PIONIERE DES SÜDTIROLER WIRTSCHAFTS- Südtirol gehört zu den reichsten Regionen Europas. Besonders jüngere Generationen kennen Südtirol nur von seiner wohlhabenden Seite. Doch wie kam es dazu? Einigen Vordenkern, wichtigen Weichen- WUNDERS stellungen und dem Fleiß der Aufbaugeneration ist es zu verdanken, dass Südtirol die wundersame Verwandlung gelang. Im Buch „Pioniere Erfolgreiche Unternehmer erzählen des Südtiroler Wirtschaftswunders“ wird die Zeit des Aufschwungs ausführlich und aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet.

Zehn Unternehmerpersönlichkeiten erzählen ihre Geschichten, politi- WIRTSCHAFTSWUNDERS SÜDTIROLER DES PIONIERE sche und institutionelle Zeitzeugen kommen zu Wort, Daten und Fakten werden anschaulich aufbereitet. Zu guter Letzt wagt das Buch einen Blick in die Zukunft und sucht nach Antworten auf die Frage, ob es so etwas wie eine Wohlstandsgarantie für Südtirol gibt. Rainer Hilpold · Arnold Sorg Hilpold · Sorg

19,90 € (I/D/A) athesia-tappeiner.com PIONIERE DES SÜDTIROLER WIRTSCHAFTS- WUNDERS Erfolgreiche Unternehmer erzählen

Rainer Hilpold · Arnold Sorg

UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 3 21.06.18 15:33 Die Drucklegung dieses Buches wurde ermöglicht durch die Südtiroler andesregierngbteilng etsche ltr und durch den Unternehmerverband Südtirol.

GS US Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet abrufbar: httpdnb.dnb.de

2018 Alle Rechte vorbehalten © by Athesia Buch GmbH, Bozen Design & Layout: Athesia-Tappeiner Verlag Druck: Athesia Druck, Bozen

ISBN 978-88-6839-337-3

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 2 21.06.18 15:33 Inhaltsverzeichnis

Vorwort ...... 6 Südtirols Weg – Wie aus Armut Wohlstand wurde ...... 10 Tourismus ...... 12 Landwirtschaft ...... 18 Industrie ...... 25 Handwerk und Handel ...... 28 Der politische Rahmen des Aufstiegs ...... 30

Gesichter und Geschichten des Aufstiegs ...... 38 Armin und Christine Loacker ...... 40 Michl Seeber ...... 50 Benedikt Gramm ...... 60 Luise Dorfer ...... 68 Peter Rieper ...... 76 Hans Krapf ...... 86 Christof Oberrauch ...... 94 Karl Pichler ...... 106 Maria Luise Troyer ...... 116 Georg Oberrauch ...... 126

Einmal Wohlstand, immer Wohlstand? ...... 136 Nachwort ...... 140 Quellenverzeichnis ...... 142 iograe ...... 143 Bildnachweis ...... 144

UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 5 21.06.18 15:33 Vorwort Den Südtirolerinnen und Südtirolern geht es, historisch gesehen, so gut wie noch nie. Sie sind wohlhabender, gesünder und gebildeter denn je. Trotz- dem dürfte die Frage, ob es sich im Falle von Südtirol um ein Wirtschafts- wunder handelt, zumindest heute, von einem guten Teil der Bevölkerung gefühlsmäßig mit Nein beantwortet werden. In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts steigerte sich die Lebensqualität extrem schnell. Heute ist das anders. Der Lebensstandard der 30- bis 40-Jährigen ist ähnlich hoch wie ener, an den sie sich als inder gewöhnt hatten. as bleibt nicht ohne Folgen, insbesondere für die Diskussionsbasis im Land, die Zukunftsängste und Frustration widerspiegelt. Objektiv gesehen, muss die vorhin genannte Frage mit einem Blick auf die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft aber mit einem klaren Ja beantwortet werden.

Beachtet man die Entwicklung der Südtiroler Wirtschaft ab den 1950er und er ahren, insbesondere mit lick af die orisms, port nd Arbeitsmarktdaten, so lässt sich ein steiler Trend nach oben feststellen. Ein massiver Ausbau der Infrastruktur, eine breit angelegte Förderpolitik, der konsequente Einsatz für den ländlichen Raum und der Ausbau der Auto- nomie haben die Rahmenbedingungen für die Südtiroler Wirtschaft kon- tinuierlich verbessert und Nachfrage generiert. In der Gegenwart gehört Südtirol zu den prosperierenden Regionen innerhalb der Europäischen Union. it einem rttoinlandsprodkt pro opf on . ro im ahr bendet sich Südtirol lat rostat af latz der reichsten egionen in Europa und weist zudem eine überdurchschnittlich hohe wirtschaftliche Stabilität auf. Aufgrund der stetigen positiven Entwicklung der verschiedenen Wirtschaftsindikatoren, der konstanten Weiterentwicklung der Qualität der Südtiroler Produkte und Dienstleistungen, der neuen Schwerpunktsetzung des Landes im Bereich der Forschung und Entwicklung sowie einer Wirt-

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 6 21.06.18 15:33 schaftspolitik, die auf Entlastungen und zielgerichtete Fördermaßnahmen setzt, ist anzunehmen, dass sich Südtirol auch künftig gut entwickeln wird.

Die vorliegende Publikation der beiden Journalisten Rainer Hilpold und Arnold Sorg zeigt genau das auf, nennt aber einen weiteren und besonders wichti- gen aktor, der bisweilen z wenig eachtng ndet ür die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes mögen die Rahmenbedingungen von Bedeutung sein. Mindestens genauso bedeutend sind aber die Arbeitnehmer und Arbeit- geber, die sich in einem wirtschaftlichen Umfeld bewegen. Südtirol hatte und hat das große Glück, auf gewissenhafte und anpackende Menschen sowie mutige und vorausschauende Unternehmerinnen und Unternehmer bauen zu können, die die wahren Protagonisten des Wirtschaftswunders Südtirol sind. Die beiden Autoren stellen zehn Wirtschaftspioniere quer durch Südtirols Sektoren vor, an deren Geschichte deutlich wird, wie enorm die Entwicklung von einem armen Berggebiet zu einer florierenden Wohlstands- region war. Ich danke Rainer Hilpold und Arnold Sorg für dieses Buch, das uns Südtirolerinnen und Südtirolern deutlich macht, dass unser Wohlstand nicht naturgegeben ist und wie gut es uns heute geht.

Arno Kompatscher,

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 7 21.06.18 15:33 700

600

441.671 500 433.245

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373.604 300 335.935 GEBURTENBILANZ 200

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-100

-200 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010

Bevölkerungsentwicklung in Südtirolelle SW

Südtirols Weg – Wie aus Armut Wohlstand wurde

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 10 21.06.18 15:33 2012

WOHNBEVÖLKERUNG 514.516

507.657 465.264

Südtirol war in den 1950er und er ahren eine ärmliche, bäerlich GEBURTENBILANZ geprägte Gegend. Die Bevölkerung war jedoch gesegnet mit einer gewissen „Anpack“-Mentalität. Die Leute waren arbeitsam, kreativ und vor allem willens, etwas zu bewegen. Doch waren es nicht nur der Fleiß und die Tüchtigkeit, gepaart mit einer gewissen Portion bäuerlicher Schläue, die Südtirol nach vorne brach- ten. Immerhin galt es, eine ganze Region aus ihrer Rückständigkeit zu holen und 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 wirtschaftlich auf Vordermann zu brin- gen. Wichtig für den Aufschwung ab dem nde derer ahre waren nanzielle Starthilfen von außen. Auch umfangrei- che Spendenmittel aus Österreich und Deutschland trugen dazu bei, dass sich Südtirol Schritt für Schritt eine Infra- struktur im Schul- und Bildungsbereich aufbauen konnte.

