 Angelica sylvestris Brustwurz 2 Anthyllis carpatica Gewöhnlicher Wundklee S 0 als A. alpestris Aquilegia atrata Schwärzliche Akelei S 2 Asplenium trichomanes Braunstieliger Streifenfarn 2 Asplenium viride Grüner Streifenfarn 1 Aster bellidiastrum Alpenmasslieb S 1 Athyrium filix-femina Weiblicher Waldfarn 2 Brachypodium pinnatum Fieder-Zwenke S 3 Brachypodium sylvaticum Wald-Zwenke 3 Briza media Zittergras S 0 Buphthalmum salicifolium Ochsenauge S 0 Calamagrostis varia Buntes Straussgras S 3 Caltha palustris Sumpfdotterblume 3 Campanula cochleariifolia Kleine Glockenblume 2 Campanula rotundifolia Rundblättrige Glockenblume 0 Cardamine pratensis Wiesen-Schaumkraut 2 Carduus defloratus Berg-Distel S 1 Carex acutiformis Scharfkantige Segge S 3 Carex elata Steife Segge 2 Carex flacca Schlaffe Segge S 3 Carex flava Gelbe Segge 2 Carex humilis Zwerg-Segge S 0 Carex montana Berg-Segge S 3 Carex ornithopoda Vogelfuss-Segge S 2 68 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Lateinischer Name Deutscher Name S N Angaben bei Schmid Carex sylvatica Wald-Segge 3 Carlina biebersteinii? Biebersteins Golddistel 0 als C. vulgaris Centaurea montana Berg-Flockenblume S 1 Circaea alpina Alpen-Hexenkraut 2 Circaea lutetiana Gewöhnliches Hexenkraut 3 Convallaria majalis Maiglöckchen S 3 Corylus avellana Haselnuss 1 Cotoneaster integerrima Ganzrandige Steinmispel S 0 Cotoneaster tomentosa Filzige Steinmispel 1 Crataegus laevigata Spitzdorniger Weissdorn S 0 Crepis paludosa Sumpf-Pippau 2 Cypripedium calceolus Frauenschuh S 0 Dactylorhiza fuchsii Fuchs’ Orchis 2 Daphne mezereum Gewöhnlicher Seidelbast 1 Deschampsia cespitosa Rasenschmiele S 3 Dryopteris filix-mas Gewöhnlicher Wurmfarn 1 Dryopteris dilatata Breiter Wurmfarn 2 Dryopteris carthusiana Stachliger Wurmfarn 2 Epipactis atrorubens Dunkelrote Sumpfwurz S 0 Epipactis helleborine Breitblättrige Sumpfwurz 2 Epipactis purpurata Purpur-Sumpfwurz S 1 Equisetum telmateja Riesen-Schachtelhalm S 3 Erica carnea Erika S 0 Fagus sylvatica (Baum) Rotbuche S 3 klein Festuca altissima Wald-Schwingel 1 Festuca arundinacea Rohr-Schwingel S 0 Festuca duriuscula Harter Schwingel S 0 Festuca gigantea Riesen-Schwingel 1 Fragaria vesca Wald-Erdbeere 3 Fraxinus excelsior Esche S 3 Galium odoratum Waldmeister 3 Galium elongatum Verlängertes Labkraut S 2 als G. palustre Gentiana asclepiadea Schwalbwurz-Enzian S 2 Gentiana ciliata Bewimperter Enzian S 0 Gentiana germanica Deutscher Enzian S 0 Goodyera repens Moosorchis S 0 Gymnadenia conopsea Mücken-Handwurz S 0 Hieracium pilosella Kleines Habichtskraut S 0 Hieracium murorum s. l. Mauer-Habichtskraut S 2 als H. vulgatum Hordelymus europaeus Haargras 3 Ilex aquifolium Stechpalme S 2 Juglans regia Walnussbaum 1 Juniperus communis Gewöhnlicher Wacholder S 0 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 69

Lateinischer Name Deutscher Name S N Angaben bei Schmid Knautia dipsacifolia Wald-Witwenblume S 3 Laserpitium latifolium Breitblättriges Laserkraut 2 Lathyrus pratensis Wiesen-Platterbse S 2 Lemna minor Kleine Wasserlinse 2 Leontodon hispidus Rauhhaariger Löwenzahn S 0 Leontodon hyoseroides Hainlattichblättriger Löwenzahn S 0 Ligustrum vulgare Gewöhnlicher Liguster S 3 Lilium martagon Türkenbund 2 Linum catharticum Karthäuser-Lein S 0 Listera ovata Ovales Zweiblatt S 1 Lonicera alpigena Alpen-Geissblatt S 2 Lonicera nigra Schwarzes Geissblatt 1 Lonicera xylosteum Rotes Geissblatt 2 Lotus corniculatus Gewöhnlicher Hornklee S 0 Lotus pilosus Behaarter Hornklee S 0 Luzula sylvatica Wald-Hainsimse S 2 Malus sylvestris Wilder Apfel S 1 Mercurialis perennis Ausdauerndes Bingelkraut 3 Molinia arundinacea Strand-Pfeifengras S 3 Neottia nidus-avis Vogelnestwurz 1 Ophrys insectifera Fliegen-Ragwurz S 0 Orchis mascula Männliche Orchis S 0 Parnassia palustris Studentenröschen S 0 Petasites albus Weisse Pestwurz 3 Picea abies (Baum) Rottanne S 3 kümmerlich Pimpinella saxifraga Kleine Bibernelle S 0 Pinus sylvestris (rein) Wald-Föhre S 2 uncinata - Merkmale Platanthera bifolia Zweiblättriges Breitkölbchen S 0 Poa chaixii Chaix’ Rispengras S 0 Poa palustris Sumpf-Rispengras S 0 Poa remota Entferntähriges Rispengras 1 Polygala chamaebuxus Buchsblättrige Kreuzblume S 2 Polystichum aculeatus Gelappter Schildfarn 2 Polystichum lonchitis Lanzen-Schildfarn 1 Populus tremula Espe S 1 Potentilla erecta Aufrechtes Fingerkraut 2 Prenanthes purpurea Hasenlattich 3 Prunella grandiflora Grossblütige Brunelle 0 Prunella vulgaris Gewöhnliche Brunelle 3 Pyrola rotundifolia Rundblättriges Wintergrün S 0 Pyrus pyraster Wilde Birne 1 Quercus robur x petraea Eichen-Bastard S 1 Quercus robur (klein) Stiel-Eiche S 1 nur Keimling 70 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Lateinischer Name Deutscher Name S N Angaben bei Schmid Ranunculus nemorosus Hain-Hahnenfuss 1 Rosa pendulina Alpen-Hagrose S 1 Salix appendiculata Nebenblättrige Weide S 3 Sanguisorba minor Kleiner Wiesenknopf S 0 Sanicula europaea Sanikel 1 Scabiosa columbaria Tauben-Skabiose S 0 Senecio ovatus Fuchs’ Kreuzkraut 1 Sesleria caerulea Blaugras S 3 Sorbus aria Mehlbeere S 3 Sorbus aria incisa Eingeschnittene Mehlbeere S 0 Stachys officinalis Gewöhnliche Betonie S 1 Succisa pratensis Teufelsabbiss 1 Tamus communis Schmerwurz S 0 Taxus baccata Eibe S 3 Thesium pyrenaicum Pyrenäen-Alpenflachs S 0 Thymus polytrichus Alpen-Thymian S 0 Tofieldia calyculata Kelchliliensimse S 0 Trifolium medium Mittlerer Klee S 0 Trollius europaeus Trollblume S 0 Vaccinium myrtillus Heidelbeere 2 Valeriana dioica Zweihäusiger Baldrian 2 Viburnum lantana Wolliger Schneeball S 3 sich deshalb nicht durchführen. Tab. 20 Carduus defloratus (Berg-Distel) ( Tafel zeigt den prozentualen Artenrückgang IX/2, Karte 28). Wo diese (bereits?) fehl- an einigen weiteren Fundorten. Die ten, wie bei der Aufnahme vom Pfeffer- Artenvielfalt nimmt in allen Wäldern ab, berg, war der Rückgang mässiger. Neben die sich durch unterschiedliche Nutzung diesen Pionierpflanzen verschwinden und den Stickstoffeintrag in den letzten lichtbedürftige niedrig wachsende Arten 160 Jahren stark verändert haben. Die zuerst, z. B. Goodyera repens (Moosor- grossen Unterschiede in den Abnahme- chis), Polygala chamaebuxus (Buchsblätt- prozenten hängen von verschiedenen rige Kreuzblume), Carex humilis (Niedere Faktoren ab: von der Jahreszeit der Auf- Segge), Festuca amethystina (Ame- nahme, von der ursprünglichen Vielfalt, thystfarbener Schwingel), Pyrola-Arten von den Aufnahmejahren, von der Sta- (Wintergrün). bilität der Hänge und vom Autor der Von 132 in Tab. 17 aufgeführten Taxa Aufnahme. Dort, wo früher immer wie- sind 45 seit 1933 verschwunden, das der Rutschungen vorkamen, wuchsen sind 46 % der bei Schmid erwähnten zahlreiche Pionierarten von Rutschhän- 84 Arten. 48 von mir notierte Arten gen, z. B. Leontodon hyoseroides (Hain- hat Schmid nicht aufgeführt. Das will lattichblättriger Löwenzahn) (Karte 62), nun nicht besagen, dass diese Arten zu Thymus polytrichus (Alpen-Thymian) Schmids Zeiten nicht vorhanden waren. (Karte 61), Carlina biebersteinii (Bieber- Die meisten von ihnen sind sehr häufig steins Golddistel) (Tafel IX/1, Karte 27), und Schmid hat sie wahrscheinlich des- Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 71 halb nicht aufgenommen, oder er hat nach den Eintragungen in der Wild’schen das Gebiet anders begrenzt. Betrachtet Karte, bzw. im Blatt 1111 der Landes- man heute den Hügel, so erkennt man, karte der Schweiz 1:25000 geschätzt. dass der ehemalige Föhrenwald in einen In den nördlichen mageren Nasswiesen Buchenmischwald übergegangen ist und wurde die für den Erhalt notwendige dass selbst an Orten, wo die Bäume und Pflege zwischen 1955 und 1970 teilweise Sträucher den Boden nicht dicht abde- unterlassen, und lichtbedürftige Arten cken, dieser mit einem Filz von Molinia gingen stark zurück oder verschwan- arundinacea (Strand-Pfeifengras), Bra- den. So verbuschten teilweise die Ufer chypodium pinnatum (Fieder-Zwenke) der Seen, und viele Streuwiesen entwi- und Calamagrostis varia (Buntes Reit- ckelten sich zu Buschlandschaften. Da gras) bedeckt ist. Der Risibuck oder auch bereits früher der Grundwasser- Risenhügel gehörte bis anfangs 19. Jahr- stand verändert und viele Riedgebiete hundert zu einem Landwirtschaftsbe- der Stadt zerstört wurden, nahm die trieb und wurde wahrscheinlich bewei- Artenzahl deutlich ab. Allein im sehr det (Ziegen?). 1920 wurde eine «mit artenreichen Gebiet der Katzenseen malerischen, krüppeligen Bergföhren verschwanden mindestens 37 Riedwie- bestockte Partie des Risenhügels» als senarten, zusätzlich noch einmal etwa «Reservation» ausgeschieden (BÜRGI so viele Feldunkräuter. Glücklicherweise 1998). Von diesen Bergföhren (Pinus werden heute die Gebiete wieder fach- uncinata) und von rutschigen Hängen, gerecht gepflegt und manche Art, die auf die gewisse Arten bei Schmid hin- bereits als verschollen gemeldet wurde, weisen, ist heute nichts mehr zu sehen. hat sich wieder ausbreiten können. Die Die Nachprüfung von ähnlichen Listen Feuchtwiesen im Untersuchungsgebiet aus der Literatur zeigte ähnliche Ergeb- südlich der Stadt konnten sich insgesamt nisse (s. Tab. 18, 19 und 20). besser erhalten, weil die Streu in diesen Am Pfefferberg (Tab. 18) wurden von 34 feuchteren Gegenden mangels Stroh im Jahr 1937 festgestellten Arten im Jahr noch während der ganzen Nachkriegs- 2011 6 (18 %) nicht mehr gefunden, am zeit als Liegeunterlage für das Vieh Oberalbis (Tab. 19) fehlten von 59 1936 gebraucht wurde und die Moore und beobachteten Arten 2004 37 (62 %). Streuwiesen heute alle unter meist kan- tonalem Schutz stehen und gut gepflegt 5 Streuwiesen und Moore werden. Auch im südlichen Teil des Streuwiesen und Moore waren früher Untersuchungsgebietes sind zahlreiche im gesamten Gebiet und besonders in interessante Moore drainiert und die der Moränenlandschaft zwischen Zim- Bewirtschaftung intensiviert worden, merberg und Menzingen sehr häufig. Im z. B. Beichlen in Wädenswil, Murimas Norden des Gebiets ist der grösste Teil und Schwyzerhüsli in Horgen, Langmoos dieser Vegetationen drainiert und über- in Hütten, Tal in Adliswil/Kilchberg usw. baut worden oder wird intensiv land- Im gesamten Moränengebiet sind nur 13 wirtschaftlich genutzt, so dass heute die Arten verloren gegangen, davon etwa Arten in ihren Lebensräumen stark die Hälfte hochmontan-subalpine Arten. eingeschränkt sind. Die Karten 6 und Der mittlere Rückgang der Arten in den 7 (S. 95) zeigen die Verbreitung der einzelnen Flächen beträgt seit 1960 Feuchtwiesen und Moore in den Jahren etwas über 10 %. Die höheren Prozent- 1850 und 2000. Die Moordichte wurde zahlen betreffen vor allem Moore und 72 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Tab. 18. Artenliste von einem Föhrenwald am Pfefferberg (Horgen) (HÖHN-OCHSNER 1937) + Arten, die 2011 nicht mehr gefunden wurden Tab. 18. Species list from a pine forest on Pfefferberg (Horgen) (HÖHN-OCHSNER 1937) + species no longer found in the year 2011. Abies alba Weisstanne Brachypodium pinnatum Fieder-Zwenke Calamagrostis varia Bunt-Reitgras Carduus defloratus Berg-Distel Carex alba Weiss-Segge Carex montana Berg-Segge Carex pilosa Bewimperte Segge + Cypripedium calceolus Frauenschuh Dactylorhiza fuchsii Fuchs’ Orchis Fagus sylvatica Buche Frangula alnus Faulbaum Gentiana asclepiadea Schwalbenwurz-Enzian Gymnadenia conopsea Mücken-Handwurz + Hieracium lachenalii Lachenals Habichtskraut Ilex aquifolium Stechpalme Laserpitium latifolium Breitblättriges Laserkraut Ligustrum vulgare Gewöhnlicher Liguster Lilium martagon Türkenbund Molinia arundinacea Strand-Pfeifengras Ophrys insectifera Fliegen-Ragwurz + Orchis militaris Helm-Orchis + Orchis purpurea Purpur-Orchis + Origanum vulgare Dost Phyteuma orbiculare Kugel-Rapunzel Picea abies Rottanne Pinus sylvestris Wald-Föhre, Kiefer Polygala chamaebuxus Buchsblättrige Kreuzblume + Rhamnus cathartica Kreuzdorn Sesleria caerulea Blaugras Sorbus aria Mehlbeere Tamus communis Schmerwurz Taxus baccata Eibe Viburnum lantana Wolliger Schneeball Vincetoxicum hirundinaria Schwalbenwurz

