DieErhebungdesNepotianusinRomimJuni350n.Chr. undseinProgrammderurbsRomachristiana*

vonKAYEHLING,Duisburg

Zusammenfassung: Die Erhebung desNepotianus, eines Angehörigen derconstantinischen Dynastie,in RomimJuni 350 wurdevonTeilen desSenates und desStadtvolkes getragen. DieMünzendesGegenkaiserslasseneinezunehmendeConstantinisierungseinerSelbstreprä- sentationerkennen.DievonihmgeprägtenSolidimit demBildderchristlich interpretierten urbsRoma,sindals Ausdruckeineschristlichen Regierungsprogrammesaufzufassen.Auslö- serdergegengerichtetenUsurpationwarvermutlichdieheidenfreundlichePolitik despraefectusurbisRomae des Magnentius,FabiusTitianus.Beider Revoltehandeltessich abernichtumeineverabredeteAktiondesconstantinischenHauses, sondernum einespon- taneReaktionder christlichen Oppositionin Rom. Dabei agierte Nepotianus sehrwahr- scheinlichausdemBewußtseinheraus,derbessereKaiseralsMagnentiuszusein.

DasJahr350n. Chr.wareines der schwerstenKrisenjahre der constantini- schenDynastie.Am18.Januar350 ließsich dercomesrei militarisund Kom- mandeurdergallisch-germanischen Elitelegionen der Iovianiund Herculiani seniores,FlaviusMagnusMagnentius,inAugustodunum(Autun)zumKaiser ausrufen.1NachdessenEinmarschinItalien wurdeam1.Märzin Mursa oderSirmiumderalt gediente magisterpeditum Vetraniovonden illyrischen TruppenzumAugustusernannt. 2UndschließlichkamesimJuni350inRom zurErhebungdesFlaviusPopiliusNepotianus.3Derim Ostengegendie Per- serimFelde stehendeKaiserConstantius II. 4sahsichalsobinnen fünfMo-

* DenHerausgebern,B.BleckmannundH.Leppin,dankeichfürdieDurchsichtdesManu- skriptesundverschiedeneHinweise.FürdieAnfertigungderPhotographiendankeichder StaatlichenMünzsammlungMünchen. 1 DervollständigeNameläßtsichausdenMünzenvonAquileiaerschließen:J.P.Kent,Ro- manImperialCoinage, London1981, VIIIS. 325 (imfolgenden RIC).Vgl.O. Seeck,Ge- schichtedesUntergangsderantikenWelt,Berlin1911,Bd.4S. 97ff.;E.Stein, Geschichte desspätrömischenReiches,Wien1928,Bd.IS. 215;W. Enßlin,Magnentius(1),RE 14,1, Stuttgart1928,Sp.445ff.; A.H.M.Jones/J.R.Martindale/J.Morris,TheProsopography oftheLater RomanEmpire,Cambridge 1971,Bd.IS.532 (imfolgenden PLREI);S.El- bern,UsurpationenimspätrömischenReich,Bonn 1984,S.19;96;P.Bastien,Le mon- nayagede Magnence (350−353),Wetteren 19832,S.7ff.;A.Demandt,Die Spätantike. RömischeGeschichtevonDiocletianbisJustinian284−565n. Chr.,München1989,S.83. Weiteressieheunten. 2 E.Stein,GeschichtedesspätrömischenReiches,Wien1928,Bd.IS. 215;S. Elbern,Usur- pationenimspätrömischenReich,Bonn 1984,S.19f.;A. Demandt,DieSpätantike.Rö- mischeGeschichtevonDiocletianbisJustinian284−565n.Chr.,München1989,S.83. 3 AblaufundHintergrundsieheunten. 4 ConstantiusII.warimFrühjahr/Frühsommer350mitderBelagerungvonNisibisbeschäf- tigt:D.Kienast, Römische Kaisertabelle. Grundzügeeinerrömi schenKaiserchronologie, Darmstadt1996 2,S.314. Zu denmilitärischenAuseinandersetzungenanderPerserfront vgl.O.Seeck,GeschichtedesUntergangsderantikenWelt,Berlin1911,Bd.4 S. 95ff.;W.

GöttingerForumfürAltertumswissenschaft4(2001)141-158 http://www.gfa.d-r.de/4-01/ehling.pdf 142 KayEhling natendreiAugusti gegenüber,die praktischdengesamtenWestendes Rei- chesvonBritannienundAfrikabiszumPaß vonSucciunterihrerKontrolle hatten.5DieHintergründe derErhebungendesMagnentiusunddesVetranio sindinzweijüngstpublizierten,umfangreicherenAufsätzenmitweiterfüh- rendenErgebnissenuntersuchtworden.6UmdiesesBildabzurunden,scheint esmirlohnend,einmal diestadtrömischenEreignissezwischen Februarund Juni350intensiverzubeleuchten.Auchwennessichdabeinurumeinenre- lativkurzenZeitabschnitthandelt,unddieErhebungdesNepotianusletztlich nicht vielmehr alseineEpisodewar, verdientdieseRebelliondoch unsere Aufmerksamkeit,weilessich beidemUsurpatorumeinenAngehörigendes Kaiserhauseshandelte, 7dessenMachtergreifung vor demprekären Hinter- grundderBesetzungItaliensdurchTruppenundAmtsträgerdesMagnentius zusehenist.ZunächstmöchteichimfolgendendaheraufdieUsurpationdes Magnentiusunddierasche InbesitznahmeItalienseingehen,um anschlie- ßendden historischenAblauf derErhebungdesNepotianuszurekonstruie- renund vorallemderFrage nachzugehen,warumesimJuni350n. Chr.zu dieserErhebunginRomgekommenist.

Portmann,Die59.RededesLibanios unddasDatum derSchlacht vonSingara, ByZ83, 1989,S.1ff.undK.Mosig-Walburg,ZurSchlachtbeiSingara,Historia48,1999,S.330ff. 5 DerPaß bildetedie Grenze zwischenderdakischen und derthrakischenDiözeseund damitzwischendenReichsteilendesConstansunddesConstantius II.EineBeschreibung desOrtesgibtAmm.XXI10,3f. 6 B.Bleckmann, Constantina,Vetranio undGallus Caesar, Chiron 24,1994,S.29ff.und J.F.Drinkwater,TheRevoltandEthnicOriginoftheUsurperMagnentius(350−353),and the Rebellionof Vetranio (350), Chiron 30,2000,S.131ff. Bleckmanndiskutiertden QuellenwertderÜberlieferungbeiPhilostorgius (S.33ff.), arbeitetdie Stellung derCon- stantinaschärfer heraus(S.36ff.) undzeigt,daßVetranio sehrviel unabhängigeragierte unddabeidurchausselbständigeZieleverfolgte, alsdies bislangangenommenwurde(S. 44f.). Darüberhinausmachter aufdie Bedeutung des praefectuspraetorio desVetranio, VulcaciusRufinus, unddessen vermittelndeRollebei derKonferenzvon Heraclea auf- merksam(S.50ff.).DurchdieAusführungenvonDrinkwaterwirddeutlich,daß Magnen- tius'Usurpation vonlangerHandgeplant (S.132f.), und auchderOrtder Erhebung − Augustodunum−mit Bedacht gewähltworden war(S. 134ff.). Drinkwaterstelltdiege- samteÜberlieferung,nachderMagnentiusvon barbarischerAbstammunggewesen sei,in Frage,und machtdagegenwahrscheinlich,daßsowohldie ethnischeHerkunft als auch dersozialeStatusdes Magnentiusbeiweitem 'besser'war, als uns diespätere,aufdie PropagandadesConstantiusII.-Hofes zurückgehendeÜberlieferungglauben machenwill (S.138ff.). 7 Erwarmütterlicherseitsmitden Flaviern verwandt:Aurel. Vict.42,6; Eutrop.X 11,2; Oros.VII29,11;Soz.h.e.4,1. SeineMutter EutropiawardieTochterdesConstantiusI. Chlorusund derTheodora undsomiteine HalbschwesterConstantinsd.Gr.:Ps. Aurel. Vict.42,3; Zos.II 43,2. VermutlichistihrEhemannVirius Nepotianus,der Konsuldes Jahres336, derVaterdes Gegenkaisersgewesen.S. Elbern,Usurpationenim spätrömi- schenReich,Bonn1984,S.91;PLREI624. DieErhebungdesNepotianusinRomimJuni350n.Chr. 143

1) ErhebungdesMagnentiusundEinmarschinItalien

WährendKaiserConstanssichaufeinemJagdausflugbefand,wurde Magnentiusam18.Januar 350inAugustodunumzumAugustus erhoben.8 DerVorgangwird beiPs.Aurelius Victor,ZosimusundZonarasgeschildert: Dercomesrerum privatarumMarcellinusveranstalteteanläßlichdesGeburts- tagesseinesSohneseinFestbankett(Ps. Aurel.Vict. 41,22),andemneben Magnentius„vieleherausragendePersönlichkeitendesHeerlagers“ teilnah- men(Zos.II42, 3).UmMitternachtverabschiedete sichMagnentiusunterei- nemVorwandund kehrtedannkurzeZeitspäterimkaiserlichen Ornat(Ps. Aurel.Vict.41,23;Zos.II42,3)inBegleitungeinerLeibwache(Zon. XIII6C) indenFestraumzurück,woihndieAnwesenden zumAugustus prokla- mierten(Zos.II42,4).Als„Drahtzieher“ der Verschwörungwerden Marcel- linusundeingewisserChrestusgenannt. 9DieSoldaten,darunter auch nach GallienabkommandierteillyrischeKavallerie,unddie BevölkerungvonAu- gustodunum begrüßten MagnentiusanschließendebenfallsalsAugustus (Zos.II42,4f.).Magnentius bezogden kaiserlichenPalastund verteilteGeld- geschenke(Zon.XIII6C).AlsConstans vonder Erhebungerfuhr,flüchteteer nachSüden,wurdeabervonGaiso10eingeholtundbeidemKastellHelenaam Fußder Pyrenäenerschlagen (Eutrop.X9,4;Ps.Aurel Vict. 41,23; Oros.VII 29,7;Zos.II42,5;Zon.XIII6D).

