Rowohlts Rotationsroutine
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David Oels Rowohlts Rotationsroutine 0281-7_Oels-Rowohlt__5.indd 1 01.07.2013 13:57:13 0281-7_Oels-Rowohlt__5.indd 2 01.07.2013 13:57:13 David Oels Rowohlts Rotationsroutine Markterfolge und Modernisierung eines Buchverlags vom Ende der Weimarer Republik bis in die fünfziger Jahre 0281-7_Oels-Rowohlt__5.indd 3 01.07.2013 13:57:13 1. Auflage uliJ 2013 Satz und Gestaltung: Klartext Medienwerkstatt GmbH, Essen Umschlaggestaltung: Volker Pecher, Essen Druck und Bindung: winterwork, Borsdorf ISBN 978-3-8375-0281-7 Alle Rechte vorbehalten © Klartext Verlag, Essen 2013 www.klartext-verlag.de 0281-7_Oels-Rowohlt__5.indd 4 01.07.2013 13:57:13 Inhalt 1. Rowohlt-Kultur . 7 »War Ernst Rowohlt ein Nazi?« . 7 Der erfolgreichste Verlag der frühen Bundesrepublik . 10 Der »moderne Verlagsbuchhändler« und das »gespaltene Bewußtsein« . 18 Forschungs- und Quellenlage . 30 2. Verlags- und Verlegergeschichte 1931–1946 . 37 Der vermiedene Konkurs von 1931 . 37 Rowohlt und Ullstein 1931–1938 . 47 Von Nebelwerfern und Leuchtkugeln. Manöverbericht 1933 . 57 Büchermachen im ›Dritten Reich‹ . 86 Berufsverbot für Ernst Rowohlt . 97 Vom Deutschen Verlag zur DVA 1938–1945 . 111 Ernst Rowohlt im Zweiten Weltkrieg . 119 Propaganda und Tatsachenroman . 149 Weitermachen in Stuttgart . 164 Weitermachen in Hamburg . 179 3. RO-RO-RO und das moderne Taschenbuch . 187 Ein »bahnbrechendes Unternehmen« . 187 Vorbilder? – Rotationsdruck und Frontbuchhandel . 194 Buch und Masse – Zwischen Reeducation und Marketing . 205 Von RO-RO-RO zum Taschenbuch – Kulturkritik und Konsumkultur . 221 »So-So-So« – Markenimage in der Krise . 242 4. Götter, Gräber und Gelehrte und die Erfindung des achbuchsS . 259 »Ein Buch geht um die Welt« . 259 Der geplante Erfolg . 267 Ein Bestseller und seine Geschichte . 276 Ein Autor zwischen Neuer Sachlichkeit und heroischem Realismus . 277 Text und Textgenese . 299 Archäologie und Antike in der Kultur der fünfziger Jahre . 321 Vom Tatsachenroman zum Sachbuch . 339 0281-7_Oels-Rowohlt__5.indd 5 01.07.2013 13:57:14 5. »Tausend Augen und kein Gesicht« . 355 Der Fragebogen . 355 »Mein liebes, dummes, gefährliches Leben« – Verlegermemoiren und Verlagsgeschichte . 374 Der Radar-Verlag . 380 6. Anhang . 387 Abkürzungen . 387 Literaturverzeichnis . 388 Danksagung . 419 Abbildungsnachweise . 421 Personenregister . 423 0281-7_Oels-Rowohlt__5.indd 6 01.07.2013 13:57:14 7 Rowohlt-Kultur »War Ernst Rowohlt ein Nazi?« rechts: »War Ernst Rowohlt ein Nazi?« links: Rowohlt-Kultur Rückwirkend zum 1. Mai 1937 wurde Ernst Rowohlt aufgrund eines Antrags vom Dezember 1937 Mitglied der NSDAP. »War der Verleger Ernst Rowohlt ein Anhänger der N ational- sozialisten?«1 Spätestens ab 1936, wahrscheinlich aber bereits seit dem Juni 1934 gehörte der Rowohlt Verlag mittelbar zum Verlagsimperium des Zentralparteiverlags der NSDAP Franz Eher Nachf., dem Adolf Hitler den größeren Teil seines privaten Vermögens verdankte. War Rowohlt ein N azi-Verlag? Von 1941 bis Januar 1943 gehörte Ernst Rowohlt dem S onder- stab F an, der » zentrale[n] Aussenstelle fuer alle F ragen der arabischen Welt, die die Wehr- macht betreffen«.2 Zuständig war er dort auch für die antijüdische P ropaganda. War Ernst Rowohlt deshalb ein Antisemit? Auf diese drei Fragen kann nur entschieden mit Nein geant- wortet werden. Allerdings wurde die Zeit des ›Dritten Reichs‹ auf der Homepage des Rowohlt Verlags bis in den März 2008 folgendermaßen dargestellt: 1933 Nach der »M achtergreifung« wird über die H älfte der 140 Verlagstitel beschlag- nahmt, verboten, verbrannt. Mascha Kaléko, »Das lyrische Stenogrammheft«. 