Zentral für die positive Entwicklung einer Region ist eine junge Bevölkerung. Südtirol wies on den er ahren bis zm eginn der er ahre stets einen negativen Wanderungssaldo auf. Es wanderten im Gegensatz zu heute also mehr Leute ab als zu. Wichtig war damals jedoch, dass der negative Wan- derungssaldo nie die positive Geburten- bilanz überstieg. So konnte eine Über- alterung der Bevölkerung verhindert werden.

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 11 21.06.18 15:33 Tourismus Der Tourismus ist einer der wesentlichen Motoren der Wirtschaft. Über illionen ächtigngen pro ahr erzeichnet Südtirol hete. aon pro- tiert nicht nr die eherbergngsbranche, sondern iele weitere ereiche, allen voran der Handel, die Landwirtschaft und das Handwerk. Sie alle hängen unmittelbar an der Wertschöpfungskette des Tourismus.

Zwar spielte Südtirol bereits ab 1870 eine gewisse Rolle als Fremdenver- kehrsregion, zm eispiel erreichte die rstadt eran mit den regelmäigen eschen der aiserin lisabeth eine erhebliche ekanntheit als Südbal- kon“ der Donaumonarchie, mit dem heutigen Tourismus hatte dies jedoch kaum etwas zu tun. Sein Aufstieg beginnt deutlich nach Ende des Zweiten Weltkrieges, genaer in den er ahren. Wesentlicher aktor dafür war die gestiegene Reiselust der Deutschen. In der Zeit des deutschen Wirt- schaftswunders – zwischen 1960 und 1970 wuchs die dortige Wirtschaft um rozent zog es sie ermehrt in ichtng Süden, so ach nach Südtirol. Die deutsche Sprache und ein gewisses mediterranes Flair zeichneten die Destination aus. Diese gestiegene touristische Nachfrage von deutscher Seite traf auf zahlreiche unternehmerisch eingestellte Südtiroler, die das

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 12 21.06.18 15:33 Potenzial dieser neuen Entwicklung erkannten. Um den großen Andrang zu bewältigen, investierten sie in den Ausbau der touristischen Infrastrukturen.

Unterstützt wurden sie dabei von einer umsichtigen Politik der Landesregie- rung, die auf Qualität setzte bzw. sie aktiv förderte. Ein Beispiel dafür ist das Bädergesetz von 1972, das den nachträglichen Einbau sanitärer Anlagen ermöglichte. f den erbesserten omfort wies man im ahr sogar mit einem eigenen Werbeslogan hin Südtirol flieend etsch nd Warmwas- ser. it der späteren inführng der lassizierng on eherbergngs- betrieben wrde das ad im Gästezimmer z einem wichtigen riterim.

Gestützt wurde der Aufschwung des Tourismus zudem durch günstige Ent- wicklngen am eisenmarkt. ie starke bwertng der italienischen ira seit den er ahren, die einerseits günstige redite für oteliers nd andere Wirtschaftstreibende zur Folge hatte und gleichzeitig für besonders vorteilhafte Wechselkurse für deutsche Urlauber sorgte, heizte den Auf- wärtstrend im Tourismus zusätzlich an. Auch kamen die Gäste nicht mehr nur in den Sommermonaten nach Südtirol, sondern vermehrt das ganze Jahr über nd ab den er ahren ach erstärkt as talien. etschland nd Italien sind noch heute die mit Abstand wichtigsten Märkte für den heimi- schen Tourismus. All diese Faktoren zusammen genommen, haben dazu beigetragen, dass sich die Zahl der ächtigngen on den er ahren bis heute mehr als vervierfacht hat.

Nächtigungsentwicklung in Südtirolelle S

Anzahl der Nächtigungen x 1000 35.000 30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 5000 0 1972 1976 1980 1984 1988 1992 1996 2000 2004 2008 2012

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 13 21.06.18 15:33 Der Tourismus breitete sich bis in die höchsten Lagen aus (im Bild das Schlernhaus).

Der Beitrag des Tourismus zum wirtschaftlichen Aufstieg Südtirols in den vergangenen Jahrzehnten ist aus mehrerlei Hinsicht als sehr hoch zu bewer- ten. Vom Sektor gingen wichtige Impulse aus, da die Hotellerie und Beher- bergng nicht in den änden einiger onzerne lagen, sondern relati klein strktriert waren. asende on leinnternehmen bis hin z riatzimmer- vermietern bildeten und bilden noch heute das Grundgerüst des Südtiroler orisms. amit wrde in ielen eilen des andes apital gebildet, nicht nur im urbanen, sondern ganz wesentlich im ländlichen Raum. Es wurde eine dezentrale Nachfrage nach Vorleistungen und Investitionen kreiert, die dazu beitrug, dass die Peripherie gestärkt und eine Massenabwanderung in die Städte größtenteils abgewendet werden konnte. Gleichzeitig wurde der Banken- und Versicherungsmarkt massiv gestärkt. Zu guter Letzt war die Rolle des Tourismus wesentlich für die Entwicklung Südtirols von der Agrar- hin zur Dienstleistungsgesellschaft. Auch kamen mit den Touristen von auswärts neue Weltanschauungen und eine offenere Denkweise nach Südtirol, man könnte sagen, der Horizont der Menschen erweiterte sich.

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 14 21.06.18 15:33 Fallbeispiel Schenna Als Beispiel dafür, wie sich eine landwirtschaftlich geprägte Südtiroler Gemeinde im Eiltempo in eine Tourismushochburg verwandeln kann, ist Schenna. Vor rund sechs Jahrzehnten war Schenna ein Bauerndorf mit 260 Gehöften, mit Grünflächen fürs Vieh und Ackerland, mit Obstbäumen auf Streuwiesen, Weinstöcken, ein paar Ausflugsstationen und gerade mal zwei Gasthöfen. Nach und nach erkannten die ersten Schenner, dass es sich lohnen könnte, ins Geschäft mit den Touristen einzusteigen. Es brach ein dornterner Wettlaf as. Wer ein as besa, erweiterte es zm otel er ganze Ort wurde – begünstigt durch die sonnige Panoramalage – im Laufe der ahre nd ahrzehnte z einem einzigen eriendorf, fest in der and der Einheimischen. Diese Entwicklung veranlasste die deutsche Wochenzeitung „Die Zeit“ zur Schlagzeile: „Die schlauen Bauern von Schenna“. Nicht ohne Grnd as rggräfler orf brachte es in etwas mehr als ahren asi von null auf rund eine Million Nächtigungen und über 170.000 Ankünfte, verteilt auf etwas mehr als 200 Beherbergungsbetriebe. Die Bettenanzahl übersteigt die Zahl der Einwohner um das Doppelte – damit liegt Schenna in puncto touristischer Intensität ganz weit vorne. Schenna ohne den Tou- rismus wäre heute absolut undenkbar, wenngleich der Wirtschaftszweig noch vergleichsweise jung ist. Am Beispiel der Gemeinde offenbaren sich jedoch auch einige Schattenseiten der Intensivbeherbergung: Eine gewisse Ressourcenknappheit infolge des hohen Wasserverbrauchs, eine Zersiede- lung aufgrund der beträchtlichen Bautätigkeit, ein wachsender Investitions- druck aufgrund steigender Gästebedürfnisse und der starken Wettbewerbs- situation sowie die erhebliche Verkehrsbelastung aufgrund des touristischen Individualverkehrs sind dabei einige der Herausforderungen.