DaConstansin derAbwehrder Germanendurchaus erfolgreichwar,11dürf- tendie Ursachenfürdie ErhebungdesMagnentiusunddieErmordungdes legitimenKaisersinnenpolitischeGründe gehabthaben.ImLaufeseiner 13jährigenAlleinherrschaftimWestenscheintConstansunbeliebtgeworden

8 DasDatum nenntChron. min.I 237. DieQuellensind:Ps. Aurel.Vict. 41,22; Oros.VII 29,8; Zos.II 42,4; Zon.XIII6B. Vgl.auchW.Enßlin, Magnentius(1),RE14,1, Stuttgart 1928,Sp.446;J.F.Drinkwater, TheRevoltandEthnic Originof theUsurper Magnentius (350−353),andtheRebellionofVetranio(350),Chiron30,2000,S.131ff. 9 Ps.Aurel.Vict. 41,22.M.Cl auss,Der magisterofficioruminder Spätantike(4. −6.Jahr- hundert).DasAmtundseinEinflußaufdiekaiserlichePolitik,München1980,S.168. 10 M.Waas,GermanenimrömischenHeerdienstim4.Jh.n.Chr.,Bonn1971,S.84. 11 BiszuseinemTodeherrschteRuheamRhein,dasichdieBarbaren vorConstans fürchte- ten:Amm.XXX7,5. Vgl.A. Demandt,DieSpätantike. RömischeGeschichtevon Diocle- tianbis Justinian284−565n. Chr.,München1989,S.82. AuchderMünztypmitKaiser undGefangenemvoreinerHütteausderMaiorinaserieder Jahre346/348 deutetdarauf hin:K.Kraft,DieTatenderKaiserConstans undConstantiusII.,JNG9, 1958,S. 141ff., wiederabgedrucktin:GesammelteAufsätzezurantikenGeldgeschichteundNumismatik, Darmstadt1978,Bd.IS.87ff.KritischgegenüberderKraft'schenDeutungist W.Weiser, FeliciumTemporum Reparatio.KaiserConstans führtgefangeneFrankenaus ihren Dör- fernab,SchwNumRu66,1987,S.161ff.mitTaf.28 −30. Eineandere DeutungderMünz- bilderhatjetztW. Portmann,DiepolitischeKrisezwischendenKaisernConstantiusII. undConstans,Historia48,1999,S.307ff.vorgeschlagen. 144 KayEhling zusein. 12MilitärundZivilbevölkerungwaren gegen ihneingestellt;inden Quellenwerdenzahlreiche Gründegenannt:NebenadministrativenFehlent- scheidungenwie derEr nennungungeeigneterBeamter (Aurel.Vict. 41,23) wurde Constans dieUnterdrückung der Provinzialen (Oros. VII29,7)und eineVerachtungdesMilitärischen zum Vorwurfgemacht(Aurel.Vict. 41,23). AlspersönlicheSchwächen werdeneinhitzigerCharakter,Geldgier(Aurel. Vict.41,23)undLaster (Oros.VII29,7)kritisiert,gemeintsind homosexuelle Neigungen (Aurel.Vict. 41,24;Zos.II42,1)undeinHangzumAlkohol (Artemiipassio10).AußerdemscheinteranRheumagelittenzu haben,13was ihnfürdie Zukunftvielleichtnichtalsdenkörperlich geeigneten Herrscher erscheinenließ.DagegenwarMagnentiusvongewaltigemKörperbau(Ps.Au- rel.Vict.41,25).14

EinedererstenMaßnahmendesneuenAugustuswardieBeseitigung unlieb- samerConstans-Anhänger. AberauchdieeigenenReihenwurdennichtge- schont(Zon.XIII PII14 B).Dencomesrerum privatarumMarcellinusernannte Magnentiuszummagisterofficiorum.15Anicetusbestellteerzumpraefectusprae- torioItaliae,derEndeFebruar/AnfangMärz350 inRomseinenAmtssitzein- nahm(Zos.II43,3).DieIdentitätdiesesAnicetusmitdeminCILVI498=AE 1996,88genanntenKonsuldesJahres350,FlaviusAnicius, wurdeetwavon W.Enßlinangenommen, 16vonR.von Haehlingjedochabgelehnt. 17Der prae- fectus praetorioGalliarum ,FabiusTitianus,wurdezum praefectusurbis Romae ernannt.18Enßlin vermutetein demGermanen(?) 19Gaisoeinen der magistri 12 Amm.XVI7,5;Zos.II42,1.S.Elbern,Usurpationenimspätrömischen Reich,Bonn 1984, S.42f.;A.Demandt, DieSpätantike. RömischeGeschichtevon Diocletianbis Justinian 284−565n.Chr.,München1989,S.83. 13 S.Elbern,UsurpationenimspätrömischenReich,Bonn1984,S.42. 14 Daßdas körperlicheErscheinungsbildvonBedeutung war,zeigtsich etwa beiderErhe- bungConstantinsd.Gr.:Zos.II9,1 unddesJovian:G.Wirth,Jovian.Kaiser undKarika- tur,in: Vivarium. Festschrift fürT.Klausner,Münster 1984,S.356 Anm.13 undK. Ehling,DerAusgang des PerserfeldzugesinderMünzpropaganda desJovian,Klio78, 1996,S.188f. 15 Zos.II 43,4.M.Clauss, Der magisterofficioruminder Spätantike(4. −6.Jahrhundert). DasAmtundseinEinflußaufdiekaiserlichePolitik,München1980,S.168f. 16 W.Enßlin,Magnentius(1),RE14,1,Stuttgart1928,Sp.446. 17 R.vonHaehling,DieReligionszugehörigkeitderhohenAmtsträgerdes RömischenReiches seitConstantinsI.Alleinherrschaftbis zumEndederTheodosianischenDynastie (324− 450bzw.455n.Chr.),Bonn1978,S.292f. 18 R.vonHaehling,DieReligionszugehörigkeitderhohenAmtsträgerdes RömischenReiches seitConstantinsI.Alleinherrschaftbis zumEndederTheodosianischenDynastie (324− 450bzw.455n.Chr.),Bonn1978,S.336;369;371;PLREIS.918. 19 M.Waas, Germanenimrömischen Heerdienstim4. Jh.n. Chr.,Bonn 1971,S.84: „vielleichteinGermane“.Amm.XV5,16erwähnteinenFrankennamens Laniogaisus,der inderLeibwachedes Constans gedientehatte undbei derErmordungdesKaisers zuge- gengewesenwar.GaisoscheintdemnachtatsächlicheingermanischerNamezusein. DieErhebungdesNepotianusinRomimJuni350n.Chr. 145 militumdesMagnentius 20undA.Demandthatwahrscheinlichgemacht,daß ersein magisterequitumwar.21WennMagnentiusihn zum Kollegenim Kon- sulatdesJahres351ernannte( Chron.min.I69), dannwohlals ‘Belohnung‘ fürseineMordtat.22

Dieersten Goldmünzen,dieMagnentiusinTrier,AquileiaundRom prägen ließ,zeigenwieer seinenUmsturzverstandenwissen wollte:Sietragendie RückseitenlegendeVICTORIAAVG(usti) (est) LIB(ertas)ROMANOR(um) dazuVictoriaundLibertaseinTrophaionhaltend. 23DieErmordungdes Con- stanswurdeunterdielibertas-Parolegestellt,aufdieerauchnach derBeseiti- gungdesNepotianuszurückgriff(s.u.).24

