Für Immer Ein Held Von Bern Wege Des Weltmeisters Horst Eckel Von Pirmin Styrnol Und Jürgen Schmidt
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SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Tandem Für immer ein Held von Bern Wege des Weltmeisters Horst Eckel Von Pirmin Styrnol und Jürgen Schmidt Sendung: Mittwoch, 7. Februar 2018, 10.05 Uhr Redaktion: Rudolf Linßen Regie: Pirmin Styrnol Produktion: SWR 2018 Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Service: SWR2 Tandem können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/tandem.xml Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de FÜR IMMER EIN HELD VON BERN Atmo Beginn der Rundfunkübertragung 1954: l.W.: „...Reporter ist Herbert Zimmermann...“ Sprecher 1: So beginnen sie, die berühmten 90 Minuten von 1954, die zum deutschen Ohrwurm für die Ewigkeit werden. Atmo Zimmermann: „Deutschland im Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft...l.W.:...Frühzündung begonnen.“ Zum Wunder wird es stilisiert werden. Zu Helden wird man die Spieler erklären. Und noch Jahre später werden Historiker sagen: „Dieses Spiel darf man als heimliche Geburtsstunde der Bundesrepublik ansehen.“ Atmo Zimmermann: „Heute ist wichtig. l.W.:...die Österreich“ Fritz und Ottmar Walter, Helmut Rahn, Toni Turek – die Protagonisten dieses Fußballwunders bleiben in Deutschland ein Begriff. Bis heute. Atmo Zimmermann: „...also mit Turek im Tor...“ Eckel, Horst... Von den 22 Spielern der Wunder-Mannschaft lebt heute nur noch einer. Der jüngste der Helden von Bern. Horst Eckel. Atmo: „Aber in der Ecke da steht Eckel und hat den Ball weggeschlagen. Unser Jüngster, unser Benjamin.“ Der Benjamin verwaltet heute das Erbe der legendären Fußballweltmeister. Eckel heute überall, ist Ehrengast, als in Hamburg das Musical: Wunder von Bern uraufgeführt wird. Atmo Musical Der WM-Titel als Stoff für ein Millionen-Publikum. Und Horst Eckel – im Rampenlicht. 2 O-Ton Eckel: „Wenn ich heute irgendwo hinkomme, dann gucken die Leute und sagen 'och, da kommt ja der Weltmeister'. Ja die Leute wissen das noch, dass ich Weltmeister geworden bin. Und das macht mich schon ein bisschen stolz. Das ist ja schön, wenn die Leute klatschen. Da kann man ja nicht so viel falsch gemacht haben.“ 22 Jahre alt ist Horst Eckel, als Deutschland im Endspiel um die Fußball-WM steht. Und er steht auf dem Platz. Als einer von fünf Kaiserslauterer Jungs. O-Ton Eckel: „Ich wäre froh wenn sie alle noch da wären. Fritz Walter, Ottmar Walter, Kohlmeier, Liebrich. Alle diese Jungs waren ja da. Aber ich war halt ein bisschen jünger noch und habe immer gehorcht was die machen, wie die das machen. Und das hat mir auch viel geholfen. Das waren meine Kameraden. Wir waren eine Gemeinschaft. Eine kleine Gemeinschaft.“ Musik + Atmo: „l.W.:...er gibt zu Morlock, Morlock unerhört...“ Sprecher 2: Wir treffen den Helden von Bern vor einigen Jahren in Mannheim am Hauptbahnhof. Horst Eckel – damals 75-Jahre alt, hat einen Job im westfälischen Herford. Dort will er jugendliche Strafgefangene besuchen. Im Auftrag der Sepp Herberger-Stiftung. Morgens um 7 Uhr geht’s los. Ich darf ihn auf diese Zugfahrt begleiten. Eckel ist immer auf dem Boden geblieben, ist stets freundlich, zugewandt und wird natürlich erkannt. Am Bahnsteig ist der Weltmeister nämlich nie allein. Offen Atmo vom Bahnsteig,Reisender: „Schön Sie mal zu sehen...