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In eigener Sache: Wechsel in der Redaktion von China heute

Zum Ende des Jahres 2003 hat P. Roman Malek SVD die Lei- gelmäßige China-Reisen, Kontakte mit chinesischen Chri- tung der Redaktion von China heute niedergelegt. In den sten, Religionsforschern und mit China befaßten Organisa- letzten 20 Jahren hat er die Zeitschrift als Chefredakteur tionen sowie durch eigene Studien ist sie mit den aktuellen geprägt. Ihm gebührt aufrichtiger Dank von seiten des gesellschaftlichen Entwicklungen im chinesischen Raum, China-Zentrums wie auch der Leser. Unter P. Malek wurde insbesondere mit der Situation der Religionen und der die Zeitschrift mit ihren Beiträgen und umfangreichen christlichen Kirchen, bestens vertraut. Seit 1991 organisiert bibliographischen Hinweisen zu einem zuverlässigen und und leitet sie auch die jährlichen Studententreffen, die der unverzichtbaren Informationsmedium im Hinblick auf die Begegnung zwischen deutschen und chinesischen Studenten Situation der Kirche und der Religionen in China. Er wird und zum Austausch über bestimmte kulturelle oder sozial der Zeitschrift auch weiterhin als Mitarbeiter und Autor zur relevante Themen dienen. Frau Wenzel-Teuber hat an den Verfügung stehen. Universitäten Erlangen und Bonn sowie an der katholischen Zu seiner Nachfolgerin hat der Vorstand des China- Furen-Universität in Taibei studiert. 1990 schloß sie ihr Stu- Zentrums e.V. ab Januar dieses Jahres Frau Katharina dium mit dem Magister in Sinologie, Germanistischer Me- Wenzel-Teuber ernannt. Frau Wenzel-Teuber ist seit 1990 diävistik und Sprachwissenschaft sowie Japanologie an der Mitarbeiterin des China-Zentrums sowie Redakteurin von Universität Bonn ab. China heute und hat in kirchlichen und wissenschaftlichen Wir danken Frau Wenzel-Teuber für ihre Bereitschaft, Publikationen Artikel zur chinesischen Religionspolitik und diese Aufgabe zu übernehmen, und wünschen Ihr Glück und zur Lage der katholischen Kirche veröffentlicht. Durch re- Erfolg! Paul Raabe SVD Direktor des China-Zentrums

vorsichtig organisiert werden, obwohl auch hier sehr große Zahlen von Gläubigen an den Weihnachtsgottesdiensten teilnahmen, sei es im Freien, in den Wohnungen oder gar in 訊 息 gemieteten öffentlichen Hallen. Besorgnis um die fortdauernden Teilungen und Spannungen. China ist ein mehrfach geteiltes Land – dies verdeutlichen Informationen nicht nur die Weihnachtsfeierlichkeiten. Sowohl die chi- nesische Religionspolitik wie auch die Lage der chinesi- schen Kirchen sind vornehmlich durch tiefe Teilungen und „Revolution des Glaubens“, Internet und die vielfältige Spannungen geprägt. Daß es Unterschiede zwi- chinesische Religionspolitik------schen den strikteren religionspolitischen Tendenzen des „Revolution des Glaubens“. Wie zu erwarten, waren die Büros für Religiöse Angelegenheiten (BRA) und der mehr christlichen Kirchen in der VR China an Weihnachten 2003 offenen Politik der Religionskommission der Einheitsfront völlig überfüllt. Allein in den Beijinger Hauptkirchen, der gibt, ist seit langem bekannt. Seit langem auch übertragen Süd- (Nantang) und der Nordkathedrale (Beitang), wurden sich diese Spannungen auf die christlichen Kirchen, was in ca. 30.000 Gottesdienstbesucher geschätzt. Die kostenlo- der letzten Zeit besonders deutlich wird. Das BRA will sen Eintrittskarten für die Christmetten wurden, so heißt es nicht zulassen, was die Einheitsfront wünscht, nämlich eine in den Berichten, auf dem Schwarzmarkt für hohe Preise direkte Registrierung der Kultstätten bei den staatlichen verkauft! Überfüllt waren auch die anderen achtzehn Kir- zivilen Behörden unter Vermeidung des Weges über die Pa- chen der Diözese Beijing und die dreizehn protestantischen triotischen Vereinigungen, die offensichtlich Handlanger Kirchen bzw. Gottesdienststätten. Die evangelische Haupt- des BRA geworden sind und nicht – wie ihre Statuten be- kirche Beijings am Chongwenmen übertrug den Gottes- sagen – die Kirchen bei den staatlichen Stellen vertreten. So dienst auf einer Videoleinwand auf den Vorplatz. Der An- stellen die Beobachter für das Jahr 2003 abermals einen drang wird jedes Jahr größer, hieß es aus Kirchenkreisen. verstärkten Druck seitens der Patriotischen Vereinigung An den Massen der Wartenden vor Beijings Kirchen an auf die katholischen Bischöfe und Priester in den Diözesen Weihnachten läßt sich „die stille, unaufhaltsame Revolu- fest, wo es bisher keine Patriotische Vereinigung gab oder tion des Glaubens in dem bisher atheistisch geprägten Land wo sie marginalisiert wurde. Dies bestätigte u.a. der Shang- ablesen“, stellte der China-Korrespondent JOHNNY ERLING haier Bischof ALOYSIUS JIN LUXIAN in einem Interview mit in der Welt fest. Auch wenn dieser Beobachtung zuzu- der polnischen katholischen Zeitung Tygodnik Powszechny stimmen ist, soll man daraus nicht schließen, daß in der VR (Krakau, 23. November 2003). Diese Spannungen hinter- China bereits die Religionsfreiheit herrsche. Im Umfeld lassen immer deutlichere Spuren, was z.B. auch bei den aller Kirchen in China waren in der Weihnachtszeit – sicht- neuen Bischofsweihen, wie vor kurzem in Hengshui barer als sonst – Polizisten im Einsatz. Religion ist nämlich (Jingxian), überdeutlich zum Ausdruck kommt, auch wenn in China nach wie vor eine suspekte und somit auch streng es im katholischen Untergrund begrüßt wird, daß die jünge- zu kontrollierende „Angelegenheit“. Die Gottesdienste der ren Bischöfe sowohl vom Papst wie auch vom Staat aner- Untergrund- und Hauskirchen mußten daher entsprechend kannt werden – so z.B. der Untergrundbischof JIA ZHIGUO

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von Zhengding (Hebei) über die Bischofsweihe von FENG dere die Religionsgemeinschaften. „Wenn das jetzige Re- XINMAO in Hengshui am 6. Januar d.J. (s.u.). gime weiter im Amt bleibt, wird sich die Lage der ver- Die innerkirchlichen Haltungen verhärten sich einer- folgten katholischen Kirche nicht bessern,“ erklärte der Bi- seits (eine Versöhnung der beiden Teile der Kirche wird schof, der von 1938 bis 1989 in Macau lebte und der letzte von einigen Vertretern des Untergrundes z.B. als Verrat am ausländische Bischof der Diözese war. Glauben begriffen), andererseits hört man immer wieder Zunehmende Besorgnis um die künftigen Freiheiten Stimmen, die zu Versöhnung aufrufen und diese auch bal- herrscht auch in Hongkong. Über 100.000 Menschen mar- digst erhoffen (so z.B. Bischof JOSEPH HAN ZHIHAI von schierten am 1. Januar 2004 über vier Stunden lang vom Lanzhou in seinem bisher ergebnislosen Aufruf aus dem Victoria Park zum Sitz des Regierungschefs, um dieser Jahre 2003; siehe China heute 2003, S. 214f.), denn nur Sorge Ausdruck zu verleihen. Vor der Demonstration be- eine versöhnte Kirche könne ihre missionarische und ge- teten über 400 Katholiken und Protestanten gemeinsam für sellschaftliche Aufgabe erfüllen. So wird mancherorts dazu die Demokratie in Hongkong. Während der Hl. Messe in aufgerufen, den „Bürgerkrieg“ innerhalb der Kirche zu be- der Kathedrale am Morgen dieses Tages (Fest der Mutter- enden und aufzuhören, übereinander Dinge zu verbreiten, gottes und Weltgebetstag für den Frieden) sagte der die der Einheit der Kirche schaden. Verständlich ist aber, Hongkonger Bischof JOSEPH ZEN, daß dieser Protest ein wenn man sagt, daß die Existenz der Patriotischen Vereini- wichtiger Schritt in dem andauernden friedlichen Kampf gung eine Versöhnung unmöglich macht. Und hier wie- um eine demokratische Entwicklung Hongkongs sei. derum spielt die oben erwähnte Spannung zwischen BRA Wichtig allerdings ist an dieser Stelle zu beobachten, und Einheitsfront (sprich: den lokalen zivilen Behörden) daß auch die Menschen in der VR China beginnen, selbst eine entscheidende Rolle. Ein breiter Dialog ist notwendig, mutig für ihre Freiheiten zu kämpfen, und zwar nicht nur so eine Stimme aus China: Dialog und Kommunikation per Internet. Am 10. Dezember 2003, dem Internationalen zwischen den Bischöfen und dem Klerus der offiziellen und Tag der Menschenrechte, demonstrierten ca. 200 Personen der Untergrundkirche sowie zwischen den Bischöfen, dem in Beijing für die Menschenrechte. Die Polizei verhaftete Klerus und den staatlichen Behörden. Doch der Weg dahin dreißig von ihnen. Die Menschenrechtsaktivisten Chinas scheint immer noch weit zu sein, auch wenn Kardinal PAUL haben nur wenig Hoffnung und fühlen sich nicht genügend SHAN (Taiwan) vor kurzem in einem Interview mit 30 unterstützt. Der Schriftsteller YU JIE sagte in diesem Zu- giorni gesagt hat, daß er an eine Vereinigung „in abseh- sammenhang, daß es keinen Fortschritt in diesem Bereich barer Zeit“ glaube. Ob die Olympiade 2008 in diesem gebe, im Gegenteil, die Situation der Menschenrechte habe Prozeß eine Rolle spielen bzw. Druck ausüben wird, wie sich verschlechtert, und er sei diesbezüglich sehr pessimi- der Kardinal hofft, bleibt eine offene Frage. Entscheidend stisch. wird wohl nicht eine äußere Vereinigung unter welcher „Ausländische Einmischung“ unerwünscht! Die Frage der Fahne auch immer sein, sondern eine interne und echte Menschenrechte und die chinesische Religionspolitik waren Versöhnung der Menschen und der beiden Gruppen und in den letzten Monaten zweimal Ursache für Verstimmun- natürlich – als Voraussetzung hierfür – eine ganz andere gen in den Beziehungen zwischen der VR China und den Religionspolitik. Ob diese sich jedoch z.B. unter dem ge- USA. Anlässe waren (1) die Herausgabe des US-Jahres- meinsamen Druck der westlichen Länder verändern wird, berichtes über die Religionsfreiheit und (2) der Besuch ei- ist zu bezweifeln, da die chinesische Regierung die bishe- ner US-Delegation in Hongkong. rigen Bemühungen der westlichen Staaten in bezug auf (1) Jährlich kommt es – fast rituell – anläßlich des US-Be- Menschenrechte und Religionsfreiheit ignoriert hat und die richtes zur Religionsfreiheit in der Welt zu einer Auseinan- westlichen Länder auch „vorsichtig“ genug waren, sich dersetzung zwischen China und den USA. So wurde auch ihre wirtschaftlichen Beziehungen mit China nicht zu der Bericht des amerikanischen Außenministeriums über „verderben“. So waren auch die Äußerungen von Präsident Religionsfreiheit für das Jahr 2003 (The International Re- BUSH während des Besuches des chinesischen Minister- ligious Freedom Report 2003) sowohl von der chinesischen präsidenten WEN JIABAO in Washington im Dezember 2003 Regierung wie auch von den offiziellen Vertretern der sehr vorsichtig, auch wenn die Frage der Religionsfreiheit Religionen in der VR China zurückgewiesen. Der Sprecher und der Menschenrechte ausdrücklich artikuliert wurde. des chinesischen Außenministeriums, LIU JIANCHAO, äu- BUSH sagte lediglich, daß die wachsende wirtschaftliche ßerte die „Enttäuschung“ der chinesischen Regierung über Freiheit in China Anlaß zu Hoffnungen gebe, daß auch die den Bericht, den er dezidiert ablehnte. Die Feststellungen sozialen, politischen und religiösen Freiheiten wachsen des Berichtes widersprächen den Tatsachen und seien unbe- werden. rechtigt. Die chinesische Regierung, so der Sprecher, In bezug auf die Lage der Kirchen und die Religionsfrei- schütze die religiöse Freiheit der Bürger gemäß der Verfas- heit in China dominiert also nach wie vor Besorgnis, wie sung und dem Gesetz. Auch die Rechte der Minderheiten dies auch der frühere Bischof von Macau, Dom ARQUI- würden geschützt. Was dagegen falungong betreffe, so MINIO RODRIGUES DA COSTA, während einer Tagung zum werde die Bewegung gemäß dem Gesetz beurteilt und deren Thema „Christentum in China“ im portugiesischen Wall- kriminelle Aktivitäten verfolgt. Die chinesische Regierung fahrtsort Fatima artikulierte. Trotz der wirtschaftlichen sei gegen die Benutzung der Religion als Mantel für uner- Öffnung sei die Menschenrechtslage in China sehr drama- laubte Tätigkeiten. Dies sei auch die Überzeugung der Mas- tisch – so der Bischof. Die chinesische Regierung versuche sen des chinesischen Volkes. Im übrigen sollten die USA verstärkt, alle Lebensbereiche zu kontrollieren, insbeson- sich mehr ihren eigenen Problemen widmen und nicht in die

INFORMATIONEN 4 CHINA HEUTE XXIII (2004), NR. 1-2 (131-132) inneren Angelegenheiten Chinas einmischen, stellte der frontation geblieben sei. Er äußerte gleichzeitig Zufrie- Sprecher fest. denheit über den Besuch im „noch freien Hongkong“. Bi- Chinesische Katholiken erfreuen sich schon seit über schof ZEN hofft, die chinesische Regierung werde doch zwanzig Jahren der religiösen Freiheit, erklärte Bischof verstehen, daß größere religiöse Freiheit nicht nur vorteil- LIU YUANREN, Vorsitzender des Chinesischen Bischofs- haft für die Gläubigen, sondern auch für die ganze Nation kollegiums, als Antwort auf den US-Bericht. Die Maß- sein könne. Er kritisierte gleichzeitig, daß die Aussagen der nahmen der Regierung gegen falungong bezeichnete er als westlichen Regierungen über Menschenrechte und Reli- berechtigt, da die Bewegung gegen die chinesische Ge- gionsfreiheit angesichts der Zwänge der Wirtschaftsbe- sellschaft gerichtet sei. „Alle bösen Kulte verdienen eine ziehungen nur Lippenbekenntnisse blieben. Die großen Na- solche Behandlung“, fügte LIU hinzu. Der Vorsitzende der tionen seien lediglich am Geschäft interessiert. Was wir Chinesischen Islamischen Vereinigung, CHENG GUANG- jedoch brauchen, so der Bischof, sei eine „einheitliche und YUAN, meinte, daß der US-Bericht die chinesische Realität gemeinsame Anstrengung aller westlichen Mächte, um verkenne. Es gebe nämlich über 20 Mio. Menschen aus China daran zu erinnern, daß Religionsfreiheit einfach zu zehn ethnischen Gruppen, die sich zum Islam bekennen und allen zivilisierten Gesellschaften gehört“. deren Glaube gemäß dem Gesetz durch die Regierung ge- Positiv hervorzuheben ist hier die Haltung der Kirchen schützt sei. Auch die Vertreter der Buddhistischen und der Deutschlands, die im Zusammenhang mit der vom Bun- Daoistischen Vereinigungen, Meister XUECHENG und deskanzler vorgeschlagenen Aufhebung des EU-Waffen- ZHANG JIYU, erklärten, daß der Bericht die chinesische embargos gegen China eine solche Politik entschieden kri- Realität ignoriere, unfair und unvernünftig sei, da es in tisierten. Im Namen der Gemeinsamen Konferenz Kirche China Religionsfreiheit gebe. Beide kritisierten auch die und Entwicklung (GKKE) stellte Prälat KARL JÜSTEN fest, Aussagen des Berichtes über falungong, das fälschlich als auch der „Kampf um Arbeitsplätze rechtfertige nicht, in ei- Religion dargestellt werde. nen Tanz um das Goldene Kalb einzustimmen und dabei (2) Nach mehrmaliger Verschiebung fand in Hongkong wesentliche menschenrechtliche und friedenssichernde vom 2.–7. Januar d.J. der Besuch einer Delegation der US Maßstäbe über Bord zu werfen“. Commission on International Religious Freedom statt, die Ernüchternde Fakten. Die chinesische Religionspolitik und die amerikanische Regierung in Religionsfragen berät. Die die tatsächliche Lage in China sind offensichtlich gänzlich Regierung in Beijing, die sich über die unilaterale Entschei- anders, als die oben zusammengefaßten offiziellen Aussa- dung, Hongkong zu besuchen, verärgert zeigte, war gen aus der VR China glauben lassen. Die Tatsache, daß – schließlich auch nur mit einem low-profile- und low-key- wie die Hongkonger Zeitung Wen Wei Po vom 29. Januar Besuch einverstanden. Die Delegation traf mit MARTIN LEE 2004 meldet – ca. 15.000 Kader in den ersten sechs Mo- CHU-MING von der Demokratischen Partei, LAW YUK-KAI, naten des Jahres 2003 das Land verlassen haben, einfach dem Leiter von Human Rights Monitor, und Bischof JO- „verschwunden“ sind oder (1.252 Personen) Selbstmord SEPH ZEN ZE-KIUN zusammen. Nach Angaben der Mit- begangen haben, um der Antikorruptionskampagne zu glieder der Delegation sprach man u.a. über die Situation in entgehen, sagt viel über den Zustand der chinesischen Poli- Hongkong, über die offizielle und die Untergrundkirche so- tik. Es handelt sich dabei um Lokalkader meistens aus wie die aktuelle Lage der Kirchen in der VR China und über Guangdong, Henan, Fujian und Tibet, die also oft über die falungong. Der Besuch sollte u.a. eine künftige Reise der Schicksale der Menschen, Organisationen, Religionen usw. Delegation in die VR China vorbereiten. Das amerikani- entscheiden. Es bleibt indessen ein offenes Geheimnis, daß sche Konsulat in Hongkong machte keine Aussagen über Mitglieder der KP Chinas in illegale und kriminelle Aktivi- den offiziellen oder privaten Charakter des Besuches. Im täten involviert sind. Inwiefern dabei Menschenrechte oder allgemeinen wurde die Durchsetzung dieses Besuches Religionsfreiheit betroffen sind, ist nicht bekannt, doch seitens der Amerikaner als Protest gegen Beijing begriffen nicht zuletzt der Umgang der Lokalbehörden mit falungong und auf der Beijinger Seite als eine „ausländische Einmi- oder einigen katholischen und protestantischen Unter- schung“. Besonders unzufrieden war man in Beijing über grundkirchen spricht für sich selbst. Offiziell wird gleich- die Gespräche der Delegation mit den Hongkonger christli- zeitig bestätigt, daß allein im Jahre 2003 1.763 Polizisten chen Führern, die im Jahre 2003 eine Schlüsselrolle bei den wegen diversen Verstößen gegen das Gesetz untersucht pro-demokratischen Aktionen spielten. bzw. verurteilt wurden. Das Ministerium für Öffentliche Kritisch äußerte sich über den Besuch der Delegation in Sicherheit teilte zudem mit, daß man im letzten Jahr über Hongkong der Sprecher des Chinesischen Außenministe- 101.000 Klagen gegen die Polizei erhalten habe (in China riums LIU JIANCHOU. Es sei nicht richtig gewesen, nach gibt es 1,7 Mio. Polizisten.) Dies alles wirft Licht auf die Hongkong zu reisen, während man mit dem Büro für Re- politischen Zustände auf der Lokalebene, inklusive der ligiöse Angelegenheiten über eine Reise nach China ver- Religionspolitik. In diesem Kontext wird jedoch auch sicht- handelte. LIU äußerte die Hoffnung, daß der Besuch der bar, wie notwendig soziale und demokratische Initiativen Hongkonger Stabilität nicht schaden werde. sind, auch christliche, wie z.B. die Konferenz über die Rol- Der katholische Bischof von Hongkong, JOSEPH ZEN, le des „gegenwärtigen Katholizismus und der Moral in der zeigte sich in einem Gespräch am 5. Januar 2004 im Zu- chinesischen Kultur“, die im November 2003 in Beijing sammenhang mit dem Besuch der amerikanischen Delega- stattfand. Die christliche Morallehre wurde dort von 30 tion enttäuscht über die Haltung der chinesischen Regie- christlichen und nichtchristlichen Fachleuten als Ressource rung, die bei der alten und harten Haltung und bei der Kon- der Ethik für die chinesische Gesellschaft erörtert.

