Zwanzig Jahre Lehrstuhl Für Jüdische Geschichte Und Kultur 1997 – 2017
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Zwanzig Jahre Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur an der Ludwig-Maximilians-Universität München 1997 – 2017 Das Team des Lehrstuhls für jü- dische Geschichte und Kultur an der LMU im Wandel der Zeit: 2006 oben rechts, 2009 oben links, 2014 mitte rechts, 2015 mitte links, unten im Jahr 2017 Inhalt Vorwort 4 Reflexionen 7 Wo sind ehemalige Mitarbeiter und Absolventen jetzt? 10 Zwanzig lehrreiche Jahre 12 Exkursionen 14 Europäische Sommeruniversität für Jüdische Studien 16 Jiddisch- und Hebräischlektorat 18 Drittmittelprojekte 19 Abgeschlossene Promotionen 20 Yerushalmi Lecture 22 Scholem Alejchem Vortrag 24 Gastvorträge 26 Wissenschaftliche Konferenzen 28 Allianz-Gastprofessur 34 Israel Institute-Gastprofessur 35 Mittelalterliche Jüdische Geschichte und Kultur 36 Zentrum für Israel-Studien 37 Jüdische Geschichte im Schulunterricht 40 Münchner Beiträge zur Jüdischen Geschichte und Kultur 41 Der Freundeskreis des Lehrstuhls 42 Zwanzig Jahre Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur von Michael Brenner Was war? Der Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur an der Ludwig-Maximilians-Universität Es war symbolträchtig, dass die An- in München ist ein deutschlandweiter Nukleus nicht nur für Israel-Studien. International trittsvorlesung für den neuen Lehr- seit langem profiliert, stellt dessen Errichtung und interdisziplinäre Ausrichtung nach wie stuhl am 19. Juni 1997 in eben jener vor einen Meilenstein dar. Dabei ist der Lehrstuhl mit seinen zahlreichen öffentlichen Gast- vorträgen und internationalen Konferenzen auch aus der Münchner Kulturlandschaft nicht Großen Aula stattfand, in der am mehr wegzudenken. Dank dieser Tätigkeit werden die Landeshauptstadt und der ganze 19. November 1936 die „Forschungs- Freistaat zu einem international sichtbaren Ort für das Erinnern, Erforschen und Diskutie- abteilung Judenfrage“ im Reichs- ren jüdischer Geschichte und Kultur. Dr. Ludwig Spaenle, Bayerischer Staatsmi- institut für Geschichte des neuen nister für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst Deutschland eingerichtet worden war. Als Hauptredner hatte damals Walter Frank zum Thema „Deutsche Grund war es nur angebracht, dass Geschichte bereits seit dem Winter- Wissenschaft und Judenfrage“ ge- ausgerechnet in München sechzig semester 1982/83 jedes zweite Jahr sprochen. Zumindest pro forma war Jahre später der erste Lehrstuhl in für jeweils ein Semester Thema von die Forschungsabteilung von dem Deutschland eingerichtet wurde, regelmäßigen Lehrveranstaltungen Münchner Ordinarius Karl Alexan- der sich im Rahmen eines Histori- gewesen. Zu den frühen Gastprofes- der von Müller geleitet worden. Im schen Seminars wissenschaftlich soren gehörten George Mosse, Zvi Publikum hatten führende Natio- mit den Fragen jüdischer Geschichte Yavetz, Shulamit Volkov und Moshe nalsozialisten gesessen, unter ihnen und Kultur beschäftigte. Zimmermann. Dank der großzü- der „Stellvertreter des Führers“ gigen Unterstützung des jungen Rudolf Hess. So war die „Hauptstadt Der Lehrstuhl für Jüdische Ge- Unternehmers G. Nikolaj Kiessling, der Bewegung“ auch zur Metropole schichte und Kultur ist nicht aus der 2016 viel zu früh verstorben ist, der antisemitisch verorteten „Erfor- dem Nichts erstanden. Es gab konnte 1996 schließlich der Lehr- schung der Judenfrage“ geworden, Vorläufer, Vorbereitungen und stuhl für Jüdische Geschichte und die wenige Jahre später auch zur Vorkämpfer. Im Rahmen einer vor Kultur permanent ausgeschrieben Legitimierung und teilweise sogar allem auf die Initiative des Histori- werden. Alle Beteiligten hier aufzu- zur Vorbereitung des Völkermordes kers Thomas Nipperdey entstande- führen würde den Rahmen dieser gedient hatte. Auch aus diesem nen Gastprofessur war die jüdische Broschüre sprengen. Doch beson- ders erwähnt seien der Einsatz des damaligen Rektors der LMU, Andreas Heldrich, sowie des lang- jährigen Dekans der Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaf- ten, Rudolf Kuhn. Die Einbettung in das Institut für Neuere und Neueste Geschichte (später: in das Histori- sche Seminar) sowie die Unterstüt- zung von Kolleginnen und Kollegen, insbesondere des Geschäftsführers Wolfgang Piereth, sorgten dafür, dass der Lehrstuhl kein Inseldasein innerhalb der Universität führt. Das Interesse und die Unterstützung von breiten Teilen der Münchner Öffentlichkeit und besonders der Israelitischen Kultusgemeinde unter ihrer Präsidentin Charlotte Knobloch machten den Lehrstuhl zu einem integralen Bestandteil des Antrittsvorlesung von Michael Brenner mit Dekan Rudolf Kuhn, 1997 kulturellen Lebens der Stadt. 