Ein unverhofftes Wiedersehen mit August Babberger in der Kunststiftung Hohenkarpfen1

Elmar Vogt

»und darin eine Gewissheit spüre es sei so gewesen …« Anlass für diesen Beitrag war für mich das 30jährige Bestehen des Kunstmuseums Hohen- karpfen, das im Sommer 2016 gefeiert wurde. Eine Ausstellung präsentierte zu diesem Anlass eine Auswahl an wichtigen Werken aus der eigenen Sammlung.2 Am Anfang stand die Stift ung eines umfassenden Konvoluts von Darstellungen des Lebens der Menschen und der Landschaft der Hochbaar von der Hand des aus Tuttlingen stammen- den Malers und Zeichners Ernst Rieß (1884–1962). Ihren Zuwachs verdankt die Sammlung insbesondere Ankäufen des Landes -Würt- temberg und anderer Institutionen, die dem Museum zur dauerhaft en Bewahrung überlassen worden sind, sowie zahlreichen Schenkungen einzelner Werke oder ganzer Sammlungen aus privater Hand.

»Was in der Natur vorgeht, was in mir selbst ist, soll sichtbar werden« August Babberger, um 1920/22

Was deutsche Museen so »auf Lager« haben, ist zu einem relativ hohen Prozentsatz un- sichtbar. Bis zu 90 Prozent der Sammlungen liegen im Depot. Damit haben sie ebenso viel Aufmerksam- keit und Pfl ege verdient wie die Werke, die zur Schau gestellt sind. Die erste Aufgabe ei- nes Museums ist laut Sebastian Giesen, Ge- schäft sführer der Hermann Reemtsma Stif-

August Babberger »Selbstbildnis mit Scheerhorn«, Pastell, 54,5 x 37,8 cm (Blatt), Inv. Nr. Babb. Z 523. © bpk / Staatliche Kunsthalle / Annette Fischer / Heike Kohler

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530_Vogt_Ein unverhofftes Wiedersehen mit August Babberger.indd 530 03.12.2017 11:55:10 tung, »der sorgsame und pfl egliche Umgang Von Hausen im Wiesental mit der anvertrauten Sammlung, das heißt nach Hausen ob Verena die Sicherstellung einer dauerhaft en Überlie- ferung für nachfolgende Generationen«.3 Geboren wurde August Babberger am 8. De- Wenn von der Zeit des deutschen Expressi- zember 1885 in Hausen im Wiesental. onismus gesprochen wird, fehlt meistens der Sein Vater August war Zimmermann und Name August Babberger, er fehlte oft auch in stammte aus Auggen, seine Mutter Apollo- den bisherigen zahlreichen Ausstellungen, die nia B., geborene Matt, aus Strittmatt im Hot- dieser Epoche gewidmet wurden. zenwald. In einer autobiographischen Skizze Umso erfreulicher ist es, dass das Werk Au- schrieb er 1920 rückblickend: gust Babbergers, der zu den wichtigsten Ver- »In Hausen war ich bis zum 10. Lebensjahr, tretern des Expressionismus in Baden und be- und von dort zogen die Eltern mit mir nach deutenden expressionistischen Künstlern der Basel, wo ich mitten in das erste Schuljahr der klassischen Moderne gezählt werden darf4, in Sekundarschule geriet und wegen des feh- den letzten Jahren wieder vermehrt einem lenden Französisch, das in Hausen nicht be- breiten und interessierten Publikum zugäng- trieben wurde, musste ich ein Jahr zurück in lich gemacht wurde und wird5. die Primarschule, wodurch ich in den Vorteil kam, dem Rat meines Lehrers folgend, in die Realschule einzutreten. Nach Ablauf der üb- Die Verschmelzung lichen vier Schuljahre bemühte ich mich, in von Mensch und Natur … einer Seidenfabrik als Dessinateurlehrling (Musterzeichner) anzukommen, da ich gerne Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was zeichnete und meine diesbezüglichen Lehrer erzählen, sagt – sehr zu recht – das Sprich- meine Begabung dafür erkannt haben wollten. wort. Marcel Proust hat in seinem Roman Der Versuch misslang aber schon in der »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« da- ersten Fabrik, erstens weil ich Deutscher war rauf aufmerksam gemacht, wie wichtig das – und nach vierjähriger Lehrzeit zum Militär künstlerische Sehen, das Betrachten der Welt hätte einrücken müssen, und außerdem be- durch die Augen der Künstler ist, und hat ge- fürchtete einer der Herren, ich sei farbenblind. zeigt, dass die Beschäft igung mit Kunst für Da entschloss ich mich rasch, mit dieser alle Nichtkünstler eine viel größere Bedeu- Blindheit in ein Malergeschäft als Lehrling tung besitzt als das Reisen: »Die einzig wahre einzutreten, und während dieser Zeit be- Reise, der einzige Jungbrunnen wäre für uns, suchte ich die Gewerbeschule in Basel. wenn wir nicht neue Landschaft en aussuchten, Nach der Lehrzeit war ich zwei Winter- sondern andere Augen hätten«. semester bei Dr. Schnyder. Als Anstreicher Die Verschmelzung von Mensch und Natur war ich in Basel, Buchloe und in Nürnberg und die Faszination für die Bergwelt: bis zu meinem 23. Jahre. Ein Versuch, an die Diese Motive ziehen sich durch das gesamte Münchner Akademie zu kommen, scheiterte Werk des Malers August Babberger. an den strengen Herren Professoren. »Was in der Natur vorgeht, was in mir selbst Im Januar 1908 kam ich nach Karlsruhe, ist, soll sichtbar werden«, hat es der Künstler auf dem Wege nach Hamburg, wo ich mit selbst ausgedrückt. Akkordarbeit rascher etwas Geld verdienen