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Als Zeichen der Verschärfung im Bereich der Religi- 2003 in Beijing, , Guangzhou, Changsha, Xining ons- und Minderheitenpolitik darf die Mitte Dezember und Hohhot durchführte, wie in einem offiziellen Bericht 2003 vom chinesischen Ministerium für Öffentliche Sicher- bereits im September 2003 veröffentlicht wurde. Nichts- heit vorgenommene Auflistung „terroristischer“ Gruppie- destoweniger gehört diese moderne Art der Kommunika- rungen in Xinjiang gelten. Ohne daß klare Beweise vor- tion in der VR China (insgesamt schätzt man die Zahl der liegen, wurden vier islamische Organisationen und elf Internetnutzer auf 79,5 Mio. Personen) zu den politisch Personen der sog. „ostturkestanischen“ separatistischen sehr sensiblen Lebensbereichen. Dies zeigt der Umgang Bewegung zugeordnet (siehe detaillierte Auflistung unten S. der chinesischen Behörden mit diesem Medium. Nach 13f.). Ihnen wird vorgeworfen, den uigurisch-muslimi- Angaben von amnesty international vom Januar 2004 schen Nordwesten von Xinjiang abspalten und dort einen is- wurden in den letzten 14 Monaten mindestens 54 Personen lamischen Staat gründen zu wollen. In einem Kommentar in wegen „Internetaktivitäten“ verhaftet. Viele Menschen China aktuell (2004, S. 1443) heißt es in diesem Zusam- bleiben in Haft, einige wurden bereits wegen „Subver- menhang, an der Rhetorik der chinesischen Seite werde sion“ oder „Gefährdung der Staatssicherheit“ zu Strafen deutlich, daß der Anschluß an den sog. „internationalen von zwei bis zwölf Jahren verurteilt. Die offizielle Nach- Terrorismus“ auch deshalb gesucht werde, um den eigenen richtenagentur Xinhua bestätigte am 17. Februar d.J. die Kampf gegen „Terrorismus, Separatismus und religiösen Verhaftung von DU DAOBIN wegen „Internet-Subversion“. Extremismus“ in Xinjiang zu rechtfertigen. Schon im Dezember 2003 wurde in Hangzhou der Com- Daß die Verschärfung der Kontrollen sehr weitreichend putertechniker ZHANG SHENGQI verhaftet. Man wirft ihm ist, belegt die Tatsache, daß unter dem Mantel der Pressere- vor, im Internet Informationen über Polizeieinsätze gegen form, die sich auf 2.000 Zeitungen und 9.000 Zeitschriften nicht genehmigte religiöse Aktivitäten verbreitet zu haben. erstreckt, 635 Zeitungen und Zeitschriften einfach ge- Eine unbekannte Zahl von Personen befindet sich immer schlossen wurden. Man argumentiert zwar mit Sparmaß- noch in Gefängnissen, weil sie per Internet Informationen nahmen und der Aufhebung des Pflichtabonnements durch über die Ausbreitung von SARS veröffentlicht haben sollen. Betriebe und Einheiten, doch Opfer dieser Aktion sind auch ai betrachtet diese Personen als Gewissensgefangene und die Organe, die kritisch über die gesellschaftspolitische appellierte erneut an die chinesischen Behörden, sie sofort Situation in China berichtet haben. und bedingungslos freizulassen. Die internationalen Com- Noch viele weitere Fakten lassen sich als Beleg für die puter-Unternehmen werden aufgerufen, ihren Einfluß zu Verschärfung der Restriktionen nennen. Im Dezember nutzen, um den Menschen in China zu helfen, die Freiheit 2003 wurde beispielsweise in Yanji (Provinz Jilin) der süd- der Meinungsäußerung zu erlangen. Die chinesische Regie- koreanische Pastor CHOI BONG-IL verhaftet und zu neun rung (d.h. das Kulturministerium, das Ministerium für Jahren Gefängnis verurteilt, weil er nordkoreanischen Öffentliche Sicherheit u.a.) hat dagegen angekündigt, daß Flüchtlingen helfen wollte, nach Südkorea zu gelangen. vom 19. Februar bis August d.J. alle Internetbars und Netz- Zwei weitere Koreaner wurden im gleichen Zusammen- werke im Lande in besonderer Weise kontrolliert werden hang zu je elf und vier Jahren Haft verurteilt. (Man schätzt, sollen. Vor allem soll der Zugang zum Internet für Jugend- daß sich ca. 300.000 Nordkoreaner in Nordost-China ver- liche und die Verbreitung von „schädlichen Informatio- steckt halten, die aus ihrem kommunistischen Heimatland nen“ strenger Überwachung unterstehen. Alle „Verstös- geflüchtet sind.) se“ in dieser Hinsicht werden geahndet und schwer bestraft. Im Januar d.J. wurden in der Provinz Henan nach Anga- Das Internet ist also doch „schädlich“ und „gefährlich“! ben von The China Aid Association (Glenside, Pennsylva- Bischofsweihe unter Druck. Die oben erwähnte Bischofswei- nia) drei protestantische Christen verhaftet, die zum Um- he von FENG XINMAO zum Bischof-Koadjutor in der klei- feld der Hauskirchen in Luoyang, Nanyang und im Kreis nen Diözese Hengshui (Jingxian, Hebei) war ein erneutes Deng gehören. Beispiel des Versuches, die katholische Kirche unter die Zwei Personen aus Beijing, die Kontakte zur Unter- Kontrolle der Patriotischen Vereinigung und des Büros für grundkirche in der VR China hatten und deren Lage, insbe- Religiöse Angelegenheiten in Beijing zu bringen. Der 39- sondere die Zerstörung der Kirchen in Xiaoshan bei jährige Bischof, der auch in den Philippinen und in Belgien Hangzhou, untersuchen wollten, wurden in Hangzhou we- studiert hat, wurde nach langem Hin und Her zwischen ihm gen „illegalen Sammelns von Materialien für ausländische und den Vertretern der Beijinger Patriotischen Vereinigung Institutionen“ (d.h. Spionage) verhaftet. bezüglich der weihenden Bischöfe und der öffentlich zu Vieles also, was in China geschieht, ernüchtert im verlesenden päpstlichen Ernennungsurkunde erst nach Hinblick auf die Reformerwartungen bzw. Veränderungen, einer mehrstündigen Verzögerung schließlich geweiht, und die an die neue Führung in Beijing und an das Zusam- zwar unter Ausschluß der vom Papst nicht anerkannten mengehen von wirtschaftlicher Entwicklung und Freiheit Bischöfe. Die ihn weihenden Bischöfe waren nun LIU gestellt wurden. Deutlich wird dies auch in dem panischen DINGHAN (Cangzhou bzw. Xianxian), YANG XIANGTAI Umgang des Staates mit dem Internet. (Handan) und LI LIANGUI (Cangzhou) – alle aus Hebei. Der Internet doch „schädlich“ und „gefährlich“! Das Internet Bischofsweihe wohnten auch Gäste aus Österreich, Belgien habe keinen negativen Einfluß auf Chinas Jugend – dies ist und den Philippinen bei. Sie fand in einer gemieteten Halle das Ergebnis von Untersuchungen, die ein Institut der statt, da die Bischofskirche für solche Zwecke zu klein ist. Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften im Jahre Während der Zeremonie wurden beide Ernennungsurkun-

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liehen. Während einer Dankmesse händigten Bischof FU TIESHAN und der Vizerektor des Seminars, Bischof LI MINGSHU (Qingdao), den Priestern die entsprechenden Urkunden aus. Zu dem Sonderkurs waren Priester aus ganz China zugelassen, die mindestens eine vierjährige Ausbil- dung in einem Priesterseminar erhalten haben und minde- stens fünf Jahre als Priester tätig waren. Dieser Sonderkurs am Nationalen Priesterseminar, das Ambitionen hegt, in Zukunft eine Theologische Akademie zu werden, war nach Angaben des Generalsekretärs der Patriotischen Vereini- gung, LIU BAINIAN, mit dem Büro für Religiöse Angele- genheiten zwar konsultiert, der Grad wird allerdings staatlich nicht anerkannt. Die Büros für Religiöse Angele- genheiten der Heimatprovinzen der Absolventen haben, wie man den Aussagen der Teilnehmer entnehmen kann, fi- nanzielle Unterstützung gewährt. Das Programm beinhaltet Die Bischöfe LI LIANGUI, LIU DINGHAN, FENG XINMAO, u.a. Vorlesungen in Kirchenrecht, Liturgie, Theologie, Re- YANG XIANGTAI (von links) am 6. Januar 2004. ligionsstudien, Bibel und Pastoraltheologie. Dozenten sind den, d.h. die des Papstes und die der Patriotischen Vereini- chinesische Priester, die im Ausland ausgebildet wurden, gung bzw. des Chinesischen Bischofskollegiums, verlesen. sowie Lehrer aus Hongkong, Taiwan und anderen Ländern. 26.000 Katholiken, denen 28 Priester und 60 Ordensfrauen Die Errichtung des oben erwähnten Sonderkurses lenkt dienen. In der Ausbildung befinden sich 90 Schüler im die Aufmerksamkeit abermals auf die Frage der Aus- und Kleinen Seminar sowie 26 Seminaristen im Regionalsemi- Weiterbildung des chinesischen Klerus. Generell ist fest- zustellen, daß, obwohl seit Anfang der 1990er Jahre Dut- nar von Shijiazhuang. Der Ortsbischof CHEN XILU (75) ist zende von Seminaristen und Priestern im Ausland studiert seit Jahren gelähmt, und Weihbischof FAN WENXING ist be- reits emeritiert. haben, der Lehrkörper an den Priesterseminaren immer noch ungenügend ist, so daß die Ausbildung der Semina- Entwicklungen in der katholischen Kirche. Die oben er- risten immer noch nicht den in der Universalkirche gel- wähnte Bischofsweihe unter Ausschluß der vom Papst nicht tenden Normen entspricht und in diesem Bereich noch viel anerkannten Bischöfe ist zweifelsohne ein hart erkämpftes zu tun ist. In diesem Zusammenhang wurde vor kurzem Zeichen der Veränderungen in der chinesischen Kirche. So auch auf die Rolle der sog. Kleinen Seminare in der chinesi- läßt sich feststellen, daß trotz aller Restriktionen und trotz schen Kirche hingewiesen. Sie sind wichtig nicht nur als des von vielen Seiten ausgeübten Druckes auf die Kirche Vorbereitung für das Priesterseminar, sondern auch – an- sich ihr Gesicht allmählich verändert, und zwar auch im gesichts der Lage im chinesischen Schulwesen – als allge- Zusammenhang mit den voranschreitenden gesellschaftli- meine Bildungsstätten in den jeweiligen, meistens ländli- chen und wirtschaftlichen Entwicklungen in China. Natür- chen Regionen. Die katholische Kirche Chinas unterhält lich haben Globalisierung, Urbanisierung, die Mitglied- kleine Seminare u.a. in Shanghai (Tailaiqiao in Qingpu) mit schaft in der WTO und andere Faktoren ihre spezifische Be- 36 Schülern, Kunming (Yunnan) mit neun Schülern – hier deutung für China als ganzes, wenig aber – wie es scheint – befinden sich unter den Seminaristen auch Angehörige der für die Politik und die Partei. Der Einfluß der globalen Pro- Miao-, Yi- und Zhuang-Nationalitäten, Xi’an (Shaanxi) mit zesse zeigt sich vor allem in der wachsenden Kluft zwischen 50 Schülern, Jingxian (Hebei) mit 90 Schülern. Insgesamt Arm und Reich, Ost und West, Nord und Süd, Stadt und gibt es in China 20 Kleine Seminare mit sehr unterschiedli- Land, Ausgebildeten und Ungebildeten. Veränderungen chen Schülerzahlen. unterschiedlicher Art zeigen sich aber auch in diversen klei- Quellen: AFP 10.12.2003; ai 28.01.2004; AP 8.12.2003; AsiaNews nen lokalen Kontexten, die für die Zukunft nicht ohne Be- 8.,9.01.; 10.02.2004; Ca 2004, S. 1442-1444; CNSNews.com 16.12.2003; deutung sein werden (Stichwort ist hier die „Glokalisie- CWNews.com 3.,16.12.2003; 18.02.2004; EDA 22.02.2004; FT rung“). So hat beispielsweise die Anwesenheit von über 9.12.2003; A. JIN LUXIAN, „Ani ‘patriotyczny’, ani ‘podziemny’. Kościół katolicki w komunistycznych Chinach“ [Weder patriotisch noch Unter- 100.000 Ausländern und über 250.000 Taiwanesen in grund. Die katholische Kirche im kommunistischen China], in: Tygodnik Shanghai auch einen Einfluß auf die Arbeit der katholischen Powszechny (Kraków) 23.11.2003, S. 10; ders., „Kościół w Chinach jest Kirche. Die katholische Diözese Shanghai organisiert jede jeden“ [Es gibt nur eine Kirche in China], in: Wiadomości KAI (Warszawa) Woche eine englische Messe, an der über 1.000 Ausländer 23.11.2003, S. 28f.; KiN 2.12.2003; KNA 16.,17.12.2003; Kyodo 10.12. 2003; People’s Daily Online 23.09.2003; Radio Free Asia 10.01.2003; teilnehmen, darunter über 300 Koreaner, 250 französisch- RTHK Radio 31.01.2004; SCMP 23.12.2003; 3.,6.01.2004; SE 11.01.; sprechende Personen und 150 Amerikaner. Der Ortsbi- 15.02.2004; The Taipei Times 13.02.2004; UCAN 22.,29.12. 2003; 1.,8., schof, ALOYSIUS JIN LUXIAN (87), denkt an die Einführung 10.,22.,23.01.2004; Die Welt 22.12.2003; Xinhua 21.,24.,30.12.2003; einer zusätzlichen Messe in Koreanisch. 13.,15.,17.,20.02.2004; Yonhap news (Seoul) 11.12.2003; Zenit 3.12. 2003; 20.,28.01., 13.02.2004; http://web.amnesty.org; www.asianews.it; Ein anderes Zeichen wurde in Beijing gesetzt. Das www.bpnews.net; www. China21.com; www.chinaview.cn; www.zenit. Nationale Priesterseminar hat am 18. Dezember 2003 zum org. ersten Mal 39 ausgewählten Priestern, die ein neunmona- ROMAN MALEK tiges Sonderprogramm absolvierten, das Bakkalaureat ver-