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 15 21.06.18 15:33 Landwirtschaft Südtirols Landwirtschaft kann heute einiges vorweisen, besonders im Obst- bau. Bekannt ist sie als größtes geschlossenes Apfelanbaugebiet Europas mit rnd . ektar nd einer rodktionsmenge on rnd einer illiarde ilogramm pfel pro ahr. ie Weinwirtschaft gilt als orbildlich, insbeson- dere im Weißweinbereich. Und die Berglandwirtschaft ist nach wie vor intakt.

Typisch für Südtirol ist darüber hinaus die hohe Bedeutung der Landwirt- schaft als üterin der raditionen nd der ltrlandschaft in Südtirol. is 1950 stellte sie zudem den wichtigsten Wirtschaftszweig in Südtirol dar, mit dem höchsten nteil an eschäftigten über rozent. Zm ergleich ete arbeiten noch , rozent der eschäftigten in diesem ereich. ie Landwirtschaft war fast gänzlich in den Händen der deutschen und ladi- nischen Bevölkerung, da diese die Höfe und landwirtschaftlich nutzbaren Flächen besaßen.

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 18 21.06.18 15:33 Größte Auffälligkeit der Südtiroler Landwirtschaft ist ihre Stärke und Bestän- digkeit ab den er ahren. rotz starker strktreller eränderngen in Wirtschaft nd Gesellschaft blieb das öfesterben as. Zwischen den ah- ren nd stellten weniger als rozent der etriebe mit weniger als einem ektar landwirtschaftlicher tzfläche ihre ewirtschaftng ein. In den EU-Gründungsstaaten waren es zweieinhalbmal so viele. In den er ahren wrden in Südtirol gar mehr etriebe gegründet als afge- lassen. Die Gründe dafür liegen vor allem in den außergewöhnlich günstigen ahmenbedingngen mit gten bsatzmöglichkeiten überwiegend über die Genossenschaften, ördermitteln sowie steerlichen egünstigngen und einer Landespolitik, die den Schutz und Erhalt des ländlichen Raumes immer prioritär behandelt hatte. „Wir mussten uns da etwas einfallen lassen, besonders für die vielen sehr kleinen Betriebe, die die Landwirtschaft im Zu- oder Nebenerwerb aufrechterhielten“, so Luis Durnwalder. Durnwalder war seit 1967 Direktor des Südtiroler Bauernbundes, von 1973 bis 2013 war er Mitglied des Südtiroler Landtages, davon seit 1978 in der Landesregierung und von 1989 bis 2014 Landeshauptmann. „Neben der Erschließung der Höfe war es wichtig, interessante Arbeitsmöglichkeiten in der Peripherie zu schaffen. Wir haben uns gemeinsam darum bemüht, ein Unternehmertum aufzubauen, das auch mit der Landwirtschaft zusammenarbeiten kann. Ein erstes gtes eispiel war die ireld in rneck hete G. ireld hat on den bis z itarbeitern damals rnd die älfte Z nd eben erwerbsbauern eingestellt, denen flexible Arbeitszeiten gewährt wurden.“ So sei die Arbeit im Unternehmen mit jener am Hof gut zu vereinbaren gewesen. Spätere Beispiele sind Bauern, die nebenbei in Skigebieten arbeiten bzw. als Anbieter von „Urlaub auf dem Bauernhof“ selbst touristisch tätig werden oder handwerkliche ätigkeiten asüben. nd zehn rozent aller landwirtschaftlichen Betriebe, aktuell knapp 2700, nutzen heute dieses sehr erfolgreiche odell der bernachtng am of, das seit ahren ein nicht unwesentlicher touristischer Trend ist. So greifen in Südtirol gleich mehrere Sektoren ineinander über.

Was den Obst- und Weinbau betrifft, sei man damals nicht annähernd so weit gewesen wie hete. n den er ahren konnten wir ns gar nicht vorstellen, dass in Südtirol jemals so hochwertiger Wein und Obst produziert

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 19 21.06.18 15:33 werden wird“, so Durnwalder. Das Hauptproblem war die geringe Produkti- ität, die drch die znehmende echanisierng ab itte der er ahre wesentlich verbessert werden konnte. Der flächendeckende Einsatz von Traktoren, Bewässerungsanlagen, Dünge- und Schädlingsbekämpfungs- mitteln erleichterte die Arbeit und steigerte die Ernte. Vor allem im Obst- ba ergab sich eine enorme fzienzsteigerng. Stück für Stück wrden die Anbauflächen vergrößert und die Anbaumethoden verbessert. Zugleich organisierten sich die Obstbauern noch stärker in Genossenschaften und ermarkteten ihre pfel nd ach irnen gemeinsam. Gestützt wrde diese Entwicklung durch neue Methoden im Anbau und in der Lagerhaltung. Heute überleben pfel im ager bis z zwölf onate.

n der Weinwirtschaft galt in Südtirol bis in die er ahre hinein das Gesetz der asse. amit fhren die heimischen ellereigenossenschaften znächst ganz gt, bis itte der er ahre der Skandal m gepanschte Weine aufkam. Er zog einen massiven Absatzeinbruch nach sich. Insbesondere der bis dahin so lukrative Offenweinverkauf in die Schweiz kam zum Erliegen. Im selben Zeitraum läutete Österreich aufgrund eines eigenen Weinskandals eine alitätswende ein, der Südtirol einige ahre später folgte. Znächst

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 20 21.06.18 15:33 etwas erhalten, dann orbildlich s wrden fortan mehr alitätsweine hergestellt; der reine Quantitätsgedanke trat in den Hintergrund und spielt hete keine olle mehr. abei nterschreiten die meisten rodzenten die von der DOC-Regelung vorgesehenen Höchsterträge je Anbaufläche bei Weitem, die Bauern reduzierten ihre Erträge teils um bis zu zwei Drittel. So wrden im ahr bei der gleichen läche wie hete . ektoliter Wein prodziert, während es hete . ektoliter sind.

Das Ergebnis macht sich bis heute bezahlt: Südtirol zählt trotz der vergleichs- weise geringen Mengen zu den besten Anbaugebieten Italiens. Im Verhältnis zr Gröe der Weinbafläche ist Südtirol mit seinen rnd ektar eben , rozent des italienischen nbas das meistprämierte Gebiet on italienischen Weinführern.

Die Viehwirtschaft verlagerte sich in den vergangenen Jahrzehnten in höher gelegene Regionen, und besonders die Milchwirtschaft verzeichnete kon- tinierliche rodktionszwächse. Werden hetztage rnd illionen ilogramm ilch angeliefert, waren es in den er ahren nicht einmal zehn rozent daon, so rnwalder. ie erarbeitng on ohmilch z oghrt, äse nd anderen rodkten ermöglicht den aern trotz rb- lenzen am weltweiten Milchmarkt im internationalen Vergleich überdurch- schnittliche Auszahlungspreise.

Entwicklung der landwirtschaftlichen Kleinstbetriebe elle S Streifeneder nd fni

Italien gesamt Alpenraum Italien Alpenkonventionsraum Südtirol 10 5 0 -5 -10 -15 -20 -25 -30 -35 ha 1970–1980 1980–1990 1990–2000

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 21 21.06.18 15:33 Die Bozner Mustermesse in den 1960er Jahren

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 24 21.06.18 15:33 Industrie Ein besonderer Fall ist die Geschichte der Industrie in Südtirol. Besonders ausgeprägt war dieser Wirtschaftszweig hierzulande nie. Es dauerte lange, bis die Industrie jene Wichtigkeit erlangte, die sie heute innerhalb der Süd- tiroler Wirtschaft zweifelsohne einnimmt. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es nur sehr wenige Industriebetriebe in Südtirol. Jene, die sich ansiedelten, produzierten vor allem in den traditionellen Sektoren Holz, Textilien und Lebensmittel.

