Karsthydrologie, Geologie Und Verkarstung
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Das Jahresheft 1995 der Arge Grabenstetten - Ausgabe zum VDHK-Jahrestreffen 1996 in Blaubeuren Seite 100-113 7 Abb. Grabenstetten 1996 Wolfgang Ufrecht Inhalt: 1. Einführung 2. Exkursionsroute 2.1 Blautopf, Blaubeuren 2.2 Urdonautal bei Arnegg, Brunnenstein 2.3 Kleine Lauterquelle, Lautern 2.4 Steinbruch Lautern, Kleines Lautertal 2.5 Burdigales Kliff 2.6 Laichinger Tiefenhöhle 2.7 Kläranlage Laichingen 2.8 Unterdrackenstein 2.9 Randecker Maar 2.10 Torfgrube Schopfloch 2.11 Trockental Pfulb 3. Schriftenverzeichnis Fahrtroute: Blaubeuren, Arnegg, Herrlingen, Lautern, Weidach, Bermaringen, Temmenhausen, Bermaringen, Asch, Bühlenhausen, Berghülen, Suppingen, Laichingen, Hohenstadt, Oberdrackenstein, Unterdrackenstein, Gosbach, Mühlhausen, Wiesensteig, Schopfloch, Donnstetten, Feldstetten, Suppingen, Blaubeuren. Topographische Karten: TK 50: L 7522 Urach und L 7524 Blaubeuren Geologische Karten: GK 25: 7423 Wiesensteig, 7522 Urach, 7524 Blaubeuren, Geol. Übersichtskarte GÜ 200, Blatt 4. 1. Einführung Die Exkursion führt vom Urdonautal am Südrand der Schwäbischen Alb über die verkarstete Albhochfläche nach Norden bis zum mehrere hundert Meter steilen Trauf (Weißjura-Stufenrand), der die Begrenzung zum Albvorland bildet. Mit der Exkursion sollen anhand typischer Aufschlüsse der geologische Aufbau der mittleren Alb, Aspekte der Karsthydrogeologie, die Fluß- und Landschaftsgeschichte sowie die damit verbundene Entwicklung der Verkarstung dargelegt werden. Probleme der Trinkwasserversorgung als auch der Abwasserentsorgung im Karst werden aufgezeigt. Die im Norden bis etwa 800 m ü. NN aufragende Albhochfläche wird von den etwa 450 m mächtigen Schichten des Oberjura (Weißjura, Malm) aufgebaut. Sie bestehen im unteren Teil aus geschichteten Kalk-Mergelkomplexen (Normal-, Bankfazies). Ab dem mittleren Oberjura werden diese im Bereich der mittleren Alb durch massige Schwammkalke und letztlich auch durch Korallenkalke ersetzt (Massenkalk-, Riff-Fazies; GWINNER 1962). Die Entstehungsbedingungen der Massenkalke unterliegen zur Zeit einer Neuinterpretation (KOCH et al. 1994). Die Schwammriffe sind häufig durch diagenetische Vorgänge in dolomitische Kalke umgewandelt, aus denen später durch Rekalzitisierung (Dedolomitisierung) grobkristalline Massenkalke mit löchriger Struktur, die sog. Zuckerkörnigen Kalke ("Lochfels"), hervorgingen. Der Oberjura unterliegt entsprechend seiner unterschiedlichen Gesteinsausbildung, besonders aber nach dem Fossilinhalt, einer internationalen Stufengliederung (Oxfordium, Kimmeridgium, Tithonium). Trotzdem findet in Süddeutschland auch in Fachkreisen noch die von QUENSTEDT entwickelte regionalstratigraphische Gliederung Anwendung, der zufolge die Schichteinheiten nach dem griechischen Alphabet von alpha bis zeta bezeichnet wurden. Diese und die seit 1995 aktualisierte lithostratigraphische Formationsgliederung des schwäbischen Weißjuras sind in SCHWEIGERT (1995) dargestellt. Die Hangenden Bankkalke (ti 1) sind die jüngsten bis heute erhaltenen Ablagerungen aus der Jurazeit. In der darauffolgenden Kreidezeit (vor 140 bis 65 Mio. Jahren) zog sich das Meer für lange Zeit nach