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Falungong: LI HONGZHI, DAVID BOWIE und Report 2003 bringen etliche Berichte von Augenzeugen der Waterloo------Ereignisse in den Gefängnissen aus den letzten Jahren, so z.B. einen detaillierten Bericht über die Sexualverbrechen Der private New Yorker Sender New Tang Dynasty Tele- im Arbeitslager von Dalian (www. faluninfo.net vom 3. vision (NTDTV; Xin Tang ren dianshitai) hat am 20. und 21. Dezember 2003) oder einen Bericht über Gewalt und Folter Januar 2004 zum ersten Mal seit Sommer 1999 ein Inter- in einem Arbeitslager für Frauen in Shanxi (ebd., 12. De- view mit dem Gründer der falungong-Bewegung, LI HONG- zember 2003). Viele der verhafteten Anhänger befinden ZHI, ausgestrahlt. In dem Interview sagte der 52jährige LI, sich im Hungerstreik. Aus einem Gefängnis in Hebei wird daß die chinesische Führung aus Eifersucht auf seinen beispielsweise von einer Zwangsabtreibung berichtet. Auch Einfluß die Bewegung nicht toleriere. Eifersucht führe zur die Entnahme innerer Organe ist bekannt. Nach einem Unterdrückung. Er betonte, daß falungong kein Interesse Bericht des Arztes WANG GUOQI vor dem US-Kongreß an Politik habe: „Wir möchten lediglich unsere Praktiken werden die entnommenen Organe verkauft. Es werden gemäß unseren spirituellen Glaubensüberzeugungen aus- ferner Menschen zum Tode verurteilt, weil sie – inspiriert üben.“ angeblich durch falungong – „Morde“ oder andere „kri- Als Antwort auf das Interview erklärte ein Sprecher des minelle Handlungen“ begangen haben. Zum Tode wurde Chinesischen Außenministeriums, daß LI HONGZHI ein von der als Anhänger von falungong geltende Arzt CHEN FU- den Behörden gesuchter „gefährlicher Krimineller“ und ZHAO verurteilt, der im Jahre 2003 fünfzehn Personen mit seine Bewegung ein „böser Kult“ sei, den man ausrotten Rattengift getötet haben soll (siehe China heute 2003, S. müsse. Seine Lehre führe zu Selbstzerstörung und Selbst- 132; ausführliche Berichte über seine Taten und gegen fa- mord, sie verursache schwere Schäden in der chinesischen lungong brachte Renmin ribao am 14. und 15. Juli 2003). Gesellschaft. Falungong sei verboten worden, um die Im Gefängnis starb am 26. Dezember 2003 LIU grundsätzlichen Menschen- und Freiheitsrechte zu schützen CHENGJUN, eine der Personen, die für die Ausstrahlung sowie die Verfassung und das Gesetz aufrechtzuerhalten. von falungong-Material im Kabelfernsehen in Changchun NTDTV sendet seine Programme in Mandarin und im Jahre 2002 verantwortlich war. Aus den Berichten geht Kantonesisch, die jedoch in der VR China und bisher auch hervor, daß LIU vor dem Tod gefoltert wurde. Sein Leich- in Taiwan nicht ohne einen Decoder empfangen werden nam wurde sofort eingeäschert. Falungong beklagt bis jetzt können. Das Interview mit LI konnte in Hongkong und mehr als 1.600 Todesfälle in Gefängnissen oder Arbeits- wahrscheinlich in Südchina gesehen werden. In Australien lagern (nach einigen Angaben sind es sogar 4.000 bis erklärte eine Vertreterin des Generalkonsulates der VR 10.000!). Die meisten Todesfälle (bis Dezember 2003 wa- China in Sydney, daß NTDTV ein „Propagandainstru- ren es 132) ereigneten sich in Heilongjiang, Jilin und ment“ des „bösen Kultes“ falungong sei, den sie mit der ja- Liaoning. Allein von November 2003 bis Januar 2004 sind panischen Sekte Aum Shirikyō verglich. Sie äußerte die 64 Anhänger in Gefängnissen oder Arbeitslagern (meistens, Hoffnung, daß weder die Australier noch die Auslands- zu 75%) infolge von Mißhandlungen gestorben – berichtet chinesen die Programme des Senders anschauen oder unter- das Falun Dafa Information Center. stützen werden. Auch in den USA gehen die offiziellen Für die Bekämpfung der Bewegung ist das sog. „Büro Vertreter der VR China gegen den Sender vor. In Philadel- 610“ zuständig, dessen Vollmachten über denen der ad- phia wurde NTDTV aus einer Gala zum Chinesischen ministrativen, polizeilichen, juridischen und parteilichen Neujahr, zu der der Sender vorher offiziell von der Stadt Instanzen stehen. Der Name des Büros wurde im Oktober eingeladen war und eine Eintrittskarte hatte, auf Betreiben 2003 in „Büro zur Bekämpfung böser Kulte“ geändert. des chinesischen Konsulates herausgedrängt. Offiziell hieß es allerdings, das „Büro 610“ sei aufgehoben. Indessen wird aus den Arbeitslagern mit Anhängern von Um Verunsicherung unter den Mitgliedern zu stiften, falungong berichtet, daß sie in den dortigen Fabriken Tag sie anzulocken und der Bewegung einen schlechten Ruf zu und Nacht arbeiten und Waren produzieren müssen, die bescheren, gründen Vertreter der Sicherheitsbehörden auch im Westen unter verschiedenen Firmennamen ver- insgeheim diverse „Meditationszentren“. In solchen Zen- kauft werden. Hierzu gibt es im Internet den ausführlichen tren halten sich oft Personen auf, die mit der Bewegung Bericht eines Augenzeugen aus der Stadt Xuchang in der nichts zu tun haben und durch ihren Lebensstil der Bewe- Provinz Henan vom 1. Januar 2004 sowie die Darstellung gung schaden, oder aber es werden Menschen angezogen, des „Umerziehungssystems“ in der Provinz Shandong mit die nur wenig Ahnung von falungong haben. Auch das chi- ihren zehn Arbeitslagern, u.a. in Zibo, Zaozhuang, Jining, nesische Fernsehen strahlt immer wieder Programme aus, Qingdao, Jinan und Weifang. in denen angebliche frühere Mitglieder über ihre Erfah- Nach wie vor wird von Todesfällen und Folter berichtet, rungen mit falungong berichten. so z.B. aus den Arbeitslagern und Gefängnissen in Harbin, Die massive Kampagne gegen falungong geht also Jiamusi (Heilongjiang), Fushun (Liaoning), Shibalihe weiter. Im Januar 2004 wurden aus der VR China drei Süd- (Henan), Gaoyang (Hebei), Handan, Kaiping bei Tangshan koreaner ausgewiesen, weil sie illegale Aktivitäten zugun- (Hebei). Dabei werden Elektroschocks, Unterbringung der sten von falungong durchgeführt haben sollen. U.a. wollten Frauen in Männergefängnissen, sexuelle Nötigung, Ver- sie Vorbereitungen zur Störung von Radio- und Fernseh- gewaltigung, Begießen mit kochendem Wasser u.a. Fol- sendungen und anderen Sabotageakten treffen. Bereits En- termethoden am häufigsten genannt. Keine Methode sei den de November 2003 wurden in Shenzhen zwei Hongkonger Tätern „zu extrem“ – heißt es in den falungong- Berichten. Familien, denen man „Involvierung in falungong“ vorge- Die Internetseiten von falungong und The Falun Gong

INFORMATIONEN 8 CHINA HEUTE XXIII (2004), NR. 1-2 (131-132) worfen hat, verhaftet. Anfang Februar 2004 wurden in fortgesetzt. Sie fanden auch während des Besuches von Prä- Chongqing vier Anhänger zu Strafen von fünf bis 14 Jahren sident HU JINTAO in Frankreich statt. Eine Petition gegen verurteilt, weil sie Informationen über die Verfolgung von den Minister SUN JIAZHENG wegen Zulassung von Folter in falungong im Internet verbreitet hätten – eine Tätigkeit, wie den chinesischen Gefängnissen wurde den französischen es offiziell hieß, die die „reguläre Arbeit der Behörden Behörden übergeben. gestört und das Ansehen der Regierung beschädigt“ habe. In Kriegsterminologie ausgedrückt könne, so einige Ex- Seit 1999 bis Dezember 2003 wurden – um die Ausmaße perten, der aussichtslose Kampf mit falungong für die chi- dieser Kampagne zu veranschaulichen – allein in einem ab- nesische Regierung zu einem „Waterloo“, wenn nicht gar gelegenen Kreis der Inneren Mongolei über 800 Anhänger zu einem „Moskau“ werden. In diesem Zusammenhang verhaftet, davon wurden 50 zu Arbeitslager verurteilt. wird auch der frühere Präsident JIANG ZEMIN zitiert, der Es sei nicht ausgeschlossen, heißt es in einigen Be- gesagt haben soll, er glaube nicht, daß falungong überhaupt richten, daß man auch an den Universitäten strenger gegen kontrolliert werden könne. Man darf diese Aussage ganz die Anhänger von falungong vorgehen werde. Beim Besuch gewiß auf die ganze wiederbelebte chinesische Religiosität einer Delegation der Universität Chongqing in Philadelphia anwenden. sagte nämlich der Vizepräsident der Universität, ZHANG SI- Quellen: AFP 31.12.2003; 28.01.2004; AP 22.01.2004; Dajiyuan PING, daß man zwar keine Studenten wegen ihrer Religions- 5.12.2003; The Epoch Times 28.01.2004; The Falun Gong Report 2003 zugehörigkeit entlasse, doch mit Ausnahme von falungong- (o.O.); FDI, 18.,29.12.2003; HRIC 4.02.2004; HU PING, „The Falun- gong Phenomenon“, in: China Rights Forum 2003/4, 11-27; SCMP Angehörigen. Die Provinzregierung von Jilin verabschie- 20.11.2003; 13.02.2004; The Taipei Times 30.12.2003; UPI 30.12.2003; dete eine Reihe von „praktischen Maßnahmen“, wie man Xinhua 31.12.2003; 13.01.; 19.02.2004; Zhongguo xinwenshe 18.12. mit den Anhängern von falungong, die in staatlichen Betrie- 2003; http://english.epochtimes.com/news; www.chinaview.cn; www. ben, im Schulwesen oder in der Administration arbeiten, faluninfo.net; www.falundafa.org. ROMAN MALEK „umgehen“ soll. Fünf Maßnahmen wurden ausdrücklich genannt: Ausschluß aus der Partei; Aberkennung der Quali- Zu den sino-vatikanischen Beziehungen------fikationen als Lehrer; Nivellierung der bestehenden Verträ- ge (im Falle eines Unternehmens); Aberkennung jeglicher Die Tatsache, daß es einen neuen Botschafter der Republik Titel; Disqualifikation für alle Förderungen oder Bewer- China beim Hl. Stuhl gibt und daß der Papst bei der bungen für Schulen oder Studien. Durch diese Maßnahmen Übergabe der lettere credenziali eine längere Ansprache soll die „Konversionsrate“ (d.h. die Absagen an falungong) hielt (siehe unten und DOKUMENTATION), weist zunächst bis zum Jahre 2005 um 95% steigen. Jede Einheit soll auf auf die Erhaltung des diplomatischen status quo in den sino- Anweisung des (angeblich nicht mehr existenten) „Büros vatikanischen Beziehungen hin. Der Wechsel in der vati- 610“ einen „falungong-Beauftragten“ einsetzen, der diese kanischen Botschaft wird nach Aussagen aus Taiwan keine Kontrollmaßnahmen durchführt. Für die Beauftragten so- Veränderungen in den sino-vatikanischen Beziehungen ver- wie für die Parteimitglieder organisierte das Büro einen ursachen. Dies bedeutet aber nicht, daß das Jahr des „unste- fünftägigen internen „Übungskurs“, in dem man die „ent- ten Affen“ keine Überraschungen bringen kann. Der taiwa- sprechenden Methoden“ lernte. nesische Präsident CHEN SHUI-BIAN betonte jedoch in einer Striktere Maßnahmen gegen falungong werden indessen Botschaft an Papst JOHANNES PAUL II., die als Antwort auf auch aus Hongkong gemeldet. ZENON DOLNYCKYJ, der ka- die Botschaft des Papstes zum Weltgebetstag für den Frie- nadische Autor des Buches Coming for You über die Aktivi- den am 1. Januar 2004 durch den neuen Botschafter Tai- täten von chinesischen und westlichen Anhängern von fa- wans beim Hl. Stuhl dem Papst übergeben wurde, daß Tai- lungong in Beijing im November 2001, wurde auf Drängen wan an einer friedlichen Lösung der Spannungen auf beiden der Hongkonger Immigrationsbehörden bereits auf dem Seiten der Taiwanstraße interessiert sei. Taibeier Flughafen daran gehindert, nach Hongkong wei- In seiner Ansprache an den 12. Botschafter der Repu- terzureisen. blik China beim Hl. Stuhl, TOU CHOU-SENG (62), betonte In Hongkong ist gar das Konzert des bekannten Sängers der Papst das Prinzip der Religionsfreiheit, das in der Repu- DAVID BOWIE am 14. März d.J. gefährdet, da sein Schlag- blik China respektiert werde. Zugleich lobte er die zeuger Verbindungen zu falungong haben soll. Obwohl die zahlreichen Wohltätigkeitsinitiativen Taiwans in der gan- Bewegung in Hongkong offiziell registriert ist, sei nicht zen Welt. Auch der Hl. Stuhl setze sich für wechselseitigen ausgeschlossen, daß die Hongkonger Behörden ihm und Respekt, Nächstenliebe und die Freiheit aller Völker ein. zahlreichen Personen, die zum Konzert kommen wollen, Anläßlich des chinesischen Neujahrs bekundete der das Visum verweigern werden. Bei früheren Konzerten des Papst den „großen Völkern des Ostens, vor allem Chinesen, Sängers tauchten oft Transparente auf mit Sprüchen wie Vietnamesen und Koreanern“, die nach dem Mondkalender „China: die Verfolgung von falungong stoppen“ oder „Un- ihr Neujahr feiern, seine Verbundenheit. Er wünschte ih- terstützt die Anklage gegen JIANG ZEMIN, den chinesischen nen „von Herzen Zufriedenheit und Wohlergehen“. Die Diktator, wegen Genozid“. Die Hongkonger Sprecher der Reaktionen auf die Papstgrüße waren in China sehr positiv. Bewegung äußerten sich jedoch zuversichtlich, daß das Öffentlich äußerte man große Freude. Einige Katholiken Konzert im Hong Kong Exhibition and Entertainment sagten, sie hätten schon lange auf ein Papstwort gewartet, Centre ohne Schwierigkeiten verlaufen werde. nachdem seit der Heiligsprechung der 120 chinesischen Proteste der Anhänger und Sympathisanten gegen die Märtyrer am 1. Oktober 2000 die Beziehungen gespannt Verfolgung von falungong werden in der ganzen Welt geblieben sind. Die Grüße wurden als ein Zeichen seitens

INFORMATIONEN CHINA HEUTE XXIII (2004), NR. 1-2 (131-132) 9 der Universalkirche gewertet, daß die Kirche in China nicht HIV/AIDS gegründet wurde. Ähnliche Tagungen fanden vergessen ist. Betont wurde, daß der Papst in China will- bereits 2002 statt. Die Fortbildung richtete sich vor allem kommen sei und daß man für ihn immer einen Platz „reser- an die Schwestern, die zum Großteil eine medizinische viert“ halte. Doch leider, auch dies war in den Stimmen les- Ausbildung genossen haben und in kircheneigenen kleinen bar, dauert das Warten auf die volle Einheit mit der Univer- Kliniken oder Ambulanzen arbeiten, jedoch kaum etwas salkirche an. Da man sich jedoch im Jahr des unsteten und über die Krankheit wissen. Der Kurs informierte über die intelligenten Affen befinde, seien unerwartete Ereignisse allgemeine Situation von AIDS in China und die Pflege nicht ausgeschlossen. Vielleicht also kommt der Papst in sowie den Umgang mit Patienten. Es erfolgte zudem ein diesem Jahr doch nach China! Sicherlich ist das ein Wunsch Besuch auf einer Station für AIDS-Kranke in einem Bei- vieler Katholiken für dieses chinesische Jahr des Affen. jinger Krankenhaus. Die Patienten bezeichneten die per- Wie jedes Jahr kommen zu Anfang des westlichen oder sönliche Diskriminierung als größtes Problem. Die gesell- chinesischen Jahres von verschiedenen Kirchenpersönlich- schaftliche Ächtung von Betroffenen ist in China in der Tat keiten unterschiedliche Stimmen zur Frage der sino-vati- enorm. Ministerpräsident WEN JIABAO hatte dieser Station kanischen Beziehungen. Kardinal PAUL SHAN, der Vorsit- einige Tage zuvor, am 1. Dezember 2003 (dem Welt- zende der Chinesischen Regionalen Bischofskonferenz auf AIDS-Tag), völlig überraschend einen Besuch abgestattet. Taiwan, äußerte sich dazu in einem Interview mit 30 giorni. Zum ersten Mal zeigte er sich vor laufenden Kameras in Seiner Meinung nach soll man derzeit den status quo nicht aller Öffentlichkeit mit AIDS-Patienten. Mit dieser uner- verändern. Erst wenn Beijing Menschenrechte, Demokratie warteten Geste verband er einen Aufruf an das chinesische und Religionsfreiheit respektiere, könne man über eine Än- Volk zu einer Haltung der Solidarität. derung nachdenken. Zu den diplomatischen Beziehungen Die Teilnehmer des Kurses in Shijiazhuang trafen sich zwischen dem Vatikan und Taiwan sagte er, daß die ka- mit Betroffenen auch in den Beijinger Büros der Patrioti- tholische Kirche auf Taiwan Verständnis dafür hätte, wenn schen Vereinigung und der Bischofskonferenz. – Nach der Hl. Stuhl die Beziehungen zu Taiwan auf das Niveau ei- Aussagen der Teilnehmer trug der Kurs insbesondere zu ei- nes Apostolischen Delegaten reduzieren würde, um so die ner Entmythologisierung des Themas bei. Viele hätten die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Beijing zu er- Furcht vor Kontakten mit Infizierten überwunden. möglichen. Das Hauptproblem sei seiner Ansicht nach je- Auch in Xi’an ist ein Team von Ordensschwestern im doch die Religionsfreiheit der Christen in China. Bereich der AIDS-Prävention tätig. Das Team wurde nach Zu den Beziehungen zwischen dem Hl. Stuhl und China einer Reihe von mehrtägigen Fortbildungskursen mit aus- erschien in Taiwan ein neues Buch. CHEN FANGZHONG und ländischen Experten gebildet und gibt Aufklärungsunter- JIANG GUOXIONG beschreiben in ihrem Werk Zhong–Fan richt unter der armen Bevölkerung in den Bergdörfern. Die waijiao guanxi shi [Die Geschichte der sino-vatikanischen Schwestern, die der Herz-Jesu-Kongregation angehören, Beziehungen] (Taibei: Shangwu 2003; ISBN 957-05-1835-9) begannen mit ihrem Projekt ebenfalls im Jahre 2002. Auch die Geschichte der Beziehungen zwischen dem Hl. Stuhl wenn AIDS momentan noch kein ernstes Problem in der und China von ihren Anfängen in der Zeit der Mongolen- Provinz Shaanxi darstelle, so die Oberin Schwester WU dynastie der Yuan (1271–1368) bis heute (2003). Interes- GAIQIN, müsse die Ausbreitung unbedingt verhindert wer- sante Photographien mit den Hauptakteuren dieser Be- den. Inzwischen sind allerdings, insbesondere durch erhöh- ziehungen aus älterer und neuerer Zeit ergänzen das te Migration, signifikante Steigerungsraten vor allem auf wichtige und interessante Buch. dem Land zu verzeichnen. An einer Fortbildung im Sep- Quellen (alle 2004): AsiaNews 18.01.; CNA 27.01.; KNA 20.01., 7.02.; tember 2003 nahmen 32 weitere Schwestern – darunter SE 1.02., S. 3; The Taipei Times 27.01.; UCAN 13.01.; www.asianews.it; auch einige aus anderen Diözesen – sowie Beamte vom www.ucanews.com. staatlichen Gesundheitsamt teil. Das Gesamtvorhaben in ROMAN MALEK Xi’an wird sowohl finanziell wie auch fachlich von Mise-