IndennächstenWochenfand derUsurpatorinGallien,Italien,Sizilienund AfrikaAnerkennung.25BaldnachseinerErhebungmarschierteMagnentiusin ItalieneinundnahmzunächstAquileiazuseinerResidenzstadt; 26derEinzug desGegenkaisersinAquileiadürftevordem27.Februar 350 gelegenhaben.27 VermutlichausdiesemAnlaßwurdenvon derMünzstättederStadtGoldme- daillonsim Wertvondrei Solidiausgeprägt,dieauf derVorderseitedie bar- haupteBüstedesMagnentiusimPanzerundPaludamentumnachrechts zei- gen.28Aufder Rückseite reitetder barhaupte,abernimbierteMagnentiusin 20 W.Enßlin,Zum HeermeisteramtdesspätrömischenReiches.Teil II.Diemagistrimilitum des4.Jahrhunderts,Klio24,1931,S.105. 21 A.Demandt,Magistermilitum,RESuppl.12,Stuttgart1970,Sp.563.Er fielvermutlich inderSchlachtbeiMursa(28.September351). 22 M.Waas,GermanenimrömischenHeerdienstim4.Jh.n.Chr.,Bonn1971,S.84. 23 Trier: RIC VIIIS. 155f. Nr. 245ff.;P.Bastien,Le monnayagedeMagnence (350−353), Wetteren19832,S.57f. Nr. 1ff.; Aquileia: RIC VIIIS. 326f. Nr. 127ff.;P.Bastien,Le monnayagedeMagnence (350−353),Wetteren 19832,S.192 Nr. 302; Rom:RIC VIIIS. 260f. Nr.162ff.;P.Bastien,Le monnayagedeMagnence (350−353),Wetteren 19832,S. 200f.Nr.385ff. 24 W.Kellner, Libertas undChristogramm.MotivgeschichtlicheUntersuchungen zurMünz- prägungdesKaisersMagnentius(350−353),Karlsruhe1969,S.15ff.; J.Ziegler, Zurreligi- ösenHaltungderGegenkaiserim4.Jh.n.Chr.(FAS4),Kallmünz1970,S.56. 25 Eutrop.X10,2;Oros.VII29,7;Iul.or.I26C;Zos.II43,1;Sok.h.e.II25. Vgl.auchdieIn- schriftenfürSpanienz.B.:AE1969/70,269;AE1983, 577?;AE1984,612? undAfrika z.B.:AE1953,72=1987,1008;AE1987,1014b. Ebenso gehörte Britannienin seinen Machtbereich.ConstantiusII.bestrafte später diejenigenMilitärs,diedenUsurpatorun- terstützthatten(Amm. XIV5,6); dochwurdenin LondonkeineMünzenfürMagnentius geprägt.Vgl.auchS.Elbern,UsurpationenimspätrömischenReich,Bonn1984,S.19. 26 AndersAurel. Vict.42,5, derschreibt, Magnentiusseinicht gleichnachItalien gegangen. W.Enßlin, Magnentius(1),RE14,1,Stuttgart1928,Sp.447 nimmtan,daß Magnentius zuBeginn derUsurpationdesNepotianussichinMailandaufhielt.Dort wurde später Decentiuserhoben.Zum Verwandtschaftsverhältnisvgl.jetztB.Bl eckmann,Decentius, BruderoderCousindesMagnentius,GFA2,1999,S.85ff. 27 DemTagdesAmtsantrittsdesFabiusTitianusalspraefectusurbiinRom. 28 D.h.erverzichtetenachaußenhinaufdasDiadem. 146 KayEhling militärischerTrachtaufeinemgeschmücktenPferdnachrechts.Vorihmsteht eineweiblicheGestaltmitMauerkronein gebückter Haltungundgesenktem Kopf.InderrechtenHandhältsieeinFüllhornundeinwehendesTuch,das siemit derlinkenHand vordemReiterausbreitet.DieLegendelautet: LIBE- RATOR•REI•PVBLICAE.BeidergebücktenFigurhandeltessich wohleher umdiePersonifikation derStadtAquileia, 29als um dieder res publica.30Von Aquileiaaus bereiteteMagnentiusdie Invasion derDonauprovinzenvor,der aberdurchdieErhebungdes magisterpeditum Vetranioam1.März350der Riegelvorgeschobenwurde.31

Der Konsul (?) und praefectuspraetorioItaliae ,Anicetus/Anicius, bezogRom alsDienstort32undam27.Februar350 tratFabius Titianus dortseinAmtals praefectusurbi an. 33AuchhieristeinBlickaufdieersten für Magnentiusin RomgeprägtenMünzensehraufschlußreich:Nach derMachtübernahmeder Magnentius-AnhängerwurdenMittelbronzen (AE2) ausgegeben,dieaufder RückseiteMagnentiusmiteinerStandartezeigen,dieeinen Adlerim Tuch führt(Taf.1,1).34DieAdlerstandarteverbindetW.Kellnermiteiner Nachricht inder NotitiaDignitatum,nach derderAdler dasSymbol der Iovianiund Herculianigewesensei,dieMagnentius vorseiner Erhebungbefehligt hatte (s.o.),undbeidenenersich jetztmitdieserPrägungbedankenwollte. 35Diese Deutunghätteeiniges fürsich, wenndieAdlerstandarte auchaufdenAE2- BronzendergallischenundnorditalischenMünzstättenerscheinen würde.36

29 SoP.Bastien,LemonnayagedeMagnence(350−353),Wetteren1983 2,S.192Nr. 302mit Taf.X302;S.196Nr.339mitTaf.Suppl.V339;339a. 30 Alsrespublicabezeichnet:RICVIIIS.122. 31 Vgl.O.Seeck,GeschichtedesUntergangsderantikenWelt,Berlin1911,Bd.4S.98ff.;E. Stein,GeschichtedesspätrömischenReiches,Wien1928,Bd.IS. 215f.;W. Enßlin,Vetra- nio(1),REII8,2,Stuttgart1958,Sp.1839;S. Elbern,Usurpationenimspätrömischen Reich,Bonn1984,S.19f.;A.Demandt,DieSpätantike. RömischeGeschichtevon Diocle- tianbisJustinian284−565n.Chr.,München1989,S.83;B.Bl eckmann,Constantina,Ve- tranioundGallusCaesar,Chiron24,1994,S.42ff.;J.F.Drinkwater,TheRevoltand Eth- nicOriginoftheUsurperMagnentius(350−353),andtheRebellionofVetranio(350),Chi- ron30,2000,S.146ff. 32 Zos.II43,3. 33 PLREIS.918f. 34 RICVIIIS. 263 Nr.179f. mitTaf.9,179;P.Bastien,Le monnayagedeMagnence (350− 353),Wetteren1983 2,S.201Nr.394;S.202Nr.396; 398; 400; 402; 404 −410;S.203Nr. 412;415;416;418;419;421;424;S.204 Nr.427;428;S.329 Nr.410 mitTaf. XII;XIII undTaf.Suppl. VI.Dazu gehörtingewisser Weiseauchder Typ:Kaiser mitAdlerauf Globus:P. Bastien,Le monnayagedeMagnence (350−353),Wetteren 19832,S.203Nr. 413;422;S.204Nr.425mitTaf.XIII. 35 W.Kellner, Libertas undChristogramm.MotivgeschichtlicheUntersuchungen zurMünz- prägungdesKaisersMagnentius(350−353),Karlsruhe1969,S.20f.;58mitTaf.1,2. 36 GegenKellnersAnsicht:J.Ziegler,ZurreligiösenHaltungderGegenkaiserim4.Jh.n.Chr. (FAS4),Kallmünz1970,S.55Anm.282. DieErhebungdesNepotianusinRomimJuni350n.Chr. 147

Soabersteht derAdleroffenbarin einemspeziellenBezugzurStadtRom.J. ZieglerverstehtdiesenimSinneeinestraditionellenrömischenSymbols. 37Der AdlerkönnteabervielleichtauchalsZeichendesJupiterCapitolinusgemeint sein.Wiedemauchsei,dasÜberwiegen derAdlerstandarten-AE2-Typenge- genüberdenvielselteneren stadtrömischenLabarum-AE3-Typen, 38möchte ichalseinenersten,wennauchschwachen, ReflexeinergleichzuBeginnder MachtübernahmederMagnentius-ParteiinRomeinsetzendenheidenfreund- lichenPolitik deuten.WenigstensvonFabius Titianuswissen wir,daßer Heidewar.39DieserwarKonsuldesJahres337und vom25. Oktober 339bis zum25.Februar341praefectusurbisRomae;anschließendwarervom Frühjahr 341biszum12. November 349 praefectuspraetorioGalliarum ,biservon MagnentiuseinzweitesMalzumpraefectusurbiernanntwurde. 40Wie ausder InschriftAE1893,124=Dessau8983 hervorgeht,gehörteer demKollegium der Quindecemvirisacrisfaciundis anunderfüllte währendseinerzweiten Amtszeit der SibylleinCumae(nach demFundort der Inschrift)einGe- lübde.41TitianuswaralsoüberzeugterHeide.