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530_Vogt_Ein unverhofftes Wiedersehen mit August Babberger.indd 531 03.12.2017 11:55:11 wollte, um im Sommer in die Berge zu kön- sammenhänge, die in erstaunlicher Ordnung, nen, und zeigte Hans Th oma (1839–1924) zeitfüllend oder einen anderen Gehalt ausma- meine Federzeichnungen, und er riet mir, in chend, sich ablösten, um wie Grundmotive im- Karlsruhe zu bleiben und zu radieren. mer wieder variiert wiederzukehren. Gefühls- Durch seine praktische Hilfe erhielt ich mäßig bin ich überzeugt, dass sich alle zehn später ein Ehrenstipendium der Rheinlande, Jahre eine Drehung um sich selbst vollzieht, womit ich durch Freunde an die Internatio- dass innerhalb zehn Jahren dieselben Motive nale Kunstschule in Florenz gehen konnte, wo wiederkehren, sich ausdehnend und sich jedes ich zwei Winter verbrachte, Akte malend und Mal klarer zeigend nach der Reife hin und ent- zeichnend. Als Führer hatte ich mir Hodler wickelter. So glaubte ich schon innerhalb der und Marées gewählt, die in Florenz durch die ersten zehn Jahre als ein Motiv, das Verhältnis primitiven Toscaner verstärkt wurden. Nach des Kindes zur Landschaft , (in dem der Wohn- diesen zwei Jahren siedelte ich nach ort als in die Landschaft Gewachsenes gilt, oder über und wurzelte dort 8 Jahre, bis die Beru- das Verhältnis zum Haus oder der Schule, oder fung nach Karlsruhe kam, wo ich nun auch zu den Kindern und Erwachsenen, so das zum schon wieder 10 Jahre verbrachte. Das ist der Vater, zu der Mutter, den Geschwistern hin), äußere Weg ungefähr«. feststellen zu können. Ich nahm zuerst das Mo- Die Landschaft , aus der heraus er nach sei- tiv Landschaft , weil ich glaube (und darin eine nen eigenen Worten erst zu verstehen ist, ist Gewissheit spüre) es sei so gewesen, nämlich: vor allem die Bergwelt. Es ist die Landschaft dass die Natur, welche in ihrem Teil zu Hau- seiner Heimat, das Wiesental, Hausen vor al- sen im Wiesental mich umgab, einen wichtigen lem, der südliche Schwarzwald um Höll bei Bestandteil in meinem Leben, als Hauptmotiv St. Blasien; es ist die Klausenpasshöhe in der ermöglichte. […]«.6 Schweiz, wo er zwanzig Jahre hindurch Som- mer für Sommer verbrachte. »Ich bin in die Landschaft des südlichen Schwarzwalds bis zu Wegen dieser Herrlich- den Alpen hineingewachsen, die mein Gesicht keiten habe ich nicht nur geworden sind und die Formen für meine Aus- Heimweh gehabt … drucksweise abgeben« […], schreibt der Künst- ler. In seinen »Notizen zu Lebenserinnerun- Über die Erinnerungen an seinen Geburtsort gen« notiert er unter anderem: Hausen im Wiesental schreibt August Bab- »Nie ist es mir bewusster geworden, wie eben, berger weiter7: […] »Ich rieche noch den Staub da Sie, meine Schüler, nach meinen Jugender- der Strasse, über den Maienberg und den ganz innerungen fragen, dass ich wirklich schon anderen Geruch des Weges nach Gresgen. älter geworden bin. Durch gelesenes Erlebnis Die Strasse nach Raitbach wird mir un- habe ich entdeckt, wie sehr die Geschehnisse vergesslich bleiben durch das Mäuerchen, in der Jugendjahre Fundament seien und deshalb dem die kleinen, weissen Schneckenhäuschen das Wichtigste an einem Leben, weshalb ich sta[e]cken, oder jener Weg nach Zell an dem im Gehen auch schon auf mein eigenes Leben ich die Ziegen hütete, die mir immer davon zurückschaute, dort forschend, welcher Kern liefen, sobald eine Frau in einem blauen Kleid das Gehäuse sei, aus dem das weitere Wach- daher kam, das auch meine Mutter trug und sen hervorkam und ich fand rhytmische Zu- an welchem Weg ausserdem jene Wunder-