reor (Aachen) begleitet. Kirchen antworten auf die AIDS-Problematik------Auf protestantischer Seite hält die Amity Foundation be- Nach der verheerenden Zunahme von HIV-Infizierten und reits seit einigen Jahren AIDS-Aufklärungsseminare ab. an AIDS-Erkrankten versuchen die christlichen Kirchen Schwerpunkt ist die südwestliche Provinz Yunnan, ein Zen- Chinas in jüngster Zeit, eine aktivere Rolle bei der Eindäm- trum des Drogenhandels, wo man die Zahl der HIV-Infi- mung der Krankheit zu übernehmen. Dabei ist zunächst das zierten auf 50.000 schätzt. Wie KATRIN FIEDLER im Amity immer noch eklatante Unwissen über das Thema AIDS – Newsletter und in KONGkret schreibt, war bei einem Semi- auch in der breiten Bevölkerung – zu überwinden. nar unter ländlichen Gemeindemitarbeitern – die später als In der katholischen Kirche spielen die Ordensschwe- Multiplikatoren dienen sollen – im Kreis Luquan im Juli stern eine Pionierrolle. Vom 8.–12. Dezember 2003 nah- 2003 z.B. die Unwissenheit ebenfalls groß; keiner der etwa men in Shijiazhuang (Provinz Hebei) über 40 Schwestern 100 Teilnehmer von 65 Kirchen konnte Symptome der aus sechzehn Ordensgemeinschaften und 18 Personen aus Krankheit oder sichere Umgangsformen mit Infizierten dem Gesundheitswesen an einer Fortbildung teil, die vom benennen. Neben allgemeinen Informationen zum Schutz katholischen Sozialwerk Beifang Jinde organisiert worden vor AIDS wurde in dem Seminar besonders auf die Not- war. Durchgeführt wurde die Tagung vom Zentrum „Licht wendigkeit der Fürsorge für AIDS-Patienten eingegangen der Hoffnung“, das im Dezember 2002 im Rahmen von und gegen eine Stigmatisierung der Kranken geworben. Ein Beifang Jinde zur Behandlung von Fragen zum Thema Thema war der seelsorgliche Umgang mit den Kranken.

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Amity hat bislang eine ganze Reihe solcher Seminare durch- gibt, fand der Trauergottesdienst mit behördlicher Ge- geführt, meist mit kleineren Gruppen von ca. 30 Teilneh- nehmigung in der katholischen Kathedrale von der Unbe- mern. Die Pastoren und Gemeindemitarbeiter, viele von fleckten Empfängnis Mariens („Südkirche“) statt. Die ihnen Angehörige ethnischer Minderheiten, sollen später in Trauerfeier hielt am 18. Dezember der russische Priester ihren Heimatgemeinden in kleinerem Rahmen ähnliche DIONISY POZDNYAEV von der Abteilung für Außenbezie- Kurse mit Hilfe von Postern und Videokassetten abhalten. hungen des Moskauer Patriarchats. ZHANG BENMEI von der Yi-Nationalität und Pastor beim Der 1923 geborene ALEXANDER DU LIFU wurde 1950 Christenrat der Provinzhauptstadt Kunming meinte: „Vor von Erzbischof VICTOR (SVYATIN), dem Leiter der Rus- dem Kurs denken viele, daß AIDS nichts mit ihnen zu tun sisch-Orthodoxen Mission in Beijing, zum Priester geweiht. hat. Nach dem Training ist ihnen jedoch klar, daß es noch Bis zur Kulturrevolution war er in Beijinger Kirchen tätig. andere Übertragungswege als sexuelle Kontakte gibt.“ Später diente er, da es keine orthodoxe Kirche mehr gab, Nach offiziellen Angaben des chinesischen Gesund- den Gläubigen privat als geistlicher Begleiter. Ab 1997 heitsministeriums gibt es derzeit 840.000 HIV-Infizierte nahm er an den orthodoxen Gottesdiensten in der Russi- sowie 80.000 AIDS-Kranke in China. Eine Expertengruppe schen Botschaft in Beijing teil, die für chinesische Bürger der Vereinten Nationen sprach Mitte 2002 von 1,5 Mio. normalerweise nicht offen sind. Infizierten, und inoffizielle Schätzungen gehen alleine in Priester POZDNYAEV zufolge besuchen rund 13.000 der Provinz Henan von 1 Mio. Infizierten aus. Dort – wie Gläubige der orthodoxen Kirche regelmäßig die Gottes- auch in anderen Provinzen – steckten sich in den 1990er dienste der vier in China zugelassenen orthodoxen Gottes- Jahren viele Bauern bei Blutspendeaktionen durch ver- dienststätten. Es gibt in ganz Festland-China jedoch nur seuchtes Blut an. Einen hohen Prozentsatz von Infizierten noch einen orthodoxen Priester und einen Diakon. Die von gibt es zudem unter Drogenabhängigen, vor allem in den der Russisch-Orthodoxen Mission gegründete orthodoxe südwestlichen und nordwestlichen Grenzprovinzen Chinas. Kirche Chinas wurde 1957 auf Druck der chinesischen Außerdem findet das Virus zunehmend Verbreitung durch Regierung autonom. Sie ist in der Volksrepublik China den Anstieg der Prostitution in China. Das UNAIDS-Office bislang nicht als Religion anerkannt. in New York und die Weltgesundheitsorganisation zeigten Angesichts der wachsenden Zahl von Chinesen, die im sich im November vergangenen Jahres alarmiert, daß die fernen Osten Rußlands leben, empfahl der Missionskon- Infektion von den bisherigen Risikogruppen großflächig in greß der Russisch-Orthodoxen Kirche in Wladiwostok alle Gesellschaftsschichten überschwappen könnte. Falls Ende letzten Jahres den Geistlichen das Studium der chi- der Staat nicht sofort tätig werde, könnte die Zahl der Er- nesischen Sprache und Kultur. Man solle die Kirchen für krankten bis zum Jahre 2010 auf 10 Mio. ansteigen – so chinesische Touristen offenhalten und für die im Land eine Warnung der UNO bereits im Jahre 2002. Nach lebenden Chinesen Missionsmaterialien drucken. Der Pres- UNAIDS-Berichten tauchten 1985 die ersten Fälle von sesprecher der Russisch-Orthodoxen Diözese Wladiwostok HIV-Infektionen auf. 69% aller Neuinfektionen sollen auf erklärte, daß viele Chinesen (meist Lehrer und Studenten) intravenösen Drogenkonsum in ländlichen Regionen zu- den orthodoxen Glauben annehmen. Offiziell wohnen in rückgehen. Wladiwostok 30.000 Chinesen. Inoffiziell spricht man je- Nach vielen Jahren des Vertuschens und Herunterspie- doch von 100.000, das sind 15% der Einwohner der Stadt. lens sprechen Regierungsvertreter und regierungsnahe Or- Quellen: Radio Vatikan, Wladiwostok, 8.12.2003; UCAN 23.12.2003; gane in letzter Zeit zunehmend davon, daß durchgreifende Zenit/EDA 15.01.2004; www.mospat.ru. Siehe auch TOMASZ WIŚ- Maßnahmen nötig seien. Die Regierung stellt nun mehr NIEWSKI, „Die Russisch-Orthodoxe Kirche in China. Im Dienst der Politik, der Wissenschaft und des Evangeliums“, in: China heute 1997, S. 111-119, Gelder zur Vorbeugung und Bekämpfung von AIDS bereit, 198-202; 1998, 21-25. KWT / PIOTR ADAMEK will endlich medizinisches Personal ausbilden, mehr Auf- klärungskampagnen durchführen und internationale Koope- Nachrichten aus dem Buddhismus------ration und Unterstützung suchen. In ganz China soll es Von patriotischen Ikonen bis „Death Watching“ inzwischen 127 Zentren zur Vorbeugung und Behandlung von AIDS geben. Es wird jedoch äußerst schwierig sein, Die tiefen Teilungen und vielfältigen Spannungen, die für ein adäquates landesweites Gesundheitssystem einzurichten, die chinesische Religionspolitik zu konstatieren sind (siehe um die Krankheit wirksam zu bekämpfen. oben), zeigen sich auch in den Nachrichten aus dem Bereich Quellen: Amity Newsletter Okt.-Dez. 2003; China aktuell 2003, S. 1331f.; des Buddhismus. Dem Bemühen der Politik, einen „pa- FAZ 28.06.2002; 1./2.12.2003; FEER 15.08.2002; Human Rights Watch triotischen“ Buddhismus zu fördern – etwa durch die 3.09.; 11.11.2003; KONGkret, China-Ansichten aus Hong Kong, Rund- (vermutlich nicht sehr erfolgreiche) Kreierung patriotischer brief Nr. 4/2003 von KATRIN FIEDLER; New York Times 2.12.2003; Kultfiguren –, steht eine außerhalb der Regierungskontrolle SCMP 26.11.2003; Sunday Examiner 4.01.2004; UCAN 1.12.2003; Xinhua 13.01.; 25.06.; 17.10.2003. üppig auflebende „illegale“ Religiosität gegenüber. Be- KATHARINA FEITH sonders angespannt ist nach wie vor die Situation der tibe- tischen Buddhisten. Letzter orthodoxer Priester in Beijing gestorben--- ZHAO PUCHU-Verehrung. Der im Jahr 2001 verstorbene Mit Erzpriester ALEXANDER DU LIFU starb am 16. Dezem- langjährige Vorsitzende der Chinesischen Buddhistischen ber 2003 Beijings letzter orthodoxer Priester im Alter von Vereinigung, der Laie ZHAO PUCHU, wird posthum zu ei- 80 Jahren. Da es in Beijing keine orthodoxe Kirche mehr ner Art patriotischer Ikone erhoben. Sein ehemaliges Wohnhaus im Kreis Taihu (Provinz Anhui) wurde unter Fe-

INFORMATIONEN CHINA HEUTE XXIII (2004), NR. 1-2 (131-132) 11 derführung zentraler Regierungsorganisationen (Politische Aktivitäten“ gewarnt, an denen sogar Regierungsbeamte Konsultativkonferenz, Einheitsfront, Religionsbüro) reno- teilnähmen. Ferner dürfe in der zunehmend alternden chi- viert. Am 31. Oktober fand aus diesem Anlaß in Anqing ein nesischen Gesellschaft das spirituelle Leben der Älteren Festakt mit Regierungsvertretern und Buddhisten statt. nicht länger ignoriert werden. Einsame alte Menschen seien Eine Gedenktafel und eine Bronzestatue des Verstorbenen leichte Beute für den Aberglauben (Contemporary Gold wurden enthüllt. Meister SHENGHUI, allgegenwärtiger nach China Daily 20.02.2004; SCMP 19.02.2004; Xinhua Stellvertretender Vorsitzender der Buddhistischen Ver- 15.02.2004). einigung, würdigte ZHAO PUCHU in seiner Rede als „engen Tibetische politische Gefangene: Zwei Drittel sind Mönche Freund der KP Chinas, berühmten gesellschaftlichen Ak- oder Nonnen. Verhaftungen in Sichuan nehmen zu. Während tivisten und herausragenden patriotischen Religionsführer“. die Zahl der aus politischen Gründen inhaftierten Tibeter in Er sei ein leuchtendes Vorbild für alle Buddhisten in China. der Autonomen Region Tibet, in den Provinzen Qinghai – Kurz darauf, vom 5.–7. November, fand in Hefei (Anhui) und Gansu zurückgegangen ist, nehmen die Verhaftungen eine „Wissenschaftliche Konferenz zum Gedenken an in der Provinz Sichuan deutlich zu. Diesen signifikanten ZHAO PUCHU“ statt. Die Konferenz wurde gemeinsam von neuen Trend meldet Tibet Information Network TIN in verschiedenen Regierungsorganisationen der Provinz An- seiner aktuellen Gefangenen-Statistik vom 6. Februar. Von hui organisiert (Fayin 2003, Nr. 12, S. 8, 35f.). den 20 politischen Neuverhaftungen im Jahr 2003 seien 18 Neubesetzung der Arbeitsausschüsse der Chinesischen Bud- in der Provinz Sichuan erfolgt. In den tibetischen Verwal- dhistischen Vereinigung. Der Vorstand der Chinesischen tungsbezirken Kardze (Ganzi) und Ngaba (Aba) in Sichuan Buddhistischen Vereinigung – der offiziellen Dachorgani- hätten die Behörden die religiösen Repressionen und die sation der Buddhisten in der Volksrepublik China – hat am Verfolgung populärer religiöser Führer intensiviert. Von 24. September 2003 eine Liste der Vorsitzenden und Mit- den im Januar 2004 von TIN registrierten 145 tibetischen glieder der Arbeitsausschüsse verabschiedet. Sie wurde in politischen Gefangenen seien 9 Frauen, darunter 6 Nonnen der Zeitschrift Fayin, dem Organ der Vereinigung, veröf- und die Mutter des vom DALAI LAMA anerkannten und seit- fentlicht. Folgende Arbeitsausschüsse werden genannt: her „verschwundenen“ 11. PANCHEN LAMA. Zwei Drittel 1. Arbeitsausschuß für tibetischen Buddhismus (Zangchuan fo- der 136 inhaftierten Männer sind Mönche, ehemalige Mön- jiao), Vorsitzender ist der Tibeter JIAMUYANG LUOSANGJIU- che oder reinkarnierte Lamas (tulku). Eine Nonne und meh- MEI TUDANQUEJINIMA (-Umschrift der chinesischen rere Mönche verbüßen Haftstrafen von 15 Jahren und mehr. Transkription des Namens); der Ausschuß besteht aus 14 Internationale Proteste erregte das Todesurteil gegen den Tibetern und 3 Mongolen. einflußreichen buddhistischen Lehrer TENZIN DELEG RIN- 2. Arbeitsausschuß für Theravāda-Buddhismus (shangzuobu fo- POCHE jiao) mit dem Vorsitzenden DAO SHUREN; der Vorsitzende aus dem Bezirk Kardze im Dezember 2002. Er und und alle Mitglieder gehören der Dai-Nationalität an. ein junger Tibeter waren im April 2002 wegen eines angeb- 3. Arbeitsausschuß für buddhistische Verwaltungsangelegen- lichen Bombenattentats festgenommen worden (vgl. China heiten (fojiao jiaowu) mit dem Vorsitzenden XUECHENG; da heute 2002, S. 3f.). Während letzterer nach der Urteilsver- keine Nationalitäten angegeben werden, sind offenbar alle kündung hingerichtet wurde, hat TENZIN DELEGs Todes- Mitglieder Han-Chinesen. urteil einen Aufschub von zwei Jahren, d.h. vermutlich bis 4. Arbeitsausschuß für buddhistische Erziehung und Kultur zum 25. Januar 2005. Er soll sich im Gefängnis Chuandong ( fojiao jiaoyu he wenhua) mit dem Vorsitzenden SHENGHUI; in Sichuan befinden. in dem Ausschuß ist ein Tibeter vertreten. Ebenfalls in der Provinz Sichuan soll es behördliche 5. Arbeitsausschuß für buddhistische Verbundenheit und ALAI AMA Freundschaft ( fojiao lianyi) mit dem Vorsitzenden MING- Drohungen gegen Besitzer von Portraits des D L SHENG; in dem Ausschuß ist ein Mongole vertreten. gegeben haben. Wie die tibetische Exilregierung meldete, Der Name des Vorsitzenden der Buddhistischen Vereini- seien Tibeter in den Kreisen Lithang (Litang) und Kardze gung, Meister YICHENG, taucht in der Liste der Arbeitsaus- gewarnt worden, daß sie ihr Land verlören, wenn sie nicht schüsse nicht auf. Die Versammlung wurde von seinem bis Mitte Dezember ihre DALAI-LAMA-Portraits abgäben. jüngeren Stellvertreter Meister SHENGHUI geleitet (Fayin In früheren Jahren galt Sichuan als eine Region, in der 2003, Nr. 10, S. 39). die Tibeter und der tibetische Buddhismus vergleichsweise geringerem Druck ausgesetzt waren und mehr Entfal- Brand in „illegalem“ Tempel und seine Folgen. 40 Frauen tungsmöglichkeit hatten. Dies scheint sich nun zu ändern. wurden am 15. Februar beim Brand eines nicht behördlich (Tibet News Digest 5.12. 2003; TIN Special Report 6.02. genehmigten Tempels in der Provinz Zhejiang getötet. In 2004). dem aus Bambus und Stroh errichteten Tempel im Dorf Wufeng, Stadt Haining, verehrten vor allem ältere Frauen Bedeutender Abt und Gelehrter KHENPO JIGME PHUNTSOG eine Mischung aus buddhistischen und volksreligiösen gestorben. KHENPO JIGME PHUNTSOG, Gründer und Abt des Gottheiten. Zwei Organisatoren der „abergläubischen Akti- buddhistischen Instituts Serthar (Kreis Kardze), ist am 6. vitäten“ wurden festgenommen. Die Provinzbehörden Januar 2004 im Alter von 70 Jahren gestorben. Mit ihm, nahmen den Brand ferner zum Anlaß, elf Arbeitsteams zur kommentiert das Londoner Tibet Information Network, Zerstörung unautorisierter religiöser Treffpunkte in die haben die Tibeter einen der bedeutendsten buddhistischen Provinz auszusenden. In einem bei der amtlichen China Lehrer in den östlichen tibetischen Gebieten (dem tradi- Daily abgedruckten Pressebericht wird vor den Folgen der tionellen Kham) verloren. Das 1980 gegründete und 1987 in vielen Regionen wiederauflebenden „abergläubischen vom 10. PANCHEN LAMA als buddhistische Akademie an-