Streuwiesen, die 1925 aufgenommen, langsamer vor sich zu gehen als in den zu Zeiten der Aufnahmeliste noch grös- Steilhangwäldern. ser waren und seither aber an einzelnen Stellen drainiert wurden (Tab. 21). Dank 6 Sihlufervegetation der guten Pflege scheint der Artenrück- Die Sihlufer weisen einige Arten auf, gang in den Mooren und Riedwiesen die im Untersuchungsgebiet dort ihre Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 73

Tab. 19. Artenliste von SCHMID (1936) vom Albishorn + 2005 ausgestorben Tab. 19. Species list from Albishorn (SCHMID 1936) + 2005 extinct Abies alba Weisstanne, Tanne Brachypodium pinnatum Fieder-Zwenke Calamagrostis varia Bunt-Reitgras Carduus defloratus Berg-Distel Carex alba Weiss-Segge Carex montana Berg-Segge Carex pilosa Bewimperte Segge + Cypripedium calceolus Frauenschuh Dactylorhiza fuchsii Fuchs’ Orchis Fagus sylvatica Buche Frangula alnus Faulbaum Gentiana asclepiadea Schwalbenwurz-Enzian Gymnadenia conopsea Mücken-Handwurz + Hieracium lachenalii Lachenals Habichtskraut Ilex aquifolium Stechpalme Laserpitium latifolium Breitblättriges Laserkraut Ligustrum vulgare Gewöhnlicher Liguster Lilium martagon Türkenbund Molinia arundinacea Strand-Pfeifengras Ophrys insectifera Fliegenorchis + Orchis militaris Helm-Orchis + Orchis purpurea Purpur-Orchis + Origanum vulgare Dost Phyteuma orbiculare Kugel-Rapunzel Picea abies Rottanne Pinus sylvestris Wald-Föhre Polygala chamaebuxus Buchsblättrige Kreuzblume + Rhamnus cathartica Kreuzdorn Sesleria caerulea Blaugras Sorbus aria Mehlbeere Tamus communis Schmerwurz Taxus baccata Eibe Viburnum lantana Wolliger Schneeball Vincetoxicum hirundinaria Schwalbenwurz

Hauptverbreitung haben. Früher folgten Uferland so früh gemäht oder beweidet diese dem Lauf der Sihl bis zum Zusam- wird, dass die Pflanzen keine Lebens- menfluss mit der Limmat. Heute sind die möglichkeiten mehr haben, z. B. Ranun- Arten im unteren Teil der Sihl, unterhalb culus montanus (Berg-Hahnenfuss) (Tafel von Langnau, fast ganz verschwunden, XVI/3, Karte 58), Bupleurum longifolium da der Fluss dort verbaut ist und das (Langblättriges Hasenohr) (Karte 59). 74 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Tab. 20. Rückgang der Artenzahlen von Steilhang-Wäldern in % Tab. 20. Species reduction in forests with steep slopes (%) + ausgestorben/extinct n Artenzahlen in den früheren Aufnahmen / Number of species in the earlier plant lists Ort n + in % Autor Jahr Albishorn 59 62 Schmid 1936 Albispass 38 55 Schmid 1936 Bürglenstutz 59 47 Etter 1947 Risibuck 84 46 Schmid 1933 Schüepenloch 92 32 Gattiker ca. 1925 Aeugsterberg 35 28 Schmid 1933 Rossloch 32 21 Gattiker ca. 1925 Girstel 219 17 Rehder 1960 Pfefferberg 34 17 Höhn 1937

Tab. 21. Rückgang der Artenzahlen in Mooren der Moränenlandschaft in % Tab. 21. Species diminution in % within wetlands in the moraine landscape + ausgestorben/extinct n Artenzahlen in den früheren Aufnahmen / Number of species in the earlier plant lists Ort n + in % Autor Jahr Grindelmoos 34 57 Gattiker ca. 1925 Grindelmoos 79 11 Höhn 1960 Wüeribach 55 38 Gattiker ca. 1925 Wüeribach 58 8 Höhn 1960 Spitzenmoos 78 11 Höhn 1957 Mösli 104 18 Klötzli 1970

Auch die Pionierpflanzen, deren Samen vor dem Sihlseestau hin und wieder sich im Sihlkies halten konnten, sind grös- stenteils verschwunden. Einzelne kom- men selten auf dem Flusskies vom Sihl- sprung an aufwärts noch vor, so Poa alpina (Alpen-Rispengras), Equisetum variegatum (Bunter Schachtelhalm), Thy- mus polytrichus (Alpen-Thymian) (Karte 61). Andere, z. B. Arabis alpina (Alpen- Gänsekresse) oder Gypsophila repens (Kriechendes Gipskraut) (Tafel XVI/4, Karte 60), treten nur noch unregelmäs- sig auf. Möglicherweise können sich bestimmte Arten im renaturierten Teil der Sihl auf der Allmend Wollishofen zeitweise wieder ansiedeln. Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 75