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530_Vogt_Ein unverhofftes Wiedersehen mit August Babberger.indd 532 03.12.2017 11:55:11 »Die Hochzeitsreise«, nicht datiert, Holzschnitt, aquarelliert, 33 x 50 cm (Blatt), Inv. Nr. 176-1-8, 2000, Schenkung aus Privatbesitz. © Kunststiftung Hohenkarpfen, Fotografie: Roland Sigwart, Hüfingen/ Kunststiftung Hohenkarpfen

August Babberger und Anna Maria Babberger- Tobler: »Das Winterbuch«, 1934, (Titelseite), Holzschnitt, aquarelliert, 53,3 x 43 cm (Blatt), Inv. Nr. 175, Schenkung aus Privatbesitz. © Kunststiftung Hohenkarpfen, Fotografie: Roland Sigwart, Hüfingen/ Kunststiftung Hohenkarpfen.

blume wuchs, Rührmichnichtan, sonst platzte ihre Frucht. Eine Herrlichkeit tut sich auf, die jene Jahre erfüllte, dass ich gut begreife, wie ich in Florenz davon träumte, teils sie noch »Bruder Fritz Babberger-Herzog beim Handorgel verschönend bis zum Märchen in grosse Uep- spielen«, n. d., Radierung, 18 x 13,3 cm (Platte), pigkeit hinein oder in Angst, das Dorf würde 18, 1 x 13,4 cm (Blatt), Inv. Nr. 178, 2000, durch neue Häuser verdorben und verbaut. Schenkung aus Privatbesitz. Liebe und Sorge haben mich so erfüllt, was © Kunststiftung Hohenkarpfen, Fotografie:Roland Sigwart, Hüfingen/ ich immer aus dem Traum erfahren habe und Kunststiftung Hohenkarpfen Heimweh spürte ich zum ersten und stärks-

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530_Vogt_Ein unverhofftes Wiedersehen mit August Babberger.indd 533 03.12.2017 11:55:11 August Babberger und Anna Maria Babberger-Tobler: »Das Winterbuch«, 1934, Blatt 9, 43 x 53,3 cm, Inv. Nr. 175-9. © Kunststiftung Hohenkarpfen, Fotografie: Roland Sigwart, Hüfingen/ Kunststiftung Hohenkarpfen.