2) ErhebungdesNepotianusundseineMünzprägung

GegendasRegimedesAnicetus/AniciusunddesTitianus formiertesichWi- derstand.Am2.Juni350(Chron.min.I237)kameszurErhebungdes Nepo- tianus.Dieserstütztesichdabeiauf bewaffneteClientel42unddas uulgus cor- ruptum(Aurel.Vict. 42,7),diedas Aufgebot des praefectuspraetorio Anice- 37 J.Ziegler,ZurreligiösenHaltungderGegenkaiserim4.Jh.n.Chr.(FAS4),Kallmünz1970, S.54f. 38 W.Kellner, Libertas undChristogramm.MotivgeschichtlicheUntersuchungen zurMünz- prägungdesKaisersMagnentius(350−353),Karlsruhe1969,S.21.DieLabarumtypen:P. Bastien,LemonnayagedeMagnence(350−353),Wetteren 19832,S.204 Nr.429;433mit Taf. XIII sind überwiegend für Constantius II.geschlagen worden:P. Bastien,Le mon- nayagedeMagnence(350−353),Wetteren 19832,S.330 Nr.433a −433f. mitTaf.Suppl. V. 39 R.vonHaehling,DieReligionszugehörigkeitderhohenAmtsträgerdes RömischenReiches seitConstantinsI.Alleinherrschaftbis zumEndederTheodosianischenDynastie (324− 450bzw.455n.Chr.),Bonn1978,S.369;371.PLREI919. Überdiereligi öseEinstellung desAnicetus/Aniciuswissenwirnichts:ebendaS.285;292.Aber Magnentiusselbstwar offenbarChrists.u. 40 ZuFabiusTitianus:R.vonHaehling,DieReligionszugehörigkeitderhohenAmtsträgerdes RömischenReiches seitConstantinsI.Alleinherrschaftbis zum EndederTheodosiani- schenDynastie(324−450bzw.455n.Chr.),Bonn1978,S.331; 336; 369; 371; PLREIS. 918. 41 [F]abiusTitianusv.c.XVvi[rs.f.],cons.ord.,iterumpraef[ectus]urbivotumlibenss[olvit. 42 SomöchteichdieÜberlieferungverstehen,daßsichNepotianusaufGladiatorengestützt hätte:Oros.VII29,11.O.Seeck,GeschichtedesUntergangsderantikenWelt,Berlin1911, Bd.4S.99sprichtvoneiner„ScharAbenteurerundVagabunden“. 148 KayEhling tus/Aniciusvernichteten 43undNepotianuszumImperatorerhoben. 44Daß diesereinSchreckensregimeerrichtethätte (Aurel.Vict. 42,7;Eutrop.X 11,2; Oros. VII29,11;Zos.II43,4), dürfte teilweise oder gänzlichauf die Propa- gandaderMagnentius-Parteizurückgehen.Am27.(Aurel. Vict.42,8)oder28. Tag(Ps.Aurel.Vict.42,3;Eutrop.X11,2)45seinerHerrschaftwurdeRom nach heftigenKämpfen(Chron.min.I237)und Verrat desSenatorsHeraclides (Hieron.chron. 2366) vondenTruppendes Marcellinus,des magister offici- orumdesMagnentius,eingenommen. 46Nepotianuswurdeerschlagen (Aurel. Vict.42,8;Eutrop.X11,2;Ps.Aurel.Vict. 42,3;Oros.VII29,11;Hieron. chron. 2366;Zos.II43,4),seinHauptnachdemüblichen VerfahrendesSiegersauf eineLanze gesteckt unddurchdieStadtgetragen (Eutrop.X 11,2;Hieron. chron.2366).AuchEutropiaundzweiandereAngehörigedes Kaiserhauses wurdenhingerichtet; 47esfolgten gravissimaeproscriptiones .48Auf denMünzen feiertemannachdem SiegdieBISRESTITVTA LIBERTAS49unddie RENO- BATIOVRBISROME(sic).50

WasdiepolitischeZielsetzungdesNepotianus betrifft,so liegenunsdafür keineliterarischen Nachrichten vor, aberwirhaben immerhin die Münzen, diegenaubesehen,sogarrechtinformativsind. Zunächstzuseinen Münz- porträts,beidenenzweiTypenzuunterscheidensind:TypA(Taf.1,2;3)zeigt seingepanzertes,miteinemPaludamentum drapiertes,barhauptesBrustbild nachrechts.DasBilderinnertandasPorträt derSoldatenkaiserbzw.dasder Tetrarchen.DieserEindruckwirddurchdiekantigeKopf-und Gesichtsform, derüberder SchläferechtwinkligzugeschnittenenKurzhaarfrisurunddem KurzbartmitausrasiertenWangen erweckt.BeimzweitenPorträttyp (TypB)

43 Zos.II 43,3; Aurel.Vict.42,6 schreibtirrtümlich,derpraefectusurbiwäre ermordetwor- den. 44 Aurel.Vict.42,7bzw.zumAugustus:Ps.Aurel.Vict.42,3. 45 Nepotianusstarbwohlam29.Juni:P.Künzle,EinKaiser unterdenMärtyrern?,in:Studi diantichitàcristiana.Pontificioistitutodi archeologiacristiana.AktendesV II.Interna- tionalenKongressesfürchristlicheArchäologie.Trier5.−11. September1965, Rom/Berlin o.J.,S.604f. 46 Zos.II 43,4.M.Clauss, Der magisterofficioruminder Spätantike(4. −6.Jahrhundert). DasAmtundseinEinflußaufdiekaiserlichePolitik,München1980,S.168. 47 Athan.Apol.Const.6.P.Künzle,EinKaiserunterdenMärtyrern?,in:Studidi antichità cristiana.Pontificioistitutodi archeologiacristiana.AktendesV II.Internationalen Kon- gressesfürchristlicheArchäologie.Trier5.−11.September1965,Rom/Berlino.J.,S599. 48 Eutrop.X11,2.UmdieKriegskassedesMagnentiuszufüllen:W.Enßlin,Magnentius(1), RE14,1,Stuttgart1928,Sp.447. 49 RICVIIIS.261Nr.168;J.Ziegler,ZurreligiösenHaltungderGegenkaiserim4.Jh.n.Chr. (FAS4),Kallmünz1970,S.56;P.Bastien,LemonnayagedeMagnence(350 −353),Wette- ren19832,S.209Nr.470(Goldmünzen). 50 P.Bastien,Le monnayagedeMagnence (350−353),Wett eren 19832,S.209 Nr. 468f. (Bronzemünzen). DieErhebungdesNepotianusinRomimJuni350n.Chr. 149 präsentiertsichNepotianusaufeinemodifizierteWeise (Taf. 1,4;5):Erträgt nuneinDiadem;Kopf-undGesichtsformsind länglich-oval. DieFrisurhat sich verändert,under trägt einenVollbart. 51Anhand der Münzporträtsdes NepotianusläßtsicheinweitgehenderWandelin der Selbstrepräsentation beobachten:DererstePorträttyp(TypA) stehteherin derPorträttraditionder SoldatenkaiserundTetrarchenundNepotianus trägtkein Diadem. Beim zweitenPorträttyp (TypB)erfolgt eineAngleichungandas constantinische Porträtschema.52AllerdingsträgtNepotianusimUnterschiedzuConstantind. Gr.undseinenSöhneneinenBart. MitR.Delbrueck kann vermutetwerden, daßdasBildnisdesNepotianus„vondemTypusdesdamaligen römischen Senatorsbeeinflußtsein“dürfte.53

DieseTendenz,d.h.dieEntwicklungdesMünzporträtsinRichtungaufden constantinischenPorträttyphin,spiegeltsichauchinderTitulatur derMünz- vorderseitenlegendenwider:DieLegendeaufdenerstenBronzemünzenlautet FLPOPNEPOTIANVSPF AVG;diesewirdzunächstzuDNIVL NEPOTIA- NVSPFAVG dannzuFLNEPCONSTANTINVS AVG geändert. Binnen kaumvierWochenwandeltsich dieTitulaturdreiMal.Die Verwandtschaft mitdemconstantinischenHause,dasdynastische Moment,rücktmehrund mehrindenVordergrundundwirdsowohldurch dasconstantinisierende PorträtvomTypB alsauch dieFLNEPCONSTANTINVS AVG-Titulatur zumAusdruckgebracht.