5.2 Die Bedeutung von Neophyten und invasiven Arten

Unter den Neophyten, also jenen Pflan- 650 bis 1229 m Höhe hat nur halb so viele zen, die im Gefolge des Menschen seit Neophyten wie die meisten Gebiete im 1500 in unser Gebiet eingebracht wur- Mittelland. Dass Neophyten nicht nur den, können wir zwei Gruppen unter- negative Auswirkungen haben, sondern, scheiden: wenn sie sich in bestehende Ökosysteme einordnen, auch eine ästhetische Berei- 1 Zufällige eingeschleppte Arten, cherung sein können, zeigt das Beispiel die mit Saatgut, mit Erde als von Digitalis purpurea (Roter Fingerhut) Unkräuter oder durch den Verkehr (Tafel XII/4, Karte 43) auf dem Höhro- mit anderen Handelsgütern einge- nen. Die in westeuropäischen Gebirgen bracht wurden und sich in der Nähe beheimatete Art ist bei uns nicht einhei- von Kulturen und von Verkehrsträ- misch, aber gelegentlick kokal aus Gär- gern ausbreiten. ten verwildert. Nach MERZ (1966) wurde die Art im Kanton Zug durch einen 2 Garten- und Nutzpflanzen, die als Förster an verschiedenen Stellen ange- Zier- und Nutzpflanzen in Gärten und sät und kann sich gut halten. Auf dem auf Kulturland kultiviert werden und Kamm des Höhronen ist sie in Waldlich- an Ort und Stelle, vor allem in der tungen ziemlich verbreitet und erfreut Nähe von Gärten und Parks verwil- durch ihre auffälligen Blüten manchen dern können. Wanderer. Das soll nun keine Aufforde- rung sein, Neophyten auszusäen, da nie Die Vertreter beider Gruppen sind im All- voraussehbar ist, wie sich eine Art in der gemeinen auf im Sommer warme und im neuen Umgebung verhält. Viele beliebte Winter milde Temperaturen angewiesen, Gartenpflanzen haben sich in der Natur weil sie vor allem aus südlichen Gebieten trotz ihrer Schönheit als lästig und mit stammen, woher auch ein grosser Teil einheimischen Pflanzen unverträglich unserer Einfuhren kommt. Der Anteil erwiesen, z. B. Buddleja davidii (Som- an Neophyten ist deshalb in warmen merflieder) oder Solidago serotina und Gebieten deutlich höher als in kühlen, S. canadensis (Goldruten). wie das auch die vorliegende Kartierung Neophyten, die andere Organismen zeigt. Neophyten können sich zudem am neuen Standort verdrängen, nennt besonders gut an Orten ansiedeln, wo man «invasiv». Man trifft sie vor allem der Mensch durch seine Tätigkeiten im Stadtbereich und in den wärmsten besondere Bedingungen schafft, an die Gebieten. Die folgenden 17 Arten aus die einheimische Flora nur wenig ange- der Schwarzen Liste (SL) und aus der passt ist. Je mehr naturnahe Verhältnisse Watch-Liste (WL) mit insgesamt 48 Arten herrschen, desto konkurrenzkräftiger verhalten sich im Untersuchungsgebiet sind die einheimischen Arten und desto teilweise invasiv (Tab. 22, siehe auch weniger gut können Neophyten Fuss LANDOLT 2006a). Einzelne Arten treten fassen. In Tab. 1 und 2 (S. 29) sind diese gebietsweise häufig auf und drängen Zusammenhänge illustriert. Hütten auf dadurch einheimische Arten zurück. Auf 76 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen einige besonders aktive Arten komme Ranunculus aconitifolius (Eisenhut- ich unten kurz zurück. blättriger Hahnenfuss), Cirsium arvense Aus der Tab. 22 ist ersichtlich, dass die (Acker-Kratzdistel), Phragmites commu- potentiell invasiven Arten im Gebiet nis (Schilf). Auch in unteren Lagen kön- bereits in der montanen Stufe (ober- nen einheimische Arten besonders an halb 600 – 700 m) keine grosse Rolle mehr nährstoffreichen Orten invasiv sein und spielen. In höheren Lagen gibt es zwar werden von Bauern schon lange (vor auch invasive, andere Pflanzen verdrän- allem mit Herbiziden) bekämpft, z. B. gende Arten, die aber einheimisch sind, Rumex obtusifolia (Stumpfblättriger z. B. einheimische Rubus-Arten (Brom- Ampfer). Da sie aber seit Jahrhunderten beeren), Petasites hybridus (Gewöhn- im Gebiet sind, wird darüber nur wenig liche Pestwurz) (Tafel XVI/1, Karte 56), berichtet.

Tab. 22. Arten der Schwarzen Liste (SL) und der Watch-Liste (WL) der Schweiz, die im Untersuchungsgebiet die einheimische Flora behindern oder den Menschen belästigen, mit Verbreitungsangaben im Gebiet (VG) und ungefährer oberer Grenze (oG) in Metern ü. M. Störungsgrad (SG): + gelegentlich störend; ++ oft störend, besonders im Verbreitungszen- trum; +++ meist sehr störend Tab. 22. Species of the Black list (SL) and the Watch List (WL) that disturb the established flora or cause health problems, including indications of distribution in the study area (VG) and approximate upper limit of occurrence (oG) in meters above sea-level. Degree of disturbance (SG): + locally disturbing; ++ often disturbing; +++ mostly very distur- bing Lateinische Namen Deutsche Namen Liste VG oG SG Ailanthus altissima Götterbaum SL Stadt Zürich 550 + und Seeufer Ambrosia artemisiifolia Ambrosie SL wärmere Gegenden 550 + Artemisia verlotiorum Ostasiatischer Beifuss SL Stadt Zürich, 550 + warme Gegenden Buddleja davidii Sommerflieder SL wärmere Gegenden 600 + Heracleum Riesen-Bärenklau SL wärmere Gegenden, 700 ++ mantegazzianum Sihlufer Cornus sericea Ausläufertreibender WL wärmere Gegenden 600 ++ Hornstrauch Erigeron annuus Einjähriges Berufkraut WL verbreitet 600 + Glyceria striata Gestreiftes Süssgras WL nur im Süden 1000 ++ Impatiens glandulifera Drüsiges Springkraut SL wärmere Gegenden 600 + Lonicera henryi Henrys Geissblatt WS Stadt Zürich; 699 + wärmere Gegenden Mahonia aquifolia Mahonie WS wärmere Gegenden 600 + im Norden Prunus laurocerasus Kirschlorbeer SL wärmere Gegenden 700 + Reynoutria japonica Japanischer Knöterich SL wärmere Gegenden 550 ++ Robinia pseudoacacia Robinie SL wärmere Gegenden 700 ++ Rubus armeniacus Armenische Brombeere SL verbreitet 700 +++ Solidago canadensis Kanadische Goldrute SL verbreitet 650 + Solidago serotina Späte Goldrute SL verbreitet 800 +++ Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 77

Die folgenden Arten der invasiven Neo- neben sich dulden und deshalb vor allem phyten sind im Gebiet besonders auffäl- in Riedwiesen durch häufiges und frü- lig: hes Schneiden oder Ausreissen zurück- gedämmt werden müssen. Die ähnliche Rubus armeniacus, die Armenische Solidago canadensis, Kanadische Gold- Brombeere, ist im Gebiet jene Art, die rute (mit behaartem Stengel, bei der am meisten andere Arten verdrängt. Sie Späten Goldrute mit kahlem Stengel) ist in Gärten sehr ertragreich und lie- besiedelt kaum naturnahe Standorte, fert ausgezeichnete Beeren. Sie verbrei- sondern eher mässig trockene Brach- tet sich durch Vögel sehr reichlich und stellen, Wegränder etc. und ist deshalb kann auch durch Bewurzelung ihrer sich etwas weniger gefährlich für die einhei- auf den Boden ablegenden Triebspitzen mische Flora, aber sehr verbreitet. im Jahr mehrere Meter weit kriechen. Wo sie nicht bekämpft wird, über deckt Reynoutria japonica, der Japanische sie innert weniger Jahre weite Flächen Knöterich, eine wuchernde und so dicht, dass fast keine andere Art raschwüchsige Staude aus Ostasien, die mehr Platz findet. Neben Brachflächen, mässig feuchte bis wechselnasse Wie- ungepflegten Wiesen und Gehölzen senborde, Wegränder, aber auch Auen- besiedelt sie Waldschläge und Waldrän- wälder dicht besiedelt, duldet nur wenig der. Besonders auffallend ist die rasche Pflanzen neben sich und drängt deshalb Besiedlung von Gehölzrändern gegen die einheimische Vegetation zurück. Da Flüsse und Seen. Die Bekämpfung von die Art tiefwurzelnde Rhizome aufweist, Rubus ist schwierig (vollständiges mehr- ist sie kaum zu zerstören. Mehrfaches faches Abschneiden oder Vergiften) Schneiden während der Vegetationspe- und oft hoffnungslos, weil die Samen riode vermag sie allmählich zu reduzie- aus den Gärten, wo die Brombeere häu- ren. fig gepflanzt wird, sofort wieder durch Vögel verbreitet werden. Auch einheimi- Cornus sericea, der Ausläufertrei- sche Brombeeren können sich rasch ver- bende Hornstrauch, war früher ein mehren und andere Arten verdrängen, beliebter anspruchsloser Zierstrauch. wenn sie genügend Feuchtigkeit und Im Gebiet ist er verbreitet und war bis Stickstoff erhalten (s. Tafel V/2), meist vor wenigen Jahrzehnten im Hänsi- sind sie aber auf Waldränder, Gebüsche ried bei den Katzenseen, das zeitweise und Waldlichtungen beschränkt. nicht mehr bewirtschaftet wurde, der häufigste Strauch, der viele Moorpflan- Solidago serotina, die Späte Gold- zen zum Verschwinden brachte. Mit der rute, eine beliebte, im späten Som- Renaturierung des Hänsiriedes wurde mer und Herbst blühende Zierpflanze der Strauch fast ausgerottet und seit der aus Nordamerika wächst auf feuchten, regelmässigen Pflege der Riedwiesen eher nähstoffreichen Böden im Stadt- spielt er keine grosse Rolle mehr. Dage- gebiet (Brachplätze, Wegränder) und in gen kann er, wie man am oberen Zürich- naturnahen Vegetationen, besonders see beobachten kann, vom Ufer her in an Ufern und in Auenwäldern sowie in das Röhricht eindringen. Damit er dort spät oder nicht gemähten Riedwiesen. sich nicht ausbreitet, braucht es eine Sie bildet flächenhafte hochstaudige regelmässige Überwachung und Abhol- Bestände, die nur wenig andere Arten zung. 78 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Heracleum mantegazzianum, der Rie- Ein weiterer Neophyt, Solidago rugosa, sen-Bärenklau, der als dekorative die Runzelige Goldrute, die auf kei- Hochstaudenpflanze Mitte des letz- ner der beiden Listen steht, tritt an drei ten Jahrhunderts in zahlreichen Gärten Orten (Chrutzelen, Spitzenmoos und gepflanzt wurde, ist im Gebiet ziemlich nordöstlich Spitzen) auf. In Riedwiesen verbreitet, aber meist nur lokal häufig. des Chrutzelenmooses hat sie sich schon Voraussetzung für sein Auftreten ist ein über viele Aren ausgedehnt. Da sie nährstoffreicher Boden. Ein grösseres bereits 1918 zum ersten Mal dort gesam- Auftreten ist mir im Untersuchungsge- melt wurde, konnte sie offenbar durch biet nur in einem südexponierten lich- den regelmässigen Schnitt in den letzten ten Wald unterhalb Schwanden in Uiti- fast 100 Jahren in Schach gehalten wer- kon bekannt. Einzelvorkommen sind den. Sie blüht spät und wurde deshalb dagegen im Sihltal an den Ufern der meist vor dem Absamen geschnitten. Sihl verbreitet. Auch in der Stadt ist die Es braucht aber eine Überwachung, da Art nicht selten. Sie verdrängt zwar nur bei der heutigen Pflege zur Erhaltung gelegentlich andere Arten stark, aber von Kleintieren oft ganze Streifen in der da das Berühren bei Sonnenlicht auf Riedwiese nicht gemäht werden und die der menschlichen Haut Verbrennungen Art dort versamen kann. bewirken kann, ist eine Bekämpfung zu empfehlen. Ein jährliches Schneiden der Blätter und Stengel vor der Blüte wird die kurzlebige Pflanze nach wenigen Jahren zum Verschwinden bringen.