Süden auf einen schmalen Streifen zwischen heutiger Alb und Alpen zurück. Das nur geringfügig über den Meeresspiegel angehobene Festland unterlag bis in das ausgehende Eozän Flächenbildungsprozessen unter tropischem bis subtropischem Klima. Den Verwitterungsvorgängen sind besonders im nördlichen und zentralen Teil der Schwäbischen Alb Kalksteine und Mergel in einer Mächtigkeit von ca. 180 bis 200 m Mächtigkeit (vorwiegend Hangende Bankkalke, Zementmergel, Liegende Bankkalke und Obere Felsenkalke) anheimgefallen, bis die heute an der Albhochfläche anstehenden Schichten (überwiegend Untere Felsenkalke) freigelegt waren. Im tiefer liegenden südlichen Teil der Alb findet man noch Obere Felsenkalke (ki 3) und Liegende Bankkalke (ki 4) in flächenhafter Verbreitung. Ab dem Oligozän griff Untere Süßwassermolasse von Süden her auf die Albhochfläche über. Fortan dauerte die Sedimentation am südlichen Albrand bis zum oberen Miozän an (Obere Süßwassermolasse). Die tertiären Molassesedimente der Albtafel sind bis heute weitgehend der Abtragung zum Opfer gefallen und liegen in isolierten Resten dem Weißjura auf. Südlich des Ach- und Blautals im Bereich des Hochsträß sowie zwischen Ulm und Langenau tritt die tertiäre Schichtenfolge jedoch noch in flächiger Verbreitung mit nach Süden stetig zunehmenden Mächtigkeiten auf (Tertiärhügelland). Abb. 1: Lithostratigraphische Formationsgliederung des schwäbischen Weißen Jura (aus SCHWEIGERT 1995). Im jüngeren Tertiär begann sich in Süddeutschland nach Beendigung der Molassesedimentation ein neues Flußsystem auszubilden. Nachdem zuvor noch eine Entwässerung zum Molassebecken bzw. zur Graupensandrinne der Süßbrackwassermolasse entwickelt war, sammelten sich ab dem Obermiozän vor ca. 8 Mio Jahren die Wässer auf der Alb in einem von SW nach NE gerichteten Flußlauf, der als Urdonau anzusehen ist. Dieser begann sich unter Einfluß tektonischer Hebungen bis zu 240 m in den Albkörper einzutiefen und ein Kerbtal zu schaffen. Letztendlich war mit der Eintiefung der Vorflut auch die Tieferlegung der Karstwasseroberfläche und damit der Beginn der tiefgründigen Verkarstung gegeben. Die Albtafel fiel trocken. Die heute wasserlose bzw. wasserarme Hochfläche charakterisiert die Schwäbische Alb als Karstlandschaft mit einem weitverzweigten Netz von Trockentälern, Karstwannen und zahllosen Erdfällen. Die einzigen auf der verkarsteten Albhochfläche noch existierenden Gewässer, nämlich die Hülen oder Hülben, entstanden über mächtigen abdichtenden Alluvionen (Verwitterungslehm, Feuersteinlehm) oder auch über verwitterten vulkanischen Tuffen. Letztere durchdrangen im Urach-Kirchheimer Vulkanfeld während des Mittelmiozäns den Albkörper in 356 Tuffschloten und -gängen. Im Nordteil der Schwäbischen Alb sind die rheinischen Täler bis unter die von den Impressamergeln (ox 1) gebildete Karstbasis eingetieft. Folglich tritt das Karstwasser an den Hängen über der geringdurchlässigen Sohlschicht in Schicht- bzw. Überlaufquellen aus (Seichter Karst). Südlich der Karstwasserscheide Rhein/Donau tauchen sowohl ein Großteil des Karstgrundwasserleiters als auch die Karstbasis (hier: Lacunosamergel, ki 1) unter das Vorflutniveau ab (Tiefer Karst). Das Karstgrundwasser kommt dort in den