BislangistdieFragederabsolutenChronologiederBronze-und Goldprägun- gendesNepotianusnochnichtendgültiggeklärt.SoschreibtJ.P.C.Kent:„Itis notclearwhatchronologicalrelationship thegold andbillonhavetoone another“,54undP.Bastienmeinte,daßdieBronzeemissionmit derVordersei- tenlegendeFLNEPCONSTANTINVSPFAVGunddie Goldemissionmitder VorderseitenlegendeDNIVLNEPOTIANVSPF AVG korrespondieren(„A cetteémissiondebronzecorresponduneémissiond‘or“), 55d.h.etwa gleich-

51 H.P.L'Orange,DasspätantikeHerrscherbildvonDiokletianbiszudenKonstantin-Söh- nen:284−361n.Chr.(DasrömischeHerrscherbildnisIII.Abteilung),Berlin1984,S.89f. 52 ZumconstantinischenPorträttyp:H.P.L'Orange,DasspätantikeHerrscherbild vonDio- kletianbiszudenKonstantin-Söhnen:284−361n.Chr.(DasrömischeHerrscherbildnisIII. Abteilung),Berlin1984,S.81ff. 53 R.Delbrueck, SpätantikeKaiserporträts von Constantinus Magnus bis zum Endedes Westreiches,Berlin/Leipzig, 1933,S.25 mitTaf.9,1;2.S.42weisterauf hadrianische Haarmodenhin.AndersH.P.L'Orange,DasspätantikeHerrscherbildvonDiokletianbis zudenKonstantin-Söhnen:284 −361n. Chr. (Das römischeHerrscherbildnis III.Abtei- lung),Berlin1984,S.90,derdenBartausdertetrarchischenTraditionerklärt. 54 RICVIIIS.241. 55 P.Bastien,LesémissionsdeNépotienàRomeetladated'élévationdeDécenceau Césa- rat,in: Congressointernazionaledinumismatica, Rom11. −16. September 1961,Rom 150 KayEhling zeitiggeprägtwurden.Dafürkönnteangeführtwerden,daßbeideEmissionen bereitsdasPorträtvom TypBtragen.Doch kanneinegenauere chronologi- scheFixierunggewonnenwerden,wenndieobenbeschriebeneTendenz,die sichinderAblösungdesPorträttypsAdurchdenPorträttypB niedergeschla- genhat,berücksichtigtwird.Dannergibtsich,daßdieConstantinisierung des Porträts(derÜbergangvonTypA zum Typ B), unddie Constantinisierung derVorderseitenlegendensichkomplementärverhalten.Dieseist gegenüber denVorderseitenlegendenFLPOPNEPOTIANVSPF AVGundDNIVLNE- POTIANVSPF AVGbeiderFL NEPCONSTANTINVSPFAVG-Legendeam weitestenfortgeschritten.Die chronologischeAbfolgeder Bronze-und Gold- prägungenistdannfolgende:

1) Bronze(Taf.1,2)56 a) Vs.:FLPOPNEPOTIANVSPFAVG,Porträt:TypA b) Rs.:GLORIAROMANORVM,ReiterstichtFeindnieder;Offizinen:Q,E,S.

2) Bronze(Taf.1,3)57 a) Vs.:FLPOPNEPOTIANVSPFAVG,Porträt:TypA b) Rs.:VRBSROMA,RomamitVictoriaaufGlobuslinks;Offizinen:B,Q,S.

3) Gold(Taf.1,4)58 a) Vs.:DNIVLNEPOTIANVSPFAVG,Porträt:TypB b) Rs.:VRBS ROMA, RomamitChristogrammaufGlobusnachlinks;Offi- zine:P.

4) Bronze(Taf.1,5)59 a) Vs.:FLNEPCONSTANTINVSPFAVG,Porträt:TypB b) Rs.:VRBS ROMA,RomamitVictoriaaufGlobusnachlinks;Offizinen:Q, E,S.

Unmittelbarnach der Machtübernahmeam2.Juni350 ließNepotianusin RomMünzenschlagen. Offenbaringroßer EilewurdendieGloria Romano- 1965,Bd.2:Atti,S.404undihmfolgendW.Kellner,Libertas undChristogramm. Motiv- geschichtlicheUntersuchungen zur Münzprägung desKaisers Magnentius (350−353), Karlsruhe1969,S.104. 56 RIC VIIIS. 265 Nr. 200;P.Bastien,Le monnayagedeMagnence (350−353),Wetteren 19832,S.208. 57 RICVIIIS. 266 Nr.201f.;P.Bastien,Le monnayagedeMagnence (350−353),Wetteren 19832,S.208. 58 RIC VIIIS. 261 Nr. 167;P.Bastien,Le monnayagedeMagnence (350−353),Wetteren 19832,S.208. 59 RIC VIIIS. 266 Nr. 203;P.Bastien,Le monnayagedeMagnence (350−353),Wetteren 19832,S.208. DieErhebungdesNepotianusinRomimJuni350n.Chr. 151 rum-RückseitentypendesMagnentiusmitdemneuenPorträtdes Nepotianus vomTypAgekoppelt.DieserRückseitentypist auch für ConstantiusII.mit dessenPorträtausgegebenworden,übrigensvondenselbenOffizinenP,B,T, die schonunterMagnentius für ConstantiusII. gearbeitet hatten.In einem zweitenSchrittgingNepotianusdaran,dieMünzrückseiten fürdie Propagie- rungseinesRegierungsprogrammszunützen.Zu derLegende VRBSROMA erscheintaufdenBronzemünzenzunächstmitdem PorträttypA,die nach linksaufeinemThronmithoherRückenlehnesitzendeRoma,eineLanzemit nachunten gekehrter Spitzein der linken,in der rechtenHandGlobusmit Victoriahaltend.Sie trägtHelm,kurze TunicaundMantel.AndenThronist einSchildgelehnt (Taf.1,3). EinenganzneuenAkzentsetztdie Romadar- stellungaufdemSolidus,derdenPorträttypBträgt(Taf.1,4).ZuderLegende VRBSROMAsitztdieGöttinauf einemThronmithoherRückenlehne nach links.SieträgtebenfallsHelm,TunicaundMantel.In derLinkenhältsiedie LanzemitnachuntengekehrterSpitze,inderRechtenaberstattdessonstüb- lichenGlobusmitVictoriaeinenGlobusmitChristogramm. DerTyp istauch fürConstantiusII.inderOffizineQgeprägtworden.Schließlichwurden noch jeneBronzemünzenmit derweitestgehendconstantinisiertenVorderseitenle- gendeFLNEPCONSTANTINVSPFAVGausgebracht.

3) AuswertungderMünzzeugnisseundderGrund fürdie ErhebungdesNe- potianus

ImGegensatzzudenbeidenanderenUsurpatorendesJahres350, Magnen- tiusundVetranio, trägt NepotianusaufdemMünzporträtvom TypBein Diadem (Taf. 1,4;5).Vielleichtdarf manPhilostorgiush.e.III22wörtlich nehmen,demzufolgeesalleinin derEnt scheidungdesConstantiusII.lag, dasDiademalsZeichenderpolitischenAnerkennungzuverschicken. 60Wenn NepotianusaufdemMünzporträttypAkeinDiadem trägt,aberauf demdes TypsBmitdieserInsignie abgebildetist, dannkönnteConstantiusII.dem Nepotianus,alser vondessenErhebung erfuhr, dasDiademübersandtund ihndamitalsAugustusanerkannthaben.Dochmußdabeiberücksichtigt werden,daßdemAustauschvonGesandtschaftenzeitlichsehr engeGrenzen gesetztwaren,undesauchnichtklarist,wosichConstantiusII.imJuni350 aufhielt.61SelbstwennEilbotenmitdemSchiffvonRom nachSyrien oder 60 ÑOd¢KvnstãntiowtaËtamay∆n paraut¤kam¢nOÈeteran¤vnitÚdiãdhmap°mpei, sunepikur«n aÈt“ka‹tÚt∞wbasile¤awéj¤vma(ed.Bidez,Leipzig1912). 61 Constantius II. nahmimFrühjahr/Frühsommeran der Belagerung vonNisibis teil:D. Kienast, Römische Kaisertabelle. Grundzügeeinerrömi schenKaiserchronologie, Darm- stadt1996 2,S.314. ImMärzhielter sichinEdessa,im SeptemberimthrakischenHera- cleaauf:O.Seeck,ConstantiusII.(4),RE4,1,Stuttgart1900,Sp.1063ff. 152 KayEhling

Kleinasienabgegangenwären,wiesolltendiesebinnen3 −4Wochenwieder zurückinRomsein?AuchwarConstantiusII. voneher zögerlichem Cha- rakter,sodaßesdochziemlichzweifelhaftscheint,obNepotianus angesichts dieserUmständeoffiziellüberhauptanerkanntwordenseinkann.Ichmöchte deshalbvermuten,daßer sichdasDiadem‘selbstherrlich‘ zulegte,inder Hoffnung,spätervonConstantiusII.alsAugustusakzeptiertzuwerden.

AusdemGesagten geht auchschon hervor, daßdieVermutung,es handle sichbeiderErhebungdesNepotianusum„unenouvelleactiondela famille constantinienne“,alsoeinemitConstantiusII.abgesprocheneMachtergrei- fung,62äußerstunwahrscheinlichist.Denn,somüßtemansichfragen,warum ließsichNepotianusdannnichtvonBeginnseinerRegierunganmit Diadem aufdenMünzenabbilden?