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erkannte Institut unterrichtet die Lehren aller vier großen Der DALAI LAMA gab selbst zu, daß seine Initiative be- Schulen des tibetischen Buddhismus; ebenfalls ungewöhn- sonders von jungen Tibetern scharf kritisiert werde. Eine lich sei, daß dort sowohl Mönche als auch Nonnen studie- Sorge in der exiltibetischen Gemeinschaft scheint zu sein, ren. Bis zum Jahr 2001 soll das Institut 7.000 Bewohner daß die Politik per persönlichen Sondergesandten nicht hin- gehabt haben, darunter fast 1.000 Han-chinesische Stu- reichend demokratisch legitimiert sei und das Exilparla- denten aus Festland-China, Taiwan und Hongkong. Damit, ment eine zu geringe Rolle spiele. Der exiltibetische Mi- so TIN, stellte es die größte Konzentration von Mönchen nisterpräsident SAMDHONG RINPOCHE rechtfertigte in ei- und Nonnen in tibetischen Gebieten in der VR China dar. nem Interview diese Politik damit, daß die chinesische Im Jahr 2001 zwangen die Behörden zunächst die chinesi- Regierung Gespräche mit der tibetischen Regierung im Exil schen Studenten, dann einen Teil der Mönche und die ablehne. Sie sei aber bereit, mit dem DALAI LAMA in seiner Mehrheit der etwa 3.000 Nonnen, Serthar zu verlassen, und Eigenschaft als religiöse Persönlichkeit (d.h. nicht als zerstörten Hunderte von Wohnstätten (vgl. China heute Vertreter des tibetischen Volkes) zu sprechen. Der einzig 2001, S. 136f.). KHENPO JIGME PHUNTSOG verbrachte da- mögliche Weg zu Verhandlungen führe also über den DA- nach, angeblich zur medizinischen Behandlung, etwa ein LAI LAMA, den das tibetische Volk (im Exil) im übrigen in Jahr unter Überwachung in Chengdu und kehrte dann heim- einem Referendum dazu ermächtigt habe. lich nach Serthar zurück. In den letzten beiden Jahren habe Interessanterweise finden sich in Publikationen von es dort kleinere Zwischenfälle gegeben, doch hätten auch Tibet-Unterstützungsgruppen in letzter Zeit immer wieder einige Studenten zurückkommen können. Quellen aus Tibet Artikel von im Ausland lebenden Chinesen, die für Tibet zufolge sollen nach dem Tod des KHENPO die behördlichen bzw. die Position des DALAI LAMA Partei ergreifen. So Kontrollen in dem Gebiet verschärft worden sein (Tibet warnt CHEN NAILIANG, Menschenrechtssprecher der (exil- News Digest 16.01.2004: TIN News Update 7.01. 2004). oppositionellen) Föderation für ein Demokratisches China und Vorsitzender der Gesellschaft der chinesischen Studen- Chinesisches Medienbild der tibetischen Religiosität. Unter ten und Wissenschaftler in Deutschland, in Tibet Forum die dem Titel „Baden in Buddhas Glanz“ berichtete die amtli- chinesische Regierung davor, „Death Watching“ zu be- che englischsprachige Zeitung China Daily am 11. Novem- treiben (d.h. den Tod des DALAI LAMA abzuwarten). Wenn ber 2003 ganzseitig über die Rolle des Glaubens im Alltags- zu Lebzeiten des DALAI LAMA die Tibetfrage nicht gelöst leben der tibetischen Bevölkerung und der Klöster. Das folkloristisch-bunte Bild fällt allerdings letztlich nicht eben werde, bestehe große Gefahr, daß die Tibeter den gewalt- vorteilhaft aus. So berichtet der Artikel zwar, daß die über freien Weg verlassen. „Meine Landsleute“, schreibt CHEN 40.000 Mönche in der Region mehrheitlich jung seien. weiter, „leben seit Jahrzehnten in einer religionslosen Ge- Über die Motive der jungen Mönche heißt es jedoch, einige sellschaft, deshalb kennen sie die Kraft des Glaubens nicht seien wegen finanzieller Schwierigkeiten in der Familie, mehr“. Viele Han-Chinesen verstünden nicht, warum die wegen schlechter schulischer Leistungen und Versagen bei Tibeter ein so starkes Gefühl für ihre nationale Identität hät- den Aufnahmeprüfungen für höhere Schulen oder wegen ten. frustrierter Ehewünsche ins Kloster gegangen; viele seien Der DALAI LAMA seinerseits, der immer wieder davon von ihren frommen Familien beeinflußt worden. Während spricht, daß ihm der Dialog mit den chinesischen Menschen die alten Mönche den besten Teil ihres Lebens damit ver- wichtig ist, sagte in einem Interview, er gehe gerne nach bracht hätten, den alten Buddha zu verehren und Lampen zu Taiwan, denn es biete derzeit die einzige Möglichkeit zu putzen, interessierten sich die jungen mit mehr Geld in der freiem Austausch mit den „chinesischen Brüdern und Tasche für moderne Dinge wie Uhren, Mobiltelefone, Schwestern“. Dort gebe es viele Buddhisten, die ihn sehen Fernseher, Fahr- und Motorräder. wollten. Auch in Festland-China zeigten viele Interesse am Buddhismus – selbst einige kommunistische Führer. Dies DALAI LAMA: „Death Watching“? Der Dialog zwischen dem sei eine willkommene Veränderung (The Navhind Times, DALAI LAMA und der chinesischen Regierung macht of- 4.01.2004; PTI 9.01.2004; Tibet Forum Nr. 3/2003, S. fenbar keine Fortschritte. Ein Vertreter der Einheitsfront- 3-6,7,8-10; TND 19.12.2003). abteilung, ZHUANG CONGSHEN, dementierte „irreführen- Streit um den KARMAPA LAMA. Die Gültigkeit des Anfang de“ Berichte, daß China Verhandlungen mit dem DALAI 2000 aus der Volksrepublik China nach Indien geflohenen LAMA führe. Er bezeichnete die Sondergesandten des 17. KARMAPA UGYEN TRINLEY DORJE wird von Teilen der DALAI LAMA, die China zweimal (im September 2002 und im Mai/Juni 2003, vgl. China heute 2002, S. 106f., 2003, Karma Kagyü-Schule des tibetischen Buddhismus ange- S. 70f.) besucht hatten, lediglich als tibetische Landsleute, fochten. Die KARMAPAs sind traditionell die Oberhäupter die die Region als Touristen besucht und etwas Kontakt zu dieser Schule. Nun wurden offenbar auch rechtliche Schrit- te eingeleitet. Wie die indische Nachrichtenagentur PTI seiner Abteilung gehabt hätten. Der DALAI LAMA wieder- um erklärte im Januar, Tibet warte auf ein positives Signal mitteilte, informierte das Hohe Gericht in Delhi am 19. von China, um seine Gesandten zu einer dritten und vierten Dezember den DALAI LAMA, den KARMAPA, den indischen Gesprächsrunde zu schicken. Er bedaure jedoch, daß sich Außen- sowie den Innenminister von einer entsprechenden die chinesische Haltung gegenüber seiner „Friedensinitia- Petition. Sie sei von einem Vertreter der Karma Kagyü ein- tive“ bisher nicht geändert habe. gereicht worden und ersuche das Gericht, den DALAI LAMA (der das Oberhaupt einer anderen Schule, der Gelugpa, ist) Offenbar sorgen die Annäherungsversuche des DALAI davon abzuhalten, sich in die religiösen Angelegenheiten LAMA gegenüber Beijing für Unruhe unter den Exiltibetern. der Karma Kagyü einzumischen. Der sowohl vom DALAI

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LAMA als auch von der chinesischen Regierung als KAR- Die Große Qinghai-Moschee in Urumqi wurde von Hui- MAPA anerkannte UGYEN TRINLEY DORJE sei, wie gründ- Muslimen aus der Provinz Qinghai erbaut. Das ursprüng- liche medizinische Untersuchungen im Jahr 2000 ergeben liche Gebäude war in einer Mischung aus traditionellem hätten, zum Zeitpunkt seiner Flucht nicht 15, sondern be- chinesischem Tempel-Stil und islamischen Elementen er- reits 24–26 Jahre alt gewesen. Er könne deshalb nicht die richtet (Zhongguo Musilin 2003, Nr. 6, S. 97). Reinkarnation des 1981 verstorbenen 16. KARMAPA sein. – Hui-Unruhen in Shandong. Am 25. Dezember soll es in der Teile der Karma Kagyü erkennen einen anderen im indi- ostchinesischen Provinz Shandong zu gewaltsamen Unru- schen Exil lebenden jungen Mann, den heute etwa 20jäh- hen der muslimischen Hui-Nationalität gekommen sein. rigen THAYE DORJE, als 17. KARMAPA an (PTI 19.12.2003; Wie die Far Eastern Economic Review (22.01.2004) unter vgl. China heute 2001, S. 138). Berufung auf Han-chinesische Augenzeugen berichtete, KATHARINA WENZEL-TEUBER sollen bis zu 700 Hui randalierend durch die Hauptstraße

der Kleinstadt Mei, Kreis Ling, gezogen sein. Ein Mensch Islam in China – zwischen „Patriotismus“ und soll dabei ums Leben gekommen sein. Einen Auslöser für „Terrorismus“------diesen Aufstand nennt der Bericht nicht. Die lokalen Behör- Die Wahrnehmung des Islam in der chinesischen Religions- den sprachen von weniger als 20 Beteiligten. Ein einhei- politik schwankt weiter zwischen „guten“ Patrioten und mischer Journalist soll gegenüber FEER geäußert haben, „gefährlichen“ Unruhestiftern. Ethnische Spannungen daß die chinesischen Medien nicht über solche ethnischen scheinen zuzunehmen, und zwar nicht nur unter den Konflikte berichten dürften. – Ende 2000 war es in Shan- Uiguren im Nordwesten der Volksrepublik, sondern auch dong beim „Zwischenfall von Yangxin“ schon einmal zu unter den „chinesischen“ Hui in Ostchina. gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Hui-Musli- 50 Jahre Islamische Vereinigung. Am 15. Oktober 2003 men und Han-Chinesen gekommen, weil das muslimische wurde der 50. Gründungstag der Chinesischen Islamischen Verbot, Schweinefleisch zu essen, verspottet worden war. Vereinigung mit einem Festakt in der Großen Halle des Sechs Hui wurden bei einem Zusammenstoß mit der Polizei Volkes in Beijing begangen. Die Feier wurde vom Vorsit- getötet. Anschließend kam es zu Protesten vieler muslimi- zenden der Vereinigung, Groß-ahong CHEN GUANGYUAN, scher Gemeinschaften in Shandong und angrenzenden und dem Vize-Vorsitzenden YU ZHENGUI geleitet. Unter Provinzen (vgl. China heute 2003, S. 229f.). den anwesenden hochrangigen Politikern wird bereits an Regierungsliste terroristischer Organisationen. Mitte De- dritter Stelle der Vizevorsitzende des Nationalen Volkskon- zember hat das Ministerium für öffentliche Sicherheit eine gresses FU TIESHAN (ohne Erwähnung seiner religiösen Liste mit vier „terroristischen“ Gruppierungen und elf Ein- Funktion als Beijinger Bischof) genannt. Vize-Premier HUI zelpersonen veröffentlicht, die alle der „ostturkestani- LIANGYU äußerte die Hoffnung, die islamischen Kreise schen“ Bewegung zugeordnet werden. Sie werden be- sollten den patriotischen Geist und die gegenseitige An- schuldigt, im Nordwesten der Volksrepublik unter An- passung von Islam und Sozialismus fortsetzen, die Einheit wendung von Gewalt einen unabhängigen islamischen Staat des Landes und der Nationalitäten wahren und unablässig errichten zu wollen. Wie die Hamburger Zeitschrift China den Aufbau der Islamischen Vereinigung verstärken (Zhong- aktuell in einer ausführlichen Übersicht darlegt, ist es die guo Musilin 2003, Nr. 6, S.4f.). erste derartige Liste, die relativ detailliert vorgeworfene Seit den 1950er Jahren müssen alle fünf staatlich aner- Tatbestände und organisatorische Hintergründe aufführt – kannten Religionen „patriotische“ Vereinigungen unter- allerdings ohne klare Beweise anzugeben, was von Men- halten, die die Gemeinschaften nach innen kontrollieren schenrechtsorganisationen auch umgehend kritisiert wurde. und als Verbindungsstellen zum Staat dienen sollen. Im Folgende Organisationen werden genannt: September 2003 feierte bereits die Chinesische Buddhisti- 1. „Islamische Bewegung Ostturkestan“ (Eastern Turkestan sche Vereinigung ihr 50jähriges Bestehen (vgl. China heute Islamic Movement ETIM; Dong Tujuesitan Yisilan yun- 2003, S. 200). Die Protestantische Drei-Selbst-Bewegung dong). Die ETIM soll 1993 gegründet worden sein, seit wurde im Jahr 1954 offiziell gegründet, die Patriotische 1998 in Afghanistan und anderen Ländern Trainingslager Vereinigung der Chinesischen Katholischen Kirche und die zur Vorbereitung von Terroranschlägen in Xinjiang und Daoistische Vereinigung im Jahr 1957. Ein großer Teil der Verbindungen zu Al-Qaida haben. Schon im August 2002 Gläubigen aller fünf Religionen praktiziert jedoch außer- war sie auf Drängen Chinas in die US-amerikanische Liste halb der staatlich zugelassenen Kultstätten und Gemeinden. der Terror-Organisationen aufgenommen worden (siehe China heute 2002, S. 7). 130 Jahre alte Moschee in Urumqi abgerissen und neu aufge- 2. „Befreiungsbewegung Ostturkestan“ (Eastern Turkestan baut. Im Jahr 2000 wurde die 1867 erbaute Große Qing- Liberation Organization ETLO; Dong Tujuesitan jiefang hai-Moschee in Urumqi aus städtebaulichen Gründen ab- zuzhi). Die 1996 in Istanbul gegründete Organisation soll gerissen. Als Ersatz wurde eine „moderne Moschee mit u.a. Terroranschläge in Xinjiang, Kirgistan und Kasach- islamischen Charakteristiken“ errichtet, deren Fertigstel- stan durchgeführt haben und seit 2001 mengenweise Klein- lung am 4. Oktober 2003 gefeiert wurde. Der mit der Hilfe waffen und Munition in die VR China schmuggeln. Sie Gottes entstandene Neubau sei auch ein Ausdruck der finanziere sich durch diverse Verbrechen und sei durch warmherzigen Fürsorge von Partei und Regierung gegen- Al-Qaida und die Taliban unterstützt worden. über den Muslimen aller Ethnien, heißt es in dem Bericht 3. „Uigurischer Weltjugendkongreß“ (World Uighur Youth des offiziellen muslimischen Organs Zhongguo Musilin. – Congress WUYC; Shijie Weiwu’er qingnian daibiao dahui).

