Fauna Und Flora Des Feuchtgebietes Zwischen Luisenhall
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Thüringer Faunistische Abhandlungen Jahr/Year: 2005 Band/Volume: 10 Autor(en)/Author(s): Sparmberg Heiko Artikel/Article: Fauna und Flora des Feuchtgebietes zwischen Luisenhall, Nöda und Stotternheim (Stadt Erfurt und Landkreis Sömmerda / Thüringen) 43-101 Thüringer Faunistische Abhandlungen X 2005 S. 43 - 101 Fauna und Flora des Feuchtgebietes zwischen Luisenhall, Nöda und Stotternheim (Stadt Erfurt und Landkreis Sömmerda / Thüringen) H eik o S p a r m b e r g , A n d r e a s K o p e t z & U l r ic h B ö b n e c k , E rfurt Zusammenfassung Das Untersuchungsgebiet „Luisenhall, Nöda, Stotternheim“ befindet sich nördlich von Erfurt zwischen den Ortslagen Stotternheim und Nöda. A uf einer Fläche von ca. 85 ha bilden Salz- und Naßwiesen, Schilfgebiete sowie Auwaldreste einen Komplex an natumahen und kulturhistorisch bedeutsamen Lebensräumen. Im Zeitraum 1995-2003 konnten 1409 Tier- und 268 Pflanzenarten, davon 177 (= 11 %) in Thüringen bedrohte Arten, sowie 12 bedrohte Pflanzengesellschaften ermittelt werden. Faunistische Untersuchungsergebnisse liegen zu den Vögeln (89 Arten), Käfern (891 Arten), Heuschrecken (17 Arten), Schmetterlingen (264 Arten), Mollusken (67 Arten), Libellen (14 Arten) sowie sonstigen Tiergruppen (14 Arten) vor. Unter den besonders gefährdeten Arten befinden sich entsprechend den Roten Listen Thüringens 4 bisher verschollene Arten (RT 0) und 24 vom Aussterben bedrohte Arten (RT 1). Als Kemgebiete mit den höchsten Artenzahlen erwiesen sich die Salzstelle von Luisenhall und der Auwald von Nöda. Summary Fauna and flora of wetland area between Luisenhall, Nöda and Stotternheim (urban area of Erfurt and district Sömmerda / Thuringia) The study location „Luisenhall, Nöda, Stotternheim“ is situated north o f Erfurt between the villages Stotternheim and Nöda. With an extent o f 85 ha, the area consist o f salt meadows, wetland, reed, and rests o f alluvial forest, which are important semi-natural habitats and significant cultural-historical sites. Between 1995- 2003, in total 1409 animal and 268 plant species were recorded. Among them are 177 species (11 %) that are endangered in Thuringia, and 12 endangered plant associations. Faunistic results are reported for birds (89 species), beetles (891 species), grasshoppers (17 species), butterflies and moths (264 species), molluscs (67 species), dragonflies and damselflies (14 species), and 14 species of other groups. Among the recorded highly endangered species (red list for Thuringia) are 4 previously extinct species (category RT 0) and 24 species o f the category RT 1 (nearly extinct). The most important habitats with the highest number o f species are the salt meadows of Luisenhall and the alluvial forests of Nöda. Key words: Fauna, Flora, Thuringia, Aves, Coleoptera, Odonata, Caelifera, Ensifera, Lepidoptera, Mollusca, new records, nature protection 1. Einleitung Das Untersuchungsgebiet (UG) liegt im Norden des Stadtgebietes Erfurt zwischen den Gemeinden Stotternheim und Nöda. Verwaltungsmäßig gehören die Flurstücke der Gemarkung Nöda zum Landkreis Sömmerda und die der Gemarkung Stotternheim zur Stadt Erfurt. Die Schmale Gera markiert hier als ein Nebengerinne der Gera die Verwaltungsgrenze (Karte 1). Die feuchten bis nassen Weidewiesen, Schilfföhrichte und Auwaldreste bilden einen Komplex an natürlichen und kulturhistorisch geprägten Lebensräumen im Übergang von den großen Agrarflächen des Thüringer Beckens zum dicht besiedelten Stadtraum. Die kleine Siedlung Luisenhall ist mit ihren kleinbäuerlichen Nutzungsformen selbst ein wichtiger Bestandteil dieser Landschaft. Bereits 1995 wurden für die Kembereiche „Auwald Nöda“ (im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde Sömmerda) und „Salzstelle Luisenhall“ (im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Erfurt) Schutzgutachten erarbeitet (S p a r m b e r g 1995 a, b). Im Ergebnis dessen stellte sich heraus, daß ein möglichst großräumiger Schutz der noch 43 vorhandenen bzw. wieder regenerierbaren Bereiche des Riedes sinnvoll erscheint. 