“ Er sieht gut aus. Sein Alter merkt man ihm nicht an, denn der Sport hat ihn jung gehalten. Neben seinem Job als Profi-Fußballer, hat Eckel nämlich auch noch gleichzeitig Tischtennis in der Mannschaft in seiner Heimatgemeinde Vogelbach gespielt. Bis vor einigen Jahren auch noch Tennis. Er kann schlecht verlieren, gibt der Pfälzer mir unumwunden zu. Das ist schon immer so gewesen. Die 5 ½ stündige Zugfahrt nach Westfalen lässt ihn wieder eintauchen in seine Vergangenheit. Andauernd wir das Idol im Abteil angesprochen, er gibt immer wieder Autogramme. Eckel wird emotional, weil in seinem Leben so unendlich viel passiert ist. Der Pfälzer ist darum auch ein Botschafter für die Sepp Herberger-Stiftung. So20mal im Jahr fährt er deshalb in den Knast, versucht den Jugendlichen dort, aus seinem Leben, vom Wunder von Bern zu erzählen. Eckel will den Strafgefangenen auch eine Hoffnung geben. Collage mit nachdenklicher Musik und Spielszenen 3 Sprecher 1: 1949, mit 17 wird Eckel Spieler bei den Roten Teufeln in Kaiserslautern, darf mit den Stars trainieren. Einer der großen im Team - Ottmar Walter schätzt seine Qualitäten – erinnert er sich, im Jahr 2007. O-Ton: Ottmar Walter 2007: „Ich denk ewig dran, wie wir unten aus der Kabine raus sind, zum Training. Da hab ich den Fritz an den Arm genommen und hab ihn gefragt 'was hältst du vom Horst?' Und da hat er gesagt 'das wird ein ganz Guter.' Und da haben wir uns gleich bemüht, dass der Horst zu uns gehört. Das war für den Horst wahrscheinlich das A und O.“ Der ehrgeizige Eckel wird bald FCK-Stammspieler, verdient 320 Mark beim Verein, für weitere 300 Mark schuftet er noch täglich beim Nähmaschinen-Hersteller Pfaff in Kaiserslautern. O-Ton Horst Eckel: „Man war ja froh dass man eine Stelle bekommen hat, dass man lernen konnte. Neben dem Fußball war das für mich der wichtigste Punkt.“ 214 Spiele bestreitet er für die Pfälzer, wird zweimal Deutscher Meister - 64 Tore schießt er für seinen FCK. Atmo Kommentar-Collage: „1:0 für den 1.FC Kaiserslautern.“ Der Erfolg macht ihn selbstbewusst, so sehr, dass es schon auffällt. Ottmar Walter erinnert sich. O-Ton: Ottmar Walter: „Manchmal hat er so ein bisschen ein loses Mundwerk gehabt. Das kann man in aller Ruhe sagen. Das hat uns nix ausgemacht, aber manchmal habe ich mir gedacht 'mensch, das hätte ich mich damals nicht getraut.“ Und Eckels Traum wird wahr – er lernt Ottmar Walters Bruder kennen, den großen Fritz Walter. Sprecher 2: Wir sind wieder auf der Zugfahrt nach Herford in den Jugendknast. Wenn Horst Eckel über Fritz Walter spricht, dann bekommt er glänzende Augen. Ich spüre, dass es ihn immer noch mit nimmt, dass der legendäre Kapitän der Helden von Bern schon gestorben ist, es war 2002. Der große Fritz hat nicht nur für Horst Eckel damals eine Strahlkraft, wie sonst niemand. Der Kapitän vom 1. FC Kaiserslautern nimmt den jungen Vogelbacher Eckel damals unter seine Fittiche. Walter hat ihn auch zum FCK geholt. Und der kinderlose