Einen großen Einschnitt musste die Südtiroler Industrie mit der Machtüber- nahme der Faschisten in Italien im Jahr 1922 hinnehmen. Der faschistische Führer, der Duce Benito Mussolini, verfolgte eine aggressive Industriepolitik in Südtirol, mit dem Ziel, das Land zu italianisieren. Im Rahmen dieses groß angelegten Italianisierungsprogramms enteignete der Staat in Bozen einen nicht unerheblichen Teil an Grundeigentum, errichtete Infrastrukturen und schuf somit die Voraussetzung für neue Fabrikansiedelungen. Gleichzeitig wurden den italienischen Industriebetrieben Zollbefreiung, Steuernachlässe und Vergünstigung von Fracht- und anderen Tarifen versprochen, um sich in der area compresa fra il me sarco e la strada nazionale del rennero anzusiedeln.

Das faschistische Programm hatte Erfolg. Es siedelten sich gar einige italie- nische Betriebe mit Schwerpunkt Metallverarbeitung und Stromerzeugung in Bozen an. Dadurch wurden zwar zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen, auf den Südtiroler Arbeitsmarkt hatte dies aber nur bedingt Einfluss. Gleichzeitig mit der Ansiedelung von italienischen Betrieben wurden nämlich auch italie- nische Arbeiter nach Bozen geholt. Die Industrieunternehmen bekamen vom Staat ire für eden italienischen rbeiter, der nach Südtirol kam, m z arbeiten. as war kein nerheblicher Zschss ire waren damals rnd eineinhalb Monatsgehälter. Zudem wurden für die „zugewanderten“ Arbeiter aus dem Süden Tausende von Wohnungen gebaut und dafür auch wertvolle ltrgründe der Südtiroler aern erwendet.

In der Zwischenkriegszeit waren in der Bozner Industriezone bereits über 6000 Personen beschäftigt. Auch die Einwohnerzahl in Bozen stieg kräftig an:

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 25 21.06.18 15:33 Eine historische Aufnahme der Industriezone Bozen

von 19.000 im Jahr 1935 auf knapp 70.000 im Jahr 1947 – dies war zu einem großen Teil auf den Zuwachs der italienischen Bevölkerung zurückzuführen.

Dies führte dazu, dass die Industrie in Südtirol bei der deutschsprachigen Bevölkerung ein schlechtes Image bekam und es in der Folge – aufgrund der schlechter werdenden Situation auf dem Arbeitsmarkt – zu einer Abwan- derung ins benachbarte Ausland kam. Vor allem in Österreich, der Schweiz oder in Süddeutschland suchten die Südtiroler ihr Glück.

Als Reaktion auf diese Entwicklung beschloss die Südtiroler Landespolitik in den er ahren, eine aktie nsiedelngspolitik für ndstriebetriebe as dem deutschen Raum zu betreiben. Um sich von der italienischen Industrie in Bozen abzuheben, wollte man eine sogenannte dezentrale Industriepolitik betreiben. Will heißen: Die neuen Betriebe sollten quer durch das ganze Land angesiedelt werden. Vor allem , Bruneck, Lana und Prad wurden Teil des neuen Ansiedelungsprogramms.

Neben vielen hochklassigen Betrieben kamen zwar auch Unternehmen nur wegen der Förderungen und Steuerbedingungen nach Südtirol, insgesamt

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 26 21.06.18 15:33 war diese Ansiedelung aber ein wichtiger Schub für die Wirtschaftsentwick- lung in Südtirol. So konnte durch die neu geschaffenen Arbeitsplätze die Abwanderung der deutschsprachigen Südtiroler gestoppt werden. Positiv war die Auswirkung auch auf die Berufsbildung der Südtiroler, da diese durch die neuen Betriebe verstärkt gefördert wurde. Insgesamt bewirkte die ntwicklng der er ahre, dass die ndstrie bei den Südtirolern ein besseres Image bekam. Und nicht zuletzt trugen international agierende Unternehmen dazu bei, dass sich Südtirol dem globalen Markt öffnete, was sich nicht nur auf die wirtschaftliche sondern auch auf die gesellschaftliche Entwicklung des Landes nachhaltig auswirkte.

In den darauffolgenden Jahrzehnten haben sich die Südtiroler Industrie- betriebe immer stärker spezialisiert und zählen heute vor allem in den Berei- chen alpine Technologie, erneuerbare Energie oder Nahrungsmittelindustrie zu den besten der Welt. Dies schlägt sich auch auf die Exportstatistik nieder: Exportierten Südtirols Unternehmen im Jahr 1995 noch Waren im Wert von rund zwei Milliarden Euro ins Ausland, sind es mittlerweile 4,8 Milliarden ro . abei erweist sich or allem die ndstrie als der portmotor Südtirols schlechthin.

Entwicklung der Unternehmenelle SW

ohne Landwirtschaft 45.000 40.000 35.000 30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 5000 0 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015

andere Sektoren otels nd Gaststätten awesen priate ienstleistngen andel erarbeitende Sektoren

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 27 21.06.18 15:33 Handwerk und Handel Im Gegensatz zur Industrie hat das Handwerk in Südtirol eine lange Tradition. Vor allem das bäuerliche Handwerk erlebte im 19. Jahrhundert seine Blütezeit. Neben den historischen Handwerksberufen – wie dem Patschenmachen, löppeln oder olzschnitzen , die ach hete noch in einigen älern in Südtirol ausgeübt werden, entwickelte sich im 20. Jahrhundert der spezia- lisierte Handwerksberuf immer stärker. Den großen Aufschwung erlebte das Handwerk in Südtirol aber ab dem Jahr 1955. In diesem Jahr wurde – nach deutschem und österreichischem Vorbild – die duale Ausbildung eingeführt. Die duale Ausbildung ermöglichte und ermöglicht es den Lehrlingen noch hete, ihre sbildng in ombination as Schle nd rais z absolieren. Diese Ausbildung ist – so sind sich die Wirtschafts- und Arbeitsmarktexper- ten einig – einer der wichtigsten Gründe dafür, dass die Jugendarbeitslosig- keit in Südtirol im Vergleich mit anderen Regionen vergleichsweise niedrig ist , rozent im ahr .

Der Bereich der handwerklichen Berufe ist immens. Aktuell werden in Südtirol rund 400 verschiedene handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt, wobei zu sagen ist, dass im Großteil der Fälle jeweils nur wenige Betriebe und Beschäf- tigte diese Tätigkeiten verrichten. Vielmehr konzentriert sich der Hauptteil

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 28 21.06.18 15:33 der Beschäftigten im Handwerk auf einige wenige Berufe: Maurer, Tischler, äcker, aler, totransporter, nstallater, fzechniker oder ackierer.

iese ielfalt nd ach die leinstrktriertheit der handwerklichen Unter- nehmen ist ein wichtiger Faktor für die Südtiroler Wirtschaft, da das Hand- werk gerade deshalb Stabilität gibt or allem in risenzeiten. ndererseits schafft das Handwerk vor allem in den peripheren Gemeinden Südtirols eine Vielzahl von Arbeitsplätzen, die damit eine Abwanderung in die Stadtgebiete mit verhindert.

Südtirol war afgrnd seiner geograschen age seit eher ein wichtiger Handelsort. Auch heute noch nimmt der Großhandel eine wesentliche Rolle als Warenumschlagplatz zwischen Süd und Nord ein. Aber nicht nur die geograsche age begünstigt Südtirol nd im besonderen ozen als an- delsort. Auch die Mehrsprachigkeit hat sich diesbezüglich als äußerst wichtig erwiesen.

Eine Besonderheit in Südtirol war und ist die Nahversorgung in den ein- zelnen Gemeinden des Landes, die durch den Einzelhandel gewährleistet wird. Wichtig ist die flächendeckende Nahversorgung aber nicht nur für die einheimische Bevölkerung, sondern auch für den Tourismus, der in Südtirol geograsch stark erbreitet ist. m ergleich z allen benachbarten egionen ist in Südtirol die Nahversorgung aktuell in allen Gemeinden des Landes gewährleistet. Aber auch in Südtirol lässt sich die Entwicklung nicht aufhalten. So ist ein immer stärker werdender onzentrationsprozess im inzelhandel zu spüren, gleichzeitig entstehen immer mehr größere Verkaufsstrukturen.

Entwicklung der Beschäftigtenstrukturelle SW 100 % 90 % 80 % Landwirtschaft 70 % produzierendes Gewerbe 60 % 50 % 40 % 30 % Dienstleistungen 20 % 10 % 0 % 1931 1951 1961 1971 1981 1991 2001 2011 Jahre der Volkszählung 29

UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 29 21.06.18 15:33 Paketbefürworter (links) und Paketgegner Peter Brugger (rechts) reichen sich auf der SVP-Landesversammlung 1969 die Hand. Der politische Rahmen des Aufstiegs Man kann die wirtschaftliche Entwicklung Südtirols nicht losgelöst von der politischen Entwicklung des Landes betrachten – ganz im Gegenteil. Vor allem das zweite Autonomiestatut im Jahr 1972 hat wesentlich zum Aufschwung beigetragen. „Das Autonomiestatut von 1972 war das Um und Auf für die Entwicklung Südtirols“, sagt Luis Durnwalder. „Mit dem zweiten Autonomiestatut, das die Interpretation des ersten Autonomiesta- ttes as dem ahre bedetete, konnten wir die aragrafen, die Silvius Magnago, Roland Riz oder Alfons Benedikter für Südtirol in zähen Verhandlungen herausholen konnten, sichtbar machen und umsetzen“, so Durnwalder. „Davor war nichts vorhanden, keine Infrastrukturen, keine Aus- bildungsmöglichkeiten.“ Mit der Autonomie war nun plötzlich eines da: der Bedarf, die Handlungsmöglichkeiten und das Geld. „Wir konnten endlich etwas bewegen“, so Durnwalder.

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 30 21.06.18 15:33 Faschismus, Option, Nationalsozialismus und erstes Autonomiestatut Bis dahin war es aber ein langer und hart umkämpfter Weg. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges 1918 wurde im Friedensvertrag von Saint-Germain festgeschrieben, dass das irol südlich des renners on nn an z Italien gehören sollte. Ab da begann ein steiniger Weg für die Südtiroler: Der Faschismus, die Option und der Einmarsch der Nationalsozialisten brachten das Land an den Rand des kulturellen und gesellschaftlichen Abgrunds. rst nach nde des Zweiten Weltkrieges hat man sich der Südtirol frage angenommen. So wurde im Pariser Vertrag vom September 1946 ein Schtzertrag für Südtirol abgeschlossen. Zwei ahre später, , wrde Südtirol von der verfassunggebenden Nationalversammlung Italiens ein Autonomiestatut zugestanden. Laut diesem Statut waren die Provinzen Bozen und Trient zu einer Region mit einem regionalen Parlament und einer Regionalregierung zusammengeschlossen. Bloß: In dieser Region hatte die italienische Volksgruppe eine Zweidrittelmehrheit, wodurch der durch das Pariser Abkommen beabsichtigte Schutz der deutschen und ladinischen Minderheit nicht zum Tagen kam. Die Selbstverwaltung lag damit in den Hän- den der italienischen ehrheit des rentino, für Südtirol el nr eine äerst bescheidene Autonomie ab, die ihr kaum Gestaltungsmöglichkeiten ließ.

„Los von Trient“ und UN-Vollversammlung Also stellte sich Südtirols Politik in den Folgejahren zunehmend die Frage: Will man für eine bessere Autonomie kämpfen oder für die Selbstbestim- mung und damit für die Loslösung von Italien? Die Südtiroler Volkspartei entschied sich als magebliche politische raft im and für den Weg der tonomie für Südtirol. it der ndgebng os on rient machte die Partei unter Silvius Magnago die Öffentlichkeit auf die Abhängigkeit vom Trentino aufmerksam und forderte ein Autonomiestatut für Südtirol alleine. ie er nd er ahre waren gekennzeichnet drch den insatz nd den ampf für mehr Zständigkeiten nd eine eigene Gesetzgebngs nd Verwaltungszuständigkeit für Südtirol“, so Durnwalder. „Man hat damals erste Gehersche nternommen, nabhängiger z werden nd mehr om- petenzen zu bekommen.“ Eine große Hilfe war dabei Österreich, das im Jahr

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 31 21.06.18 15:33 1955 wieder die eigene Souveränität erhalten hat. Vor allem der Einsatz des damaligen österreichischen enministers rno reisk war mageblich, der die Südtirolfrage or die Uollersammlng brachte nd dem Fall damit große internationale Aufmerksamkeit brachte. In der Folge kam es zu ersten Erfolgen bei den Autonomieverhandlungen auf bilateraler Ebene zwischen Italien, Österreich, Nordtirol und Südtirol – immer wieder „begleitet“ durch gewaltsame Aktionen, die auf ein „Los von Trient“ und teilweise sogar auf ein „Los von Rom“ drängten.

Paketabstimmung und zweites Autonomiestatut Die SVP stimmte 1969 in ihrer Landesversammlung mit einer äußerst knap- pen Mehrheit dem sogenannten „Paket“, den Maßnahmen des Verhand- lungsergebnisses zu. Das Paket enthielt insgesamt 137 Maßnahmen zum besseren Schutz der Südtiroler, vor allem aber den Übergang von Zustän- digkeiten vom Staat und von der Region auf Südtirol. Nachdem sowohl talien als ach sterreich das Südtirolpaket ratiziert hatten, trat das zweite tonomiestatt für Südtirol im änner in raft.

Für Südtirol tat sich damit eine Tür zu einer neuen Zeit auf: Von 1972 bis war Südtirol prozentell an den sgaben des Staates beteiligt. anach haben wir gesehen, dass sich der italienische Staat immer mehr verschuldet und in der Folge weniger ausgeben kann“, so Durnwalder. „Also haben wir im ahr drchgesetzt, dass Südtirol rozent der om Staat in Südtirol eingehobenen Steuern und Gebühren rückerstattet bekommt.“ Dies bedeu- tete, dass das Land ab 1972 Geld für den Aufbau von Infrastrukturen und für die Erschließung der peripheren Gebiete zur Verfügung hatte. Doch nicht nur das. Bis auf die Außenpolitik, das Militär, Gericht, die Polizei und Steuerpolitik bekam Südtirol eine Fülle an Zuständigkeiten vom Staat und der Region übertragen, die die Entwicklung des Landes maßgeblich beeinflussten. Laut Durnwalder waren es aber auch die Südtiroler selbst, die zum erfolgreichen Wandel des Landes beigetragen haben: „Die Erwartungshaltung innerhalb der Bevölkerung zu dieser Zeit war immens.“ Die Südtiroler seien „reif gewesen“, voller Tatendrang und voller Ehrgeiz. „Dass wir die Autonomie so umsetzen konnten, wie wir sie umgesetzt haben, dann ist das vor allem der Verdienst der Südtiroler Bevölkerung.“