1934 Neue Lektoren: Ernst von Salomon und Friedo Lampe. 1935 William Faulkner, »Licht im August«. Joachim Ringelnatz, »Der Nachlaß«. 1936 ThomasW olfe in Berlin. Freundschaft mit H. M. Ledig. Urban Roedl (Pseudonym für Bruno Adler), »Adalbert Stifter«. 1938 Dieses Werk führt zum Berufsverbot für Ernst Rowohlt wegen Tarnung jüdischer Schriftsteller. Paul Mayer und Franz Hessel gehen in die Emigration. Auch Rowohlt verläßt Deutschland. Literaturnobelpreis für Pearl S. Buck. 1939 Rowohlt läßt sich in Rio G rande, Brasilien, nieder, wo sein Schwager eine F arm besitzt. 1940 Der Verlag wird der Deutschen Verlags-Anstalt (DVA) in Stuttgart als Tochterge- sellschaft angegliedert – die Leitung übernimmt H. M. Ledig. Er gewinnt den Ull- stein-Redakteur Kurt Kusenberg als Autor, der bald darauf »La Botella und andere 1 War der Verleger Ernst Rowohlt ein Anhänger der Nationalsozialisten? In: Die Welt vom 26.5.2008. 2 Dienstanweisung fuer Sonderstab F vom 21.6.1941. RW 4/538. BAMA; vgl. auch: Hubatsch: Hit- lers Weisungen, S. 131 f., 134–136. 0281-7_Oels-Rowohlt__5.indd 7 01.07.2013 13:57:14 8 Rowohlt-Kultur seltsame Geschichten« veröffentlichte. ndeE des Jahres kehrt Ernst Rowohlt nach Deutschland zurück. Er wird sofort zum Militärdienst eingezogen. 1943 Der Verlag in Stuttgart wird von den Nazis geschlossen. H. M. Ledig wird Soldat und schwer verwundet.3 Eine Geschichte von Unterdrückung und Verfolgung sowie literarischer und persönlicher Standhaftigkeit. Werden doch – abgesehen von Lücken und Fehlern (beispielsweise wurde Ledig-Rowohlt 1943 nicht Soldat und schwer verwundet, sondern Prokurist bei der DVA) – nur zwei jüdische A utoren (Mascha Kaléko, B runo Adler), ein »jüdisch v ersippter« (Kurt Kusenberg), ein zumindest uner wünschter ( Joachim Ringelnatz) und zw ei amerikanische (William Faulkner, ThomasWolfe) erwähnt. Und sogar der N obelpreis für Pearl S. B uck findet erücksichtigung,B obgleich Bücher der Autorin erst nach dem Zweiten Weltkrieg bei Rowohlt erschienen – dann allerdings sehr er folgreich. Die Traditionen, die man betonte, waren die verbotenen und verfolgten, die von den Nazis unterdrückten Autoren, die westli- che, moderne Literatur und die avancierte deutschsprachige Gegenwartsliteratur. Als Anfang aus dem Nichts sollte dagegen die U nternehmensgründung nach 1945 verstanden werden. Berufsverbot, Emigration und Kriegsdienst, Verwundung und der von den Nazis geschlos- sene Verlag sollten belegen, dass bei Rowohlt von Kontinuität keine Rede sein konnte. Sol- chermaßen dargestellt konnte man sich gleichz eitig auf die N eugründung in der »S tunde Null« und auf die lange Verlagstradition berufen. Der entspr echende A bschnitt der 2008, zum hunder tjährigen J ubiläum erschienenen Verlagschronik ist ungleich ausführlicher und