Glyceria striata, das Gestreifte Süss- gras, ist eine seltene nordamerikanische Pflanze von sumpfigen, eher nährstoff- reichen Standorten, die auch in höheren Lagen auftritt. Aus dem Gebiet ist sie mir von 3 Stellen bekannt, von einem nassen Wegrand auf dem Höhronen und von 2 nassen Riedstandorten (Chrutze- len und Hüttensee). Besonders am Hüt- tensee wächst sie im Bereich des Seewas- sers sehr häufig und drängt an vielen Orten die einheimische Riedflora zurück. Möglicherweise ist sie durch das eutro- phierte Seewasser begünstigt. Sie muss auf jeden Fall überwacht und zurückge- drängt werden. Ob eine wenig aufwen- dige Bekämpfung überhaupt möglich ist (z. B. Schnitt vor dem Fruchten), ist mir nicht bekannt. Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 79

6 TAXONOMISCHE PROBLEME

Oftmals hört man, dass in den Tropen Gattungen Festuca (Schwingel), Hiera- und abgelegenenen Weltgebieten heute cium (Habichtskraut), Taraxacum (Pfaf- viele Organismen aussterben, bevor fenröhrchen), Alchemilla (Frauenmantel) sie überhaupt bekannt geworden sind. und weiteren kritischen Gattungen nur Dagegen wird angenommen, dass die wenig. Flora in Mitteleuropa und vor allem im Die folgenden Arten, die früher bei uns Schweizer Mittelland gut und mehr oder kaum Erwähnung fanden, sind in die weniger endgültig erforscht sei. Dass vorliegende Kartierung aufgenommen dies nicht der Fall ist, zeigt die vorlie- und im Gebiet zum Teil bereits gefähr- gende Untersuchung. Abgesehen von det (*). Für diese Arten und viele weitere apomiktischen Arten, über die wir nur sind unbedingt zusätzliche morpholo- in ganz wenigen Gruppen gut Bescheid gische, standörtliche und chorolo- wissen, sind in der vorliegenden «Flora» gische Untersuchungen notwendig. über 10 Arten mit ihrer Verbreitung auf- Auch DNA-Studien fehlen meist oder geführt, die in anderen «Floren» der müssen ergänzt werden; ebenso kennen Schweiz kaum oder gar nicht erwähnt wir die Chromosomenverhältnisse der sind und über die man fast keine mor- Populationen nur in Ausnahmefällen. phologischen und standörtlichen Unter- lagen hat, um sie langfristig zu erhalten. Aconitum platanifolium Degen & Taxonomische Untersuchungen über kri- Gayer* tische Arten in der Schweiz gelten zwar A. lycoctonum L. (Gelber Eisenhut) ist als veraltet, wären aber dringend nötig. der neu gültige Name für A. altissimum Von den Apomikten sind hier nur zwei Miller (A. vulparia Rchb.). Diese Art Gruppen näher abgeklärt: Ranunculus wächst in feuchten Wäldern, hat nur kurz auricomus s. l. (Goldschopf-Hahnenfuss, zugespitzte Blattfiedern der Grundblät- Karte 8), ein Aggregat, das allerdings ter und selten über 15 cm breite Grund- das Untersuchungsgebiet nur im Norden blätter und oft schräg gestellte Stengel. berührt, ist mit 4 Kleinarten aufgenom- Sie ist vor allem in unteren Lagen ver- men. Die zweite Gruppe ist die Gattung breitet, steigt aber gelegentlich in Wäl- Rubus (Brombeere), im Gebiet mit etwa der bis in die untere subalpine Stufe. A. 40 Kleinarten vertreten, die dank der platanifolium (Platanenblättriger Eisen- freundlichen und kompetenten Bestim- hut) wird heute von einigen «Floren» mung von Heinrich E. Weber recht voll- nicht von A. lycoctonum oder als Bastard ständig erfasst ist, wie wir das sonst nur unterschieden, lässt sich aber, auch von wenigen Gebieten Europas kennen. wenn sie hybridogen ist, standörtlich Zwar sind die meisten dieser Kleinarten und in ihrer Verbreitung unterscheiden. sehr lebenstüchtig und teilweise sogar Die Art ist in den Alpen weit verbrei- invasiv und brauchen keine Hilfe, aber es tet, wächst in Gebüschen, Geröllfeldern gibt doch einige wenige, auf die geach- und feuchten Weiden der obermon- tet werden sollte. Dagegen wissen wir tanen und subalpinen Lagen (bis wenig über die zahlreichen Kleinarten bei den über die Waldgrenze) und hat allmählich 80 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen zugespitzte Zipfel der Grundblätter und Centaurea thuilleri oft über 15 cm breite Grundblätter. Die (Dostál) J. Duvign. Stengel sind steif aufrecht. Im Gebiet ist Centaurea pannonica die Art auf die steinigen feuchten Nord- (Heuffel) Hayek & Lambinon hänge des Höhronen beschränkt (Tafel C. pannonica (C. angustifolia auct.) (Pan- XIII/4) (Karte 47), trennt sich aber nicht nonische oder Schmalblättrige Flocken- scharf von A. lycoctonum und ist durch blume) und C. thuilleri (Thuillers Flo- Übergangsformen mit ihr verbunden. ckenblume) gehören zur Artengruppe Immerhin scheint die Population der A. der C. jacea (Wiesen-Flockenblume). Von platanifolium von wenigen hundert Indi- der in mageren Fettwiesen und in Wei- viduen am jetzigen Standort lebenskräf- den gedeihenden C. jacea s. str. unter- tig, muss aber überwacht werden. scheiden sich die beiden Kleinarten u. a. durch die schmäleren Blätter. Sie wach- Cardamine udicola Jordan sen vor allem in spät geschnittenen, C. udicola (Ried-Schaumkraut) ist im wenig nährstoffreichen, meist wech- Untersuchungsgebiet in nassen, wenig selfeuchten Wiesen, C. pannonica vor nährstoffreichen Riedwiesen verbreitet allem im kontinentaleren Norden des und nicht gefährdet. In nährstoffreichen Gebietes, C. thuilleri in eher ozeanischen nassen Wiesen, in gewöhnlichen Fett- Lagen im Süden. Beide sind im Gebiet wiesen und in feuchten Wäldern kommt verbreitet und nicht gefährdet. C. thuil- nur C. pratensis s. str. (Wiesen-Schaum- leri (Tafel VIII/2, Karte 25) zeichnet sich kraut) vor. C. udicola unterscheidet sich aus durch kammförmig gefiederte helle von der nah verwandten C. pratensis äussere Hüllblattanhängsel (bei C. pan- durch mehr und kürzere Stengelblattfie- nonica sind die Hüllblattanhängsel kaum dern und durch dünnere Haare. eingeschnitten). C. thuilleri ist mögli- cherweise aus einer Kreuzung von C. Carlina biebersteinii Hornem.* pannonica mit der im Gebiet nicht vor- C. biebersteini (Biebersteins Golddi- kommenden C. nemoralis Jordan hervor- stel) (Tafel IX/1) wurde früher nicht von gegangen. C. vulgaris unterschieden. Sie wächst an offenen Steilhängen im Norden des Dactylorhiza ochroleuca Gebietes und ist gekennzeichnet durch (Boll) Holub* weichstachlich gezähnte längliche Sten- Dactylorhiza pulchella (Druce) Aver.* gelblätter. In ihrer Verbreitung ist sie Beide Arten sind sehr selten und im stark zurückgegangen (Karte 27). C. Gebiet vom Aussterben bedroht, bzw vulgaris (Echte Golddistel) hat dagegen sehr gefährdet. Sie gehören zur Gruppe breitere Stengelblätter mit starren, ste- der D. incarnata (L.) Soó. D. incarnata s. chenden Stacheln, wächst in wechseltro- str. (Fleischrote Orchis) ist im Gebiet in ckenen offenen Weiden. Beide Arten nassen Streuwiesen ziemlich verbreitet. sind im Gebiet selten und gefährdet. Sie besitzt 4 – 15 cm lange, fleischrote Blütenstände. D. ochroleuca (Gelbliche Orchis) zeichnet sich durch gelbliche Blütenfarbe aus, D. pulchella (Schöne Orchis) durch purpurrote. Die Blüten- stände beider Arten sind nur bis 4 cm lang. Ob die beiden Arten sich in ihren Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 81