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 32 21.06.18 15:33 Eine der wichtigsten Errungenschaften der Autonomie ist laut Durnwalder die Ausbildung. „Wir hatten zwar nur Teilzuständigkeiten für das Schulwesen“, doch konnte Südtirol ab 1972 mitreden, wenn es um die Programmgestal- tung und die Ansiedelung der verschiedenen Schulen und Schultypen ging, man hatte einen eigenen Schulleiter und konnte Schulbauten errichten. „Und Schulen haben wir ab da in allen Tälern errichtet. Gleichzeitig wurde auch das Transportwesen zwischen den einzelnen Dörfern, Weilern und Höfe- grppen z den Schlzentren asgebat, damit nicht mehr nr ene inder und Jugendliche zur Schule gehen konnten, die in oder direkt neben einer Stadt wohnten.“

Diese Politik versuchte man auf alle Bereiche auszuweiten. „Das Erfolgs- modell Südtirols basiert darauf, dass die Entwicklung überall gleich passierte“, so Durnwalder: in den Städten und in den Landgebieten. „Hätten wir das nicht gemacht, wäre uns die Landbevölkerung in die Städte abgewandert, wie es in anderen umliegenden Regionen passiert ist.“ Dafür mussten viele Gebiete erschlossen werden, da ganze Berggebiete damals noch keine Zufahrtsstra- en hatten. ies hat in der olge z groen ämpfen mit Umweltschützern geführt. „Aber die Frage war, will man keine Wunde in der Natur, oder will man, dass die Südtiroler Bergbevölkerung verschwindet?“, so Durnwalder. „Hätten wir die Peripherie in Südtirol nicht gleich entwickelt wie die Städte, dann wäre Südtirol mit Sicherheit nicht das, was es heute ist.“

Europa und Südtirol Doch nicht nur das Autonomiestatut war maßgeblich für die Entwicklung Südtirols. Auch Europa war schon früh wichtig für den Aufschwung des Lan- des: 1957 wurde mit den Römischen Verträgen die Europäische Wirtschafts- gemeinschaft WG gegründet. b diesem Zeitpnkt konnten sogenannte EU-Förderprogramme erstellt werden. „Wir erstellten diese Programme vor allem im Bereich der Hof-, Alm- und Walderschließungen sowie der Verbesserung der Flächen oder bei Beregnungen und Flurbereinigungen“, sagt Durnwalder. „Über den Europäischen Sozialfonds erhielten wir zudem beachtliche Geldmittel für die Aus- und Weiterbildung der ländlichen Bevöl- kerung und die Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten – einerseits für die weibliche Bevölkerung und andererseits für Personen mit Beeinträchtigung.“

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 33 21.06.18 15:33 Bereits seit den 1960er Jahren war der spätere Landeshauptmann Luis Durnwalder politisch aktiv.

as war nde der er ahre, nfang der er ahre. Wir haben bereits damals für diese Programme sehr viel Geld aus Brüssel bekommen.“

Europa war und ist in wirtschaftlicher Hinsicht aber nicht nur wichtig wegen der Fördergelder an die einzelnen Mitgliedsstaaten und Regionen, sondern or allem ach für den reihandel. icht zletzt protiert Südtirol bis hete massi on seiner geograschen age innerhalb ropas, zwischen ord und Süd, und der Vermittlerrolle zwischen dem deutsch- und italienischspra- chigen Raum. Würde man die Entwicklung Südtirols ohne den europäischen ontet sehen, sähe die Sitation hete wohl öllig anders as. ie rfolgs- geschichte Südtirols ist also ein Zusammenspiel aus mehreren Faktoren: der tonomie nd der damit erhaltenen Zständigkeiten, einer efzienten Landesverwaltung sowie den Vorteilen der Europäischen Union.

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 34 21.06.18 15:33 Das „Accordino“ ür Südtirol war das ccordino kleines bkommen on besonderer poli- tischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Bedeutung. Nach den beiden Weltkriegen waren die Handelsbeziehungen zwischen den europäischen Staaten völlig zum Erliegen gekommen. Es gab zunächst keine Rechts- grndlage, af der der Warenastasch hätte stattnden können. eson- ders schmerzlich war dies für Südtirol mit seinem natürlichen Absatzmarkt Österreich und den traditionellen Beziehungen innerhalb Tirols. Im Pariser Vertrag wurde die italienische Regierung deshalb verpflichtet, in Beratung mit der österreichischen Regierung besondere Vereinbarungen zur Erleichterung eines erweiterten Grenzverkehrs und eines örtlichen Austausches gewis- ser Mengen charakteristischer Erzeugnisse und Güter zwischen Österreich und Italien zu schließen. Das Sonderabkommen wurde am 12. Mai 1949 in Rom unterzeichnet. Es sah die Führung von A-Listen vor, in welchen die Waren aufgeführt waren, die innerhalb der vorgesehenen Wertmengen bei Entrichtung von Zollgebühren ausgetauscht werden konnten. Außerdem waren B-Listen vorgesehen, aufgrund der bestimmte Mengen von örtlichen Erzeugnissen zollfrei ausgetauscht werden konnten. Während in den ersten Vertragsjahren das besondere Augenmerk auf die A-Listen gerichtet wurde, verschob sich dieses in den Folgejahren immer stärker auf die B-Listen, die den zollfreien Warenaustausch erlaubten.

an mss sich in rinnerng rfen, dass selbst innerhalb der im ahre gegründeten Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft EWG in den ersten zehn ahren ihres estehens der Warenastasch noch sehr behindert war. Die Zollunion, welche den freien Warenaustausch gestattete, wurde in der WG erst im ahre erwirklicht, erklärt osef ottensteiner, der über vier Jahrzehnte im Dienst der Handelskammer Bozen stand – von 1997 bis 2011 in der Funktion des Generalsekretärs.

„Durch das Sonderabkommen für den erleichterten Warenaustausch zwi- schen der Region Trentino-Südtirol und den Ländern Tirol und Vorarlberg tat sich deshalb eine Tür auf, die in vielerlei Hinsicht von großer Bedeutung war.“

Während bis zm ertragsahr innerhalb des ccordino das Interesse gleichsam auf die industriell-gewerblichen Produkte und auf die

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 35 21.06.18 15:33 Josef Rottensteiner gestaltete als Generalsekretär der Handelskammer Bozen das „Accordino“ über Jahre aktiv mit.

Produkte der Land- und Ernährungswirtschaft gerichtet war, änderte sich dies mit dem Inkrafttreten des Integrationsabkommens zwischen der EG und dem EWR. Dieses sah laut Rottensteiner den stufenweisen Abbau der Zölle bei den indstriellgewerblichen Waren in den ahren on bis vor, sodass für den Austausch dieser nicht auf das Präferenzabkommen zurückgegriffen werden musste.

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 36 21.06.18 15:33 Ab diesem Zeitpunkt diente das „Accordino“ ausschließlich dem Austausch von Produkten der Land- und Ernährungswirtschaft, denn dieser wurde durch das EG-EWR-Abkommen nicht liberalisiert.

Von besonderer Bedeutung für die Südtiroler Wirtschaft seien die Wein- exporte innerhalb des Sonderabkommens gewesen, erinnert sich Rotten- steiner. m ertragsahr konnten innerhalb des Sonderabkommens . ektoliter Wein as der egion rentinoSüdtirol nach irolorarl- berg geliefert werden, ein Großteil davon aus Südtirol. Wenn man außerdem bedenkt, dass daon . ektoliter zollfrei nach irol nd orarlberg geliefert werden konnten, wird verständlich, welchen Wettbewerbsvorteil die Südtiroler Weinexporteure dadurch genossen.“ Für die Weineinfuhren nach Österreich außerhalb des „Accordino“ musste nämlich Zoll entrichtet werden.