für den Albsüdrand typischen Quelltöpfen (Typ Stauquelle) zutage. Im Seichten Karst und im nördlichen Teil des Tiefen Karsts (Offene Zone), in dem die Karsthochfläche weitgehend unbedeckt ist, wird ein großer Anteil des in den Karstgrundwasserleiter infiltrierenden Niederschlags- und Schneeschmelzwassers in hoch verkarsteten Zonen unter geringer Verweilzeit als "kurzfristiges Karstwasser" abgeführt. Dieses ist für beträchtliche Schüttungsschwankungen der Quellen sowie für häufig auftretende Trübung und anthropogene Beeinträchtigung des Quellwassers verantwortlich. Das "langfristige Karstgrundwasser" strömt in weniger stark verkarsteten Zonen verzögert zu den Quellen ab. Diese Vergitterung aus engen und sekundär durch Kalklösung erweiterten Hohlräumen wird in der Geohydraulik als Doppelporositätsmedium beschrieben. Mit der nach Süden in der Mächtigkeit zunehmenden und flächig verbreiteten Bedeckung mit geringdurchlässigen tertiären und quartären Sedimenten (Überdeckte Zone des Tiefen Karsts) erhöht sich die Verweilzeit des Grundwassers, da dort die Grundwasserneubildung unterbunden ist und das Karstgrundwasser mit geringer Fließgeschwindigkeit seitlich zuströmt. Abb. 2: Stratigraphische Gliederung des Tertiärs, zusammengestellt nach FAHLBUSCH (1981), GEYER & GWINNER (1979) und SCHMIDT-KITTLER (1987). 2. Exkursionsroute 2.1 Blautopf, Blaubeuren (TK 25 Bl. 7524, R: 35 58080, H: 53 64580) In einer weit nach Norden in die Alb eingeschnittenen Flußschlinge der Urdonau entspringt der Blautopf als zweitgrößte, aber wohl schönste Karstquelle der Schwäbischen Alb. Der 20,6 m tiefe Quelltrichter wird hangseits von anstehenden Jurakalken (Untere Felsenkalke, ki 2) begrenzt. Der südliche und östliche Rand besteht aus hier bis zu 35 m mächtigen jungpleistozänen Flußablagerungen. Am Grund des Blautopfs öffnet sich hinter der "Düse" eine von HASENMAYER auf 1,25 km Länge ertauchte Unterwasserhöhle (Kataster-No. 7524/43), die im "Mörike-Dom" knapp vor dem derzeitigen Höhlenende über die Karstwasseroberfläche reicht. Der vordere Teil der Höhle wurde Anfang der 60er Jahre von der Höhlenforschergruppe Eschenbach/Göppingen auf 152 m Länge vermessen (KELLER 1963). Die Höhle verläuft nach VILLINGER (1987) knapp über der Grenze zwischen den Unteren Felsenkalken und der Lacunosamergel (ki 2/1). Letztere bilden die Sohlschicht der verkarsteten Massenkalke. Mit der Blauhöhle eng verbunden sind die seit einigen Jahren intensiv diskutierten unterschiedlichen Anschauungen über das Alter der Albhöhlen. Entsprechend des aktuellen geologischen und geomorphologischen Forschungsstands wird die Höhlenbildung in den Massenkalken der mittleren Schwäbischen Alb als junge Verkarstung aufgefaßt, die sich mit der plio-/pleistozänen Eintiefung der Urdonau entwickelte (vgl. zusammenfassende Bewertung in SCHEFF 1991, VILLINGER 1987; VILLINGER & UFRECHT 1989). Dagegen schließt HASENMAYER (1984, 1986) auf eine frühtertiäre bis kreidezeitliche Verkarstung, die auf das Molassebecken ausgerichtet gewesen sein soll. Das Alter der Blauhöhle gab HASENMAYER (1986) mit älter als 25 bis 28 Millionen Jahre an. Der Blautopf schüttet im langjährigen Mittel (1952-1987) 2,29 m3/s. Das Ausmaß der Schüttungsschwankungen (NQ am 22.02.1963: