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Kapitel II Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk In diesem Kapitel werden empirische Befunde zur Konzentration im Medienbereich dokumen- tiert. Dabei nehmen in Übereinstimmung mit den Aufgaben der KEK Konzentrationstatbestände im bundesweiten privaten Fernsehen den weitesten Raum ein. Neben der Entwicklung der Zuschaueranteile als zentralem Ansatzpunkt der Konzentrationskontrolle (1.1.1) wird die ange- botsseitige Konzentration in Form der Herausbildung und Verfestigung von Veranstaltergruppen dargestellt (1.1.2). Behandelt werden ferner die konzentrativen Tendenzen, die sich im Bereich des so genannten Ballungsraumfernsehens ergeben. Abschnitt 1.2 behandelt Verflechtungen zwischen dem Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten (§ 26 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 RStV). Dazu gehören die Märkte für Programmrechte, insbesondere für Fictionprogramme, für Übertragungsrechte an Sportveranstaltungen, für Nachrichten, der Markt für Programmzeit- schriften und der Werbemarkt. Auch hier zeigt sich die überragende Stellung einzelner Medien- unternehmen und dazugehöriger Veranstaltergruppierungen im Fernsehen. Zur zukünftigen Entwicklung des Rundfunks gehört die bevorstehende Digitalisierung des Fernsehens. Sie wird im Abschnitt 1.3 in Hinsicht auf Konsequenzen für die Meinungsvielfalt untersucht. Hierbei gilt es zunächst darzustellen, welche vertikalen Verflechtungen zwischen Fernsehveranstaltern und vor- und nachgelagerten Märkten im Bereich der Übertragungs- techniken (z. B. Dienstleistungen für das Pay-TV oder Kabelnetze) bestehen. Zu prüfen ist, ob die technische Konvergenz der Übertragungswege, die Zunahme an Übertragungskapazitäten und die damit einhergehende Entstehung zusätzlicher Nutzungsmöglichkeiten im Bereich der audio-visuellen Medien geeignet sind, die Meinungsvielfalt im Fernsehen zu fördern. Auf der anderen Seite können neue Engpässe im Empfangsbereich zu einer Verfestigung oder gar zu einer zusätzlichen Konzentration führen. Zwar kann die Entwicklung insgesamt noch nicht abschließend bewertet werden, gleichwohl sollen erkennbare Problemfelder aus Sicht der Medienkonzentrationskontrolle gekennzeichnet werden. Diese ergeben sich vor allem aus der strategischen Positionierung einzelner Unter- nehmen, insbesondere der KirchGruppe und der Deutschen Telekom, während der Übergangs- phase vom analogen zum digitalen Rundfunk. Ziel dieser Strategien ist es, die bereits erreichten Marktpositionen zu verteidigen, wenn nicht gar für die Zukunft auszubauen und auf angren- zende Märkte zu erweitern. Ähnlich wie technische Möglichkeiten einem rapiden Wandel unterliegen und technisch definierte regulatorische Grenzen hinfällig machen, so werden auch nationale Grenzen für die Rundfunkveranstalter zunehmend überwindbar. Dieses hat zur Folge, dass sich deutsche Veranstalter im Ausland und ausländische Unternehmen im deutschen Fernsehen etablieren. Solchen internationalen Verflechtungen ist nach § 26, Abs. 6, Satz 1, Nr. 3 RStV Rechnung zu tragen. Dieses ist Gegenstand des Abschnitts 1.4, wo die Stellung und Strategien europäischer Medienkonzerne behandelt werden. 88 Konzentration im Fernsehen Im daran anschließenden Abschnitt 2 sollen Konzentrationstendenzen im Hörfunk dargestellt werden. Es zeigt sich, dass Medienkonzentration im Hörfunk trotz oder mitunter wegen einer umfassenden Regulierung nicht vernachlässigt werden darf. Das zeigt sich auf horizontaler wie auf vertikaler Ebene. Ähnlich problematisch erweisen sich die im Abschnitt 3 behandelten Tatbestände der diagonalen Konzentration. Diese werden für die Verbindungen Presse und Rundfunk, Hörfunk und Fernsehen sowie für zunehmende Verflechtungen zwischen Fernsehen und Online-Medien dokumentiert. 1 Konzentration im Fernsehen Vor dem Hintergrund zunehmender Konvergenz und damit einhergehender neuer Medien- leistungen scheint die Dynamik der Märkte das Problem der Meinungsvielfalt in den Hintergrund treten zu lassen. Eine Reihe von Entwicklungen im privaten Rundfunk sowie auf fernsehnahen Märkten geben dennoch Anlass, die Entwicklung der Medienmärkte weiterhin aufmerksam zu beobachten. Die Dynamik der Märkte gewährleistet für sich kein vielfältiges Programmangebot. Vielmehr besteht die Gefahr, dass die führenden Medienkonzerne dominierende Stellungen nutzen, um sie von den traditionellen Medienmärkten auf die sich neu entwickelnden Medien- bereiche zu übertragen. Die wichtigsten Ausgangspositionen für diese Strategien finden sich im bundesweiten privaten Fernsehen. Das bestätigt die Entwicklung der Marktstrukturen und Konzentrationsprozesse seit der Zulassung der ersten privatwirtschaftlichen Veranstalter 1984. Darzustellen ist vorrangig die Entwicklung des Programmangebots und die Bedeutung von Veranstaltergruppen. 1.1 Entwicklung des Programmangebots im Fernsehen Als „Geburtsstunde“ des privatwirtschaftlichen Fernsehens in Deutschland gilt der 01. 01. 1984. An diesem Tag nahm das so genannte Kabelpilotprojekt Ludwigshafen seinen Sendebetrieb auf. Am 02. 01. 1984 ging dann RTL Plus, das deutschsprachige Fernsehprogramm von Radio Luxemburg, auf Sendung. Es war zunächst via Antenne lediglich im Saarland und in Teilen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen empfangbar.160 Im Jahr 1985 folgte dann das deutschsprachige, kommerzielle Satellitenprogramm SAT.1. Das Programm wurde zunächst nur via Satellit ausgestrahlt. Im Jahr 1988 entstand aus dem von der KabelMedia Programm- gesellschaft (KMP) veranstalteten Programm Musicbox der Sender Tele 5, nachdem sich der italienische Fernsehunternehmer Berlusconi mit 45 % an der KMP beteiligt hatte. Aus Tele 5 wurde im Januar 1993 der Sportspartensender DSF, der über eine besonders wechselvolle Geschichte verfügt. Ebenfalls im Jahr 1988 nahm das Pay-TV-Programm Teleclub, das von der KirchGruppe betrieben wurde, den Sendebetrieb im Kabelnetz Oldenburg auf. Zu Beginn des Jahres 1989 führte eine Umwandlung des kommerziellen Fernsehprogramms Eureka zu einem neuen privaten Fernsehveranstalter, dem Sender ProSieben. Im Jahr 1990 erhielt dann PREMIERE von der Hamburgischen Anstalt für neue Medien (HAM) eine Lizenz für Pay-TV. Das Programm, das ursprünglich von der Bertelsmann AG, der KirchGruppe sowie 160 Matzen, Christine: Chronik des Hörfunks und Fernsehens in Deutschland, in: Hans-Bredow-Institut (Hrsg.): Internationales Handbuch für Hörfunk und Fernsehen 1998/99, S. 222–273, hier: S. 230. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 89 dem französischen Pay-TV-Veranstalter Canal+ betrieben wurde, nahm am 28. 02. 1991 den Sendebetrieb auf und erreichte im selben Jahr bereits 300.000 Abonnenten. Davon stammten allein 70.000 aus dem Abonnentenstamm des Teleclub, den die KirchGruppe in das neue Gemeinschaftsunternehmen eingebracht hatte. Bis zum 1. 1. 1997 traten noch sieben zusätzliche private Fernsehprogramme hinzu. Es waren dies der Kabelkanal, VOX, RTL II, Eurosport, n-tv, Super RTL und tm3. Allein im Zeitraum vom 01. 01. 1997 bis zum 04. 07. 2000 hat die KEK 45 Anträge auf Zulassung von Programmen behandelt. Die aktuelle Programmliste161 der KEK umfasst knapp 50 Programme, wozu auch die Programmplattform Premiere World mit 17 Einzelprogrammen zählt. Das bundesweite Fernsehangebot in Deutschland gilt im internationalen Vergleich als be- sonders umfangreich. Das gesamte Programmangebot lässt sich nach regionaler Reichweite, nach Eigenschaften der Veranstalter unterteilen, nach der Übertragungsform oder nach der Finanzierungsart unterscheiden. Zur vollständigen Darstellung des Fernsehangebots ist es zusätzlich erforderlich, die ausgestrahlten öffentlich-rechtlichen Programme zu erfassen. 1.1.1 Bundesweites Fernsehen In Deutschland können zahlreiche öffentlich-rechtliche Programme bundesweit, aber mit z. T. recht unterschiedlichen Reichweiten empfangen werden. Die Programme der öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten zeigt Tabelle II-1. Die für diesen Bericht maßgebliche Gruppe von Fernsehprogrammen ist das privatwirt- schaftlich veranstaltete Programmangebot, das aufgrund einer Lizenzvergabe durch die Landes- medienanstalten ausgestrahlt wird. Diese Programme sind aufgrund ihrer technischen und effektiven Reichweite, aufgrund der privatwirtschaftlichen Zielsetzung der Veranstalter und aufgrund der Finanzierungsform der vorrangige Gegenstand von Konzentrationsprozessen im deutschen Fernsehen. Beim bundesweiten privatwirtschaftlich veranstalteten Fernsehen sind Programme mit und ohne deutsche Lizenz zu unterscheiden. Zu Beginn des Jahres 2000 konnten knapp 50 Fernseh- programme mit bundesweiter Lizenz empfangen werden. Hinzu kommen noch solche Pro- gramme, die über eine Lizenz eines Mitgliedslandes der Europäischen Union oder aufgrund spezieller landesrechtlicher Bestimmungen in die Kabelnetze eingespeist werden. Der Pro- grammbericht der ALM gibt Auskunft über zusätzliche in Kabelnetzen empfangbare Pro- gramme.162 Danach sind 40 ausländische Programme in verschiedenen Kabelnetzen empfang- bar, entsprechend unterschiedlich sind die erreichten Reichweiten. Weiter zählen ausländische Programme, die über Satelliten ausgestrahlt und frei empfangbar sind, zum Programmangebot im deutschen Fernsehen. Der Programmbericht der ALM weist hier eine Vielzahl von fremdsprachigen Programmen aus, die ohne Lizenz einer der Landes- medienanstalten in Deutschland empfangbar sind.163 161 Die Programmliste der KEK wird laufend aktualisiert und kann im Internet eingesehen werden: www.kek-online. de. 162 ALM (Hrsg.): Programmbericht zur Lage und Entwicklung des Fernsehens in Deutschland 1998/99, Berlin 1999, S. 275 ff. 163 ALM (Hrsg.): Programmbericht zur Lage