»Am Morgen«, n. d., Radierung, 20 x 17,3 cm (Platte), 24,6 x 20,1 cm (Blatt), Inv. Nr. 179, Schenkung aus Privatbesitz. © Kunststiftung Hohenkarpfen, schlechtes Wetter anzeigten. Und die Strasse Fotografie: Roland Sigwart, Hüfingen/ über den Maienberg, an dem die Sandgruben Kunststiftung Hohenkarpfen. sind (wovon eine meiner Gotte gehörte) und weiter hinten im Winkel der Schützenstand, noch weiter um eine Kehre die Schweine- ten Mal, als ich mit meinen Eltern nach Ba- weide, wo die Strasse die Richtung nach Wies- sel kam, wo ich in einem Gartenweg mich im let nimmt, an der so schöner Wald stu[a]nd. Schmerz wälz’te. Ich hatte keinen Menschen Wegen dieser Herrlichkeiten habe ich nicht vermisst, denn die Eltern waren ja da und der nur Heimweh gehabt, ich habe auch zum ers- Bruder und das Fernsein von meiner Schwes- ten Mal den Lehrer bewusst angelogen, damit ter, die ich am meisten liebte, musste ich mir ich dorthin konnte, da mein Glück in einer schon angewöhnt haben. starken Liebe gebunden war«. Nein, da wurde an einer Verwurzelung ge- zerrt, die ich heute noch besser erkenne, da ich meine Fähigkeiten kenne, in das Wesen »Der langsame Pfeil einer Landschaft hineinzuwachsen. der Schönheit …« Es fehlte auf einmal die Felswand hinter dem Haus, über der der Garten und der Wald lautet der Titel der Jubiläumsschrift (Be- waren, aus welchem nachts die Käuzchen standskatalog), die anlässlich der Ausstel- schrien. Es fehlten die Akazienbäume neben lung »Landschaft sbild im Wandel. 30 Jahre dem Haus, auch der grosse Holunderbusch, in Kunstmuseum Hohenkarpfen« erschienen ist. dem ich Tage verbrachte und dort das Was- Ein Holzschnitt, zwei Radierungen und das serrauschen lieben lernte am kleinen Brunnen »Winterbuch« werden im Depot der Kunst- und Bächlein, in dem auch die Unken abends stift ung Hohenkarpfen aufb ewahrt. Es han-