4 Schließlich waren es die Schalt- und Angelpunkte eines Lehrstuhls, die garantierten, dass er sich in zwanzig Jahren weiterentwickelte und neue Schwerpunkte legte. Die Wissen- schaftlichen Assistentinnen und As- sistenten – Yfaat Weiss, Eli Bar-Chen, Mirjam Zadoff und heute Philipp Lenhard – prägten jeweils auf ihre eigene Weise die Geschicke des Lehr- stuhls mit und wurden dabei vom Sekretariat, zuletzt in der Person von Nicole Singer, tatkräftig unterstützt. Was ist? Festakt 10 Jahre Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur, 2007 In den letzten beiden Jahrzehnten Fernsehen eine Sendung zu jüdi- Von Anfang an war auch das Sprach- konnte sich der Lehrstuhl und seit schem Leben in München aus, die studium ein wichtiges Element unse- 2009 die Abteilung zu einem inter- auf den Recherchen und Interviews rer Ausbildung. Dies betrifft sowohl national renommierten Zentrum unserer Studierenden beruht. die Vermittlung des Hebräischen des Studiums und der Erforschung Exkursionen führten Studierende (Daphna Uriel) wie auch des Jiddi- jüdischer Geschichte etablie- in ehemalige und heutige Zentren schen (Evita Wiecki). Heute gehören ren. Tausende von Studierenden jüdischen Lebens von Venedig bis zur Abteilung für Jüdische Geschich- haben an den Lehrveranstaltun- Prag, von Regensburg bis Ichen- te und Kultur auch die Professur für gen teilgenommen, die sich über hausen, von Palermo bis Krakau, Mittelalterliche Jüdische Geschichte alle Zeitalter und alle Kontinente und von Jerusalem bis Tel Aviv. Die unter Leitung meiner Kollegin Eva erstreckten. Sie verbreiten das hier Begegnung mit dem heutigen jüdi- Haverkamp mit ihren reichhaltigen Gelernte in Schulen, Universitäten schen Leben ist ein wichtiger Teil Aktivitäten wie auch das in Deutsch- und der breiten Öffentlichkeit. In der Erfahrung unserer Studieren- land einmalige Zentrum für Isra- zahlreichen Tagungen kommt es den, so dass überall auch Besuche el-Studien, koordiniert von Daniel zum Austausch und zu Denkanstö- bei den bestehenden jüdischen Ge- Mahla, und eine neu eingerichtete ßen, gleichgültig ob es um Juden im meinden und deren Repräsentanten Stelle zur Lehrerfortbildung, für die christlichen Mittelalter oder um die zum Studienprogramm gehören. Daniela Arnold aus dem Schuldienst Beziehungen zwischen Judentum Eines unserer großen Anliegen war abgeordnet wurde. Es gibt seit über und Islam, um jüdischen Humor und ist es, die aus dem deutsch- zehn Jahren eine Allianz-Gastpro- oder jüdischen Sport, um die Ge- sprachigen Raum vertriebenen und fessur für Jüdische und Islamische schichte der Juden in Italien oder in der gesamten Welt beheimateten Studien und seit fünf Jahren eine der Oberpfalz, um die deutsch- Wissenschaftler nach München ein- Gastprofessur für Israel-Studien. israelischen Beziehungen oder die zuladen. So waren u.a. Fritz Stern, Jeden Sommer findet, gemeinsam amerikanisch-jüdische Kultur geht. Saul Friedländer, Peter Gay, Walter mit Universitäten in Österreich und Forschungsprojekte beschäftigten Laqueur, Guy Stern, Peter Pulzer, der Schweiz, eine vielbeachtete und sich unter anderem mit der jüdi- Michael A. Meyer, Ismar Schorsch, rege besuchte Sommeruniversität schen Geschichtsschreibung, der Edgar Feuchtwanger und Shlomo in Hohenems statt. Gemeinsam ge- Dreiecksbeziehung Juden-Chris- Avineri zu Gast. währleisten all diese Einrichtungen ten-Muslime auf der Iberischen Halbinsel, der Geschichte der Juden Wie die jahrhundertealte jüdische Geschichte und Kultur unsere Welt geprägt und berei- in München und in anderen Teilen chert hat – das zeigt die Arbeit des Lehrstuhls für Jüdische Geschichte und Kultur an der Bayerns sowie mit Hebräischen Ludwig-Maximilians-Universität München deutlich. Das Aufzeigen der verschiedenen Handschriften der Bayerischen Facetten des Judentums trägt wesentlich dazu bei, Vorurteile abzubauen und Verständ- Staatsbibliothek. Hinzu kamen nis zu schaffen. Den Professoren, Mitarbeitern, Studierenden und jenen, die den Lehr- mehrere von Studierenden der Ab- stuhl möglich gemacht haben, wünsche ich viele weitere interessante, spannende und er- teilung organisierte Ausstellungen kenntnisreiche Jahre und ein herzliches Mazal Tov! Dr. Josef Schuster, Präsident im Jüdischen Museum München. In des Zentralrats der Juden in Deutschland diesem Jahr strahlte das Bayerische 5 Der Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur ist mit Professor Michael Brenner und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht weniger als ein großartiges, wachsendes Gedächtnis, dessen sprühende Neugier sich auf alle Bereiche der wechselhaften jüdischen Geschichte und unserer reichen Kultur richtet. An diesem Lehrstuhl stellt sich Erinne- rungskultur in nobelster Form den schmerzlichen Folgen des größten Menschheitsver- brechens entgegen und entreißt dem Vergessen, was dazu bestimmt war, aus dem Ge- dächtnis der Menschheit gelöscht zu werden. Seit zwanzig Jahren ist dieser Lehrstuhl eine faszinierende und inspirierende Schatzkammer – für die jüdische Gemeinschaft, un- sere Stadt, unser Land,