Den SchlüsselzumVerständnis der UsurpationdesNepotianusstelltdas MünzbildmitderurbsRomadar(Taf.1,3;4;5).Die Rom-Ideehatim Münz- programmgeradebeideninRomerhobenenKaisernimmereinebedeutende Rollegespielt,zuletzt bei Maxentius (306−312),63später bei PriscusAttalus (409/10).64Maxentius wurde vonder Prätorianergardeund der plebsur- bana,65der praefectusurbi AttalusvomSenaternannt;Attalus verkündetein seinerRegierungserklärung,erwolleRomwiederzurHerrin derWeltma- chen.66AuchdieinRomgeprägtenKontorniatenspiegelndieBedeutungdie- serRom-IdeologieimDenkenderSpätantikewider.67Esistdeshalbsehr auf- 62 SoA.ChastagnolmündlichgegenüberP.Bastien,LemonnayagedeMagnence (350−353), Wetteren1983 2,S.14mitAnm.61. 63 Maxentiuswurdeam28.Oktober306Kaiser:S. Elbern,Usurpationenimspätrömischen Reich,Bonn 1984,S.13ff. Aufsei nenMünzenwerden die Augustiund Caesaresals CONSERVATOR(ES) VRBIS SVAE bezeichnet.Zudieser Legende wirddie thronende Romaabgebildet,soaufdenFollesausallenfürMaxentiusprägendenMünzstättenz.B. Rom:RICVI,London1967,S.367Nr.153ff.Das KultbildderRomakannauchim Inne- rendesTempelsdargestelltsein,z.B.aufdenMünzenRoms:RICVIS.371 Nr.162ff.Ein andererTyp,mitgleicherLegende,zeigtRomaimTempelMaxentiusdenGlobusüberrei- chend:RICVIS.372Nr. 166. DerinhadrianischerZeiterrichteteTempelderRomaund derVenus wurdeum 300 wiederhergestellt:H.Kähler, Romundsein Imperium, Baden- Baden1962,S.160f. 64 Attalus wurdeimNovember 409 zumKaiserernannt:S.Elbern,Usurpationenim spät- römischenReich,Bonn1984,S.33.AufdenGold- undSilberstückenheißt dieUmschrift zudem Bildder thronendenRomamit Victoriaauf GlobusimNominativ:INVICTA ROMA:RICX,London1994,S.344f.Nr.1403ff. 65 Anom.Val.1,6.S.Elbern,UsurpationenimspätrömischenReich,Bonn1984,S.13. 66 Zos.VI7,3.S.Elbern,UsurpationenimspätrömischenReich,Bonn1984,S.109. 67 P.F.Mittag,AlteKöpfein neuen Händen. UrheberundFunktion derKontorniaten (AntiquitasReihe3,Bd.38),Bonn1999,S.53ff.;143f. mitTaf.3;23;24. Mittagwendet sichallerdi ngs gegen dieAnsicht,daßKaiser, hoheFunktionäreundheidnischeoder christlicheSenatorenUrheberdieserMedaillonswaren:S.182ff.bes.190f.;194. DieErhebungdesNepotianusinRomimJuni350n.Chr. 153 schlußreich,daßNepotianus von TheophanesalsExponentdesSenatsbe- zeichnetwird.68DaßessichbeiNepotianusumeinenSenatskaiserhandelte, 69 gehtauchdaraushervor,daßnachderRückeroberungRomsdurchdie Trup- pendesMagnentiusvieleSenatorenaus derStadtindenReichsteildes Con- stantiusII.flohen, 70undnichtwenige nobilesermordetwurden(Eutrop.X 11,2;Hier.Chron.2366).

WieseineVorgänger verwendete alsoauchNepotianusdasBild der Roma miteinerentsprechendenLegendefürdie Münzen.Die Romadarstellungauf denBronzen(Taf.1,3;5)bleibtimtraditionellenBildschema. Neuistdagegen derRomatypusaufdenSolidi(Taf.1,4):Erstmals aufrömischen Münzenfin- detsichstatt derVictoriadasChristogrammaufdemGlobus.Dieses Münz- bildisteinklaresBekenntniszumChristentum,dasindieserDeutlichkeitnur miteinigenTypenConstantinsd.Gr., 71denHOCSIGNOVICTORERIS-AE2- BronzendesVetranio 72unddenChi-Rho-TypendesMagnentiusausdem Jahr353vergleichbarist (Taf.1,6).73Daßdieurbs Romanichtaufden Bron- zemünzen,sondernaufden wertvollenGoldstückenzururbsRoma christi- anawird,sagteinigesdarüberaus,anwensich dieBotschaftdesneuen Kai- sersrichtete. 74WenigerdieMasse derBevölkerung wollteNepotianus damit ansprechenalsvielmehrdie begüterteOberschichtRoms.75Wennaber Nepo- 68 ÑHd¢sÊgklhtow§nÑR≈m˙NepvtianÚn §ndÊsasakatå Magnent¤ouép°lusen(ed.C. deBoor, Leipzig1883(NachdruckHildesheim/NewYork1980),Chron.IS.44Zeile5f. 69 B.Bleckmann,Constantina,VetranioundGallusCaesar,Chiron24,1994,S.56. 70 Iul.or.I38C;48B;II97B;Sok.h.e.II32;Soz.h.e.IV7. 71 J.Bleicken,Constantinder Großeund dieChristen. Überlegungen zurkonstantinischen Wende(HZBeiheftNF15),München1992,S.38ff.mitAbb.5;6. 72 DiesewurdeninSiscia,nichtaberinThessalonikegeprägt:RIC VIIIS. 369 Nr.272ff.Zu denMünzendesVetraniovgl.zuletztH.Leppin,Constantius II. und das Heidentum, Athenaeum87,1999,S.459f. Vetraniowird wieder70jährige Pertinax (VIII 16,1)von Eutropiusals grandaevusbezeichnet:X 10,2.Im Jahr350 wirddieserdaherzwischen60 und70Jahre alt gewesen sein. Vermutlichnahm Vetranioals junger Soldatander SchlachtbeiderMilvischenBrücketeilundwirddaherdie hocsignovictoreris -Parolege- nommenhaben. 73 Z.B.Trier:RICVIIIS.163f.Nr.318ff.;P.Bastien,Lemonnayagede Magnence(350−353), Wetteren19832,S.169f. Nr.84ff. mitTaf. III.Im Aussagegehaltdahinter zurückbleiben die 'einfachen'Labarum-Darstellungen aufden Münzen derConstantin-Söhne. Vgl.zu diesenzuletztM.R.-Alföldi, Das labarumaufrömi schenMünzen, in:Stephanos nomis- matikos.E.Schönert-Geißzum65.Geburtstag(hrsg.vonU.Peter),Berlin1998,S. 1ff. Zu denChi-Rho-Münzenvgl.auchH. Leppin,Constantius II. unddasHeidentum, Athenaeum87,1999,S.460f. 74 ZurDiskussionder'Zielgruppen'vgl.P.Lummel,'Zielgruppen'römischerStaatskunst.Die Münzen derKaiser Augustus bisTrajan und dietrajanischenStaatsreliefs, München 1991,zudenMünzenbes.S.102ff. 75 Gehtmandavonaus,daßdieBronzemünzeneher beidereinfachen Bevölkerungkursier- ten,unddieGoldmünzeninderOberschichtumliefen.FürdenmodernenHistorikerspielt esdabeikeineRolle,obetwadieSenatorennundieBildbotschaftder Münzentatsächlich 154 KayEhling tianusvonTeilendesSenatesunterstütztwurdeundsichein ausgesprochen christlichesProgrammauf dieFahnengeschriebenhatte, dannkann diege- läufigeVorstellungeinerinsichgeschlossenen,weitgehend odervöllig heid- nisch geprägten stadtrömischenOberschichtundSenatsaristokratiesoje- denfallsnichtganzrichtigsein. 76EsmußinRom −auchimSenat −christlich orientierteKreisegegeben haben,unddieseempörtensichimJuni350mit NepotianusgegenMagnentiusbzw.dessen Vertreterinder Stadt.Das Münz- bildderurbsRomamitChristogrammaufGlobusistabernichtnurAusdruck einesdezidiertchristlichen,sondernindirektaucheines anti-heidnischen Programmes.DieAntwortaufdieFrage,gegenwensichdieseanti-heidnische ProgrammatikderurbsRomachristianarichtete,scheintzunächst ganzoffen aufder Handzuliegen: GegenMagnentius nämlich, derinder literarischen ÜberlieferungalsHeideg ilt.77AuchdieForschung sahundsiehtinihmzu-