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530_Vogt_Ein unverhofftes Wiedersehen mit August Babberger.indd 534 03.12.2017 11:55:12 delt sich um Schenkungen, die aus Privatbe- send Jahre währen sollte, von denen er selber sitz im Jahr 2000 in das Museum gelangten. aber nur knapp vier Jahre erlebte. Eine kunstgeschichtliche Beschreibung und Der Expressionist wurde als entarteter Einordnung der Werke bleibt den Kunsthis- Künstler eingestuft und bald nach der Macht- torikern vorbehalten. ergreifung der Nationalsozialisten mit Erlass Das »Winterbuch« von Anna Maria Bab- vom 15. Juli 1933 aus dem Lehramt entlassen. berger-Tobler und August Babberger umfasst Tragisch hierbei ist besonders die Tatsache, 15 Bögen, die als Buch im Querformat gebun- dass ein Landsmann aus dem Wiesental, Pro- den sind. Das Werk besteht aus sechs in Holz fessor Hans Adolf Bühler (1877–1951), Direk- geschnittenen Textseiten (Verse von Anna tor an der Kunstakademie in Karlsruhe, einer Maria Babberger-Tobler) und zehn Seiten mit der Betreiber für seine Entlassung war8. aquarellierten Holzschnitten, einer davon Sein Werk mit unter anderem mehr als als Titelseite. Die Größe der Blätter beträgt 3000 Blatt Grafi k blieb 1933 in Karlsruhe zu- 43 x 53,3 cm. rück und sollte beschlagnahmt werden. Der damalige Leiter der Münchner Pinakothek, Dr. Kurt Martin, behauptete daraufh in, dass Die Tage der Höhe sind vorbei das ganze Werk nichts wert sei, und rettete damit die Bilder und das graphische Werk Im Jahre 1920 wurde August Babberger an die Babbergers, das in die Schweiz transferiert unter dem Namen Landeskunstschule neuge- wurde. Kann es ein Mensch verkraft en, plötz- gründete Akademie in Karlsruhe als Profes- lich als »entartet« zu gelten? Als Untermensch sor berufen, der er sogar von 1923 bis 1930 als abgestempelt zu werden? Direktor vorstand. Nach der Wegnahme des Lehramtes war Die späte Lebensphase wird von der Ver- August Babberger tief getroff en mit seiner femung Babbergers als »entarteter« Künstler Frau 1933 in die geliebte Bergwelt der Urner und der damit verbundenen Entlassung aus Alpen zurückgekehrt. Er konnte nicht ahnen, dem Karlsruher Lehramt im Juli 1933 über- dass ihm nur noch wenig Zeit in seinem Le- schattet. Zwar behält er Wohnung und Ate- ben und für sein Schaff en geschenkt würde. lier in der badischen Landeshauptstadt, hält Die Erkrankung seiner Frau Anna im Jahre sich in der Folgezeit jedoch überwiegend im 1933 wird wohl mit eine Folge dieses unseligen schweizerischen Altdorf und in Luzern auf. Zeitgeistes gewesen sein. Die unehrenhaft e Ein Staat, der seinem Volk die Freiheit Abschiebung ihres Mannes aus dem Lehramt nimmt, missachtet auch die Freiheit der Kunst dürft e sie seelisch stark belastet haben. Sie und ächtet abweichende Meinungen. Die po- starb 51jährig nach einem Heimaufenthalt in litische und geistige Unruhe hatte auch die Münsterlingen im Jahre 1935. Karlsruher Akademie erfasst, doch die Äch- Die Meisterschülerin Erna Schillig, von tung von bekannten Künstlern war nicht er- 1925 bis 1930 an der Karlsruher Landeskunst- wartet worden; die Parallele dazu bildeten die schule, war nun von 1930 bis 1935 die engste Bücherverbrennungen jener »neuen« Zeit. In Mitarbeiterin und Wegbegleiterin von August erschreckender Weise traf dies August Bab- Babberger. berger. Der urchige Alemanne wurde ein Op- Wenn vom künstlerischen Vermächtnis fer seiner Zeit, die nach eigener Maßgabe tau- August Babbergers gesprochen wird, dann