1997 wurden daher durch die Naturschutzbehörde der Stadt Erfurt weitere faunisisch-floristische Erkundungen im Bereich des Stottemheimer Bruches beauftragt und ein Umgrenzungsvorschlag für ein kreisübergreifendes Naturschutzgebiet (NSG Luisenhall) erarbeitet. Zentraler Bestandteil waren hierbei die Salzstelle und Feuchtwiesen von Luisenhall und der Auwald von Nöda (Spa rm berg 1997a). Karte 1: Lage des Untersuchungsgebietes 2. Untersuchungsraum Entsprechend den Naturraumtypen von Hiekel(1994) gehört der Landschaftsbereich zur "Gera-Unstrut-Niederung" bzw. kann nach Riese (1987) zum "Talboden der Gera zwischen Erfurt und Stotternheim" zugeordnet werden. Das Terrain ist relativ eben und wird im Norden von der Nödaer Warte (196,6 m) und im Süden von der Stotterheimer Höhe (183,8 m) begrenzt. Der mit 162,3 m höchste Geländepunkt des UG liegt an der Straße zwischen Stotternheim und Nöda unmittelbar vor Luisenhall. Die Höhenlinie 162,5 m umschließt das Gebiet U-förmig und bildet nach Nordwesten eine offene Senke zum „Großen Ried“ der Gera. Das tiefliegende Gelände der Sumpfwiesen zwischen Luisenhall und Nöda wird von einer Straße und der künstlich in diesem Bereich geführten Schmalen Gera gequert. Beide liegen ca. 1,5 m über dem sumpfigen Gelände. Der niedrigste Geländepunkt beträgt 159,7 m und befindet sich im nordöstlichen Bereich des UG. 44 Der Torfboden des Bruches besteht aus holozänen Ablagerungen über Keuperschichten. In ca. 400 m Tiefe lagern Steinsalze, die durch mehrere Salinen nördlich von Erfurt im 19. Jh. aufgeschlossen wurden. Durch salzige Quellen und den Salinenbetrieb waren die Voraussetzungen für das Entstehen einer Binnensalzstelle inmitten des Sumpfgebietes gegeben. Eine Fläche von 2,95 ha wurde bereits seit 1983 als Flächennaturdenkmal „Luisenhall“ unter Schutz gestellt. Die Böden des UG werden von holozänen (alluvialen) Ablagerungen (sedimentierte A ulehm e), d. h. jüngsten Flußsedimenten der Gera und Schmalen Gera bestimmt. Im Süden und Norden schließen sich ältere pleistozäne (diluviale) Ablagerungen an. Der Talboden Erfurt-Stotterheim ist überwiegend mit einer starken Löß- und Lößlehmschicht (Decklehm- Braunerden) bedeckt. Auf den pleistozänen Schichten sind teilweise kleinflächig dolomitische Mergel des Mittleren Keupers erhalten (z.B. Nödaer Warte). Die Böden im UG repräsentieren drei Standorteinheiten: a) Der unmittelbare Bereich der Salzstelle Luisenhall und (Salz)wiesen beiderseits der Straße Stotterheim - Nöda ist ein Auetonstandort (halb- und vollhydromorphe Auetone). Die wasser stauenden Tone sind die Ursache für Versumpfungen und Niedermoorbildungen. Analoge Standortbedingungen liegen z.B. auch im NSG "Alperstedter Ried" vor. Charakterisiert wird der Standort durch die Leitbodenform "Auenschluff-Humusgley" und "Auenton-Humusgley". Der Grundwasserabstand ist vorwiegend 20 bis 60 cm unter Flur. b) Südlich und westlich von Luisenhall befinden sich Auelehmstandorte (anhydromorphe Auelehme und -schluffe) mit einem Grundwasserstand von 100 bis 120 cm unter Flur. c) Nördlich und östlich grenzen Schwarzerdestandorte (lößbestimmte Schwarzerden) an, die vorwiegend vemässungsffei sind. Der hohe Grundwasserspiegel ist durch die Lage des UG in den Niederungen der Gera charakteristisch. Hauptvorfluter sind die Schmale Gera im Westen und die Lache in Süden. Sie entwässern beide nach Norden zur Unstrut. Ein zusätzlicher Graben, von Stotternheim kommend, mündet erst weiter westlich in die Schmale Gera. Da er dem natürlichen Gefälle folgt, unterquert er die höher gelegene Schmale Gera am südlichen Ortsrand von Nöda. Die Wiesen und Waldstücken beiderseits von Straße und Schmaler Gera werden durch eine Vielzahl von Gräben entwässert. Die Fließrichtung ist durch die Muldenlage auf den Wiesen von Nöda und Luisenhall von Süd nach Nord. Im Stottemheimer Bruch können sich die Verhältnisse teilweise auch umkehren. Die meteorologischen Meßwerte der nächstgelegenen Station Erfurt-Bindersleben weisen ein 30-jähriges Jahresmittel der Niederschläge von 562 mm und eine mittlere Temperatur von 7,9° C auf. 3. Historische Entwicklung Bis 1829 wurde im Gebiet Torf gewonnen, welcher sich allerdings nicht als besonders brauchbar erwies, so daß der Abbau kein größeres Ausmaß annahm. Durch den Torfabbau wurde bereits 1775 eine Springquelle angeschnitten, die Salzwässer an die Oberfläche führte. Im Januar 1823 wurde auf Anordnung des Salinisten Karl Christian Friedrich Glenck aus Wimpfen (Süddeutschland) nach Steinsalz gebohrt. 1827 konnte in der Saline das erste Siedehaus erbaut werden, da das Steinsalzlager kurz vor der Erschließung stand. Zum Jahreswechsel 1827/28 überreichte Glenck seinem Förderer J. W. von Goethe ein Gefäß der Sole mit beträchtlichem Salzgehalt. Zur Einweihung am 30.01.1828 verfaßte er aus diesem Anlaß ein Festgedicht. Zu Ehren der Gemahlin des Großherzogs von Sachsen-Weimar- Eisenach wurde die Saline "Louisenhall" genannt (E m o n s & W a l t e r 1988, S. 112). Am 24. Oktober 1829 traf man in 1.200 Fuß Tiefe (ca. 400 m) auf das Steinsalzlager. Im Jahr 1847 wurde in der Saline das 3. Bohrloch begonnen und es fanden sich in Luisenhall (heutige 45 Schreibweise) die ersten Badegäste ein. Gleichzeitig wurde für den Betrieb in der Saline eine Dampfmaschine angeschafft. Zur Gesamtanlage kamen ein neues Siedehaus und ein Trockenhaus hinzu. Die Saline bot in der Folgezeit für viele Bewohner Stotternheims und der Umgebung sichere Arbeit