zurKenntnisnahmen,obsiedieLegendenlasenodernicht.Entscheidenist vielmehr,daß dieMünzenReflexederauchmitanderenMitteln(Reden,Flugblätter,Anschlägen)betrie- benenPropagandaenthalten,diewirheuteebenwenigstensnochdurch dieMünzengrei- fenkönnen.Vgl.dazudieBemerkungendesVerfassersJNG46,1996,S.238. 76 DeralteGlaubehieltsichunterdenSenatorenmitamlängsten:A.Demandt, DieSpätan- tike.RömischeGeschichtevonDiocletianbisJustinian284−565n.Chr., München1989,S. 424.ZumHeidentumderSenatorenvgl.J.Wytzes,DerStreitum denAltarderViktoria, Amsterdam1936,S.26ff. Dennochscheintder Senatinsei nenreligiösenAnschauungen weitstärkerdifferenziert gewesenzu sein,als mandiesangesichtsderSymmachi, Prae- textati undNicomachi anzunehmengeneigtist. Frühe christlicheSenatorenfordert auch T.D.Barnes/R.W.Westall,TheConversionoftheRomanAristocracyinPrudentius'Con- traSymmachum,Phoenix45,1991,S.51ff. EineninteressantenBelegfürdieAuswirkun- genderconstantinischenWendeaufRombzw.denWestendes römischenReichesliefern diedatiertenMithrasinschriften, beidenen eine auffällige Überlieferungslücke zwischen 313(bzw.325) und357besteht,vgl.dazu I.M.Hackethal,Studien zum Mithraskultin Rom. III. Die römischen Mithras-Inschriftendes ausgehenden4.Jahrhunderts, ZPE3, 1968,S.239ff.Dieletzte dieserInschriften stammtaus Gimmeldingenin Germanien.Mit demJahr357setztdanndieReihederdatiertenMithrasinschriften wiederein −vielleicht eineFolgedeswachsendenEinflussesJuliansnachdemSiegseinerTruppenüberdieAla- mannenbeiStraßburginebendiesemJahr:HackethalS. 244 undR.Merkelbach, Mithras. Einpersisch-römischerMysterienkult,Hain 1984,S.247. AlleMithrasinschriftennach 357stammenvonAngehörigenderrömischenSenatsaristokratie.AusdiesemBefunddarf manmitaller gebotenenVorsichtschließen, daß1)nach demSiegüber Maxentius (312) christlichorientierteSenatoreninRominweithöheremMaßeden'Ton'angaben, alsman vermutenwürde,und2) daßdie obenerwähnte stadtrömische heidnische Renaissance- bewegungerstmitdemJahr357bzw.361,demBeginnderAlleinherrschaftKaiserJulians, anhob.Vgl.dazudemnächstauchden AufsatzdesVerfassers:Kaiser Julian, der Senat unddieStadt Rom(erscheintin ZPE). Fürdas Jahr350 bedeutetdies, daß Nepotianus vermutlichgrößere,christlichorientierteTeiledesSenates undderrömischenAristokratie hinterseinemProgrammderurbsRomachristianavereinenkonnte. 77 AmausdrücklichstensoPhilostorgiush.e.III26,derihneinen„Dämonenverehrer“nennt, undZonarasXIII 8,12, dervon schwarzer Magie,einer Hexe,einer geopferten Jungfrau, ZauberversenundDämonen fabelt.Gute QuellendiskussionbeiJ.Ziegler, Zurreligiösen HaltungderGegenkaiserim4.Jh.n.Chr.(FAS4), Kallmünz1970,S.62ff. undB. Bleck- DieErhebungdesNepotianusinRomimJuni350n.Chr. 155 meisteinenHeiden, 78was aber,wieJ.Zieglergezeigthat, nichtzutrifft. 79 ZieglerhatmitRechtdaraufaufmerksamgemacht,daßdieBeantwortungder FragenachderreligiösenEinstellungdesMagnentiusdavonabhängigist,ob mandenliterarischen oderden numismatischenZeugnissen mehrGl auben schenkt.Denndie erzählendenQuellenmachenMagnentiuszumHeiden, währenddieMünzenihnalsChristenausweisen.Ohnedie ausführliche Dis- kussionbeiZiegler hiernocheinmal imeinzelnenaufrollenzuwollen,läßt sichderGegensatzzwischenderliterarischenÜberlieferungunddenMünzen auflösen,wennman,wieZiegleresgetanhat,die„verschiedenen Aussagen nachihrer HerkunfttrenntunddiezeitlicheDifferenzihresEntst ehensbe- achtet“.80Demnachsindganzbesonders dieberühmten Chi-Rho-Münzen (Taf.1,6)einoffiziellesundauthentischesZeugnisfürdiepositive Einstellung desMagnentiuszumChristentum, 81währendihn seineNiederlage gegen ConstantiusII.indenAugen derspäterschreibendenKirchenhistoriker dis- mann,DieSchlacht vonMursaund diezeitgenössische Deutung eines spätantiken Bür- gerkrieges,in:H.Brandt(Hg.), GedeuteteRealität. Krisen,Wirklichkeit,Interpretationen (3.−6.Jh.n. Chr.)(HistoriaEinzelschriften 134),Stutt gart 1999,S.76ff. bes.S.78mit Anm.123. 78 W.Enßlin, Magnentius (1),RE14,1,Stutt gart 1928,Sp.448;E.Stein, Geschichtedes spätrömischenReiches,Wien1928,Bd. IS. 215;A.Demandt, DieSpätantike. Römische Geschichtevon Diocletianbis Justinian284−565n. Chr.,München1989,S.83. SelbstP. Bastien,Le monnayagedeMagnence (350−353),Wett eren19832,S.8, derbeste Kenner derMünzprägungdesMagnentius,meinte,er seivermutlichein opportunistischer Heide gewesen:„Ilétaitprobablementpaïen,maissapolitique religieuses'inspirad'unconstant opportunisme“.AndersL.Laffranchi, CommentoNumismaticoalla storia dell'impera- toreMagnezioedelsuotempo,AttieMemoriedell'InstitutodiNumismaticaVI,1930,S. 199undW.Kellner,LibertasundChristogramm.MotivgeschichtlicheUntersuchungenzur MünzprägungdesKaisersMagnentius(350−353),Karlsruhe1969); Magnentiuswäreeher Christ gewesenmeintS. Elbern,UsurpationenimspätrömischenReich,Bonn 1984,S. 102f. WeitereLiteraturbeiJ.Ziegler, ZurreligiösenHalt ungderGegenkaiserim4.Jh.n. Chr.(FAS4), Kallmünz1970,S.64ff. ZuletzthatsichB. Bl eckmann,DieSchlachtvon Mursaund diezeitgenössische Deutung eines spätantiken Bürgerkrieges, in:H. Brandt (Hg.),Gedeutete Realität. Krisen,Wirklichkeit,Interpretationen(3. −6.Jh.n. Chr.) (HistoriaEinzelschriften134),Stuttgart1999,S.78Anm.123derAuffassung vonZiegler angeschlossen.Erschreibt: „Die auffälligenChristogramm-Prägungen“ des Magnentius „sprechenabereherfüreinchristlichesBekenntnis“. 79 J.Ziegler,ZurreligiösenHaltungderGegenkaiserim4.Jh.n.Chr.(FAS4),Kallmünz1970, S.53ff.bes.74. 80 J.Ziegler,ZurreligiösenHaltungderGegenkaiserim4.Jh.n.Chr.(FAS4),Kallmünz1970, S.73. 81 Nichtrichtigist dieDeutungdiesesMünzbildesalsanti-arianischePropaganda (vgl.die LiteraturangabenbeiJ.Ziegler, ZurreligiösenHalt ung der Gegenkaiserim4.Jh.n.Chr. (FAS4),Kallmünz1970,S.59Anm.314). Richtigstellungdurch:H.U. Instinskyin seiner RezensiondesBuches vonW.Kellner, Libertas undChristogramm.Motivgeschichtliche Untersuchungen zur Münzprägung desKaisers Magnentius (350−353), Karlsruhe 1969, JbAC13,1970,S.100 undvorallemwiederJ.Ziegler, ZurreligiösenHalt ungderGegen- kaiserim4.Jh.n.Chr.(FAS4),Kallmünz1970,S.61. 156 KayEhling qualifizierte.DaderChristengottdemConstantiusII.denSiegverliehenhatte, mußteschondeshalbMagnentiuszum„Dämonenverehrer“(Phil.h.e.III 26) werden.82NachAusweis der zeitgenössischenMünzenalsosah sich MagnentiusselbstalsChrist, 83understdiespäter, nachNiederlageundUn- tergang,abgefaßteliterarischeÜberlieferungmachteihnzumHeiden.84