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530_Vogt_Ein unverhofftes Wiedersehen mit August Babberger.indd 535 03.12.2017 11:55:12 gebührt ein besonderer Dank Frau Professor MUSEUM HOHENKARPFEN bei Hausen ob Erna Schillig. Sie rettete sein Werk vor dem Verena vom 9. April bis 16. Juli 2017«, 204 Seiten, : Belser, 2017. Zugriff der Nationalsozialisten in die Schweiz, 3 Handelsblatt (Düsseldorf), Ausgabe vom 20. Feb- durch eine Stift ung ließ sie im Jahre 1960 der ruar 2014. Kunsthalle Karlsruhe eine große Anzahl von 4 Siehe auch: Andreas Gabelmann, Faszination August Babbergers Werken zukommen. Hodler – August Babberger und die Rezeption der Schweizer Moderne, in: Die Schweiz und der deut- August Babberger, dessen Lebensbejahung sche Südwesten, Wahrnehmung, Nähe und Dis- in allen seinen Bildern so spürbar zum Aus- tanz im 19. und 20. Jahrhundert, herausgegeben druck kommt, starb allzu früh mitten aus sei- von Uri Robert Kaufmann, in der Reihe »Ober- nem großen Schaff ensdrang heraus. rheinische Studien«, Band 25, Ostfi ldern: or-Th becke, 2006, Seite 141 bis 153. »Die Tage der Höhe sind vorbei. Habe ich 5 Kunststift ung Hohenkarpfen, Ausstellung »Au- alle Sinne geöff net, damit der Himmel hinein- gust Babberger (1885–1936): Ein Landschaft sma- sinke? Das Grün der Nähe und das Blaue der ler des Expressionismus« (16. April bis 9. Juli 2000) Ferne! Und die Freude der Blumen? Dank den und August Babbergers Majolika-Bilder, Schrif- Menschen, der Natur, dem ordnenden Gott«, tenreihe der Majolika-Stift ung für Kunst- und Kulturförderung Karlsruhe, Band 1, 24 Seiten, diese ausdrucksvollen Worte schrieb August Info Verlag GmbH, Karlsruhe, 2014. Babberger als einer seiner letzten Sätze nieder. Unter dem Titel »Babberger und die Höll« plant August Babberger starb 51jährig, am 3. Sep- das Hans-Th oma-Kunstmuseum in Bernau 2018 tember 1936, in Altdorf an den Folgen einer eine Ausstellung mit Bildern von August Babber- ger und seinen Kollegen Rudolf Gudden, Robert Kropfoperation. Hoff mann und Hans Brasch. In seinem Nachruf auf den Maler schrieb 6 Es handelt sich um ein elf Seiten (A 4) umfassendes Armin Meili 1937: »In August Babberger Typoskript mit einer Farbzeichnung von August haben wir einen Künstler von im Grunde Babberger als Titelbild und der Widmung: »Frau Marie Zürcher-Babberger, Weihnacht 1936 v.[on] schweizerischer Prägung verloren«. Erna Schillig«. Noch heute kündet auf dem Altdorfer 7 Wie Anmerkung Nr. 6, Seite 2. Friedhof eine Gedenktafel vom bedeutenden 8 In ihrer Dissertation schreibt Christina Soltani künstlerischen Vermächtnis des deutsch- im 5. Abschnitt »Die Neuordnung der Akademie durch Hans Adolf Bühler« auf den Seiten 95 bis 97 schweizerischen Expressionisten: unter anderem: »Neben seinem Amt als Kunsthal- »Sein Werk ist eine Hymne auf den Kan- lendirektor und seinen Verpfl ichtungen als künst- ton Uri«. lerischer Leiter der Deutschen Kunstgesellschaft , kam Bühler als Direktor der Landeskunstschule nach der ›Machtergreifung‹ der Nationalsozialis- Anmerkungen ten die Aufgabe zu, die Hochschule neu zu ord- nen. Die Maßnahmen bestanden im Austausch 1 Die Überschrift zu diesem Beitrag ist leicht ab- des Lehrkörpers, in der Umbenennung in Badi- gewandelt übernommen von der Kalenderge- sche Hochschule der bildenden Künste sowie in der schichte »Unverhofft es Wiedersehen« von Johann Umgestaltung des Unterrichts durch eine neue Ver- Peter Hebel (1760 bis 1826). Diesen Aufsatz widme fassung, die Bühlers Kunstanschauung widerspie- ich den Eheleuten Ilse und Gustav Oberholzer in gelt. Obwohl sie von dem Entlassungsschreiben des München. Kultusministers nicht betroff en waren und auch in 2 Ausstellungskatalog zum Jubiläum »Der langsame völkischen Kreisen als Künstler geschätzt wurden, Pfeil der Schönheit«, 30 Jahre Kunstmuseum Ho- verließen die Maler Albert Haueisen und August henkarpfen. Die Publikation erschien anlässlich Babberger die Lehranstalt auf eigenen Wunsch. […] der Ausstellung »Landschaft sbild im Wandel. 30 Babberger erhielt nach Ablauf seines Vertrages mit Jahre Kunstmuseum Hohenkarpfen im KUNST- der Karlsruher Hochschule ab dem 1. Oktober 1933