Insgesamt gestattete das Sonderabkommen vor dem EU-Beitritt Öster- reichs im ahre einen ährlichen Warenastasch im Wert on rnd illiarden ire.

Aber über die rein wirtschaftliche Bedeutung hinaus war dieses Abkommen eine wichtige Brücke zwischen Italien und Österreich.

„Die Verwaltung des Warenaustausches im „Accordino“ oblag den zuständi- gen Zollverwaltungen und den Handelskammern von Bozen und Trient auf der einen Seite und von Tirol und Vorarlberg auf der anderen. Die Handels- kammern waren dafür zuständig, die Ursprungszeugnisse für die Exporteure und die Einfuhrgenehmigungen für die Einfuhren auszustellen sowie den Grad der snützng der ontingente z prüfen nd z notieren, so der langjährige Handelskammer-Generalsekretär. Die zahlreichen Zusammen- künfte z den pertensitzngen sowie z den Sitzngen der ier ammern förderten die Gesamttiroler Zusammenarbeit und bildeten eine wichtige Begegnungsplattform. „Sie ließen ein erstes Euregio-Gefühl aufkommen.“

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 37 21.06.18 15:33 GESICHTER UND GESCHICHTEN DES AUFSTIEGS

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 39 21.06.18 15:33 „Auf das Wesentliche konzentrieren“ Armin und Christine Loacker

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 40 21.06.18 15:33 Die Produkte des Unternehmens Loacker kennt man auf der ganzen Welt. Hört man den Namen Loacker, denkt man unweigerlich an die süßen kleinen Waf- feln, die am Ritten bei Bozen und mitt- lerweile auch im Osttiroler Heinfels pro- duziert und in unzählige Länder verkauft werden.

Der heutige Erfolg des Unternehmens nahm or allem in den er ahren seinen Lauf – mit der weitsichtigen Idee von Armin Loacker, das Unternehmen durch den Ankauf eines Waffelback- automaten von einer konventionellen onditorei z einem ndstriebetrieb umzuwandeln. Auch die Entscheidung, den Betrieb von Bozen auf den Ritten zu verlegen, sollte sich als goldrichtig erweisen. Ab diesem Zeitpunkt ging es steil bergauf.

Angefangen hat die Unternehmenshisto- rie aber schon iele ahre zor lfons Loacker, der spätere Firmengründer, begann ährig eine onditorlehre in der onditorei oser in rien. ach der Lehre und der Gesellenzeit in der onditorei izzi nter den ozner a- ben eröffnet der damals ährige am

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 41 21.06.18 15:33 . pril im angbäckhas in der aschertorgasse hete Stand- ort der ranziskanerbäckerei eine eigene onditorei. ein ater fertigte damals mit zwei Gehilnnen or allem arlsbader blaten, Wiener asel- nusstörtchen, Dessertwaffeln und Weinbeißer an“, erzählt die Tochter von Alfons Loacker, Christine Loacker-Zuenelli, die 1967 in das Unternehmen einstieg. Es waren also keine tagesfrischen Produkte, die Loacker zum Ver- kauf anbot, sondern haltbares Trockengebäck. Der Grund dafür lag in der Leidenschaft des 24-Jährigen: dem Fußballspielen. „Mein Vater spielte beim Traditionsverein Rapid Bozen und opferte jede freie Minute für sein Hobby.“ it einer konentionellen onditorei mit tagesfrischem Gebäck wäre dies nicht vereinbar gewesen. So machte Alfons Loacker aus der Not eine Tugend. Wie es das Schicksal wollte, war die kleine onditorei in kürzester Zeit gerade für dieses Trockengebäck – und dabei vor allem für seine Waffeln – in aller Munde.

räftig nachgeholfen hat der lfons mit einem cleeren rick n den er ahren waren die arketingmöglichkeiten noch sehr begrenzt.

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 42 21.06.18 15:33 Die Familie Loacker in den 1940er Jahren

„Mein Vater setzte auf Mundwerbung und hielt seine Mannschaftskollegen von Rapid Bozen an, in allen Bozner Geschäften und Gaststätten nach den Loacker-Waffeln zu fragen, um somit die Nachfrage anzukurbeln“, erzählt Christine Loacker-Zuenelli. Und es gelang: Die Bekanntheit der Waffeln stieg ab diesem Zeitpunkt stetig an. Neu war damals, dass Loacker das Gebäck einzeln verpackte. Süßwaren wurden bis dahin meist noch lose verkauft.

ach einigen bersiedelngen nter anderem nach altern kehrte lfons Loacker nach Ende des Zweiten Weltkrieges mit seinem Betrieb nach Bozen zurück, kaufte das bombardierte Nebenhaus am Dominikanerplatz 7 und baute dort seine Produktionsstätte auf.

Der Betrieb war inzwischen stark gewachsen, sodass auch die zweite Gene- ration in das Familienunternehmen einstieg. Die Söhne von Alfons Loacker, Armin und Rainer, absolvierten zunächst eine Lehre in der Schweiz, um dann nde der er ahre in den elterlichen etrieb einzsteigen. Wir hatten damals gerade einmal sieben itarbeiter, erinnert sich rmin oacker ahrgang .

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 43 21.06.18 15:34 Armin (links) und Alfons Loacker im Jahr 1958

Um weiter wachsen und die Produktion des Unternehmens steigern zu kön- nen, entschied man sich im Jahr 1969, einen Waffelbackautomaten zu kaufen. Dies sollte sich als Meilenstein in der Firmengeschichte erweisen: „Danach ging es richtig aufwärts mit dem Unternehmen“, betont Armin Loacker. „Die rodktion stieg m mehrere ndert rozent an.

So kam es aber, dass die onditorei in ozen für die steigende achfrage zu klein wurde. „In die Bozner Industriezone wollten wir aber auf keinen Fall“, sagt die heute 80-jährige Christine Loacker-Zuenelli. „Unser Produkt steht für Natur. Es wäre nicht glaubwürdig gewesen, hätten wir in einer Industrie- zone produziert.“ Also besann man sich auf einen Ort, mit dem man seit den riegsahren erbnden war. Wir inder waren während des Zweiten Weltkrieges aus Sicherheitsgründen auf den Ritten gebracht worden“, erzählt rmin oacker. r war es ach, der nde der er ahre erstmals mit dem Vorschlag aufwartete, die Produktion auf den Ritten zu verlegen. Es war eine Idee, die sich später als entscheidender Erfolgsfaktor für das Unternehmen herasstellen sollte. oacker identiziert man hete mit dem itten nd der

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 44 21.06.18 15:34 „Der Standort Ritten mit seiner einzigartigen Aussicht auf den Schlern ist perfekt.“

herrlichen atr, in der sich das Unternehmen bendet. amals reagierten Freunde und Geschäftspartner aber mit Unverständnis auf diese Idee: Die Produktion von einer Stadt auf einen 1000 Meter hoch gelegenen Ort zu verlegen, wie sollte das logistisch funktionieren? „Wir haben uns aber nicht abbringen lassen von dieser Idee und setzten sie, anfangs noch unter Mithilfe unseres Vaters, in die Tat um“, sagt Loacker-Zuenelli.

Vater und Firmengründer Alfons Loacker starb am Stephanstag 1970, ab diesem Zeitpnkt mssten die drei inder den etrieb übernehmen. ie Arbeitsaufteilung war strikt geregelt: Armin Loacker war zuständig für die Produktion, Rainer für den Verkauf und Christine für die Verwaltung und die Finanzen.