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Der WUYC, 1996 in München gegründet, soll ein Zu- Singapurer Muslimen als ungerecht empfunden, weil Sikh- sammenschluß verschiedener exil-uigurischer Unabhän- Jungen im Unterricht Turbane tragen dürfen (AFP 15.2.04) gigkeitsgruppen sein, unter denen zumindest eine explizit KATHARINA WENZEL-TEUBER den gewaltsamen Untergrundkampf befürworte. Sie habe Aktionspläne für Anschläge und bewaffnete Angriffe vor- Taiwan – Vatikan – Naher Osten------bereitet und unterhalte Beziehungen zu vielen terroristi- schen Organisationen. Bischofsernennungen in Taiwan. Am 24. Januar 2004 er- 4. „Ostturkestanisches Informationszentrum“ (East Turke- nannte Papst JOHANNES PAUL II. den bisherigen Bischof stan Information Centre ETIC; Dong Tujuesitan xinwen von Tainan, Msgr. JOSEPH ZHENG ZAIFA (CHENG TSAI- xinxi zhongxin). Dem ebenfalls 1996 in München gegrün- FA), zum Erzbischof von Taibei und zum Apostolischen deten ETIC wird vorgeworfen, von Deutschland aus unter Administrator der Inseln Jinmen und Mazu. Erzbischof dem Deckmantel des Journalismus separatistische Propa- ZHENG tritt damit die Nachfolge von Erzbischof JOSEPH DI ganda betrieben und Uiguren in- und außerhalb Chinas via GANG (TI KANG) an, der seinen Rücktritt eingereicht hat. Internet zum gewaltsamen „Heiligen Krieg“ gegen die Zum Nachfolger auf dem Bischofsstuhl der Diözese Han-chinesische Bevölkerung aufgehetzt zu haben. Tainan wurde Weihbischof BOSCO LIN JINAN (LIN CHI- In einer offiziellen Pressekonferenz am 15. Dezember wur- NAN) aus der Diözese Gaoxiong ernannt. de die internationale Staatengemeinschaft dringend aufge- Der neue Erzbischof von Taibei wurde 1932 in der Stadt rufen, die chinesische Regierung bei der Bekämpfung des Xiamen, Provinz Fujian, Festland-China, geboren. 1957 Terrorismus zu unterstützen und den betreffenden Orga- empfing er die Priesterweihe, 1990 wurde er Bischof von nisationen keinen Unterschlupf mehr zu gewähren. Tainan. Auf Erzbischof ZHENG wartet in Taibei eine Human Rights in China sprach von einem „klaren schwere Verantwortung. Mit ihren 72 Pfarreien und 82.000 Versuch, mit demselben Pinsel gewalttätige und nicht ge- Katholiken ist die Erzdiözese um ein Vielfaches größer als walttätige Gruppen als ‘Terroristen’ anzumalen“. Nach die Diözese Tainan, auch der Fläche nach ist sie nahezu chinesischen Angaben soll es zwischen 1990 und 2001 in doppelt so groß. Erzbischof ZHENG weiß, welche Heraus- Xinjiang 200 Terrorakte gegeben haben, bei denen 162 forderung auf ihn zukommt. Nach seinen eigenen Worten Menschen starben. amnesty international zufolge sind seit kommt er sich vor wie einer, der bisher ein Boot gerudert 1985 500 des Separatismus beschuldigte Uiguren von den hat und nun einen Flugzeugträger steuern soll. Er wird sein Behörden getötet und mehr als 5.000 verhaftet worden. neues Amt aber nicht ohne entsprechende Voraussetzungen Viele chinesische Muslime befürchten, daß die neue Liste antreten. Seit seiner Priesterweihe war er im Erziehungs- der „Terrorgruppen“ ihre vorher schon angespannten Be- werk der Kirche tätig gewesen, und während seiner 13 Jah- ziehungen zu den anderen Chinesen weiter belasten werden re als Bischof hat er auch viel praktische Erfahrung in den (Boston Globe 18.01.2004; China aktuell 2003, 1442-1444; pastoralen Aufgaben der Kirche gesammelt. Die soziale Di- FAZ 24.10.2003; SCMP 16.12.2003; Xinhua 15.12.2003). mension des kirchlichen Apostolates wurde unter seiner Sozialer Druck auf Muslime, die konvertieren wollen. Für Leitung intensiviert, vor allem der Dienst an der Erziehung Muslime ist es sehr schwierig, zum katholischen Glauben und Betreuung von Behinderten. überzutreten, weil ihre Familien gewöhnlich Druck aus- Als Leiter der Kommission für Erziehung und Kultur in üben. Dies äußerte ein chinesischer katholischer Priester der Bischofskonferenz kennt er den Einfluß, den die Kirche aus der Autonomen Region , wo ein Drittel der Be- durch eine gute Führung ihrer Schulen auf die Gesellschaft völkerung Hui-Muslime sind, gegenüber der Nachrichten- ausübt. Amare et ministrare – „Lieben und Dienen“ steht agentur UCANews. Die katholische Kirche habe von poli- auf seinem bischöflichen Wappen. Das ist es auch, was die tischen Sitzungen abgesehen praktisch keinen Kontakt zur Katholiken in Taibei vom neuen Erzbischof erwarten und muslimischen Gemeinschaft. Der Priester berichtete von was im Hirtenbrief der Bischofskonferenz für das Jahr 2004 einem Muslim in Ningxia, der eine Katholikin heiraten und unter der Überschrift: „Errichtung einer auf Glaube, konvertieren wollte. Er sei aber von seiner Familie so mas- Hoffnung und Liebe gegründeten, der Evangelisierung ver- siv bedroht worden, daß er mit seiner Frau in eine andere pflichteten Ortsgemeinde“ deutlich genug ausgesprochen Provinz flüchtete. Ein anderer Priester aus der Autonomen ist. Region Xinjiang sagte UCANews, daß die Kirche in Xin- Bischof LIN JINAN wurde 1943 in Hualian (Taiwan) jiang keine Muslime evangelisiere. Die Regierung lehne geboren, 1973 in Rom zum Priester geweiht und 1992 zum dies ab, weil dadurch religiöse und ethnische Konflikte Weihbischof von Gaoxiong ernannt. Er war nach dem 1994 entstehen könnten (UCAN 22.09.2003; 21.11. 2004). in Jiayi verstorbenen Bischof JOSEPH LIN der zweite in Tai- wan geborene Bischof. Inzwischen hat die Zahl der ein- Kopftuchstreit in Singapur. Im Stadtstaat Singapur, dessen heimischen Bischöfe weiter zugenommen. Die Diözese 3,5 Mio. Bürger zu etwa 77% Chinesen und zu 14% malaii- Tainan, die Bischof BOSCO LIN als neuer Oberhirte leiten sche Muslime sind, schwelt ein Streit über das Kopftuch- wird, hat 16.000 Katholiken und 48 Priester, wovon 45 verbot an Schulen. Wie die französische Nachrichten- Chinesen und 13 Ausländer sind. Man hofft von Bischof agentur AFP im Februar (anläßlich der französischen Kopf- LIN, daß er eine offene Haltung gegenüber einem erneuten tuchdebatte) berichtete, erreichte die Auseinandersetzung Versuch der Evangelisierung einnehmen und vor allem die bereits 2002 einen vorläufigen Höhepunkt, als vier musli- Anziehungskraft der Kirche auf Jugendliche und Kinder er- mische Mädchen wegen des Tragens von Kopftüchern von höhen wird. ANTON WEBER SVD der Schule verwiesen wurden. Das Verbot wird von vielen

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Wechsel in der Botschaft Taiwans beim Heiligen Stuhl. Nur traf SHENG YEN den palästinensischen Ministerpräsidenten 19 Tage nach seiner Ankunft in Rom überreichte der neue AHMED QUREIA. Nach Anhören des buddhistischen Mei- Botschafter Taiwans beim Heiligen Stuhl, der 62jährige sters äußerte sich der Politiker QUREIA entschlossen, die TOU CHOU-SENG, am 30. Januar 2004 dem Heiligen Vater Worte in Taten umzusetzen. Das darauffolgende Kolloqu- JOHANNES PAUL II. sein Beglaubigungsschreiben. Ein Be- ium am Amtssitz des israelischen Ministerpräsidenten gab amter wertete diese rasche Bestätigung als Zeichen eines SHENG YEN die Gelegenheit, vor Beamten, Mitgliedern des ungetrübten Verhältnisses zwischen den zwei diplomati- Kabinetts, Beratern des Parlaments und der Regierung zu schen Verbündeten. sprechen. Bei dieser Gelegenheit ermunterte der Papst Taiwans In seiner Ansprache interpretierte der angesehene, aus Volk, bezüglich Moral, kultureller Entwicklung und Reli- (China) stammende Gründer der Dharma Drum gionsfreiheit weltweit einen größeren Beitrag zu leisten, um Mountain Buddhist Association den jihad, d.h den „Heili- Frieden, Gerechtigkeit, Wohlfahrt und internationale Zu- gen Krieg“ der islamischen Doktrin, auf folgende Weise. sammenarbeit zu fördern. Kommentaren zufolge war der Heiliger Krieg bedeute nicht, andere zu besiegen, sondern Appell an das Land, das in Europa nur mit dem Vatikan di- der eigenen üblen Gedanken Herr zu werden: „Diese Idee plomatische Beziehungen unterhält, außerordentlich stark. deckt sich fast mit dem buddhistischen Konzept, das Böse Allerdings gab der Heilige Vater keinen konkreten Auftrag, zu besiegen, das man im Schilde führt.“ die Wege für die Kontakte mit China zu ebnen. WILLI BOEHI Im übrigen erwähnte Papst JOHANNES PAUL II. die viel- fältigen Errungenschaften der Insel Taiwan, wie etwa die volle Religionsfreiheit und das humanitäre Engagement auf globaler Ebene zur harmonischen Befriedung der Welt. Der promovierte Jurist und frühere Botschafter im Senegal TOU Konferenzen CHOU-SENG versicherte, sein Land werde nach besten Kräften Völkern in Not beistehen. – Gegenwärtig unterhält Taiwan mit 27 Staaten, die meisten in Afrika und im Pazifik, Konferenz „Die katholische Kirche heute und die diplomatische Beziehungen. WILLI BOEHI Kultur“------Papst gibt Taiwan eine halbe Million. Laut Mitteilung von In den vergangenen Jahren fanden in Beijing und auch in Taibeis Apostolischer Nuntiatur vom 26. Dezember 2003 anderen Städten Chinas bereits mehrere offizielle Konfe- gab Papst JOHANNES PAUL II. als Zeichen der Wertschät- renzen zum Thema „Christentum“ statt, aber bisher gab es zung und der Freundschaft den Katholiken der Diözese noch keine offizielle Tagung, die die „katholische Kir- Gaoxiong im Süden der Insel die respektable Spende von che“ offiziell im Titel führte. Insofern war die Konferenz US$ 500.000 für karitative Zwecke. Als Empfänger trat der „Die katholische Kirche heute und die Kultur“ (Dangdai 80jährige Kardinal PAUL SHAN KUO-HSI (SHAN GUOXI) SJ Tianzhujiao yu wenhua), die vom 2. bis 5. Dezember 2002 auf, der zugleich auch als Bischof der Diözese Gaoxiong im Beijinger Hademen-Hotel abgehalten wurde, eine Neu- amtiert. heit. Der Priester ZHAO JIANMIN (Beijing) hatte die Kon- Angeblich wollte der Heilige Vater damit seine Sorge ferenz organisiert und einige Wissenschafter eingeladen, gegenüber Armen, Flüchtlingen und Minderheiten zum Referate zu halten. Unter den etwa 30 Teilnehmern waren Ausdruck bringen, was auch illustriert, daß er das Volk in mehrere Priester, und einige der 24 Referate wurden auch Taiwan nicht vergessen hat. Auf der anderen Seite hatte der von Priestern gehalten. Sogar der angesehene Philosoph Staat Taiwan anläßlich des 25jährigen Jubiläums des Pap- der Universität Beijing, ZHAO DUNHUA, und der Leiter des stes im Oktober 2003 dem Vatikan ebenfalls US$ 500.000 „Zentrums für christliche Kultur“ an der Renmin-Universi- gespendet. Laut Statistik vom Jahre 2000 zählt die Diözese tät, YANG HUILIN, waren zur Konferenz gekommen, Gaoxiong 46.454 Gläubige. WILLI BOEHI ebenso wie Professoren aus der Provinz Hubei, nämlich LIU GUANGYAO und KANG ZHIJIE. Taiwans Friedensinitiative im Nahen Osten. In Begleitung Der Bogen der Vorträge war, wie der Titel der Konfe- von 20 Oberhäuptern verschiedener Weltreligionen berei- renz vermuten ließ, weit gespannt. Es gab Referate und ste der buddhistsche Zen-Meister SHENG YEN (73) aus Tai- Diskussionen zum Geist des Zweiten Vatikanums, zum wan im Dezember 2003 Israel und Palästina, um dort bei Dialog der Religionen, zu MATTEO RICCI, zum Sünden- der Beilegung des Konfliktes mittels spiritueller Erleuch- begriff der Bibel, zu NIETZSCHE und zu THOMAS VON tung behilflich zu sein. AQUIN. Ein Vortrag über das Minderheitenvolk der Buyi in Während der einwöchigen „spirituellen Reise“ vom 9. der Provinz Guizhou erregte die Aufmerksamkeit aller. In bis 15. Dezember meditierte SHENG YEN vor Palästinen- den letzten Jahren sind nämlich große Gruppen dieser ethni- sern und Israelis sowie ihren Politikern vor allem über schen Minderheit in die Kirche aufgenommen worden. Der Barmherzigkeit und Weisheit als Schlüssel auf der Suche junge Priester CHEN KAIHUA aus der Provinz Yunnan hielt nach Frieden. Den Verantwortlichen beider Seiten redete er ebenfalls einen sehr guten Vortrag über den Einfluß von ins Gewissen, sich mit Weisheit um Überwindung der Erzbischof COSTANTINI auf den Aufbau der chinesischen Differenzen zu bemühen und allen in der umstrittenen Re- Hierarchie. Man darf hoffen, daß dieser ersten, kleinen gion mit Güte zu begegnen. Konferenz noch weitere folgen werden. Allerdings wird es Bei einem Symposium am 11. Dezember in Jerusalem auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch

INFORMATIONEN 16 CHINA HEUTE XXIII (2004), NR. 1-2 (131-132) schwierig sein, unter den chinesischen Geistlichen akade- Thema der Würde des Menschen habe, die chinesische Pra- mische Kapazitäten zu finden, die die katholische Kirche xis in der Geschichte aber weit hinter der Praxis des christ- bei wissenschaftlichen Tagungen würdig vertreten können. lichen Westens zurückgeblieben sei: Chinesische Beamte Die „weltlichen“ Akademiker sind den kirchlichen nämlich konnten in den letzten Dynastien für den geringsten Wider- um Jahre voraus, was das Niveau der Forschung und die spruch geprügelt, gefoltert, hingerichtet werden, europäi- Zahl der Publikationen betrifft – sei es auf dem Gebiet der sche Adlige konnten den König aber herausfordern, und Geschichte, der Philosophie, der Bibelwissenschaften oder Papst GREGOR VII. konnte dem Kaiser Forderungen stellen. der Theologie. Natürlich gefiel die kritische Sichtweise von HE den konfu- L.L. zianisch angehauchten Akademikern (z.B. den Historikern GU WEIMIN und LI TIANGANG, beide aus Shanghai) viel Konferenz „Das Christentum im Kontext der weniger. Da wurde sofort auf die Inquisition in Europa ver- Säkularisierung“------wiesen, doch HE konnte auch hier wieder schlagkräftig ant- Die jährliche Konferenz chinesischer Akademiker, die sich worten: Die Inquisition hatte klare gerichtliche Verfahrens- mit dem Christentum beschäftigen, fand im Jahr 2002 vom regeln, aber so etwas gab es in China nicht. 12.–16. Dezember im Avik-Hotel in Beijing statt. So wie in Einige andere interessante Vorträge bei dieser Konfe- den Jahren davor wurde die Konferenz vom Zentrum für renz waren: „Die Theologie der Hoffnung und ihre Antwort christliche Studien der Chinesischen Akademie der Sozial- auf die Säkularität“ (ZHANG SHUANGLI, Fudan-Universität, wissenschaften (CASS) organisiert. Die beiden Hauptver- Shanghai), „Die russische Religionsphilosophie und die Fra- HANG AICHUN anstalter waren wieder ZHUO XINPING (CASS) und XU ge der Säkularisation“ (Z B , Lehrer-Univer- ZHIWEI vom Regent College in Kanada. In diesen zwei- sität Beijing), „Die Säkularisierung und Mystifizierung der einhalb Tagen wurden etwa 40 Vorträge zum Thema Chri- Natur“ (ein sehr informierter und ausgewogener Vortrag stentum gehalten, einige davon sprachen auch das Thema von SU XIANGUI, Universität Beijing), „Kann man in den Säkularisierung an. Himmel blicken? – C.S. Lewis und sein The Great Di- Wieder war bemerkbar, daß die Teilnehmer aus Hong- vorce“ (ZHANG XIAOMEI, Universität Beijing), „Das Sen- ONG IAOCHUAN kong (LAI PINCHAO, LUO BINGXIANG, JIANG PISHENG, LI dungsbewußtsein der USA“ (D X , Nordost- CHICHANG, GUAN QIWEN) in theologischer Hinsicht viel raf- Lehrer-Universität). finierter und feinfühliger argumentieren konnten und qualita- Schade war, daß die wirklich „brennenden“ Fragen – wie tiv einfach bessere Vorträge hielten. Der akademischen Welt so oft in China – nicht angesprochen werden konnten. Der in Festland-China fehlen eben vielfach noch die Grundlagen Ausdruck „Säkularisation“ bedeutet für viele Chinesen in – gutes Englisch, Latein, Griechisch, Hebräisch. LAI PIN- Festland-China die Befreiung von politischen Zwängen: das, AO EDONG CHAO bot eine interessante Reflexion zu Kardinal NEWMAN: was früher (unter M Z ) als „unantastbar“ oder Konversion zur katholischen Kirche als ein Mittel gegen sogar „heilig“ galt, darf seit 1979 langsam geändert, refor- Säkularismus; LUO BINGXIANG analysierte die verschiede- miert, kritisiert werden, sei es auf kulturellem, wirtschaftli- nen Ebenen des Begriffs „Säkularität“; GUAN QIWEN sprach chem oder politischem Gebiet. Andererseits umschwebt über ethische Erziehung in Hongkong. Neben diesen enga- MAO nach wie vor ein noch nicht „säkularisierter“ Nimbus. gierten, gut fundierten und auch mit praktischer Erfahrung Oder das Kirchengut, das in den 1950er Jahren „säkulari- gepaarten Vorträgen wirkten manche der festlandchinesi- siert“ wurde und das in diesen Jahren zum Teil zurückge- schen Vorträge vage, schwammig, vereinfachend, vergrö- geben wird. Oder die vielen Priester, Schwestern, Priester- bernd, spekulativ. amtskandidaten, die in den Jahren nach 1949 „säkulari- Es war bedauernswert, daß einige Teilnehmer versuchten, siert“ wurden. Oder auch die schweren Gefahren für die das Thema Säkularisierung auf die Kirchengeschichte anzu- christlichen Kirchen in der säkularisierten chinesischen Ge- wenden. So wirkte die These des Vortrags von ZHANG XUE- sellschaft. Diese spezifisch chinesischen Bedeutungen von FU aus Hangzhou („Der Umschwung von der gnostischen „Säkularisation“ wurden bei der Konferenz nicht einmal er- Tradition zur Institutionalisierung der Kirche als Ausdruck wähnt – verständlicherweise. einer Säkularisierung“) eher gezwungen und rief auch viel Weiters war zu bedauern, daß bei der diesjährigen Konfe- Kritik hervor. Weil die protestantischen Gelehrten auch auf renz noch weniger Vertreter der Kirchen (Pastoren oder Prie- dieser Konferenz wieder dominierten, fielen auch einige ster) aus Festland-China vertreten waren als im letzten Jahr, kritische Bemerkungen über die Verweltlichung der Kirche nämlich gar keine. ZHUO hatte zwar einige eingeladen, aber im Mittelalter. Eine Professorin zitierte bei der Diskussion dieselben wurden versehentlich – beim großen Andrang der auch tatsächlich noch FRIEDRICH ENGELS als wissenschaft- „weltlichen“ Wissenschaftler – wieder ausgeladen. Dadurch liche Autorität für die Geschichte des Mittelalters. wurde natürlich der kirchliche Aspekt beim Thema „Säkula- U Der Vortrag von HE GUANGHU fiel wieder einmal (posi- risierung“ ausgeklammert. Jedoch verwies der humorige X tiv) aus dem Rahmen. Wie schon in den vorigen Jahren war LIN (CASS Hebei) bei seinem Vortrag „Das Christentum der HE herausragend in seinem klaren Engagement für das Provinz Hebei in der Säkularisierung“ auf den Priester Christentum, in seiner Eloquenz und seinem positiven Wis- ZHANG SHIJIANG und dessen Webseite, wo „Herr Pfarrer sen. Er sprach über die Würde des Menschen im Chri- ZHANG schonungslos die Gefahren der Säkularisierung für stentum verglichen mit dem Konfuzianismus. Sein Vortrag die Kirche heute enthüllt …“. L.L. zählte eine ganze Menge von Beispielen auf, die zeigten, daß die chinesische Tradition zwar schöne Worte zum

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Konferenz „Glokalisierung und Christentum in Dieses politisch brisante Thema nahm in der Diskussion China“------insgesamt jedoch nur einen sehr kleinen Raum ein. Eines der Glanzlichter der Konferenz war der Vortrag Die letztjährige Konferenz, unter dem Titel „Glokalisie- von YOU XILIN, der ein Forschungsprojekt in der Diözese rung und Christentum in China“ (Quanqiu diyuhua yu Zhouzhi (Shaanxi) begonnen hat, und zwar die Beschrei- Zhongguo Jiduzongjiao) veranstaltet von der Chinesischen bung und Analyse der katholischen Gemeinden in den Akademie der Sozialwissenschaften (CASS) und unterstützt Bauerndörfern aufgrund von „mündlicher Geschichts- von XU ZHIWEI (Regent College, Kanada), lief nach dem schreibung“ (koushu lishi) und Interviews. Er betonte die „altbewährten“ Schema der vergangenen Jahre ab: zwei- aktive Nächstenliebe (z.B. Fürsorge für alte Menschen), einhalb Tage (vom 4.–7. Dezember 2003) in einem Hotel in die das Christentum in den Dörfern anziehend mache. Et- Beijing (diesmal im Haoyuan-Jianguo-Hotel), etwa 120 was Aufsehen erregte auch seine Bemerkung, daß der be- Teilnehmer aus China und Hongkong, mehr als 50 kurze kannte konfuzianische Philosoph ZHANG ZAI aus der Song- Vorträge mit Diskussion nach jeweils sechs Vorträgen. So Dynastie in seinem Denken wahrscheinlich christlich (ne- wie jedes Jahr war die Abwesenheit von Presse und nicht- storianisches Gedankengut oder auch Einfluß des Islam!) chinesischen Teilnehmern (d.h. Teilnehmern, die Über- geprägt gewesen sei. setzung bräuchten) der Diskussion recht förderlich. Recht interessant war auch der Vortrag einer jungen Neben der „Kerngruppe“ von Teilnehmern, die seit Wissenschaftlerin aus Wuhan (WANG WEIJIA) über die 1998 jedes Jahr zu dieser Konferenz kommen, fanden sich Shanghaier Aurora-(Zhendan-)Universität. Sie stellte diese auch neue Namen auf der Teilnehmerliste: Doktoranden Universität, die 1903 gegründet wurde, als eine „Univer- oder Wissenschafter verschiedener Universitäten. Zu der sität mit französischer Prägung“ dar, wobei dieses Faktum „Kerngruppe“ zählen das CASS-Team von Beijing unter nicht als „Imperialismus“, sondern positiv als „Speziali- der Führung von ZHUO XINPING, Professoren von der Ren- tät“ und „anders als die anderen [amerikanisch- britischen] min-Universität, an der Spitze YANG HUILIN und HE Universitäten“ gewertet wurde. Daß Frau WEI nicht nur GUANGHU, drei Professoren und fünf Doktoranden von der Englisch, sondern auch Französisch lesen kann und bereits Fudan-Universität (Shanghai), die Autorengruppe von der in französischen Archiven geforscht hat, zeugt davon, daß Zhejiang-Universität (Hangzhou), darunter WANG ZHI- die historischen Studien zum Christentum in China ein zu- CHENG, ZHANG XUEFU und BAO LIMIN, einige Professoren nehmend höheres Niveau erreichen. der Fakultät für Religionswissenschaft von der Universität Ein Vortrag anderer Art kam von Frau TONG XUN, die Wuhan, YOU XILIN vom Institut für Studien zum Chri- das „Institut für Folklore und Religionsstudien“ (Minzu yu stentum an der Shaanxi-Lehrer-Universität, dazu sieben zongjiao yanjiusuo) an der neugegründeten Beijing-Lianhe- Professoren aus Hongkong (Baptist University und Chinese Universität leitet. Sie berichtete vom Verhalten der Bei- University) sowie DANIEL YEUNG (YANG XINAN) vom jinger Universitätsstudenten, die zwischen Unterrichtsstreß, Institut für sino-christliche Studien am Daofengshan. Ein ausgelassenen Parties und romantischen Liebeleien auch Wermutstropfen war auch heuer, daß der einflußreichste Interesse für das Christentum haben. Aus vielerlei Gründen und renommierteste Autor auf dem Gebiet „christliche Stu- würden sich jedes Jahr Tausende Beijinger Studenten taufen dien in China“, LIU XIAOFENG, dessen neuestes Buch (eine lassen, und das Christentum verändere ihr Leben: „Sie Übersetzung des „Symposions“ von PLATON) kürzlich er- kommen dann pünktlich zum Unterricht, benehmen sich schienen ist, nicht an der Konferenz teilnahm. besser und schreiben eifrig auf Englisch von ihren religiö- Von verschiedenen Seiten wurde das Phänomen „Glo- sen Erfahrungen“, meinte Frau TONG. kalisierung“ erörtert, und recht schnell kam die Diskussion Hier die Titel einiger anderer Vorträge: „Das Problem wiederholt auf die Frage zurück, ob das Christentum von Religionsphilosophie als wissenschaftlicher Fachrich- „westlich“ sei oder „östlich“, oder universal. Angeregt tung“ (XU TAO, Universität Wuhan), „Wertressourcen in durch HE GUANGHUs Vortrag fiel auch wiederholt der Aus- der sich wandelnden Gesellschaft Ostasiens“ (BAO LIMIN, druck „südliches Christentum“ (d.h. daß die Mehrheit der Zhejiang-Universität, ein Vortrag, der besonders das Feh- Christen in der Zukunft in Afrika und Südamerika leben len von Gemeinschaftsgefühl und Solidarität ansprach), werde). Eifrige Diskussion erregten auch die Vorträge von „Familienleben in der Globalisierungswelle und christliche zwei Frauen: DUAN QI (sie übte Kritik daran, daß man in Ethik“ (GUAN QIWEN, Hong Kong Baptist University), gewissen Kreisen noch heute die Wichtigkeit der „Drei- „Dialog der Religionen: Der Zugang der vergleichenden Selbst-Bewegung“ betont und man sich vor „Unterwande- Theologie“ (WANG ZHICHENG, Zhejiang), „Katholische rung“ – shentou – durch Missionare aus dem Westen fürch- Laienorganisationen (shanhui) in der Ming- und Qing- tet) und LUO WEIHONG (Verteidigung der „Drei-Selbst- Be- Zeit“ (KANG ZHIJIE, Wuhan, Hubei-Universität), „Der wegung“). Die meisten Diskutanten waren entschieden der Einfluß der Bekehrung von Wu Yushan“ (LUO JIE, Bei- Ansicht, daß eine Selbstabkapselung in dieser Zeit überholt jinger Fremdsprachenuniversität, Forschungszentrum für und unnötig sei. Einen Tag später hielt dann der Vizerektor überseeische Sinologie). des Jinling-Seminars in , WANG AIMING, einen Obwohl vergleichsweise viel mehr protestantische Pasto- Vortrag, der wiederum indirekt für die parteikonforme ren als katholische Priester (nur ein chinesischer Priester, Politik von DING GUANGXUN in den letzten Jahren argu- ZHAO JIANMIN von Beijing, war anwesend) an dieser Kon- mentierte, aber auch er wurde daraufhin von mehreren Sei- ferenz teilnahmen, so behandelten doch viele Vorträge auch ten attackiert, so daß ihm nichts übrigblieb, als auf Röm 13 naturgemäß „katholische“ Themen. Die Atmosphäre war hinzuweisen, um damit die gestellten Anfragen abzuwehren.

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geprägt von Dialog und wissenschaftlichem Eifer, man hin gelang es dem Japaner dann, HSIEHs Briefe nach könnte fast sagen, von der anhaltenden Freude an der „Ent- Übersee zu schmuggeln, deren Veröffentlichung in der deckung des Christentums in China“. So viele Bereiche sind New York Times HSIEH vor der schon beschlossenen Exeku- erst noch zu entdecken und einer breiteren Öffentlichkeit zu tion bewahrte. präsentieren. Möge die Konferenz unter den chinesischen Dank des unerschrockenen Eintretens für das Wohl und Intellektuellen Kreise ziehen! L.L. die Rechte der Arbeiterschaft durch den irischen Kolum- baner-Missionar Pater NEIL MAGILL gewann die katholi- „Eine Reise des Gedenkens und der Würdigung“. sche Kirche in den Augen der Öffentlichkeit Taiwans neue Konferenz zur Demokratisierung Taiwans ------Aufmerksamkeit. Die nationalen und internationalen Me- dien widmeten seiner gewaltsamen Deportation am 17. Um die 100 Vertreter verschiedener Kirchen, politisch März 1989 außergewöhnlich breiten Raum; in Taiwan er- Engagierte und Aktivisten der Menschenrechte, darunter schien sogar ein Buch über den Fall „Pater Magill“. Für 35 Geladene aus Übersee, nahmen vom 8. bis 9. Dezember MAGILL, der leider nicht an der Konferenz teilnehmen 2003 in Taipeis International Convention Center an einer konnte, sprach seine einstige Mitarbeiterin LIU SHU-CHI Konferenz zur demokratischen Entwicklung des Landes un- über seine Gründung des Arbeiterzentrums „Neues Le- ter dem Titel „Eine Reise des Gedenkens und der Würdi- ben“ (New Life Workers’ Center), in dem er vornehmlich gung“ teil. Veranstalter war die noch junge „Taiwan-Stif- Kurse über die Soziallehre der Katholischen Kirche wie die tung für Demokratie” (Taiwan Foundation for Democracy). Rechte der Arbeiter durchführte: „Die Polizei brandmarkte Insgesamt behandelten 54 kürzere und längere Referate, die Zitate des Papstes an den Wänden des Zentrums als kom- zur Zeit des Treffens zum Teil bereits in zwei gedruckten munistisch.“ Durch die Organisation und aktive Teilnahme Bänden vorlagen, die weit gefächerte Thematik. an Arbeiterprotesten 1988 geriet MAGILL dann zusehends Seitens der katholischen Kirche entschuldigte sich der ins Visier der Polizei und der Sicherheitskräfte. In einem amerikanische Maryknoll-Pater JAMES COLLIGNON für Text an die Tagung hielt er fest: „Über Monate hinweg deren Abseitsstehen beim Kampf des Volkes um Demo- wurden meine Briefe von Verwandten und Freunden kon- kratie und Menschenrechte: „Die Kirche, angeführt von Bi- fisziert. Mein Protest nützte nichts. Die Polizei stahl Doku- schöfen aus China, war in gutem Einvernehmen mit dem mente und sandte Spione zu unseren Zusammenkünften. Nationalchinesischen Regime der Kuomintang (KMT) und Sogar der Bischof warnte mich, die Arbeiter nicht zu De- tolerierte einfach alle Vergehen.“ „Ich war politisch nicht monstrationen und Streiks zu ermutigen.“ interessiert, aber mein Problem mit der Staatsleitung be- Eine Art von Genugtuung erfuhr der einst verbannte stand darin, daß sie das Volk anlog mit der Behauptung, das NEIL MAGILL im Jahre 2000, als ihn der neu gewählte Prä- verlorene China zurückzuerobern“, erinnerte sich der ha- sident CHEN SHUI-BIAN zu einem Besuch einlud und die gere Missionar. COLLIGNON, der im Jahre 1957 erstmals Vorsitzende des Arbeitsrates die Reise bezahlte. „Präsident nach Taiwan gekommen war, erwähnte weiter, wie strikt CHEN empfing mich eine Stunde lang in seinem Büro und damals die Regierung die Medien beherrschte und alle Mit- entschuldigte sich für das durch die frühere Regierung zu- tel zur Verfügung hatte, das Volk von ihrer Lüge zu über- gefügte Unrecht“, notierte MAGILL. zeugen: „Wenn das nicht half, kam Gewalt zur Anwen- Am Rande der Konferenz sorgte die Abwesenheit der dung.“ Infolge seines aufmüpfigen Verhaltens und seiner ebenfalls eingeladenen Journalistin TINA CHOU von der aufklärerischen Tätigkeit in Amerika war es ihm zwischen Associated Press für Gesprächsstoff. Sie hatte im Juli 1981 1981 und 1996 verwehrt, den Boden der Insel zu betreten. über die mutmaßliche Ermordung von Professor CHEN Ähnliches hatte der amerikanische Presbyterianer Pa- WEN-CHEN berichtet. Unmittelbar darauf entzog ihr das stor DONALD WILSON zu berichten. Nach seiner Ankunft in Government Information Office (GIO) die Akkreditierung. Taiwan im Jahre 1959 begann er auf Geheiß seines Mis- Reinstalliert 1983, wurde sie wenige Monate später nach sionskomitees das Studium des offiziellen Mandarin-Chine- Indien versetzt. Selbst im Jahre 1986 erlaubte ihr das GIO sisch. Aber nach einer Weile wechselte er auf Anfrage der nicht, als AP-Büroleiterin in Taipei ihrem Beruf nachzu- lokalen Kirchenvertreter auf das einheimische Taiwane- gehen, so daß sie die Insel für immer verließ. sisch über: „Der Taiwaner trat erst erschrocken einen Der 31jährige Mathematikprofessor CHEN WEN-CHEN Schritt zurück, wenn er nur schon Mandarin, die Sprache von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, USA, der Unterdrücker, hörte.“ In der Folge kam WILSON mit war in politischen Kreisen völlig unbekannt. Er träumte von dem Vorreiter von Taiwans Unabhängigkeitsbewegung, einem freien, unabhängigen und demokratischen Taiwan PENG MING-MIN, zusammen. 1967 während eines Besuchs und nahm in seiner Freizeit an entsprechenden Versamm- in der Heimat wurde WILSON zur persona non grata er- lungen teil. Bei erhitzten Debatten sprach er sich gele- klärt. gentlich gegen das Regime in Taipei aus. Leider kam seine Weniger glimpflich kam der Japaner KOBAYASHI MA- Offenheit den von Taiwan ausgesandten Spionen auf dem SANARI davon. In den 1960er Jahren wurde er wegen Campus zu Ohren, die entsprechend rückmeldeten. Am 2. Verbreitung von pro-demokratischen Flugblättern verhaftet. Juli 1981 besuchte CHEN Taipei und wurde gleich vom In der Zelle neben ihm saß der Student HSIEH TUNG-MIN damaligen Garnisonskommando gefaßt und abgeführt. wegen seiner Mitautorenschaft einer Erklärung zur Unab- Stunden später fand man ihn tot auf dem Gelände seiner hängigkeit Taiwans aus dem Jahre 1964. MASANARI rekon- früheren Hochschule, der Nationalen Taiwan-Universität. struierte: „Wenn HSIEH gefoltert wurde, hörte ich auch die Ein Autopsiebericht deutete auf Schläge vor dem Tod hin, Schreie anderer Studenten, die gefoltert wurden.“ Immer-