inhaltsreicher. Neben Rowohlts Parteimit- gliedschaft und den B esitzverhältnissen des Verlags werden nun auch jene P ublikationen erwähnt, die in das Nachkriegsselbstbild bis dahin nicht passen wollten, wie beispielsw eise der von Rowohlts engem M itarbeiter Peter Zingler zusammengestellte B ildband Ein Volk steht auf. 53 Tage nationaler Revolution (1933). Doch auch 2008 widmen sich einzelne Kapitel Mascha Kaléko, ThomasWolfe und K urt Kusenberg sowie dem rasch v erbotenen Robert Musil, dem angefeindeten H ans Fallada (d. i. Rudolf Dietzen) und dem 1944 in der E mi- gration v erstorbenen H ans Schiebelhuth, der 1945 postum den B üchnerpreis erhielt. I m Ganzen – so der vermittelte Eindruck – ging es mit dem Verlag im ›Dritten Reich‹ literarisch und ökonomisch stets abwärts, ein »Todeskampf«, bis schließlich der »Torso des einst gro- ßen Verlagshauses« im November 1943 an die DVA ging.4 Dass Ledig-Rowohlt 1945 mit dem Kapital und der Infrastruktur der DVA, zusammen mit dem Sohn des vormaligen Direktors, Gustav Kilpper jr., und Erich Kästner, ehemals Autor der DVA, seinen Rowohlt Verlag auf- 3 Die Seite ist nicht mehr zugänglich. Es handelte sich bei der tabellarischen Chronik um eine leicht veränderte Version von: Rowohlt. Eine kleine Verlagsgeschichte, S. 9 f. Seit 2008 ist die Darstel- lung auf der Homepage deutlich umfangreicher und differenzierter. 4 Gieselbusch u. a.: 100 Jahre Rowohlt, S. 113. Die Beiträge der Chronik sind namentlich gezeichnet, doch firmieren Hermann Gieselbusch, Dirk Moldenhauer, Uwe Naumann und Michael Töteberg gemeinsam als Autoren des gesamten Bandes, sodass hier darauf verzichtet wurde, die Einzelbei- träge separat zu verzeichnen. 0281-7_Oels-Rowohlt__5.indd 8 01.07.2013 13:57:14 »War Ernst Rowohlt ein Nazi?« 9 bauen konnte, deutet dagegen auf eine unternehmerische K ontinuität, die nicht r echt zur reinen Verfallsgeschichte passen will. Bezeichnend ist das Kapitel »Cashcow Tatsachen-Lite- ratur« der Verlagschronik von 2008. Es findet sich im bschnittA zur Weimarer Republik und endet mit einem Hinweis auf Heinrich Eduard Jacobs Sage und Siegeszug des Kaffees (1934), das Buch eines jüdischen Autors, dessen Gesamtwerk 1935verboten wurde. Abschließend heißt es: »An diesen Traditionsstrang […] knüpfte der Verlag unmittelbar nach dem Krieg wieder an«, womit auf C. W. Cerams (d. i. Kurt W. Marek) Götter, Gräber und G elehrte (1949) angespielt wird. I n der Z wischenzeit v om 1934 bis 1949 erschienen jedoch einige überaus er folgreiche B ücher dieses »T raditionsstrangs« im R owohlt Verlag, etwa R udolf Brunngrabers Radium (1936), Josef Sebastian Schalls Suez – Pforte der Völker (1940) oder Christoph Erik Ganters (d. i. Curt Elwenspoek) Panama (1941). 2008 fand aus dieser Reihe nur Brunngrabers Opiumkrieg als Neuerscheinung 1939 in einer Zeittafel Erwähnung.5 Erstmals fielenmir die D iskrepanzen zwischen pr opagierter Verlags- und Verlegerge- schichte sowie dem dokumentarisch r ekonstruierbaren Geschehen im H erbst 2006 auf, als ich Material für eine Literaturgeschichte des Sachbuchs erkundete. Mit Recherchen im Bun- desarchiv Militärarchiv, im P olitischen Archiv des A uswärtigen Amts, im D eutschen Lite- raturarchiv und dem Ar chiv der Akademie