Ansprüchen untereinander und von D. die Mitte zerschlitzt, Stengel bläulich- incarnata unterscheiden, ist mir von grün, bei D. superbus Platte ca. 20 mm den wenigen Funden im Gebiet nicht lang und deutlich bis über die Mitte bekannt. zerschlitzt, Stengel nicht bläulich) und wächst verbreitet in feuchten kalkhal- Dactylorhiza maculata (L.) Soó tigen Wiesen der Alpen. Dactylorhiza lapponica (Hartm.) Soó Aus der Gruppe von D. maculata Gymnadenia densiflora Wahlenb. (Gefleckte Orchis) ist D. fuchsii (Druce) G. densiflora (Dichtblütige Mücken- Soó (Fuchs’ Orchis) im ganzen Gebiet handwurz) (Tafel X/3, Karte 33) ist sehr auch in wechselfeuchten Wäldern ziem- nahe verwandt mit der im Mai bis Juni lich verbreitet und häufig. D. majalis blühenden G. conopsea (L.) R. Br. (Echte (Breitblättrige Orchis) und D. traunstei- Mückenhandwurz). Sie blüht erst später neri (Traunsteiners Orchis) sind weni- ab Mitte Juni, ist ähnlich verbreitet wie ger häufig. D. lapponica (Lappland- G. conopsea und wie diese nicht gefähr- Orchis), die sich durch ihre leuchtend det. G. densiflora wird bis über 50 cm roten Blüten und die 3 – 6-blättrigen hoch und hat 1 – 2.5 cm breite Blätter; Stengel von D. fuchsii und D. maculata G. conopsea ist kaum 30 cm hoch und (6–12-blättrige Stengel) unterscheidet, besitzt 0.5 – 1.5 cm breite Blätter. Zwi- ist im südlichen Gebietsteil nicht selten, schen den beiden Arten gibt es Über- in verschiedenen Riedwiesen sogar die gänge. häufigste Orchidee und nicht gefähr- det. Sie wächst sonst vor allem in den Leontodon danubialis Jacq. Nordalpen. Pflanzen, die der D. macu- L. danubialis (Sumpf-Löwenzahn) aus lata s. str. nahestehen, kommen im der Gruppe von L. hispidus L. mit fast Abschwändi-Moor und in benachbarten kahlen Blättern und Hüllblättern (bei Riedwiesen vor. Ihr unterstes Stengel- L. hispidus meist behaart) ist im Gebiet blatt ist zungen- bis löffelförmig (bei meist auf Riedwiesen beschränkt. In D. fuchsii schmal lanzettlich). Die Blü- etwas höheren Lagen besiedelt sie tenform entspricht im Gebiet aber eher auch feuchte Wiesenhänge und ist D. fuchsii. Die Pflanzen müssten noch wahrscheinlich in den Alpen in der genauer untersucht werden. hochmontanen und subalpinen Stufe verbreitet. L. hyoseroides (Hainlattich- Dianthus superbus L.* blättriger Löwenzahn) ist eine weitere Die hochmontan-subalpinen Popula- Kleinart aus der Gruppe, die sich durch tionen der Artengruppe werden heute tief eingeschnittene kahle Blätter aus- als besondere Art, D. speciosus Rchb. zeichnet und vor allem auf kalkhaltigen (Alpen-Prachtnelke), von D. superbus Schuttböden auftritt, im Gebiet aber (Sumpf-Prachtnelke) abgetrennt. Im sehr selten geworden und gefährdet ist Untersuchungsgebiet kommt nur die (Karte 62). Alle 3 Arten bastardieren mit- Kleinart D. superbus s. str. vor (Tafel einander und sind durch Übergänge ver- X/2, Karte 32), die selten in oder am bunden. Rande von wechseltrockenen Riedwie- sen wächst und erst im Sommer blüht. Leucanthemum gaudinii Dalla Torre D. speciosus hat grössere Blüten (Kron- L. gaudinii (Gaudins Margerite) ist im blattplatte ca. 30 mm lang, kaum über Gebiet auf wechseltrockene Riedwiesen 82 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen beschränkt. Von dem nahe verwand- schieden. Sie unterscheidet sich aber ten L. ircutianum (Turcz.) DC. (Gewöhn- in der Morphologie und vor allem im liche Margerite) unterscheidet sich die Standort und in der Gesamtverbrei- Art durch kleinere Grundblätter (bis tung von P. amarella. P. amblyptera hat kaum über 3 cm lang), einköpfige Sten- immer aufrechte Stengel, etwas grös- gel, und Stengelblätter, die am Grunde sere einfarbig dunkelviolette Blüten und keine oder nur sehr kleine Zipfel haben. wächst an sonnigen, wechseltrockenen, L. ircutianum hat über 3 cm lange Grund- mageren Steilhängen. P. amarella bevor- blätter, meist mehrere Köpfe pro Sten- zugt wechselnasse Riedwiesen und hat gel und Stengelblätter, die am Grunde oft etwas weissliche Büten. Die Sten- meist mehrere deutliche Zipfel besit- gel von P. amarella breiten sich oft am zen. L. gaudinii, die genauer untersucht Boden aus, bevor sie aufsteigen. P. ama- werden sollte, ist wahrscheinlich ausser- rella ist im ganzen Gebiet nicht selten, halb des Gebietes vor allem in höheren P. amblyptera besiedelt vorwiegend die Lagen verbreitet und in unteren Lagen nördlichen Molasseberge, ist in den letz- auf Riedwiesen beschränkt, ähnlich ten Jahrzehnten zurückgegangen und wie Leontodon danubialis. Eine weitere muss als gefährdet eingestuft werden. ähnliche Art, L. adustum (W. D. J. Koch) Bastarde zwischen den beiden Arten Gremli (Berg-Margerite), die vor allem in sind wahrscheinlich. Bergflächen vorkommt, ist weiter unten erwähnt. Zum Schluss soll noch auf einige mit der Höhe vikariierende Arten hingewiesen Orchis aestivalis Kümpel* werden, die dank der höheren Lagen Orchis ustulata* L. am Höhronen das Gebiet noch erreichen Die frühere O. ustulata wird in neuerer und eines gewissen Schutzes bedürfen: Zeit nach der Blütezeit in 2 Sippen aufge- teilt. O. aestivalis* (Sommer-Brandorchis) Aconitum platanifolium blüht im Sommer an etwas trockene- Degen & Gáyer ren Stellen in Riedwiesen, während O. A. platanifolium (Platanenblättriger ustulata* (Gewöhnliche Brandorchis) in Eisenhut) wurde bereits oben erwähnt. mageren wechseltrockenen Wiesen vor- Die Art ist im Gebiet auf bewaldete, kommt und in unteren Lagen bereits im feuchte Schutthänge des Höhronen Mai und Anfang Juni blüht. Die Blätter beschränkt. In den Alpen ist die Art ver- sind bei O. ustulata blaugrün (Tafel IX/4, breitet und löst A. lycoctonum L. (A. vul- Karte 30), bei O. aestivalis grasgrün. paria Rchb.) in oberen Lagen meist ab. Beide Arten sind im Gebiet vom Ausster- Die Art ist auf kühlere Temperaturen ben bedroht. O. aestivalis kommt nur angewiesen und könnte unter der Kli- an einem Ort vor (Gattikermoos) und maerwärmung leiden. O. ustulata an zwei (Wehrenbachtobel, Streuweid). Anthriscus nitida (Wahlenb.) Hazsl. A. nitida (Glänzender Kerbel) ist am Polygala amblyptera Rchb.* Höhronen ziemlich verbreitet, kommt Polygala amarella Crantz aber im Gebiet nur hier vor. Die nah P. amblyptera (Stumpfflügelige Kreuz- verwandte A. sylvestris (L.) Hoffm. blume) wurde früher nicht von P. ama- (Gewöhnlicher Kerbel) wächst dagegen rella Crantz (Bittere Kreuzblume) unter- im ganzen Gebiet in Fettwiesen häu- Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 83 fig. In den Alpen steigt A. sylvestris an wird sich die Art bei fortschreitender Kli- sonnigen Orten bis in die untere sub- maerwärmung nicht halten können. Sie alpine Stufe mit Schwerpunkt in der hat breitere Fiedern zweiter Ordnung kollin-montanen Stufe. A. nitida ist auf (1 ½ – 2 ½ mal so lang wie breit, bei A. die montan-subalpine Stufe mit subo- filix-femina 2 ½ – 3 ½ mal). zeanischem Klima beschränkt. Sie ist im Gebiet aber ziemlich häufig und nicht Campanula scheuchzeri Vill. gefährdet und unterscheidet sich von A. C. scheuchzeri (Scheuchzers Glocken- sylvestris durch grössere seitliche Blatt- blume) ersetzt in höheren Lagen fiedern erster Ordnung, die etwa so (etwa oberhalb 1200 m) C. rotundifo- gross sind wie die Endfieder (beim Wie- lia L. (Rundblättrige Glockenblume). Sie senkerbel deutlich kleiner). unterscheidet sich von dieser durch meist nur eine grössere Blüte pro Stengel und Arabis ciliata Clairv. durch das Fehlen von sehr kurzen Haaren A. ciliata (Dolden-Gänsekresse) wird im unteren Stengelteil (seltener wenige gelegentlich durch die Sihl herabge- längere Haare; C. rotundifolia hat ganz schwemmt, kommt aber auch selten in kurze Haare am Stengelgrund und meh- mageren Wiesen sonst vor. Sie hat ihren rere kleinere Blüten pro Stengel). Da sie Schwerpunkt in der subalpinen Stufe. im Gebiet neben mageren Weiden auch Wahrscheinlich war sie früher in oberen Riedwiesen besiedelt, kann sie sich bei Lagen auf mageren Weiden gelegent- guter Pflege möglicherweise halten. lich vorhanden. Sie gehört in die Gruppe der A. hirsuta (L.) Scop. (Behaarte Gän- Hypericum maculatum Crantz sekresse), die in mageren Wiesen im H. maculatum (Geflecktes Johannis- ganzen Gebiet vorkommt aber selten kraut) kommt nur in den obersten Lagen geworden und gefährdet ist. A. ciliata des Höhronen vor, wo die Art die häu- besitzt nur wenige Fundstellen mit sehr figen, auch zur Gruppe H. perforatum L. kleinen Individuenzahlen und wird im gehörenden H. dubium Leers (Stumpfes Gebiet mittelfristig aus klimatischen Johanniskraut), H. desetangsii Lamotte Gründen aussterben. Sie unterscheidet (Desetangs’ Johanniskraut) und H. per- sich von A. hirsuta durch die wenigen foratum (Gewöhnliches Johanniskraut) Stengelblätter (4 – 10), die den Stengel teilweise ersetzt. Sie bevorzugt saure, nicht mit Zipfeln umfassen wie bei A. eher magere Böden. Sofern die Popula- hirsuta (mit 8 – 50 Stengelblättern). tionen überwacht werden, kann sich die Art mittelfristig halten. Sie ist erkennbar Athyrium distentifolium Opiz an ihren breiten 1 ½ – 2 mal so langen A. distentifolium (Alpen-Waldfarn) ver- wie breiten, ganzrandigen, gerundeten tritt Athyrium filix-femina (Gewöhn- Kelchblättern (bei den anderen Arten licher Waldfarn) in Lagen oberhalb Kelchblätter schmäler oder spitz oder 1200 m (allerdings steigt A. filix-femina gezähnt). (L.) Roth in den Alpen bis zur Wald- grenze). Im Gebiet wächst sie am Nord- Leucanthemum adustum hang des Höhronen. Ich habe sie aller- (W. D. J. Koch) Gremli dings nur noch an einer Stelle gefunden. L. adustum (Berg-Margerite) (Karte 63) Nach Herbarbelegen muss sie früher wächst an kalkhaltigen Schutthängen häufiger gewesen sein. Wahrscheinlich und in steinigen Weiden in der mon- 84 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen tanen bis unteren alpinen Stufe. Die halb 1000 m. P. uncinata hat ungestielte nah verwandte häufige L. ircutianum Zapfen und dunkelgrüne Nadeln (bei P. (Turcz.) DC. (Gewöhnliche Margerite) sylvestris gestielte Zapfen und bläulich besiedelt mässig nährstoffreiche Wiesen bereifte Nadeln) in der kollinen bis unteren subalpinen Stufe. Für die Erhaltung von L. adustum Poa supina Schrad. im Gebiet braucht es offene, sonnige P. supina (Niedriges Rispengras) gedeiht Schutthänge. An den Hängen im nörd- in höheren Lagen an nährstoffreichen lichen Molassegebiet ist L. adustum Stellen in Weiden und an Wegrändern bereits stark zurückgegangen und sonst häufig. Die nah verwandte Poa annua wächst sie noch selten auf Felsstücken in L. (Einjähriges Rispengras) ist in unteren der Sihl und beim Tüfelstein am Höhro- Lagen an nährstoffreichen Orten in Wie- nen. Über L. gaudinii (Gaudins Marge- sen, Weiden, Wegen und Feldern sehr rite), die zur gleichen Gruppe gehört, verbreitet und steigt vorwiegend ruderal vgl. oben. Von L. ircutianum unterschei- bis über die Waldgrenze. Im Gebiet ist P. det sich die Art durch das Fehlen von supina noch etwas weiter nordwärts ver- Zipfeln am Grunde der Stengelblätter, breitet als Geranium sylvaticum (Wald- von L. gaudinii durch längere Grundblät- Storchschnabel) (Karte 37) und wurde ter (mindestens 3.5 cm, bei L. gaudinii früher auch schon in der Stadt Zürich höchsens 3 cm) und grössere Köpfchen gefunden. Die Art unterscheidet sich (3.5 – 7 cm im Durchmesser, bei L. gaudi- von P. annua durch abwärts gerichtete nii höchstens 3 cm). untere Rispenäste und durch bis 0.6 mm lange Blatthäutchen (bei P. annua hori- Pinus uncinata Ramond zontal gerichtete Rispenäste und minde- P. uncinata (Aufrechte Bergföhre) ist mit stens 1 mm lange Blatthäutchen) Pinus sylvestris L. (Gewöhnliche Föhre) nah verwandt und bildet mit ihr auch Rumex alpestris Jacq. Bastarde, wächst im Gebiet an Molasse- R. alpestris (Aronstabblättriger Amp- steilhängen und besiedelte früher auch fer) ersetzt an nährstoffreichen Plät- saure Moore. An Steilhängen ist sie stark zen oberhalb etwa 1200 m R. acetosa zurückgegangen, da sie das Zuwachsen L. (Sauer-Ampfer). Auf dem Höhronen der Vegetation nicht erträgt. Das Öff- kommt deshalb auf dem Grat zuoberst, nen und Destabilisieren von Steilhängen an Nordhängen auch tiefer, R. alpestris als Pflegemassnahme ist für ihre Erhal- vor. An diesen Orten sind relativ grosse tung deshalb erwünscht. In Mooren ist Populationen vorhanden, so dass für die P. uncinata im Gebiet ganz verschwun- Art, wenn das Klima sich nicht deutlich den. Ob sie überall aktiv entfernt wurde, erwärmt, keine akute Gefährdung vor- wie das etwa vom Moor Abschwändi liegt. R. alpestris hat 1 – 2 mal so lange bekannt ist oder ob andere Gründe vor- wie breite untere Stengelblätter (bei R. liegen, ist nicht bekannt. Auch wurde acetosa 2 – 5 mal). meines Wissens nie untersucht, ob die Moor-Bergföhre und die Steilhang-Berg- föhre genetisch identisch sind. Wäh- rend Pinus uncinata bis zur Baumgrenze aufsteigt, trifft man P. sylvestris in den Aussenketten der Alpen kaum ober- Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 85