INFORMATIONEN CHINA HEUTE XXIII (2004), NR. 1-2 (131-132) 19 worüber aber die Medien unter keinen Umständen be- 1988 dorthin gezogen war, zur Seite zu stehen. Er gab Vor- richten durften. Der „Fall CHEN WEN-CHEN“ bleibt bis lesungen und war einer der Vizerektoren, verantwortlich heute unaufgeklärt. z.B. für den Aufbau der Bibliothek. Als Fachmann in orga- Mehrmals betonten die ausländischen Referenten, daß nischer Chemie und Biochemie konnte er sich sehr gut in erster Linie die Taiwaner selber den hohen Preis für die einbringen. Vor allem aber gewann er schnell das Ver- heute errungene Demokratie gezahlt haben. Infolge des trauen der chinesischen Studenten und Kollegen. Sein Büro Zwischenfalls vom 28. Februar 1947 kamen vermutlich war fast ständig von Studenten und Professoren belegt, 28.000 Personen ums Leben, darunter die gesamte Intelli- denen er mit Rat und Tat zur Seite stand, vor allem auch bei genz. Nach dem Zwischenfall von Kaohsiung vom 10. ihren Veröffentlichungen und Magisterarbeiten. „Bewun- Dezember 1979 kamen acht Hauptangeklagte für viele dert wurden seine Pünktlichkeit, Ehrlichkeit, Hilfsbereit- Jahre ins Gefängnis. Der politisch motivierte Mord an der schaft, Höflichkeit und Freundlichkeit“, schreibt ein Mit- Mutter und beiden Töchtern der Familie LIN YI-HSIUNG bruder. Dabei zeigte er „niemals den deutschen Charakter“, vom 28. Februar 1980 wie der oben bereits erwähnte an wirkte vielmehr immer wieder vermittelnd und wurde vie- CHEN WEN-CHEN vom 2. Juli 1981 harren immer noch len ein lieber Freund. So hat er auch manches Vorurteil ge- einer Aufklärung. Der Direktor der veranstaltenden Tai- gen den christlichen Glauben und das Wirken der Missio- wan Foundation for Democracy, BAJACK C.S. KAO, beton- nare in China abgebaut. Auch auf dem Krankenbett haben te am 8. Dezember in einem Interview: „Ziel der Veranstal- ihn frühere Schüler aus Nanchang noch besucht. Er war tung ist es, die Jugend über die neuere wechselvolle Ge- eher ein leiser Mann, wirkte schüchtern, doch was er sagte, schichte Taiwans zu orientieren, damit sie für die errungene war verbindlich. Diese Qualitäten hatten ihn auch schon in Demokratie Sorge trägt.“ der zweimaligen Amtsperiode als Oberer der Steyler Die einzelnen Sessionen: Kommunität an der Furen-Universität in Taibei beliebt 1. Selbstbestimmung und die PENG-MING-MIN-Saga gemacht. 2. Die Rolle der Religionen: Taiwanisierung und Men- Aus Gesundheitsgründen kehrte er 1999 in seine Heimat schenrechte zurück, um noch in der Seelsorge mitzuhelfen, solange es 3. Asiaten und Taiwans Menschenrechtsprobleme seine Kräfte erlaubten. Angesprochen auf seine todbringen- 4. Der Mei-li Tau-Zwischenfall (Kaohsiung) de Krankheit antwortete er ruhig und verblüffend direkt: 5. Soziale Bewegungen und Demokratisierung unter dem „Wir glauben doch an die Auferstehung.“ Kriegsrecht PAUL RAABE SVD 6. Die Rolle der internationalen Presse

7. Das Kriegsrecht und seine Aufhebung: CHIANG CHING- KUOs Rolle bei der Demokratisierung Taiwans P. JOSEPH FAMIGLIETTI PIME (1916–2004)------WILLI BOEHI Am 5. Januar d.J. starb in Lecco nördlich von Mailand im Alter von 87 Jahren P. JOSEPH FAMIGLIETTI vom Päpstli- chen Institut für Ausländische Missionen PIME. P. FAMI- GLIETTI wurde im Jahre 1916 in Avellino, Süditalien, gebo- In memoriam ren und 1940 in Mailand zum Priester geweiht. Nach mehr- jähriger Tätigkeit als Mathematiklehrer in einem ordens- P. KARL SPECHT SVD (1932–2004)------eigenen Seminar wurde er 1947 nach Hongkong entsandt, wo er bis 1955 die Pfarrei zum Heiligsten Herzen Jesu in Am 14. Januar 2004 ist BAI XI – so hieß P. KARL SPECHT in Sai Kung betreute. Von 1955–1960 arbeitete er erneut in China – nach Monaten schwerer Krankheit in Ottbergen bei Italien als Mathematiklehrer. Nach seiner Rückkehr nach Höxter in Westfalen gestorben. Im selben Ort, ja im selben Hongkong im Jahre 1961 war er fast dreißig Jahre lang für Haus wurde er 1932 geboren. In Bad Driburg besuchte er die Rosenkranzpfarrei in Hung Shui Ku zuständig. 1990 das Gymnasium St. Xaver. Nach dem Abitur 1953 trat er in übersiedelte er nach einem Schlaganfall zurück nach Italien Sankt Augustin bei den Steyler Missionaren ins Noviziat (Hong Kong Sunday Examiner 11.01.2004). KF ein. Nach dem Studium der Philosophie wechselte er für die

Theologie nach Techny in den USA, wo er 1960 zum Prie- P. PATRICK O’ROURKE SJ ster geweiht wurde. Bevor er seiner Missionsbestimmung ------an der katholischen Furen-Universität in Taiwan nachkam, Am 17. Dezember 2003 verstarb im Alter von 79 Jahren in machte er noch einen Master of Science in Chemie. Nach Hongkong P. PATRICK O’ROURKE SJ. P. O’ROURKE, Sohn dem Sprachstudium und vier Jahren Vorlesungen an der irischer Farmer aus Limerick, unterrichtete 45 Jahre lang Furen promovierte P. SPECHT in Biochemie an der Univer- am Wah Yan College Hong Kong, wo er auch als Seel- sität Hohenheim (Stuttgart) und kehrte dann wieder nach sorger tätig war. P. O’ROURKE galt als ruhiger, aber zu- Taiwan zurück. gleich humorvoller Zeitgenosse, der auch sportlich sehr ak- Als sich 1989 die Möglichkeit ergab, an einem Entwick- tiv war. Viele seiner ehemaligen Schüler nahmen am 21. lungsprojekt in Nanchang in der Provinz Jiangxi mitzuar- Dezember an seinem Begräbnis auf dem katholischen beiten, nämlich der Gründung und Entwicklung eines Insti- Friedhof in Happy Valley teil, dem Bischof JOSEPH ZEN tutes für Lebensmitteltechnologie, verließ P. SPECHT Tai- und Weihbischof JOHN TONG vorstanden (Hong Kong bei und ging nach Festland-China, in eine sehr unterent- Sunday Examiner 11.01.2004). KF wickelte Gegend, um Dr. HEINZ HESSELFELD, der schon

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Kurz notiert * Chronik------73.859 aus Indonesien, 66.318 aus den Philippinen und 37.589 aus Vietnam. In der Industrie arbeiten 53,56%, 37,64% als Pflegerinnen, 6,07% als Bauarbeiter und 1,65% als Haushalts- ♦ Die Kathedrale von Hongkong, die der Immaculata geweiht hilfen. – Etwa 600 Gastarbeiter demonstrierten am 28. Dezember ist, beging am 7. Dezember 2003 ihr 115. Gründungsjahr. Am 7. in Taibei für die Wahrung ihrer grundlegenden Menschenrechte. Dezember 1881 wurde der Grundstein für die heutige Kathedrale Die Demonstration war die erste dieser Art. Sie wurde von den konsekriert. U.a. aus diesem Anlaß wurde der in den letzten katholischen Migrantenseelsorgern und der von der Presbyteriani- Jahren renovierten Kathedrale der UNESCO Asia-Pacific Her- schen Kirche unterstützen Internationalen Arbeitervereinigung itage Award 2003 verliehen. Eine entsprechende Urkunde wurde Taiwan organisiert (WILLI BOEHI; Asia Focus 9.01.2004). dem Hongkonger Bischof JOSEPH ZEN am Jubiläumstag ausgehän- digt (SE 7.,14.12.2003). Zur Geschichte dieser Kirche und der ♦ Der aus Deutschland stammende jüdische Künstler DAVID Diözese Hongkong siehe ROMAN MALEK (Hrsg.), Hongkong. Kir- LUDWIG BLOCH (1910– 2003), der im Shanghaier Exil die Nazi- che und Gesellschaft im Übergang. Materialien und Dokumente zeit überlebte, wird vom 30. Januar bis 3. Mai 2004 in der KZ- (Sankt Augustin – Nettetal 1997. ISBN 3-805- 0397-8). Gedenkstätte Dachau mit einer Ausstellung geehrt. Unter dem Titel „Meine Bilder sind meine Sprache“ wird auch ein Teil seiner ♦ ANNIE LAM SHUN-WAI, Redakteurin im China-Büro von in Shanghai entstandenen Werke gezeigt. Informationen, auch UCANews in Hongkong und Präsidentin der EACPA (Ostasiati- zum umfangreichen Begleitprogramm, finden sich unter: www. schen Katholischen Pressevereinigung), wurde im Januar vom kz-gedenkstaette-dachau.de. – Alle Shanghaier Holzschnitte des Vatikan für eine fünfjährige Amtsperiode als Beraterin des Künstlers sind veröffentlicht in: DAVID LUDWIG BLOCH, Holz- Päpstlichen Rates für die Kultur ernannt. Der 1982 eingerich- schnitte. Mukeji. Woodcuts. Shanghai 1940–1949, hsrg. von BAR- tete Päpstliche Rat für die Kultur verschmolz 1993 mit dem Päpst- BARA HOSTER, ROMAN MALEK UND KATHARINA WENZEL-TEUBER, lichen Rat für den Dialog mit den Nichtglaubenden. Die 30 Sankt Augustin – Nettetal 1997. Zu BLOCH siehe auch China heute Mitglieder und 26 Berater möchten den Dialog zwischen verschie- 1997, S. 153-160; 2002, S. 111. denen Glaubensrichtungen und Kulturen fördern. ANNIE LAM KF/KWT äußerte in einem Interview, daß sie in dem Rat eine asiatische Per- spektive vertreten wolle und sich für den Dialog zwischen der Kir- che und dem chinesischen und anderen asiatischen Völkern einset- Die katholische Kirche in der VR China im Jahre 2003 zen werde (UCAN 5.02.2004). Einige Statistiken------♦ TSUNG-DAO LEE (77), in den USA lebender chinesischer Physiker, ist neues Mitglied der Päpstlichen Akademie der Die folgenden Angaben wurden anhand von Informationen, Wissenschaften. LEE, der aus Shanghai stammt und an der die im Laufe des Jahres 2003 vornehmlich in den Zeitschriften Columbia University in New York lehrt, erhielt 1957 den Phy- Xinde (Faith), Tripod, UCANews, Zhonglian, Zhongguo sik-Nobelpreis für seine Forschungen über Elementarteilchen. Tianzhujiao und im Internet veröffentlicht wurden, sowie an- Der 1603 gegründeten Päpstlichen Akademie gehören rund 70 hand anderer (meist privater) Quellen zusammengestellt. Wissenschaftler unterschiedlichster Disziplinen an, die den Papst Diese Angaben beanspruchen keineswegs Vollständigkeit (so in nichtkirchlichen wissenschaftlichen Fragen beraten (KNA 31.10. konnten z.B. die Angaben über die Untergrundkirche nur in 2003). einigen wenigen Fällen ermittelt werden); sie wollen lediglich ♦ Zwei neue katholische Zeitschriften richten sich seit Januar – wie jedes Jahr – die äußeren Entwicklungstendenzen der 2004 vornehmlich an chinesische Akademiker. Sie sollen dem katholischen Kirche in der VR China aufzeigen. Die Gesamt- interkulturellen Austausch zwischen jungen Intellektuellen in- und zahlen ergeben folgendes Bild, das sich von dem des Jahres außerhalb Chinas dienen. Renlai (Flöte der Menschheit) erscheint 2002 kaum unterscheidet: im Kuangchi Program Service in Taibei. Initiator und Chef- redakteur ist P. BENOÎT VERMANDER SJ, der Direktor des Taipei Ricci Institute. – Die zweisprachige chinesisch-englische Zeit- Katholiken ca. 12.–13.000.000 schrift Shenzhou jiaoliu (Chinese Cross Currents) wird von P. Diözesen 138 YVES CAMUS SJ im Macau Ricci Institute herausgegeben. P. mit eigenem Klerus 116 CAMUS schloß eine künftige Zusammenarbeit zwischen beiden ohne eigenen Klerus 22 Zeitschriften nicht aus (UCAN 20.01.; 12.02.2004). – Eine Be- Bischöfe sprechung bringen wir in einer der nächsten Nummern von China offizielle Kirche 74 heute. Untergrundkirche 45 (?) ♦ 30% der Bevölkerung in der Autonomen Region Tibet können Priester nach einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua offizielle Kirche ca. 1.700 nicht lesen und schreiben. Einem anderen Bericht derselben Agen- Untergrundkirche ca. 800 (?) tur zufolge sind es sogar 37% der erwachsenen Bevölkerung. Bei Schwestern der Reduzierung des Analphabetismus in Tibet sei die Hilfe in- offizielle Kirche ca. 3.400 ternationaler Organisationen willkommen (Xinhua 22.11.; 4.12. Untergrundkirche ca. 1.600 (?) 2003). Priesterseminare ♦ Wie die Islamische Vereinigung meldete, befanden sich fünf offizielle 24 (1 Nationales, 6 Regionale, 7 auf chinesische Muslime unter den 244 Pilgern, die am 1. Februar in Provinzebene, 10 Diözesane) Mekka zu Tode getrampelt wurden. Mehr als 30 Muslime aus im Untergrund 10 der Provinz Gansu wurden zu Boden getreten. Präsident HU JIN- Seminaristen TAO wies die chinesischen Vertretungen in Saudi-Arabien an, Hil- offizielle 1.600 (davon 800 in den sog. Großen fe zu leisten (Xinhua, 1.,2.02.2004). Priesterseminaren) ♦ 280.277 MigrantInnen, davon 157.201 Frauen, leben und im Untergrund ca. 800 (?) arbeiten in Taiwan. 102.441 von ihnen kommen aus Thailand,

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Noviziate Xiwen, Diözese Taiyuan (Shanxi) offizielle 40 Xuzhou (Jiangsu) (Renovierung) im Untergrund 20 Zhaozhuang, Diözese Shijiazhuang (Hebei) Schwestern in Formation Zunyi (Guizhou)

offizielle ca. 1.000 Andere Einrichtungen im Untergrund ca. 900 (?) Haikou (Hainan): Grotte der Muttergottes von Lourdes Statistiken über die Zahl der Katholiken sind immer nur Schät- Nehe (Heilongjiang): Muttergottes-Pavillon zungen. Ein gewisses Bild ergibt jedoch die Zahl der Taufen, Xuzhou (Jiangsu): katholische Bibliothek die in der Regel am Osterfest in fast jeder der über 5.000 Schwestern Kirchen in China vollzogen wurden (im Jahre 2003 wurden die Chengdu (Sichuan): 1 erste Gelübde, 7 zeitliche Taufen vielerorts wegen SARS auf spätere Termine verlegt). Handan (Hebei): 11 Novizinnen, 13 zeitliche Gelübde Taufen, Ostern 2003 Jiangzhou (Shanxi): 7 Novizinnen, 5 ewige Gelübde Baotou (Innere Mongolei) 21 Jinan (Shandong): 2 ewige Gelübde Haikou (Hainan) 6 Jinzhong (Shanxi): 3 Novizinnen, 3 zeitliche Gelübde Hanchuan (Hubei) 28 Lohe (Henan): 2 Novizinnen, 7 zeitliche Gelübde Hanyang (Hubei) 6 Meizhou (Guangdong): 5 Novizinnen, 8 zeitliche, 1 ewige Huzhuang (Shandong) 70 Gelübde Ji’nan (Shandong) 34 Nanchong (Sichuan): 6 zeitliche Gelübde Jiangyou (Sichuan) 10 Puzhong (Shanxi): 3 Novizinnen, 3 ewige Gelübde Laohugou (Hebei) 9 Shenyang (Liaoning): 5 Novizinnen, 4 ewige Gelübde

Lidian (Heilongjiang) 12 Bischofsweihen Qianzhuang (Shanxi) 10 Liao Hongqing (37), Meizhou (Guangdong) Taiyuan (Shanxi) 32 Tan Yanchuan (40), Nanning (Guangxi) Weiqisai (Shaanxi) 15 Wuchang (Hubei) 32 Priesterweihen Wuhan (Hubei) 37 Insgesamt ist festzustellen, daß die Zahl der Priesterweihen Wuwei (Gansu) 10 wie auch der Seminaristen in der offiziellen Kirche drastisch Xuzhou (Jiangsu) 10 zurückgegangen ist. Die Zahl der Priesterweihen im Unter- Yibin (Sichuan) 23 grund ist nicht zu ermitteln.

Yuci (Shanxi) 10 Chongqing 3 Neue Kirchen Fengxiang (Shaanxi) 8 Acheng (Heilongjiang; Renovierung der 1894 erbauten Fuzhou (Fujian) 3 Kirche) Jilin 7 Badao, Stadt Longjing (Jilin) Jinan (Shandong) 2 Caijia, Stadt Changchun (Jilin) Kaifeng (Henan) 2 Cangzhou (Hebei) Leshan (Sichuan) 1 Chaicun, Diözese Linfen (Shanxi) Nanchang (Jiangxi) 1 Changre (Jiangsu) Shanghai 8 Changzhang (Henan) Shenyang (Liaoning) 3 Dazhangzhuang, Diözese Cangzhou (Xianxian) (Hebei) Suizhou (Hubei) 2 Dongyangshan, Diözese Handan (Hebei) Yuci (Shanxi) 5 Fengdu, Chongqing Xianxian (Hebei) 9 Ganchengzi (Ningxia) ROMAN MALEK Guiyang (Guizhou) Haining, Diözese Hangzhou (Zhejiang) Huangshi, Diözese Puqi (Hubei) Hunchun (Jilin) Liuzhou (Guangxi) Vom 16. Oktober bis zum 1. November 2004 führt Longkou (Guangdong) der katholische Reisedienst RAPTIM in Aachen Longshanhe, Diözese Xi’an (Shaanxi) eine Studien- und Begegnungsreise nach China Shanghai mit religiös-kirchlicher Ausrichtung durch. Die Shizhao, Diözese Yuci (heute Puzhong) (Shanxi) Reise führt nach Beijing, Qingdao mit Kirchen- Suncha, Diözese Tianshui (Gansu) besuchen auf dem Land, Xi’an, Luoyang, Tuheiteyou, Diözese Baotou (Innere Mongolei) Shanghai, Hongkong und Macau. Das Yangdian, Diözese Taiyuan (Shanxi) China-Zentrum hilft bei der Programmgestaltung Yongnian (Diözese) (Hebei) 3 Kirchen und Begleitung der Reise. Nähere Informationen Wangjiachuan, Diözese Yan’an (Shaanxi) können bei RAPTIM unter Tel. 0241-7507-316, Weifang, Diözese Yidu (Shandong) eMail: [email protected] erfragt werden. Weixi, Diözese Dali (Yunnan) Xihuangshui, Diözese Taiyuan (Shanxi)

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