Star bringt dem 12jahre jüngeren Horst Eckel auch Benehmen bei, als der sich mal frühzeitig vom Mannschaftstraining entfernen will. 4 O-Ton Horst Eckel: „Wir haben die Stühle stehen gelassen, nicht wo sie am Anfang gestanden haben. Und da hat er uns aufgeklärt, dass wir die Stühle wieder da hinstellen sollen, wo sie am Anfang gestanden haben. Das war meine erste Lehrstunde mit Fritz Walter. Und es war eine gute Lehrstunde. Ich stelle heute noch meinen Stuhl dort hin wo er gestanden hat.“ Fritz Walter ist schon zu Lebzeiten eine Legende. Beide: Er und Eckel haben seit sie sich kennen, ein sehr enges Verhältnis. Bei dieser Zugfahrt spricht der Benjamin der Helden von Bern erstmals davon, dass er irgendwie der Sohn von Fritz Walter sei. O-Ton Horst Eckel: „Das Verhältnis zu Fritz Walter war so, dass wir gute Freunde geworden sind. Aber später war es so wie ein Vater-Sohn-Verhältnis. Und das hat er mir auch immer wieder gesagt. Und da war ich schon auch ein bisschen stolz drauf. Dass er das immer wieder gesagt hat. Dass es wie ein Vater-Sohn-Verhältnis war. Und ist es auch immer geblieben.“ Der Weltmeister und ich kennen uns schon einige Jahre. Wir haben schon viele Filme gedreht, Interviews produziert. So emotional und nachdenklich habe ich Horst Eckel aber noch nie erlebt. Die stundenlange Zugfahrt hinterlässt Spuren. Er hat Tränen in den Augen, er redet, stoppt, denkt nach….wird ganz weich, als es um den Tod seines großen Idols geht. O-Ton Horst Eckel: „Das war eine ganz schlimme Sache, wie er gestorben ist. Wie ich das gehört habe, ich konnte acht Tage gar nicht mit jemandem sprechen.“ Reporter: „Das hört sich an wie eine große Liebe.“ Horst Eckel: „Das kann man wohl sagen.“ Ich drücke seinen Arm und wir schweigen eine Weile. Schauen aus dem Fenster. Die Landschaft fliegt vorbei. Eckel ist total abgetaucht in seiner Vergangenheit. Fritz Walter ist vor seinem Freund der Repräsentant der Sepp-Herberger-Stiftung gewesen. 25 Jahre lang hat er Gefängnisse besucht. Horst Eckel hat dieses Vermächtnis von seinem „heimlichen Vater“ Fritz Walter geerbt. Atmo Collage ´54 mit Spielszenen und Musik Sprecher 1: Na klar, das „Wunder von Bern“ begleitet Horst Eckel sein ganzes Leben lang. Nach dem WM-Titel ´54 startet ein Triumphzug durch die Republik. Jeder will etwas abhaben von den Weltmeistern. 5 O-Ton Horst Eckel: „Das war schon eine tolle Sache. Wenn man aus dem Fenster geschaut hat und immer nur fröhliche Gesichter gesehen haben. Die Leute haben Tränen in den Augen gehabt und manche haben sogar geweint. Die Leute haben immer wieder gesagt 'ich glaube, jetzt sind wir wieder was. Jetzt wird Deutschland wieder bekannt in der Welt.' Und das alles aber nur wegen einem Fußballspiel.“ „Anschließend sind wir nach Bonn. Und da haben wir ein schönes Geschenk bekommen, einen schönen braunen Lederkoffer.“ Reporter: „Mit Millionen drin?“ Horst Eckel: „Da war nur Luft drin.“ Einen triumphalen Empfang gibt es auch in der Pfalz für die fünf vom Betzenberg. Doch Geschenke gibt es nicht für jeden. O-Ton: Horst Eckel „Fritz hat das Kino bekommen, der Ottmar Walter die Tankstelle, Werner Liebrich ein Lokal und der Kohlmeier ein Sportgeschäft.