7 ZUKÜNFTIGE ENTWICKLUNG DER FLORA; ERHALTUNG DER BIODIVERSITÄT

Im Kapitel 4 ist aufgezeigt worden, 5 weitere Arten sind im östlichen Mit- dass das Gebiet als Bestandteil des Mit- telland vom Aussterben bedroht, wach- tellandes relativ artenreich ist und dass sen aber selten noch im Untersuchungs- nur wenige Arten überall verschwunden gebiet: Carex pauciflora (Wenigblütige sind. Für einen grossen Teil der Arten Segge: Abschwändi), Juncus bulbosus haben sich allerdings die Lebensbedin- (Zwiebelsimse: Sparenfirst am Höhronen; gungen verschlechtert oder sind nicht die Art wuchs bis vor wenigen Jahren mehr vorhanden. Die Zahl ihrer Fund- noch bei Samstagern), Goodyera repens orte und die Grösse ihrer Populationen (Moosorchis: Falätsche und Hagni), Dac- nahmen trotz vieler Bemühungen ab. tylorhiza lapponica (Lappland-Orchis: im Dass die Bedeutung des Untersuchungs- Süden des Gebietes ziemlich verbreitet), gebietes für die Erhaltung der Artenviel- Papaver argemone (Sand-Mohn: Bahn- falt im Mittelland und in der Schweiz anlagen beim Güterbahnhof und in Alt- wichtig ist, zeigt sich darin, dass zahl- stetten). reiche Arten der Roten Liste des öst- Tab. 24. vergleicht die Gefährdung der lichen Mittellandes und der Schweiz Arten im Untersuchungsgebiet mit jener (MOSER et al. 2002) im Untersuchungs- im Mittelland und in der Schweiz. Je gebiet noch vorkommen (Tab. 23), z. B. grösser das betrachtete Gebiet, desto die im östlichen Mittelland als «ausge- kleiner ist die prozentuale Gefährdung. storben» angegebenen Arten Coeloglos- Bemerkenswert ist, dass im Mittelland sum viride (Hohlzunge) und Streptopus für fast 10% der Arten die Datenunterla- amplexifolius (Knotenfuss). Oenanthe gen nicht genügen, um ihre Gefährdung lachenalii (Lachenals Rebendolde), die in festzustellen. Das zeigt, dass das Mittel- der Schweiz vom Aussterben bedroht ist, land offenbar nur ungenügend erforscht kommt in der Au noch vor, dank erfolg- wird und vor allem die Verbreitung von reicher Massnahmen der kantonalen Neophyten und kritischen Arten wenig Fachstelle für Naturschutz des Kantons. bekannt ist.

Tab. 23. Anzahl Arten der Roten Liste (RL=RE+CR+EN+VU) für das östliche Mittelland (MP2) und die Schweiz (CH), die im Untersuchungsgebiet noch vorkommen (ohne wieder angepflanzte oder eingeschleppte Arten) RE ausgestorben; CR vom Auststerben bedroht; EN stark gefährdet; VU verletzlich; Tab. 23. Numbers of species on the Red List (RL=RE+CR+EN+VU) for eastern Swiss Mid- lands (MP2) and (CH) that grow in the study area (excluding newly planted or introduced species) RE extinct; CR critically endangered; EN endangered; VU vulnerable; RE CR EN VU RL MP2 2778174261 CH 0 1 21 67 91 86 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Betrachten wir die Liste der prioritären zenswert, die nicht bewertet wurden, Arten der Schweiz (BAFU 2011), die weil sie entweder zu schwierigen Grup- neben dem Gefährdungsgrad auch noch pen mit oft vielen regionalen Kleinarten den Anteil der Schweiz an der Gesamt- gehören (z. B. Alchemilla, Rubus, Hiera- verbreitung der Art berücksichtigt, so cium, Taraxacum, Festuca, Ranunculus zeigt sich in ähnlicher Weise die Bedeu- auricomus) oder erst seit kurzem unter- tung des Untersuchungsgebietes für die schieden werden, so einzelne Orchideen Erhaltung der Arten. Von den 817 Arten, wie Orchis aestivalis (Sommer-Brandor- die in der Schweiz auf dieser Liste ste- chis) und Dactylorhiza pulchella (Schöne hen, kommen im Gebiet 59 Arten in der Orchis). Stufe 4 (geringste Gefährdungsstufe) vor, 22 in der Stufe 3 und 7 in der Stufe Was kann im Untersuchungsgebiet 2. Da die Liste der prioritären Arten vor getan werden, um langfristig die allem Arten mit einer geringen Gesamt- Diversität zu erhalten? verbreitung (vorwiegend Alpenpflan- 1 Für die Stadt Zürich und die über- zen) umfasst, ist die Zahl der aus dem bauten Gebiete und Verkehrsträger Gebiet aufgezählten Arten doch beacht- sind die Vorgaben für den Schutz am lich. Von den Arten, die nur in der Liste ehesten gegeben und werden z. T. auch der Prioritären Arten stehen und von bereits befolgt. Heute noch vorhandene den anderen Listen nicht unterschie- artenreiche Stellen sind rigoros zu erhal- den werden, ist Viola schultzii (Schultz’s ten und bei Unmöglichkeit der Rettung Veilchen, Hinterberg) in der Stufe 2 und Ersatz in der Nähe bereitzustellen. Über- verdient besondere Beachtung. Neben all dort soll Grün aufkommen können, den Arten der Roten und der Prioritären wo das möglich ist (Hinterhöfe, Weg- Listen sind eine Reihe von Arten schüt- ränder, Baumscheiben, Verkehrsteiler,

Tab. 24. Artenzahlen der Roten Listen in % für das Untersuchungsgebiet (UG) (geschätzt) sowie für das Mittelland (MP) und für die Schweiz (CH) (nach MOSER et al. 2002) RE ausgestorben; CR vom Aussterben bedroht; EN stark gefährdet; VU verletzlich; NT potentiell gefährdet; LC nicht gefährdet; DD Datengrundlage ungenügend. RL Rote Liste (RE+CR+EN+VU) Tab.24 Numbers of species on the Red Lists for the study area (UG) (estimated) and for the Swiss Midlands (MP) and Switzerland (CH) in % (according to MOSER et al. 2002) RE extinct; CR critically endangered; EN endangered; VU vulnerable; NT near threatened; LC least concern; DD data deficient. RL Red List (RE+CR+EN+VU) UG MP CH RE 11 5 2 CR 3106 EN 15 19 10 VU 19 16 14 RL 48 51 31.5 NT 15 11 14 LC 36 29 49 DD 096 Total 100 100 100 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 87

Dachpartien und Terrassen). Böden und 4 Die Moore und Riedwiesen im Unter- Mauern sind nur in Ausnahmefällen zu suchungsgebiet sind in ihrer Anzahl, versiegeln. Nur Holzgewächse können Grösse und im Artenreichtum von natio- an solchen Orten die Stabilität stören naler Bedeutung und müssen unbedingt und müssen entfernt werden. Die regel- erhalten bleiben. Die bisherige Bewirt- mässige Pflege soll nicht mit chemischen schaftung hat sich bewährt und wurde Mitteln erfolgen. Bahnareale und Stras- im Allgemeinen auch gut durchgeführt. senböschungen (auch kleine Flächen) Einzelne besondere Arten, die durch den sind besonders geeignet, den Verlust von kontinuierlichen Stickstoffeintrag aus mageren Wiesenpflanzen und Unkräu- der Luft bedroht sein könnten, müssen tern zu kompensieren und sollen entspre- überwacht werden. Auch seitliche Ein- chend gepflegt und überwacht werden. träge von nährstoffreichem Wasser aus intensiv gedüngten Wiesen sind zu kon- 2 In Hügel- und Berggebieten sind die trollieren und genügend grosse Puffer- steilen Hänge möglichst offen zu hal- zonen zu erstellen. Besonders gefährdet ten und kleinere Erosionen zu tolerie- ist der Hüttensee. Er ist einenteils durch ren oder sogar zu fördern. Eingriffe die invasive Glyceria striata (Gestreiftes zur Offenhaltung der Steilhangwäl- Süssgras) bedroht und andernteils als See der, wie sie im Üetliberggebiet durch- soweit überdüngt, dass keine höheren geführt werden, sind vorzusehen, vgl. Wasserpflanzen mehr wachsen, weil die Aktionsplan «Lichter Wald» der kanto- Algen das Wasser zu stark trüben. Eine nalen Abteilung Wald und der Fachstelle Regenerierung sollte soweit angestrebt Naturschutz» (www.aln.zh.ch). Falls die werden, dass im See wieder Teich- und Einriffe Erfolg haben, können zahlreiche Seerosen und verschiedene Laichkräuter Arten vor dem baldigen Aussterben auftreten, und möglicherweise auch die gerettet werden (s. Tafeln IV/2 und IV/4). schweizweit vom Aussterben bedrohte Kleine Teichrose (Nuphar pumila), die 3 Die Verluste von montan-subalpi- noch vor 70 Jahren im See typisch war, nen Weidenpflanzen am Höhronen sind wieder eine Lebenschance hätte. Der schwierig zu beheben. Ähnliche Weiden Kanton Zürich hat zur Erhaltung der Art bestehen dort auf Zürcher Gebiet nicht einen ausführlichen, ehrgeizigen Akti- mehr. Die ehemaligen mageren Weiden onsplan aufgestellt (www.aln.zh.ch). sind heute bewaldet. Eine Wiederher- stellung von ähnlichen Weiden im Gebiet 5 Langfristig gesehen ist eine Beschrän- in einer Grösse, die ein langfristiges kung des hohen Stickstoffeintrages Überleben von genügend grossen Popu- aus der Luft anzustreben. Ohne diese lationen erlaubt, ist ohne Zusammenar- Reduktion werden in wenigen Jahren beit mit den Kantonen Zug und Schwyz oder Jahrzehnten auch bei vorbildlicher und ohne kleinflächige Rodungen kaum Pflege an vielen Stellen vorwiegend möglich. Die Erfolgschancen müssten rasch wachsende nährstoffbedürftige genau abgeklärt werden. Da nicht Arten so dicht stehen, dass langsamer allzu weit im alpennäheren Gebiet die wachsende Spezialisten zu wenig Licht bedrohten oder verschwundenen Arten erhalten und verschwinden. Eine Wie- in grösseren Populationen vorkommen, deransiedlung von Arten wird dann sehr ist genetisch korrektes Beschaffungsma- aufwändig werden. terial kein Problem. 88 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