1974 war es dann so weit: Loacker konnte – mitsamt seinen damals rund hndert itarbeitern in den neen Sitz in Unterinn am itten einziehen. „Diesen Schritt haben wir nie bereut“, sagt Loacker-Zuenelli. „Der Standort Ritten mit seiner einzigartigen Aussicht auf den Schlern ist perfekt.“ Zudem sei man froh gewesen, aus der Landeshauptstadt wegziehen zu können: „In

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 45 21.06.18 15:34 Im Jahr 1977 noch zu dritt: Armin, Christine und Rainer Loacker

Bozen gab es damals viel Smog und schlechte Luft.“ Was die Logistik betrifft, so nahm man ein paar inten Zeiterlst drchas in af, die die kw af den Ritten benötigten.

Doch die Anfangszeit auf dem Ritten gestaltete sich für das Unterneh- men alles anderes als leicht: Einerseits herrschte in der Branche Ende der er ahre ein erbitterter reiskampf, andererseits msste oacker die arlehen für den neen Sitz mit bis z rozent Zinsen zrückzahlen. as waren rückblickend die schwierigsten Momente in unserer Firmengeschichte“, sagt Loacker-Zuenelli. Um sich aus dieser Situation befreien zu können, wurden viele Lösungsmöglichkeiten ins Auge gefasst, „nur eines wollten wir keinesfalls“, wie Loacker-Zuenelli sagt, „An der Qualität der Produkte rütteln“.

Nicht alle drei Loacker-Geschwister waren aber derselben Meinung: So wollte ainer oacker den Waffelpreis senken nd damit ompromisse bei der a- lität eingehen. „Armin und ich waren hingegen strikt gegen diese Strategie.“ So kam es schließlich dazu, dass Rainer Loacker das Unternehmen verließ und sich im Biowein-Sektor und in der Homöopathie einen Namen machte.

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 46 21.06.18 15:34 1964

1930er Jahre

1967

1925–1970

1965

1930–1960

1925–1967

„Wir haben Anfang der 1980er Jahre die Produkte um 5 Gramm verringert, von 50 auf 45 Gramm.“

Das Preisdilemma wurde dann mit einem einfachen Trick gelöst: „Wir haben nfang der er ahre die rodkte m Gramm erringert, on af Gramm, sagt oackerZenelli. as war ein weiterer Schlüssel zm Erfolg.“

Auf dem deutschen Markt tat sich Loacker aber weiterhin schwer. „Da war Manner der Platzhirsch, und mit diesen Preisen konnten und wollten wir nicht konkurrieren“, sagt die Unternehmerin rückblickend. Also legte man den Fokus einerseits auf Italien und andererseits auf die Expansion in andere Märkte. Diese Strategie sollte sich als richtiger Wachstumsbeschleuniger herasstellen. portmanager anfred nold setzte dabei or allem af den asiatischen Raum und den Mittleren Osten. So konnte Loacker in den Folgejahren das Ziel, Marktführer in Italien zu werden, erreichen.

nfang der er ahre schlg das Unternehmen ein nees apitel af s wrde immer schwieriger, rbeitskräfte z nden, sagte oackerZenelli. „So haben wir die Produktion nach Osttirol verlegt. Der Vertrieb wird von Unterinn am Ritten aus abgewickelt.“ Ursprünglich war geplant gewesen, ein

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 47 21.06.18 15:34 Zwei Generationen, ein Unternehmen: Armin Loacker, Ulrich Zuenelli, Andreas Loacker, Christine Loacker-Zuenelli und Martin Loacker im Jahr 2016

zweites Unternehmensstandbein zu eröffnen, nicht im Süßwarenbereich. Da hatte aber die Südtiroler Landesregierung etwas dagegen: „Was das zweite Standbein betrifft, war dies ein politisches Thema“, so Loacker-Zuenelli. „Wir als deutschsprachiges Unternehmen hatten keine Chance, es war den Italienern von der Landesregierung zugesprochen worden.“ Loacker machte aufgrund der vorangegangenen Planungen und der nicht erfolgten Zuwei- sng erlste in illiardenhöhe ire. ehr möchte die Unternehmerin daz nicht sagen. „Mit Politik möchte ich nichts zu tun haben, unsere Erfahrung war negativ und schwierig in dieser Zeit.“

Doch Loacker ließ sich nicht unterkriegen, baute sein zweites Standbein in Heinfels in Osttirol und setzte seinen Erfolgskurs fort. Heute hat Loacker einen arktanteil on , rozent in talien. nsgesamt erkaft oacker rnd rozent seiner rodkte in talien nd rozent im est der Welt vor allem im Mittleren Osten und dort vor allem nach Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Israel. Aber auch in Südkorea, China, den USA und in Australien liebt man die Loacker-Produkte.

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 48 21.06.18 15:34 Ein wesentlicher Teil der Unternehmensphilosophie von Loacker ist die Unabhängigkeit: Die Familie Loacker war und ist darum stets bemüht, dass kein anderes Unternehmen in ihren Betrieb einsteigt. Mit Erfolg. Die Unabhän- gigkeit ist auch in der Produktion wichtig: So hat sich Loacker entschieden, auf der eigenen Plantage in der Toskana 25.000 Haselnussbäume auf einer läche on ektar anzpflanzen.

ete erwirtschaftet oacker rnd illionen ro Umsatz im ahr , prodziert . onnen Waffeln bzw. illionen inzelstücke. , on- nen Haselnüsse pro Tag werden bei Loacker täglich frisch geröstet und gemahlen, insgesamt über onnen pro ahr.

Mittlerweile wird Loacker bereits von der dritten Generation geführt: So haben die inder on rmin nd hristine oacker erantwortng im etrieb übernommen. Sie selbst sind weiterhin Vizepräsidenten des Unternehmens. ines hat sich in all den ahren aber nicht erändert die escheidenheit der Unternehmerfamilie. „Wir werden uns auch weiterhin auf das Wesentliche konzentrieren, auf das Unternehmerische und nicht auf die Präsenz in der Öffentlichkeit“, sagt Loacker-Zuenelli.

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 49 21.06.18 15:34 Rainer Hilpold Arnold Sorg erfsornalisten, seit über zehn ah- ren bei der Wirtschaftsredaktion der Tageszeitung „Dolomiten“ tätig. Inter- essiert am wirtschaftlichen und politi- schen Geschehen im leinen nd Gro- ßen, an Menschen und Geschichten, Entwicklungen und Zusammenhängen. Seit jeher fasziniert die beiden Autoren die Entwicklung Südtirols von der armen Bauern- zur florierenden Wohlstands- region. Sich bewusst zu werden, dass Pionierleistungen von gestern dazu wesentlich beigetragen haben, erach- ten sie als essenziell für jeden Pionier von morgen.

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UM_Pioniere_Suedtiroler_Wirtschaft_HS.indd 143 21.06.18 15:37 PIONIERE DES SÜDTIROLER WIRTSCHAFTS- Südtirol gehört zu den reichsten Regionen Europas. Besonders jüngere Generationen kennen Südtirol nur von seiner wohlhabenden Seite. Doch wie kam es dazu? Einigen Vordenkern, wichtigen Weichen- WUNDERS stellungen und dem Fleiß der Aufbaugeneration ist es zu verdanken, dass Südtirol die wundersame Verwandlung gelang. Im Buch „Pioniere Erfolgreiche Unternehmer erzählen des Südtiroler Wirtschaftswunders“ wird die Zeit des Aufschwungs ausführlich und aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet.

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