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im Lande. In einer Hauptrolle: „Box-Welt- meister Axel Schulz“. BOXEN Dabei hat sich Schulz immer nur her- vorgetan als ein Weltmeister der Ankündi- gung. Regelmäßig werden mit viel Geklin- Ewig verhinderter Held gel Kämpfe annonciert, die dann daran scheitern, daß den großen Blonden eine In einem ZDF-Krimi verkörpert Axel Schulz, was neue Malaise am Schlagabtausch hindert. „Der weiche, reiche, sieche Riese“, titelte ihm im wahren Leben stets verwehrt blieb: den Weltmeister frech die „Süddeutsche Zeitung“ und jux- im Schwergewicht. Nun denkt er ans Karriereende. te: „Axel Schulz wieder verletzt: Gefahr schon vom Frühstücksei?“ oger Heinze hat die Schnauze voll gang nicht aus. Denn der fäustelnde Koloß An was hat er nicht alles herumgedoktert vom Boxen. Nur ein großes Ziel ver- scheiterte stets, wenn sein Management für in den verlorenen Jahren seiner Karriere: Rfolgt er noch: Er will den Welt- ihn die Bühne zum WM-Fight freigeboxt Knochenabsplitterung an der Faust, Ner- meistertitel im Schwergewicht verteidigen. hatte: gegen den Mittvierziger George venentzündung im Rücken, Bruch der rech- Sein Manager, ein Fiesling mit dem Foreman, gegen den Hormonschlucker ten Hand, Meniskusoperation am linken Charme eines Waffenschiebers, setzt je- Frans Botha und gegen den Durchschnitts- Knie. Mitte März tauchte Schulz im Reha- doch schon auf den Herausforderer, den prügler . Mehr Schulz Zentrum des Fitmachers Willy Dungl im „ukrainischen Bären“. Zu Heinzes Frau im Ring war nie – abgesehen von einigen Salzburger Land unter. Ein Bandscheiben- sagt er im Umkleideraum: „Natürlich ge- Therapiekämpfen gegen übergewichtige vorfall hatte ihn erneut auf den Opera- winnt er. Und wenn er nicht gewinnt, ist Nebenerwerbsschläger. tionstisch gezwungen. auch nicht schlimm. Haupt- Das nagt an Schulzens sache, er bleibt gesund.“ Seele. Mittlerweile, so Da hat sich der Wider- weiß sein Manager Wolf- wärtige aber getäuscht. ram Köhler, im Haupt- Zwar liegt Heinze bald auf beruf Erster Bürgermeister den Brettern und wird an- der sächsischen Kreisstadt gezählt. Doch dann rappelt Riesa, zu berichten, „hat er sich auf, blickt benom- Axel, denk’ ick, die Angst, men ins Publikum, erkennt es könnte wieder was pas- seinen kleinen Sohn mit der sieren“. Denn, so Köhler Zahnlücke und schlägt wie weiter: „Die Rückenpro- in Trance die Kombination blematik ist ’n Stück weit seines Lebens: Sieg durch auch psychosomatisch.“ K. o. in der vierten Runde. So ist es mit dem Re- So hat sich das Axel spekt der Konkurrenz Schulz auch immer vor- nicht mehr weit her. Der gestellt. Die Tragik des Frankfurter Promoter Eb- Schwergewichtlers aus by Thust höhnt, Schulz

Frankfurt/Oder ist bloß, daß ZDF boxe „am liebsten gegen er als Laiendarsteller für Schauspieler Schulz (Filmszene): Gravierende Retuschen im Werdegang ’nen Toten“. Und Witalij den „ZDF-Samstagskrimi“ Klitschko, der ukrainische in die Rolle des Roger Heinze schlüpfen Haudrauf aus dem Hamburger Box-Stall mußte, um sich mit dem Titel zu schmük- Universum, will den Kontrahenten rade- ken, den ihm das wahre Leben verwehrt brechend aus der Reserve locken: „Axel, hat: Champion aller Klassen**. ich bin scharf wie Messer.“ In Wirklichkeit gilt Schulz, 30, in der Doch Schulz bleibt Schulz. Bis vor kur- Branche als ewig verhinderter Held. Sein zem phantasierte er lieber von einer vier- Abstecher ins Genre des Unterhaltungs- ten WM-Chance: April, Las Vegas, Mike films verdeutlicht nun eher unfreiwillig: Tyson. Daß man ihn schließlich nicht mehr Schulz ist, ganz anders als die mythischen wollte, schockierte eigentlich nur ihn. Vertreter seiner Sportart, ein Boxer ohne Nun wird sein Rücktritt immer wahr- eigene Geschichte. scheinlicher. Vergangene Woche wandelte

So lieferte der pralle Lebensweg des Bubi STEPHAN der Boxer über österreichische Felder und Scholz genügend Stoff für ein dreistündiges Boxer Schulz*: Ohne eigene Geschichte sinnierte über ein Leben außerhalb des biographisches Fernsehstück. Der Oscar- Rings. gekrönte Dokumentarfilm „When We Were Die Filmemacher jedoch scheint die Fik- Wegen der „mentalen Situation“ seines Kings“ rankt sich gar nur um wenige Ta- tion von Axel, dem Starken, überwältigt Vertrauten schließt Köhler nicht aus, daß ge im Jahr 1974: Er erzählt das Spekta- zu haben. So bekennt Regisseur Jakob Schulz am Montag dieser Woche bei einer kel um das Box-Drama zwischen Muham- Schäuffelen, 31, mit leichtem Pathos in PR-Veranstaltung für den ZDF-Streifen mad Ali und im schwül- der Kehle: „Axel Schulz spielt einen Box- sein Karriereende bekanntgibt. Des Ma- heißen Zaire nach – „Rumble In The Weltmeister, aber wenn man genau hin- nagers einziger Wunsch: „Ick will nur kee- Jungle“. schaut, ist das alles mehr oder weniger ne Lamentierung.“ Bei Allerwelts-Schulz dagegen kommt schon er.“ Hauptsache, er bleibt gesund. das Drehbuch ohne Retuschen im Werde- Und Susann Kreutzmann, eine Öffent- Denn im Film endet der Box-Weltmei- lichkeitsarbeiterin des beteiligten TV-Kon- ster Schulz alias Heinze als Leiche – noch * Im Dezember 1995 in . zerns Ufa, faxte frohgemut eine Einladung am Kampfabend wird er nach einer Party ** Ein starkes Team“, 10. April, 20.15 Uhr. zur Filmpräsentation an die Redaktionen erschossen. Michael Wulzinger

168 der spiegel 13/1999