VERDANKUNGEN

Walter Lämmler, Zürich, hat mich in allen technischen und graphischen Belangen unterstützt. Er hat die Tabellen, die Kar- ten und die Farbtafeln bearbeitet und den Umschlag gestaltet. Ihm bin ich in erster Linie zu Dank verpflichtet. Andreas Keel von der Fachstelle Natur- schutz (Amt für Landschaft und Natur des Kantons Zürich) hat das Manuskript kritisch durchgelesen und mich mit wert- vollen Hinweisen unterstützt. Ich bin ihm sehr dankbar dafür. Conradin Burga, Frank Klötzli, Eve- lin Pfeifer und Rolf Rutishauser haben ebenfalls das Manuskript sorgfältig durchgesehen, auf Fehler und Unstim- migkeiten überprüft und mir viele wich- tige Anregungen gegeben. Auch ihnen danke ich sehr herzlich. Ebenso danke ich den im Kapitel 1.2 erwähnten fachlichen Mitarbeitern herz- lich. Mein Dank geht auch an Katherine Seipel für die Korrekturen der englischen Übersetzungen. Den Redaktoren, insbe- sondere Marlies Gloor und den Mitarbei- tern der Druckerei Koprint bin ich dank- bar für ihren hilfreichen Einsatz und für die angenehme Zusammenarbeit. Der Fachstelle Naturschutz des Kantons Zürich und der Stiftung Rübel danke ich herzlich für einen Beitrag an die Druck- kosten. Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 89

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ZÜST, S., STOCKER, R., KÜPER, M. 1988. Naturlandschaft Sihlwald. Studienbereich A. Vegetation. Polykopie. Mit Vegetationskarte. 92 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

GLOSSAR

Adventive Pflanzen unabsichtlich eingeschleppte, aber nicht eingebürgerte Pflanzen Apomikten Pflanzen, deren Samen sich ungeschlechtlich, d. h. ohne Befruchtung der Eizelle entwickeln und deren Nachkom- men muttergleich sind Archaeophyten Pflanzen, die durch den Menschen vor 1500 eingebracht wurden Bleicherdeböden saure Böden, bei denen unter einer Humusschicht eine bleiche Sandschicht folgt, bei der basische Minerale und Eisen ausgewaschen sind; diese werden in der darunter lie- genden rötlich gefärbten tonreichen Schicht ausgefällt Braunerde braun gefärbter Boden mit humusreicher Oberschicht, der häufig im humiden gemässigten Klima entsteht Drumlin rundliche Moräne (Mittel- oder Grundmoräne) Eiszeitrelikt Pflanze, die seit der letzten Eiszeit am gleichen Ort über- lebte Indigene (Arten) einheimische Arten, die ohne Zutun des Menschen in ein Gebiet eingewandert oder dort entstanden sind Invasive Arten Arten, die sich so stark und rasch ausbreiten, dass andere Arten am gleichen Standort verdrängt werden Kolline Stufe untere Waldstufe, im Gebiet bis etwa 600 m steigend; meist Buchen- und Buchenmischwälder mit einzelnen Eichen Kontinental Bezeichnung für Eigenschaften eines bestimmten Kli- mas: grosse Temperaturunterschiede zwischen Tages- und Nachttemperatur und grosse saisonale Temperaturunter- schiede; starke Sonneneinstrahlung; wenig Niederschläge Kritische Arten nah verwandte Arten, die schwierig zu erkennen und gegen einander abzugrenzen sind Molasse Ablagerungsgestein, das sich während der Alpenentste- hung im Tertiär gebildet hat Montane Stufe mittlere Waldstufe, im Gebiet zwischen etwa 600 und 1300 m; meist Buchen und Buchen-Tannen-Mischwälder Moräne Ablagerungmaterial der Gletscher Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 93

Nacheiszeitrelikte Pflanzen, die seit der Nacheiszeit im gleichen Gebiet über- dauert haben Neophyten Pflanzen, die seit 1500 durch direkte oder indirekte Wir- kung des Menschen in ein fremdes Gebiet einwanderten oder eingeschleppt wurden Nunataker Kuppen und Ketten von Bergen, die während der Eiszeiten über die Gletscher hinausragten Ozeanisch Gegensatz von kontinental; Bezeichnung für ein bestimmtes Klima: geringe tägliche und saisonale Tempe- raturunterschiede, geringe Sonneinstrahlung, viel Nieder- schläge Pionierpflanzen Arten, die in einem Gebiet als erste Bewohner auftreten; sie sind ökologisch spezialisiert, werden aber später meist von rascher wachsenden Arten verdrängt Podsole siehe Bleicherdeböden Prioritäre Arten Arten, die in ihrem gesamten Vorkommen beschränkt sind und für deren Erhaltung ein Land (hier die Schweiz) eine bestimmte Verantwortung trägt Schwarze Liste Liste der invasiven Neophyten der Schweiz, die in den Bereichen der Biodiversität, Gesundheit und/oder Ökono- mie Schäden verursachen Streuwiesen Wiesen, die der Streugewinnung (strohartige Liegeunter- lage vor allem für Tiere) dienen; meist spät geschnittene Riedwiesen Subalpine Stufe obere Waldstufe, im Gebiet nicht mehr vorhanden; meist Rottannenwälder Tertiär geologisches Zeitalter zwischen 60 Millionen Jahren und dem Beginn der Eiszeiten (vor 1.8 Millionen Jahren) Watch-Liste Liste der invasiven Neophyten, die das Potential haben, Schäden zu verursachen und deren Ausbreitung über- wacht und wenn nötig eingedämmt werden muss 94 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

B VERBREITUNGSKARTEN UND FARBTAFELN

VERBREITUNGSKARTEN Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Karten/Maps 4–7 Karten/Maps 8–11 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Erklärung der Kartensymbole auf Seite 13 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Karten/Maps 12–15

Erklärung der Kartensymbole auf Seite 13 Karten/Maps 16–19 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Erklärung der Kartensymbole auf Seite 13 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Karten/Maps 20–23

Erklärung der Kartensymbole auf Seite 13 Karten/Maps 24–27 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Erklärung der Kartensymbole auf Seite 13 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Karten/Maps 28–31

Erklärung der Kartensymbole auf Seite 13 Karten/Maps 32–35 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Erklärung der Kartensymbole auf Seite 13 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Karten/Maps 36–39

Erklärung der Kartensymbole auf Seite 13 Karten/Maps 40–43 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Erklärung der Kartensymbole auf Seite 13 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Karten/Maps 44–47

Erklärung der Kartensymbole auf Seite 13 Karten/Maps 48–51 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Erklärung der Kartensymbole auf Seite 13 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Karten/Maps 52–55

Erklärung der Kartensymbole auf Seite 13 Karten/Maps 56–59 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Erklärung der Kartensymbole auf Seite 13 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Karten/Maps 60–63

Erklärung der Kartensymbole auf Seite 13 110 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

FARBTAFELN

Legenden zu den Farbtafeln II bis VI

Tafel/Plate II 1 Blick vom Üetliberg über die Albiskette und das Reppischtal (rechts) nach Süden. Links sieht man den Zürichsee. – View from Üetliberg to the South along the Albis chain and the valley of Reppisch river (to the right). On the left one can see Lake Zurich. 2 Blick vom Höhronen nach Nordwesten. Hinter den Nadelbäumen ist links das Sihltal, das hinter der Moränenlandschaft des Zimmerbergs und vor der Albiskette im Hintergrund nach rechts führt. Ganz rechts an der Albiskette ist der Üetliberg und links der Aeugsterberg erkennbar. – View from Höhronen to the Northwest. Behind the conifers lies the Sihl Valley and further north the moraine area of the Zimmerberg; in the background is the Albis moun- tain chain from the Üetliberg on the very right to the Aeugsterberg on the left. 3 Blick vom Höhronen nach Norden gegen den Zürichsee. Vorn liegt der Hüttensee und die Moränenlandschaft des Zimmerberges. Rechts erkennt man Samstagern mit Industrialisierung in der ländlichen Region – View from Höhronen towards the North and Lake Zürich. In the foreground the Lake of Hütten is seen and behind is the moraine area of Zimmerberg. To the right lies Samstagern showing beginning of industrialisation in the region.

Tafel/Plate III 1 Blick vom Zimmerberg (Bruppacher) gegen Nordwesten. Im Hintergrund die Albiskette vom Albishorn (links) bis zum Üetliberg (rechts); in der Mitte rechts das Moränenplateau west- lich Morschwand, dazwischen das Sihltal. – View from Zimmerberg (Bruppacher) northwest. In the background the Albis mountain chain from Albishorn (on the left) north to Üetliberg (on the right), in the middle right the moraine plateau west of Morschwand; and in between lies the Sihl Valley. 2 Blick von Schönenberg gegen den Höhronen (nach Norden). Im Vordergrund eine Mittel- moräne; auf dem höchsten Punkt der Moränen stehen oft Linden (Tilia) – View from Schönen- berg to Höhronen (northwards). In front a median moraine. A lime (linden) tree (Tilia) is often planted on the highest point of a moraine. 3 Blick von Widenbach gegen Osten über das Moränenplateau in der Nähe von Hirzel auf die bewaldete Mittelmoräne Ändenholz. Rechts in der Mulde beginnt das Chrutzelenmoos, ein typischer Bestandteil dieser Moränenlandschaft – View from Widenbach on the moraine plateau near Hirzel eastward to the wooded median moraine Ändenholz. In the lower parts the wetlands of Chrutzelenmoos begin. Wetlands are typical elements of the moraine land- scape.

Tafel/Plate IV 1 Ausschnitt aus der Falätsche. Bis fast vor 100 Jahren war die Falätsche zu einem grossen Teil ein fast vegetationsloser Erosionstrichter. Heute hat sie sich dank der Bachverbauungen und der durch Stickstoffeintrag verbesserten Böden weitgehend stabilisiert und wächst lang- sam zu. – Part of the Falätsche. Nearly a hundred years ago the Falätsche was an erosion fun- nel. Today the soils have nearly stabilised due to creek corrections and nitrogen input from the air. Vegetation has begun to slowly close in. 2 Föhrenwälder folgen als erste Baumvegetation den Pionierbeständen. – Pine forests are the first plant cover after pioneer associations. Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 111

3 Fehlt die Dynamik im Föhrenwald wächst ein geschlossener Rasen am Boden. Der Rasen besteht aus Brachypodium pinnatum (Fieder-Zwenke), Molinia arundinacea (Strand-Pfeifen- gras) und Calamagrostis varia (Bunt-Reitgras), der das Aufkommen von vielen Arten verhin- dert. Statt der Föhren kommen Buchen und andere Laubbäume auf. – Under stable conditions a closed meadow covers the soil below the pine forest. The meadow consists of Brachypodium pinnatum, Molinia arundinacea and Calamagrostis varia which prevent many other plant spe- cies from growing. Instead of pines beeches and other deciduous trees develop. 4 Das Öffnen der Wälder durch Holzschlag und das Zulassen von Rutschungen an den stei- len Hängen lässt mehr Licht in die Vegetation eindringen. Das Licht verhindert teilweise eine Bodenentwicklung. Dadurch entstehen für viele Arten wieder neue Lebensräume. – The ope- ning of the forest by timber production and allowing slides on steep slopes enables more light to reach the soil. The light prevents soil development.Therefore many species are able to reco- lonize the openings.