DochbleibtdasProblemdesin Cod.Theod. XVI10,5überlieferten Erlasses desConstantiusII.vom23.November353bestehen,indemdieunter derRe- gierungdesMagnentiusgestattetennächtlichenOpferderHeidenwiederver- botenwerden:AboleantursacrificianocturnaMagnentioauctorepermissaetnefaria deincepslicentiarepellatur.85DenWiderspruchzwischenderdurchdie Münzen bezeugtenchristlichenEinstellungdesMagnentiusunddieserOpfererlaubnis hatZieglerdurchdieVermutungeinertolerantenReligionspolitikdes Magnentiuszulösenversucht. 86Diesistsehr gut möglich,dochmöchteich nocheineandereLösungdesProblemszurDiskussionstellen: Wenn MagnentiusChristwar,könnteesdannnichtsein,daßdieOpfererlaubnisgar nichtaufdiesenselbstzurückgeht,sondernaufseinenheidnischen Fabius Titianus?87AlseinIndiz für dessenheidenfreundlichePolitikin Romnachdem27.Februar 350wurden obendieAE2-Mittelbronzenmitder Adlerstandarteinterpretiert (Taf.1,1).Diese Adlerstandartekommt,wiege- sagt,nurinRomundsonstinkeinerfürMagnentiusprägendenStadt vor,wo derKaiserimmermitdemLabarum inderHanddargestelltwird.DieseAd- lerstandartensindfreilichnicht vielmehr alseinAnhaltspunkt,dochsollte mandiesen,angesichtseinersonstfehlendenÜberlieferung,ernstnehmen.Es ergibtsich demnach dieVermutung,daßdievomSenatunterstützte, gegen MagnentiusgerichteteErhebungdes Nepotianusprimärdurch jenehei den- freundlichenMaßnahmenausgelöst wurde,fürdieder praefectusurbis Romae desMagnentius,FabiusTitianus,seitseinemAmtsantrittEnde Februarver- antwortlichzeichnete.DessenheidnischerPolitikstelltenNepotianusund

82 ZuderStelle:J.Ziegler,ZurreligiösenHalt ungderGegenkaiserim4.Jh.n. Chr.(FAS4), Kallmünz1970,S.64. 83 DagegensiehtH.Leppin,Constantius II.und das Heidentum,Athenaeum 87,1999,S. 460f.indenChi-Rho-MünzendesMagnentiusmehreinenAusdruckder„fürUsurpatoren typischentaktischen Beweglichkeit“,d.h.daß Magnentius trotz heidenfreundlicher Ein- stellungauchdieChristenfürsichgewinnenwollte,wassichmitderAuffassungBastiens deckt(s. Anm.78). Magnentiushätte demnach eine Selbstdarstellung alsChrist bevor- zugt,ohneselbstChristgewesenzusein. 84 EshandeltsichdabeischlichtumeinenToposderchristlichenTyrannenkritik. 85 H.Leppin,ConstantiusII.unddasHeidentum,Athenaeum87,1999,S.466. 86 J.Ziegler,ZurreligiösenHaltungderGegenkaiserim4.Jh.n.Chr.(FAS4),Kallmünz1970, S.67f. 87 MöglicherweisewardieseOpfererlaubnissogaraufRombeschränkt.Zurheidnischen Ein- stellungdesTitianuss.o.Anm.39. DieErhebungdesNepotianusinRomimJuni350n.Chr. 157 seineAnhängerihrchristlichesProgramm der urbsRomachristianaentge- gen.

DenchristlichenHintergrundderUsurpationdesNepotianuserhellen mögli- cherweisenochzweichristlicheZeugnisse: DerLiber Pontificaliserwähnt, daßPapstJulius(337 −352)gezwungenwar,fürzehnMonateaußerhalbRoms insExilzugehen. 88P.KünzleverbanddieseNachrichtmit derZeitunmittel- barnachderNiederwerfungdesNepotianusundsetztedasExildesJulius in dieMonatezwischenJuni350undApril351. 89Außerdemwirdimsog.hiero- nymianischenMartyrologiumunterdem29.Juniein MärtyrernamensNeva- tianusgenannt,indemKünzledieEntstellungdes NamensNepotianusver- mutete.90Nepotianuswäredannnachseinem Todevonder katholischenKir- cheunterdieMärtyreraufgenommenworden.91

Wasschließlichdas vulgusbzw.den populusbetrifft,der maßgeblichander ErhebungdesNepotianus beteiligtwar (Aurel.Vict. 42,6;Hier.Chron. 2366), sowirdessichdabeiumjeneunruhige christlicheBevölkerungRomsgehan- delthaben,die auchandeninnerkirchlichenAuseinandersetzungeninder StadtöftersmalgewalttätigenAnteilnahm. 92

Zusammenfassendergibtsich,daßdieErhebungdesNepotianusinRomim Juni350 vonTeilendesSenatesunddesStadtvolkesgetragenwurde.Die MünzendesGegenkaiserslasseneinezunehmendeConstantinisierungseiner Selbstrepräsentationerkennen.DievonihmgeprägtenSolidimitdemBildder christlichinterpretiertenurbsRoma,sindalsAusdruckeineschristlichenRe-

88 BeimLiber Pontificalishandeltessichum eineanonyme Sammlung von Papstbiogra- phien:A.Demandt,DieSpätantike.RömischeGeschichtevonDiocletianbisJustinian284 −565n. Chr.,München1989,S.22. EineÜbersetzungund EinleitunggibtR. Davis,The BookofPontiffs(LiberPontificalis),Liverpool1989,S.27f.Nr.36. 89 Vgl.dieBegründungP. Künzles,EinKaiser unterdenMärtyrern?,in:Studidi antichità cristiana.Pontificioistitutodi archeologiacristiana.AktendesV II.Internationalen Kon- gressesfürchristlicheArchäologie.Trier5.−11.September1965,Rom/Berlino.J.,S600f. 90 P.Künzle,EinKaiserunterdenMärtyrern?,in:Studidiantichitàcristiana.Pontificioisti- tutodiarcheologiacristiana.AktendesVII.InternationalenKongressesfürchristlicheAr- chäologie.Trier5.−11.September1965,Rom/Berlino.J.,S.603. 91 Vgl.denTiteldesAufsatzesvonP.Künzle,EinKaiserunterdenMärtyrern?,in:Studidi antichitàcristiana.Pontificioistitutodi archeologiacristiana.AktendesV II. Internatio- nalenKongressesfürchristlicheArchäologie.Trier5.−11.September1965,Rom/Berlino.J. 92 SoberichtetetwaAmmian,daßes beimStreitderrömi schenBischöfeDamasus undUr- sinusumdenStuhlPetriim Jahr 366/67zu Straßenkämpfenkam,bei denenan einem Tage137 Personenden Todfanden. Vgl.A. Demandt,Zeitkritikund Geschichtsbildim WerkAmmians,Bonn1965,S.20 undW. Seyfarth,Vonder BedeutungderPlebsinder Spätantike, in:Die RollederPlebsimspätrömischen Reich(hrsg.vonV.Be ¸sevlien/W. Seyfarth),DeutscheAkademiederWissenschaftenzuBerlin55,2,Berlin1969,S.16f. 158 KayEhling gierungsprogrammesaufzufassen.Auslöser dergegen Magnentiusgerichte- tenUsurpationwarvermutlichdieheidenfreundlichePolitikdes praefectusur- bisRomae desMagnentius,FabiusTitianus.Bei derRevolte handeltes sich abernichtumeineverabredeteAktion desconstantinischenHauses, sondern umeinespontaneReaktionderchristlichenOppositioninRom.Dabeiagierte NepotianussehrwahrscheinlichausdemBewußtseinheraus, der bessere KaiseralsMagnentiuszusein. 93

Dr.KayEhling Gerhard-Mercator-UniversitätGHDuisburg Fakultät2 InstitutfürKulturwissenschaften FachGeschichte D−47049Duisburg

93 Vgl.dieÜberlegungen desVerfasserszu dem UsurpatorProcopiusin seinerRezension desBuches von F.J.Wiebe,KaiserValens und die heidnische Opposition(Antiquitas Reihe1,44)Bonn1995,JNG47,1997S.230. Kay Ehling: Die Erhebung des Nepotianus in Rom im Juni 350 n. Chr. Tafel 1

Abb. 1: Rom, Bronze, 5,40 g (P. Bastien, Abb. 2: Rom, Bronze, 6,10 g (P. Bastien, Le monnayage de Magnence (350*353), Les émissions de Népotien à Rome et la Wetteren 19832, S. 202 Nr. 404) date d‘élévation de Décence au Césarat, in: Congresso internazionale di numis- matica, Rom 11.*16. September 1961, Rom 1965, Bd. 2: Atti, S. 404)

Abb. 3: Rom, Bronze 4,78 g (P. Bastien, Abb. 4: Rom, Gold, 4,36 g (P. Bastien, Les émissions de Népotien à Rome et la Les émissions de Népotien à Rome et la date d‘élévation de Décence au Césarat, date d‘élévation de Décence au Césarat, in: Congresso internazionale di numis- in: Congresso internazionale di numis- matica, Rom 11.*16. September 1961, matica, Rom 11.*16. September 1961, Rom 1965, Bd. 2: Atti, S. 404) Rom 1965, Bd. 2: Atti, S. 404)

Abb. 5: Rom, Bronze, 5,32 g (P. Bastien, Abb. 6: Trier, Bronze, 6,54 g (P. Bastien, Les émissions de Népotien à Rome et la Le monnayage de Magnence (350*353), date d‘élévation de Décence au Césarat, Wetteren 19832, S. 169 Nr. 85) in: Congresso internazionale di numis- matica, Rom 11.*16. September 1961, Rom 1965, Bd. 2: Atti, S. 404)