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530_Vogt_Ein unverhofftes Wiedersehen mit August Babberger.indd 536 03.12.2017 11:55:12 für drei Jahre eine ›Übergangsrente‹ von monatlich Moehring, Markus und Gabelmann, Andreas (He- 356,72 Reichsmark, um eine neue Stelle zu fi nden«. rausgeber), August Babberger, Der badische Ex- Sowohl vor als auch nach Babbergers Weggang pressionist, Ausstellungskatalog, in der Reihe versuchte Bühler, ihn für die Leitung einer Fach- »Lörracher Heft e [12]«, Verlag Waldemar Lutz, klasse der Textilabteilung zu gewinnen bezie- Lörrach, 2010, 94 Seiten. hungsweise ihn im Dezember 1933 als Direktor der Soltani, Christina; Leben und Werk des Malers Staatlichen Hochschule für Textilkunst im thürin- Hans Adolf Bühler (1877–1951) Zwischen symbo- gischen Plauen unterzubringen. listischer Kunst und völkischer Gesinnung, Verlag August Babberger wurde mit Kündigungsschrei- und Datenbank für Geisteswissenschaft en, Wei- ben vom 25. Juli 1933 von Kulturminister Otto mar 2016, 566 Seiten, zugl.: Freiburg im Breisgau, Wacker seines Lehramtes enthoben und verlor Univ., Diss. 2015. damit unweigerlich seine Stelle an der Akademie. Vögely, Ludwig, Ein berühmter Sohn Hausens i. W., Das Schreiben ist erhalten und wird in der Disser- August Babberger zum 100. Geburtstag, in: Badi- tation von Andreas Gabelmann auf Seite 111 in sche Heimat, Heft 2, Juni 1986, Verlag G. Braun, der Anmerkung 571 zitiert. Eindeutig nicht zutref- Karlsruhe, Seite 294 bis 298. fend ist jedoch die Angabe, dass August Babberger seine Professur auf eigenen Wunsch beendet hat! Der gesamte Vorgang ist ebenfalls in der Disserta- Dank tion von Andreas Gabelmann auf den Seiten 110 bis 114 dargelegt. Mein Dank gilt der Kunststift ung Hohenkarpfen, stellvertretend Herrn Mark R. Hesslinger, M. A., Kustos, für die freundliche, hilfreiche und vorzüg- Verwendete Literatur liche Unterstützung zu diesem Beitrag, insbeson- dere auch für die Zustimmung zum kostenfreien Babberger, August, »Notizen zu Lebenserinnerun- Abdruck der Bildvorlagen. gen«, Typoskript mit elf Seiten und einer Farb- Frau Anne Schulte von der bpk-Bildagentur in Ber- zeichnung von August Babberger als Titelbild und lin danke ich für die Unterstützung bei der Bild- der Widmung: »Frau Marie Zürcher-Babberger, auswahl aus der Sammlung der Staatlichen Kunst- Weihnacht 1936 v.[on] Erna Schillig«. halle Karlsruhe. Bischoff , Bernhard, Neuere Künstler und Schrift stel- Mein Dank gilt ebenso Herrn Bürgermeister Martin ler, August Babberger, in: Hausen im Wiesental Bühler, Hausen im Wiesental, für die Vermittlung – Gegenwart und Geschichte, o. O., [Schopfh eim, des Typoskripts »Notizen zu Lebenserinnerun- 1985], Seite 225 bis 227. gen« von August Babberger. Nicht zuletzt gilt mein Borchardt, Stefan, (Herausgeber), Der langsame Pfeil Dank Frau Ursula Voboril, Karlsruhe, für ver- der Schönheit, 30 Jahre Kunstmuseum Hohen- schiedene Auskünft e über die Majolika-Stift ung karpfen, 204 Seiten, Stuttgart: Belser, 2017. in Karlsruhe. Ein herzlicher Dank geht auch an Gabelmann, Andreas, August Babberger (1885– Herrn Andreas Gabelmann, Radolfzell, für seine 1936), Leben und Werk, Karlsruher Schrift en freundliche Unterstützung. zur Kunstgeschichte, Band 3, Münster: LIT, 2002, zugl.: Karlsruhe, Univ., Diss., 1999. Gabelmann, Andreas, Faszination Hodler – August Babberger und die Rezeption der Schweizer Mo- derne, in: Die Schweiz und der deutsche Südwes- ten Wahrnehmung, Nähe und Distanz im 19. und 20. Jahrhundert, herausgegeben von Uri Robert Kaufmann, in der Reihe »Oberrheinische Stu- dien«, Band 25, Ostfi ldern: Th orbecke, 2006, Seite Anschrift des Autors: 141 bis 153. Elmar Vogt Kunstmuseum Luzern, August Babberger, zum 100. Riedackerweg 7 Geburtstag und 50. Todesjahr, Ausstellungskata- 79688 Hausen im Wiesental log, Luzern 1986.

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