Tafel/Plate V 1 Sandsteinfelswand am Höhronen. Die Felswände auf der Nordseite der Kette sind heute beschattet und sehr oft von Oberflächenwasser überrieselt. – Sandstone walls of Höhronen. The walls of the northern slope are shaded and often have water slightly trickling over them. 2 Waldlichtung, überwachsen mit Rubus-Arten (Brombeeren). Brombeeren verhalten sich in neuen Waldlücken invasiv und verhindern das Aufkommen von Jungbäumen und anderen Arten – Forest opening covered by Rubus species. Blackberry bushes behave like invasive plants in new forest clearings and prevent development of young trees and other plant species. 3 Nadelwald (mit Picea und Abies) auf dem Höhronen. Unter den Nadelbäumen wachsen vor allem Heidelbeeren (Vaccinium myrtillus) und Wald-Schmiele (Avenella flexuosa). – Coniferous forest (Picea, Abies) on the Höhronen. Below the conifers primarily Blueberries and Avenella grass are growing. 4 Buchenwald am Fuss des Pfefferberges. Feuchte Buchenwälder mit Allium ursinum (Bär- lauch) und Arum maculatum (Aronstab) sind am Fuss der Berge und in den Tälern verbreitet – Beach forest at the base of Pfefferberg. Humid beach forests with ramsons and Lords-and- ladies are frequent at the bases of the mountains and in the valleys.

Tafel/Plate VI 1 Enges Sihltal bei der Hüttner Brugg. Im obersten Teil durchquert die rasch fliessende Sihl die mit Geröll überdeckte Sohle des schluchtartigen Tales mit beidseits felsigen, teilweise bewaldeten Uferhängen, welche für Fussgänger nicht begehbar sind. – Narrow Sihl Valley near Hüttner Brugg. The upper part of the Sihl in the study area flows through a rocky, wooded gorge with steep slopes on both sides and is not passable for hikers. 2 Ausweitung des Sihltales bei der Hüttner Brugg. Ab der Hüttner Brugg weitet sich das Tal etwas aus und wird auf der Südseite des Flusses teilweise viehwirtschaftlich genutzt. – Wide- ning of the Sihl valley around Hüttner Brugg. From the Hüttner Brugg downwards the valley opens and is partly farmed on the southern side. 3 Sihltal beim Sihlsprung. Im südlichen Teil der Gemeinde Hirzel, wo die Sihl die Grenze zum Kt. Zug bildet, durchstösst sie einen Felsriegel und bildet Stromschnellen. Sie wird umrahmt von grossen Felsblöcken, die von den umgebenden Felswänden ins Tal gestürzt sind. Einer der grösseren Blöcke in Mitten der Sihl trägt einen dichten Bestand von Erica carnea (Erika), dem einzigen Fundort dieser Art im Gebiet. Frühere Vorkommen in der Gegend des Albis und in der Sihlschlucht bei Hütten sind verschwunden. – Sihl Valley near Sihlsprung. In the southern part of Hirzel the river forms the boundary of Cantons Zurich and Zug. It passes a rocky gorge and forms some rapids. From the side walls big lumps of rock have fallen in the river and for- med an interesting landscape. One of the big boulders in the middle of the river is covered by a dense population of Erica carnea. Other occurrences of this species near Albis and in the gorge of Sihl near Hütten disappeared in the last century. 112 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

4 Sihltal zwischen Leimbach und der Allmend Wiedikon. Im unteren Teil weitet sich das Sihltal aus, und die Sihl durchfliesst unterhalb dem Sihlwald grössere Ortschaften wie Langnau und Adliswil, die heute zur Agglomeration Zürich gehören. Sie ist hier kanalisiert und beidseits eingemauert. Oberhalb der Autobahnbrücke über die Allmend ist, wie auf dem Bild zu sehen, bergseits der Sihldamm geöffnet worden, so dass bei Hochwasser überschwemmt werden kann. Auf diese Weise ist teilweise wieder eine Auenvegetation möglich. – Sihl Valley between Leimbach and Allmend Wiedikon. In the lower part of the Sihl valley below Sihlwald the valley opens and the Sihl passes some more populated communities, like Langnau and Adliswil which are now a part of the agglomeration of Zurich. Here, the river is canalized between dams. As you can see in the picture, above the highway bridge crossing the Allmend the dam of the Sihl is opened enabling the water in high water situations to flood the area. Through this, it is hoped that a renaturation of the original river wetland vegetation is possible.

Legenden zu den Farbtafeln I und VII bis XVI

Tafel/Plate I. Kartenausschnitt des Untersuchungsgebietes – Map of the study area Mit Bewilligung des Amtes für Raumentwicklung des Kantons Zürich

Tafel/Plate VII 1 Epilobium fleischeri / Fleischers Weidenröschen 1/2 2 Linaria alpina / Alpen-Leinkraut 1 1/2x 3 Galeopsis angustifolia / Schmalblättriger Hohlzahn 1x 4 Geranium purpureum / Purpur-Storchschnabel 1x

Tafel/Plate VIII 1 Vicia sylvatica / Wald-Wicke 1/2 2 Centaurea thuilleri / Thuillers Flockenblume 1/2 3 Thalictrum aquilegiifolium / Akeleiblättrige Wiesenraute 1/4 4 Blackstonia perfoliata / Durchwachsener Bitterling 1/3

Tafel/Plate IX 1 Carlina biebersteinii / Biebersteins Golddistel 1/3 2 Carduus defloratus / Berg-Distel 1/5 3 Buphthalmum salicifolium / Ochsenauge 1/5 4 Orchis ustulata / Echte Brandorchis 1/2

Tafel/Plate X 1 Rhinanthus glacialis / Gletscher-Klappertopf 1/2 2 Dianthus superbus / Sumpf-Prachtnelke 1/3 3 Gymnadenia densiflora / Dichtblütige Handwurz 1/4 4 Carex rostrata / Geschnäbelte Segge 1/2 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen 113

Tafel/Plate XI 1 Daphne laureola / Lorbeer-Seidelbast 1/3 2 Lonicera nigra / Schwarzes Geissblatt 1/3 3 Geranium sylvaticum / Wald-Storchschnabel 1x 4 Veratrum lobelianum / Gewöhnlicher Germer 1/8

Tafel/Plate XII 1 Lycopodium annotinum / Wald-Bärlapp 2/3 2 Blechnum spicant / Rippenfarn 1/3 3 Vaccinium vitis-idaea / Preiselbeere 1x 4 Digitalis purpurea / Roter Fingerhut 1/10

Tafel/Plate XIII 1 Alnus viridis / Alpen-Erle 3/4 2 Cicerbita alpina / Alpen-Milchlattich 1/8 3 Adenostyles alliariae / Grauer Alpendost 1/10 4 Aconitum platanifolium / Platanenblättriger Eisenhut 1/8

Tafel/Plate XIV 1 Cardamine pentaphyllos / Finger-Zahnwurz 1/3 2 Lunaria rediviva / Ausdauernde Mondviole 1/4 3 Chrysosplenium alternifolium / Wechselblättriges Milzkraut 3/4 4 Chrysosplenium oppositifolium / Gegenblättriges Milzkraut 3/4

Tafel/Plate XV 1 Valeriana tripteris / Dreiblatt-Baldrian 1/6 2 Campanula scheuchzeri / Scheuchzers Glockenblume 2/3 3 Bartsia alpina / Alpen-Braunhelm 3/4 4 Tozzia alpina / Tozzie 1/3

Tafel/Plate XVI 1 Petasites hybridus / Gewöhnliche Pestwurz 1/3 2 Senecio alpinus / Alpen-Kreuzkraut 1/4 3 Ranunculus montanus / Berg-Hahnenfuss 1/2 4 Gypsophila repens / Kriechendes Gipskraut 3/4

BILDERNACHWEIS

Walter Lämmler, Zürich: Umschlagbild, V/1, V/3, VI/1, VIII/2, VIII/4, X/3, XI/1, XII/2, XIV/1, XIV/2, XV/3 Elias Landolt, Zürich: II/1, II/2, II/3, III/1, III/2, III/3, IV/1, IV/2, IV/3, IV/4, V/2, V/4, VI/2, VI/3, VI/4, VII/2, VII/4, VIII/1, IX/1, IX/2, X/1, XII/3, XIII/2, XV/2, XVI/2, XVI/3, XVI/4 Hans Sigg †, Winterthur: VII/1, VII/3, VIII/3, IX/3, IX/4, X/2, X/4, XI/2, XI/3, XI/4, XII/1, XII/4, XIII/3, XIII/4, XIV/3, XIV/4, XV/1, XV/4, XVI/1 G. Zimmermann †, Biel: XIII/1 114 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

FARBTAFELN I bis XVI

Tafel /Plate I. Kartenausschnitt des Untersuchungsgebietes – Map of the study area Mit Bewilligung des Amtes für Raumentwicklung des Kantons Zürich Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Tafel/Plate II

Legende S. 110 Tafel/Plate III Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Legende S. 110 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Tafel/Plate IV

Legende S. 110 Tafel/Plate V Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

Legende S. 111 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Tafel/Plate VI

Legende S. 111 Tafel/Plate VII Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

1 Epilobium fleischeri 1/4 2 Linaria alpina 2x 3 Galeopsis angustifolia 1x 4 Geranium purpureum 1x Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Tafel/Plate VIII

1 Vicia sylvatica 1/4 2 Centaurea thuilleri 1/2 3 Thalictrum aquilegiifolium 1/4 4 Blackstonia perfoliata 1/3 Tafel/Plate IX Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

1 Carlina biebersteinii 1/3 2 Carduus defloratus 1/5 3 Buphthalmum salicifolium 1/5 4 Orchis ustulata 1/2 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Tafel/Plate X

1 Rhinanthus glacialis 1/2 2 Dianthus superbus 1/3 3 Gymnadenia densiflora 1/4 4 Carex rostrata 1/2 Tafel/Plate XI Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

1 Daphne laureola 1/3 2 Lonicera nigra 1/3 3 Geranium sylvaticum 1x 4 Veratrum lobelianum 1/8 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Tafel/Plate XII

1 Lycopodium annotinum 2/3 2 Blechnum spicant 1/3 3 Vaccinium vitis-idaea 1x 4 Digitalis purpurea 1/10 Tafel/Plate XIII Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

1 Alnus viridis 3/4 2 Cicerbita alpina 1/8 3 Adenostyles alliariae 1/10 4 Aconitum platanifolium 1/8 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Tafel/Plate XIV

1 Cardamine pentaphyllos 1/3 2 Lunaria rediviva 1/4 3 Chrysosplenium alternifolium 3/4 4 Chrysosplenium oppositifolium 3/4 Tafel/Plate XV Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen

1 Valeriana tripteris 1/6 2 Campanula scheuchzeri 2/3 3 Bartsia alpina 3/4 4 Tozzia alpina 1/3 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Tafel/Plate XVI

1 Petasites hybridus 1/3 2 Senecio alpinus 1/4 3 Ranunculus montanus 1/2 4 Gypsophila repens 3/4 130 Zur Flora des Sihltales von der Stadt Zürich zum Höhronen Adresse des Autors: Prof. em. Dr. Elias Landolt Institut für Integrative Biologie CHN Eidgenössische Technische Hochschule 8092 Zürich